Thüringer Gesetz zur Förderung und Stärkung kleiner und mittlerer Unternehmen und der Freien Berufe (Thüringer Mittelstandsförderungsgesetz) Vom 18. April 2011
Thüringer Gesetz zur Förderung und Stärkung kleiner und mittlerer Unternehmen und der Freien Berufe (Thüringer Mittelstandsförderungsgesetz) Vom 18. April 2011
Zum 12.06.2023 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe
Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis
Titel | Gültig ab |
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Thüringer Gesetz zur Förderung und Stärkung kleiner und mittlerer Unternehmen und der Freien Berufe (Thüringer Mittelstandsförderungsgesetz) vom 18. April 2011 | 01.05.2011 |
Eingangsformel | 01.05.2011 |
§ 1 - Zweck | 01.05.2011 |
§ 2 - Ziele der Förderung | 01.05.2011 |
§ 3 - Förderungsgrundsätze und Koordinierung der Förderung | 01.05.2011 |
§ 4 - Mittelstandsgerechte Rahmenbedingungen und wirtschaftsfreundliche Verwaltungsstrukturen | 01.05.2011 |
§ 5 - Vorrang privater Leistung | 01.05.2011 |
§ 6 - Unternehmensbezogene Förderbereiche | 01.05.2011 |
§ 7 - Berufliche Aus- und Weiterbildung, Fachkräftesicherung | 01.05.2011 |
§ 8 - Unternehmensberatung und -betreuung | 01.05.2011 |
§ 9 - Kooperationen und Netzwerke zur wirtschaftsnahen Forschung und Entwicklung | 01.05.2011 |
§ 10 - Förderinstrumente | 01.05.2011 |
§ 11 - Träger der Fördermaßnahmen | 01.05.2011 |
§ 12 - Beteiligung von Unternehmen und Interessenverbänden | 01.05.2011 |
§ 13 - Verpflichtung der öffentlichen Hand | 01.05.2011 |
§ 14 - Zuständigkeiten | 01.05.2011 |
§ 15 - Gleichstellungsbestimmung | 01.05.2011 |
§ 16 - Inkrafttreten und Außerkrafttreten | 01.05.2011 |
Der Landtag hat das folgende Gesetz beschlossen:
§ 1 Zweck
Zweck dieses Gesetzes sind die Gestaltung mittelstandsfreundlicher Rahmenbedingungen sowie die effektive Ausgestaltung der Förderung kleiner und mittlerer Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft, des Handels und der freien Berufe (im Folgenden mittelständische Wirtschaft genannt) zur Schaffung und Sicherung einer wettbewerbs- und wachstumsfähigen Wirtschaftsstruktur in Thüringen sowie zur Sicherung und Schaffung von qualitativ hochwertigen und dauerhaften Arbeits- und Ausbildungsplätzen. Dabei sind Grundsätze des Umwelt- und Ressourcenschutzes zu berücksichtigen.
§ 2 Ziele der Förderung
Im Interesse der Schaffung und Sicherung einer starken Wirtschaftsstruktur in Thüringen hat die Mittelstandsförderung das Ziel:
1.
die Leistungskraft der mittelständischen Wirtschaft zu erhalten und zu stärken, ihre Funktion für die soziale Marktwirtschaft zu sichern, Wettbewerbsnachteile auszugleichen, Investitions- und Innovationshemmnisse abzubauen, die Eigenkapitalausstattung zu verbessern und die rechtzeitige Anpassung an den wirtschaftlichen und technologischen Wandel zu fördern,
2.
die Kultur der Selbständigkeit, insbesondere durch die Unterstützung von Existenzgründungen, Unternehmensnachfolgen sowie durch Vermittlung wirtschaftlichen Verständnisses schon in den Schulen zu fördern,
3.
die Ausbildungsreife und -qualität des Fachkräftepotentials durch mehr Praxisbezug und die Vermittlung grundlegenden wirtschaftspolitischen Know-how sowie die Ausbildungsbereitschaft der Unternehmer zu verbessern,
4.
die Arbeits- und Ausbildungsplätze in der mittelständischen Wirtschaft unter Berücksichtigung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie der Chancengleichheit zu sichern und auszubauen,
5.
die Gründung und die Entfaltung von selbständigen Existenzen der mittelständischen Wirtschaft zum Aufbau und zur Verbesserung der regionalen und sektoralen Wirtschaftsstruktur zu erleichtern sowie
6.
für die mittelständische Wirtschaft den Zugang zu den Exportmärkten zu erleichtern und dadurch die Wettbewerbsfähigkeit im Auslandsgeschäft zu gewährleisten.
§ 3 Förderungsgrundsätze und Koordinierung der Förderung
(1) Maßnahmen zur Mittelstandsförderung sollen die Eigeninitiative anregen und geeignete Formen der Selbsthilfe unterstützen, ohne dadurch die Eigenverantwortung der Geförderten zu beeinträchtigen. Eine finanzielle Förderung setzt voraus, dass der Zuwendungsempfänger nach Maßgabe seiner Vermögens-, Ertrags- und Liquiditätslage eine angemessene Eigenleistung erbringt und die Gewähr für die erfolgreiche Durchführung des Vorhabens bietet.
(2) Die finanziellen Leistungen des Landes nach diesem Gesetz bestimmen sich nach dem jeweiligen Landeshaushaltsplan und sind grundsätzlich als befristete Maßnahmen zu gestalten. Sie sind in der mittelfristigen Finanzplanung zu berücksichtigen und werden in einer Anlage zum Einzelplan des für Wirtschaft zuständigen Ministeriums im Haushaltsplan ausgewiesen.
(3) Bei der Festlegung allgemeiner Regeln über Art, Umfang und Ausgestaltung der Förderung von Maßnahmen werden die Kammern und Organisationen der gewerblichen Wirtschaft, der Freien Berufe und des Handwerks beratend hinzugezogen. Neben den Einrichtungen des Landes zur Wirtschaftsförderung und den Hochschulen können diese auch Träger der Maßnahmen sein.
(4) Bei der Ausführung des Gesetzes sind die Ziele und Grundsätze der Raumordnung sowie der Landesplanung zu beachten.
(5) Die Landesregierung erstattet in angemessenen Zeitabständen, mindestens alle fünf Jahre, dem Landtag einen Bericht über die Situation und die Lage der mittelständischen Wirtschaft. Die Maßnahmen zu ihrer Förderung sind zu evaluieren und an die entsprechenden Rahmenbedingungen und Gegebenheiten der allgemeinen Wirtschaftslage anzupassen.
(6) Rechtsansprüche auf finanzielle und sonstige Fördermaßnahmen werden durch dieses Gesetz nicht begründet.
§ 4 Mittelstandsgerechte Rahmenbedingungen und wirtschaftsfreundliche Verwaltungsstrukturen
Bei dem Erlass und der Novellierung mittelstandsrelevanter Rechtsvorschriften ist auf mittelstandsfreundliche Regelungen hinzuwirken. Insbesondere sollen Vorschriften, die investitions- und beschäftigungshemmende Wirkung haben oder einen unverhältnismäßig hohen Aufwand für die mittelständische Wirtschaft verursachen, abgebaut oder vermieden werden. Belastende Vorschriften sind regelmäßig auf ihre Notwendigkeit und auf die Möglichkeit der zeitlichen Befristung zu prüfen. Soweit möglich, sind Betriebe der mittelständischen Wirtschaft durch die Einführung von Kleinbetriebsregelungen von unzumutbaren Belastungen freizustellen.
§ 5 Vorrang privater Leistung
Die öffentliche Hand soll, vorbehaltlich spezifischer Regelungen für ihre wirtschaftliche Betätigung, wirtschaftliche Leistungen nur dann erbringen, wenn sie von privaten Unternehmen nicht ebenso gut und wirtschaftlich erbracht werden können.
§ 6 Unternehmensbezogene Förderbereiche
Zur Erfüllung der Ziele der Mittelstandsförderung unterstützt das Land die mittelständische Wirtschaft durch unternehmensbezogene Fördermaßnahmen. Alle Fördermaßnahmen und Förderprogramme sind für die Adressaten überschaubar und verständlich zu formulieren und darzustellen. Die Förderbereiche umfassen im Einzelnen:
1.
Maßnahmen der Steigerung der Innovationsfähigkeit der mittelständischen Wirtschaft sowie energieeffizientes und Ressourcen schonendes Wirtschaften,
2.
die Entwicklung von Produkt- und Prozessinnovationen, insbesondere die Förderung von Effizienzgewinnen,
3.
die Einbeziehung wissensintensiver und kreativer Dienstleistungen in Innovationsprozesse,
4.
den Transfer von Forschungsergebnissen in der mittelständischen Wirtschaft,
5.
die Investitionstätigkeit der mittelständischen Wirtschaft im Zusammenhang mit Ansiedlung, Errichtung und Unternehmenswachstum,
6.
die Gründung, Übernahme und Nachfolgesicherung von Unternehmen,
7.
die Erschließung von Märkten und die Schaffung von Marktzugängen, insbesondere im Ausland,
8.
die Sicherung und den Ausbau von Beschäftigung sowie die Integration in den ersten Arbeitsmarkt,
9.
die berufliche Bildung und Qualifizierung in der mittelständischen Wirtschaft einschließlich der Vermittlung von wirtschaftlichen Kenntnissen,
10.
die Errichtung und den bedarfsgerechten Ausbau der wirtschaftsnahen Infrastruktur, einschließlich der Breitbandinfrastruktur.
§ 7 Berufliche Aus- und Weiterbildung, Fachkräftesicherung
(1) Das Land fördert die berufliche Bildung von Unternehmern, Mitarbeitern und Auszubildenden der mittelständischen Wirtschaft als auch die Durchführung anerkannter überbetrieblicher Lehrgänge sowie sonstige Maßnahmen zum lebensbegleitenden Lernen, insbesondere durch eine Stärkung der Kooperation zwischen Unternehmen, Bildungseinrichtungen und anerkannten Trägern der Erwachsenenbildung.
(2) Das Land unterstützt Maßnahmen der mittelständischen Wirtschaft zur Sicherung des zukünftigen Fachkräftepotentials.
(3) Förderfähig sind zudem die Errichtung, Erweiterung und Ausstattung von überbetrieblichen Einrichtungen, die der Ergänzung der betrieblichen Ausbildung, der beruflichen Fortbildung oder der beruflichen Umschulung dienen.
§ 8 Unternehmensberatung und -betreuung
(1) Das Land fördert die betriebswirtschaftliche, betriebstechnische und innovationsbezogene Beratung der mittelständischen Wirtschaft, insbesondere bei Existenzgründungen sowie im Rahmen von Betriebsübernahmen und der Sicherung von Unternehmensnachfolgen.
(2) Gefördert werden können auch geeignete Beratungsstrukturen zur Stärkung der wirtschaftlichen Entwicklung und individuellen unternehmerischen Kompetenz. Die Beratungsangebote sind kontinuierlich zu überprüfen und bedarfsgerecht weiterzuentwickeln.
§ 9 Kooperationen und Netzwerke zur wirtschaftsnahen Forschung und Entwicklung
(1) Das Land fördert die zwischenbetriebliche Zusammenarbeit in Kooperationen sowie die wirtschaftliche Entwicklung von Netzwerken und Clustern zur Bündelung von Kompetenzfeldern und zum Aufbau von Innovationsnetzwerken und regionalen Kompetenzzentren.
(2) Gefördert werden auch anwendungsorientierte Forschungsvorhaben und die Entwicklung von technologischen Innovationen durch Verbünde von Unternehmen mit anderen Unternehmen oder mit Technologie- und Forschungseinrichtungen, insbesondere wenn diese einen Beitrag zu mehr Energie- und Ressourceneffizienz leisten.
(3) Das Land unterstützt wirtschaftsnahe Forschungseinrichtungen, Vorhaben der wirtschaftsnahen Forschung, die Entwicklung und Einführung neuer Technologien sowie die Qualifizierung in Forschung und Entwicklung, insbesondere in Kooperationen von Unternehmen, Technologie-, Forschungs- und Bildungseinrichtungen.
§ 10 Förderinstrumente
(1) Die Förderung erfolgt durch Finanzhilfen in Form von Darlehen oder Zuwendungen einschließlich Mikrokrediten, Zuschüssen sowie in Form von Bürgschaften, Garantien, Gründung und Tätigkeit von Beteiligungsgesellschaften, Einrichtung und Unterhaltung von Risikokapitalfonds, durch Beratung und Information sowie Messebeteiligungen und die Durchführung von Preiswettbewerben.
(2) Einzelheiten über Art, Umfang, Voraussetzung und Verfahren der einzelnen Fördermaßnahmen werden in Ausführungsbestimmungen von dem für Wirtschaft zuständigen Ministerium im Einvernehmen mit dem für Finanzen zuständigen Ministerium geregelt.
(3) Bei der Konzeption von Förderprogrammen in Form von Finanzhilfen sollen revolvierende Fonds eingesetzt werden.
§ 11 Träger der Fördermaßnahmen
Träger der Fördermaßnahmen können die Einrichtungen des Landes zur Wirtschafts-, Technologie- und Forschungsförderung, die Kammern und Organisationen der gewerblichen Wirtschaft, der Freien Berufe und des Handwerks, qualifizierte Beratungsinstitutionen und Hochschulen sowie wirtschaftsnahe Forschungseinrichtungen sein.
§ 12 Beteiligung von Unternehmen und Interessenverbänden
Die Kammern, Organisationen der gewerblichen Wirtschaft, der Freien Berufe und des Handwerks sowie die Gewerkschaften können bei der Ausgestaltung der Fördermaßnahmen nach diesem Gesetz konsultiert werden.
§ 13 Verpflichtung der öffentlichen Hand
(1) Das Land, die kommunalen Gebietskörperschaften sowie die sonstigen, der Aufsicht des Landes unterstehenden Körperschaften, Stiftungen und Anstalten des öffentlichen Rechts haben bei allen Programmen, Planungen und Maßnahmen die Ziele dieses Gesetzes angemessen zu berücksichtigen.
(2) Die in Absatz 1 genannten juristischen Personen wirken in Ausübung ihrer Gesellschaftsrechte in Unternehmen, an denen sie beteiligt sind, daraufhin, dass dem Zweck dieses Gesetzes in angemessener Weise Rechnung getragen wird.
(3) Alle in Absatz 1 genannten juristischen Personen arbeiten bei der Durchführung von Verwaltungsverfahren zügig, effizient und ergebnisorientiert zusammen. Sie berücksichtigen die wirtschaftlichen Interessen der mittelständischen Wirtschaft.
§ 14 Zuständigkeiten
Für die Übernahme von Bürgschaften und Garantien nach diesem Gesetz ist das für Finanzen zuständige Ministerium zuständig. Im Übrigen obliegt die Ausführung dieses Gesetzes dem für Wirtschaft zuständigen Ministerium. Soweit einzelne Maßnahmen die Zuständigkeit anderer oberer Landesbehörden berühren, ist mit diesen das Benehmen herzustellen.
§ 15 Gleichstellungsbestimmung
Status- und Funktionsbezeichnungen in diesem Gesetz gelten jeweils in männlicher und weiblicher Form.
§ 16 Inkrafttreten und Außerkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am ersten Tag des auf die Verkündung folgenden Kalendermonats in Kraft. Gleichzeitig mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes tritt das Mittelstandsförderungsgesetz vom 17. September 1991 (GVBl. S. 391), geändert durch Artikel 10 des Gesetzes vom 23. Dezember 2005 (GVBl. S. 446), außer Kraft.
Erfurt, den 18. April 2011 Die Präsidentin des Landtags Birgit Diezel
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