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Thüringer Verordnung zur einstweiligen Sicherstellung künftiger Naturschutzgebiete im Landkreis Bad Langensalza Vom 10. April 1992

Thüringer Verordnung zur einstweiligen Sicherstellung künftiger Naturschutzgebiete im Landkreis Bad Langensalza Vom 10. April 1992
Zum 12.06.2023 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe

Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis

TitelGültig ab
Thüringer Verordnung zur einstweiligen Sicherstellung künftiger Naturschutzgebiete im Landkreis Bad Langensalza vom 10. April 199201.05.1992
Eingangsformel01.05.1992
§ 101.05.1992
§ 201.05.1992
§ 301.05.1992
§ 401.05.1992
§ 501.05.1992
§ 601.05.1992
§ 701.05.1992
Aufgrund des Artikel 6 § 6 Nr. 2 des Umweltrahmengesetzes vom 29. Juni
1990 (GBl. I Nr. 42 S. 649), geändert durch Artikel 1 Satz 1 des Einigungsvertragsgesetzes
vom 23. September 1990 (BGBl. II S. 885 - 1226 -) in Verbindung mit Anlage
II Kapitel XII Abschnitt III Nr. 1 zum Einigungsvertrag, verordnet der Thüringer
Minister für Umwelt und Landesplanung:

§ 1

(1) Die in Absatz 3 näher bezeichneten Gebiete werden als
künftige Naturschutzgebiete für die Dauer von zwei Jahren einstweilig
sichergestellt.
(2) Die Grenzen der einstweilig sichergestellten Gebiete sind
in Karten im Maßstab 1:25 000 festgelegt, in denen die Gebiete jeweils
mit einer durchgehenden Linie umrandet sind.Die Karten sind Bestandteil dieser
Verordnung. Sie werden im Thüringer Ministerium für Umwelt und Landesplanung
- Oberste Naturschutzbehörde -, Richard-Breslau-Str. 11 a, O - 5082 Erfurt
archivmäßig verwahrt. Eine Abzeichnung der Karten befindet sich
bei der Kreisverwaltung Bad Langensalza, Karl-Marx-Platz 3, O-5820 Bad Langensalza.
Die Karten können während der Dienststunden von jedermann eingesehen
werden.
(3) Im einzelnen sind folgende Gebiete als künftige Naturschutzgebiete
einstweilig sichergestellt:
1. "Nägelstedt-Großvargulaer Unstruttal",
Gemarkung Nägelstedt und Gemarkung Großvargula, ca. 180
ha; das Gebiet umfaßt im wesentlichen das in den 30er Jahren erklärte
Landschaftsschutzgebiet (LSG "Unstruttal") und erstreckt sich 0,5 km östlich
Nägelstedt längs des Durchbruchtals der Unstrut bis zur Ortslage
Großvargula; es schließt auf seiner Nordseite drei kleine Seitentäler
ein; das völlig beruhigte Terrain ist nur durch einen unbefestigten und
wenig genutzten Feldweg längs des Talbodens und parallel des Flusses
erschlossen; es umfaßt die Steilhänge auf der Nord- und Südseite
der Unstrut mit Hutungsflächen und waldbestockten Abschnitten, den überschwemmungsgefährdeten
landwirtschaftlich aufgelassenen Talboden mit wechselfeuchtem Grünland,
ehemalige Weinberge und auflässige Ackerparzellen, altes Steinbruchgelände,
Hangquellmoore und Quellaustritte, Tümpel, einzelne Obstgehölzreihen
und Streuobstwiesen sowie Kopfweidenbestände. Die Grenze des Schutzgebietes
entspricht im Norden und Südwesten der Nutzungsgrenze Acker/Hutung (Grasland)
oder Wald, im Südosten bildet die Straße Gräfentonna-Großvargula
die Grenze.
2.
"Zimmer- und Hellerbachtal",
Gemarkung Bad Langensalza und Zimmern, ca. 70 ha; das Gebiet umfaßt
die kleinen Erosionstäler des Zimmer- und Hellerbachs mit natürlicher
Mäandrierung, Trocken- und Halbtrockenrasen, Gebüschsäumen
und Hochstaudenfluren, Streuobstwiesen und einzelne Obstgehölzreihen
sowie Kopfweiden; es schließt die Flächen der hydrologischen Naturdenkmale
"Große und Kleine Golken" ein. Die Grenze des Schutzgebietes bildet
teilweise der parallel zum Zimmerbach verlaufende Feldweg, teilweise ist sie
identisch mit der Grenze der Ackernutzung; auf der Südseite des Hellerbaches
bildet die Bundesstraße B 84 auf einer Länge von 2,5 km die Begrenzung.
Das umrissene Terrain ist gleichzeitig Trinkwasserschutzzone I und II.
3.
"Binsenwiese",
Gemarkung Reichenbach und Grumbach, ca. 7 ha; das Gebiet befindet sich
im Westteil des Waldes der "Großen Harth", es umfaßt das Feuchtgebiet
des Binsenteiches, wechselfeuchtes Grünland in seinem Vorgelände
und östlich sowie nördlich vorgelagerte Waldteile. Die Grenzen bilden
Forst- oder Feldwege sowie die Nutzungsgrenze Wald/Offenland.
4.
"Bruchwiesen",
Gemarkung Bad Tennstedt, ca. 23 ha; das Gebiet umfaßt Feuchtgrünland
und seine staudenreichen Zerfallsstadien, Pappelforste, auflässige Ackerstreifen
sowie Teichflächen unmittelbar westlich des Ortsrandes von Bad Tennstedt;
es schließt das kleine Landschaftsschutzgebiet "Bruchwiesen" ein, ist
jedoch territorial größer; gleichzeitig werden die hydrologischen
Naturdenkmale "Bruchteich" und "Gläser- und Kutscherloch" einbezogen.
Als südliche Begrenzung fungiert die Bundesstraße B 176, die Westgrenze
bildet ein ausgebauter Feldweg, die Nord- und Ostgrenze jeweils ein unbefestigter
Feldweg. Das umrissene Terrain ist gleichzeitig Trinkwasserschutzzone I und
II.
5.
"Südlicher Hainich" (Erweiterung des Naturschutzgebietes "Behringer Holz") ,
Gemarkungen Craula, Behringen und Reichenbach, ca. 725 ha; das Gebiet
umfaßt naturnahe Laubwaldgesellschaften und Forstflächen und ausgedehnte
Wacholderheiden, Gebüschsäume, in Renaturierung befindliche Streuobstwiesen,
auflässige Steinbrüche, auflässiges Ackerland. Das mehrere
Quadratkilometer große Areal ist äußerst strukturreich, es
wird zumeist durch Feldwege begrenzt, stellenweise bildet die Grenze der Nutzungsarten
Acker/Hutung oder Grünland die im Gelände nachvollziehbare Abgrenzung
des Schutzgebietes.

§ 2

Die einstweilige Sicherstellung dient
1.
im Bereich des Nägelstedt-Großvargulaer Unstruttales
der Erhaltungstruktur- und artenreicher Halbkulturformationen (ehemalige
Weinberge, Trockengebüschsäume, Trocken-und Magerrasen, Quellstellen,
Hangmooransätze, aufgelassene Kalksteinbrüche und Lehmgruben, umfangreiche
Streuobst- und Kopfweidenbestände, Fett- und Frischwiesen) mit Massenvorkommen
besonders geschützter Tiere oder Pflanzen wie Zauneidechse, Schlingnatter,
Frühlingsadonis;
2.
im Bereich des Zimmer- und Hellerbachtales
der Erhaltung natürlicher Erosionsrinnen, Streuobst- und Kopfweidenbestände,
gebüschreicher Trockenrasen und Magerweiden; mehrerer besonders geschützter
und selten gewordener Insekten, Vögel, Kleinsäuger, Reptilien wie
dem Neuntöter oder dem Wendehals mit der größten Brutdichte
im Landkreis;
3.
im Bereich der Binsenwiese
der Erhaltung des individuenreichsten Bestandes einer besonders geschützten,
vom Aussterben bedrohten Pflanzenart in Westthüringen;
4.
im Bereich der Bruchwiesen
der Erhaltung natürlicher Bruch- und Auwaldreste (Weichholzaue),
artenreichen Feuchtgrünlandes und uferbegleitender Hochstaudenfluren
und Röhrichte einschließlich der überregional bekannten hydrologischen
Phänomene des "Bruchteich" oder des "Gläser - und Kutscherloch"
sowie
5.
im Bereich des südlichen Hainich
der Erhaltung naturnaher Ökosysteme mit struktur- und artenreicher
Ausprägung sowohl des Offenlandes (Heiden, Hutungen, Triften auf Kalkmagerrasen)
als auch der Waldformationen (Buchenmischwälder) als Lebensräume
zahlreicher besonders geschützter und vom Aussterben bedrohter Organismen
(Orchideen, Amphibien, Vogelarten).

§ 3

Als Handlungen, die geeignet sind, die einstweilig sichergestellten
Gebiete nachteilig zu verändern, sind verboten:
1.
bauliche Anlagen herzustellen, zu erweitern oder zu ändern;
2.
mineralische Rohstoffe oder Bodenbestandteile abzubauen oder zu gewinnen, Sprengungen oder Bohrungen vorzunehmen oder in
sonstiger Weise die Bodengestalt zu verändern;
3.
Gewässer zu schaffen, zu verändern oder zu beseitigen, insbesondere Wasserläufe, Wasserflächen oder
Tümpel einschließlich deren Ufer sowie den Zu- und Ablauf des Wassers
oder den Grundwasserstand zu verändern sowie Feuchtgebiete zu entwässern;
4.
Pflanzen, einschließlich Bäume und Sträucher einzubringen, zu beschädigen oder zu entfernen;
5.
die einstweilig sichergestellten Gebiete außerhalb der Wege zu betreten, mit Fahrrädern zu befahren
oder dort zu reiten;
6.
zu lagern, zu baden, zu zelten, Wohnwagen aufzustellen, zu lärmen, Feuer anzuzünden oder zu unterhalten,
Drachenfliegen durchzuführen, Wasserfahrzeuge aller Art oder Modellschiffe
einzusetzen oder Modellflugzeuge starten oder landen zu lassen;
7.
mit Kraftfahrzeugen einschließlich Fahrrädern mit Hilfsmotor außerhalb der dafür zugelassenen
Straßen und Wege zu fahren oder Kraftfahrzeuge zu parken;
8.
Wiesen und Weiden oder Brachflächen umzubrechen, deren Nutzung zu ändern oder Dränmaßnahmen durchzuführen.

§ 4

Ausgenommen von den Verboten des § 3 bleiben:
1.
die ordnungsgemäße landwirtschaftliche Bodennutzung mit den in § 3 Nr. 8 genannten
Einschränkungen;
2.
die ordnungsgemäße forstwirtschaftliche Bodennutzung ohne Waldrodung oder Waldneuanlage;
3.
der Rückschnitt oder der Ersatz von Obstbäumen;
4.
die zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit des Schutzgebietes notwendigen und von den Naturschutzbehörden angeordneten
Überwachungs-, Schutz- und Pflegemaßnahmen.

§ 5

Von den Verboten des § 3 kann unter den Voraussetzungen des § 31 Abs. 1 Nr. 1 und 2 des
Bundesnaturschutzgesetzes auf Antrag Befreiung erteilt werden.
Über den Antrag entscheidet die Oberste Naturschutzbehörde. Die
Befreiung kann mit Nebenbestimmungen versehen werden.

§ 6

Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig:
1.
bauliche Anlagen entgegen § 3 Nr. 1 herstellt, erweitert oder ändert;
2.
entgegen § 3 Nr. 2 mineralische Rohstoffe oder Bodenbestandteile
abbaut oder gewinnt, Sprengungen oder Bohrungen vornimmt oder die Bodengestalt
verändert;
3.
Wasser, Gewässer oder Feuchtgebiete in der in § 3 Nr. 3 bezeichneten
Weise beeinflußt;
4.
Pflanzen einschließlich Bäume und Sträucher entgegen § 3 Nr. 4 einbringt,
beschädigt oder entfernt;
5.
die einstweilig sichergestellten Gebiete entgegen § 3 Nr. 5 außerhalb
der Wege betritt, befährt oder dort reitet;
6.
entgegen § 3 Nr. 6 lagert, badet, zeltet, Wohnwagen aufstellt, lärmt,
Feuer anzündet oder unterhält, Drachenfliegerei durchführt
oder Wasserfahrzeuge aller Art oder Modellschiffe einsetzt oder Modellflugzeuge
starten oder landen läßt;
7.
entgegen § 3 Nr. 7 mit Kraftfahrzeugen einschließlich Fahrrädern
mit Hilfsmotor außerhalb der dafür zugelassenen Straßen und
Wege fährt oder Kraftfahrzeuge parkt;
8.
entgegen § 3 Nr. 8 Wiesen, Weiden oder Brachflächen umbricht,
deren Nutzung ändert oder Dränmaßnahmen durchführt.
Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße geahndet werden.

§ 7

Diese Verordnung tritt am Tage nach der Verkündung in
Kraft.
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