Thüringer Verordnung über die Beschränkung der Einstellung in den juristischen Vorbereitungsdienst (Thüringer Kapazitätsverordnung des juristischen Vorbereitungsdienstes - ThürKapVOjVD -) Vom 15. Oktober 1999
Thüringer Verordnung über die Beschränkung der Einstellung in den juristischen Vorbereitungsdienst (Thüringer Kapazitätsverordnung des juristischen Vorbereitungsdienstes - ThürKapVOjVD -) Vom 15. Oktober 1999
Zum 12.06.2023 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe
Stand: | letzte berücksichtigte Änderung: geändert durch Art. 31 des Gesetzes vom 20. März 2009 (GVBl. S. 238, 274) |
Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis
Titel | Gültig ab |
---|---|
Thüringer Verordnung über die Beschränkung der Einstellung in den juristischen Vorbereitungsdienst (Thüringer Kapazitätsverordnung des juristischen Vorbereitungsdienstes - ThürKapVOjVD -) vom 15. Oktober 1999 | 03.11.1999 |
Eingangsformel | 03.11.1999 |
§ 1 - Anwendungsbereich | 03.11.1999 |
§ 2 - Zuständigkeit | 01.04.2009 |
§ 3 - Teilnahme am Auswahlverfahren | 01.04.2009 |
§ 4 - Ermittlung der Ausbildungskapazität | 01.04.2009 |
§ 5 - Festsetzung der Ausbildungskapazität | 03.11.1999 |
§ 6 - Auswahlkriterien | 03.11.1999 |
§ 7 - Leistung | 03.11.1999 |
§ 8 - Härtefälle | 01.04.2009 |
§ 9 - Berücksichtigung nach Wartezeit | 03.11.1999 |
§ 10 - Rangverbesserung | 01.04.2009 |
§ 11 - Frist zur Annahme des Ausbildungsplatzes | 03.11.1999 |
§ 12 - Folgen der Rückstellung | 01.04.2009 |
§ 13 - Gleichstellungsbestimmung | 03.11.1999 |
§ 14 - In-Kraft-Treten | 03.11.1999 |
Aufgrund des § 6 Nr. 6 des Thüringer Juristenausbildungsgesetzes (ThürJAG) vom 29. September 1992 (GVBI. S. 483), geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 10. November 1995 (GVBl. S. 341) und durch Gesetz vom 12. Mai 1999 (GVBl. S. 266), verordnet das Justizministerium im Einvernehmen mit dem Innenministerium, dem Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst und dem Finanzministerium:
§ 1 Anwendungsbereich
Bewerbern, die die Voraussetzungen für die Zulassung zum juristischen Vorbereitungsdienst in Thüringen erfüllen, darf die Einstellung vorläufig versagt werden (Rückstellung), wenn
1.
die Ausbildungskapazität nicht ausreicht, um eine sachgerechte Durchführung des Vorbereitungsdienstes für alle Bewerber zu gewährleisten oder
2.
die für die Ausbildung im juristischen Vorbereitungsdienst nach dem Haushaltsgesetz zur Verfügung stehenden Stellen nicht ausreichen.
§ 2 Zuständigkeit
Die für die Einstellung in den juristischen Vorbereitungsdienst nach der Thüringer Juristenausbildungs- und -prüfungsordnung (ThürJAPO) vom 24. Februar 2004 (GVBl. S. 217) in der jeweils geltenden Fassung zuständige Behörde ist auch für die Auswahl unter den Bewerbern, die Festsetzung und Bekanntmachung der Ausbildungskapazität zuständig.
§ 3 Teilnahme am Auswahlverfahren
(1) Am Auswahlverfahren nimmt nur teil, wer
1.
die erste juristische Staatsprüfung vor dem Ende der Bewerbungsfrist bestanden und
2.
rechtzeitig vollständige Bewerbungsunterlagen nach § 33 Abs. 1 bis 3 ThürJAPO eingereicht hat.
(2) Bei der Auswahl werden nur solche Umstände berücksichtigt, die in der rechtzeitig eingegangenen Bewerbung schriftlich dargelegt und nachgewiesen worden sind. Der Bewerber ist verpflichtet, die zur Feststellung der Voraussetzungen für das Zulassungsverfahren notwendigen Auskünfte zu erteilen.
§ 4 Ermittlung der Ausbildungskapazität
(1) Die Ausbildungskapazität errechnet sich
1.
aus der mit dem Faktor 1,5 vervielfachten Zahl der in Zivilsachen tätigen Richter an den Amts- und Landgerichten, soweit diese nicht in Ziffer 2 und 3 sowie Absatz 2 aufgeführt sind. Als Zivilsachen gelten nicht Familiensachen und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.
2.
aus der mit dem Faktor 0,75 vervielfachten Zahl der
a)
Vorsitzenden der Zivilkammern,
b)
Schwerbehinderten, soweit sie sich nicht zur Übernahme eines höheren Ausbildungsanteils bereit erklärt haben,
c)
Richter, die mit 50 v. H. und mehr, aber mit weniger als 75 v. H. ihrer Arbeitskraft in Zivilsachen tätig sind,
d)
Richter nach Absatz 2, Buchstabe b mit mindestens einem Jahr aber weniger als zwei Jahren richterlicher Berufspraxis in Zivilsachen und
e)
Richter auf Probe oder kraft Auftrags mit einer Dienstzeit von mindestens einem Jahr aber weniger als zwei Jahren.
3.
aus der mit Faktor 3,75 vervielfachten Zahl der Richter in Zivilsachen, die sich zur Gruppenausbildung nach § 36 Abs. 3 Satz 2 ThürJAPO bereit erklärt haben.
(2) Bei der Berechnung der Ausbildungskapazitäten nach Absatz 1 sind nicht zu berücksichtigen:
a)
Richter auf Probe und Richter kraft Auftrags mit einer richterlichen Dienstzeit von weniger als einem Jahr,
b)
Richter nach Artikel 1 Satz 1 des Einigungsvertragsgesetzes vom 23. September 1990 (BGBl. II S. 885 - 930 -) in Verbindung mit Anlage I Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 8 Buchst. y Doppelbuchst. aa, ee, ff zum Einigungsvertrag mit weniger als einem Jahr richterlicher Berufspraxis in Zivilsachen und
c)
Richter, die mit weniger als 50 v. H. ihrer Arbeitskraft in Zivilsachen tätig sind.
(3) Auf die verfügbare Ausbildungskapazität werden Referendare in der Wahlstation und im Ergänzungsvorbereitungsdienst (Zivilrecht) mit den Vorjahreszahlen vorab angerechnet.
§ 5 Festsetzung der Ausbildungskapazität
(1) Der Präsident des Oberlandesgerichts ermittelt aufgrund der Bewertung der Berichte der Land- und Amtsgerichte nach Anhörung des Landesarbeitsgerichts spätestens vier Monate vor dem ersten Einstellungstermin eines Kalenderjahres die Ausbildungskapazität. Sie wird von der nach § 2 zuständigen Behörde festgesetzt und mit der Zahl der nach dem Haushaltsgesetz zur Verfügung stehenden Stellen spätestens bis 31. Oktober eines jeden Jahres für das nachfolgende Kalenderjahr im Justiz - Ministerialblatt für Thüringen bekannt gemacht.
(2) Die Festsetzung gilt für die Dauer eines Jahres. Sie ist bei einer wesentlichen Änderung der Berechnungsgrundlage neu vorzunehmen und bekannt zu machen.
(3) Eine neue Ermittlung unterbleibt, wenn die Ausbildungskapazität offensichtlich über den nach dem Haushaltsgesetz zur Verfügung stehenden Stellen liegt.
§ 6 Auswahlkriterien
(1) Übersteigt die Zahl der Bewerber die Ausbildungskapazität oder die Zahl der im Haushaltsgesetz beschlossenen Stellen, werden die zur Verfügung stehenden Ausbildungsplätze vergeben:
1.
40 v. H. nach Leistung,
2.
bis zu 10 v. H. an Härtefälle und
3.
die verbleibenden Stellen nach Wartezeit.
Bei der Anwendung der Quoten auf die zur Verfügung stehenden Ausbildungsplätze entstehende nicht gradzahlige Werte werden auf- oder abgerundet. Halbe Ausbildungsplätze sind der Leistungsquote (Satz 1 Nr. 1) zuzurechnen.
(2) Wer bei drei vorangegangenen Einstellungsterminen in ununterbrochener Reihenfolge trotz ordnungsgemäßer Bewerbung aus Kapazitätsgründen nach § 1 zurückgestellt worden ist, ist bei der Verteilung der Stellen nach Wartezeit vorab zu berücksichtigen.
§ 7 Leistung
(1) Die Rangfolge bei der Auswahl der Bewerber nach Leistung richtet sich nach dem in der ersten juristischen Staatsprüfung erreichten Punktwert.
(2) Bei gleicher Leistung entscheidet die längere Wartezeit (§ 9 Abs. 1); bei gleicher Wartezeit das höhere Lebensalter.
§ 8 Härtefälle
(1) Die Ausbildungsplätze für Härtefälle werden an solche Bewerber vergeben, für die eine Ablehnung ihres Einstellungsantrags mit gesundheitlichen, sozialen, familiären oder sonstigen Nachteilen verbunden wäre, die über das Maß der mit einer Ablehnung üblicherweise verbundenen Nachteile erheblich hinausgehen.
(2) Ein Härtefall liegt insbesondere vor, wenn der Bewerber
1.
schwer behindert im Sinne des Neunten Buches Sozialgesetzbuch ist oder
2.
aufgrund gesetzlicher oder sittlicher Verpflichtung einer minderjährigen oder nicht erwerbsfähigen Person Unterhalt zu leisten hat und zur Erfüllung dieser Verpflichtung der Anwärterbezüge bedarf.
(3) Übersteigt die Zahl der Härtefälle die Zahl der zur Verfügung stehenden Ausbildungsplätze innerhalb der Härtefallquote (§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2), werden zunächst die schwer behinderten Bewerber nach dem Grad ihrer Behinderung berücksichtigt, sodann die unterhaltspflichtigen Bewerber nach der Zahl der Unterhaltsberechtigten. Anschließend können andere Härtefälle Berücksichtigung finden. Unter Bewerbern derselben Härtefallgruppe entscheidet das höhere Lebensalter.
(4) Eine Härtefallprüfung findet nicht statt, wenn der Bewerber auch über die Quoten nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder 3 zuzulassen wäre.
§ 9 Berücksichtigung nach Wartezeit
(1) Die Wartezeit beginnt mit dem frühestmöglichen Einstellungstermin nach dem Eingang des ordnungsgemäßen Antrags auf Aufnahme in den juristischen Vorbereitungsdienst.
(2) Die Rangfolge der Bewerber richtet sich nach der Anzahl der Einstellungstermine, zu denen die Bewerbung in Thüringen aus Kapazitätsgründen nach § 1 nicht berücksichtigt wurde.
(3) Ein Bewerber kann die Rückstellung für höchstens drei Termine aus wichtigem Grund beantragen, insbesondere zur Fortsetzung seiner wissenschaftlichen juristischen Ausbildung. Beantragt ein Bewerber die Rückstellung nach Zuteilung eines Ausbildungsplatzes oder nimmt er diesen nicht an (§ 11) beginnt die Wartezeit nicht. Dies gilt auch, wenn der Bewerber erst nach Zuteilung des Ausbildungsplatzes seine Teilnahme an einer Wiederholungsprüfung der ersten juristischen Staatsprüfung zur Notenverbesserung mitteilt. Ausnahmen von Satz 2 und 3 können bei Nachweis eines triftigen Grundes zugelassen werden.
(4) Bewerber, die die erste juristische Staatsprüfung frühzeitig im Sinne des § 5d Abs. 5 Satz 2 DRiG abgelegt haben, erhalten gegenüber den Bewerbern nach Absatz 2 einen Bonus von einem Einstellungstermin.
(5) Bei gleicher Wartezeit entscheidet das bessere Ergebnis in der ersten juristischen Staatsprüfung; bei gleicher Leistung entscheidet das höhere Lebensalter.
§ 10 Rangverbesserung
(1) Bewerber, die
1.
eine Dienstpflicht nach Artikel 12a des Grundgesetzes erfüllt, eine solche Dienstpflicht oder entsprechende Dienstleistungen auf Zeit oder Dienste und Leistungen nach Artikel 23 Abs. 1 der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik einschließlich der dem Wehrdienst entsprechenden Dienste nach den Buchstaben b bis d der Bekanntmachung über den Dienst, der der Ableistung des Wehrdienstes entspricht, vom 25. März 1982 (GBl. I Nr. 12 S. 268) übernommen haben,
2.
mindestens zwei Jahre als Entwicklungshelfer im Sinne des Entwicklungshelfer-Gesetzes vom 18. Juni 1969 (BGBl. I S. 549) in der jeweils geltenden Fassung tätig waren oder
3.
einen Jugendfreiwilligendienst im Sinne des Jugendfreiwilligendienstgesetzes vom 16. Mai 2008 (BGBl. I S. 842) in der jeweils geltenden Fassung oder im Rahmen eines von der Bundesregierung geförderten Modellprojekts geleistet haben,
sind so zu berücksichtigen, als wäre die Bewerbung zu einem um die Dauer des Dienstes zurückverlegten Zeitpunkt eingegangen, sofern sich dadurch die Stellung in der Rangfolge der Bewerber verbessert.
(2) Der von Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum und sonstigen ausländischen Staatsangehörigen oder Staatenlosen, die deutschen Staatsangehörigen bezüglich der beruflichen Zugangsmöglichkeiten gleichgestellt sind, geleistete Dienst wird entsprechend Absatz 1 angerechnet, wenn er mit diesem Dienst vergleichbar ist. § 33 Abs. 11 ThürJAPO bleibt unberührt.
(3) Hat sich die Einstellung einer Bewerberin in den Vorbereitungsdienst allein durch Geburt eines Kindes verzögert und ist innerhalb von zwei Jahren nach der Geburt dieses Kindes ein ordnungsgemäßer Antrag auf Aufnahme in den juristischen Vorbereitungsdienst eingegangen, ist diese Bewerberin bei der Auswahl nach der Leistung und nach der Wartezeit mit mindestens dem Zeitpunkt zu berücksichtigen, zu dem sie sich ohne die Geburt des Kindes hätte bewerben können. In gleicher Weise wird die Pflege eines pflegebedürftigen sonstigen Angehörigen im Sinne von § 20 Abs. 5 des Thüringer Verwaltungsverfahrensgesetzes bis zu drei Jahren angerechnet. § 33 Abs. 6 Nr. 1 ThürJAPO bleibt unberührt.
(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten nicht, soweit bereits beim Hochschulzugang ein entsprechender Nachteilsausgleich, insbesondere nach § 34 Satz 1 Nr. 1 bis 4 des Hochschulrahmengesetzes gewährt wurde.
§ 11 Frist zur Annahme des Ausbildungsplatzes
Innerhalb von zehn Tagen nach Bekanntgabe einer Zulassung zum juristischen Vorbereitungsdienst hat der Bewerber der zuständigen Behörde schriftlich mitzuteilen, ob er den zugeteilten Ausbildungsplatz in Anspruch nimmt. Unterbleibt die Mitteilung, werden nach Fristablauf die nicht in Anspruch genommenen Ausbildungsplätze im Nachrückverfahren entsprechend der Rangfolge der Bewerber vergeben. Auf diese Folge ist bei der Bekanntgabe hinzuweisen.
§ 12 Folgen der Rückstellung
Ist die Einstellung in den juristischen Vorbereitungsdienst versagt worden, so ist eine vollständige erneute Bewerbung nicht erforderlich, sofern der Bewerber die Unterlagen nicht zurückerhalten hat. Jedoch hat er spätestens bis zum Ablauf der Antragsfrist für den nächsten Einstellungstermin (§ 33 Abs. 1 ThürJAPO) schriftlich mitzuteilen, ob er an der Bewerbung festhält. In diesem Fall ist die Beantragung eines aktuellen Führungszeugnisses nach § 30 Abs. 5 des Bundeszentralregistergesetzes nachzuweisen und eine neue Gesundheitserklärung (§ 33 Abs. 3 Nr. 5 ThürJAPO) vorzulegen.
§ 13 Gleichstellungsbestimmung
Status- und Funktionsbezeichnungen in dieser Verordnung gelten jeweils in männlicher und weiblicher Form.
§ 14 In-Kraft-Treten
Diese Verordnung tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.
Erfurt, den 15. Oktober 1999
Der Justizminister
Birkmann
Feedback