Thüringer Gesetz über die juristischen Staatsprüfungen und den juristischen Vorbereitungsdienst (Thüringer Juristenausbildungsgesetz -ThürJAG-) Vom 7. Dezember 2022
Thüringer Gesetz über die juristischen Staatsprüfungen und den juristischen Vorbereitungsdienst (Thüringer Juristenausbildungsgesetz -ThürJAG-) Vom 7. Dezember 2022
Zum 12.06.2023 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe
Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis
Titel | Gültig ab |
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Thüringer Gesetz über die juristischen Staatsprüfungen und den juristischen Vorbereitungsdienst (Thüringer Juristenausbildungsgesetz - ThürJAG -) vom 7. Dezember 2022 | 01.01.2023 |
Inhaltsverzeichnis | 01.01.2023 |
Eingangsformel | 01.01.2023 |
§ 1 - Justizprüfungsamt | 01.01.2023 |
§ 2 - Stellung der Prüferinnen und Prüfer | 01.01.2023 |
§ 3 - Orte der Staatsprüfungen | 01.01.2023 |
§ 4 - Prüfungsausschüsse | 01.01.2023 |
§ 5 - Widerspruchsverfahren und Wiederholung der Prüfung zur Notenverbesserung | 01.01.2023 |
§ 6 - Diplomgrad | 01.01.2023 |
§ 7 - Vorbereitungsdienst | 01.01.2023 |
§ 8 - Zulassung und Entlassung | 01.01.2023 |
§ 9 - Übertragung von Amtsgeschäften | 01.01.2023 |
§ 10 - Verarbeitung und Schutz personenbezogener Gesundheitsdaten | 01.01.2023 |
§ 11 - Verordnungsermächtigungen | 01.01.2023 |
§ 12 - Gleichstellungsbestimmung | 01.01.2023 |
§ 13 - Inkrafttreten, Außerkrafttreten | 01.01.2023 |
Inhaltsübersicht | |
§ 1 | Justizprüfungsamt |
§ 2 | Stellung der Prüferinnen und Prüfer |
§ 3 | Orte der Staatsprüfungen |
§ 4 | Prüfungsausschüsse |
§ 5 | Widerspruchsverfahren und Wiederholung der Prüfung zur Notenverbesserung |
§ 6 | Diplomgrad |
§ 7 | Vorbereitungsdienst |
§ 8 | Zulassung und Entlassung |
§ 9 | Übertragung von Amtsgeschäften |
§ 10 | Verarbeitung und Schutz personenbezogener Gesundheitsdaten |
§ 11 | Verordnungsermächtigungen |
§ 12 | Gleichstellungsbestimmung |
§ 13 | Inkrafttreten, Außerkrafttreten |
Der Landtag hat das folgende Gesetz beschlossen:
§ 1 Justizprüfungsamt
(1) Für die Durchführung der staatlichen Prüfungen nach § 5 Abs. 1 des Deutschen Richtergesetzes (DRiG) in der Fassung vorn 19. April 1972 (BGBl. I S. 713) in der jeweils geltenden Fassung ist bei dem für das Ausbildungs- und Prüfungswesen für die Laufbahnen des Justizdienstes zuständigen Ministerium das Justizprüfungsamt errichtet. Das Justizprüfungsamt besteht aus der Präsidentin oder dem Präsidenten, der sie oder ihn vertretenden Person und weiteren Mitgliedern.
(2) Die Mitglieder des Justizprüfungsamts werden durch das für das Ausbildungs- und Prüfungswesen für die Laufbahnen des Justizdienstes zuständige Ministerium berufen. Die Berufung der Mitglieder, die nicht im Geschäftsbereich des für das Ausbildungs- und Prüfungswesen für die Laufbahnen des Justizdienstes zuständigen Ministeriums beschäftigt sind, erfolgt im Einvernehmen mit der jeweils zuständigen obersten Dienstbehörde, der Standesvertretung oder den Dekaninnen oder Dekanen der zuständigen Fakultäten. Die Präsidentin oder der Präsident und die sie oder ihn vertretende Person müssen die Befähigung zum Richteramt besitzen.
(3) Zu weiteren Mitgliedern können berufen werden:
1.
Professorinnen und Professoren der Rechte sowie Hochschuldozentinnen und Hochschuldozenten der Rechte,
2.
Richterinnen, Richter, Staatsanwältinnen, Staatsanwälte, Rechtsanwältinnen, Rechtsanwälte, Notarinnen und Notare sowie
3.
Beamtinnen und Beamte des höheren Verwaltungsdienstes oder Angestellte jeweils mit der Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristinnen und Diplomjuristen im höheren Verwaltungsdienst.
§ 2 Stellung der Prüferinnen und Prüfer
(1) Die Mitglieder des Justizprüfungsamts sind Prüferinnen und Prüfer und in ihrer Prüfertätigkeit unabhängig.
(2) Die Präsidentin oder der Präsident des Justizprüfungsamts und die sie oder ihn vertretende Person werden auf Zeit oder für die Dauer eines Hauptamts bestellt. Die erstmalige Bestellung der weiteren Mitglieder erfolgt für höchstens drei Jahre; weitere Bestellungen sind für die Dauer von jeweils bis zu fünf Jahren zulässig.
§ 3 Orte der Staatsprüfungen
(1) Die staatliche Pflichtfachprüfung soll am Sitz der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität Jena stattfinden.
(2) Die schriftlichen Prüfungsleistungen der zweiten Staatsprüfung sollen am Sitz der Landgerichte, denen die Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare zur Ausbildung zugewiesen sind, erbracht werden. Die mündliche Prüfung der zweiten Staatsprüfung soll in Erfurt abgenommen werden.
§ 4 Prüfungsausschüsse
Für die Abnahme der staatlichen Prüfungen oder Teilen davon werden Prüfungsausschüsse aus Mitgliedern des Justizprüfungsamts gebildet.
§ 5 Widerspruchsverfahren und Wiederholung der Prüfung zur Notenverbesserung
(1) Gegen Verwaltungsakte, denen eine Bewertung von Prüfungsleistungen zugrunde liegt, findet ein Widerspruchsverfahren statt. Über den Widerspruch entscheidet das Justizprüfungsamt. Bei Zurückweisung eines Widerspruchs, der die Bewertung einer Prüfungsleistung der staatlichen Pflichtfachprüfung oder der zweiten Staatsprüfung erfolglos beanstandet hat, wird eine Gebühr in Höhe von 40 Euro für das Widerspruchsverfahren erhoben. Im Falle der Rücknahme des Widerspruchs oder bei Erledigung auf andere Weise ermäßigt sich der Betrag auf 20 Euro.
(2) Wer die staatliche Pflichtfachprüfung oder die zweite Staatsprüfung bei erstmaliger Ablegung in Thüringen bestanden hat, kann sie zur Verbesserung der Prüfungsnote einmal im gesamten Umfang wiederholen. Die Kosten für das Notenverbesserungsverfahren der zweiten Staatsprüfung belaufen sich auf 200 Euro, die in einem Fall unzumutbarer Härte auf Antrag gegenüber dem Justizprüfungsamt reduziert werden können.
§ 6 Diplomgrad
Die Friedrich-Schiller-Universität Jena kann nach § 58 Abs. 1 und 3 des Thüringer Hochschulgesetzes vom 10. Mai 2018 (GVBl. S. 149) in der jeweils geltenden Fassung den erfolgreichen Absolventinnen und Absolventen der ersten Prüfung nach § 5 Abs. 1 DRiG den Diplomgrad verleihen.
§ 7 Vorbereitungsdienst
(1) Der zweiten Staatsprüfung geht ein einheitlicher Vorbereitungsdienst voraus.
(2) Wer die erste Prüfung nach § 5 Abs. 1 DRiG bestanden hat, wird nach Maßgabe des § 8 Abs. 1 und 2 sowie des § 7 Abs. 1 Nummer 1 und 2 Beamtenstatusgesetz auf Antrag zum Vorbereitungsdienst zugelassen und vorbehaltlich des Absatzes 3 in das Beamtenverhältnis auf Widerruf berufen oder in das öffentlich-rechtliche Ausbildungsverhältnis aufgenommen. Die für den Vorbereitungsdienst zugelassenen Bewerberinnen und Bewerber führen die Bezeichnung „Rechtsreferendarin“ oder „Rechtsreferendar“.
(3) Für den Vorbereitungsdienst zuzulassende Bewerberinnen und Bewerber, die nicht in das Beamtenverhältnis auf Widerruf berufen werden können oder wollen, absolvieren den Vorbereitungsdienst in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis nach § 15 Abs. 3 des Thüringer Laufbahngesetzes vom 12. August 2014 (GVBl. S. 472, 498) in der jeweils geltenden Fassung. Anstelle eines Diensteides werden die Bewerberinnen und Bewerber vor Beginn des Vorbereitungsdienstes nach Maßgabe des Verpflichtungsgesetzes auf die gewissenhafte Erfüllung ihrer Obliegenheiten, insbesondere ihre Pflicht zur Verschwiegenheit, förmlich verpflichtet.
(4) Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis erhalten als Zuschuss zum Bestreiten des Lebensunterhalts eine monatliche Unterhaltsbeihilfe in Höhe der Anwärterbezüge der Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare, die Beamtinnen und Beamte auf Widerruf sind. Die Unterhaltsbeihilfe wird in entsprechender Anwendung der für die Anwärterbezüge der Beamtinnen und Beamten auf Widerruf geltenden Vorschriften des Thüringer Besoldungsgesetzes vom 18. Januar 2016 (GVBl. S. 1 - 166, 202 -), in der jeweils geltenden Fassung gewährt. Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare im öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis erhalten vermögenswirksame Leistungen in entsprechender Anwendung der Vorschriften, die für Beamtinnen und Beamte auf Widerruf gelten; das Thüringer Reisekostengesetz vom 23. Dezember 2005 (GVBl. S. 446) und die Thüringer Trennungsgeldverordnung vom 2. Januar 2006 (GVBl. S. 20) finden in der jeweils geltenden Fassung entsprechende Anwendung. Weitergehende Leistungen, insbesondere Versorgungsanwartschaften, Urlaubsgeld und den Auslandsdienstbezügen vergleichbare Leistungen werden nicht gewährt. Die Unterhaltsbeihilfe unterliegt der Beitragspflicht zur gesetzlichen Sozialversicherung und wird am letzten Bankarbeitstag eines jeden Kalendermonats für den laufenden Kalendermonat gezahlt.
(5) Für die Rechte und Pflichten der Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare, die sich im öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis befinden, sowie für die Begründung und Beendigung des öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnisses sind die für Beamtinnen und Beamte auf Widerruf geltenden Bestimmungen mit Ausnahme des § 72 Thüringer Beamtengesetz vom 12. August 2014 (GVBl. S. 472) in der jeweils geltenden Fassung entsprechend anzuwenden, soweit nicht durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes etwas anderes bestimmt ist. Entsprechende Anwendung finden
1.
das Thüringer Disziplinargesetz vom 21. Juni 2002 (GVBl. S. 257),
2.
das Entgeltfortzahlungsgesetz vom 26. Mai 1994 (BGBl. I S. 1014, 1065),
3.
das Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz in der Fassung vorn 27. Januar 2015 (BGBl. I S. 33) und
4.
die Thüringer Mutterschutzverordnung vom 2. Juni 2020 (GVBl. S. 289)
jeweils in der geltenden Fassung.
(6) Der Vorbereitungsdienst endet ohne besonderen Widerruf mit Ablauf des Tages, an welchem der Rechtsreferendarin oder dem Rechtsreferendar die Entscheidung über das Bestehen der zweiten Staatsprüfung oder das Nichtbestehen der ersten Wiederholungsprüfung bekanntgemacht wird und damit auch das Beamtenverhältnis auf Widerruf nach Absatz 2 oder das öffentlich-rechtliche Ausbildungsverhältnis nach Absatz 3.
§ 8 Zulassung und Entlassung
(1) Die Zulassung zum Vorbereitungsdienst ist Bewerberinnen und Bewerbern zu versagen,
1.
solange gegen sie eine Freiheitsentziehung vollzogen wird,
2.
die wegen einer vorsätzlich begangenen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr rechtskräftig verurteilt worden sind und deren Strafe noch nicht getilgt worden ist,
3.
die gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes tätig sind,
4.
die die erste Prüfung oder die zweite Staatsprüfung in Thüringen oder in einem anderen Land nach den dort geltenden Bestimmungen endgültig nicht bestanden haben oder
5.
wenn für sie eine Betreuerin oder ein Betreuer bestellt ist.
(2) Die Zulassung zum Vorbereitungsdienst soll versagt werden, solange die Bewerberin oder der Bewerber den schriftlichen Teil einer Wiederholungsprüfung zur Verbesserung der Prüfungsnote für die erste Prüfung nicht vollständig absolviert hat.
(3) Die Zulassung zum Vorbereitungsdienst kann versagt werden,
1.
solange ein Ermittlungsverfahren oder ein Strafverfahren wegen des Verdachts einer vorsätzlich begangenen Tat anhängig ist, das zu einer Entscheidung nach Absatz 1 Nummer 2 führen kann,
2.
wenn Tatsachen vorliegen, die die Bewerberin oder den Bewerber für den Vorbereitungsdienst als ungeeignet erscheinen lassen, insbesondere wenn
a)
Tatsachen in der Person der Bewerberin oder des Bewerbers die Gefahr einer Störung des Dienstbetriebs begründen,
b)
Tatsachen in der Person der Bewerberin oder des Bewerbers die Gefahr begründen, dass durch ihre oder seine Aufnahme wichtige öffentliche Belange ernsthaft beeinträchtigt würden,
c)
die Bewerberin oder der Bewerber an einer Krankheit leidet, die die Gesundheit anderer ernsthaft gefährden oder die ordnungsgemäße Ausbildung erheblich beeinträchtigen würde oder
d)
die Versicherung der Bewerberin oder des Bewerbers in der Gesundheitserklärung falsch war,
3.
wenn die Bewerberin oder der Bewerber nach einer früheren Entlassung aus dem Vorbereitungsdienst die Wiedereinstellung beantragt; insbesondere kann die Aufnahme versagt werden, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sich die Bewerberin oder der Bewerber durch eine zeitweilige Entlassung einen Ausbildungsvorteil verschaffen wollte oder
4.
wenn die Bewerberin oder der Bewerber die Übernahme aus dem Vorbereitungsdienst eines anderen Landes beantragt und hierfür ein wichtiger Grund nicht vorliegt.
(4) Aus dem Vorbereitungsdienst ist zu entlassen, wer die Entlassung beantragt.
(5) Die Rechtsreferendarin oder der Rechtsreferendar soll entlassen werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn
1.
während des Vorbereitungsdienstes ein Umstand eintritt oder nachträglich bekannt wird, der die Versagung der Aufnahme in den Vorbereitungsdienst nach Absatz 1, 2 oder 3 rechtfertigen würde,
2.
die Rechtsreferendarin oder der Rechtsreferendar in ihrer oder seiner Ausbildung nicht hinreichend fortschreitet, insbesondere, wenn sie oder er in zwei Ausbildungsabschnitten keine ausreichenden Leistungen erzielt hat oder
3.
die Rechtsreferendarin oder der Rechtsreferendar länger als sechs Monate dienstunfähig ist und nicht zu erwarten ist, dass sie oder er binnen drei Monaten wieder dienstfähig wird.
Die Rechtsreferendarin oder der Rechtsreferendar hat in einem Ausbildungsabschnitt keine ausreichenden Leistungen erzielt, wenn das arithmetische Mittel der in den Zeugnissen ausgewiesenen Einzelleistungen geringer als vier Punkte ist.
(6) Vor der Entlassung nach Absatz 5 ist die Rechtsreferendarin oder der Rechtsreferendar anzuhören.
(7) Die beamtenrechtlichen Vorschriften über die Beendigung des Beamtenverhältnisses bleiben unberührt.
§ 9 Übertragung von Amtsgeschäften
(1) Im Rahmen der Ausbildung können der Rechtsreferendarin oder dem Rechtsreferendar, sofern nicht gesetzliche Vorschriften entgegenstehen, Geschäfte einer Beamtin oder eines Beamten des gehobenen oder des mittleren Justizdienstes, vor allem einer Amtsanwältin, eines Amtsanwalts, einer Urkundsbeamtin oder eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle, zur selbständigen Wahrnehmung übertragen werden.
(2) Wird der Vorbereitungsdienst wegen Krankheit oder aus einem anderen zwingenden Grund verlängert, soll die Rechtsreferendarin oder der Rechtsreferendar während der Zeit, in der eine Zuweisung an eine Ausbildungsstelle nicht erfolgt, mit der Wahrnehmung der Geschäfte einer Rechtspflegerin oder eines Rechtspflegers oder mit sonstigen in Absatz 1 genannten Dienstgeschäften betraut werden.
§ 10 Verarbeitung und Schutz personenbezogener Gesundheitsdaten
(1) Wer für die Erbringung von Prüfungsleistungen der staatlichen Pflichtfachprüfung, der zweiten Staatsprüfung oder auch bereits für die während des Vorbereitungsdienstes zu erbringenden Leistungen einen Antrag auf Nachteilsausgleich stellt, der mit einer Körperbehinderung oder einer längerfristigen, nicht unerheblichen Beeinträchtigung der physischen oder psychischen Gesundheit begründet wird, hat dem Justizprüfungsamt ein amtsärztliches Zeugnis vorzulegen, das die für die Beurteilung der Körperbehinderung oder der längerfristigen, nicht unerheblichen Beeinträchtigung der physischen oder psychischen Gesundheit nötigen medizinischen Feststellungen zu Einschränkungen bei der Fertigung der schriftlichen Aufsichtsarbeiten, der Ablegung der mündlichen Prüfung oder bei den während des Vorbereitungsdienstes zu erbringenden Leistungen enthalten muss. In begründeten Einzelfällen kann das Justizprüfungsamt auf die Vorlage eines amtsärztlichen Zeugnisses verzichten, vor allem in offensichtlichen Fällen, oder sich andere Nachweise vorlegen lassen, insbesondere die Stellungnahme der behandelnden Ärztin oder des behandelnden Arztes.
(2) Wer einen Antrag auf Zustimmung zur Nichterbringung von Prüfungsleistungen wegen einer krankheitsbedingten Verhinderung stellt, hat dem Justizprüfungsamt ein amtsärztliches Zeugnis vorzulegen, das die für die Beurteilung der Prüfungsunfähigkeit erheblichen medizinischen Feststellungen zu Einschränkungen bei der Fertigung der schriftlichen Aufsichtsarbeiten oder der Ablegung der mündlichen Prüfung enthalten muss. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.
(3) Falls die medizinischen Feststellungen in dem amtsärztlichen Zeugnis oder die Angaben in der Stellungnahme der behandelnden Ärztin oder des behandelnden Arztes für die Entscheidung des Justizprüfungsamts nach den Absätzen 1 und 2 nicht ausreichend sind, kann das Justizprüfungsamt mit schriftlicher Zustimmung der antragstellenden Person die insoweit erforderlichen Erkundigungen unmittelbar bei der Amtsärztin, dem Amtsarzt, der behandelnden Ärztin oder dem behandelnden Arzt einholen.
(4) Das Justizprüfungsamt darf besondere Kategorien personenbezogener Daten der antragstellenden Person verarbeiten, soweit dies für Entscheidungen des Justizprüfungsamts nach den Absätzen 1 und 2 erforderlich ist. Personenbezogene Daten nach Satz 1 sind getrennt von anderen Daten zu speichern und dürfen nur von Bediensteten des Justizprüfungsamts verarbeitet werden, die über die besondere Zweckbindung und das Verbot der anderweitigen Verarbeitung zu belehren sind.
(5) Unterlagen, aus denen der Gesundheitszustand der antragstellenden Person ersichtlich ist, sind unverzüglich zurückzugeben oder zu vernichten, sobald sie für den Zweck, zu dem sie vorgelegt worden sind, nicht mehr benötigt werden.
§ 11 Verordnungsermächtigungen
(1) Das für das Ausbildungs- und Prüfungswesen für die Laufbahnen des Justizdienstes zuständige Ministerium wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem für das öffentliche Dienstrecht zuständigen Ministerium, dem für das Hochschulrecht zuständigen Ministerium und dem für Finanzen zuständigen Ministerium zur Durchführung dieses Gesetzes durch Rechtsverordnungen Regelungen zu treffen, insbesondere über
1.
die Organisation, Aufgaben und Zuständigkeiten des Justizprüfungsamts; die Aufgaben und Befugnisse der Präsidentin oder des Präsidenten; die Bestellung der Mitglieder; das Ruhen und die Beendigung der Mitgliedschaft; die Errichtung von Außenstellen,
2.
die Pflichtfächer, die studienbegleitenden Leistungskontrollen oder Zwischenprüfungen; die praktischen Studienzeiten; die Frist für die Meldung zur staatlichen Pflichtfachprüfung; die Voraussetzungen für die Zulassung zur staatlichen Pflichtfachprüfung, insbesondere über den Nachweis eines ordnungsgemäßen Studiums, über das Erfordernis, für die zwei der Prüfung unmittelbar vorausgehenden Studienhalbjahre an einer Universität in Thüringen eingeschrieben gewesen zu sein sowie über die Vorlage von Zeugnissen über die Teilnahme an Zwischenprüfungen oder studienbegleitenden Leistungskontrollen und an Lehrveranstaltungen sowie den Verlust des Anspruchs auf Zulassung zur Prüfung,
3.
die Voraussetzungen für die Zulassung zum Vorbereitungsdienst; die Voraussetzungen für die Entlassung aus dem Vorbereitungsdienst; die Gliederung und Gestaltung des Vorbereitungsdienstes, insbesondere die Fertigung von Vorlagearbeiten sowie die Teilnahme an Arbeitsgemeinschaften, Arbeitstagungen und Lehrgängen einschließlich der Erteilung von Zeugnissen; die Tätigkeit von Arbeitsgemeinschaftsleiterinnen, Arbeitsgemeinschaftsleitern, Gruppenausbilderinnen und Gruppenausbildern; die Verlängerung des Vorbereitungsdienstes im Einzelfall; die Mitwirkungsrechte der Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare; die Zuständigkeit für Entscheidungen im Zusammenhang mit dem Vorbereitungsdienst; die Übertragung von Arbeitgeberrechten und -pflichten; Urlaub und Arbeitsbefreiung im Hinblick auf Ausbildungserfordernisse; die Nebentätigkeit; die Zulassung von Gastreferendarinnen und Gastreferendaren; die Ableistung des Vorbereitungsdienstes in Teilzeit nach Maßgabe des § 5b Abs. 6 DRiG in der am 1. Januar 2023 geltenden Fassung,
4.
die Zulassungsbeschränkungen aufgrund der Erschöpfung der Ausbildungskapazitäten; die Einzelheiten des Vergabeverfahrens, insbesondere der Auswahl der Bewerberinnen und Bewerber nach Eignung, Leistung, den Fällen besonderer Härte und der Wartezeit, wobei Eignung und Leistung überwiegende Bedeutung haben sollen, die Möglichkeiten der Rangverbesserung der Bewerberinnen und Bewerber und die Ermittlung der Zahl der zur Verfügung stehenden Ausbildungsstellen unter Berücksichtigung der räumlichen und sächlichen Gegebenheiten in den einzelnen Landgerichtsbezirken und der Zahl der dort tätigen Ausbilderinnen und Ausbilder sowie der Art und des Umfangs ihrer Tätigkeit,
5.
die Ausgestaltung des öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnisses im Vorbereitungsdienst für Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare, die nicht in das Beamtenverhältnis übernommen werden,
6.
die Voraussetzungen für die Zulassung zur zweiten Staatsprüfung und den Verlust des Anspruchs auf Zulassung,
7.
die Zusammensetzung der Prüfungsausschüsse und deren Vorsitz; den Prüfungsstoff; das Prüfungsverfahren, insbesondere Art und Zahl der Prüfungsleistungen im schriftlichen und mündlichen Teil; die Bewertung von Prüfungsleistungen; die Berücksichtigung von Leistungen aus Studium und Vorbereitungsdienst; die Voraussetzungen für das Bestehen der staatlichen Prüfungen; die Erteilung von Zeugnissen; den Rücktritt von den staatlichen Prüfungen, die Verhinderung von Prüflingen und die Wiederholung der staatlichen Prüfungen; die Festlegung besonderer Bedingungen für Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare und Prüflinge mit einer Körperbehinderung oder einer längerfristigen, nicht unerheblichen Beeinträchtigung der physischen oder psychischen Gesundheit; die Folgen von Verstößen gegen Prüfungsbestimmungen; Prüfungsmängel; die Benutzung von Hilfsmitteln; die Einsicht in Prüfungsarbeiten; die Folgen unlauteren Verhaltens,
8.
die Anrechnung von Studienzeiten und von Ausbildungszeiten anderer Ausbildungsgänge auf die Juristenausbildung; die Anrechnung von Krankheits- und sonstigen Ausfallzeiten,
9.
die elektronische Erbringung schriftlicher Leistungen in den staatlichen Prüfungen sowie
10.
die Aufbewahrung handschriftlich angefertigter Aufsichtsarbeiten in elektronischer Form.
(2) Durch Rechtsverordnungen nach Absatz 1 können Bestimmungen über die Schwerpunktbereiche und die Prüfungsordnung einer universitären Schwerpunktbereichsprüfung getroffen werden. Die Prüfungsordnung erlässt die Universität; sie bedarf der Genehmigung des für das Hochschulrecht zuständigen Ministeriums im Einvernehmen mit dem für das Ausbildungs- und Prüfungswesen für die Laufbahnen des Justizdienstes zuständigen Ministerium.
§ 12 Gleichstellungsbestimmung
Status- und Funktionsbezeichnungen in diesem Gesetz gelten jeweils auch für Personen, die mit der Angabe „divers“ oder ohne eine Angabe des Geschlechts in das Geburtenregister eingetragen sind.
§ 13 Inkrafttreten, Außerkrafttreten
(1) Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 2023 in Kraft.
(2) Gleichzeitig mit Inkrafttreten nach Absatz 1 tritt das Thüringer Juristenausbildungsgesetz in der Fassung vom 28. Januar 2003 (GVBl. S. 33), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 22. März 2016 (GVBl. S. 150) außer Kraft.
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