ThürAGGVG
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Thüringer Gesetz zur Ausführung des Gerichtsverfassungsgesetzes (ThürAGGVG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. Oktober 1993

Thüringer Gesetz zur Ausführung des Gerichtsverfassungsgesetzes (ThürAGGVG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. Oktober 1993
Zum 12.06.2023 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe
Stand: letzte berücksichtigte Änderung: mehrfach geändert und Abschnitt 5 neu gefast durch Artikel 1 des Gesetzes vom 9. Mai 2023 (GVBl. S. 180)

Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis

TitelGültig ab
Thüringer Gesetz zur Ausführung des Gerichtsverfassungsgesetzes (ThürAGGVG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. Oktober 199301.09.1993
Inhaltsverzeichnis01.06.2023
Erster Abschnitt - Gerichte01.09.1993
§ 1 - Geschäftsjahr01.09.1993
§ 2 - Berufung der Vertrauenspersonen01.06.2023
§ 3 - Zahl der Spruchkörper01.01.2002
§ 4 - Amtstracht01.06.2023
§ 5 - Amtsgerichte01.09.1993
§ 6 - Landgerichte01.09.1993
Zweiter Abschnitt - Staatsanwaltschaften01.09.1993
§ 7 - Amtsanwälte01.01.2002
Dritter Abschnitt - Justizverwaltung01.09.1993
§ 8 - Geschäfte der Justiz- und Gerichtsverwaltung31.12.2008
§ 9 - Vertretung01.09.1993
§ 10 - Dienstaufsicht01.06.2023
§ 11 - Legalisation01.09.1993
§ 12 - Aufgaben der Urkundsbeamten01.06.2023
§ 13 - Zuständigkeiten der Gerichtsvollzieher01.06.2023
§ 13 a - Befugnisse der Gerichtsvollzieher01.11.2019
Vierter Abschnitt - Landesrechtliche Zuständigkeitskonzentration01.01.2012
§ 14 - Wirtschaftsstrafsachen01.06.2023
Fünfter Abschnitt - Dolmetscher, Gebärdensprachdolmetscher und Übersetzer01.06.2023
§ 15 - Beeidigung und Ermächtigung01.06.2023
§ 16 - Zuständigkeit01.06.2023
§ 17 - Bezeichnung01.06.2023
§ 18 - Bestätigung der Übersetzung, Pflichten der Übersetzer01.06.2023
§ 19 - Verzeichnis01.06.2023
§ 20 - Vorübergehende Dienstleistungen01.06.2023
§ 21 - Ordnungswidrigkeit01.06.2023
Sechster Abschnitt - Aufbewahrung von Schriftgut in der Justiz31.12.2008
§ 22 - Aufbewahrung von Schriftgut01.06.2023
§ 23 - Verordnungsermächtigung, Aufbewahrungsfristen01.06.2023
Siebenter Abschnitt - Übergangs- und Schlussbestimmungen31.12.2008
§ 24 - Einschränkung von Grundrechten01.06.2023
§ 25 - Gleichstellungsbestimmung01.06.2023
§ 26 - Inkrafttreten01.06.2023
Inhaltsübersicht
Erster Abschnitt Gerichte
§ 1Geschäftsjahr
§ 2Berufung der Vertrauenspersonen
§ 3Zahl der Spruchkörper
§ 4Amtstracht
§ 5Amtsgerichte
§ 6Landgerichte
Zweiter Abschnitt Staatsanwaltschaften
§ 7Amtsanwälte
Dritter Abschnitt Justizverwaltung
§ 8Geschäfte der Justiz- und Gerichtsverwaltung
§ 9Vertretung
§ 10Dienstaufsicht
§ 11Legalisation
§ 12Aufgaben der Urkundsbeamten
§ 13Zuständigkeiten der Gerichtsvollzieher
§ 13 aBefugnisse der Gerichtsvollzieher
Vierter Abschnitt Landesrechtliche Zuständigkeitskonzentration
§ 14Wirtschaftsstrafsachen
Fünfter Abschnitt Dolmetscher, Gebärdensprachdolmetscher und Übersetzer
§ 15Beeidigung und Ermächtigung
§ 16Zuständigkeit
§ 17Bezeichnung
§ 18Bestätigung der Übersetzung, Pflichten der Übersetzer
§ 19Verzeichnis
§ 20Vorübergehende Dienstleistungen
§ 21Ordnungswidrigkeit
Sechster Abschnitt Aufbewahrung von Schriftgut in der Justiz
§ 22Aufbewahrung von Schriftgut
§ 23Verordnungsermächtigung, Aufbewahrungsfristen
Siebenter Abschnitt Übergangs- und Schlussbestimmungen
§ 24Einschränkung von Grundrechten
§ 25Gleichstellungsbestimmung
§ 26Inkrafttreten

Erster Abschnitt Gerichte

§ 1 Geschäftsjahr

Das Geschäftsjahr der Gerichte ist das Kalenderjahr.

§ 2 Berufung der Vertrauenspersonen

Für die Vertrauenspersonen zur Wahl der Schöffen (§ 40 Abs. 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes - GVG -) gelten die §§ 32 bis 35 GVG entsprechend.

§ 3 Zahl der Spruchkörper

Die Zahl der Kammern und Senate bestimmt das für Justiz zuständige Ministerium.

§ 4 Amtstracht

(1) Eine von dem für Justiz zuständigen Ministerium durch Verwaltungsvorschrift zu bestimmende Amtstracht tragen:
1.
Berufsrichter,
2.
Richter im Nebenamt,
3.
die nach der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) und der Bundesnotarordnung zu ehrenamtlichen Richtern ernannten Rechtsanwälte und Notare,
4.
Handelsrichter,
5.
Vertreter der Staatsanwaltschaft,
6.
von der Rechtsanwaltskammer bestellte Vertreter von Rechtsanwälten, die keine Rechtsanwälte sind,
7.
von der Rechtsanwaltskammer bestellte Abwickler einer Kanzlei, die keine Rechtsanwälte sind,
8.
Rechtsreferendare, die als Vertreter eines Rechtsanwalts eine Verteidigung in Strafsachen führen,
9.
Hochschullehrer als Verteidiger in Strafsachen,
10.
Urkundsbeamte der Geschäftsstelle.
(2) Die Amtstracht ist in den zur Verhandlung oder zur Verkündung einer Entscheidung bestimmten Sitzungen zu tragen, sofern nicht das Gericht im Einzelfall eine andere Regelung für geboten hält. Bei anderen richterlichen Handlungen sowie bei Verhandlungen außerhalb des Sitzungssaales ist die Amtstracht zu tragen, wenn dies mit Rücksicht auf das Ansehen der Rechtspflege angemessen erscheint; die Entscheidung hierüber trifft das Gericht.
(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit.
(4) Für Rechtsanwälte gelten die aufgrund des § 59a Abs. 2 Nr. 6 Buchst. c BRAO getroffenen Regelungen der Berufsordnung.

§ 5 Amtsgerichte

Die Amtsgerichte sind als Nachlaßgerichte nicht zuständig zur Aufnahme des Inventars. Sie übertragen auf Antrag des Erben die Aufnahme einer Behörde, einem Beamten (§ 12 Abs. 2) oder einem Notar.

§ 6 Landgerichte

Soweit der ordentliche Rechtsweg eröffnet und gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, sind die Landgerichte ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes ausschließlich zuständig
1.
für Ansprüche gegen den Staat oder eine Körperschaft des öffentlichen Rechts wegen Verfügungen der Verwaltungsbehörden;
2.
für Ansprüche wegen öffentlicher Abgaben.

Zweiter Abschnitt Staatsanwaltschaften

§ 7 Amtsanwälte

Das für Justiz zuständige Ministerium kann Beamte des gehobenen Dienstes zu Amtsanwälten ernennen.

Dritter Abschnitt Justizverwaltung

§ 8 Geschäfte der Justiz- und Gerichtsverwaltung

Die Präsidenten und aufsichtführenden Richter der Gerichte, der Generalstaatsanwalt und die Leiter der Staatsanwaltschaften erledigen nach näherer Anordnung der obersten Dienstbehörde die ihnen zugewiesenen Geschäfte der Justiz- und Gerichtsverwaltung. Sie sind verpflichtet, der obersten Dienstbehörde auf Verlangen über Angelegenheiten der Justiz- und Gerichtsverwaltung sowie der Gesetzgebung Gutachten zu erstatten. Sie können die ihrer Dienstaufsicht unterstellten Richter und Beamten zu diesen Geschäften heranziehen.

§ 9 Vertretung

(1) Ist ein Richter in eine für den ständigen Vertreter des Präsidenten oder aufsichtführenden Richters eines Gerichts bestimmte Planstelle eingewiesen, so ist er der ständige Vertreter. Im übrigen kann die oberste Dienstbehörde einen Richter zum ständigen Vertreter des Präsidenten oder aufsichtführenden Richters seines Gerichts bestellen. Ist ein ständiger Vertreter nicht bestellt oder ist er verhindert, so bestimmt die die unmittelbare Dienstaufsicht ausübende Behörde einen Vertreter.
(2) Wer den Präsidenten oder aufsichtführenden Richter nach Absatz 1 vertritt, nimmt die diesem durch dieses Gesetz übertragenen Geschäfte der Dienstaufsicht sowie der Justiz- und Gerichtsverwaltung wahr.

§ 10 Dienstaufsicht

(1) Die Dienstaufsicht üben aus
1.
das für Justiz zuständige Ministerium über die Gerichte der ordentlichen Gerichtsbarkeit und die Staatsanwaltschaften des Landes
2.
der Präsident des Oberlandesgerichts und der Präsident des Landgerichts über die Gerichte ihres Bezirks,
3.
der nach früherem Recht bestellte Präsident oder der Direktor des Amtsgerichts über dieses Gericht,
4.
der Generalstaatsanwalt über die Staatsanwaltschaften,
5.
der Leitende Oberstaatsanwalt über die Staatsanwaltschaft seines Bezirkes.
(2) Die Dienstaufsicht über ein Gericht oder eine Staatsanwaltschaft erstreckt sich auf die dort beschäftigten Richter, Beamten und Tarifbeschäftigten. Dem Direktor oder dem nach früherem Recht bestellten Präsidenten des Amtsgerichts steht die Dienstaufsicht über die Richter dieses Gerichts nicht zu.
(3) Wer die Dienstaufsicht über einen Richter oder einen Beamten ausübt, ist dessen Dienstvorgesetzter. Wer unmittelbarer und wer weiterer Dienstvorgesetzter ist, bestimmt sich nach dem Aufbau der Gerichte und Behörden.
(4) Beschwerden und Eingaben in Angelegenheiten der Justiz- und Gerichtsverwaltung werden im Dienstaufsichtsweg erledigt, soweit in anderen Gesetzen nichts Abweichendes bestimmt ist.
(5) Besondere Bestimmungen für die Dienstaufsicht über Beamte im Vorbereitungsdienst bleiben unberührt.

§ 11 Legalisation

Für die Beglaubigung von Unterschriften zum Zwecke der Legalisation von in Thüringen ausgestellten Urkunden der Gerichte, der Staatsanwaltschaften und der Notare sowie von sonstigen Urkunden aus dem Bereich der Justiz sind der Präsident des Landgerichts und die von ihm hierfür bestimmten Vertreter zuständig.

§ 12 Aufgaben der Urkundsbeamten

(1) Die Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei den Amtsgerichten sind zuständig, Siegelungen und Entsiegelungen vorzunehmen sowie Vermögensverzeichnisse aufzunehmen, die nach gesetzlicher Vorschrift dem Familien- oder Betreuungsgericht einzureichen sind. Sie sollen diese Aufgaben nur auf Anordnung des Richters oder des Rechtspflegers wahrnehmen.
(2) Den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei den Amtsgerichten kann das Nachlaßgericht die Aufnahme des Inventars übertragen.
(3) Die Aufnahme eines Vermögensverzeichnisses nach Absatz 1 oder eines Inventars nach Absatz 2 soll nur angeordnet werden, wenn anzunehmen ist, daß der Wert des Vermögens oder des Nachlasses ohne Abzug der Schulden den Betrag von 5000 Euro nicht oder nicht erheblich übersteigt.

§ 13 Zuständigkeiten der Gerichtsvollzieher

(1) Die Gerichtsvollzieher sind zuständig:
1.
Wechsel- und Scheckproteste aufzunehmen,
2.
freiwillige Versteigerungen von beweglichen Sachen und von Früchten, die vom Boden noch nicht getrennt sind, durchzuführen,
3.
das tatsächliche Angebot einer Leistung zu beurkunden oder die geschuldete Leistung tatsächlich anzubieten,
4.
Siegelungen und Entsiegelungen im Auftrag des Gerichts vorzunehmen,
5.
Vermögensverzeichnisse oder Inventare im Auftrag des Gerichts aufzunehmen,
6.
gerichtliche Anordnungen nach § 90 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zu vollstrecken.
(2) Die Gerichtsvollzieher können Aufträge zur freiwilligen Versteigerung nach ihrem Ermessen ablehnen.
(3) § 155 GVG gilt in den Fällen des Absatzes 1 entsprechend.

§ 13 a Befugnisse der Gerichtsvollzieher

(1) Der Gerichtsvollzieher kann zur Abwehr einer abstrakten Gefahr für Leib oder Leben bei Vollstreckungsmaßnahmen vor deren Durchführung bei der für den Wohnort des Schuldners zuständigen Polizeidienststelle anfragen, ob Hinweise über den Schuldner vorliegen, die auf eine Gefährdungssituation bei der Zwangsvollstreckung schließen lassen. Dies sind Hinweise über eine Gefährlichkeit oder Gewaltbereitschaff des Schuldners, wie insbesondere
a)
Gewalttätigkeit,
b)
Bewaffnung,
c)
Explosivstoffgefahr,
d)
Freitodgefahr,
e)
Ansteckungsgefahr,
f)
organisierte Kriminalität,
g)
Personen, welche die freiheitlich demokratische Grundordnung in Abrede stellen,
h)
psychische oder Verhaltensstörung oder
i)
sonstige Hinweise, die eine Gefährlichkeit oder Gewaltbereitschaft des Schuldners erwarten lassen.
(2) Der Gerichtsvollzieher kann zur Abwehr einer abstrakten Gefahr für Leib oder Leben bei Vollstreckungsmaßnahmen vor deren Durchführung bei der für den Wohnort des Schuldners zuständigen Behörde anfragen, ob der Schuldner Halter eines gefährlichen Tieres nach § 3 des Thüringer Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung vor Tiergefahren vom 22. Juni 2011 (GVBI. S. 93) in der jeweils geltenden Fassung ist.
(3) In den Anfragen nach den Absätzen 1 und 2 kann der Gerichtsvollzieher Name, Anschrift, Geburtsname, Geburtsdatum und Geburtsort des Schuldners übermitteln.
(4) Auf eine Anfrage nach den Absätzen 1 oder 2 hat die zuständige Polizeidienststelle oder zuständige Behörde unverzüglich die entsprechende Auskunft zu erteilen.
(5) Die erteilten Auskünfte dürfen nur zur Vermeidung von Gefährdungssituationen im Rahmen einer Vollstreckungsmaßnahme verwendet werden, um die Sicherheit der an der Vollstreckungsmaßnahme Beteiligten zu gewährleisten. Dritte, die an der Vollstreckungsmaßnahme beteiligt sind, erhalten keine Kenntnis über diese Auskünfte; der Gerichtsvollzieher hat jedoch vorab über die drohende Gefährlichkeit oder Gewaltbereitschaft des Schuldners sowie über die ergriffenen Schutzmaßnahmen zu informieren.
(6) Die erteilten Auskünfte sind getrennt von den Verfahrensakten aufzubewahren und zwei Jahre nach Abschluss der letzten Vollstreckungsmaßnahme nach Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 2 gegen den Schuldner zu vernichten.
(7) Das für Justiz zuständige Ministerium erlässt zur Durchführung dieser Regelung eine allgemeine Verwaltungsvorschrift, insbesondere über die formellen Voraussetzungen der Anfrage und das weitere Verfahren nach positiver Auskunft.
(8) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2024 sind die Absätze 1 bis 7 durch das für Justiz zuständige Ministerium zu evaluieren und der Bericht dem für Justiz zuständigen Ausschuss des Landtags vorzulegen.

Vierter Abschnitt Landesrechtliche Zuständigkeitskonzentration

§ 14 Wirtschaftsstrafsachen

(1) Die in § 74c Abs. 1 Satz 1 GVG genannten Strafsachen (Wirtschaftsstrafsachen) werden, soweit das Amtsgericht als Gericht des ersten Rechtszuges zuständig ist, den Amtsgerichten am Sitz der Landgerichte zugewiesen.
(2) Wirtschaftsstrafsachen, für die das Landgericht zuständig ist, werden dem Landgericht Mühlhausen zugewiesen, auch, soweit es sich um die Verhandlung und Entscheidung über das Rechtsmittel der Berufung gegen ein Urteil des Strafrichters handelt.

Fünfter Abschnitt Dolmetscher, Gebärdensprachdolmetscher und Übersetzer

§ 15 Beeidigung und Ermächtigung

(1) Zur Sprachenübertragung für gerichtliche, staatsanwaltliche und notarielle Zwecke werden in Thüringen
1.
Dolmetscher allgemein beeidigt im Sinne des § 189 Abs. 2 GVG und
2.
Übersetzer ermächtigt im Sinne des § 142 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozessordnung.
Die Tätigkeit der Dolmetscher umfasst die mündliche, die der Übersetzer die schriftliche Übertragung einer Sprache. Zur Übertragung zwischen mündlicher Sprache und Gebärdensprache werden Gebärdensprachdolmetscher allgemein beeidigt.
(2) Die allgemeine Beeidigung der Dolmetscher für gerichtliche Zwecke erfolgt nach dem Gerichtsdolmetschergesetz (GDolmG) vom 10. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2121 -2124-) in der jeweils geltenden Fassung.
(3) Auf die allgemeine Beeidigung der Dolmetscher für staatsanwaltliche und notarielle Zwecke, die allgemeine Beeidigung der Gebärdensprachdolmetscher sowie die Ermächtigung der Übersetzer finden die §§ 3 bis 5 und 7 bis 10 GDolmG entsprechende Anwendung. An die Stelle der Dolmetscherprüfung und der Prüfung für den Dolmetscherberuf tritt die entsprechende Prüfung für Gebärdensprachdolmetscher sowie für Übersetzer.
(4) Die für die allgemeine Beeidigung und Ermächtigung zuständige Stelle soll auf die verschiedenen Formen der allgemeinen Beeidigung und Ermächtigung nach den Absätzen 2 und 3 sowie deren Folgen hinweisen. Soweit die fachlichen Qualifikationen gegeben sind und keine Hinderungsgründe vorliegen, soll sie auf eine umfassende allgemeine Beeidigung und Ermächtigung für die Gerichte, Staatsanwaltschaften und Notare hinwirken.
(5) Vor dem 1. Juni 2023 in Thüringen erfolgte allgemeine Beeidigungen zum Dolmetscher für staatsanwaltliche und notarielle Zwecke, allgemeine Beeidigungen zum Gebärdensprachdolmetscher sowie Ermächtigungen zum Übersetzer gelten fort. Für die nach Satz 1 fortgeltenden allgemeinen Beeidigungen und Ermächtigungen gelten die Bestimmungen dieses Abschnittes und die nach Absatz 3 für anwendbar erklärten Bestimmungen mit Ausnahme des § 7 Abs. 1 GDolmG. Insbesondere besteht das Recht, die Bezeichnung nunmehr in der in § 17 vorgesehenen Form zu führen.
(6) Das Thüringer Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz vom 16. April 2014 (GVBl. S. 139) in der jeweils geltenden Fassung findet keine Anwendung.

§ 16 Zuständigkeit

(1) Zuständig ist
1.
für die allgemeine Beeidigung der Dolmetscher für gerichtliche Zwecke nach § 15 Abs. 2 in Abweichung von § 2 Abs. 1 GDolmG aufgrund des § 2 Abs. 2 Satz 1 GDolmG,
2.
für die allgemeine Beeidigung und die Ermächtigung nach § 15 Abs. 3
der Präsident des Landgerichts, in dessen Bezirk der Dolmetscher, Gebärdensprachdolmetscher oder Übersetzer seinen Wohnsitz hat. Hat der Antragsteller keinen Wohnsitz in Thüringen, ist für die allgemeine Beeidigung und die Ermächtigung der Präsident des Landgerichts Erfurt zuständig. Bei einer Verlegung des Wohnsitzes bleibt der Präsident des Landgerichts zuständig, der die allgemeine Beeidigung oder die Ermächtigung vorgenommen hat. Der in den Sätzen 1 und 2 genannte Präsident ist zuständige Stelle im Sinne des § 9 GDolmG.
(2) Verfahren nach diesem Abschnitt können über-eine einheitliche Stelle im Sinne des Thüringer ES-Errichtungsgesetzes vom 8. Juli 2009 (GVBl. S. 592 -596-) in der jeweils geltenden Fassung abgewickelt werden. Es gelten die Bestimmungen zum Verfahren über die einheitliche Stelle nach den §§ 71a bis 71e des Thüringer Verwaltungsverfahrensgesetzes in der Fassung vom 1. Dezember 2014 (GVBl. S. 685) in der jeweils geltenden Fassung.

§ 17 Bezeichnung

Nach der allgemeinen Beeidigung oder der Ermächtigung kann in den Fällen des § 15 Abs. 3
1.
der Dolmetscher die Bezeichnung „allgemein beeidigter Dolmetscher für die Staatsanwaltschaften und Notare für ... (Angabe der Sprache oder der Sprachen, für die die Beeidigung erfolgt ist)“ führen,
2.
der Gebärdensprachdolmetscher die Bezeichnung „allgemein beeidigter Dolmetscher für die Gerichte, Staatsanwaltschaften und Notare für die Gebärdensprache“ führen und
3.
der Übersetzer die Bezeichnung „ermächtigter Übersetzer für die Gerichte, Staatsanwaltschaften und Notare für ... (Angabe der Sprache oder der Sprachen, für die die Ermächtigung erfolgt ist)“ führen.
Eine von Satz 1 abweichende Bezeichnung ist mit Ausnahme der das Geschlecht konkretisierenden Bezeichnung nicht zulässig.

§ 18 Bestätigung der Übersetzung, Pflichten der Übersetzer

(1) Die Richtigkeit und Vollständigkeit von schriftlichen Sprachenübertragungen ist durch den Übersetzer zu bestätigen. Die Bestätigung ist auf die Übersetzung zu setzen. Der Bestätigungsvermerk lautet:
„Die Richtigkeit und Vollständigkeit vorstehender Übersetzung aus der ... (Angabe der Sprache) wird bescheinigt.“
Soweit notwendig, ist der Bestätigungsvermerk um Angaben nach Absatz 2 zu ergänzen. Dem Bestätigungsvermerk sind der Ort und das Datum der Bestätigung, die Unterschrift des Übersetzers sowie dessen Bezeichnung nach § 17 Satz 1 Nr. 3 anzufügen.
(2) In dem Bestätigungsvermerk ist zusätzlich kenntlich zu machen, wenn das übersetzte Dokument kein Original ist oder nur ein Teil des Dokuments übersetzt wurde. Auf Auffälligkeiten des übersetzten Dokuments, insbesondere unleserliche Worte, Änderungen oder Auslassungen, ist in dem Bestätigungsvermerk zusätzlich hinzuweisen, sofern sich dies nicht aus der Übersetzung ergibt.
(3) Die Absätze 1 und 2 gelten entsprechend, wenn eine zur Prüfung der Richtigkeit und Vollständigkeit vorgelegte Übersetzung eines anderen Übersetzers als richtig und vollständig bestätigt wird.
(4) Übersetzer sind verpflichtet, die ihnen anvertrauten Schriftstücke sorgsam aufzubewahren und dafür Sorge zu tragen, dass Unbefugte von ihrem Inhalt keine Kenntnis erlangen können.

§ 19 Verzeichnis

Bei jedem Landgericht ist je ein elektronisches Verzeichnis der allgemein beeidigten Dolmetscher, der allgemein beeidigten Gebärdensprachdolmetscher und der ermächtigten Übersetzer zu führen.

§ 20 Vorübergehende Dienstleistungen

(1) Dolmetscher, Gebärdensprachdolmetscher und Übersetzer, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder in der Schweiz zur Ausübung einer in § 15 Abs. 1 genannten oder vergleichbaren Tätigkeit rechtmäßig niedergelassen sind und diese Tätigkeit in Thüringen vorübergehend und gelegentlich ausüben wollen, werden auf deren Antrag in das Verzeichnis nach § 19 eingetragen. § 9 GDolmG gilt entsprechend. Sind weder die Tätigkeit noch die Ausbildung für diese Tätigkeit in dem in Satz 1 genannten Niederlassungsstaat reglementiert, gelten die Sätze 1 und 2 nur, wenn der Antragsteller die Tätigkeit in einem oder mehreren der in Satz 1 genannten Staaten während der vorangegangenen zehn Jahre mindestens ein Jahr ausgeübt hat.
(2) Die Eintragung erfolgt unter Nennung der Bestellungs- oder Anerkennungsbehörde des Niederlassungsstaates mit der Bezeichnung, die in der Sprache des Niederlassungsstaates für die Tätigkeit besteht, sowie unter Hinweis darauf, dass der Dolmetscher, der Gebärdensprachdolmetscher oder der Übersetzer in Thüringen nicht allgemein beeidigt oder ermächtigt ist. Dolmetscher- oder Übersetzerleistungen dürfen nur unter der nach Satz 1 eingetragenen Bezeichnung erbracht werden.
(3) Die Eintragung wird für die Dauer von zwölf Monaten, gerechnet ab dem Zeitpunkt der Eintragung in das Verzeichnis nach § 19, vorgenommen. Nach Ablauf der Frist wird der Eintrag gelöscht, sofern bis zum Zeitpunkt des Fristablaufs kein neuer Antrag bei dem nach Absatz 4 zuständigen Landgericht eingegangen ist. Der Eintrag kann vor Ablauf der Frist nach Satz 1 auf Antrag der eingetragenen Person gelöscht werden. Außerdem kann der Eintrag von Amts wegen gelöscht werden, wenn
1.
die eingetragene Person verstorben ist,
2.
die eingetragene Person im Niederlassungsstaat nicht mehr rechtmäßig niedergelassen ist,
3.
der eingetragenen Person die Ausübung der Tätigkeit im Niederlassungsstaat untersagt ist,
4.
die eingetragene Person wiederholt mangelhaft übertragen hat oder
5.
die eingetragene Person ihre Leistungen unter einer irreführenden Bezeichnung erbracht hat, die eine Verwechslung mit einer Bezeichnung nach § 17 ermöglicht.
(4) Zuständig für das Verfahren nach den Absätzen 1 bis 3 ist der nach § 16 Abs. 1 zuständige Präsident des Landgerichts.

§ 21 Ordnungswidrigkeit

(1) Ordnungswidrig handelt, wer
1.
sich entgegen § 17 als allgemein beeidigter Dolmetscher für die Staatsanwaltschaften und Notare, als allgemein beeidigter Gebärdensprachdolmetscher oder als ermächtigter Übersetzer für eine Sprache bezeichnet, ohne dazu berechtigt zu sein, oder
2.
eine Bezeichnung führt, die den in Nummer 1 geregelten Bezeichnungen zum Verwechseln ähnlich ist.
(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu dreitausend Euro geahndet werden.
(3) Zuständige Verwaltungsbehörde im Sinne des § 36 Abs 1 Nr. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten ist die Staatsanwaltschaft im Bezirk des jeweiligen Landgerichts.

Sechster Abschnitt Aufbewahrung von Schriftgut in der Justiz

§ 22 Aufbewahrung von Schriftgut

(1) Schriftgut der ordentlichen Gerichtsbarkeit, der Fachgerichtsbarkeiten, der Staatsanwaltschaften und der Justizvollzugsbehörden, das für das Verfahren nicht mehr erforderlich ist, darf nach Beendigung des Verfahrens nur so lange aufbewahrt werden, wie schutzwürdige Interessen der Verfahrensbeteiligten oder sonstiger Personen oder öffentliche Interessen dies erfordern. Entsprechendes gilt für das Schriftgut der Justizverwaltung mit Ausnahme des Schriftguts der obersten Landesbehörde.
(2) Schriftgut im Sinne des Absatzes 1 sind unabhängig von ihrer Speicherungsform insbesondere Akten, Aktenregister, öffentliche Register, Grundbücher, Namensverzeichnisse, Karteien, Urkunden und Blattsammlungen sowie einzelne Schriftstücke, Bücher, Drucksachen, Kalender, Karten, Pläne, Zeichnungen, Lichtbilder, Bild-, Ton- und Datenträger sowie sonstige Gegenstände, die Bestandteile oder Anlagen der Akten geworden sind.
(3) Der Sechste Abschnitt gilt für die Aufbewahrung von Schriftgut der in Absatz 1 genannten Gerichte und Justizbehörden, soweit nicht Rechtsvorschriften des Bundes oder des Landes inhaltsgleiche oder entgegenstehende Bestimmungen enthalten. Die Regelungen über die Anbietungs- und Übergabepflichten nach den Bestimmungen des Thüringer Archivgesetzes vom 29. Juni 2018 (GVBl. S. 308) in der jeweils geltenden Fassung bleiben unberührt.

§ 23 Verordnungsermächtigung, Aufbewahrungsfristen

(1) Das für Justiz zuständige Ministerium bestimmt durch Rechtsverordnung das Nähere über das aufzubewahrende Schriftgut und die hierbei zu beachtenden Aufbewahrungsfristen.
(2) Die Regelungen zur Aufbewahrung des Schriftguts haben dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, insbesondere der Beschränkung der Aufbewahrungsfristen auf das Erforderliche, Rechnung zu tragen. Bei der Bestimmung der Aufbewahrungsfristen ist zu berücksichtigen
1.
das Interesse der Betroffenen daran, dass die zu ihrer Person erhobenen Daten nicht länger als erforderlich gespeichert werden,
2.
ein Interesse der Verfahrensbeteiligten, auch nach Beendigung des Verfahrens Ausfertigungen, Auszüge oder Abschriften aus den Akten erhalten zu können,
3.
ein rechtliches Interesse nicht am Verfahren Beteiligter, Auskünfte aus den Akten erhalten zu können und
4.
das Interesse von Verfahrensbeteiligten, Gerichten und Justizbehörden, dass die Akten nach Beendigung des Verfahrens noch für Wiederaufnahmeverfahren, zur Wahrung der Rechtseinheit, zur Fortbildung des Rechts oder für sonstige verfahrensübergreifende Zwecke der Rechtspflege zur Verfügung stehen.
(3) Die Aufbewahrungsfristen beginnen, soweit in der nach Absatz 1 erlassenen Rechtsverordnung nichts anderes bestimmt ist, nach Ablauf des Jahres, in dem nach Beendigung des Verfahrens die Weglegung der Akten angeordnet wurde.

Siebenter Abschnitt Übergangs- und Schlussbestimmungen

§ 24 Einschränkung von Grundrechten

Durch dieses Gesetz wird das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (Artikel 6 Abs. 2 der Verfassung des Freistaats Thüringen) eingeschränkt.

§ 25 Gleichstellungsbestimmung

Status- und Funktionsbezeichnungen in diesem Gesetz gelten jeweils für alle Geschlechter.

§ 26 Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Ersten des auf die Verkündung folgenden Monats in Kraft.
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