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DE - Landesrecht Thüringen

Evaluationsordnung für Thüringer Hochschulen Vom 6. Juni 1991

Evaluationsordnung für Thüringer Hochschulen Vom 6. Juni 1991
Zum 12.06.2023 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe

Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis

TitelGültig ab
Evaluationsordnung für Thüringer Hochschulen vom 6. Juni 199129.06.1991
Eingangsformel29.06.1991
§ 1 - Evaluation des wissenschaftlichen, künstlerischen, Verwaltungs- und leitenden technischen Personals an Thüringer Hochschulen29.06.1991
§ 2 - Personalkommission29.06.1991
§ 3 - Verfahren der Personalkommission29.06.1991
§ 4 - Empfehlungen der Personalkommission29.06.1991
§ 5 - Fachkommissionen29.06.1991
§ 6 - Verfahren der Fachkommissionen29.06.1991
§ 729.06.1991
Aufgrund des § 130a Abs. 2 des Vorläufigen Thüringer Hochschulgesetzes vom 13. Mai 1991 (GVBl. 1991 Nr. 8 S. 79) wird verordnet:

§ 1 Evaluation des wissenschaftlichen, künstlerischen, Verwaltungs- und leitenden technischen Personals an Thüringer Hochschulen

(1) Zur Reform und Erneuerung der Hochschulen des Landes Thüringen im wissenschaftlichen und künstlerischen Bereich wird geprüft, ob Hochschullehrer und wissenschaftliche bzw. künstlerische Mitarbeiter über die für ihre Tätigkeit erforderliche
1.
persönliche Eignung und
2.
fachliche Qualifikation verfügen.
Das Verwaltungspersonal und das leitende technische Personal der Hochschulen wird dahingehend überprüft, ob die für die jeweilige Tätigkeit erforderliche persönliche Eignung im Sinne von Satz 1 Ziffer 1 vorliegt. Die Überprüfung der persönlichen Eignung nach Satz 1 Ziff. 1 soll bis zum 2. Oktober 1992 erfolgen; die Überprüfung der fachlichen Eignung nach Satz 1 Ziff. 2 erfolgt bis zum 1. Oktober 1993
(2) Die persönliche Eignung im Sinne von Abs. 1 Satz 1 Ziffer 1 fehlt dann, wenn der Betroffene gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder der Rechtsstaatlichkeit verstoßen hat, insbesondere die im Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte vom 19. Dezember 1966 gewährleisteten Menschenrechte oder die in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte vom 10. Dezember 1948 enthaltenen Grundsätze verletzt hat, z.B. durch
-
Beeinträchtigung der Gewissens- und Glaubensfreiheit
-
Verletzung der Freiheit von Forschung und Lehre
-
Förderung oder Behinderung von Hochschulangehörigen aus wissenschaftsfremden, politischen oder ideologischen Gründen.
(3) Die persönliche Eignung im Sinne von Abs. 1 Satz 1 Ziffer 1 fehlt insbesondere dann, wenn der Betroffene für das Ministerium für Staatssicherheit/Amt für Nationale Sicherheit tätig war.
(4) Als Kriterium für fehlende persönliche Eignung im Sinne des Abs. 1 Satz 1 Ziffer 1 kann unter anderem angesehen werden, wenn der Betroffene
1.
hauptamtlich leitende Funktionen in einer Partei oder anderen politischen Massenorganisation der ehemaligen DDR ausgeübt hat,
2.
in der Hochschule als Hochschullehrer oder als Mitarbeiter eine herausgehobene Funktion mit besonderem ideologischen Auftrag ausgeübt hat,
3.
den Nomenklaturkadern der ehemaligen DDR angehörte.
(5) Zur Feststellung der persönlichen Eignung und fachlichen Qualifikation werden Einzelfallprüfungen von Personalkommissionen und Fachkommissionen durchgeführt.

§ 2 Personalkommission

(1) Zur Vorbereitung der Entscheidung über die persönliche Eignung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Ziffer 1 dieser Verordnung wird vom Minister für Wissenschaft und Kunst die Stellungnahme einer Personalkommission eingeholt. Für jede Hochschule des Landes ist mindestens eine Personalkommission zu bilden. Der Minister für Wissenschaft und Kunst kann weitere Personalkommissionen bestellen, wenn dies aufgrund des Umfangs des zu evaluierenden Personenkreises oder zur zeitgerechten Durchführung der Evaluation (§ 1 Abs. 1 Satz 1) erforderlich ist.
(2) Die Personalkommission, die die persönliche Eignung des wissenschaftlichen und künstlerischen Personals überprüft, besteht aus acht Mitgliedern und zwar vier Vertretern des öffentlichen Lebens und vier Vertretern der Hochschule. Die Vertreter des öffentlichen Lebens werden nach Anhörung des Ausschusses für Wissenschaft und Kunst des Thüringer Landtages, je ein Vertreter der Professoren/Dozenten, der sonstigen Berufungsfähigen und der wissenschaftlichen Mitarbeiter nach Anhörung des Senates und des Personalrates der Hochschule und ein Vertreter der Studenten nach Anhörung des Studentenrats vom Minister für Wissenschaft und Kunst bestellt. Zu den Sitzungen der Kommission ist ein Vertreter der sonstigen Mitarbeiter, der nach Anhörung des Personalrates vom Minister für Wissenschaft und Kunst bestellt wird, als ständiger Gast mit Antrags- und Rederecht hinzuzuziehen. Senat, Personalrat und Studentenrat sollen bei ihren Voten dafür Sorge tragen, daß nur solche Mitarbeiter der Hochschule für die Personalkommission empfohlen werden, deren persönliche Eignung außer Zweifel steht. An den Fachhochschulen erfolgt die Besetzung der Personalkommission entsprechend den obigen Grundsätzen mit der Maßgabe, daß anstelle des Vertreters der Gruppe der sonstigen Berufungsfähigen der Vertreter der Gruppe der sonstigen Mitarbeiter stimmberechtigtes Mitglied der Personalkommission ist.
(3) Nach der Evaluierung des wissenschaftlichen und künstlerischen Personals erfolgt in einer zweiten Phase die Evaluierung des Verwaltungspersonals und des leitenden technischen Personals durch die Personalkommission nach § 2 Abs. 2 mit der Maßgabe, daß der Vertreter der sonstigen Mitarbeiter Stimmrecht erhält.
(4) Die Mitglieder der Personalkommission werden vom Minister für Wissenschaft und Kunst auf ihr Amt verpflichtet; sie haben über die ihnen bekanntgewordenen Tatsachen Verschwiegenheit zu wahren.
(5) Die Personalkommission wählt eines ihrer Mitglieder zum Vorsitzenden.

§ 3 Verfahren der Personalkommission

(1) Die Personalkommission hat entsprechend den rechtlichen Grundlagen zu prüfen, ob bei den in § 1 Abs. 1 dieser Verordnung genannten Personen die persönliche Eignung zum Verbleib an der Hochschule vorliegt. Die Berechtigung des Ministers für Wissenschaft und Kunst zum Ausspruch von Kündigungen nach Anlage I, Kap. XIX, Sachgebiet A, Abschnitt III, Ziff. 1, Abs. 5 des Einigungsvertrages und zur Auflösung entsprechender Arbeitsverhältnisse wegen MfS/ANS-Mitarbeit - auch ohne Einschaltung der Personalkommission - bleibt unberührt.
(2) Die Personalkommission wird von Amts wegen tätig, insbesondere auf Anregung eines gegenwärtigen oder früheren Mitgliedes oder Angehörigen der Hochschule, des Senats, des Personalrates oder des Ministers für Wissenschaft und Kunst.
(3) Die Kommission ist beschlußfähig, wenn zwei Drittel ihrer Mitglieder anwesend sind. Sie beschließt mit der Mehrheit ihrer Mitglieder. Die Kommission berücksichtigt die Ergebnisse der inneren Evaluation der Hochschulen, kann sich diesen uneingeschränkt anschließen, ist aber an deren Aussagen nicht gebunden.
(4) Die Personalkommission hat dem Betroffenen Gelegenheit zur Stellungnahme auch zu allen von ihr herangezogenen Unterlagen zu geben. Der Minister für Wissenschaft und Kunst unterrichtet die Kommission über ihm bekanntgewordene Tatsachen im Sinne des § 1 Abs. 2,3,4, soweit die Kündigung oder Auflösung eines Arbeitsverhältnisses nicht schon im Verfahren nach Abs. 1 Satz 2 betrieben wird. Die Kommission hat das Recht, Anfragen an den Minister für Wissenschaft und Kunst zu richten. Im Rahmen ihrer Zuständigkeit nach Abs. 1 hat sie zudem das Recht, Akten und sonstige Unterlagen heranzuziehen, schriftliche Auskünfte einzuholen und Auskunftspersonen zu befragen.
(5) Jedes Mitglied der Kommission ist berechtigt, dem zuständigen Minister mit der Vorlage des Beschlusses ein von der Mehrheit der Kommission abweichendes Votum zur Kenntnis zu bringen. Dieses Recht hat auch das der Kommission im Sinne von § 2 Absatz 2 angehörende Mitglied mit beratender Stimme.

§ 4 Empfehlungen der Personalkommission

(1) Die Personalkommission gibt in den von ihr überprüften Fällen gegenüber dem Minister für Wissenschaft und Kunst eine Empfehlung ab, ob die persönliche Eignung zum Verbleib an der Hochschule vorliegt oder nicht. Sie soll sich auch dazu äußern, ob Hochschullehrer und andere wissenschaftliche Mitarbeiter aus politischen Gründen an der Ausübung ihres Berufes gehindert wurden und Beeinträchtigungen erlitten haben oder entlassen wurden. Die Empfehlung ist mit einer Begründung zu versehen.
(2) Kommt ein Beschluß über eine Empfehlung nach Abs. 1 nicht zustande, etwa weil die durchgeführten Ermittlungen keine hinreichende Grundlage für eine solche Empfehlung bilden, stellt die Kommission die Beendigung des Verfahrens fest und leitet den Vorgang an den Minister für Wissenschaft und Kunst unter Angabe des Abstimmungsergebnisses weiter.

§ 5 Fachkommissionen

(1) Zur Vorbereitung der Entscheidung über die fachliche Qualifikation nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 2 wird vom Minister für Wissenschaft und Kunst die Stellungnahme einer Fachkommission eingeholt. Bei jeder Hochschule des Landes Thüringen werden Fachkommissionen gebildet. Die Fachkommissionen prüfen, ob die Professoren, Dozenten und andere berufungsfähige Mitglieder der Hochschule in nichtabgewickelten Bereichen, ferner Professoren und andere Berufungsfähige in Forschungsinstituten des Landes Thüringen, die für eine Ernennung zum Hochschullehrer erforderliche Qualifikation (§ 44 des Hochschulrahmengesetzes) haben.
(2) Die Anzahl und der Aufgabenbereich der Fachkommissionen jeder Hochschule wird vom Minister für Wissenschaft und Kunst auf Vorschlag des Senats festgelegt. Der Minister kann von diesem Vorschlag abweichen. Fachkommissionen können auch hochschulübergreifend eingesetzt werden.
(3) Jeder Fachkommission gehören 5 Hochschullehrer, 2 wissenschaftliche Mitarbeiter und 1 Student an. Ein Vertreter der sonstigen Mitarbeiter nimmt an den Sitzungen der Fachkommission mit beratender Stimme teil. Die Kommission wählt einen Hochschullehrer zu ihrem Vorsitzenden.
(4) Die Mitglieder der Fachkommissionen werden auf Vorschlag von Senat, Personalrat und Studentenrat vom Minister für Wissenschaft und Kunst bestellt; der Minister ist an die Vorschläge nicht gebunden.
(5) Hochschullehrer und wissenschaftliche Mitarbeiter der eigenen Hochschule können, so lange ihr Verfahren in der Fachkommission durch eine Entscheidung des Ministers für Wissenschaft und Kunst nicht abgeschlossen ist, nicht Mitglied einer ihr Fach betreffenden Fachkommission sein. In der ersten Phase soll die Mehrheit der Professoren auswärtigen Hochschulen und Forschungsinstituten angehören.
(6) Nach der Überleitung einer hinreichenden Zahl von Hochschullehrern eines Fachgebietes werden die Kommissionen so umgebildet, daß der Autonomie der Hochschule und ihrem Selbstergänzungsrecht Rechnung getragen wird. Mindestens ein Hochschullehrer soll auch in der zweiten Phase einer auswärtigen Hochschule angehören.

§ 6 Verfahren der Fachkommissionen

(1) Die Fachkommission wird tätig auf Anregung eines Organs der Hochschule oder eines Betroffenen im Rahmen der Strukturpläne. Der Minister für Wissenschaft und Kunst erläßt die Strukturpläne auf der Grundlage der haushaltsrechtlichen Vorgaben im Benehmen mit den Hochschulen. Die Fachkommission berücksichtigt die Ergebnisse der inneren Evaluation der Hochschulen; sie ist aber an deren Aussagen nicht gebunden.
(2) Melden sich für eine nach dem Strukturplan zu besetzende Stelle mehrere Interessenten, hat die Fachkommission eine begründete Reihenfolge festzulegen.
(3) Die Fachkommission ist beschlußfähig, wenn zwei Drittel ihrer Mitglieder anwesend sind. Sie beschließt mit der Mehrheit ihrer Mitglieder.
(4) Die Fachkommission trifft folgende Empfehlungen:
1.
Überleitung zum Professor;
2.
Überleitung zum Dozent;
3.
Abberufung oder Kündigung.
In Fällen nach § 4 Abs. 1 Satz 2 kann die Fachkommission auch die Verleihung der akademischen Bezeichnung Privatdozent, apl. Professor oder Honorarprofessor empfehlen. Die Vorlage der Empfehlung erfolgt in einem Überleitungsbericht. Dem Bericht sind auswärtige Gutachten beizufügen.
(5) Ergibt sich innerhalb der Kommission keine Mehrheit für einen Entscheidungsvorschlag nach Absatz 4 ist der Vorgang dem Minister für Wissenschaft und Kunst unter Angabe des Abstimmungsergebnisses ohne Empfehlung vorzulegen.
(6) Der Senat hat in den Fällen der Abs. 4 und 5 das Recht der Stellungnahme innerhalb von zwei Wochen nach Übermittlung an den Leiter der Hochschule.
(7) Jedes Mitglied der Kommission ist berechtigt, dem zuständigen Minister mit der Vorlage des Beschlusses ein von der Mehrheit abweichendes Votum zur Kenntnis zu bringen.
(8) Bei der Besetzung von befristeten Stellen oder Dauerstellen für wissenschaftliche oder künstlerische Mitarbeiter entscheidet die Fachkommission in der zweiten Phase entsprechend den vorstehend genannten Grundsätzen. Bei der Besetzung von befristeten Stellen ist darzulegen, ob eine Beschäftigung der weiteren wissenschaftlichen Qualifikation des Mitarbeiters förderlich ist.
(9) Die Fachkommission trifft in den Fällen von Abs. 8 folgende Empfehlungen:
1.
Ernennung zum wissenschaftlichen bzw. künstlerischen Mitarbeiter im befristeten Arbeitsverhältnis;
2.
Ernennung zum wissenschaftlichen bzw. künstlerischen Mitarbeiter im unbefristeten Arbeitsverhältnis;
3.
Abberufung oder Kündigung.

§ 7

Die §§ 5 und 6 finden unter Beachtung der fachhochschulrechtlichen Besonderheiten entsprechende Anwendung auf die Durchführung der fachlichen Evaluierung an den Fachhochschulen.
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