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Thüringer Verordnung über die Benutzung der Staatsarchive (Thüringer Archiv-Benutzungsordnung) Vom 26. Februar 1993

Thüringer Verordnung über die Benutzung der Staatsarchive (Thüringer Archiv-Benutzungsordnung) Vom 26. Februar 1993
Zum 12.06.2023 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe

Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis

TitelGültig ab
Thüringer Verordnung über die Benutzung der Staatsarchive (Thüringer Archiv-Benutzungsordnung) vom 26. Februar 199301.04.1993
Eingangsformel01.04.1993
§ 1 - Art der Benutzung01.04.1993
§ 2 - Benutzungsantrag01.04.1993
§ 3 - Benutzungsgenehmigung01.04.1993
§ 4 - Antrag auf Verkürzung der Schutzfristen01.04.1993
§ 5 - Benutzung des Archivguts in den Benutzerräumen01.04.1993
§ 6 - Versendung und Ausleihe von Archivgut01.04.1993
§ 7 - Reproduktionen und Nachbildungen von Archivgut01.04.1993
§ 8 - Benutzung durch abgebende Stellen01.04.1993
§ 9 - Inkrafttreten01.04.1993
Anlage 101.04.1993
Anlage 201.04.1993
Aufgrund des § 9 Abs. 2 Nr. 2 des Thüringer Archivgesetzes vom 23. April 1992 (GVBl. S. 139) verordnet der Minister für Wissenschaft und Kunst:

§ 1 Art der Benutzung

(1) Archivgut wird im Regelfall durch persönliche Einsichtnahme im verwahrenden Archiv benutzt (Direktbenutzung).
(2) An die Stelle der Direktbenutzung kann auch der Auskunftsdienst in Form von schriftlichen oder mündlichen Auskünften treten. Die Beantwortung von Anfragen kann sich auf Hinweise zu einschlägigem Archivgut beschränken.
(3) Die Staatsarchive können die Benutzung nach § 6 auch durch Versendung oder durch Ausleihe von Archivgut an andere öffentliche Stellen ermöglichen. Ein Rechtsanspruch auf Versendung und Ausleihe besteht nicht.
(4) Die Benutzung kann auch durch Vorlage von Reproduktionen erfolgen und durch die Abgabe von Kopien nach § 7 ergänzt werden. Ein Rechtsanspruch auf Abgabe von Kopien besteht nicht.
(5) Die für die Benutzung von Archivgut getroffenen Bestimmungen gelten für die Benutzung von Findmitteln, sonstigen Hilfsmitteln und Reproduktionen entsprechend.

§ 2 Benutzungsantrag

(1) Die Benutzungsgenehmigung ist schriftlich beim verwahrenden Staatsarchiv zu beantragen.
(2) Im Benutzungsantrag (Anlage 1) ist folgendes anzugeben:
1.
Name, Vorname, Beruf, Staatsangehörigkeit und Anschrift des Antragstellers,
2.
Name und Anschrift des Auftraggebers, wenn die Nutzung im Auftrag eines Dritten erfolgt,
3.
Benutzungszweck (Thema der Arbeit) mit möglichst präziser zeitlicher und sachlicher Eingrenzung; bei wissenschaftlicher Benutzung ist die Art der wissenschaftlichen Arbeit anzugeben,
4.
Art der vorgesehenen Veröffentlichung.
(3) Der Benutzer hat sich auf Verlangen auszuweisen.
(4) Der Benutzer hat sich zur Beachtung der Benutzungsordnung zu verpflichten und zu erklären, daß er bei der Verwertung von Erkenntnissen aus Archivalien die Persönlichkeits- und Urheberrechte sowie andere berechtigte Interessen Dritter beachten wird und daß er für die schuldhafte Verletzung dieser Rechte einsteht (Anlage 1).
(5) Der Antrag gilt nur für das laufende Kalenderjahr und den angegebenen Benutzungszweck. Bei Änderungen des Benutzungszweckes oder des Forschungsgegenstandes ist erneut ein Antrag zu stellen.
(6) Wünscht ein Benutzer andere Personen als Hilfskräfte oder Beauftragte zu seinen Arbeiten heranzuziehen, so ist von diesen jeweils ein Antrag entsprechend der Anlage 1 zu stellen.
(7) Der Benutzer ist nach der Bestimmung des § 16 Abs. 4 ThürArchivG zur Abgabe von Belegexemplaren verpflichtet.

§ 3 Benutzungsgenehmigung

(1) Die Benutzungsgenehmigung erteilt nach den Bestimmungen des § 16 Abs. 1 bis 3 ThürArchivG das verwahrende Staatsarchiv.
(2) Das Ministerium für Wissenschaft und Kunst kann nach § 9 Abs. 3 ThürArchivG außer aus den in § 18 Abs. 1 ThürArchivG genannten Gründen die Nutzung aus anderen wichtigen Gründen einschränken oder versagen, insbesondere wenn
1.
der Benutzer wiederholt oder schwerwiegend gegen die Benutzungsordnung oder gegen die Lesesaalordnung verstoßen hat oder ihm erteilte Auflagen nicht einhält,
2.
der Ordnungszustand des Archivguts eine Nutzung nicht zuläßt,
3.
Archivalien aus dienstlichen Gründen oder wegen gleichzeitiger amtlicher oder anderweitiger Benutzung nicht verfügbar sind,
4.
der Nutzungszweck anderweitig, insbesondere durch Einsichtnahme in Druckwerke oder in Reproduktionen hinlänglich erreicht werden kann.
(3) Die Benutzungsgenehmigung kann mit Nebenbestimmung versehen werden. Als Auflage kommen dabei insbesondere die Verpflichtung zur Anonymisierung von Namen bei einer Veröffentlichung und zur Beachtung schutzwürdiger Belange Betroffener oder Dritter in Betracht sowie die Verpflichtung, keine Kopien oder Abschriften an Dritte weiterzugeben.
(4) Die Benutzungsgenehmigung kann widerrufen oder nachträglich mit Auflagen versehen werden, wenn Gründe bekannt werden, die zur Versagung der Benutzung geführt hätten oder der Benutzer wiederholt oder schwerwiegend gegen die Benutzungsordnung verstoßen oder ihm erteilte Benutzungsauflagen nicht eingehalten hat.

§ 4 Antrag auf Verkürzung der Schutzfristen

(1) Eine Verkürzung der Schutzfristen nach § 17 Abs. 5 ThürArchivG wird vom Benutzer beim verwahrenden Staatsarchiv beantragt. Die Entscheidung über den Antrag trifft das Ministerium für Wissenschaft und Kunst.
(2) Wird eine Verkürzung der Schutzfristen von Unterlagen beantragt, die sich auf eine natürliche Person beziehen (personenbezogenes Archivgut), so hat der Antragsteller über die in § 2 Abs. 1 genannten Angaben hinaus entweder die schriftliche Einwilligung des Betroffenen oder seiner Angehörigen beizufügen oder im Antrag eingehend zu begründen, warum eine Verkürzung der Schutzfrist unerläßlich ist und wie er die schutzwürdigen Belange der betroffenen Person und Dritter, zum Beispiel durch Anonymisierung, wahren wird. Der Benutzer hat eine Erklärung zur Wahrung von Persönlichkeitsrechten zu unterzeichnen (Anlage 2).
(3) Soll bei einer Benutzung zu wissenschaftlichen Zwecken von der Anonymisierung personenbezogener Angaben abgesehen werden, so hat der Antragsteller anzugeben, welche Personen oder welchen Personenkreis er zu nennen beabsichtigt. Außerdem hat er zu begründen, worin das wissenschaftliche Interesse an der Namensnennung besteht und warum das Forschungsvorhaben sonst nicht durchgeführt werden kann.
(4) Auf Verlangen sind dem Antrag ergänzende Angaben und Unterlagen, bei Hochschulprüfungsarbeiten insbesondere Stellungnahmen der akademischen Lehrer gegebenenfalls Bürgschaften für den Benutzer, beizufügen.

§ 5 Benutzung des Archivguts in den Benutzerräumen

(1) Die Archivalien, Findbehelfe und Bücher dürfen nur in den dafür bestimmten Räumen der Archive benutzt werden. Das eigenmächtige Entfernen von Archivgut aus den Benutzerräumen ist verboten. Das Staatsarchiv ist berechtigt, Kontrollen durchzuführen.
(2) Öffnungszeiten der Benutzerräume sowie sonstige Regelungen, die dem Schutz des Archivguts und einem geordneten Ablauf der Benutzung dienen, werden unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten in der Hausordnung des Staatsarchivs festgelegt.
(3) Das Archiv ist behilflich bei der Ermittlung und Vorlage der Archivalien und Findmittel und berät insoweit den Benutzer. Der Benutzer hat keinen Anspruch, beim Lesen oder Übersetzen der Archivalien unterstützt zu werden.
(4) Der Benutzer ist im Umgang mit den Archivalien und Findmitteln zu größtmöglicher Sorgfalt verpflichtet und haftet für jede Fahrlässigkeit. Insbesondere ist es nicht gestattet,
1.
die Reihenfolge und Ordnung der Archivalien zu verändern; vor allem bei der Benutzung von losen Akten ist äußerste Sorgfalt geboten,
2.
Bestandteile des Archivguts wie Blätter, Zettel, Umschläge, Siegel, Stempelabdrucke und Briefmarken zu entfernen,
3.
Vermerke im Archivgut anzubringen oder vorhandene zu tilgen,
4.
Archivgut als Schreib- oder Durchzeichnungsunterlage zu verwenden.
(5) Festgestellte Mängel im Ordnungs- und Erhaltungszustand der Archivalien sind dem Archivpersonal mitzuteilen.
(6) Die Verwendung technischer Geräte bei der Benutzung bedarf der Genehmigung. Diese kann versagt werden, wenn dadurch das Archivgut gefährdet oder andere Benutzer gestört werden.
(7) Das Staatsarchiv ermöglicht auch die Vorlage von Archivgut, das von anderen Archiven oder sonstigen Stellen zur Benutzung durch Dritte übersandt wird. Soweit die versendende Stelle nichts anderes verfügt hat, gelten die Bestimmungen dieser Verordnung entsprechend.

§ 6 Versendung und Ausleihe von Archivgut

(1) Auf die Versendung und Ausleihe von Archivgut zur Einsichtnahme außerhalb des Benutzerraumes des verwahrenden Staatsarchivs besteht kein Anspruch.
(2) Auf begründeten Antrag können in Ausnahmefällen Archivalien zu Forschungszwecken an hauptamtlich verwaltete auswärtige Archive versandt werden, sofern dort eine ordnungsgemäße Benutzung und Aufbewahrung gewährleistet sind. Diese sind verpflichtet, das Archivgut in den Diensträumen unter ständiger fachlicher Aufsicht nur dem Antragsteller vorzulegen, es diebstahl- und feuersicher zu verwahren sowie das Archivgut nach Ablauf der vom Staatsarchiv bestimmten Ausleihfrist, in der von diesem bestimmten Versendungsart zurückzusenden. Die Ausleihfrist soll sechs Wochen nicht überschreiten, kann aber auf Antrag auch verlängert werden.
(3) Vor der Versendung ist zu prüfen, ob der Benutzungszweck nicht durch die Übersendung von Reproduktionen erreicht werden kann.
(4) Die Versand- und Versicherungskosten trägt der Antragsteller.
(5) Die Versendung von Archivalien zur amtlichen Benutzung durch Landesbehörden erfolgt im Rahmen der Amtshilfe.
(6) Aus dienstlichen Gründen können versandte Archivalien jederzeit zurückgefordert werden.
(7) Auf die Ausleihe von Archivalien zu Ausstellungszwecken besteht kein Anspruch. Die Entscheidung über eine mögliche Ausleihe wird vom substantiellen Zustand der Archivalien abhängig gemacht. Sie ist darüber hinaus nur möglich, wenn gewährleistet ist, daß das ausgeliehene Archivgut wirksam vor Verlust, Beschädigung und unbefugter Benutzung geschützt wird und der Ausstellungszweck nicht durch Reproduktionen oder Nachbildungen erreicht werden kann. Die Staatsarchive können Auflagen erteilen, um die Sicherheit und Erhaltung des zu Ausstellungszwecken ausgeliehenen Archivguts zu gewährleisten. Die Herstellung von Reproduktionen von ausgestelltem Archivgut durch den Leihnehmer oder Dritte bedarf der Zustimmung des verwahrenden Staatsarchivs.
(8) Über die Ausleihe zu Ausstellungszwecken ist zwischen dem Leihgeber und dem Leihnehmer ein Leihvertrag abzuschließen.

§ 7 Reproduktionen und Nachbildungen von Archivgut

(1) Benutzer können auf Antrag und eigene Kosten Reproduktionen von Archivalien in den Werkstätten des Archivs herstellen lassen, soweit die Archivalien keinen Schutzfristen unterliegen und schutzwürdige Belange von Betroffenen und Dritten nicht berührt werden.
(2) Reproduktionen von Archivgut dürfen nur hergestellt werden, soweit dabei eine Gefährdung oder Schädigung des Archivguts ausgeschlossen werden kann. Dies gilt insbesondere für Siegelabgüsse und Siegelabdrücke sowie für Schnellkopien. Über die jeweils geeigneten Reproduktionsverfahren entscheidet das verwahrende Staatsarchiv. Aufnahmefilme und sonstige Reproduktionsvorlagen mit Ausnahme der zur unmittelbaren Abgabe bestimmten Bildträger verbleiben dem Staatsarchiv.
(3) Reproduktionen dürfen nur mit Zustimmung des verwahrenden Staatsarchivs, nur zu dem angegebenen Zweck und nur unter Angabe des verwahrenden Staatsarchivs und der von diesem festgelegten Signatur sowie unter Hinweis auf die dem Staatsarchiv zustehenden Veröffentlichungs- und Vervielfältigungsrechte vervielfältigt oder an Dritte weitergegeben werden.

§ 8 Benutzung durch abgebende Stellen

Für die Benutzung von Archivgut durch Behörden, Gerichte und sonstige Stellen des Landes, bei denen es entstanden ist oder die es abgegeben haben, finden die Bestimmungen dieser Benutzungsordnung keine Anwendung, sofern es sich nicht um Schriftgut handelt, das bei ihnen aufgrund besonderer Bestimmungen hätte gesperrt, gelöscht oder vernichtet werden müssen. Die Art und Weise der Benutzung wird zwischen der abgebenden Stelle und dem verwahrenden Staatsarchiv entsprechend den festgelegten Regelungen im Einzelfall vereinbart. Dabei ist sicherzustellen, daß das Archivgut gegen Verlust, Beschädigung und unbefugte Benutzung geschützt und innerhalb eines angemessenen Zeitraums zurückgegeben wird.

§ 9 Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am ersten Tage des auf die Verkündung folgenden Kalendermonats in Kraft.
Erfurt, den 26. Februar 1993
Der Minister für Wissenschaft und Kunst
Dr. Fickel

Anlage 1

(zu § 2 Abs. 2 und 4)
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Anlage 2

(zu § 4 Abs. 2 )
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