ThürSchulgespflVO
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Thüringer Verordnung über die Schulgesundheitspflege (ThürSchulgespflVO) Vom 26. September 2002

Thüringer Verordnung über die Schulgesundheitspflege
(ThürSchulgespflVO)
Vom 26. September 2002
Zum 12.06.2023 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe
Stand: letzte berücksichtigte Änderung: geändert durch Artikel 3 der Verordnung vom 15. November 2018 (GVBl. S. 708)

Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis

TitelGültig ab
Thüringer Verordnung über die Schulgesundheitspflege (ThürSchulgespflVO) vom 26. September 200208.11.2002
Eingangsformel08.11.2002
§ 1 - Grundsätze08.11.2002
§ 2 - Vorbereitung der Vorsorgeuntersuchungen08.11.2002
§ 3 - Durchführung der Vorsorgeuntersuchungen08.11.2002
§ 4 - Schulärztliche Vorsorgeuntersuchungen25.05.2018
§ 5 - Schulzahnärztliche Vorsorgeuntersuchungen08.11.2002
§ 6 - Schulärztliche und schulzahnärztliche Sprechstunden25.05.2018
§ 7 - Gesundheitsförderung und -erziehung08.11.2002
§ 8 - Datenverarbeitung25.05.2018
§ 9 - Verschwiegenheitspflicht08.11.2002
§ 10 - Gleichstellungsbestimmung08.11.2002
§ 11 - In-Kraft-Treten08.11.2002
Aufgrund des § 55 Abs. 3 Satz 2 des Thüringer Schulgesetzes (ThürSchulG)
vom 6. August 1993 (GVBl. S. 445), zuletzt geändert durch Artikel 53 des Gesetzes vom 24. Oktober 2001 (GVBl. S. 265), verordnet das Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit im Einvernehmen mit dem Kultusministerium:

§ 1 Grundsätze

(1) Die Schulgesundheitspflege obliegt den Gesundheitsämtern. Sie wird von den Schulärzten und Schulzahnärzten der Gesundheitsämter (schulärztlicher und schulzahnärztlicher Dienst) wahrgenommen.
(2) Die Gesundheitsämter sichern die sozial- und präventivmedizinische Betreuung der Kinder und Jugendlichen in den Schulen.
§ 72 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V)
bleibt unberührt.
(3) Die Schulgesundheitspflege hat das Ziel, Gesundheits-, Entwicklungs- und Verhaltensstörungen bei Schülern vorzubeugen, sie rechtzeitig zu erkennen und Wege für ihre Verhütung und Behebung aufzuzeigen. Durch schulärztliche und schulzahnärztliche Vorsorgeuntersuchungen sollen der Entwicklungsstand, die Leistungsfähigkeit und die Belastbarkeit sowie Gesundheits- und Entwicklungsstörungen von Kindern und Jugendlichen so frühzeitig wie möglich festgestellt werden. Schüler, Sorgeberechtigte und Lehrer werden bei der Bewältigung von gesundheitlichen Problemen, die insbesondere im Zusammenhang mit dem Schulbesuch auftreten, beraten.
(4) Zur Erfüllung der Aufgaben der Schulgesundheitspflege arbeiten die Gesundheitsämter mit Schülern, Sorgeberechtigten, Schulen, Schulämtern und Schulträgern, niedergelassenen Ärzten, Krankenhäusern sowie weiteren Institutionen und Einrichtungen, die Kinder und Jugendliche betreuen, zusammen. Dabei sind kontinuierliche Informationsbeziehungen zu gewährleisten. Die Gesundheitsämter unterstützen die Schulen in allen die Gesundheit von Schülern betreffenden Fragen. Sie vertreten die gesundheitlichen Belange der Schüler gegenüber der Schule, dem Schulamt und dem Schulträger; diese unterstützen die Gesundheitsämter bei der Erfüllung der ihnen nach dieser Verordnung zugewiesenen Aufgaben.

§ 2 Vorbereitung der Vorsorgeuntersuchungen

(1) Die Modalitäten von Vorsorgeuntersuchungen sind rechtzeitig mit der Schule abzustimmen. Dies geschieht insbesondere durch
1.
die Übergabe von Schülerlisten durch die Schulen,
2.
die Information der Schule über die vorgesehenen Untersuchungstermine und
3.
die Bereitstellung geeigneter Räumlichkeiten in der Schule, die die Einhaltung der hygienischen Mindestanforderungen und die Wahrung des Arztgeheimnisses gewährleisten.
(2) Schüler und Sorgeberechtigte sind durch die Gesundheitsämter frühzeitig über die vorgesehene Vorsorgeuntersuchung zu informieren.

§ 3 Durchführung der Vorsorgeuntersuchungen

(1) Die Schüler sind verpflichtet, sich den Maßnahmen des schulärztlichen und schulzahnärztlichen Dienstes zu unterziehen.
(2) Die Schüler und die Sorgeberechtigten sind verpflichtet, im Rahmen der Vorsorgeuntersuchungen dem Schularzt oder Schulzahnarzt Vorerkrankungen, bekannte Gesundheits- und Entwicklungsstörungen und den Impfstatus mitzuteilen. Mit der Information nach
§ 2 Abs. 2 werden Fragebögen übergeben, durch die die für die Untersuchung erforderlichen Daten erhoben werden. Die Fragebögen bedürfen der Genehmigung des für Gesundheit zuständigen Ministeriums.
(3) Die Fragebögen sind dem Schularzt oder dem Schulzahnarzt am Untersuchungstermin durch den Schüler oder den Sorgeberechtigten zur Verfügung zu stellen.
(4) Die Sorgeberechtigten haben das Recht zur Anwesenheit bei den Untersuchungen.
(5) Die Sorgeberechtigten und Schüler sind über die Untersuchungsergebnisse zu informieren. Erscheint aus der Sicht des Schularztes oder des Schulzahnarztes im Ergebnis der Untersuchung eine weiterführende Diagnostik, Therapie oder eine andere Betreuungsmaßnahme notwendig, sind darüber die Sorgeberechtigten und der Schüler in geeigneter Weise zu beraten.
(6) Die Schule ist über die im Zusammenhang mit dem Schulbesuch maßgeblichen Ergebnisse der Vorsorgeuntersuchungen in zusammengefasster Form zu informieren und über Wege der Gesundheitsförderung zu beraten.

§ 4 Schulärztliche Vorsorgeuntersuchungen

(1) Die schulärztliche Schulaufnahmeuntersuchung ist Bestandteil des Schulaufnahmeverfahrens der Grundschulen und wird im Schuljahr vor der Einschulung durchgeführt. Die Anwesenheit eines Sorgeberechtigten bei der Schulaufnahmeuntersuchung ist erforderlich. Die Untersuchung dient der Feststellung
1.
der körperlichen und geistigen Entwicklung aus ärztlicher Sicht und
2.
von Gesundheits- und Entwicklungsstörungen, die die Sportbeziehungsweise Schwimmtauglichkeit einschränken oder eine Teilnahme am Sportförderunterricht erforderlich machen. Das Gesundheitsamt schlägt Schüler für den Sportförderunterricht vor.
§ 8 Abs. 4 des Thüringer Förderschulgesetzes (ThürFSG)
in der Fassung vom 30. April 2003 (GVBl. S. 233) in der jeweils geltenden Fassung bleibt unberührt.
(2) Weitere Vorsorgeuntersuchungen im Sinne von Reihenuntersuchungen sind standardisiert durchzuführen:
1.
für mindestens zwei weitere Klassenstufen, in der Regel für die Schüler der Klassenstufen 4 und 8;
2.
für Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf nach
§ 1 Abs. 2 ThürFSG mindestens im Abstand von zwei Jahren;
3.
für Schüler an Sportgymnasien und sportbetonten Regelschulen mindestens im Abstand von zwei Jahren.
Abweichungen hiervon können von dem für Gesundheit zuständigen Ministerium festgelegt werden.
(3) Bei den schulärztlichen Untersuchungen nach den Absätzen 1 und 2 ist der Impfstatus des Schülers unter Vorlage des Impfausweises oder eines anderen Nachweises über erfolgte Schutzimpfungen zu prüfen und schülerbezogen zu dokumentieren. Im Einzelfall ist die Durchführung der für den altersgerechten Immunschutz notwendigen Schutzimpfungen durch niedergelassene Ärzte oder Ärzte des Gesundheitsamts anzuraten. Schutzimpfungen können im Rahmen der schulärztlichen Untersuchungen und Beratungen mit der Zustimmung der Sorgeberechtigten durchgeführt werden.

§ 5 Schulzahnärztliche Vorsorgeuntersuchungen

(1) Schulzahnärztliche Vorsorgeuntersuchungen sind als Reihenuntersuchung bei allen Schülern jährlich unter standardisierten Bedingungen durchzuführen.
(2) Die Vorsorgeuntersuchungen bilden die Basis für die Aufgabenerfüllung aller Beteiligten im Rahmen des
§ 21 SGB V . Die Schulzahnärzte setzen die Aufgaben der zahnmedizinischen Gruppenprophylaxe im Schulbereich um.

§ 6 Schulärztliche und schulzahnärztliche Sprechstunden

(1) Die schulärztliche Sprechstunde im Gesundheitsamt dient
1.
der Beratung und Betreuung von Kindern und Jugendlichen mit sozialmedizinisch auffälligen Befunden, insbesondere solchen, die die Schulfähigkeit oder die spätere Berufsfähigkeit beeinträchtigen können,
2.
der Einleitung ärztlicher Maßnahmen,
3.
der Elternberatung,
4.
dem Nachholen versäumter Vorsorgeuntersuchungen,
5.
der Schließung von Impflücken und
6.
der Begutachtung.
§ 3 Abs. 5 gilt entsprechend.
§ 8 ThürFSG bleibt unberührt.
(2) Die schulzahnärztliche Sprechstunde im Gesundheitsamt dient insbesondere dem Nachholen versäumter Vorsorgeuntersuchungen, der Elternberatung sowie der Begutachtung. Kinder und Jugendliche aus sozial benachteiligten Gruppen, die sich nicht bei einem niedergelassenen Zahnarzt in Behandlung befinden, können bei festgestellter Behandlungsbedürftigkeit mit Einverständnis der Sorgeberechtigten versorgt werden; dies gilt auch für behinderte Kinder und Jugendliche.
§ 3 Abs. 5 gilt entsprechend.
(3) Die Sprechstunden können auch in der Schule bei Vorhandensein geeigneter räumlicher Bedingungen stattfinden.

§ 7 Gesundheitsförderung und -erziehung

(1) Das Gesundheitsamt wirkt maßgeblich an der Gesundheitsförderung in Schulen mit. Es berät und unterstützt in Abstimmung mit der Schulleitung und der Schulkonferenz Maßnahmen der schulischen Gesundheitsförderung. Das Gesundheitsamt wirkt dabei mit regionalen Trägern der Gesundheitsförderung zusammen.
(2) Das Gesundheitsamt unterstützt und ergänzt die fächerübergreifende Gesundheitserziehung in der Schule im Rahmen seiner untersuchenden und beratenden Tätigkeit. Es informiert insbesondere darüber, wie durch eine gesunde Lebensführung Gesundheitsschäden vorgebeugt werden kann.
(3) Das Gesundheitsamt ist verpflichtet, die Schule, das Schulamt beziehungsweise den Schulträger auf Umstände hinzuweisen, die im Zusammenhang mit dem Schulbesuch stehen und die die Gesundheit der Schüler beeinträchtigen können.

§ 8 Datenverarbeitung

(1) Das Gesundheitsamt darf zur Erfüllung der ihm aufgrund dieser Verordnung zugewiesenen Aufgaben die dafür erforderlichen personenbezogenen Daten verarbeiten.
(2) Personenbezogene Daten nach Absatz 1 dürfen nur nach Beratung und mit rechtswirksamer schriftlicher Einwilligung der Sorgeberechtigten beziehungsweise des Schülers vom Gesundheitsamt der Schule, dem Schulamt oder dem Schulträger mitgeteilt werden.
§ 57 Abs. 3 Satz 2 ThürSchulG bleibt unberührt.
(3) Die Ergebnisse der Vorsorgeuntersuchungen sind in Dokumentationsunterlagen einzutragen. Die Fragebögen nach
§ 3 Abs. 2 Satz 2 sind Bestandteil der Dokumentationsunterlagen. Dokumentationen über schulärztliche und schulzahnärztliche Sprechstunden, die nicht im Zusammenhang mit Vorsorgeuntersuchungen stehen, dürfen nur mit Zustimmung des Schülers beziehungsweise der Sorgeberechtigten den Dokumentationsunterlagen über die Vorsorgeuntersuchungen beigefügt werden; ansonsten sind sie getrennt von diesen aufzubewahren.
(4) Die Dokumentations- und Beratungsunterlagen sind vor dem Zugriff Unbefugter geschützt unter Verschluss zu halten und dürfen nur für die Aufgaben der Schulgesundheitspflege vom Gesundheitsamt verarbeitet werden.
(5) Schüler und Sorgeberechtigte haben ein Recht auf Auskunft und Einsicht in die sie betreffenden gespeicherten Daten und Unterlagen. Die Einsichtnahme kann eingeschränkt oder versagt werden, soweit das der Schutz der Betroffenen erforderlich macht. Die Ablehnung ist in den Akten zu begründen.
(6) Eine von Absatz 4 abweichende Verarbeitung der Dokumentationsunterlagen ist nur zur Behebung einer Beweisnot oder mit Einwilligung des Schülers beziehungsweise der Sorgeberechtigten zulässig. Für die Dauer der Aufbewahrung von Schülergesundheitsdaten gelten die berufsrechtlichen Vorschriften für Ärzte und für Zahnärzte.
(7) Das Gesundheitsamt führt Geschäftsstatistiken zur Schulgesundheitspflege. Eine Übermittlung der Daten an Dritte ist unter Beachtung der statistischen Geheimhaltung zulässig.

§ 9 Verschwiegenheitspflicht

Die Beschäftigten des Gesundheitsamts haben bei ihrer Tätigkeit die ärztliche Schweigepflicht nach
§ 203 des Strafgesetzbuch s sowie die Bestimmungen zum Datengeheimnis nach
§ 6 des Thüringer Datenschutzgesetzes in der Fassung vom 10. Oktober 2001 (GVBl. S. 276) in der jeweils geltenden Fassung besonders zu beachten.

§ 10 Gleichstellungsbestimmung

Status- und Funktionsbezeichnungen in dieser Verordnung gelten jeweils in männlicher und weiblicher Form.

§ 11 In-Kraft-Treten

Diese Verordnung tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.
Erfurt, den 26. September 2002
Der Minister für Soziales, Familie und Gesundheit
Frank-M. Pietzsch
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