ThürmedHygVO
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Thüringer Verordnung über die Hygiene und Infektionsprävention in medizinischen Einrichtungen und zur Übertragung einer Ermächtigung nach dem Infektionsschutzgesetz (Thüringer medizinische Hygieneverordnung-ThürmedHygVO-) Vom 17. Juni 2012

Thüringer Verordnung über die Hygiene und Infektionsprävention in medizinischen Einrichtungen und zur Übertragung einer Ermächtigung nach dem Infektionsschutzgesetz (Thüringer medizinische Hygieneverordnung-ThürmedHygVO-) Vom 17. Juni 2012
Zum 12.06.2023 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe
Stand: letzte berücksichtigte Änderung: geändert durch Verordnung vom 16. April 2019 (GVBl. S. 149)

Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis

TitelGültig ab
Thüringer Verordnung über die Hygiene und Infektionsprävention in medizinischen Einrichtungen und zur Übertragung einer Ermächtigung nach dem Infektionsschutzgesetz (Thüringer medizinische Hygieneverordnung - ThürmedHygVO -) vom 17. Juni 201227.07.2012
Eingangsformel27.07.2012
§ 1 - Geltungsbereich und Regelungsgegenstand27.07.2012
§ 2 - Hygienische Mindestanforderungen an Bau, Ausstattung und Betrieb von medizinischen Einrichtungen27.07.2012
§ 3 - Personelle Anforderungen sowie Maßnahmen der Hygiene in Einrichtungen der Patientenversorgung08.06.2019
§ 4 - Hygienekommission27.07.2012
§ 5 - Hygienepläne27.07.2012
§ 6 - Krankenhaushygieniker27.07.2012
§ 7 - Hygienebeauftragte Ärzte27.07.2012
§ 8 - Hygienefachkräfte27.07.2012
§ 9 - Einsicht in Unterlagen, Zutrittsrecht27.07.2012
§ 10 - Fortbildung27.07.2012
§ 11 - Untersuchungen und Hygienekontrollen27.07.2012
§ 12 - Fortlaufende Erfassung und Bewertung27.07.2012
§ 13 - Sektorenübergreifende Information und Zusammenarbeit27.07.2012
§ 14 - Ordnungswidrigkeiten27.07.2012
§ 15 - Übertragung einer Verordnungsermächtigung27.07.2012
§ 16 - Gleichstellungsbestimmung27.07.2012
§ 17 - Inkrafttreten27.07.2012
Aufgrund des § 23 Abs. 5 Satz 2 und 3 sowie Abs. 8 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 28. Juli 2011 (BGBl. I S. 1622), verordnet die Landesregierung:

§ 1 Geltungsbereich und Regelungsgegenstand

(1) Diese Verordnung regelt in Ergänzung der Bestimmungen des Infektionsschutzgesetzes die erforderlichen Maßnahmen zur Verhütung, Erkennung, Erfassung und Bekämpfung von nosokomialen Infektionen und Krankheitserregern mit Resistenzen in medizinischen Einrichtungen.
(2) Die Verordnung gilt für
1.
Krankenhäuser,
2.
Einrichtungen für ambulantes Operieren,
3.
Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen, in denen eine den Krankenhäusern vergleichbare medizinische Versorgung erfolgt,
4.
Dialyseeinrichtungen und
5.
Tageskliniken.
(3) Diese Verordnung bestimmt ferner Anforderungen an die Infektionsprävention in Arztpraxen, Zahnarztpraxen und Praxen sonstiger humanmedizinischer Heilberufe, in denen invasive Eingriffe vorgenommen werden.

§ 2 Hygienische Mindestanforderungen an Bau, Ausstattung und Betrieb von medizinischen Einrichtungen

(1) In Einrichtungen nach § 1 Ab. 2 sind betriebs- und medizintechnische Anlagen und Geräte, von denen ein infektionshygienisches Risiko ausgehen kann, gemäß den allgemein anerkannten Regeln der Technik zu betreiben, zu warten und regelmäßig hygienischen Überprüfungen durch den Betreiber zu unterziehen. Anlagen und Geräte nach Satz 1 dürfen nur von entsprechend geschultem Personal betrieben und gewartet werden.
(2) Vor der Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von Gebäuden mit hygienerelevanten Funktionsbereichen, die zur Nutzung durch eine Einrichtung nach § 1 Abs. 2 bestimmt sind, muss durch einen Krankenhaushygieniker (§ 6) ein Gutachten über die Erfüllung der baulich-funktionellen Voraussetzungen für die Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Hygiene (Hygienegutachten) erstellt werden. Zugleich ist das zuständige Gesundheitsamt am Bauvorhaben zu beteiligen. Alle relevanten Unterlagen sind dem Gesundheitsamt auf Verlangen vorzulegen. Vor Inbetriebnahme ist dem Gesundheitsamt eine vom verantwortlichen Planer und vom Träger der Einrichtung unterzeichnete Erklärung zur Umsetzung der gutachterlichen Empfehlungen vorzulegen.

§ 3 Personelle Anforderungen sowie Maßnahmen der Hygiene in Einrichtungen der Patientenversorgung

(1) Zu den notwendigen Maßnahmen zur Gewährleistung der Hygiene gehören für Einrichtungen nach § 1 Abs. 2 neben den in § 23 IfSG genannten Maßnahmen insbesondere
1.
die Beschäftigung oder Beauftragung eines Krankenhaushygienikers nach § 6,
2.
die Beschäftigung von hygienebeauftragten Ärzten nach § 7 und
3.
die Fortbildung aller Beschäftigten auf dem Gebiet der Hygiene und der Infektionsprävention nach § 10,
für Einrichtungen nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 und 3 darüber hinaus
1.
die Bildung einer Hygienekommission nach § 4 und
2.
die Beschäftigung von Hygienefachkräften nach § 8.
(2) Die Träger von Einrichtungen nach § 1 Abs. 2 haben die personelle Ausstattung mit Hygienefachpersonal entsprechend dem Risikoprofil und unter Beachtung der Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention beim Robert Koch-Institut sicherzustellen.
(3) Krankenhaushygieniker, hygienebeauftragte Ärzte sowie Hygienefachkräfte sind Hygienefachpersonal im Sinne dieser Verordnung.
(4) Die Leiter der Einrichtungen nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 und 2 müssen fachkundige Ärzte oder Apotheker benennen, die das ärztliche Personal beim Einsatz von Antiinfektiva beraten. Die Benannten unterstützen die Leiter bei der Erfüllung ihrer Pflichten nach § 23 Abs. 4 IfSG.
(5) Fachlich geeignetes Personal darf bis zum 31. Dezember 2019 auch dann als Hygienefachkraft, Krankenhaushygieniker oder hygienebeauftragter Arzt beschäftigt werden, wenn die Anforderungen an die Qualifikation nach den §§ 6 bis 8 nicht erfüllt sind.
(6) In Einrichtungen nach § 1 Abs. 2 sind in ihrem jeweiligen Tätigkeitsbereich Beschäftigte durch Dienstanweisung, Beschäftigte von Fremd- und Vertragsfirmen sowie sonstige in der Einrichtung tätige Personen in geeigneter Weise zur Einhaltung der Grundsätze der Hygiene und zur Einhaltung der Hygienepläne nach § 5 zu verpflichten.

§ 4 Hygienekommission

(1) In jeder Einrichtung nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 und 3 ist eine Hygienekommission zu bilden. Der Hygienekommission gehören an:
1.
der ärztliche Leiter,
2.
der Leiter des Verwaltungsbereichs,
3.
der Leiter des Pflegedienstes,
4.
Krankenhaushygieniker nach § 6,
5.
hygienebeauftragte Ärzte nach § 7,
6.
die Hygienefachkräfte nach § 8,
7.
der technische Leiter,
8.
der Leiter der hauswirtschaftlichen Bereiche und
9.
der Krankenhausapotheker.
(2) Die Hygienekommission kann weitere Fachkräfte als Mitglieder oder zur fachlichen Beratung hinzuziehen.
(3) Den Vorsitz der Hygienekommission hat der ärztliche Leiter. Ihm obliegt auch die Geschäftsführung. Die Hygienekommission gibt sich eine Geschäftsordnung.
(4) Der Vorsitzende beruft die Hygienekommission regelmäßig, mindestens halbjährlich, zu einer Sitzung ein. Bei allen besonderen, die Hygiene betreffenden Vorkommnissen, insbesondere gehäuftem Auftreten von nosokomialen Infektionen oder auf Verlangen des zuständigen Gesundheitsamtes, beruft der Vorsitzende die Hygienekommission unverzüglich ein. Die Vorkommnisse sollen mit anonymisierten Daten eingebracht werden, soweit dies der Zweck der Beratung erlaubt. Die Ergebnisse der Sitzung sind in einem Ergebnisprotokoll schriftlich zu dokumentieren. Die Aufzeichnungen sind zehn Jahre aufzubewahren. Auf Verlangen ist dem zuständigen Gesundheitsamt Einsicht in die Aufzeichnungen zu gewähren.
(5) Die Hygienekommission berät und unterstützt die Leiter der Einrichtungen in allen krankenhaushygienischen Angelegenheiten. Sie hat insbesondere die Aufgabe,
1.
den Informationsfluss bei allen Belangen der Krankenhaushygiene festzulegen und zu steuern,
2.
den aktuellen Stand der hauseigenen Hygiene auf der Basis der hygienerelevanten Ereignisse seit der letzten Sitzung der Hygienekommission zu erfassen und zu bewerten,
3.
die Hygienepläne nach § 5 zu beschließen, an deren Fortschreibung mitzuwirken und sich über deren Einhaltung und Wirksamkeit informieren zu lassen,
4.
die hygienischen Verhältnisse zu analysieren und die erforderlichen Verhütungs- und Bekämpfungsmaßnahmen unter Einbeziehung therapeutischer Maßnahmen festzulegen,
5.
die Hygiene in den nicht medizinischen Funktionsbereichen zu regeln,
6.
an der Planung von Aus-, Um- und Erweiterungsbaumaßnahmen, der Änderung an hygienetechnischen Anlagen, der Beschaffung und Wiederbeschaffung von Anlagegütern und Verbrauchsmaterialien sowie der Einholung von Dienstleistungen Dritter mitzuwirken, soweit die Belange der Krankenhaushygiene berührt sind,
7.
den hausinternen Fort- und Weiterbildungsplan für alle im Krankenhaus tätigen Personen auf dem Gebiet der Krankenhaushygiene zu beschließen und
8.
die Ergebnisse der Untersuchungen und Hygienekontrollen nach § 11 sowie der Maßnahmen nach § 12 zu bewerten und erforderliche Maßnahmen zu beschließen.
Bei der Beschlussfassung sind die Empfehlungen der Krankenhaushygieniker nach § 6 zu berücksichtigen.

§ 5 Hygienepläne

(1) Neben den nach § 23 Abs. 5 Satz 1 IfSG bereits verpflichteten Leitern haben auch die Leiter von Zahnarztpraxen sowie Leiter von Arztpraxen und Praxen sonstiger humanmedizinischer Heilberufe, in denen invasive Eingriffe vorgenommen werden, sicherzustellen, dass die innerbetrieblichen Maßnahmen und Verfahrensweisen zur Infektionshygiene in Hygieneplänen festgelegt sind. Die Hygienepläne enthalten Hygieneanweisungen für alle Bereiche, in denen Maßnahmen der Infektionsprävention erforderlich sind.
(2) In den Hygieneplänen sind Maßnahmen zur Infektionserkennung, -verhütung und -bekämpfung sowie zur Surveillance (Erfassung und Bewertung von Krankenhausinfektionen) auszuführen. Dabei sind bei den Einrichtungen nach § 1 Abs. 2 die Erkenntnisse aufgrund der Untersuchungen und Hygienekontrollen nach § 11 sowie die gewonnenen Erkenntnisse der fortlaufenden Erfassung und Bewertung nach § 12 zu berücksichtigen. Die Hygienepläne müssen differenziert beschriebene, auf die jeweilige Einrichtung und ihre Funktionsbereiche abgestimmte und verbindliche Vorgaben mit konkreten Handlungsanweisungen für alle hygienerelevanten Funktionsabläufe beinhalten. Sie sind durch den Leiter der jeweiligen Einrichtung in Kraft zu setzen.
(3) Hygienepläne sind in Einrichtungen nach § 1 Abs. 2 mindestens alle zwei Jahre, darüber hinaus bei Veröffentlichung neuer Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention und der Kommission für Antiinfektiva, Resistenz und Therapie am Robert Koch-Institut oder anlassbezogen durch das Hygienefachpersonal oder dem verantwortlichen Leiter zu überprüfen und gegebenenfalls zu überarbeiten.
(4) In Einrichtungen nach § 1 Abs. 2 ist der Hygieneplan in der jeweils geltenden Fassung allen betroffenen Mitarbeitern der Einrichtung so zur Kenntnis zu geben, dass Aktualisierungen wahrgenommen und umgesetzt werden können. Die Mitarbeiter sind zur Einhaltung des Hygieneplans zu verpflichten und müssen stets die Gelegenheit haben, den jeweils geltenden Hygieneplan einzusehen.

§ 6 Krankenhaushygieniker

(1) Die Leiter medizinischer Einrichtungen nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 und 3 müssen in ausreichendem Umfang Krankenhaushygieniker einsetzen. Der Umfang richtet sich nach dem Behandlungsspektrum der Einrichtung und der Gefahr für die dort behandelten Patienten, sich nosokomial zu infizieren (Risikoprofil). Einrichtungen nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 und 3 mit einer Anzahl von 400 oder mehr aufgestellten Betten müssen mindestens einen Krankenhaushygieniker im Umfang einer Vollzeitstelle beschäftigen. Einrichtungen nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 und 3 mit weniger als 400 aufgestellten Betten müssen einen Krankenhaushygieniker beschäftigen oder beauftragen, wobei sich der Umfang der Tätigkeit nach dem Verhältnis der Anzahl aufgestellter Betten der Einrichtung zu 400 sowie dem Infektionsrisiko innerhalb der Einrichtung bemisst. In Einrichtungen nach § 1 Abs. 2 Nr. 1, in denen ausschließlich Patienten mit psychiatrischen oder psychosomatischen Krankheiten behandelt werden und Einrichtungen nach § 1 Abs. 2 Nr. 2, 4 und 5 muss mindestens halbjährlich eine Begehung und Beratung durch einen Krankenhaushygieniker nach Absatz 2 von mindestens acht Stunden Dauer erfolgen.
(2) Krankenhaushygieniker müssen als Humanmediziner approbiert sein und
1.
über eine Qualifikation als
a)
Facharzt für Hygiene und Umweltmedizin oder
b)
Facharzt für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie
verfügen oder
2.
eine Facharztweiterbildung erfolgreich abgeschlossen und eine von der Landesärztekammer anerkannte Zusatzbezeichnung auf dem Gebiet der Krankenhaushygiene erworben oder eine durch die Landesärztekammer anerkannte strukturierte, curriculäre Fortbildung zum Krankenhaushygieniker erfolgreich absolviert haben.
(3) Krankenhaushygieniker beraten die Leiter und das Personal der Einrichtungen nach § 1 Abs. 2 in allen Angelegenheiten der Hygiene, zur Verhütung und Bekämpfung von nosokomialen Infektionen und Krankheitserregern mit Resistenzen. Bei Einrichtungen nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 und 3 unterstützen sie die Hygienekommission entsprechend § 4 Abs. 5 durch Empfehlungen. Darüber hinaus ergibt sich das Aufgabenspektrum aus der Empfehlung „Personelle und organisatorische Voraussetzungen zur Prävention nosokomialer Infektionen“ der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention beim Robert Koch-Institut.
(4) Krankenhaushygieniker sind hinsichtlich ihrer Tätigkeit unmittelbar gegenüber dem Leiter der Einrichtungen nach § 1 Abs. 2 verantwortlich.

§ 7 Hygienebeauftragte Ärzte

(1) Die Einrichtungen nach § 1 Abs. 2 müssen mindestens einen hygienebeauftragten Arzt bestellen. Einrichtungen nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 müssen darüber hinaus mindestens einen weiteren hygienebeauftragten Arzt für jede Fachabteilung mit speziellem Risiko für nosokomiale Infektionen bestellen.
(2) Die Bestellung erfolgt durch den Leiter der Einrichtung. Bei Einrichtungen nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 und 3 hat die Bestellung im Benehmen mit der Hygienekommission nach § 4 zu erfolgen. Die hygienebeauftragten Ärzte sind zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben und zur Fortbildung nach § 10 in erforderlichem Umfang für diese Tätigkeiten freizustellen. Der zeitliche Umfang der Freistellung zur Erfüllung der Aufgaben als hygienebeauftragter Arzt ist zu dokumentieren.
(3) Hygienebeauftragte Ärzte müssen weisungsbefugt sein sowie über den Nachweis der Facharztqualifikation verfügen, die in den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 dem Fachgebiet der jeweiligen Abteilung entsprechen muss. Alle hygienebeauftragten Ärzte sind verpflichtet, zu Beginn ihrer Tätigkeit an einer von der Landesärztekammer anerkannten strukturierten curriculären Fortbildung als hygienebeauftragte Ärzte im Umfang von mindestens 40 Stunden mit Erfolg teilzunehmen.
(4) Aufgabe der hygienebeauftragten Ärzte ist es, die notwendigen, auf ihren Verantwortungsbereich bezogene Hygienemaßnahmen umzusetzen sowie den Ursachen nosokomialer Infektionen nachzugehen und schnellstmöglich Maßnahmen einzuleiten. Sie arbeiten dabei eng mit dem Krankenhaushygieniker nach § 6 zusammen. Daneben gilt § 6 Abs. 3 Satz 3 entsprechend.

§ 8 Hygienefachkräfte

(1) Einrichtungen nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 und 3 müssen Hygienefachkräfte in einer der Risikoeinstufung entsprechenden Anzahl beschäftigen. Es gilt die Empfehlung „Personelle und organisatorische Voraussetzungen zur Prävention nosokomialer Infektionen“ der beim Robert Koch-Institut eingerichteten Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention. Die Beschäftigungszeit muss die Erfüllung der Aufgaben nach Absatz 3 gewährleisten.
(2) Hygienefachkräfte sind staatlich anerkannte Krankenschwestern oder Krankenpfleger, Gesundheits- und Krankenpfleger, Kinderkrankenschwestern oder Kinderkrankenpfleger oder Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger sowie Altenpfleger, die jeweils eine mindestens zweijährige Berufserfahrung besitzen und die Weiterbildung zur Hygienefachkraft absolviert haben. Die Weiterbildung zur Hygienefachkraft kann berufsbegleitend erfolgen. Der Sechste Abschnitt der Thüringer Pflegefachberufe-Weiterbildungsverordnung vom 24. Januar 2010 (GVBl. S. 41) in der jeweils geltenden Fassung findet Anwendung.
(3) Hygienefachkräfte sind im klinischen Alltag Ansprechpartner für alle Beschäftigten und vermitteln die Maßnahmen und Inhalte von Hygieneplänen nach § 5. Sie haben alle hygienerelevanten Prozesse zu kontrollieren, insbesondere im pflegerischen und technischen Bereich. Hygienefachkräfte wirken in den ihnen zugewiesenen Bereichen an der Erkennung, Verhütung und Bekämpfung von nosokomialen Infektionen mit. Daneben gilt § 6 Abs. 3 Satz 3 für das Aufgabenspektrum entsprechend.
(4) Hygienefachkräfte sind in ihrer Tätigkeit den Krankenhaushygienikern nach § 6 unterstellt. In den Einrichtungen, in denen kein Krankenhaushygieniker hauptamtlich eingestellt ist, unterstehen Hygienefachkräfte dem Leiter der Einrichtung.

§ 9 Einsicht in Unterlagen, Zutrittsrecht

Das Hygienefachpersonal hat das Recht, Unterlagen der jeweiligen Einrichtung nach § 1 Abs. 2 einschließlich der Patientenakten, auch in digitaler Form, unter Einhaltung der Datenschutzbestimmungen einzusehen und alle Räume und Bereiche der Einrichtung zu betreten, soweit dies zur Erfüllung der Aufgaben notwendig ist.

§ 10 Fortbildung

(1) Einrichtungen nach § 1 Abs. 2 haben die erforderliche Fort- und Weiterbildung des in der Einrichtung beschäftigten Hygienefachpersonals sicherzustellen.
(2) Krankenhaushygieniker nach § 6 und hygienebeauftragte Ärzte nach § 7 sind verpflichtet, sich mit dem aktuellen Stand der Krankenhaushygiene vertraut zu machen und jährlich an entsprechenden mindestens eintägigen Fortbildungsmaßnahmen teilzunehmen.
(3) Hygienefachkräfte nach § 8 haben jährlich an hygienerelevanten Fortbildungsveranstaltungen im Umfang von mindestens 16 Stunden teilzunehmen.
(4) Für das weitere ärztliche und nichtärztliche Personal ist die erforderliche Qualifizierung und Schulung mindestens jährlich zu den Grundlagen und Zusammenhängen der Krankenhaushygiene und Infektionsprävention durchzuführen.

§ 11 Untersuchungen und Hygienekontrollen

(1) In Einrichtungen nach § 1 Abs. 2 sind mikrobiologische sowie hygienisch-mikrobiologische Untersuchungen, hygienisch-technische Überprüfungen medizin-technischer Geräte und hygienerelevanter technischer Anlagen sowie sonstige Prüfungen hinsichtlich Art der Probenahme, Häufigkeit und Untersuchungsmethode entsprechend den Herstellerangaben sowie unter Beachtung der Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention beim Robert Koch-Institut und den allgemein anerkannten Regeln der Technik durchzuführen. Die Ergebnisse sind zu dokumentieren und zehn Jahre aufzubewahren.
(2) Die Auswertung der Ergebnisse nach Absatz 1 ist regelmäßig dem Leiter der Einrichtung vorzulegen. In Einrichtungen nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 und 3 sind die Ergebnisse zur nächsten Sitzung der Hygienekommission nach § 4 zur Bewertung vorzulegen und dem Sitzungsprotokoll als Anlage beizufügen.

§ 12 Fortlaufende Erfassung und Bewertung

(1) In den in § 1 Abs. 2 genannten medizinischen Einrichtungen werden die zu erfassenden Daten zu nosokomialen Infektionen unter Anleitung des Krankenhaushygienikers analysiert und bewertet, so dass hieraus Verbesserungen im Hygienemanagement abgeleitet und gezielt umgesetzt werden können.
(2) Der Leiter einer Einrichtung nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 und 2 hat sicherzustellen, dass die in § 23 Abs. 4 IfSG geregelten Erfassungs- und Bewertungsmaßnahmen durchgeführt und hierzu fachlich anerkannte standardisierte Verfahren, wie beispielsweise das Krankenhaus-Infektions-Surveillance-System KISS (
www.nrz-hygiene.de
), genutzt werden.
(3) Daten zu Antibiotikaresistenzen und zu Art und Umfang des Antibiotikaverbrauchs müssen nach § 23 Abs. 4 IfSG erfasst, unter Beteiligung einer klinisch-mikrobiologisch und klinisch-pharmazeutischen Beratung bewertet und Konsequenzen für das Verordnungsmanagement abgeleitet werden.
(4) Das medizinische Personal in Einrichtungen nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ist in seinem jeweiligen Tätigkeitsbereich zur Mitwirkung an der fortlaufenden Erfassung und Bewertung nach den Absätzen 1 bis 3 verpflichtet.

§ 13

*)
Sektorenübergreifende Information und Zusammenarbeit
(1) Bei der Überweisung, Verlegung oder Entlassung von Patienten aus Einrichtungen nach § 1 Abs. 2 sind die jeweils aufnehmende Einrichtung und der niedergelassene Arzt über die patientenspezifischen Befunde und Maßnahmen, die zur Verhütung und Bekämpfung von nosokomialen Infektionen und von Krankheitserregern mit Resistenzen erforderlich sind, zu informieren. Die Verpflichtungen nach § 23 Abs. 4 und 6 IfSG bleiben unberührt.
(2) Die nach dieser Verordnung verpflichteten Einrichtungen arbeiten im Interesse der Erkennung, Verhütung und Bekämpfung von nosokomialen Infektionen und von Erregern mit speziellen Resistenzen und Multiresistenzen eng mit den niedergelassenen Ärzten sowie den übrigen an der Patientenversorgung beteiligten ambulanten und stationären Diensten und Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens zusammen. Dabei soll eine nachhaltige Kooperation in Form von Netzwerken zwischen den in Satz 1 genannten Einrichtungen und Personen, insbesondere zu Zwecken der Vereinbarung einheitlicher Screening-, Management- und Überleitungskriterien, gebildet werden. Das zuständige Gesundheitsamt übernimmt die Entwicklung und Koordinierung der Netzwerke in den Landkreisen und kreisfreien Städten. Die dadurch auftretende Mehrbelastung der Kommunen wird im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs berücksichtigt.
Fußnoten
*)
[Red. Anm.: Abs. 2 Satz 3 und 4 treten gemäß § 17 Satz 2 am 1. Januar 2013 in Kraft.]

§ 14 Ordnungswidrigkeiten

Ordnungswidrig im Sinne des § 73 Abs. 1 Nr. 24 IfSG handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig
1.
entgegen den §§ 6 bis 8 nicht das erforderliche Hygienefachpersonal beschäftigt oder beauftragt,
2.
entgegen § 12 keine Bewertung der erfassten Daten zu nosokomialen Infektionen, Antibiotikaresistenzen und Antibiotikaverbrauch vornimmt oder
3.
entgegen § 13 Abs. 1 Satz 1 bei der Überweisung, Verlegung oder Entlassung Informationen zu patientenspezifischen Befunden und Maßnahmen der Verhütung und Bekämpfung von nosokomialen Infektionen und von Krankheitserregern mit Resistenzen nicht weitergibt.

§ 15 Übertragung einer Verordnungsermächtigung

Die Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen nach § 23 Abs. 5 Satz 2 und Abs. 8 Satz 1 und 2 IfSG wird auf das für das Gesundheitswesen zuständige Ministerium übertragen.

§ 16 Gleichstellungsbestimmung

Status- und Funktionsbezeichnungen in dieser Verordnung gelten jeweils in männlicher und weiblicher Form.

§ 17 Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft. Abweichend von Satz 1 tritt § 13 Abs. 2 Satz 3 und 4 erst am 1. Januar 2013 in Kraft.
Erfurt, den 17. Juni 2012
Die Landesregierung
Die Ministerpräsidentin Die Ministerin für Soziales, Familie und Gesundheit
Ch. Lieberknecht Heike Taubert
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