Thüringer Gesetz über den Bürgerbeauftragten (Thüringer Bürgerbeauftragtengesetz - ThürBüBG -) Vom 15. Mai 2007
Thüringer Gesetz über den Bürgerbeauftragten (Thüringer Bürgerbeauftragtengesetz - ThürBüBG -) Vom 15. Mai 2007
Zum 12.06.2023 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe
Stand: | letzte berücksichtigte Änderung: geändert durch Art. 6 des Gesetzes vom 18. Juli 2014 (GVBl. S. 406, 415) |
Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis
Titel | Gültig ab |
---|---|
Thüringer Gesetz über den Bürgerbeauftragten (Thüringer Bürgerbeauftragtengesetz - ThürBüBG -) vom 15. Mai 2007 | 01.06.2007 |
Eingangsformel | 01.06.2007 |
§ 1 - Aufgaben, Verhältnis zum Petitionsausschuss | 01.06.2007 |
§ 2 - Eingaberecht | 01.06.2007 |
§ 3 - Grenzen des Befassungsrechts | 01.06.2007 |
§ 4 - Rechte des Bürgerbeauftragten | 01.06.2007 |
§ 5 - Berichtspflicht | 01.06.2007 |
§ 6 - Verschwiegenheitspflicht | 01.06.2007 |
§ 7 - Wahl und Amtszeit | 01.06.2007 |
§ 8 - Abberufung und Entlassung | 01.06.2007 |
§ 9 - Dienstsitz und Organisation | 01.06.2007 |
§ 10 - Amtsverhältnis | 01.08.2014 |
§ 11 - Verhinderung | 01.06.2007 |
§ 12 - Gleichstellungsbestimmung | 01.06.2007 |
§ 13 - Übergangsbestimmung | 01.06.2007 |
§ 14 - Inkrafttreten, Außerkrafttreten | 01.06.2007 |
Der Landtag hat das folgende Gesetz beschlossen:
§ 1 Aufgaben, Verhältnis zum Petitionsausschuss
(1) Der Bürgerbeauftragte hat die Aufgabe, die Rechte der Bürger gegenüber den Trägern der öffentlichen Verwaltung im Lande zu wahren und die Bürger im Umgang mit der Verwaltung zu beraten und zu unterstützen. Er befasst sich mit den von den Bürgern an ihn herangetragenen Wünschen, Anliegen und Vorschlägen (Bürgeranliegen). Im Rahmen dieser Aufgabe hat er insbesondere auf die Beseitigung bekannt gewordener Mängel hinzuwirken. Darüber hinaus obliegt ihm die Bearbeitung aller ihm zugeleiteten Auskunftsbegehren und Informationsersuchen. Er wirkt auf eine einvernehmliche Erledigung der Bürgeranliegen und die zweckmäßige Erledigung sonstiger Vorgänge hin. Der Bürgerbeauftragte kann auch von sich aus tätig werden.
(2) Die Aufgabenwahrnehmung nach Absatz 1 erstreckt sich auf
1.
Bürgeranliegen nach Absatz 1 Satz 2, die keine Petitionen im Sinne des § 1 Thüringer Petitionsgesetz (ThürPetG) sind,
2.
sonstige Vorgänge außerhalb eines Petitionsverfahrens, soweit Anhaltspunkte für eine nicht ordnungsgemäße oder unzweckmäßige Behandlung von Bürgerangelegenheiten durch Stellen bestehen, die der parlamentarischen Kontrolle des Landtags unterliegen und
3.
Auskunftsbegehren und Informationsersuchen nach Absatz 1 Satz 4.
(3) Dem Bürgerbeauftragten zugeleitete Angelegenheiten, die Petitionen im Sinne des § 1 ThürPetG darstellen, leitet der Bürgerbeauftragte an die zuständige Stelle oder den Landtag weiter, soweit er nicht nach Absatz 1 Satz 4 zuständig ist.
(4) Der Bürgerbeauftragte unterstützt den Petitionsausschuss des Landtags bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben und befasst sich mit Prüfaufträgen, die ihm nach § 8 Abs. 2 ThürPetG erteilt werden. Der Bürgerbeauftragte unterrichtet den Petitionsausschuss monatlich schriftlich über seine Arbeit.
(5) Der Bürgerbeauftragte nimmt an den Sitzungen des Petitionsausschusses teil. Er kann an den Sitzungen des Thüringer Landtags und seiner Ausschüsse teilnehmen. Für die Teilnahme an Ausschusssitzungen gilt § 112 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags entsprechend.
§ 2 Eingaberecht
(1) Jeder hat das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen unmittelbar schriftlich oder mündlich an den Bürgerbeauftragten zu wenden.
(2) § 3 ThürPetG gilt entsprechend.
§ 3 Grenzen des Befassungsrechts
(1) Der Bürgerbeauftragte sieht von einer sachlichen Prüfung ab, wenn
1.
sie einen Eingriff in ein schwebendes gerichtliches Verfahren oder die Nachprüfung einer gerichtlichen Entscheidung bedeuten würde,
2.
es sich um ein rechtskräftig abgeschlossenes gerichtliches Verfahren handelt und eine Wiederaufnahme des Verfahrens oder eine Abänderung der gerichtlichen Entscheidung bezweckt wird,
3.
es sich um eine Angelegenheit handelt, die Gegenstand eines staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens ist, oder
4.
das vorgetragene Anliegen bereits Gegenstand eines Petitionsverfahrens nach Artikel 14 der Verfassung des Freistaats Thüringen ist oder war.
(2) Der Bürgerbeauftragte kann von einer sachlichen Prüfung eines Bürgeranliegens absehen, wenn dieses
1.
nicht mit dem Namen oder der vollständigen Anschrift versehen oder unleserlich ist,
2.
ein konkretes Begehren oder einen konkreten Sinnzusammenhang nicht enthält,
3.
nach Form oder Inhalt eine Straftat darstellt oder
4.
gegenüber einem bereits behandelten Anliegen kein neues Sachvorbringen enthält.
(3) Sieht der Bürgerbeauftragte von einer sachlichen Prüfung eines Bürgeranliegens ab, so teilt er dies dem Bürger unter Angabe von Gründen mit.
§ 4 Rechte des Bürgerbeauftragten
(1) Der Bürgerbeauftragte kann zur Wahrnehmung seiner Aufgaben Ortstermine und Bürgersprechstunden durchführen.
(2) Der Bürgerbeauftragte kann die Landesregierung und die Behörden des Landes sowie die Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, soweit sie der Aufsicht des Landes unterstehen, um
1.
mündliche oder schriftliche Auskünfte,
2.
Einsicht in Akten und Unterlagen sowie
3.
Zutritt zu den von ihnen verwalteten öffentlichen Einrichtungen
ersuchen, soweit dies zur Bearbeitung eines Bürgeranliegens notwendig ist. Die gleichen Befugnisse bestehen gegenüber Privaten, soweit sie öffentliche Aufgaben unter maßgeblichem Einfluss des Landes wahrnehmen. Den Ersuchen des Bürgerbeauftragten ist unverzüglich nachzukommen. Über die Ausübung der Rechte nach Satz 1 ist die oberste Landesbehörde vorher zu unterrichten. Die Wahrnehmung der Rechte nach Satz 1 unterliegt den für den Petitionsausschuss geltenden Schranken.
§ 5 Berichtspflicht
Der Bürgerbeauftragte erstattet dem Landtag bis zum 31. März eines jeden Jahres einen schriftlichen Bericht über seine Tätigkeit im vorausgegangenen Jahr.
§ 6 Verschwiegenheitspflicht
(1) Der Bürgerbeauftragte ist auch nach Beendigung seines Amtsverhältnisses verpflichtet, über die ihm bekannt gewordenen Angelegenheiten Verschwiegenheit zu bewahren. Dies gilt nicht für Mitteilungen im dienstlichen Verkehr oder über Tatsachen, die offenkundig sind oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen.
(2) Der Bürgerbeauftragte darf, auch wenn er nicht mehr im Amt ist, über Angelegenheiten, die der Verschwiegenheit unterliegen, ohne Genehmigung weder vor Gericht noch außergerichtlich aussagen oder Erklärungen abgeben. Die Genehmigung erteilt der Präsident des Landtags nach Anhörung des betroffenen Bürgers und des für die Angelegenheit zuständigen Mitglieds der Landesregierung.
(3) Unberührt bleiben die gesetzlichen Pflichten, Straftaten anzuzeigen und bei Gefährdung der freiheitlich demokratischen Grundordnung für deren Erhalt einzutreten.
§ 7 Wahl und Amtszeit
(1) Der Landtag wählt den Bürgerbeauftragten in geheimer Wahl mit der Mehrheit seiner Mitglieder. Vorschlagsberechtigt sind die Fraktionen des Thüringer Landtags. Eine Aussprache findet nicht statt. Wählbar ist, wer in den Thüringer Landtag gewählt werden kann.
(2) Die Amtszeit des Bürgerbeauftragten beträgt sechs Jahre. Die einmalige Wiederwahl ist zulässig.
§ 8 Abberufung und Entlassung
(1) Der Landtag kann auf Antrag einer Fraktion oder eines Drittels der Mitglieder des Landtags den Bürgerbeauftragten mit der Mehrheit von zwei Dritteln seiner Mitglieder abberufen. Die Abstimmung über den Antrag auf Abberufung hat frühestens zwei Wochen und spätestens vier Wochen nach Eingang des Antrags beim Präsidenten des Landtags zu erfolgen. Eine Aussprache findet nicht statt.
(2) Der Bürgerbeauftragte kann jederzeit seine Entlassung verlangen. Der Präsident des Landtags spricht die Entlassung aus.
§ 9 Dienstsitz und Organisation
(1) Der Bürgerbeauftragte hat seinen Dienstsitz beim Landtag. Er untersteht der Dienstaufsicht des Präsidenten des Landtags.
(2) Dem Bürgerbeauftragten ist die für die Erfüllung seiner Aufgaben notwendige Personal- und Sachausstattung zur Verfügung zu stellen.
(3) Auf Vorschlag des Bürgerbeauftragten bestellt der Präsident des Landtags einen Vertreter im Amt. Ferner ernennt der Präsident des Landtags im Einvernehmen mit dem Bürgerbeauftragten die Beamten, stellt die Angestellten ein und entlässt sie. Versetzungen, Abordnungen und Umsetzungen nimmt der Präsident des Landtags im Einvernehmen mit dem Bürgerbeauftragten vor. Die Mitarbeiter unterstehen der Dienstaufsicht des Bürgerbeauftragten.
(4) Der Haushalt des Bürgerbeauftragten wird beim Haushalt des Landtags veranschlagt.
§ 10 Amtsverhältnis
(1) Der Bürgerbeauftragte steht nach Maßgabe dieses Gesetzes in einem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis zum Land. Er erhält Bezüge entsprechend einem Thüringer Beamten der Besoldungsgruppe B 3. Im Übrigen finden die in Thüringen geltenden beamtenrechtlichen Bestimmungen entsprechende Anwendung.
(2) Steht dem Bürgerbeauftragten aufgrund einer früheren Verwendung im öffentlichen Dienst, eines früheren Amtsverhältnisses oder eines früheren Mandats in einer gesetzgebenden Körperschaft ein Anspruch auf Ruhegehalt oder ruhegehaltähnliche Bezüge zu, so vermindern sich die ihm nach diesem Gesetz zustehenden Bezüge um den Betrag des Ruhegehalts oder der ruhegehaltähnlichen Bezüge.
(3) Der Bürgerbeauftragte hat bei Ausscheiden aus seinem Amtsverhältnis Anspruch auf Ruhegehalt für seine Amtszeit in entsprechender Anwendung der für die Beamten des Landes geltenden Bestimmungen. Der Anspruch auf Ruhegehalt ruht bis zum Ende des Monats, in dem er das 65. Lebensjahr vollendet hat.
(4) § 71 des Thüringer Beamtenversorgungsgesetzes gilt mit der Maßgabe, dass neben anderen Versorgungsbezügen das Ruhegehalt aus dem Amtsverhältnis als Bürgerbeauftragter nur bis zum Erreichen einer Höchstgrenze zu zahlen ist. Höchstgrenze ist das Ruhegehalt, das sich aus dem Amtsverhältnis als Bürgerbeauftragter ergeben würde, wenn zusätzlich zu dieser Amtszeit die ruhegehaltfähigen Zeiten zu Grunde gelegt werden, die bei der Bemessung der anderen Versorgungsbezüge berücksichtigt wurden. Andere Versorgungsbezüge sind Ruhegehälter aus einem Beamtenverhältnis, einem anderen Amtsverhältnis oder aufgrund eines früheren Mandats in einer gesetzgebenden Körperschaft.
(5) Das Amtsverhältnis beginnt mit der Aushändigung der Urkunde über die Bestellung durch den Präsidenten des Landtags. Der Präsident des Landtags verpflichtet den Bürgerbeauftragten vor dem Landtag, sein Amt gerecht und unparteiisch zu führen, das Grundgesetz und die Verfassung des Freistaats Thüringen sowie die Gesetze zu wahren und zu verteidigen.
(6) Das Amtsverhältnis endet:
1.
mit dem Ablauf der Amtszeit,
2.
durch Tod,
3.
durch Abberufung (§ 8 Abs. 1),
4.
mit der Entlassung auf Verlangen (§ 8 Abs. 2) oder
5.
im Falle einer länger als sechs Monate dauernden Verhinderung mit der Bestellung eines Nachfolgers (§ 11 Abs. 2).
(7) Der Bürgerbeauftragte darf nicht einer Regierung oder einer gesetzgebenden Körperschaft des Bundes oder eines Landes oder einem entsprechenden Organ der Europäischen Union oder einer kommunalen Vertretungskörperschaft angehören. Er darf neben seinem Amt kein anderes besoldetes Amt, kein Gewerbe und keinen Beruf ausüben und weder der Leitung noch dem Aufsichts- oder dem Verwaltungsrat eines auf Erwerb gerichteten Unternehmens angehören.
§ 11 Verhinderung
(1) Ist der Bürgerbeauftragte vorübergehend verhindert sein Amt auszuüben, so nimmt für die Dauer der Verhinderung sein Vertreter nach § 9 Abs. 3 Satz 1 die Geschäfte wahr. Dasselbe gilt für die Zeit nach dem Ende des Amtsverhältnisses nach § 10 Abs. 6 bis zur Wahl eines neuen Bürgerbeauftragten.
(2) Dauert die Verhinderung des Bürgerbeauftragten länger als sechs Monate, so kann der Landtag einen neuen Bürgerbeauftragten wählen.
§ 12 Gleichstellungsbestimmung
Status- und Funktionsbezeichnungen in diesem Gesetz gelten jeweils in männlicher und weiblicher Form.
§ 13 Übergangsbestimmung
Für vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes aus dem Amtsverhältnis ausgeschiedene Bürgerbeauftragte gilt § 10 Abs. 3 bis 5 des Thüringer Bürgerbeauftragtengesetzes vom 25. Mai 2000 (GVBl. S. 98).
§ 14 Inkrafttreten, Außerkrafttreten
(1) Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.
(2) Gleichzeitig mit dem Inkrafttreten nach Absatz 1 tritt das Thüringer Bürgerbeauftragtengesetz vom 25. Mai 2000 (GVBl. S. 98) außer Kraft.
Erfurt, den 15. Mai 2007
Die Präsidentin des Landtags
Prof. Dr.-Ing. habil. Schipanski
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