Thüringer Gesetz über das Petitionswesen (ThürPetG) Vom 15. Mai 2007
Thüringer Gesetz über das Petitionswesen (ThürPetG) Vom 15. Mai 2007
Zum 12.06.2023 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe
Stand: | letzte berücksichtigte Änderung: neue §§ 1, 20, 21, 22 eingefügt, § 1 (alt) wird § 2 (neu), §§ 2 (alt) und 3 (alt) werden durch neuen § 3 ersetzt, § 20 (alt) wird § 23 (neu) und § 21 (alt) wird § 24 (neu) durch Gesetz vom 14. Juli 2021 (GVBl. S. 371) |
Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis
Titel | Gültig ab |
---|---|
Thüringer Gesetz über das Petitionswesen (ThürPetG) vom 15. Mai 2007 | 01.06.2007 |
Eingangsformel | 01.06.2007 |
§ 1 - Bildung des Petitionsausschusses | 26.08.2021 |
§ 2 - Begriff | 26.08.2021 |
§ 3 - Petitionsberechtigung | 26.08.2021 |
§ 4 - Form der Petition | 26.08.2021 |
§ 5 - Unzulässige Petitionen | 26.08.2021 |
§ 6 - Petitionen, die gerichtliche Verfahren betreffen | 01.06.2007 |
§ 7 - Benachteiligungsverbot | 01.06.2007 |
§ 8 - Zuständigkeit des Petitionsausschusses, Verhältnis zum Bürgerbeauftragten | 01.06.2007 |
§ 9 - Weiterleitung und Überweisung | 01.06.2007 |
§ 10 - Rechte des Petitionsausschusses | 26.08.2021 |
§ 11 - Übermittlung personenbezogener Daten | 01.06.2007 |
§ 12 - Zeugnisverweigerungsrecht | 01.06.2007 |
§ 13 - Unterausschüsse, Strafvollzugskommission | 01.06.2007 |
§ 14 - Behandlung von Massen- und Sammelpetitionen | 01.06.2007 |
§ 14 a - Veröffentlichung von Petitionen | 26.08.2021 |
§ 15 - Verfahren des Petitionsausschusses | 26.08.2021 |
§ 16 - Anhörung | 26.08.2021 |
§ 17 - Beschlüsse des Petitionsausschusses | 01.06.2007 |
§ 18 - Bericht der Landesregierung | 01.06.2013 |
§ 19 - Verschwiegenheitspflicht | 01.06.2007 |
§ 20 - Mitteilung und Aufhebung der Beschlüsse des Petitionsausschusses | 26.08.2021 |
§ 21 - Bericht des Petitionsausschusses | 26.08.2021 |
§ 22 - Anwendung der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags | 26.08.2021 |
§ 23 - Gleichstellungsbestimmung | 26.08.2021 |
§ 24 - Inkrafttreten, Außerkrafttreten | 26.08.2021 |
Der Landtag hat das folgende Gesetz beschlossen:
§ 1 Bildung des Petitionsausschusses
(1) Unbeschadet der Bildung der Ausschüsse nach § 70 der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags bildet der Landtag in seiner ersten Sitzung einen Petitionsausschuss.
(2) Die Größe des Petitionsausschusses ist so zu wählen, dass alle Fraktionen mindestens mit einer beziehungsweise einem Abgeordneten vertreten sind und sich die Stärkeverhältnisse der Fraktionen im Landtag auch im Petitionsausschuss widerspiegeln. Für die Gesamtgröße des Petitionsausschusses und die Sitzverteilung zwischen den Fraktionen gilt § 9 Abs. 2 und 3 der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags.
(3) Die Präsidentin beziehungsweise der Präsident beruft den Petitionsausschuss spätestens vier Wochen nach seiner Bildung zu seiner ersten Sitzung ein. In dieser Sitzung werden die beziehungsweise der Vorsitzende und die beziehungsweise der stellvertretende Vorsitzende gewählt. Die Wahl der beziehungsweise des Vorsitzenden und der beziehungsweise des stellvertretenden Vorsitzenden erfolgt vorläufig bis zur Bildung der Ausschüsse nach § 70 der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags und der Benennung der Vorsitzenden nach § 71 der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags. Vorschlagsberechtigt für diese Vorsitzende beziehungsweise diesen Vorsitzenden ist die stärkste Fraktion, für diese stellvertretende Vorsitzende beziehungsweise diesen stellvertretenden Vorsitzenden die zweitstärkste Fraktion.
(4) Die Fraktionen benennen der Präsidentin beziehungsweise dem Präsidenten spätestens 14 Tage nach der Bildung des Petitionsausschusses die Ausschussmitglieder und eine entsprechende Anzahl Stellvertreterinnen beziehungsweise Stellvertreter.
(5) In der ersten Sitzung soll auch mit der inhaltlichen Sacharbeit begonnen werden. In der Sache eilbedürftige Petitionen sind vorrangig zu bearbeiten.
§ 2 Begriff
(1) Petitionen sind Bitten oder Beschwerden, die in eigener Sache, für andere oder im allgemeinen Interesse vorgetragen werden.
(2) Bitten sind Forderungen und Vorschläge für ein Handeln oder Unterlassen von staatlichen Organen, Behörden oder sonstigen Einrichtungen, die öffentliche Aufgaben wahrnehmen. Hierzu gehören auch Vorschläge zur Gesetzgebung.
(3) Beschwerden sind Beanstandungen, die sich gegen ein Handeln oder Unterlassen von staatlichen Organen, Behörden oder sonstigen Einrichtungen wenden, die öffentliche Aufgaben wahrnehmen.
§ 3 Petitionsberechtigung
(1) Das verfassungsmäßige Recht, sich mit Petitionen an die zuständigen Stellen oder den Landtag zu wenden, steht jedermann einzeln oder gemeinsam mit anderen zu. Petitionen können im Interesse von Dritten vorgetragen werden, soweit der Wille des betreffenden Dritten dem nicht offensichtlich entgegensteht.
(2) Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes können jederzeit Petitionen unmittelbar an den Landtag richten.
(3) Juristische Personen des Privatrechts sind petitionsberechtigt.
(4) Juristischen Personen des öffentlichen Rechts steht das Petitionsrecht insoweit zu, als die Petition einen Gegenstand ihres sachlichen Zuständigkeitsbereichs betrifft.
(5) Petitionen von Straf- und Untersuchungsgefangenen sowie von sonstigen Personen in einem Verwahrungsverhältnis sind ohne Kontrolle durch die Anstalt oder verwahrende Einrichtung und verschlossen unverzüglich dem Landtag zuzuleiten. Das gilt auch für den mit der Petition zusammenhängenden Schriftverkehr mit dem Landtag.
(6) Gemeinsame Petitionen der in Absatz 5 genannten Personen können nur dann untersagt werden, wenn das gemeinschaftliche Vorbereiten und Verfassen der Petition die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt oder verwahrenden Einrichtung gefährden oder dem Vollzugs oder Verwahrungszweck zuwiderlaufen würde.
§ 4 Form der Petition
(1) Petitionen können schriftlich, dazu zählt insbesondere auch die Einreichung in Form der E-Mail, wenn ihr der vollständige tatsächliche Name des Petenten und seine vollständige aktuelle Postanschrift beigefügt sind, und in Brailleschrift, sowie mündlich, insbesondere auch in Gebärdensprache, einschließlich lautsprachbegleitender Gebärden, eingereicht werden. Schriftlich eingereichte Petitionen müssen vom Petenten unterzeichnet sein. Bei elektronisch eingereichten Petitionen ist die Schriftform gewahrt, wenn
1.
der Urheber und dessen Postanschrift ersichtlich sind oder
2.
er seine Identität und Postanschrift nach § 18 Abs. 1 des Personalausweisgesetzes vom 18. Juni 2009 (BGBl. I S. 1346) in der jeweils geltenden Fassung nachgewiesen hat und
3.
das im Internet bereitgestellte Formular verwendet wird.
(2) Werden Petitionen von rechtsgeschäftlichen oder gesetzlichen Vertretern eingereicht, kann die Bekanntgabe eines Ergebnisses des Petitionsverfahrens vom Nachweis der Vertretungsbefugnis abhängig gemacht werden, wenn Zweifel daran bestehen.
§ 5 Unzulässige Petitionen
Von einer sachlichen Prüfung der Petition kann abgesehen werden, wenn
1.
sie - mit Ausnahme der E-Mail - nicht unterzeichnet oder nicht mittels des vom Landtag im Internet bereitgestellten Formulars eingereicht wird,
2.
sie nicht mit dem Namen oder der vollständigen Anschrift des Petenten versehen oder unleserlich ist,
3.
sie ein konkretes Anliegen oder einen erkennbaren Sinnzusammenhang nicht enthält,
4.
sie einen beleidigenden, nötigenden oder unsachlichen Inhalt hat,
5.
sie sich gegen einen Dritten richtet und das geltend gemachte allgemeine Interesse das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Dritten nicht überwiegt,
6.
sie nach Inhalt und Form eine strafbare Handlung darstellt,
7.
sie gegenüber einer bereits beschiedenen Petition kein neues Vorbringen enthält,
8.
lediglich die Erteilung einer Auskunft begehrt wird.
§ 6 Petitionen, die gerichtliche Verfahren betreffen
(1) Des Weiteren wird von einer sachlichen Prüfung der Petition abgesehen, wenn ihre Behandlung einen Eingriff in ein schwebendes gerichtliches Verfahren oder die Nachprüfung einer richterlichen Entscheidung bedeuten würde.
(2) Das Recht des Petitionsausschusses, sich mit dem Verhalten der Landesregierung, einer Behörde des Landes und von Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts, soweit sie der Aufsicht des Landes unterstehen, als Beteiligter in einem schwebenden Verfahren oder nach rechtskräftigem Abschluss eines Verfahrens zu befassen, bleibt unberührt.
(3) Petitionen, die ein rechtskräftig abgeschlossenes Gerichtsverfahren betreffen, werden sachlich nur behandelt, soweit
1.
Gegenstand des Rechtsstreits eine Ermessensentscheidung der Verwaltung war,
2.
Gründe für ein Wiederaufgreifen des Verwaltungsverfahrens oder die Wiederaufnahme des gerichtlichen Verfahrens geltend gemacht werden oder
3.
vom Land oder einem sonstigen Träger öffentlicher Verwaltung verlangt wird, auf die Vollstreckung eines zu seinen Gunsten ergangenen Urteils zu verzichten.
(4) Die Absätze 2 und 3 gelten für Private, soweit sie öffentliche Aufgaben unter maßgeblichem Einfluss des Landes wahrnehmen, entsprechend.
§ 7 Benachteiligungsverbot
(1) Niemand darf wegen der Tatsache, dass er sich mit einer Petition an die zuständigen Stellen oder den Landtag gewandt hat, benachteiligt werden.
(2) Von der Absicht der in § 6 Abs. 2 und 4 genannten Stellen, eine Strafanzeige oder einen Strafantrag wegen des Inhalts einer Petition zu stellen, ist der Petitionsausschuss vorab zu unterrichten.
§ 8 Zuständigkeit des Petitionsausschusses, Verhältnis zum Bürgerbeauftragten
(1) An den Landtag gerichtete Petitionen obliegen der Entscheidung des Petitionsausschusses. Der Landtag kann diese Entscheidung nach § 100 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags aufheben.
(2) Der Bürgerbeauftragte unterstützt den Petitionsausschuss bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben. Der Petitionsausschuss kann dem Bürgerbeauftragten Prüfaufträge erteilen.
§ 9 Weiterleitung und Überweisung
(1) Petitionen, für deren Behandlung der Landtag nicht zuständig ist, leitet der Petitionsausschuss an die zuständige Stelle weiter.
(2) Petitionen, die sich auf in der Beratung befindliche Vorlagen beziehen, überweist der Petitionsausschuss grundsätzlich dem federführenden Ausschuss als Material.
§ 10 Rechte des Petitionsausschusses
(1) Zur Vorbereitung von Beschlüssen über Petitionen haben die Landesregierung und die Behörden des Landes dem Petitionsausschuss oder einzelnen von ihm durch Beschluss beauftragten Mitgliedern auf Verlangen Auskunft zu erteilen, Akten zur Einsicht vorzulegen und jederzeit Zutritt zu ihren Einrichtungen zu gestatten. Dem Verlangen des Petitionsausschusses ist unverzüglich nachzukommen. Die Pflicht zur Vorlage umfasst auch Unterlagen mit personenbezogenen Daten der Person, die die Petition eingereicht hat, soweit dies zur sachlichen Bewertung und Bescheidung einer Petition erforderlich ist. Sind in Akten mit solchen Daten weitere personenbezogene Daten des Petenten oder Dritter so verbunden, dass eine Trennung nicht oder nur mit einem unverhältnismäßigen Aufwand möglich ist, so ist die Übermittlung auch dieser Daten an den Petitionsausschuss zulässig, soweit nicht offensichtlich überwiegende schutzwürdige Interessen der betroffenen Personen dem entgegenstehen. Über die Ausübung der Rechte nach Satz 1 ist die oberste Landesbehörde vorher zu unterrichten. Auf Verlangen des Petitionsausschusses hat die Behörde durch einen Vertreter vor dem Ausschuss auch mündlich Auskunft über den Gegenstand der Petition zu geben.
(2) Für die Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts gilt Absatz 1 entsprechend, soweit sie der Aufsicht des Landes unterstehen. Absatz 1 gilt entsprechend für Private, soweit sie öffentliche Aufgaben unter maßgeblichem Einfluss des Landes wahrnehmen.
(3) Zur Klärung der Sach- und Rechtslage wird von der Landesregierung eine Stellungnahme innerhalb einer Frist von sechs Wochen angefordert. In Ausnahmefällen kann diese Frist auf begründeten Antrag der Landesregierung um drei Wochen verlängert werden.
(4) Soweit Zutritt, Auskunft und Aktenvorlage verweigert werden, vertritt die zuständige oberste Landesbehörde die Entscheidung vor dem Petitionsausschuss.
(5) Die Gerichte und Verwaltungsbehörden des Landes sind dem Petitionsausschuss zur Rechts- und Amtshilfe verpflichtet.
(6) Die Mitglieder des Petitionsausschusses sowie die Mitglieder mitberatender Ausschüsse können jederzeit in die dem Petitionsausschuss überlassenen Akten Einsicht nehmen. Mitarbeiter der Fraktionen können Einsicht nehmen, soweit dies aus Gründen der parlamentarischen Arbeit erforderlich ist. Sie sind förmlich zur Verschwiegenheit zu verpflichten. Die Einsicht wird in der Regel in den Räumen des Landtags gewährt, sie kann mit Auflagen verbunden werden.
(7) Der Petitionsausschuss kann die Ausübung des Zutrittsrechts im Einzelfall auf einen Unterausschuss übertragen, der aus mindestens drei seiner Mitglieder besteht. Der Unterausschuss erstattet dem Petitionsausschuss einen Bericht über das Ergebnis seiner Feststellungen; § 77 Abs. 3 Satz 1 der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags gilt entsprechend.
(8) Abgeordnete können auf ihr Verlangen zu einer Petition im Petitionsausschuss gehört werden.
§ 11 Übermittlung personenbezogener Daten
Der Petitionsausschuss kann zur Ausübung seiner Befugnisse personenbezogene Daten an die Landesregierung und die betroffenen Stellen übermitteln, wenn das Einverständnis des Petenten vorausgesetzt werden kann und keine offensichtlich überwiegenden schutzwürdigen Interessen der Personen, deren Daten übermittelt werden, entgegenstehen.
§ 12 Zeugnisverweigerungsrecht
(1) Die Mitglieder des Petitionsausschusses können über Personen, die ihnen als Mitglied des Petitionsausschusses oder denen sie als Mitglied des Petitionsausschusses Tatsachen anvertraut haben, sowie über diese Tatsachen selbst das Zeugnis verweigern.
(2) Personen, deren Mitarbeit die Mitglieder des Petitionsausschusses in dieser Eigenschaft in Anspruch nehmen, haben ein Zeugnisverweigerungsrecht nach Absatz 1. Über die Ausübung des Rechts entscheiden grundsätzlich die Mitglieder des Petitionsausschusses.
(3) Soweit dieses Zeugnisverweigerungsrecht reicht, dürfen Schriftstücke, andere Datenträger und Dateien weder beschlagnahmt noch genutzt werden.
§ 13 Unterausschüsse, Strafvollzugskommission
(1) Der Petitionsausschuss bestellt als ständigen Unterausschuss die Strafvollzugskommission. Der Strafvollzugskommission können auch Abgeordnete angehören, die nicht Mitglied des Petitionsausschusses sind. Die Strafvollzugskommission gibt sich eine Geschäftsordnung.
(2) Die Strafvollzugskommission wird tätig, wenn der Petitionsausschuss ihr Petitionen überweist, die ihren Aufgabenbereich betreffen oder wenn die Landesregierung mit entsprechenden Angelegenheiten an sie herantritt. Die Strafvollzugskommission kann sich, auch ohne dass die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen, mit Angelegenheiten ihres Aufgabenbereichs befassen.
(3) Zur Erfüllung ihrer Aufgaben kann sich die Strafvollzugskommission unmittelbar vor Ort unterrichten. Die Strafvollzugskommission oder einzelne von ihr durch Beschluss beauftragte Mitglieder können Untersuchungs- und Strafvollzugsanstalten, geschlossene Heil- und Pflegeanstalten sowie alle anderen der Verwahrung von Menschen dienenden Einrichtungen des Landes ohne vorherige Anmeldung besuchen. Dabei muss Gelegenheit sein, mit jedem darin verwahrten Menschen ohne Gegenwart anderer sprechen und alle Räumlichkeiten besichtigen zu können.
(4) Das Recht zur Einsetzung anderer Unterausschüsse nach § 76 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags bleibt unberührt.
§ 14 Behandlung von Massen- und Sammelpetitionen
(1) Massenpetitionen sind Petitionen, bei denen sich mindestens 50 Petenten mit einem identischen Anliegen an den Landtag wenden, ohne dass eine bestimmte Person oder Personengemeinschaft als Initiator der Petitionen in Erscheinung tritt. Sie werden als eine Petition geführt. Die Unterzeichner werden zahlenmäßig erfasst. Die Einzelbenachrichtigung kann auf Beschluss des Ausschusses durch Pressemitteilungen oder durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden.
(2) Sammelpetitionen sind Petitionen, bei denen sich mindestens 50 Petenten mit einem identischen Anliegen an den Landtag wenden und eine Person oder Personengemeinschaft als Initiator der Petitionen in Erscheinung tritt. Über die Behandlung einer Sammelpetition werden die als Urheber der Petition in Erscheinung tretenden Personen unterrichtet. Bei Unterschriftenlisten, die für sich eine Petition darstellen, wird die Einzelbenachrichtigung durch die Unterrichtung des ersten Unterzeichners ersetzt, soweit keine Vertrauensperson benannt ist.
§ 14 a Veröffentlichung von Petitionen
(1) Petitionen zur Veröffentlichung sind Bitten oder Beschwerden von allgemeinem Interesse an den Landtag. Sie können auf Antrag des Petenten auf der Internetseite des Landtags veröffentlicht werden. Mit der Veröffentlichung erhalten weitere Petitionsberechtigte über das Internet die Gelegenheit zur Mitzeichnung und Diskussion der Petition.
(2) Voraussetzung für eine Petition zur Veröffentlichung ist, dass die Bitte oder Beschwerde inhaltlich ein Anliegen von allgemeinem Interesse zum Gegenstand hat und das Anliegen und dessen Darstellung für eine sachliche öffentliche Diskussion geeignet sind. Die Behandlung des Anliegens muss in die Zuständigkeit des Petitionsausschusses fallen. Anliegen und Begründung müssen möglichst knapp und klar dargestellt sein; der hierfür verfügbare Umfang ist technisch vorgegeben. Anliegen oder Teile eines Anliegens dürfen sich nicht erkennbar auf Personen beziehen. Der Petent hat bei Einreichung seiner Petition kenntlich zu machen, dass er deren Behandlung als Petition zur Veröffentlichung wünscht.
(3) Vor Annahme einer Petition zur Veröffentlichung und deren Veröffentlichung prüft der Ausschussdienst, ob die Voraussetzungen für eine Petition zur Veröffentlichung erfüllt sind. Die Entscheidung über die Annahme einer Petition als Petition zur Veröffentlichung und über deren Veröffentlichung trifft der Petitionsausschuss. Spricht sich die Mehrheit der Mitglieder des Petitionsausschusses gegen die Veröffentlichung aus, erfolgt die weitere Behandlung entsprechend den allgemeinen Verfahrensgrundsätzen für Petitionen.
(4) Eine Petition zur Veröffentlichung einschließlich ihrer Begründung wird nicht zugelassen, wenn sie
1.
die Anforderungen des Absatzes 2 sowie des § 5 nicht erfüllt,
2.
geschützte Informationen enthält,
3.
in Persönlichkeitsrechte von Personen beispielsweise durch Namensnennung eingreift,
4.
kommerzielle Produkte oder Verfahren bewirbt oder anderweitige Werbung enthält oder
5.
Links auf andere Web-Seiten enthält.
(5) Von einer Veröffentlichung soll abgesehen werden, insbesondere wenn
1.
der Ausschuss bereits in der laufenden Wahlperiode in einer im Wesentlichen sachgleichen Angelegenheit eine Entscheidung getroffen hat und keine entscheidungserheblichen neuen Gesichtspunkte vorgetragen werden,
2.
sich bereits eine sachgleiche Petition in der parlamentarischen Prüfung befindet oder
3.
die Petition geeignet erscheint, den sozialen Frieden, die internationalen Beziehungen oder den interkulturellen Dialog zu belasten.
(6) Bei einer Veröffentlichung werden zusammen mit der Petition Name und Wohnort des Petenten sowie im Fall der Mitzeichnung Name und Wohnort der Mitzeichnenden oder - auf Wunsch der Mitzeichnenden - ein standardisiertes Pseudonym veröffentlicht. Wird die Möglichkeit des Pseudonyms gewählt, sind Name und Anschrift des Mitzeichnenden bei der Landtagsverwaltung zu hinterlegen.
(7) Die Mitzeichnungsfrist, in der weitere Petitionsberechtigte die Petition zur Veröffentlichung mitzeichnen können, beträgt sechs Wochen. Während dieser Mitzeichnungsphase kann die Petition auf der Internetseite des Landtags diskutiert werden. Diskussionsbeiträge werden vor Veröffentlichung moderiert. Ein Jahr nach Betrieb erfolgt eine Evaluation der Diskussionsplattform.
(8) Nach Abschluss der Mitzeichnungsfrist wird die Petition zur Veröffentlichung für weitere Mitzeichnungen geschlossen. Danach erfolgt die Behandlung entsprechend den allgemeinen Verfahrensgrundsätzen für Petitionen.
(9) Die Öffentlichkeit wird im Internet über das Ergebnis des Petitionsverfahrens unterrichtet.
(10) Das Veröffentlichungsverfahren, insbesondere dessen elektronische Verfahrensteile, sind mindestens einmal innerhalb einer Wahlperiode auf technische Aktualität und Nutzerfreundlichkeit hin zu evaluieren. Hierbei sind vor allem die Anforderungen der Barrierefreiheit auf dem geltenden Stand von Wissenschaft und Technik umzusetzen. Dem Ausschuss ist über das Ergebnis der Evaluierung ein schriftlicher Bericht vorzulegen, über den dieser berät und daraus folgend die notwendigen Beschlüsse fasst. Die mit der Umsetzung der Beschlüsse befasste Landtagsverwaltung hat innerhalb von sechs Monaten nach der Beschlussfassung dem Ausschuss über den Stand der Umsetzung zu berichten.
§ 15 Verfahren des Petitionsausschusses
(1) Die Sitzungen des Petitionsausschusses sind nicht öffentlich. Auf Antrag eines Drittels seiner Mitglieder oder einer Fraktion können folgende Beratungsgegenstände im Rahmen einer öffentlichen Anhörung behandelt werden:
1.
Jahresbericht des Petitionsausschusses
2.
Monatsbericht des Thüringer Bürgerbeauftragten,
3.
Jahresbericht des Thüringer Bürgerbeauftragten.
Zwischen der Einladung und der Sitzung des Petitionsausschusses sollen mindestens fünf Werktage liegen; der Einladung ist die Tagesordnung beizufügen. Die Mitglieder des Petitionsausschusses erhalten in jeder Sitzung eine Übersicht über neu eingegangene Petitionen.
(2) Der Petitionsausschuss kann andere Ausschüsse um Mitberatung ersuchen. In den Fällen des Satzes 1 kann der mitberatende Ausschuss die Teilnahme des Bürgerbeauftragten beschließen. Die mitberatenden Ausschüsse geben in diesen Fällen an den Petitionsausschuss unverzüglich jeweils eine Information über Verlauf und Ergebnis ihrer Beratungen.
(3) Der Petitionsausschuss kann einzelne oder mehrere Ausschussmitglieder beauftragen, sich mit einzelnen Petitionen weiter zu befassen; die beauftragten Ausschussmitglieder sind dabei an die Weisungen des Petitionsausschusses gebunden.
§ 16 Anhörung
(1) Der Petitionsausschuss kann im Rahmen seiner Zuständigkeit die Beteiligten sowie Zeugen und Sachverständige anhören. Hat eine Petition zur Veröffentlichung das Quorum von mindestens 1 500 Mitzeichnern erreicht, so soll die Vertrauensperson der Petenten öffentlich angehört werden. Die zuständigen Fachausschüsse sollen hinzugezogen werden. Der Petitionsausschuss kann mit der Mehrheit seiner Mitglieder beschließen, dass von einer Anhörung abgesehen wird. Das Quorum kann durch Mitzeichnung nach § 14a sowie durch Einreichung handschriftlich unterzeichneter Sammellisten erfüllt werden. Für die Mitzeichnung auf Sammellisten sind die auf der Internetseite des Landtags zur Verfügung gestellten Formulare zu verwenden. Die Sammellisten müssen die vollständigen Namen, die Adressen und die Unterschriften der Mitzeichnenden enthalten. Sie müssen spätestens fünf Werktage nach Ende der Mitzeichnungsfristen im Landtag eingegangen sein. Die handschriftlichen Mitzeichnungen werden nur durch Angabe der Anzahl im Internet veröffentlicht. Bei Dopplungen von digitalen und analogen Mitzeichnungen wird nur die analoge Unterschrift gezählt.
(2) Ein Rechtsanspruch des Petenten auf Anhörung besteht nicht.
(3) Zeugen und Sachverständige, die vom Petitionsausschuss geladen worden sind, werden entsprechend dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz entschädigt, Petenten können nach diesem Gesetz entschädigt werden. Die Verwaltung des Landtags setzt die Entschädigung fest.
§ 17 Beschlüsse des Petitionsausschusses
Die Beschlüsse des Petitionsausschusses zu Petitionen lauten in der Regel,
1.
die Petitionen der Landesregierung mit der Bitte zu überweisen,
a)
der Bitte oder Beschwerde zu folgen,
b)
den Einzelfall unter Beachtung der Auffassung des Petitionsausschusses erneut zu prüfen,
c)
die Petition bei der Einbringung von Gesetzen, dem Abschluss von Staatsverträgen, der Stimmabgabe im Bundesrat, dem Erlass von Rechtsverordnungen oder Verwaltungsvorschriften zu berücksichtigen,
2.
die Petition für erledigt zu erklären, da
a)
dem vorgebrachten Anliegen entsprochen werden konnte,
b)
sich das vorgebrachte Anliegen in sonstiger Weise erledigt hat,
3.
festzustellen, dass dem vorgebrachten Anliegen teilweise entsprochen werden konnte,
4.
die Petition an die zuständige Stelle weiterzuleiten,
5.
die Petition einem anderen Ausschuss zu überweisen,
6.
die Petition den Fraktionen des Landtags zur Kenntnis zu geben,
7.
von einer sachlichen Prüfung der Petition abzusehen,
8.
dem Petenten anheim zu geben, zunächst von den zulässigen Rechtsbehelfen Gebrauch zu machen,
9.
festzustellen, dass dem in der Petition vorgebrachten Anliegen nicht abgeholfen werden kann.
§ 18 Bericht der Landesregierung
(1) Die Landesregierung gibt dem Petitionsausschuss innerhalb von acht Wochen einen schriftlichen Bericht über die Ausführung der Beschlüsse nach § 17 Nr. 1. In dringenden Fällen kann diese Frist zur Vermeidung von Nachteilen für den Petenten verkürzt werden. Kann die Landesregierung die Frist aus besonderen Gründen nicht einhalten, gibt sie einen Zwischenbericht, in dem auch die Gründe für die nicht fristgerechte Beantwortung aufgeführt sind.
(2) Sofern die Landesregierung einem Beschluss nach § 17 Nr. 1 Buchst. a und b nicht nachkommt, kann der Petitionsausschuss mit der Mehrheit seiner Mitglieder verlangen, dass über die Entscheidung der Landesregierung eine Beratung in einer Sitzung des Landtags stattfindet.
§ 19 Verschwiegenheitspflicht
Abgeordnete, Mitarbeiter von Abgeordneten und Fraktionen sowie Personen, die in amtlicher Tätigkeit Petitionen bearbeiten, haben über Tatsachen, die ihnen bei der Behandlung einer Petition bekannt geworden sind, Verschwiegenheit zu bewahren. Das gilt auch für die Zeit nach der Beendigung der damit zusammenhängenden Tätigkeit. Für Private gilt das entsprechend, soweit sie öffentliche Aufgaben unter maßgeblichem Einfluss des Landes erfüllen. Mitteilungen im dienstlichen Verkehr oder Tatsachen, die offenkundig sind oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen, unterliegen nicht der Verschwiegenheitspflicht.
§ 20 Mitteilung und Aufhebung der Beschlüsse des Petitionsausschusses
(1) Die Beschlüsse des Petitionsausschusses zu Petitionen werden in der Regel nach jeder Sitzung in eine Sammelübersicht aufgenommen, die an alle Abgeordneten verteilt wird.
(2) Jede beziehungsweise jeder Abgeordnete kann innerhalb von sieben Werktagen nach Bereitstellung oder Verteilung der Sammelübersicht (§§ 116 und 117 Geschäftsordnung des Thüringer Landtags) beantragen, einen Beschluss des Petitionsausschusses aufzuheben. Über den Antrag entscheidet der Landtag.
(3) Nach Ablauf der Frist des Absatzes 2 hat die Petentin beziehungsweise der Petent Anspruch auf begründeten Bescheid in angemessener Frist.
§ 21 Bericht des Petitionsausschusses
Der Petitionsausschuss soll mindestens einmal im Jahr dem Landtag einen schriftlichen Bericht über seine Arbeit erstatten. Über den Bericht findet innerhalb von sechs Wochen die Aussprache im Landtag statt.
§ 22 Anwendung der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags
Soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, ist für die Angelegenheiten und die Tätigkeit des Petitionsausschusses die Geschäftsordnung des Landtags anzuwenden.
§ 23 Gleichstellungsbestimmung
Status- und Funktionsbezeichnungen in diesem Gesetz gelten jeweils in männlicher und weiblicher Form.
§ 24 Inkrafttreten, Außerkrafttreten
(1) Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.
(2) Gleichzeitig tritt das Thüringer Petitionsgesetz vom 28. Juni 1994 (GVBl. S. 797) außer Kraft.
Erfurt, den 15. Mai 2007
Die Präsidentin des Landtags
Prof. Dr.-Ing. habil. Schipanski
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