Gesetz über den Thüringer Verfassungsgerichtshof (Thüringer Verfassungsgerichtshofsgesetz - ThürVerfGHG -) Vom 28. Juni 1994
Gesetz über den Thüringer Verfassungsgerichtshof (Thüringer Verfassungsgerichtshofsgesetz - ThürVerfGHG -) Vom 28. Juni 1994
Zum 12.06.2023 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe
Stand: | letzte berücksichtigte Änderung: Inhaltsverzeichnis und §§ 2, 3 und 54 geändert sowie § 7 neu gefasst durch Gesetz vom 29. Juli 2022 (GVBl. S. 325) |
Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis
Titel | Gültig ab |
---|---|
Gesetz über den Thüringer Verfassungsgerichtshof (Thüringer Verfassungsgerichtshofsgesetz - ThürVerfGHG -) vom 28. Juni 1994 | 06.07.1994 |
Inhaltsverzeichnis | 26.08.2022 |
Eingangsformel | 06.07.1994 |
Erster Teil - Verfassung und Zuständigkeit | 06.07.1994 |
§ 1 - Stellung und Sitz des Gerichts | 06.07.1994 |
§ 2 - Zusammensetzung | 26.08.2022 |
§ 3 - Wahl des Präsidenten, des Vizepräsidenten und der weiteren Mitglieder | 26.08.2022 |
§ 4 - Voraussetzungen der Wählbarkeit | 06.07.1994 |
§ 5 - Ernennung und Amtseid | 06.07.1994 |
§ 6 - Verlust des Amtes | 29.08.2014 |
§ 7 - Vorsitz | 26.08.2022 |
§ 8 - Mitwirkung der Vertreter | 29.08.2014 |
§ 9 - Entschädigung | 29.08.2014 |
§ 10 - Geschäftsstelle, Geschäftsordnung | 06.07.1994 |
§ 11 - Zuständigkeit | 31.12.2003 |
Zweiter Teil - Verfahrensvorschriften | 06.07.1994 |
Erster Abschnitt - Allgemeine Verfahrensvorschriften | 06.07.1994 |
§ 12 - Verfahrensgrundsätze | 06.07.1994 |
§ 13 - Ausschluß vom Richteramt | 06.07.1994 |
§ 14 - Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit | 29.08.2014 |
§ 15 - Rechts- und Amtshilfe, Akteneinsicht | 06.07.1994 |
§ 16 - Beauftragte von Personengruppen | 06.07.1994 |
§ 17 - Bevollmächtigte | 29.08.2014 |
§ 18 - Einleitung des Verfahrens | 06.07.1994 |
§ 19 - Verwerfung von Anträgen | 06.07.1994 |
§ 20 - Mündliche Verhandlung, Form der Entscheidung | 06.07.1994 |
§ 21 - Beweiserhebung | 06.07.1994 |
§ 22 - Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen | 06.07.1994 |
§ 23 - Beweistermin | 06.07.1994 |
§ 24 - Entscheidung und Verkündung | 29.08.2014 |
§ 25 - Wirkung der Entscheidung | 06.07.1994 |
§ 26 - Einstweilige Anordnung | 29.08.2014 |
§ 27 - Aussetzung des Verfahrens | 06.07.1994 |
§ 28 - Kosten | 29.08.2014 |
§ 29 - Auslagenerstattung | 29.08.2014 |
§ 30 - Vollstreckung | 06.07.1994 |
Zweiter Abschnitt - Besondere Verfahrensvorschriften | 06.07.1994 |
Erstes Kapitel - Verfahren in den Fällen des § 11 Nr. 1 und 2 (Verfassungsbeschwerden) | 06.07.1994 |
§ 31 - Voraussetzungen der Verfassungsbeschwerde | 06.07.1994 |
§ 32 - Begründung der Verfassungsbeschwerde | 06.07.1994 |
§ 33 - Fristen | 06.07.1994 |
§ 34 - Erledigung unzulässiger oder offensichtlich unbegründeter Verfassungsbeschwerden | 06.07.1994 |
§ 35 - Prozeßkostenhilfe | 06.07.1994 |
§ 36 - Anhörung | 06.07.1994 |
§ 37 - Entscheidung | 06.07.1994 |
Zweites Kapitel - Verfahren in den Fällen des § 11 Nr. 3 (Organstreitigkeiten) | 06.07.1994 |
§ 38 - Antragsteller und Antragsgegner | 06.07.1994 |
§ 39 - Zulässigkeit des Antrags | 01.01.2002 |
§ 40 - Beitritt zum Verfahren | 06.07.1994 |
§ 41 - Entscheidung | 06.07.1994 |
Drittes Kapitel - Verfahren in den Fällen des § 11 Nr. 4 (Abstrakte Normenkontrolle) | 06.07.1994 |
§ 42 - Zulässigkeit des Antrags | 06.07.1994 |
§ 43 - Beteiligung des Landtags und der Landesregierung | 06.07.1994 |
§ 44 - Entscheidung | 06.07.1994 |
Viertes Kapitel - Verfahren in den Fällen des § 11 Nr. 5 (Konkrete Normenkontrolle) | 06.07.1994 |
§ 45 - Vorlage | 06.07.1994 |
§ 46 - Verfahren | 06.07.1994 |
§ 47 - Entscheidung | 06.07.1994 |
Fünftes Kapitel - Verfahren in den Fällen des § 11 Nr. 8 (Wahlprüfung) | 06.07.1994 |
§ 48 - Beschwerderecht | 06.07.1994 |
Sechstes Kapitel - Verfahren in den Fällen des § 11 Nr. 6 (Volksbegehren) | 06.07.1994 |
§ 49 - Verfahrensvorschriften | 29.08.2014 |
Siebtes Kapitel - Entscheidungen in Untersuchungsverfahren des Landtags | 06.07.1994 |
§ 50 - Entscheidung über die Verfassungswidrigkeit eines Untersuchungsauftrags (§ 11 Nr. 7) | 06.07.1994 |
§ 51 - Verweigerung von Aktenvorlage und Aussagegenehmigung | 06.07.1994 |
§ 52 - Gerichtliche Entscheidungen in Untersuchungsverfahren | 06.07.1994 |
Achtes Kapitel - Verzögerungsbeschwerde | 29.08.2014 |
§ 52a - Verzögerungsbeschwerde | 29.08.2014 |
Dritter Teil - Schlußvorschriften | 06.07.1994 |
§ 53 - Änderung des Untersuchungsausschußgesetzes | 06.07.1994 |
§ 54 - Übergangsbestimmung | 26.08.2022 |
§ 55 - Inkrafttreten | 06.07.1994 |
Inhaltsübersicht | |
Erster Teil Verfassung und Zuständigkeit | |
§ 1 | Stellung und Sitz des Gerichts |
§ 2 | Zusammensetzung |
§ 3 | Wahl des Präsidenten, des Vizepräsidenten und der weiteren Mitglieder |
§ 4 | Voraussetzungen der Wählbarkeit |
§ 5 | Ernennung und Amtseid |
§ 6 | Verlust des Amtes |
§ 7 | Vorsitz |
§ 8 | Mitwirkung der Vertreter |
§ 9 | Entschädigung |
§ 10 | Geschäftsstelle, Geschäftsordnung |
§ 11 | Zuständigkeit |
Zweiter Teil Verfahrensvorschriften | |
Erster Abschnitt Allgemeine Verfahrensvorschriften | |
§ 12 | Verfahrensgrundsätze |
§ 13 | Ausschluß vom Richteramt |
§ 14 | Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit |
§ 15 | Rechts- und Amtshilfe, Akteneinsicht |
§ 16 | Beauftragte von Personengruppen |
§ 17 | Bevollmächtigte |
§ 18 | Einleitung des Verfahrens |
§ 19 | Verwerfung von Anträgen |
§ 20 | Mündliche Verhandlung, Form der Entscheidung |
§ 21 | Beweiserhebung |
§ 22 | Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen |
§ 23 | Beweistermin |
§ 24 | Entscheidung und Verkündung |
§ 25 | Wirkung der Entscheidung |
§ 26 | Einstweilige Anordnung |
§ 27 | Aussetzung des Verfahrens |
§ 28 | Kosten |
§ 29 | Auslagenerstattung |
§ 30 | Vollstreckung |
Zweiter Abschnitt Besondere Verfahrensvorschriften | |
Erstes Kapitel Verfahren in den Fällen des § 11 Nr. 1 und 2 (Verfassungsbeschwerden) | |
§ 31 | Voraussetzungen der Verfassungsbeschwerde |
§ 32 | Begründung der Verfassungsbeschwerde |
§ 33 | Fristen |
§ 34 | Erledigung unzulässiger oder offensichtlich unbegründeter Verfassungsbeschwerden |
§ 35 | Prozeßkostenhilfe |
§ 36 | Anhörung |
§ 37 | Entscheidung |
Zweites Kapitel Verfahren in den Fällen des § 11 Nr. 3 (Organstreitigkeiten) | |
§ 38 | Antragsteller und Antragsgegner |
§ 39 | Zulässigkeit des Antrags |
§ 40 | Beitritt zum Verfahren |
§ 41 | Entscheidung |
Drittes Kapitel Verfahren in den Fällen des § 11 Nr. 4 (Abstrakte Normenkontrolle) | |
§ 42 | Zulässigkeit des Antrags |
§ 43 | Beteiligung des Landtags und der Landesregierung |
§ 44 | Entscheidung |
Viertes Kapitel Verfahren in den Fällen des § 11 Nr. 5 (Konkrete Normenkontrolle) | |
§ 45 | Vorlage |
§ 46 | Verfahren |
§ 47 | Entscheidung |
Fünftes Kapitel Verfahren in den Fällen des § 11 Nr. 8 (Wahlprüfung) | |
§ 48 | Beschwerderecht |
Sechstes Kapitel Verfahren in den Fällen des § 11 Nr. 6 (Volksbegehren) | |
§ 49 | Verfahrensvorschriften |
Siebtes Kapitel Entscheidungen in Untersuchungsverfahren des Landtags | |
§ 50 | Entscheidung über die Verfassungswidrigkeit eines Untersuchungsauftrags (§ 11 Nr. 7) |
§ 51 | Verweigerung von Aktenvorlage und Aussagegenehmigung |
§ 52 | Gerichtliche Entscheidungen in Untersuchungsverfahren |
Achtes Kapitel Verzögerungsbeschwerde | |
§ 52a | Verzögerungsbeschwerde |
Dritter Teil Schlußvorschriften | |
§ 53 | Änderung des Untersuchungsausschußgesetzes |
§ 54 | Übergangsbestimmung |
§ 55 | Inkrafttreten |
Der Landtag hat das folgende Gesetz beschlossen:
Erster Teil Verfassung und Zuständigkeit
§ 1 Stellung und Sitz des Gerichts
(1) Der Verfassungsgerichtshof ist ein allen anderen Verfassungsorganen gegenüber selbständiges und unabhängiges Gericht des Landes.
(2) Der Verfassungsgerichtshof hat seinen Sitz in Weimar.
§ 2 Zusammensetzung
(1) Der Verfassungsgerichtshof besteht aus dem Präsidenten und acht weiteren Mitgliedern; ein weiteres Mitglied führt die Bezeichnung Vizepräsident. Der Präsident und zwei weitere Mitglieder werden aus dem Kreis der Berufsrichter gewählt. Der Vizepräsident wird in dieser Funktion aus dem Kreis der Berufsrichter für die Dauer seiner Amtszeit als berufsrichterliches Mitglied gewählt. Drei weitere Mitglieder müssen die Befähigung zum Richteramt haben. Die Amtsbezeichnungen der Mitglieder des Verfassungsgerichtshofs gelten jeweils in weiblicher und männlicher Form.
(2) Für jedes Mitglied des Verfassungsgerichtshofs wird ein eigener Stellvertreter gewählt. Die Vorschriften über die Mitglieder gelten auch für deren Stellvertreter.
§ 3 Wahl des Präsidenten, des Vizepräsidenten und der weiteren Mitglieder
(1) Der Präsident und die weiteren Mitglieder des Verfassungsgerichtshofs werden vom Landtag einzeln und in geheimer Wahl ohne Aussprache auf die Dauer von sieben Jahren gewählt. Gewählt ist, wer die Stimmen von zwei Dritteln der gesetzlichen Mitgliederzahl des Landtags auf sich vereinigt. Dies gilt auch für die Wahl des Vizepräsidenten in dieser Funktion.
(2) Eine einmalige Wiederwahl ist zulässig. Die Wahl eines weiteren Mitglieds des Verfassungsgerichtshofs zum Präsidenten oder zum Vizepräsidenten in dieser Funktion ist keine Wiederwahl in diesem Sinne.
(3) Die Amtszeit der Mitglieder des Verfassungsgerichtshofs beträgt höchstens 14 Jahre. Nach Ablauf ihrer Amtszeit führen die Mitglieder des Verfassungsgerichtshofs bis zur Ernennung des Nachfolgers die Amtsgeschäfte fort. Die Wahl des Nachfolgers soll bei Ablauf der Amtszeit und bei Erreichen der Altersgrenze frühestens drei Monate und spätestens einen Monat vor Ablauf der Amtszeit oder dem Erreichen der Altersgrenze des bisherigen Amtsinhabers erfolgen.
(4) Scheidet ein Mitglied des Verfassungsgerichtshofs vor Ablauf der Amtszeit aus, so wählt der Landtag ein neues Mitglied für eine volle Amtszeit. Absatz 1 gilt entsprechend. Die Nachwahl soll innerhalb eines Monats erfolgen.
(5) Die Wiederwahl eines stellvertretenden Mitglieds ist zulässig. Ein stellvertretendes Mitglied kann unabhängig von der Anzahl seiner Amtszeiten zum Mitglied des Verfassungsgerichtshofs gewählt werden.
§ 4 Voraussetzungen der Wählbarkeit
(1) Mitglied des Verfassungsgerichtshofs kann nur sein, wer das 35., aber noch nicht das 68. Lebensjahr vollendet hat und zum Thüringer Landtag wählbar ist.
(2) Die Mitglieder des Verfassungsgerichtshofs dürfen weder dem Landtag oder der Landesregierung noch entsprechenden Organen des Bundes oder eines anderen Landes angehören. Sie dürfen, außer als Richter oder Hochschullehrer, beruflich weder im Dienst des Landes noch einer Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts unter Aufsicht des Landes stehen.
§ 5 Ernennung und Amtseid
(1) Die Mitglieder des Verfassungsgerichtshofs erhalten eine vom Präsidenten des Landtags unterzeichnete Urkunde über Art und Dauer ihres Amts. Sie leisten, bevor sie ihr Amt antreten, vor dem Landtag den folgenden Eid:
"Ich schwöre, daß ich das mir übertragene Amt nach bestem Wissen und Können verwalten, Verfassung und Gesetze befolgen und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde!"
(2) Der Eid kann mit einer religiösen Beteuerungsformel geleistet werden.
§ 6 Verlust des Amtes
(1) Die Mitglieder des Verfassungsgerichtshofs scheiden aus ihrem Amt aus, wenn sie die Voraussetzungen der Wählbarkeit (§ 4) verlieren oder ihre Amtszeit abgelaufen ist. Das Erreichen der im jeweiligen Hauptamt geltenden gesetzlichen Altersgrenze durch ein berufsrichterliches Mitglied führt nicht zum Ausscheiden aus dem Amt als Mitglied des Verfassungsgerichtshofs.
(2) Die Mitglieder des Verfassungsgerichtshofs können jederzeit ihre Entlassung beantragen. Die Entlassung hat der Präsident des Landtags unverzüglich auszusprechen.
(3) Der Verfassungsgerichtshof kann auf Antrag des Präsidenten des Landtags ein Mitglied aus seinem Amt abberufen, wenn es
1.
dauernd dienstunfähig ist,
2.
sich innerhalb oder außerhalb seiner richterlichen Tätigkeit einer so groben Pflichtverletzung schuldig gemacht hat, daß sein Verbleiben im Amt ausgeschlossen erscheint oder
3.
wissentlich als hauptamtlicher oder inoffizieller Mitarbeiter mit dem Ministerium für Staatssicherheit, dem Amt für Nationale Sicherheit oder Beauftragten dieser Einrichtungen zusammengearbeitet hat.
(4) Der Verfassungsgerichtshof entscheidet über die Abberufung aus dem Amt durch Beschluß. Der Beschluß bedarf der Zustimmung von sechs Mitgliedern des Verfassungsgerichtshofs. Im übrigen gelten die allgemeinen Verfahrensvorschriften.
(5) Nach Einleitung des Verfahrens gemäß Absatz 3 kann der Verfassungsgerichtshof das Mitglied vorläufig seines Amtes entheben. Das gleiche gilt, wenn gegen das Mitglied des Verfassungsgerichtshofs wegen einer Straftat das Hauptverfahren eröffnet worden ist. Absatz 4 Satz 3 gilt entsprechend.
(6) Die Mitglieder des Verfassungsgerichtshofs unterliegen in dieser Eigenschaft nicht den disziplinarrechtlichen Vorschriften für Richter.
§ 7 Vorsitz
Der Präsident führt den Vorsitz und die allgemeine Verwaltung des Verfassungsgerichtshofs. Im Falle seiner Verhinderung nimmt der Vizepräsident die Befugnisse des Präsidenten wahr. Im Übrigen gilt für die Vertretung § 8.
§ 8 Mitwirkung der Vertreter
(1) Ist ein ordentliches Mitglied des Verfassungsgerichtshofs verhindert, sein Amt auszuüben, so tritt der für dieses Mitglied gewählte Vertreter an seine Stelle. Ist auch dieser verhindert, so wird er durch ein anderes stellvertretendes Mitglied des Verfassungsgerichtshofs in der Reihenfolge des Lebensalters vertreten. Dabei sind für die Vertretung der aus dem Kreis der Berufsrichter gewählten Mitglieder zunächst die aus diesem Kreis gewählten Vertreter, für die Vertretung der sonstigen Mitglieder mit Befähigung zum Richteramt zunächst nichtberufsrichterliche Vertreter mit gleicher Befähigung, hilfsweise aus dem Kreis der Berufsrichter gewählte und für die Vertretung der weiteren Mitglieder zunächst Vertreter ohne Befähigung zum Richteramt, hilfsweise Vertreter mit dieser Befähigung heranzuziehen, die nicht aus dem Kreis der Berufsrichter gewählt sind. Als Verhinderung gilt auch das Ausscheiden eines ordentlichen Mitglieds aus dem Amt vor dem Ablauf der Amtszeit.
(2) Soweit nichts anderes bestimmt ist, entscheidet die einfache Mehrheit der an der Entscheidung mitwirkenden Mitglieder des Verfassungsgerichtshofs.
(3) Hat ein stellvertretendes Mitglied nach Absatz 1 an der ersten Beratung einer Sache mitgewirkt, vertritt es das ordentliche Mitglied in dieser Sache bis zum Abschluss des Verfahrens, auch wenn das ordentliche Mitglied nicht mehr verhindert ist.
§ 9 Entschädigung
(1) Die Mitglieder des Verfassungsgerichtshofs sind ehrenamtlich tätig. Sie erhalten für jeden Tag, an dem sie an einer Sitzung oder Beratung teilnehmen, eine Aufwandsentschädigung von einem Zwanzigstel des monatlichen Grundgehalts der Besoldungsgruppe B 9. Der Präsident oder sein Vertreter erhalten einen Zuschlag von zehn vom Hundert des sich nach Satz 2 ergebenden Betrags.
(2) Die Mitglieder des Verfassungsgerichtshofs erhalten Reisekostenvergütung entsprechend den für einen Beamten der Besoldungsgruppe B 9 geltenden Bestimmungen.
(3) Wird ein Mitglied des Verfassungsgerichtshofs durch einen Unfall verletzt, den es anlässlich der Wahrnehmung von Rechten oder der Erfüllung von Pflichten nach diesem Gesetz erleidet, so wird ihm Unfallfürsorge in entsprechender Anwendung des § 25 Abs. 2 Nr. 2 bis 4, des § 26, der §§ 28 bis 31 sowie der §§ 38 bis 40 des Thüringer Beamtenversorgungsgesetzes gewährt.
§ 10 Geschäftsstelle, Geschäftsordnung
(1) Der Verfassungsgerichtshof kann sich zur Erledigung seiner Geschäfte der Geschäftseinrichtungen des Thüringer Oberverwaltungsgerichts bedienen.
(2) Der Verfassungsgerichtshof gibt sich eine Geschäftsordnung. Sie ist im Gesetz- und Verordnungsblatt für den Freistaat Thüringen zu veröffentlichen.
§ 11 Zuständigkeit
Der Verfassungsgerichtshof entscheidet
1.
über Verfassungsbeschwerden, die von jedermann mit der Behauptung erhoben werden können, durch die öffentliche Gewalt in seinen Grundrechten, grundrechtsgleichen Rechten oder staatsbürgerlichen Rechten verletzt zu sein (Artikel 80 Abs. 1 Nr. 1 der Verfassung),
2.
über Verfassungsbeschwerden von Gemeinden und Gemeindeverbänden wegen der Verletzung des Rechts auf Selbstverwaltung nach Artikel 91 Abs. 1 und 2 der Verfassung (Artikel 80 Abs. 1 Nr. 2 der Verfassung),
3.
über die Auslegung der Verfassung aus Anlaß von Streitigkeiten über den Umfang der Rechte und Pflichten eines obersten Verfassungsorgans oder anderer Beteiligter, die durch die Verfassung oder in der Geschäftsordnung des Landtags oder der Landesregierung mit eigener Zuständigkeit ausgestattet sind, auf deren Antrag (Artikel 80 Abs. 1 Nr. 3 der Verfassung),
4.
bei Meinungsverschiedenheiten oder Zweifeln über die förmliche oder sachliche Vereinbarkeit von Landesrecht mit der Verfassung auf Antrag eines Fünftels der Mitglieder des Landtags, einer Landtagsfraktion oder der Landesregierung (Artikel 80 Abs. 1 Nr. 4 der Verfassung),
5.
über die Vereinbarkeit eines Landesgesetzes mit der Verfassung auf Antrag eines Gerichts, wenn es ein Landesgesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für unvereinbar mit der Verfassung hält (Artikel 80 Abs. 1 Nr. 5 der Verfassung),
6.
über die Zulässigkeit eines Volksbegehrens nach Artikel 82 Abs. 3 Satz 2 der Verfassung (Artikel 80 Abs. 1 Nr. 6 der Verfassung),
7.
über die Verfassungswidrigkeit eines Untersuchungsauftrages nach Artikel 64 Abs. 1 Satz 2 der Verfassung (Artikel 80 Abs. 1 Nr. 7 der Verfassung),
8.
über die Anfechtung der Prüfung der Gültigkeit der Landtagswahl nach Artikel 49 Abs. 3 der Verfassung (Artikel 80 Abs. 1 Nr. 8 der Verfassung),
9.
in den übrigen durch die Verfassung oder durch Gesetz ihm zugewiesenen Fällen (Artikel 80 Abs. 2 der Verfassung).
Zweiter Teil Verfahrensvorschriften
Erster Abschnitt Allgemeine Verfahrensvorschriften
§ 12 Verfahrensgrundsätze
Soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, regelt der Verfassungsgerichtshof sein Verfahren nach freiem Ermessen in Anlehnung an die allgemeinen Regeln deutschen Verfahrensrechts, insbesondere der Strafprozeßordnung, der Verwaltungsgerichtsordnung und der Zivilprozeßordnung. Hinsichtlich der Öffentlichkeit, der Sitzungspolizei, der Gerichtssprache, der Beratung und der Abstimmung sind die Vorschriften der Titel 14 bis 16 des Gerichtsverfassungsgesetzes entsprechend anzuwenden.
§ 13 Ausschluß vom Richteramt
(1) Ein Mitglied des Verfassungsgerichtshofs ist von der Ausübung seines Richteramts ausgeschlossen, wenn es
1.
an der Sache beteiligt oder mit einem Beteiligten verheiratet ist oder war, in gerader Linie verwandt oder verschwägert oder in der Seitenlinie bis zum dritten Grade verwandt oder bis zum zweiten Grade verschwägert ist oder
2.
in derselben Sache bereits von Amts oder Berufs wegen tätig gewesen ist.
(2) Beteiligt ist nicht, wer aufgrund seines Familienstandes, seines Berufes, seiner Abstammung, seiner Zugehörigkeit zu einer politischen Partei oder aus einem ähnlichen allgemeinen Gesichtspunkt am Ausgang des Verfahrens interessiert ist.
(3) Als Tätigkeit im Sinne des Absatzes 1 Nr. 2 gilt nicht die Äußerung einer wissenschaftlichen Meinung zu einer Rechtsfrage, die für das Verfahren bedeutsam sein kann.
§ 14 Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit
(1) Ein Mitglied des Verfassungsgerichtshofs kann von den Beteiligten wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden; die Ablehnung kann jedoch nicht allein auf die in § 13 Abs. 2 und 3 aufgeführten Tatbestände gestützt werden.
(2) Die Ablehnung ist zu begründen. Der Abgelehnte hat sich dazu zu äußern. Ein Beteiligter kann ein Mitglied des Verfassungsgerichtshofs wegen Besorgnis der Befangenheit nicht mehr ablehnen, wenn er sich, ohne den ihm bekannten Ablehnungsgrund geltend zu machen, in eine Verhandlung eingelassen hat.
(3) Über ein Ablehnungsgesuch entscheidet der Verfassungsgerichtshof ohne mündliche Verhandlung. Das abgelehnte Mitglied darf hierbei nur mitwirken, wenn
1.
die Ablehnung verspätet ist,
2.
ein Grund zur Ablehnung oder ein Mittel zur Glaubhaftmachung nicht angegeben wird oder
3.
durch die Ablehnung offensichtlich das Verfahren nur verschleppt oder nur verfahrensfremde Zwecke verfolgt werden sollen.
(4) Erklärt sich ein Richter, der nicht abgelehnt ist, selbst für befangen, so gilt Absatz 3 Satz 1 entsprechend.
§ 15 Rechts- und Amtshilfe, Akteneinsicht
(1) Alle Gerichte und Verwaltungsbehörden leisten dem Verfassungsgerichtshof Rechts- und Amtshilfe. Sie legen ihm Akten und Urkunden über ihre oberste Dienstbehörde vor.
(2) Die Beteiligten haben das Recht der Akteneinsicht.
§ 16 Beauftragte von Personengruppen
Wenn das Verfahren von einer Personengruppe oder gegen eine Personengruppe beantragt wird, kann der Verfassungsgerichtshof anordnen, daß sie ihre Rechte, insbesondere das Recht auf Anwesenheit im Termin, durch einen oder mehrere Beauftragte wahrnehmen läßt.
§ 17 Bevollmächtigte
(1) Die Beteiligten können sich in jeder Lage des Verfahrens durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaats der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz als Bevollmächtigten vertreten lassen.
(2) Der Landtag oder Teile von diesem, die durch die Verfassung oder in der Geschäftsordnung des Landtags mit eigener Zuständigkeit ausgestattet sind, können sich auch durch ihre Mitglieder vertreten lassen.
(3) Das Land, seine Verfassungsorgane sowie die der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts können sich außerdem durch ihre Beschäftigten vertreten lassen.
(4) Die Vollmacht ist schriftlich zu erteilen; sie muß sich ausdrücklich auf das Verfahren beziehen.
(5) Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind alle Mitteilungen des Gerichts an diesen zu richten.
§ 18 Einleitung des Verfahrens
(1) Anträge, die das Verfahren einleiten, sind schriftlich beim Verfassungsgerichtshof einzureichen. Sie sind zu begründen; die erforderlichen Beweismittel sind anzugeben.
(2) Der Präsident stellt den Antrag dem Antragsgegner und den übrigen Beteiligten unverzüglich mit der Aufforderung zu, sich binnen einer zu bestimmenden Frist zu äußern.
(3) Der Präsident kann jedem Beteiligten aufgeben, binnen einer zu bestimmenden Frist die erforderliche Zahl von Abschriften seiner Schriftsätze für das Gericht und die übrigen Beteiligten nachzureichen.
§ 19 Verwerfung von Anträgen
Der Verfassungsgerichtshof kann durch einstimmigen Beschluß, der ohne mündliche Verhandlung ergehen kann, unzulässige Anträge verwerfen und offensichtlich unbegründete Anträge zurückweisen. Der Beschluß bedarf keiner weiteren Begründung, wenn der Antragsteller vorher auf die Bedenken gegen die Zulässigkeit oder Begründetheit seines Antrags hingewiesen worden ist.
§ 20 Mündliche Verhandlung, Form der Entscheidung
(1) Der Verfassungsgerichtshof entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, aufgrund mündlicher Verhandlung, es sei denn, daß alle Beteiligten ausdrücklich auf sie verzichten.
(2) Die Entscheidung aufgrund mündlicher Verhandlung ergeht als Urteil, die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung als Beschluß.
(3) Teil- und Zwischenentscheidungen sind zulässig.
(4) Die Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofs ergehen im Namen des Volkes.
§ 21 Beweiserhebung
(1) Der Verfassungsgerichtshof erhebt den zur Erforschung der Wahrheit erforderlichen Beweis. Er kann damit außerhalb der mündlichen Verhandlung ein Mitglied des Gerichts beauftragen oder mit Begrenzung auf bestimmte Tatsachen und Personen ein anderes Gericht darum ersuchen.
(2) Aufgrund eines Beschlusses mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen des Gerichts kann die Beiziehung einzelner Urkunden unterbleiben, wenn ihre Verwendung mit der Sicherheit des Bundes oder eines Landes unvereinbar ist.
§ 22 Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen
(1) Für die Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(2) Soweit ein Zeuge oder Sachverständiger nur mit Genehmigung einer vorgesetzten Stelle vernommen werden darf, kann diese Genehmigung nur verweigert werden, wenn es das Wohl des Bundes oder eines Landes erfordert. Der Zeuge oder Sachverständige kann sich nicht auf seine Schweigepflicht berufen, wenn der Verfassungsgerichtshof mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen die Verweigerung der Aussagegenehmigung für unbegründet erklärt.
§ 23 Beweistermin
Die Beteiligten werden von allen Beweisterminen benachrichtigt und können der Beweisaufnahme beiwohnen. Sie können an Zeugen und Sachverständige Fragen richten. Wird eine Frage beanstandet, so entscheidet das Gericht.
§ 24 Entscheidung und Verkündung
(1) Der Verfassungsgerichtshof entscheidet in geheimer Beratung nach seiner freien, aus dem Inhalt der Verhandlung und dem Ergebnis der Beweisaufnahme geschöpften Überzeugung. Die Entscheidung ist schriftlich abzufassen, zu begründen und von den Richtern, die bei ihr mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Sie ist sodann, wenn eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, in einem in der Verhandlung bekanntgegebenen oder nach Abschluß der Beratung festgelegten Termin, der den Beteiligten unverzüglich mitzuteilen ist, unter Mitteilung der wesentlichen Entscheidungsgründe öffentlich zu verkünden. Zwischen dem Abschluß der mündlichen Verhandlung und der Verkündung der Entscheidung sollen nicht mehr als drei Monate liegen. Der Termin kann durch Beschluß des Verfassungsgerichtshofs verlegt werden. Für die Urteilsverkündung ist die Anwesenheit von drei Mitgliedern des Verfassungsgerichtshofs, die an der Entscheidung mitgewirkt haben, ausreichend.
(2) Jedes Mitglied des Verfassungsgerichtshofs kann seine in der Beratung vertretene abweichende Meinung zu der Entscheidung oder zu deren Begründung in einem Sondervotum niederlegen, das Sondervotum ist der Entscheidung anzuschließen. Das Stimmenverhältnis kann in der Entscheidung mitgeteilt werden.
(3) Alle Entscheidungen sind den Beteiligten bekanntzugeben.
§ 25 Wirkung der Entscheidung
(1) Die Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofs binden die Verfassungsorgane des Landes sowie alle Thüringer Gerichte und Behörden.
(2) Die Entscheidungsformel hat Gesetzeskraft, soweit der Verfassungsgerichtshof in den Fällen des § 11 Nr. 1, 2, 4 und 5 eine Rechtsvorschrift für mit der Verfassung unvereinbar oder nichtig erklärt. Insoweit ist die Entscheidungsformel durch den Präsidenten des Landtags im Gesetz- und Verordnungsblatt für den Freistaat Thüringen zu veröffentlichen.
§ 26 Einstweilige Anordnung
(1) Der Verfassungsgerichtshof kann im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist.
(2) Die einstweilige Anordnung kann ohne mündliche Verhandlung ergehen. Bei besonderer Dringlichkeit kann der Verfassungsgerichtshof davon absehen, den am Verfahren zur Hauptsache Beteiligten, zum Beitritt Berechtigten oder Äußerungsberechtigten Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
(3) Wird die einstweilige Anordnung durch Beschluß erlassen oder abgelehnt, so kann Widerspruch erhoben werden. Das gilt nicht für den Beschwerdeführer im Verfahren der Verfassungsbeschwerde. Über den Widerspruch entscheidet der Verfassungsgerichtshof nach mündlicher Verhandlung. Diese muß binnen zwei Monaten nach dem Eingang der Begründung des Widerspruchs stattfinden.
(4) Der Widerspruch gegen die einstweilige Anordnung hat keine aufschiebende Wirkung. Der Verfassungsgerichtshof kann die Vollziehung der einstweiligen Anordnung aussetzen.
(5) Der Verfassungsgerichtshof kann die Entscheidung über die einstweilige Anordnung oder über den Widerspruch ohne Begründung bekanntgeben. In diesem Fall ist die Begründung den Beteiligten gesondert zu übermitteln.
(6) Die einstweilige Anordnung tritt nach sechs Monaten außer Kraft. Sie kann mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen wiederholt werden.
(7) Ist der Verfassungsgerichtshof nicht beschlussfähig, so kann die einstweilige Anordnung bei besonderer Dringlichkeit durch den Präsidenten des Verfassungsgerichtshofs, durch ein Mitglied, das Berufsrichter ist oder die Befähigung zum Richteramt hat, und durch ein weiteres Mitglied des Verfassungsgerichtshofs einstimmig gefasst werden. Sie tritt nach einem Monat außer Kraft. Wird sie durch den Verfassungsgerichtshof bestätigt, so tritt sie sechs Monate nach ihrem Erlass außer Kraft. Absatz 6 Satz 2 gilt entsprechend.
§ 27 Aussetzung des Verfahrens
(1) Der Verfassungsgerichtshof kann sein Verfahren bis zur Erledigung eines bei einem anderen Gericht anhängigen Verfahrens aussetzen, wenn für seine Entscheidung die Feststellungen oder die Entscheidung dieses anderen Gerichts von Bedeutung sein können.
(2) Der Verfassungsgerichtshof kann seiner Entscheidung die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils zugrunde legen, das in einem Verfahren ergangen ist, in dem die Wahrheit von Amts wegen zu erforschen ist.
§ 28 Kosten
(1) Das Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist kostenfrei.
(2) Ist eine Verfassungsbeschwerde, eine Beschwerde nach § 48 oder die Beschwerde eines anderen Beteiligten nach § 52 unzulässig oder offensichtlich unbegründet, so kann der Verfassungsgerichtshof dem Beschwerdeführer eine Gerichtsgebühr bis zu 550 Euro auferlegen. Die Entscheidung über die Gerichtsgebühr und über ihre Höhe ist unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere des Gewichts der geltend gemachten Gründe, der Bedeutung des Verfahrens für den Beschwerdeführer und seiner Vermögens- und Einkommensverhältnisse, zu treffen. Der Verfassungsgerichtshof kann dem Antragsteller nach Maßgabe der Sätze 1 und 2 eine Gerichtsgebühr auferlegen, wenn er einen Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung zurückweist.
(3) Von der Auferlegung einer Gerichtsgebühr ist abzusehen, wenn sie unbillig wäre.
(4) Der Verfassungsgerichtshof kann eine erhöhte Gerichtsgebühr bis zu 2.600 Euro auferlegen, wenn die Einlegung der Verfassungsbeschwerde, der Beschwerde nach § 48 oder der Beschwerde des anderen Beteiligten nach § 52 einen Mißbrauch darstellt oder wenn ein Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung (§ 26) mißbräuchlich gestellt ist.
(5) Für die Einziehung der Gerichtsgebühren gelten § 117 der Landeshaushaltsordnung sowie § 30a Abs. 1 und 2 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz entsprechend.
(6) Der Präsident kann dem Beschwerdeführer aufgeben, binnen eines Monats einen Vorschuß auf die Gerichtsgebühr nach Absatz 2 Satz 1 zu zahlen. Der Präsident hebt die Anordnung auf oder ändert sie ab, wenn der Beschwerdeführer nachweist, daß er den Vorschuß nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann. Die Anordnungen des Präsidenten sind unanfechtbar.
(7) Hat der Beschwerdeführer den ihm aufgegebenen Vorschuß nicht oder nicht rechtzeitig gezahlt, kann der nach § 34 gebildete Ausschuß durch einstimmigen Beschluß die Beschwerde zurückweisen.
§ 29 Auslagenerstattung
(1) Erweist sich eine Verfassungsbeschwerde oder die Beschwerde eines anderen Beteiligten nach § 52 als begründet, so sind dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen ganz oder teilweise zu erstatten. In den übrigen Fällen kann der Verfassungsgerichtshof volle oder teilweise Erstattung der Auslagen anordnen.
(2) Der Verfassungsgerichtshof kann in Ausnahmefällen die volle oder teilweise Erstattung der Auslagen der Äußerungsberechtigten nach § 36 Abs. 3 und § 46 Abs. 2 anordnen.
§ 30 Vollstreckung
Die Vollstreckung der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs obliegt der Landesregierung, soweit nicht der Verfassungsgerichtshof in seiner Entscheidung etwas anderes bestimmt.
Zweiter Abschnitt Besondere Verfahrensvorschriften
Erstes Kapitel Verfahren in den Fällen des § 11 Nr. 1 und 2 (Verfassungsbeschwerden)
§ 31 Voraussetzungen der Verfassungsbeschwerde
(1) Jeder kann mit der Behauptung, durch die öffentliche Gewalt des Landes in einem seiner in der Verfassung enthaltenen Grundrechte, grundrechtsgleichen Rechte oder staatsbürgerlichen Rechte verletzt zu sein, die Verfassungsbeschwerde zum Verfassungsgerichtshof erheben.
(2) Gemeinden und Gemeindeverbände können die Verfassungsbeschwerde mit der Behauptung erheben, in ihrem Recht auf Selbstverwaltung nach Artikel 91 Abs. 1 und 2 der Verfassung verletzt zu sein.
(3) Ist gegen die behauptete Verletzung der Rechtsweg zulässig, so kann die Verfassungsbeschwerde erst nach Erschöpfung des Rechtswegs erhoben werden. Der Verfassungsgerichtshof kann jedoch über eine vor Erschöpfung des Rechtswegs eingelegte Verfassungsbeschwerde sofort entscheiden, wenn sie von allgemeiner Bedeutung ist oder wenn dem Beschwerdeführer ein schwerer und unabwendbarer Nachteil entstünde, falls er zunächst auf den Rechtsweg verwiesen würde.
§ 32 Begründung der Verfassungsbeschwerde
In der Begründung der Verfassungsbeschwerde sind das Recht, das verletzt sein soll, und die Handlung oder Unterlassung des Organs oder der Behörde, durch die der Beschwerdeführer sich verletzt fühlt, zu bezeichnen.
§ 33 Fristen
(1) Die Verfassungsbeschwerde ist binnen eines Monats zu erheben und zu begründen. Die Frist beginnt mit der Zustellung oder formlosen Mitteilung der in vollständiger Form abgefaßten Entscheidung, wenn diese nach den maßgebenden verfahrensrechtlichen Vorschriften von Amts wegen vorzunehmen ist. In anderen Fällen beginnt die Frist mit der Verkündung der Entscheidung oder, wenn diese nicht zu verkünden ist, mit ihrer sonstigen Bekanntgabe an den Beschwerdeführer; wird dabei dem Beschwerdeführer eine Abschrift der Entscheidung in vollständiger Form nicht erteilt, so wird die Frist des Satzes 1 dadurch unterbrochen, daß der Beschwerdeführer schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle die Erteilung einer in vollständiger Form abgefaßten Entscheidung beantragt. Die Unterbrechung dauert fort, bis die Entscheidung in vollständiger Form dem Beschwerdeführer von dem Gericht erteilt oder von Amts wegen oder von einem an dem Verfahren Beteiligten zugestellt wird.
(2) War ein Beschwerdeführer ohne Verschulden verhindert, diese Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen; ist dies geschehen, kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden. Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist ist der Antrag unzulässig. Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden eines Beschwerdeführers gleich.
(3) Richtet sich die Verfassungsbeschwerde gegen ein Gesetz oder gegen einen sonstigen Hoheitsakt; gegen den ein Rechtsweg nicht offensteht, so kann die Verfassungsbeschwerde nur binnen eines Jahres seit dem Inkrafttreten des Gesetzes oder dem Erlaß des Hoheitsaktes erhoben werden.
§ 34 Erledigung unzulässiger oder offensichtlich unbegründeter Verfassungsbeschwerden
(1) Verfassungsbeschwerden können durch einstimmigen Beschluß eines von dem Verfassungsgerichtshof für die Dauer eines Geschäftsjahres bestellten Ausschusses zurückgewiesen werden, wenn sie unzulässig oder offensichtlich unbegründet sind.
(2) Der Ausschuß besteht aus dem Präsidenten des Verfassungsgerichtshofs, einem Mitglied, das Berufsrichter sein oder die Befähigung zum Richteramt haben muß, und einem weiteren Mitglied des Verfassungsgerichtshofs. Die Bestellung mehrerer Ausschüsse ist zulässig; in diesem Fall bestimmt der Verfassungsgerichtshof vor Beginn des Geschäftsjahres deren Zahl, die ihnen neben dem Präsidenten angehörenden Mitglieder des Verfassungsgerichtshofs sowie die Verteilung der Verfassungsbeschwerden auf die Ausschüsse.
(3) Der Ausschuß kann ohne mündliche Verhandlung und ohne eine Anhörung nach § 36 Abs. 1 bis 4 entscheiden.
§ 35 Prozeßkostenhilfe
Dem Beschwerdeführer kann nach Maßgabe der Vorschriften der Zivilprozeßordnung Prozeßkostenhilfe bewilligt werden.
§ 36 Anhörung
(1) Der Verfassungsgerichtshof gibt dem Verfassungsorgan des Landes Thüringen, dessen Handlung oder Unterlassung in der Verfassungsbeschwerde beanstandet wird, Gelegenheit, sich binnen einer zu bestimmenden Frist zu äußern.
(2) Richtet sich die Verfassungsbeschwerde gegen die Handlung oder Unterlassung eines Ministers oder einer Behörde des Landes, so ist dem zuständigen Minister, bei Behörden sonstiger Rechtsträger auch den Rechtsträgern, Gelegenheit zur Äußerung zu geben.
(3) Richtet sich die Verfassungsbeschwerde gegen eine gerichtliche Entscheidung, so ist auch dem durch die Entscheidung Begünstigten Gelegenheit zur Äußerung zu geben.
(4) Richtet sich die Verfassungsbeschwerde unmittelbar oder mittelbar gegen ein Gesetz, so ist § 43 entsprechend anzuwenden.
(5) Die nach den Absätzen 1, 2 und 4 anzuhörenden Verfassungsorgane können dem Verfahren beitreten, die Landesregierung auch dann, wenn eine Handlung oder Unterlassung einer Behörde beanstandet wird.
§ 37 Entscheidung
(1) Der Verfassungsgerichtshof kann ohne mündliche Verhandlung entscheiden, wenn er sie zur Aufklärung des Sachverhalts oder zur Erörterung des Sach- und Streitstoffes nicht für erforderlich hält.
(2) Wird der Verfassungsbeschwerde stattgegeben, so ist in der Entscheidung festzustellen, welche Bestimmung der Verfassung und durch welche Handlung oder Unterlassung sie verletzt wurde. Der Verfassungsgerichtshof kann zugleich aussprechen, daß auch jede Wiederholung der beanstandeten Maßnahme die Verfassung verletzt.
(3) Wird der Verfassungsbeschwerde gegen eine Entscheidung stattgegeben, so hebt der Verfassungsgerichtshof die Entscheidung auf, in den Fällen des § 31 Abs. 3 Satz 1 verweist er die Sache an ein zuständiges Gericht zurück.
(4) Wird der Verfassungsbeschwerde gegen ein Gesetz stattgegeben, so erklärt der Verfassungsgerichtshof das Gesetz für nichtig oder mit der Verfassung unvereinbar. Das gleiche gilt, wenn der Verfassungsbeschwerde gemäß Absatz 3 stattgegeben wird, weil die aufgehobene Entscheidung auf einem verfassungswidrigen Gesetz beruht.
Zweites Kapitel Verfahren in den Fällen des § 11 Nr. 3 (Organstreitigkeiten)
§ 38 Antragsteller und Antragsgegner
Antragsteller und Antragsgegner können nur die in § 11 Nr. 3 genannten Beteiligten sein.
§ 39 Zulässigkeit des Antrags
(1) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Antragsteller geltend macht, daß er oder das Organ, dem er angehört, durch eine Maßnahme oder Unterlassung des Antragsgegners in seinen ihm durch die Verfassung übertragenen Rechten verletzt oder unmittelbar gefährdet ist.
(2) Im Antrag ist die Bestimmung der Verfassung zu bezeichnen, gegen die durch die beanstandete Maßnahme oder Unterlassung des Antragsgegners verstoßen wird.
(3) Der Antrag muß binnen sechs Monaten, nachdem die beanstandete Maßnahme oder Unterlassung dem Antragsteller bekanntgeworden ist, gestellt werden. Der Antrag gegen einen Beschluss des Landtags nach § 8 des Thüringer Gesetzes zur Überprüfung von Abgeordneten muss binnen zwei Monaten, nachdem der Beschluss dem Abgeordneten bekannt gegeben worden ist, gestellt werden.
§ 40 Beitritt zum Verfahren
(1) Dem Antragsteller und dem Antragsgegner können in jeder Lage des Verfahrens andere in § 11 Nr. 3 genannte Antragsberechtigte beitreten, wenn die Entscheidung auch für die Abgrenzung ihrer Zuständigkeit von Bedeutung ist.
(2) Der Verfassungsgerichtshof gibt von der Einleitung des Verfahrens dem Landtag und der Landesregierung Kenntnis.
§ 41 Entscheidung
Der Verfassungsgerichtshof stellt in seiner Entscheidung fest, ob die beanstandete Maßnahme oder Unterlassung des Antragsgegners gegen eine Bestimmung der Verfassung verstößt. Die Bestimmung ist zu bezeichnen. Der Verfassungsgerichtshof kann in der Entscheidungsformel zugleich eine für die Auslegung der Bestimmungen der Verfassung erhebliche Rechtsfrage entscheiden, von der die Feststellung gemäß Satz 1 abhängt.
Drittes Kapitel Verfahren in den Fällen des § 11 Nr. 4 (Abstrakte Normenkontrolle)
§ 42 Zulässigkeit des Antrags
Der Antrag der Landesregierung, einer Landtagsfraktion oder eines Fünftels der Mitglieder des Landtags ist. nur zulässig, wenn einer der Antragsberechtigten Landesrecht
1.
wegen seiner förmlichen oder sachlichen Unvereinbarkeit mit der Verfassung für nichtig, hält oder
2.
für gültig hält, nachdem ein Gericht, eine Verwaltungsbehörde oder ein Organ des Landes das Recht als unvereinbar mit der Verfassung nicht angewendet hat.
§ 43 Beteiligung des Landtags und der Landesregierung
Der Verfassungsgerichtshof hat dem Landtag und der Landesregierung, sofern sie den Antrag nicht selbst gestellt haben, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist zu geben.
§ 44 Entscheidung
Kommt der Verfassungsgerichtshof zu der Überzeugung, daß Landesrecht der Verfassung widerspricht, so erklärt er die Rechtsvorschrift für nichtig oder mit der Verfassung unvereinbar. Enthält das Gesetz oder die Verordnung weitere Bestimmungen, die aus denselben Gründen der Verfassung widersprechen, so kann die Entscheidung auf diese Bestimmungen erstreckt werden.
Viertes Kapitel Verfahren in den Fällen des § 11 Nr. 5 (Konkrete Normenkontrolle)
§ 45 Vorlage
(1) Hält ein Gericht ein Landesgesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, mit der Verfassung für unvereinbar, so hat es das Verfahren auszusetzen und die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs einzuholen.
(2) Das Gericht muß angeben, inwiefern von der Gültigkeit des Landesgesetzes seine Entscheidung abhängig ist und mit welcher Verfassungsnorm es unvereinbar sein soll. Die Akten sind beizufügen.
(3) Der Antrag des Gerichts ist unabhängig von einer Rüge der Nichtigkeit der Rechtsvorschrift durch einen Prozeßbeteiligten.
§ 46 Verfahren
(1) Der Verfassungsgerichtshof hat dem Landtag und der Landesregierung Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist zu geben. Sie können dem Verfahren jederzeit beitreten.
(2) Der Verfassungsgerichtshof gibt auch den Beteiligten des Verfahrens vor dem Gericht, das den Antrag gestellt hat, Gelegenheit zur Äußerung, er lädt sie zur mündlichen Verhandlung und erteilt den anwesenden Prozeßbevollmächtigten das Wort.
(3) Der Verfassungsgerichtshof kann oberste Landesgerichte um die Mitteilung ersuchen, wie und aufgrund welcher Erwägungen sie die Verfassung in der streitigen Frage bisher ausgelegt haben, ob und wie sie die in ihrer Gültigkeit streitigen Rechtsvorschriften in ihrer Rechtsprechung angewandt haben und welche damit zusammenhängenden Rechtsfragen zur Entscheidung anstehen. Er kann sie ferner ersuchen, ihre Erwägungen zu einer für die Entscheidung erheblichen Rechtsfrage darzulegen. Der Verfassungsgerichtshof gibt den Äußerungsberechtigten Kenntnis von der Stellungnahme.
§ 47 Entscheidung
(1) Der Verfassungsgerichtshof entscheidet nur über die Rechtsfrage.
(2) § 44 gilt entsprechend.
Fünftes Kapitel Verfahren in den Fällen des § 11 Nr. 8 (Wahlprüfung)
§ 48 Beschwerderecht
(1) Die Beschwerde gegen den Beschluß des Landtags über die Gültigkeit einer Wahl oder den Verlust der Mitgliedschaft im Landtag kann der Abgeordnete, dessen Mitgliedschaft bestritten ist, ein Wahlberechtigter, dessen Einspruch vom Landtag verworfen worden ist, wenn ihm mindestens einhundert Wahlberechtigte beitreten, eine Fraktion oder eine Minderheit des Landtags, die wenigstens ein Zehntel der gesetzlichen Mitgliederzahl umfaßt, binnen einer Frist von zwei Monaten seit der Beschlußfassung des Landtags beim Verfassungsgerichtshof erheben; die Beschwerde ist innerhalb dieser Frist zu begründen.
(2) Die Wahlberechtigten, die einem Wahlberechtigten als Beschwerdeführer beitreten, müssen diese Erklärung persönlich und handschriftlich unterzeichnen; neben der Unterschrift sind Familienname, Vorname, Tag der Geburt und Anschrift (Hauptwohnung) des Unterzeichners anzugeben.
(3) Der Verfassungsgerichtshof kann von einer mündlichen Verhandlung absehen, wenn von ihr keine weitere Förderung des Verfahrens zu erwarten ist.
Sechstes Kapitel Verfahren in den Fällen des § 11 Nr. 6 (Volksbegehren)
§ 49 Verfahrensvorschriften
Das Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof in den Fällen des § 11 Nr. 6 richtet sich nach den allgemeinen Verfahrensvorschriften dieses Gesetzes sowie dem gemäß Artikel 82 Abs. 8 der Verfassung erlassenen Gesetz.
Siebtes Kapitel Entscheidungen in Untersuchungsverfahren des Landtags
§ 50 Entscheidung über die Verfassungswidrigkeit eines Untersuchungsauftrags (§ 11 Nr. 7)
(1) Auf Antrag eines Fünftels der Mitglieder des Landtags entscheidet der Verfassungsgerichtshof über die verfassungsrechtliche Zulässigkeit einer Untersuchung, wenn
1.
der Landtag eine Untersuchung beschlossen hat, die die Antragsteller für unzulässig halten oder
2.
der Landtag einen Minderheitsantrag im Sinne des § 2 Abs. 2 des Untersuchungsausschußgesetzes als verfassungsrechtlich unzulässig abgelehnt hat.
(2) Der Antrag ist innerhalb von drei Monaten seit der Beschlußfassung des Landtags beim Verfassungsgerichtshof einzureichen und zu begründen.
(3) Beteiligte des Verfahrens sind die Antragsteller und der Landtag. Der Landesregierung ist Gelegenheit zur Stellungnahme binnen einer vom Verfassungsgerichtshof zu bestimmenden Frist zu geben.
§ 51 Verweigerung von Aktenvorlage und Aussagegenehmigung
(1) In dem Antrag eines Untersuchungsausschusses des Landtags, der sich gegen die Verweigerung der Aktenvorlage oder Aussagegenehmigung durch die Landesregierung richtet (§ 14 Abs. 4 des Untersuchungsausschußgesetzes), ist die Erforderlichkeit der Aktenvorlage oder Aussagegenehmigung für die Erfüllung des Untersuchungsauftrags zu begründen und darzulegen, aus welchen Gründender Untersuchungsausschuß die Voraussetzungen der Verweigerung nicht für gegeben hält.
(2) Beteiligte des Verfahrens sind der Untersuchungsausschuß, die Landesregierung, jeder Betroffene, soweit er in der Wahrnehmung seiner Rechte berührt ist, und in den Fällen des § 14 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 des Untersuchungsausschußgesetzes jede sonstige natürliche und juristische Person, die in ihren Grundrechten betroffen ist.
(3) Der Verfassungsgerichtshof stellt fest, ob die Verweigerung von Aktenvorlage und Aussagegenehmigung begründet ist.
(4) Vor Erlaß der Entscheidung sind die Beteiligten zu hören. Jeder Beteiligte kann verlangen, daß die mündliche Verhandlung, soweit nicht auf sie verzichtet wird (§ 20 Abs. 1), unter Ausschluß der Öffentlichkeit erfolgt.
(5) Der Antrag nach Absatz 1 kann bis zur Verkündung der Entscheidung oder, wenn die Entscheidung nicht zu verkünden ist, bis zu dem Zeitpunkt, in dem die Entscheidung zum Zwecke der Zustellung an die Beteiligten abgesandt wird, zurückgenommen werden.
§ 52 Gerichtliche Entscheidungen in Untersuchungsverfahren
(1) Gegen gerichtliche Entscheidungen in Untersuchungsverfahren im Sinne von § 30 Abs. 2 des Untersuchungsausschußgesetzes kann der Untersuchungsausschuß, nach Abschluß des Untersuchungsverfahrens der Präsident des Landtags, mit der Behauptung, die Entscheidung sei mit der Verfassung nicht vereinbar, Beschwerde zum Verfassungsgerichtshof erheben; das gleiche gilt für andere Beteiligte des gerichtlichen Verfahrens, die sich in ihren verfassungsmäßigen Rechten beeinträchtigt glauben. In der Begründung der Beschwerde ist die Bestimmung der Verfassung zu bezeichnen, aus der Bedenken gegen die gerichtliche Entscheidung hergeleitet werden.
(2) Die Beschwerde ist binnen einer Frist von vier Wochen nach der Verkündung der Entscheidung schriftlich beim Verfassungsgerichtshof einzureichen; ist die Entscheidung nicht zu verkünden, beginnt die Frist mit der Zustellung oder sonstigen Bekanntgabe der Entscheidung.
(3) Ist gegen die Entscheidung der Rechtsweg zulässig, so kann die Beschwerde erst nach Erschöpfung des Rechtsweges erhoben werden. Der Verfassungsgerichtshof kann jedoch über eine vor Erschöpfung des Rechtsweges eingereichte Beschwerde entscheiden, wenn sie von allgemeiner Bedeutung ist oder wenn dem Beschwerdeführer ein schwerer oder unabwendbarer Nachteil entstünde, falls er zunächst auf den Rechtsweg verwiesen würde.
(4) Wird der Beschwerde stattgegeben, so hebt der Verfassungsgerichtshof die angefochtene Entscheidung auf und verweist die Sache an das Gericht zurück. In der Beschwerdeentscheidung ist festzustellen, welche Bestimmung der Verfassung verletzt ist.
(5) Der Verfassungsgerichtshof entscheidet ohne mündliche Verhandlung, es sei denn, daß er sie zur Aufklärung des Sachverhalts oder zur Erörterung des Sach- und Streitstoffes für erforderlich hält oder der Beschwerdeführer sie ausdrücklich beantragt.
(6) Vor Erlaß der Entscheidung gibt der Verfassungsgerichtshof den Beteiligten des gerichtlichen Verfahrens Gelegenheit zur Äußerung. Er kann sie zur mündlichen Verhandlung laden.
(7) Die Beschwerde kann zurückgenommen werden; § 51 Abs. 5 gilt entsprechend.
Achtes Kapitel Verzögerungsbeschwerde
§ 52a Verzögerungsbeschwerde
(1) Die §§ 97a bis 97d des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes sind entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass über die Verzögerungsbeschwerde der Verfassungsgerichtshof entscheidet.
(2) Absatz 1 gilt auch für Verfahren, die vor dem Inkrafttreten des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Thüringer Verfassungsgerichtshofsgesetzes bereits anhängig waren, sowie für abgeschlossene Verfahren, deren Dauer am Tage des Inkrafttretens des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Thüringer Verfassungsgerichtshofsgesetzes Gegenstand einer Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ist oder noch werden kann.
(3) Für abgeschlossene Verfahren nach Absatz 2 gilt § 97b Abs. 1 Satz 2 bis 5 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes nicht. § 97b Abs. 2 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes gilt mit der Maßgabe, dass die Verzögerungsbeschwerde sofort erhoben werden kann und spätestens drei Monate nach dem Inkrafttreten des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Thüringer Verfassungsgerichtshofsgesetzes erhoben werden muss.
Dritter Teil Schlußvorschriften
§ 53 Änderung des Untersuchungsausschußgesetzes
(Änderungsanweisungen)
§ 54 Übergangsbestimmung
(1) Die Mitglieder des Verfassungsgerichtshofs, die bis zum Inkrafttreten des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Thüringer Verfassungsgerichtshofsgesetzes Mitglied des Verfassungsgerichtshofs waren, können auch dann einmalig wiedergewählt werden, wenn sie vor Inkrafttreten des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Thüringer Verfassungsgerichtshofsgesetzes bereits wiedergewählt wurden.
(2) Zur erstmaligen Umsetzung der Regelungen zur Funktion des Vizepräsidenten soll innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Inkrafttreten des Dritten Gesetzes zur Änderung des Thüringer Verfassungsgerichtshofsgesetzes durch den Landtag die Wahl des Vizepräsidenten in dieser Funktion unter den Mitgliedern des Verfassungsgerichtshofs vorgenommen werden, die die Voraussetzungen für die Besetzung einer Stelle als berufsrichterliches Mitglied erfüllen.
§ 55 Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.
Erfurt, den 28. Juni 1994 Der Präsident des Landtags Dr. Müller
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