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Kinder- und Jugendhilfegesetz des Landes Sachsen-Anhalt (KJHG-LSA) Vom 5. Mai 2000

Kinder- und Jugendhilfegesetz des Landes Sachsen-Anhalt (KJHG-LSA) Vom 5. Mai 2000
Zum 12.06.2023 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe
Stand: letzte berücksichtigte Änderung: §§ 31 geändert, § 33 aufgehoben durch Artikel 3 des Gesetzes vom 17. Januar 2023 (GVBl. LSA S. 2)

Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis

TitelGültig ab
Kinder- und Jugendhilfegesetz des Landes Sachsen-Anhalt (KJHG-LSA) vom 5. Mai 200012.05.2000
Erster Abschnitt - Örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe12.05.2000
§ 1 - Örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe12.05.2000
§ 2 - Jugendamt, Geltung des Kommunalverfassungsrechts01.07.2014
§ 3 - Jugendhilfeausschuss01.07.2014
§ 4 - Stimmberechtigte Mitglieder des Jugendhilfeausschusses01.07.2014
§ 5 - Beratende Mitglieder des Jugendhilfeausschusses01.08.2013
§ 6 - Tätigkeit01.07.2014
§ 7 - Unterausschüsse12.05.2000
Zweiter Abschnitt - Überörtlicher Träger der öffentlichen Jugendhilfe12.05.2000
§ 8 - Überörtlicher Träger der öffentlichen Jugendhilfe01.12.2005
§ 9 - Landesjugendhilfeausschuss12.05.2000
§ 10 - Stimmberechtigte Mitglieder des Landesjugendhilfeausschusses12.05.2000
§ 11 - Beratende Mitglieder des Landesjugendhilfeausschusses01.08.2013
§ 12 - Tätigkeit12.05.2000
§ 13 - Unterausschüsse12.05.2000
Dritter Abschnitt - Träger der freien Jugendhilfe12.05.2000
§ 14 - Anerkennung als Träger der freien Jugendhilfe12.05.2000
Vierter Abschnitt - Jugendhilfeplanung, Kinder- und Jugendbericht der Landesregierung12.05.2000
§ 15 - Gesamtverantwortung, Beteiligung an der Planung12.05.2000
§ 16 - Kinder- und Jugendbericht der Landesregierung12.05.2000
Fünfter Abschnitt - Hilfen zur Erziehung, Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche und Hilfen für junge Volljährige12.05.2000
§ 17 - Hilfen zur Erziehung, Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche und Hilfen für junge Volljährige12.05.2000
§ 18 - Hilfeplan12.05.2000
§ 19 - Hilfe in einer Einrichtung über Tag und Nacht12.05.2000
§ 20 - Vollzeitpflege, Hilfe bei einer geeigneten Pflegeperson12.05.2000
§ 21 - Barbeträge zur persönlichen Verfügung des Kindes oder Jugendlichen12.05.2000
Sechster Abschnitt - Schutz von Kindern und Jugendlichen in Familienpflege und in Einrichtungen12.05.2000
§ 22 - Erteilung der Pflegeerlaubnis12.05.2000
§ 23 - Versagungsgründe12.05.2000
§ 24 - Rücknahme der Pflegeerlaubnis12.05.2000
§ 25 - Aufsicht12.05.2000
§ 26 - Anzeigepflicht12.05.2000
§ 27 - Erlaubnis und Untersagung des Betriebs einer Einrichtung12.05.2000
§ 28 - Sicherstellung des Schulunterrichts bei Gewährung von Hilfe zur Erziehung in einer Einrichtung12.05.2000
Siebenter Abschnitt - Amtspflegschaft, Amtsvormundschaft und Beistandschaft12.05.2000
§ 29 - Führung der Amtspflegschaft, Amtsvormundschaft und Beistandschaft21.04.2010
§ 30 - Vormundschafts- und Beistandschaftsvereine12.05.2000
Achter Abschnitt - Förderung durch das Land01.01.2015
§ 31 - Förderung von örtlichen Maßnahmen01.01.2023
§ 32 - Evaluation01.01.2015
§ 33 - (aufgehoben)01.01.2023
Neunter Abschnitt - Schlussvorschriften01.01.2015
§ 34 - In-Kraft-Treten, Außer-Kraft-Treten01.01.2015

Erster Abschnitt Örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe

§ 1 Örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe

(1) Die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe sind die Landkreise und kreisfreien Städte.
(2) Die oberste Landesjugendbehörde kann auch eine kreisangehörige Gemeinde auf ihren Antrag zu einem örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe bestimmen, wenn der Kreis seine Aufgaben als örtlicher Träger der öffentlichen Jugendhilfe für die verbleibenden kreisangehörigen Gemeinden noch wirtschaftlich und zweckmäßig zu erfüllen in der Lage ist. Der betroffene Landkreis und die beantragende Gemeinde sind dazu zu hören.
(3) Die Aufgaben der örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe werden als Pflichtaufgabe des eigenen Wirkungskreises durch das Jugendamt wahrgenommen.

§ 2 Jugendamt, Geltung des Kommunalverfassungsrechts

(1) Durch jeden örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe ist ein Jugendamt zu errichten, das aus dem Jugendhilfeausschuss und der Verwaltung des Jugendamtes besteht. Das Jugendamt ist mit den Personal- und Sachmitteln auszustatten, die für die Erfüllung seiner Aufgaben nach dem Achten Buch des Sozialgesetzbuches - Kinder- und Jugendhilfe - (SGB VIII) und diesem Gesetz erforderlich sind.
(2) Die Vertretung des örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe erlässt für das Jugendamt eine Satzung. Die Satzung regelt insbesondere
1.
den Umfang des Beschlussrechts des Jugendhilfeausschusses,
2.
die Zahl der nach § 71 Abs. 1 SGB VIII und nach § 4 stimmberechtigten Mitglieder des Jugendhilfeausschusses,
3.
die Anhörung des Jugendhilfeausschusses vor der Beschlussfassung der Vertretung in Fragen der Jugendhilfe,
4.
den Umfang des Antragsrechts des Jugendhilfeausschusses an die Vertretung,
5.
die Beteiligung von Trägern der freien Jugendhilfe an Arbeitsgruppen zur Jugendhilfeplanung.
(3) Die Leitung des Jugendamtes darf nur einer persönlich geeigneten und in der Jugendhilfe erfahrenen Fachkraft übertragen werden; der Jugendhilfeausschuss ist vorher anzuhören.
(4) Für das Jugendamt gilt, soweit das SGB VIII und dieses Gesetz nichts anderes bestimmen, das Kommunalverfassungsgesetz.

§ 3 Jugendhilfeausschuss

(1) Der Jugendhilfeausschuss befasst sich mit allen dem örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe obliegenden Aufgaben. Er befasst sich insbesondere mit der Erörterung aktueller Problemlagen junger Menschen und ihrer Familien sowie der Weiterentwicklung der Jugendhilfe, der Jugendhilfeplanung, der Förderung der freien Jugendhilfe und der Anerkennung freier Träger der Jugendhilfe.
(2) Der Jugendhilfeausschuss ist ein beschließender Ausschuss im Sinne des Kommunalverfassungsgesetzes. Ihm gehören stimmberechtigte und beratende Mitglieder gemäß den §§ 4 und 5 an.
(3) Die Mitglieder des Jugendhilfeausschusses üben ihre Tätigkeit nach ihrer freien, nur durch die Rücksicht auf das Wohl der Allgemeinheit geleiteten Überzeugung aus. Sie arbeiten ehrenamtlich und sind an Aufträge oder Weisungen nicht gebunden.

§ 4 Stimmberechtigte Mitglieder des Jugendhilfeausschusses

(1) Die Vertretung wählt zu Beginn jeder Wahlperiode für deren Dauer die stimmberechtigten Mitglieder des Jugendhilfeausschusses und deren Stellvertreterinnen und Stellvertreter. Der Ausschuss soll mindestens zehn und höchstens 15 stimmberechtigte Mitglieder haben. Dabei ist eine angemessene Zahl ehrenamtlich tätiger Frauen und Männer zu berücksichtigen.
(2) Gemäß § 71 Abs. 1 Nr. 1 SGB VIII kann die Vertretung in der Jugendhilfe erfahrene Frauen und Männer, die nicht Mitglied der Vertretung sind, oder Mitglieder der Vertretung entsprechend ihren Sitzanteilen in den Jugendhilfeausschuss wählen. Für die in Satz 1 Genannten stehen insgesamt drei Fünftel der Sitze des Jugendhilfeausschusses zur Verfügung.
(3) Zwei Fünftel der stimmberechtigten Mitglieder des Jugendhilfeausschusses werden auf Vorschlag der im Bereich des örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe wirkenden und anerkannten Träger der Jugendhilfe gewählt. Ein Drittel dieser Sitze soll an Träger der freien Jugendhilfe, die im Bereich der Jugendarbeit tätig sind, vergeben werden. Die Träger der freien Jugendhilfe sollen mehr Personen vorschlagen, als nach der Anzahl der Sitze an Mitgliedern auf sie entfallen.
(4) Dem Jugendhilfeausschuss kann stimmberechtigt angehören, wer zum Zeitpunkt der Wahl als Mitglied das 16. Lebensjahr vollendet und seinen Wohnsitz, Dienstort oder Arbeitsort im Zuständigkeitsbereich des örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe hat.
(5) Für jedes stimmberechtigte Mitglied ist ein stellvertretendes Mitglied zu wählen, welches im Falle der Abwesenheit des Mitgliedes dessen Stimmrecht wahrnimmt. Scheidet ein Mitglied oder ein stellvertretendes Mitglied vor Ablauf der Wahlzeit aus, so ist eine Ersatzperson für den Rest der Amtsperiode auf Vorschlag derjenigen Stelle, die das ausgeschiedene Mitglied oder stellvertretende Mitglied vorgeschlagen hat, zu wählen.
(6) Die stimmberechtigten Mitglieder des Ausschusses wählen aus ihrer Mitte die Vorsitzende oder den Vorsitzenden des Jugendhilfeausschusses und eine Stellvertreterin oder einen Stellvertreter.

§ 5 Beratende Mitglieder des Jugendhilfeausschusses

(1) Beratende Mitglieder sind:
1.
die Leitung der Verwaltung der Gebietskörperschaft oder eine von ihr benannte Vertreterin oder ein von ihr benannter Vertreter,
2.
die Leitung der Verwaltung des Jugendamtes oder eine von ihr benannte Vertreterin oder ein von ihr benannter Vertreter,
3.
je eine oder ein, insgesamt jedoch nicht mehr als vier, Vertreterin oder Vertreter der evangelischen und katholischen Kirchen, der jüdischen Gemeinschaft und anderer religiöser oder weltanschaulicher Gemeinschaften oder Gruppierungen, sofern sie von ihrer zuständigen Stelle benannt werden,
4.
die kommunale Gleichstellungsbeauftragte oder eine von der Leitung der Verwaltung des Jugendamtes zu benennende in der Mädchenarbeit erfahrene Frau auf Vorschlag der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten,
5.
eine in der Arbeit mit behinderten Kindern und Jugendlichen erfahrene Person auf Vorschlag der Leitung der Gebietskörperschaft,
6.
eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessen ausländischer Kinder und Jugendlicher auf Vorschlag der Leitung der Gebietskörperschaft,
7.
eine Vertreterin oder ein Vertreter des Kreiselternrates, bei kreisfreien Städten des Gemeindeelternrates.
Eine paritätische Besetzung mit Frauen und Männern ist anzustreben.
(2) Die Satzung des Jugendamtes kann bestimmen, dass dem Jugendhilfeausschuss weitere beratende Mitglieder, insbesondere
1.
die bzw. der kommunale Kinderbeauftragte,
2.
eine Vertreterin oder ein Vertreter der Schulen auf Vorschlag der zuständigen örtlichen Behörde,
3.
eine Vertreterin oder ein Vertreter der Arbeitsverwaltung auf Vorschlag der zuständigen örtlichen Behörde,
4.
eine Vertreterin oder ein Vertreter des Jugendsports auf Vorschlag des zuständigen Kreissportbundes,
5.
eine bzw. ein Vormundschafts-, Jugend- oder Familienrichterin bzw. -richter auf Vorschlag der zuständigen örtlichen Behörde sowie
6.
eine Vertreterin oder ein Vertreter der Polizei auf Vorschlag der zuständigen örtlichen Behörde,
angehören.
(3) Beratende Mitglieder haben Antrags- und Rederecht.
(4) Für jedes beratende Mitglied des Jugendhilfeausschusses ist durch die nach den Absätzen 1 und 2 zuständige Stelle eine Stellvertreterin oder ein Stellvertreter zu benennen.
(5) Bei Bedarf sind zu bestimmten inhaltlichen Problemen Sachverständige und Vertreterinnen oder Vertreter von Jugendverbänden einzuladen.

§ 6 Tätigkeit

(1) Der Jugendhilfeausschuss tritt mindestens sechsmal im Kalenderjahr zu einer Beratung zusammen. Auf Antrag von einem Fünftel der stimmberechtigten Mitglieder muss eine außerordentliche Sitzung des Jugendhilfeausschusses einberufen werden.
(2) Die Amtsperiode des Jugendhilfeausschusses entspricht der Amtszeit der Vertretung. Nach Ablauf der Amtsperiode führt der Jugendhilfeausschuss seine Tätigkeit bis zur ersten Sitzung des neu gebildeten Jugendhilfeausschusses fort. Das Gleiche gilt bei Auflösung der Vertretung.
(3) Der Jugendhilfeausschuss ist beschlussfähig, wenn mehr als die Hälfte seiner stimmberechtigten Mitglieder anwesend ist. Er entscheidet mit der Mehrheit der anwesenden stimmberechtigten Mitglieder.
(4) Die Sitzungen des Jugendhilfeausschusses sind öffentlich, soweit nicht das Wohl der Allgemeinheit, berechtigte Interessen einzelner Personen oder schutzbedürftiger Gruppen entgegenstehen. Über den Ausschluss der Öffentlichkeit wird in nicht öffentlicher Sitzung entschieden.
(5) Der Jugendhilfeausschuss kann durch Beschluss anwesenden Personen Rederecht erteilen.
(6) Der Jugendhilfeausschuss soll vor jeder Beschlussfassung der Vertretung in Fragen der Jugendhilfe gehört werden. Er ist zur Vorbereitung des Haushaltes und vor der Berufung der Leiterin oder des Leiters des Jugendamtes zu hören.
(7) Der Jugendhilfeausschuss kann alle Dienststellen der öffentlichen Verwaltung ersuchen, ihm die zur Erfüllung seiner Aufgaben notwendigen Auskünfte zu erteilen und Bericht zu erstatten.
(8) Die Leitung der Verwaltung des Jugendamtes berichtet dem Jugendhilfeausschuss regelmäßig über die Tätigkeit der Verwaltung des Jugendamtes sowie über die aktuelle Lage der Jugend im Zuständigkeitsbereich des örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe. Unbeschadet der Berichtspflicht kann der Ausschuss die entsprechenden Auskünfte von der Leitung der Verwaltung des Jugendamtes jederzeit verlangen.

§ 7 Unterausschüsse

(1) Der Jugendhilfeausschuss bildet einen ständigen Unterausschuss für die Jugendhilfeplanung (§ 71 Abs. 2 Nr. 2 SGB VIII), der die Beschlussfassung für den Jugendhilfeausschuss vorbereitet. An der Arbeit des Unterausschusses sind die Träger der freien Jugendhilfe ständig zu beteiligen; das Nähere wird durch Satzung bestimmt.
(2) Der Unterausschuss für die Jugendhilfeplanung legt mindestens jeweils im ersten und letzten Drittel der Amtszeit dem Jugendhilfeausschuss einen Bericht über den aktuellen Stand der Jugendhilfeplanung vor.
(3) In der Satzung kann bestimmt werden, dass bei Bedarf für einzelne Aufgaben der Jugendhilfe weitere Unterausschüsse gebildet werden.

Zweiter Abschnitt Überörtlicher Träger der öffentlichen Jugendhilfe

§ 8 Überörtlicher Träger der öffentlichen Jugendhilfe

(1) Überörtlicher Träger der öffentlichen Jugendhilfe ist das Land. Oberste Landesjugendbehörde im Sinne des SGB VIII und dieses Gesetzes ist das für die Fragen der Kinder- und Jugendhilfe zuständige Ministerium.
(2) Die oberste Landesjugendbehörde errichtet ein Landesjugendamt und übt die Dienst- und Fachaufsicht über das Landesjugendamt aus.
(3) Die Aufgaben des Landesjugendamtes werden durch den Landesjugendhilfeausschuss und die Verwaltung des Landesjugendamtes wahrgenommen.
(4) Die oberste Landesjugendbehörde erlässt eine Satzung über das Landesjugendamt. Die Satzung regelt insbesondere
1.
den Umfang des Beschlussrechtes des Landesjugendhilfeausschusses,
2.
die Beteiligung von Trägern der freien Jugendhilfe an Arbeitsgruppen zur Jugendhilfeplanung.

§ 9 Landesjugendhilfeausschuss

(1) Der Landesjugendhilfeausschuss befasst sich gemäß § 71 Abs. 4 SGB VIII mit allen dem überörtlichen Träger der Jugendhilfe obliegenden Aufgaben. Er gibt Empfehlungen und Beratung für die Tätigkeit der Jugendämter, insbesondere für die Zusammenarbeit mit den Trägern der freien Jugendhilfe sowie für die Förderung und öffentliche Anerkennung dieser Träger.
(2) Über die Verwendung der vom Land bereitgestellten Mittel beschließt der Landesjugendhilfeausschuss im Rahmen der Satzung.
(3) Die Mitglieder des Landesjugendhilfeausschusses arbeiten ehrenamtlich. Sie sind an Weisungen und Aufträge der vorschlagsberechtigten oder entsendenden Stellen im Rahmen ihrer Tätigkeit im Landesjugendhilfeausschuss nicht gebunden und üben insoweit ihre Tätigkeit nach ihrer freien, nur durch die Rücksicht auf das Wohl der Allgemeinheit geleiteten Überzeugung aus. Die Mitglieder erhalten Ersatz ihrer Auslagen und Entschädigung ihres Aufwandes nach Maßgabe der Satzung des Landesjugendamtes.

§ 10 Stimmberechtigte Mitglieder des Landesjugendhilfeausschusses

(1) Dem Landesjugendhilfeausschuss gehören 20 stimmberechtigte Mitglieder einschließlich der oder des Vorsitzenden an.
(2) Stimmberechtigte Mitglieder des Landesjugendhilfeausschusses sind:
1.
acht Personen, die von den im Bereich des überörtlichen Trägers wirkenden und anerkannten Trägern der freien Jugendhilfe vorzuschlagen sind, davon vier von Trägern der freien Jugendhilfe aus dem Bereich der Jugendarbeit,
2.
je eine Vertreterin oder ein Vertreter sowohl der evangelischen als auch der katholischen Kirche, die von den zuständigen kirchlichen Behörden vorzuschlagen sind, sowie eine von der Vereinigung der jüdischen Gemeinden in Sachsen-Anhalt vorzuschlagende Person,
3.
zwei Vertreterinnen oder Vertreter, die von den kommunalen Spitzenverbänden vorzuschlagen sind,
4.
eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessen von Kindern auf Vorschlag der oder des Kinderbeauftragten,
5.
eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessen ausländischer Kinder und Jugendlicher auf Vorschlag der oder des Ausländerbeauftragten,
6.
eine Vertreterin der Interessen von Frauen und Mädchen auf Vorschlag des für Gleichstellungsfragen zuständigen Ministeriums,
7.
eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessen von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen auf Vorschlag der oder des Behindertenbeauftragten,
8.
eine Vertreterin oder ein Vertreter aus dem Bereich der schulischen Bildung oder der beruflichen Bildung auf Vorschlag des für Bildung zuständigen Ministeriums,
9.
zwei Vertreterinnen oder Vertreter auf Vorschlag der im Kinder- und Jugendring des Landes Sachsen-Anhalt zusammengeschlossenen Jugendverbände.
Eine paritätische Besetzung durch Frauen und Männer ist anzustreben.
(3) Die stimmberechtigten Mitglieder nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 werden von der obersten Landesjugendbehörde berufen. Die übrigen stimmberechtigten Mitglieder werden vom Landtag gewählt. Die Amtsperiode aller Mitglieder entspricht der Wahlperiode des Landtages. § 4 Abs. 5 und 6 gilt entsprechend.
(4) Soweit die nach Absatz 2 vorschlagsberechtigten Stellen von ihrem Vorschlagsrecht keinen Gebrauch machen, schlägt die oberste Landesjugendbehörde eine ihr bekannte, in der Jugendhilfe erfahrene Person vor.
(5) Dem Landesjugendhilfeausschuss kann als stimmberechtigtes Mitglied angehören, wer zum Zeitpunkt der Wahl oder Berufung das 16. Lebensjahr vollendet und seinen Wohnsitz, Dienstort oder Arbeitsort im Zuständigkeitsbereich des überörtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe hat.
(6) Zum stimmberechtigten Mitglied des Landesjugendhilfeausschusses kann nicht berufen oder gewählt werden, wer als Mitglied des Landtages von Sachsen-Anhalt oder in der unmittelbaren Landesverwaltung als Beamtin oder Beamter oder Angestellte oder Angestellter tätig ist.

§ 11 Beratende Mitglieder des Landesjugendhilfeausschusses

(1) Als beratende Mitglieder mit Antrags- und Rederecht gehören dem Landesjugendhilfeausschuss insbesondere an:
1.
die Leiterin oder der Leiter der Verwaltung des Landesjugendamtes oder eine von ihr oder ihm benannte Vertreterin oder ein von ihr oder ihm benannter Vertreter,
2.
eine Ärztin oder ein Arzt, die oder der in der Jugendgesundheitspflege erfahren ist und vom für Gesundheitswesen zuständigen Ministerium benannt wird,
3.
eine Hochschullehrerin oder ein Hochschullehrer, die oder der im Bereich der Jugendhilfe forschend tätig ist und vom für Wissenschaft zuständigen Ministerium benannt wird,
4.
je ein Mitglied der im Landtag vertretenen Fraktionen,
5.
eine Richterin oder ein Richter, die oder der mit dem Jugendstrafrecht vertraut ist und vom für Justiz zuständigen Ministerium benannt wird,
6.
eine Vertreterin oder ein Vertreter der Arbeitsverwaltung auf Vorschlag des Landesarbeitsamtes,
7.
eine Vertreterin oder ein Vertreter der Polizei, die oder der vom für diese Aufgabe zuständigen Ministerium benannt wird,
8.
eine Vertreterin oder ein Vertreter der Landeselternvertretung.
Die Satzung kann bestimmen, dass dem Landesjugendhilfeausschuss weitere beratende Mitglieder angehören.
(2) Für jedes beratende Mitglied ist durch die in Absatz 1 genannten Stellen eine Stellvertreterin oder ein Stellvertreter zu benennen.
(3) Der Landesjugendhilfeausschuss ist berechtigt, Sachverständige und Vertreterinnen oder Vertreter von Jugendverbänden anzuhören.

§ 12 Tätigkeit

(1) Die oberste Landesjugendbehörde ist verpflichtet, dem Landesjugendhilfeausschuss auf Verlangen die zur Erfüllung seiner Aufgaben notwendigen Auskünfte zu erteilen.
(2) Der Landesjugendhilfeausschuss soll von der obersten Landesjugendbehörde zu grundsätzlichen Angelegenheiten der Kinder- und Jugendhilfe gehört werden. Vor der Berufung der Leiterin oder des Leiters des Landesjugendamtes ist er zu hören.
(3) Zur Vorbereitung des Haushaltsplanentwurfes teilt der Landesjugendhilfeausschuss der obersten Landesjugendbehörde jährlich den Bedarf der im kommenden Jahr für die Jugendhilfe bereitzustellenden Haushaltsmittel mit.
(4) Der Landesjugendhilfeausschuss kann von der Leiterin oder dem Leiter des Landesjugendamtes die für die Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen Auskünfte verlangen und durch ein von ihm beauftragtes Mitglied Einsicht in die Unterlagen nehmen.
(5) Der Landesjugendhilfeausschuss ist beschlussfähig, wenn mehr als die Hälfte seiner stimmberechtigten Mitglieder anwesend ist. Er entscheidet mit der Mehrheit der anwesenden stimmberechtigten Mitglieder.
(6) Die Sitzungen des Landesjugendhilfeausschusses sind öffentlich, soweit nicht das Wohl der Allgemeinheit, berechtigte Interessen einzelner Personen oder schutzbedürftiger Gruppen entgegenstehen. Über den Ausschluss der Öffentlichkeit wird in nicht öffentlicher Sitzung entschieden.
(7) Der Landesjugendhilfeausschuss kann durch Beschluss anwesenden Personen Rederecht erteilen.
(8) Die Amtsperiode des Landesjugendhilfeausschusses entspricht der Wahlperiode des Landtages. Nach Ablauf der Amtsperiode führt der Landesjugendhilfeausschuss seine Tätigkeit bis zur ersten Sitzung des neu gebildeten Landesjugendhilfeausschusses fort.

§ 13 Unterausschüsse

(1) Der Landesjugendhilfeausschuss wählt aus seinen Mitgliedern einen ständigen Unterausschuss für die Jugendhilfeplanung.
(2) Der Unterausschuss für die Jugendhilfeplanung hat regelmäßig dem Landesjugendhilfeausschuss einen Bericht über den aktuellen Stand der Jugendhilfeplanung vorzulegen.
(3) Bei Bedarf können weitere Unterausschüsse gebildet werden. Das Nähere regelt die Satzung.

Dritter Abschnitt Träger der freien Jugendhilfe

§ 14 Anerkennung als Träger der freien Jugendhilfe

(1) Zuständig für die öffentliche Anerkennung als Träger der freien Jugendhilfe gemäß § 75 SGB VIII sind:
1.
das Jugendamt, wenn der Träger der freien Jugendhilfe seinen Sitz im Bezirk des Jugendamtes hat und vorwiegend dort tätig ist,
2.
das Landesjugendamt, wenn der Träger der freien Jugendhilfe seinen Sitz im Land Sachsen-Anhalt hat und vorwiegend dort in mehreren Jugendamtsbezirken tätig ist,
3.
die oberste Landesjugendbehörde in allen übrigen Fällen.
(2) Die auf Landesebene zusammengeschlossenen Verbände der freien Wohlfahrtspflege sowie die Bezirks- und Ortsstellen dieser Verbände und die ihnen zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieses Gesetzes angehörenden Mitgliedsverbände und -einrichtungen gelten als anerkannt.
(3) Die Anerkennung eines Trägers erstreckt sich auf die ihm angehörenden rechtlich unselbständigen Mitgliedergruppen und die ihm zum Zeitpunkt der Anerkennung angeschlossenen rechtlich selbständigen Vereinigungen, soweit dies nicht ausdrücklich ausgeschlossen worden ist. Schließt sich eine rechtlich selbständige Vereinigung einem Träger der freien Jugendhilfe an, nachdem dieser anerkannt ist, so erstreckt sich die Anerkennung auch auf sie, wenn der Träger den Anschluss der für die Anerkennung zuständigen Behörde angezeigt hat und diese die Anerkennung nicht innerhalb von drei Monaten versagt.
(4) Die öffentliche Anerkennung kann widerrufen oder zurückgenommen werden, wenn die Voraussetzungen für die Anerkennung nicht vorgelegen haben oder nicht mehr vorliegen.

Vierter Abschnitt Jugendhilfeplanung, Kinder- und Jugendbericht der Landesregierung

§ 15 Gesamtverantwortung, Beteiligung an der Planung

(1) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben für die Erfüllung der Aufgaben nach dem SGB VIII und diesem Gesetz die Gesamtverantwortung einschließlich der Planungsverantwortung.
(2) An der Jugendhilfeplanung sind die Träger der freien Jugendhilfe von Anfang an zu beteiligen. Spätestens anlässlich der Beratung im Jugendhilfeausschuss oder im Landesjugendhilfeausschuss sind die Zusammenschlüsse der Träger der freien Jugendhilfe, auch wenn sie nicht im Ausschuss vertreten sind, über Inhalte, Ziele und Verfahren der Planung umfassend zu unterrichten.
(3) Zusammenschlüsse der Träger der freien Jugendhilfe haben das Recht auf Beteiligung an Arbeitsgruppen, die die Träger der öffentlichen Jugendhilfe für Aufgaben der Jugendhilfeplanung einsetzen können.

§ 16 Kinder- und Jugendbericht der Landesregierung

(1) Die Landesregierung legt dem Landtag in der Mitte einer jeden Wahlperiode einen Bericht über die Lage junger Menschen und die Bestrebungen und Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe vor. Neben der Bestandsaufnahme und Analyse soll der Bericht Vorschläge zur Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe enthalten und einen Überblick über die kinder- und jugendpolitischen Zielvorstellungen der Landesregierung geben. Der Bericht soll einen Überblick über die Gesamtsituation der Kinder- und Jugendhilfe vermitteln.
(2) Die Landesregierung soll zur Erarbeitung des Berichtes Expertisen und Gutachten heranziehen.
(3) Spätestens drei Monate vor der Vorlage des Berichtes im Landtag ist der Bericht dem Landesjugendhilfeausschuss zur Stellungnahme vorzulegen.
(4) Der Kinder- und Jugendbericht soll als eine Grundlage für die Erstellung der Jugendhilfeplanung des Landes dienen.

Fünfter Abschnitt Hilfen zur Erziehung, Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche und Hilfen für junge Volljährige

§ 17 Hilfen zur Erziehung, Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche und Hilfen für junge Volljährige

Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe müssen in Zusammenarbeit mit den Trägern der freien Jugendhilfe Hilfen zur Erziehung nach den §§ 27 bis 35 a sowie § 41 SGB VIII vorhalten. Die verschiedenen Hilfeformen können miteinander verbunden werden.

§ 18 Hilfeplan

(1) Der Hilfeplan nach § 36 Abs. 2 SGB VIII soll Aussagen über die Ausgangssituation, den Bedarf, die geeignete und notwendige Hilfe, das Ziel der Hilfen einschließlich eines Zeitplanes zur Erreichung des Zieles sowie die zwischen den Beteiligten getroffenen Arbeitsabsprachen und erteilten Aufträge enthalten.
(2) Es soll regelmäßig durch alle Beteiligte überprüft werden, ob die gewählte Hilfeart weiterhin geeignet und notwendig ist. Ist ein Kind oder ein Jugendlicher außerhalb der eigenen Familie untergebracht, ist die Überprüfung des Hilfeplans spätestens nach sechs Monaten, bei Kindern im Alter von bis zu drei Jahren nach drei Monaten vorzunehmen.
(3) Insbesondere in Fällen, in denen Hilfe zur Erziehung außerhalb der eigenen Familie voraussichtlich bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres zu gewähren sein wird (Hilfe für junge Volljährige), soll der Hilfeplan auch Aussagen darüber enthalten, durch welche Maßnahmen die oder der Jugendliche auf eine selbständige Lebensführung vorbereitet werden soll.

§ 19 Hilfe in einer Einrichtung über Tag und Nacht

Leistungen in Einrichtungen über Tag und Nacht sollen so gestaltet sein, dass jungen Menschen auch bei krisenhaftem Unterbringungsverlauf und schwieriger Symptomatik angemessen geholfen werden kann, ohne dass sie die Einrichtung wechseln müssen. Bei längerfristig notwendiger Unterbringung sollen für Kinder vorrangig Gruppen, in denen mit ihnen erzieherische Fachkräfte zusammenleben, bereitgestellt werden.

§ 20 Vollzeitpflege, Hilfe bei einer geeigneten Pflegeperson

(1) Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege soll bei Bedarf in sozial- oder heilpädagogischen Pflegestellen oder in Pflegestellen gewährt werden, in denen die gemeinsame Unterbringung und Betreuung von Geschwisterkindern, bei denen eine Hilfe zur Erziehung gegeben ist, möglich ist.
(2) Die Pflegepersonen haben vor der Aufnahme des Kindes oder Jugendlichen und während der Dauer der Pflege Anspruch auf Beratung und Unterstützung. Die Träger der Jugendhilfe sollen mit ihnen zum Wohl des Kindes oder des Jugendlichen partnerschaftlich zusammenarbeiten. Das Jugendamt soll bei jeder Unterbringung in einer Pflegestelle auf den Abschluss eines schriftlichen Pflegevertrages hinwirken, der Rechte und Pflichten der Vertragspartner regelt. Er soll insbesondere Aussagen zu der voraussichtlichen Dauer des Pflegeverhältnisses, zu den Besuchskontakten und der Grundrichtung der Erziehung enthalten.
(3) Die oberste Landesjugendbehörde regelt durch Rechtsverordnung die Höhe der Pauschalbeträge für laufende Leistungen zum Unterhalt (§ 39 Abs. 4 und 5 SGB VIII), gestaffelt nach Altersgruppen und Art der Pflegestelle.

§ 21 Barbeträge zur persönlichen Verfügung des Kindes oder Jugendlichen

Die oberste Landesjugendbehörde setzt durch Rechtsverordnung die Höhe des Betrages zur persönlichen Verfügung des Kindes oder Jugendlichen (§ 39 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII) fest.

Sechster Abschnitt Schutz von Kindern und Jugendlichen in Familienpflege und in Einrichtungen

§ 22 Erteilung der Pflegeerlaubnis

(1) Die Pflegeerlaubnis nach § 44 SGB VIII ist für jedes Kind und jeden Jugendlichen schriftlich oder zur Niederschrift beim Jugendamt zu beantragen. Sie ist schriftlich zu erteilen und mit Rechtsmittelbelehrung zu versehen.
(2) Die Pflegeerlaubnis soll in der Regel verheirateten, unverheirateten oder gleichgeschlechtlichen Paaren gemeinschaftlich erteilt werden. Sie kann auch allein lebenden Personen erteilt werden.
(3) Die Pflegeerlaubnis soll in der Regel nicht für mehr als drei Kinder oder Jugendliche in einer Pflegestelle erteilt werden. Die Erteilung der Pflegeerlaubnis für mehr als fünf Kinder oder Jugendliche in einer Pflegestelle ist nicht zulässig. Sollen sechs oder mehr Minderjährige aufgenommen werden, so findet § 45 SGB VIII Anwendung.

§ 23 Versagungsgründe

(1) Die Pflegeerlaubnis ist zu versagen, wenn das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen in der Pflegestelle nicht gewährleistet ist.
(2) Die Pflegeerlaubnis ist insbesondere zu versagen, wenn
1.
die Pflegeperson nicht über ausreichende erzieherische Fähigkeiten verfügt,
2.
die Pflegeperson nicht die Gewähr dafür bietet, dass die Erziehung des ihr anvertrauten Kindes oder Jugendlichen im Einklang mit der von der oder dem Personensorgeberechtigten bestimmten Grundrichtung der Erziehung durchgeführt wird,
3.
die Pflegeperson oder die in ihrer Wohnung lebenden Personen nicht die Gewähr dafür bieten, dass das Wohl und die Gesundheit des Kindes oder des Jugendlichen nicht gefährdet ist,
4.
die wirtschaftlichen Verhältnisse der Pflegepersonen und ihre Haushaltsführung nicht geordnet sind,
5.
nicht ausreichender Wohnraum für das Kind oder den Jugendlichen und die in der Wohnung der Pflegeperson lebenden Personen vorhanden ist oder
6.
die Pflegeperson mit der Betreuung eines weiteren Kindes oder Jugendlichen überfordert ist.

§ 24 Rücknahme der Pflegeerlaubnis

Das Jugendamt soll den Erfordernissen des Einzelfalles entsprechend an Ort und Stelle überprüfen, ob die Voraussetzungen für die Erteilung der Erlaubnis weiter bestehen. Die Pflegeerlaubnis ist zurückzunehmen oder zu widerrufen, wenn sich herausstellt, dass einer der Versagungsgründe des § 23 vorliegt oder in sonstiger Weise das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen gefährdet und die Pflegeperson nicht bereit oder in der Lage ist, Abhilfe zu schaffen.

§ 25 Aufsicht

(1) Die Pflegeperson hat den Beamten und Angestellten des Jugendamtes Auskunft über die Pflegestelle und das Kind oder den Jugendlichen zu geben. Ist das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen in der Pflegestelle gefährdet, ist den Beamten und Angestellten des Jugendamtes der Zutritt zu den Räumen, die dem Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen dienen, zu gestatten. Das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung gemäß Artikel 13 Abs. 1 des Grundgesetzes und Artikel 17 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt wird insoweit eingeschränkt.
(2) Die im Absatz 1 Satz 2 genannten Personen haben ihren Dienstausweis oder einen vom Jugendamt ausgestellten Ausweis bei sich zu führen und auf Verlangen vorzuzeigen.
(3) Die Absätze 1 und 2 gelten für erlaubnisfreie Pflegeverhältnisse gemäß § 32 Satz 2, §§ 33 und 35 a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB VIII entsprechend.

§ 26 Anzeigepflicht

Ist einem verheirateten, unverheirateten oder gleichgeschlechtlichen Paar die Pflegeerlaubnis gemeinschaftlich erteilt, so ist dem Jugendamt unverzüglich mitzuteilen, wenn einer der Partner stirbt, von einem Ehegatten Klage auf Scheidung, Aufhebung oder Nichtigkeit der Ehe erhoben oder die Lebensgemeinschaft aufgelöst wird. Die Verpflichtung zur Mitteilung obliegt im Falle des Todes einer Pflegeperson der überlebenden Pflegeperson, in allen übrigen Fällen beiden Pflegepersonen. Die Sätze 1 und 2 gelten für erlaubnisfreie Pflegeverhältnisse gemäß § 32 Satz 2, §§ 33 und 35 a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB VIII entsprechend.

§ 27 Erlaubnis und Untersagung des Betriebs einer Einrichtung

(1) Zu den erlaubnispflichtigen Einrichtungen gehören nicht die mit den Schulen verbundenen Horte.
(2) Das Landesjugendamt hat das nach § 87 a Abs. 3 SGB VIII zuständige Jugendamt sowie einen zentralen Träger der freien Jugendhilfe, wenn diesem der Träger der Einrichtung angehört, bei der Prüfung der Voraussetzungen für die Erteilung einer Erlaubnis zu beteiligen.
(3) Erlangt ein Jugendamt Kenntnis davon, dass eine in seinem Bezirk gelegene Einrichtung ohne Erlaubnis Kinder und Jugendliche aufnimmt oder dass Tatsachen vorliegen, die die Eignung der Einrichtung zur Aufnahme von Kindern und Jugendlichen ausschließen, hat es bei Gefahr im Verzug unverzüglich die notwendigen Maßnahmen zu treffen und dem Landesjugendamt sowie dem zuständigen zentralen Träger der freien Jugendhilfe hiervon Mitteilung zu machen.
(4) Wird eine Einrichtung gemäß § 45 SGB VIII ohne die erforderliche Erlaubnis betrieben, so kann das Landesjugendamt den weiteren Betrieb untersagen.
(5) Vereinbarungen im Sinne des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB VIII für die Einrichtung von Trägerzusammenschlüssen sind zwischen den Zentralstellen der Trägerzusammenschlüsse und der obersten Landesjugendbehörde abzuschließen.

§ 28 Sicherstellung des Schulunterrichts bei Gewährung von Hilfe zur Erziehung in einer Einrichtung

Wenn schulpflichtige Kinder oder Jugendliche, denen Hilfe zur Erziehung in einer Einrichtung gewährt wird, aus erzieherischen Gründen weder einer öffentlichen Schule zugewiesen noch in eine genehmigte Ersatzschule aufgenommen werden können, hat das Jugendamt im Benehmen mit der zuständigen Schulaufsichtsbehörde dafür zu sorgen, dass diesen Kindern und Jugendlichen der erforderliche Schulunterricht anderweitig zuteil wird oder sie eine besondere pädagogische Förderung erhalten, die die Wiedereingliederung in die Schule möglich macht. Der Umfang des Lehrangebotes und die Qualifikation des Lehrpersonals müssen dem Bedarf der Kinder und Jugendlichen entsprechen und sollen sich an schulrechtlichen Vorschriften orientieren.

Siebenter Abschnitt Amtspflegschaft, Amtsvormundschaft und Beistandschaft

§ 29 Führung der Amtspflegschaft, Amtsvormundschaft und Beistandschaft

Über § 56 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII hinaus ist auch im Falle des § 1822 Nr. 5 des Bürgerlichen Gesetzbuches eine Genehmigung des Betreuungsgerichts nicht erforderlich. Das Gleiche gilt im Falle des § 1822 Nr. 12 des Bürgerlichen Gesetzbuches, soweit der Vermögenswert Dreitausend Euro nicht übersteigt.

§ 30 Vormundschafts- und Beistandschaftsvereine

(1) Einem rechtsfähigen Verein, der die Voraussetzungen nach § 54 Abs. 2 des SGB VIII erfüllt, ist die Erlaubnis nach § 54 Abs. 1 Satz 1 des SGB VIII zu erteilen, wenn
1.
dieser von einer oder mehreren nach Ausbildung oder Berufserfahrung geeigneten Fachkräften geleitet wird; diese dürfen nicht in einem Abhängigkeitsverhältnis oder in einer anderen engeren Beziehung zu Einrichtungen stehen, in denen Personen, für die der Verein als Pfleger oder Vormund bestellt ist, untergebracht sind oder wohnen, und
2.
er sich verpflichtet, dem Landesjugendamt jährlich einen Tätigkeitsbericht auf der Grundlage einer Konzeption vorzulegen, der insbesondere Auskunft über Zahl und Art der übernommenen Pflegschaften, Vormundschaften und Beistandschaften für Kinder und Jugendliche sowie die Zahl der vom Verein in ihre Aufgabe eingeführten, fortgebildeten und beratenden Einzelvormünder und Einzelpflegerinnen oder -pfleger gibt.
(2) Ein rechtsfähiger Verein kann Beistandschaften unter den Voraussetzungen des § 54 SGB VIII übernehmen. Die Erlaubnis erteilt das Landesjugendamt.
(3) Das Jugendamt kann eine Beistandschaft mit Zustimmung der oder des Personensorgeberechtigten auf einen rechtsfähigen Verein, der die Erlaubnis nach Absatz 2 besitzt, übertragen. Das Jugendamt weist auf die Möglichkeit der Übertragung hin und soll diese übertragen, wenn die oder der Personensorgeberechtigte dies wünscht und die Übertragung dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen nicht widerspricht.

Achter Abschnitt Förderung durch das Land

§ 31 Förderung von örtlichen Maßnahmen

(1) Das Land gewährt nach Maßgabe der Absätze 2 bis 5 den Landkreisen und kreisfreien Städten Zuweisungen zur Förderung von Ausgaben für Fachkräfte und von örtlichen Maßnahmen der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, der Jugendsozialarbeit und des Jugendschutzes gemäß den §§ 11 bis 14 des Achten Buches Sozialgesetzbuch in Höhe von insgesamt 8 194 100 Euro jährlich. Beginnend mit dem Jahr 2024 erhöht sich der in Satz 1 genannte Betrag um jährlich 2 v. H. gegenüber dem Vorjahreswert. Der jährliche Erhöhungsbetrag ist für die Förderung von Personalkosten einzusetzen. Fachkräfte sind Personen, die für die jeweilige Aufgabe nach ihrer Persönlichkeit geeignet sind und eine dieser Aufgabe entsprechende Ausbildung erhalten haben oder aufgrund besonderer Erfahrungen in der sozialen Arbeit in der Lage sind, die Aufgabe zu erfüllen.
(2) Die Zuweisungen nach Absatz 1 erfolgen zu 10 v. H. nach der Fläche des jeweiligen Landkreises und der jeweiligen kreisfreien Stadt. Zu 90 v. H. erfolgen sie entsprechend dem Bevölkerungsanteil der im Gebiet des jeweiligen Landkreises oder der jeweiligen kreisfreien Stadt lebenden Kinder und Jugendlichen im Alter zwischen sechs und unter 27 Jahren, wobei die Landkreise 70 v. H. und die kreisfreien Städte 30 v. H. der Zuweisungen erhalten. Kreisfreien Städten, die nach § 31 in der am 14. Juli 2020 geltenden Fassung höhere Zuweisungen erhalten hätten, wird der Differenzbetrag erstattet. Für die Ermittlung der Höhe der Zuweisung je Landkreis oder kreisfreier Stadt in Bezug auf den Bevölkerungsanteil ist jeweils die veröffentlichte Erhebung des Statistischen Landesamtes Sachsen-Anhalt über die Einwohnerzahlen zum Stichtag 31. Dezember des vorvergangenen Jahres zugrunde zu legen. Für die Ermittlung der Höhe der Zuweisung je Landkreis oder kreisfreier Stadt in Bezug auf die Fläche ist jeweils der Bericht über die Bodenflächen nach Art der tatsächlichen Nutzung des Statistischen Landesamtes Sachsen-Anhalt zum Stichtag 31. Dezember des vorvergangenen Jahres zugrunde zu legen. Liegen diese Zahlen nicht rechtzeitig vor, sind die Erhebungen des nächst erreichbaren vergangenen Jahres zugrunde zu legen. Der Landkreis oder die kreisfreie Stadt erhält den jeweiligen Anteil der Zuweisungen hälftig zum 31. Januar und zum 31. Juli eines jeden Jahres.
(3) Die Zuweisungen nach Absatz 1 setzen eine Beteiligung des örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe in Höhe von mindestens 30 v. H. und eine beschlossene Jugendhilfeplanung voraus. Die Zuweisung nach Absatz 1 ist davon abhängig, dass der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe spätestens bis zum 31. Mai eines jeden Jahres schriftlich oder elektronisch beim Landesjugendamt eine Erklärung über die Bereitstellung des erforderlichen Eigenanteils einreicht, erstmals zum 31. Mai 2016. Die aktuelle Fassung der im jeweiligen Bereich beschlossenen Jugendhilfeplanung ist spätestens am 31. Oktober des Jahres, welches dem Jahr, auf das die Planung bezogen ist, vorausgeht, beim Landesjugendamt einzureichen, erstmals zum 31. Oktober 2015. Wird die Voraussetzung nach Satz 2 nicht erfüllt, wird der zum 31. Januar ausgezahlte Anteil der Zuweisung zurückgefordert.
(4) Zum Nachweis der Verwendung der Mittel nach Absatz 1 sind dem Landesjugendamt jährlich bis zum 30. Juni des auf die Zuweisung folgenden Jahres eine vom kommunalen Rechnungsprüfungsamt bestätigte summarische Darstellung der Ausgaben jeweils für die Fachkräfte und für örtliche Maßnahmen der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, der Jugendsozialarbeit und des Jugendschutzes gemäß den §§ 11 bis 14 des Achten Buches Sozialgesetzbuch vorzulegen.
(5) Die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe stellen dem Landesjugendamt die für die Sozialberichterstattung notwendigen Informationen zur Verfügung.

§ 32 Evaluation

Das für Kinder- und Jugendhilfe zuständige Ministerium evaluiert § 31 drei Jahre nach dem Inkrafttreten hinsichtlich seiner Fördergrundsätze sowie seiner Umsetzung und Wirksamkeit und erstattet dem Landtag von Sachsen-Anhalt einen schriftlichen Bericht.

§ 33 (aufgehoben)

Neunter Abschnitt Schlussvorschriften

§ 34 In-Kraft-Treten, Außer-Kraft-Treten

Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.
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