Gesetz des Landes Sachsen-Anhalt zur Sicherung von Tariftreue, Sozialstandards und Wettbewerb bei der Vergabe öffentlicher Aufträge (Tariftreue- und Vergabegesetz Sachsen-Anhalt - TVergG LSA) Vom 7. Dezember 2022
Gesetz des Landes Sachsen-Anhalt zur Sicherung von Tariftreue, Sozialstandards und Wettbewerb bei der Vergabe öffentlicher Aufträge (Tariftreue- und Vergabegesetz Sachsen-Anhalt - TVergG LSA) Vom 7. Dezember 2022
Zum 12.06.2023 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe
Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis
Titel | Gültig ab |
---|---|
Gesetz des Landes Sachsen-Anhalt zur Sicherung von Tariftreue, Sozialstandards und Wettbewerb bei der Vergabe öffentlicher Aufträge (Tariftreue- und Vergabegesetz Sachsen-Anhalt - TVergG LSA) vom 7. Dezember 2022 | 14.12.2022 |
Inhaltsverzeichnis | 01.03.2023 |
Abschnitt 1 - Allgemeine Bestimmungen | 01.03.2023 |
§ 1 - Sachlicher Anwendungsbereich | 01.03.2023 |
§ 2 - Persönlicher Anwendungsbereich | 01.03.2023 |
§ 3 - Bekanntmachung | 01.03.2023 |
§ 4 - Mittelstandsförderung | 01.03.2023 |
§ 5 - Berücksichtigung sozialer, umweltbezogener und innovativer Kriterien im Vergabeverfahren; technische Spezifikation | 01.03.2023 |
§ 6 - Formularwesen | 14.12.2022 |
§ 7 - Präqualifizierung, Zertifizierung | 14.12.2022 |
§ 8 - Bestbieterprinzip | 01.03.2023 |
§ 9 - Auswahl der Bieter | 01.03.2023 |
§ 10 - Erteilung des Zuschlags | 01.03.2023 |
§ 11 - Tariftreue, Mindeststundenentgelt und Entgeltgleichheit | 01.03.2023 |
§ 12 - Betreiberwechsel bei der Erbringung von Personenverkehrsdiensten | 01.03.2023 |
§ 13 - ILO-Kernarbeitsnormen | 01.03.2023 |
§ 14 - Nachunternehmer und Verleiher | 01.03.2023 |
§ 15 - Wertung ungewöhnlich niedriger Angebote | 01.03.2023 |
§ 16 - Wertungsausschluss | 01.03.2023 |
§ 17 - Kontrollen | 01.03.2023 |
§ 18 - Sanktionen | 01.03.2023 |
Abschnitt 2 - Rechtsschutz | 01.03.2023 |
§ 19 - Information der Bieter, Nachprüfung des Vergabeverfahrens unterhalb der Schwellenwerte | 01.03.2023 |
§ 20 - Verfahrensbeteiligte, Beiladung | 01.03.2023 |
§ 21 - Aussetzung des Vergabeverfahrens | 01.03.2023 |
§ 22 - Beschleunigung des Nachprüfungsverfahrens | 01.03.2023 |
§ 23 - Ergänzende Anwendung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen | 01.03.2023 |
§ 24 - Nachprüfungsbehörden | 01.03.2023 |
§ 25 - Ausgleich für Kosten | 01.03.2023 |
Abschnitt 3 - Übergangs- und Schlussvorschriften | 01.03.2023 |
§ 26 - Übergangsvorschrift | 01.03.2023 |
§ 27 - Evaluierung | 01.03.2023 |
§ 28 - Sprachliche Gleichstellung | 01.03.2023 |
§ 29 - Inkrafttreten, Außerkrafttreten | 14.12.2022 |
Inhaltsübersicht | |
Abschnitt 1 Allgemeine Bestimmungen | |
§ 1 | Sachlicher Anwendungsbereich |
§ 2 | Persönlicher Anwendungsbereich |
§ 3 | Bekanntmachung |
§ 4 | Mittelstandsförderung |
§ 5 | Berücksichtigung sozialer, umweltbezogener und innovativer Kriterien im Vergabeverfahren; technische Spezifikation |
§ 6 | Formularwesen |
§ 7 | Präqualifizierung, Zertifizierung |
§ 8 | Bestbieterprinzip |
§ 9 | Auswahl der Bieter |
§ 10 | Erteilung des Zuschlags |
§ 11 | Tariftreue, Mindeststundenentgelt und Entgeltgleichheit |
§ 12 | Betreiberwechsel bei der Erbringung von Personenverkehrsdiensten |
§ 13 | ILO-Kernarbeitsnormen |
§ 14 | Nachunternehmer und Verleiher |
§ 15 | Wertung ungewöhnlich niedriger Angebote |
§ 16 | Wertungsausschluss |
§ 17 | Kontrollen |
§ 18 | Sanktionen |
Abschnitt 2 Rechtsschutz | |
§ 19 | Information der Bieter, Nachprüfung des Vergabeverfahrens unterhalb der Schwellenwerte |
§ 20 | Verfahrensbeteiligte, Beiladung |
§ 21 | Aussetzung des Vergabeverfahrens |
§ 22 | Beschleunigung des Nachprüfungsverfahrens |
§ 23 | Ergänzende Anwendung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen |
§ 24 | Nachprüfungsbehörden |
§ 25 | Ausgleich für Kosten |
Abschnitt 3 Übergangs- und Schlussvorschriften | |
§ 26 | Übergangsvorschrift |
§ 27 | Evaluierung |
§ 28 | Sprachliche Gleichstellung |
§ 29 | Inkrafttreten, Außerkrafttreten |
Abschnitt 1 Allgemeine Bestimmungen
§ 1 Sachlicher Anwendungsbereich
(1) Dieses Gesetz gilt für die Vergabe öffentlicher Aufträge in Sachsen-Anhalt im Sinne der §§ 103 bis 105 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. Juni 2013 (BGBl. I S. 1750, 3245), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 19. Juli 2022 (BGBl. I S. 1214, 1225), in der jeweils geltenden Fassung, deren geschätzter Auftragswert die Schwellenwerte nach § 106 Abs. 2 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen nicht erreicht. Bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen, deren geschätzter Auftragswert die Schwellenwerte nach § 106 Abs. 2 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen erreicht oder überschreitet, sind die §§ 11 bis 14, 16, 17, 18, 25 und 26 ergänzend anzuwenden. Die Schwellenwerte, ab denen die Vergabe öffentlicher Aufträge von diesem Gesetz erfasst wird, liegen
1.
bei Bauaufträgen bei einem geschätzten Auftragswert von 120 000 Euro ohne Umsatzsteuer und
2.
bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen bei einem geschätzten Auftragswert von 40 000 Euro ohne Umsatzsteuer.
Für die Schätzung gilt § 3 der Vergabeverordnung vom 12. April 2016 (BGBl. I S. 624), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 9. Juni 2021 (BGBl. I S. 1691, 1698), in der jeweils geltenden Fassung.
(2) Bei der Vergabe öffentlicher Aufträge sind unterhalb der Schwellenwerte nach § 106 Abs. 2 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen
1.
die Regelungen der Unterschwellenvergabeordnung vom 2. Februar 2017 (BAnz AT 07.02.2017 B1; BAnz AT 08.02.2017 B1) und
2.
die Regelungen des Abschnitts 1 der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil A vom 31. Januar 2019 (BAnz AT 19.02.2019 B2)
in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden. Die Bestimmungen dieses Gesetzes sowie die Bestimmungen der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen gehen den in Satz 1 genannten Vorschriften vor. Das für öffentliches Auftragswesen zuständige Ministerium wird ermächtigt, jeweils durch Verordnung für die Vergabe öffentlicher Aufträge Wertgrenzen für öffentliche Aufträge festzulegen, bis zu deren Erreichen die in Satz 1 genannten Vergabe- und Vertragsordnungen nicht anzuwenden sind oder eine Auftragsvergabe im Wege einer Beschränkten Ausschreibung, einer Verhandlungsvergabe, einer Freihändigen Vergabe oder einer Direktvergabe zulässig ist.
(3) Dieses Gesetz findet keine Anwendung für die Vergabe öffentlicher Aufträge, deren Gegenstand
1.
in unmittelbarem Zusammenhang mit der Abwehr oder Eindämmung eines Katastrophenfalls steht oder
2.
im räumlichen und sachlichen Zusammenhang mit der Erstaufnahme oder Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen und Asylbewerbern steht und der Vergabe unter Anwendung dieses Gesetzes dringliche und zwingende Gründe entgegenstehen.
Dieses Gesetz findet außerdem keine Anwendung, soweit das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen Ausnahmen von der Anwendbarkeit des Teils 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen vorsieht.
§ 2 Persönlicher Anwendungsbereich
(1) Dieses Gesetz gilt für das Land, die Gemeinden, Verbandsgemeinden und Landkreise sowie die der Aufsicht des Landes unterstehenden anderen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts (öffentliche Auftraggeber).
(2) Für juristische Personen des Privatrechts, die die Voraussetzungen des § 99 Nr. 2 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen erfüllen, gilt dieses Gesetz entsprechend.
§ 3 Bekanntmachung
Öffentliche Auftraggeber haben die Ausschreibung eines öffentlichen Auftrags in elektronischer Form auf der zentralen Veröffentlichungs- und Vergabeplattform des Landes Sachsen-Anhalt bekannt zu machen. Das für öffentliches Auftragswesen zuständige Ministerium wird ermächtigt, durch Verordnung Vorgaben für das elektronische Verfahren zur Bekanntmachung öffentlicher Aufträge sowie die elektronische Abwicklung der Vergabeverfahren festzulegen.
§ 4 Mittelstandsförderung
(1) Die öffentlichen Auftraggeber sind verpflichtet, kleine und mittlere Unternehmen bei beschränkten Ausschreibungen, Verhandlungsvergaben und freihändigen Vergaben in angemessenem Umfang zur Angebotsabgabe aufzufordern.
(2) Unbeschadet der Verpflichtung zur Teilung der Leistungen in Fach- und Teillose nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen sowie der in § 1 Abs. 2 Satz 1 genannten Vergabe- und Vertragsordnungen ist das Vergabeverfahren, soweit nach Art und Umfang der anzubietenden Leistungen möglich, so zu wählen und sind die Vergabeunterlagen so zu gestalten, dass kleine und mittlere Unternehmen am Wettbewerb teilnehmen und beim Zuschlag berücksichtigt werden können.
§ 5 Berücksichtigung sozialer, umweltbezogener und innovativer Kriterien im Vergabeverfahren; technische Spezifikation
(1) Im Vergabeverfahren können zusätzliche Anforderungen berücksichtigt werden, die Aspekte der Qualität, Innovation sowie soziale und umweltbezogene Aspekte betreffen, wenn sie im sachlichen Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand stehen und sich aus der Bekanntmachung oder den Vergabeunterlagen ergeben.
(2) Soziale Aspekte nach Absatz 1 können sein:
1.
die Beschäftigung von Auszubildenden,
2.
qualitative Maßnahmen zur Familienförderung,
3.
die Sicherstellung der Entgeltgleichheit von Frauen und Männern und
4.
eine geringe Anzahl sachgrundlos befristeter Arbeitsverhältnisse.
(3) Als umweltbezogener Aspekt nach Absatz 1 kann insbesondere die Energieeffizienz berücksichtigt werden.
(4) Bei der technischen Spezifikation eines öffentlichen Auftrags können Umwelteigenschaften und Auswirkungen bestimmter Warengruppen oder Dienstleistungen auf die Umwelt festgelegt werden. Hierzu können geeignete Spezifikationen verwendet werden, die in Umweltgütezeichen definiert sind. Außerdem können Anforderungen an die technische Leistungsfähigkeit des Bieters gestellt werden. Diese können bei umweltrelevanten öffentlichen Bau- und Dienstleistungsaufträgen in der Angabe der Umweltmanagementmaßnahmen bestehen, die bei der Ausführung des öffentlichen Auftrags zur Anwendung kommen sollen. Zum Nachweis dafür, dass der Bieter bestimmte Normen für das Umweltmanagement erfüllt, kann der öffentliche Auftraggeber die Vorlage von Bescheinigungen unabhängiger Stellen verlangen. Die Sätze 3 bis 5 finden bei Lieferaufträgen keine Anwendung.
§ 6 Formularwesen
Das für öffentliches Auftragswesen zuständige Ministerium hat die Einführung und Weiterentwicklung eines weitgehend einheitlichen Formularwesens bezüglich der Vergabe öffentlicher Bauaufträge in Anlehnung an das Vergabe- und Vertragshandbuch für die Baumaßnahmen des Bundes und das Handbuch für die Vergabe und Ausführung von Bauleistungen im Straßen- und Brückenbau durch Verordnung zu regeln und das Formularwesen mindestens im Abstand von zwei Jahren auf seine Praktikabilität und seinen Bürokratieaufwand zu überprüfen.
§ 7 Präqualifizierung, Zertifizierung
Das für öffentliches Auftragswesen zuständige Ministerium kann durch Verordnung über die in der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen und der Unterschwellenvergabeordnung geregelten Präqualifizierungsverfahren hinaus weitere Präqualifizierungsverfahren und besondere Zertifizierungen für die nach diesem Gesetz zu erbringenden Nachweise und Erklärungen sowie das Verfahren, die Fristen und Rechtsfolgen für die Vorlage der dafür jeweils erforderlichen Unterlagen regeln. Die Gültigkeit der Präqualifizierungen und Zertifizierungen darf drei Jahre nicht unterschreiten.
§ 8 Bestbieterprinzip
(1) Die nach diesem Gesetz und nach den in § 1 Abs. 2 Satz 1 genannten Vergabe- und Vertragsordnungen verpflichtend vorzulegenden Erklärungen und Nachweise sind nur von demjenigen Bieter, dem nach Abschluss der Wertung der Angebote der Zuschlag erteilt werden soll (Bestbieter), vorzulegen.
(2) Der öffentliche Auftraggeber ist verpflichtet, in der Bekanntmachung oder in den Vergabeunterlagen darauf hinzuweisen,
1.
in welcher Form die Erklärungen und Nachweise nach den jeweils einschlägigen vergaberechtlichen Formvorschriften übermittelt werden müssen,
2.
dass der Bestbieter im Fall der beabsichtigten Zuschlagserteilung die nach diesem Gesetz und nach den in § 1 Abs. 2 Satz 1 genannten Vergabe- und Vertragsordnungen verpflichtend vorzulegenden Erklärungen und Nachweise nach Aufforderung innerhalb einer nach Tagen bestimmten Frist vorlegen muss und
3.
dass bei nicht fristgerechter Vorlage der verpflichtend vorzulegenden Erklärungen und Nachweise das Angebot von der Wertung auszuschließen ist.
Die Frist nach Satz 1 Nr. 2 muss mindestens drei Werktage betragen und darf fünf Werktage nicht überschreiten.
(3) Der öffentliche Auftraggeber fordert den Bestbieter auf, die nach diesem Gesetz und nach den in § 1 Abs. 2 Satz 1 genannten Vergabe- und Vertragsordnungen verpflichtend vorzulegenden Erklärungen und Nachweise innerhalb der Frist nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 vorzulegen. Die Frist beginnt an dem Tag, der auf die Absendung dieser Aufforderung folgt. Der öffentliche Auftraggeber kann im Ausnahmefall die Frist verlängern, wenn die nach diesem Gesetz und nach den in § 1 Abs. 2 Satz 1 genannten Vergabe- und Vertragsordnungen verpflichtend vorzulegenden Erklärungen und Nachweise nicht innerhalb der Frist nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 vorgelegt werden können oder dies im Hinblick auf Art und Umfang des öffentlichen Auftrags angemessen erscheint.
(4) Werden die nach diesem Gesetz und nach den in § 1 Abs. 2 Satz 1 genannten Vergabe- und Vertragsordnungen verpflichtend vorzulegenden Erklärungen und Nachweise nicht innerhalb der Frist nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 dem öffentlichen Auftraggeber vorgelegt, ist das Angebot von der Wertung auszuschließen; im Übrigen findet § 16 keine Anwendung. In diesem Fall ist das in der Wertungsrangfolge nächste Angebot heranzuziehen; der Bieter dieses Angebots gilt als Bestbieter.
(5) Bei nicht von dem öffentlichen Auftraggeber zu vertretender objektiver Dringlichkeit kann dieser von der Anwendung der Absätze 1 bis 4 absehen. In diesem Fall sind von den Bietern mit der Abgabe des Angebotes die nach diesem Gesetz und nach den in § 1 Abs. 2 Satz 1 genannten Vergabe- und Vertragsordnungen verpflichtend vorzulegenden Erklärungen und Nachweise dem öffentlichen Auftraggeber vorzulegen. Auf die Pflicht nach Satz 2 ist in der Bekanntmachung oder in den Vergabeunterlagen hinzuweisen. Es gilt § 16.
§ 9 Auswahl der Bieter
(1) Öffentliche Aufträge werden an fachkundige und leistungsfähige Unternehmen vergeben, die nicht ausgeschlossen worden sind.
(2) Ausgeschlossen werden kann insbesondere ein Bieter, der bei der Ausführung öffentlicher Aufträge gegen geltende umwelt-, sozial- oder arbeitsrechtliche Verpflichtungen oder gegen eine Rechtsvorschrift über unrechtmäßige Absprachen verstoßen hat, wenn der Verstoß mit einem rechtskräftigen Urteil oder einem Beschluss mit gleicher Wirkung geahndet wurde und eine schwere Verfehlung darstellt, die die Zuverlässigkeit des Bieters in Frage stellt.
§ 10 Erteilung des Zuschlags
Der Zuschlag ist auf das unter Berücksichtigung aller Umstände wirtschaftlichste Angebot zu erteilen. Das wirtschaftlichste Angebot ist dasjenige mit dem günstigsten Verhältnis von angebotener Leistung und den zu erwartenden Kosten für den öffentlichen Auftraggeber. Der niedrigste Angebotspreis allein ist nicht entscheidend. Bei wirtschaftlich gleichwertigen Angeboten wird auf das Maß der Erfüllung der zusätzlichen Anforderungen nach § 5 abgestellt, sofern diese in der Bekanntmachung oder den Vergabeunterlagen angegeben sind.
§ 11 Tariftreue, Mindeststundenentgelt und Entgeltgleichheit
(1) Öffentliche Aufträge dürfen nur an Unternehmen vergeben werden, wenn diese sich schriftlich oder elektronisch verpflichten, ihren Arbeitnehmern bei der Auftragsausführung Arbeitsbedingungen einschließlich des Mindeststundenentgelts zu gewähren, die
1.
mindestens den Vorgaben des Tarifvertrages entsprechen, an den das Unternehmen aufgrund des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes gebunden ist oder der nach dem Tarifvertragsgesetz für allgemeinverbindlich erklärt wurde, oder
2.
mindestens den Vorgaben des Tarifvertrages entsprechen, der für die Leistung am Ort der Ausführung gilt.
In den Ausschreibungsunterlagen ist anzugeben, welches tarifvertraglich vereinbarte Entgelt (Tariflohn) für die Leistung jeweils als maßgeblich im Sinne des Satzes 1 Nr. 2 anzusehen ist. Satz 1 findet nur Anwendung, soweit das Mindeststundenentgelt das jeweils geltende vergabespezifische Mindeststundenentgelt nach Absatz 3 erreicht oder übersteigt. Die Sätze 1 bis 3 gelten entsprechend für andere gesetzliche Bestimmungen über Mindestentgelte.
(2) Gelten am Ort der Ausführung mehrere Tarifverträge für dieselbe Leistung, so hat der öffentliche Auftraggeber den Tariflohn eines repräsentativen Tarifvertrages zugrunde zu legen, der mit einer tariffähigen Gewerkschaft vereinbart wurde. Haustarifverträge sind hiervon ausgenommen. Das für Tarifrecht (gewerbliche Wirtschaft, Handel) und Tarifregister zuständige Ministerium bestimmt im Einvernehmen mit dem für öffentliches Auftragswesen zuständigen Ministerium durch Verordnung, welche Tarifverträge als repräsentativ im Sinne des Satzes 1 anzusehen sind.
(3) Soweit Absatz 1 Satz 1 gemäß Absatz 1 Satz 3 keine Anwendung findet, vergeben öffentliche Auftraggeber öffentliche Aufträge an Unternehmen, wenn diese sich schriftlich oder elektronisch verpflichten, ihren Arbeitnehmern bei der Ausführung der Leistung mindestens ein nach Maßgabe des Satzes 2 zu berechnendes Mindeststundenentgelt (vergabespezifisches Mindeststundenentgelt) zu zahlen. Dieser Vergabemindestlohn berechnet sich anhand der Entgeltgruppe 1 Erfahrungsstufe 2 (inklusive Jahressonderzahlungen im Tarifgebiet Ost) des Tarifvertrages des öffentlichen Dienstes der Länder durch die Anzahl der Arbeitstage im jeweiligen Jahr. Hinsichtlich des persönlichen Anwendungsbereiches des vergabespezifischen Mindeststundenentgeltes findet § 22 Abs. 1 bis 3 des Mindestlohngesetzes entsprechende Anwendung.
(4) Befindet sich der Sitz des Auftragnehmers außerhalb des Gebiets der Bundesrepublik Deutschland, findet Absatz 3 nur Anwendung, sofern die ausgeschriebene Leistung auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erbracht wird, und Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 nur, sofern darüber hinaus ein für allgemeinverbindlich erklärter Tarifvertrag vorliegt.
(5) Öffentliche Aufträge dürfen nur an Unternehmen vergeben werden, die sich schriftlich oder elektronisch verpflichten, bei der Auftragsausführung sicherzustellen, dass Leiharbeitnehmer im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1995 (BGBl. I S. 158), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 19. Oktober 2022 (BGBl. I S. 1790), bei der Ausführung der Leistungen für die gleiche Tätigkeit ebenso entlohnt werden wie ihre Arbeitnehmer.
(6) Gelten für die im Rahmen der Ausführung eines öffentlichen Auftrags zu erbringenden Leistungen mehrere Tarifverträge, ist der Tariflohn desjenigen Tarifvertrages maßgeblich, der für den überwiegenden Teil der Leistungen gilt.
(7) Für die Vergabe von Leistungen über öffentliche Personennahverkehrsdienste gelten die Absätze 1 bis 6 entsprechend.
§ 12 Betreiberwechsel bei der Erbringung von Personenverkehrsdiensten
Öffentliche Auftraggeber sollen auf der Grundlage von Artikel 4 Abs. 5 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 1191/69 und (EWG) Nr. 1107/70 des Rates, geändert durch die Verordnung (EU) 2016/2338 (ABl. L 354 vom 23.12.2016, S. 22), verlangen, dass der ausgewählte Betreiber eines öffentlichen Personenverkehrsdienstes den Arbeitnehmern, die zuvor zur Erbringung der Dienste eingestellt wurden, die Rechte gewährt, auf die sie Anspruch hätten, wenn ein Übergang im Sinne der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen (ABl. L 82 vom 22.3.2001, S. 16), geändert durch die Richtlinie (EU) 2015/1794 (ABl. L 263 vom 8.10.2015, S. 1), erfolgt wäre. Die bisherigen Betreiber sind verpflichtet, den öffentlichen Auftraggebern auf Anforderung die hierzu erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen oder Einsicht in Lohn- und Meldeunterlagen, Geschäftsbücher und andere Geschäftsunterlagen und Aufzeichnungen zu gewähren, aus denen Umfang, Art, Dauer und tatsächliche Entlohnung der Arbeitnehmer hervorgehen oder abgeleitet werden können. Die im Rahmen des Verfahrens nach Satz 2 entstehenden Aufwendungen des bisherigen Betreibers werden durch den öffentlichen Auftraggeber erstattet.
§ 13 ILO-Kernarbeitsnormen
(1) Bei der Vergabe von Bau-, Liefer- oder Dienstleistungen ist darauf hinzuwirken, dass keine Waren Gegenstand der Leistung sind, die unter Missachtung der in den Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) festgelegten Mindeststandards gewonnen oder hergestellt worden sind. Diese Mindeststandards ergeben sich aus:
1.
dem Übereinkommen Nr. 29 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 28. Juni 1930 über Zwangs- oder Pflichtarbeit (BGBl. 1956 II S. 640, 641),
2.
dem Protokoll vom 11. Juni 2014 zum Übereinkommen Nr. 29 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 28. Juni 1930 über Zwangs- oder Pflichtarbeit (BGBl. 2019 II S. 437, 438),
3.
dem Übereinkommen Nr. 87 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 9. Juli 1948 über die Vereinigungsfreiheit und den Schutz des Vereinigungsrechtes (BGBl. 1956 II S. 2072, 2073), geändert durch das Übereinkommen vom 26. Juni 1961 (BGBl. 1963 II S. 1135, 1136),
4.
dem Übereinkommen Nr. 98 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 1. Juli 1949 über die Anwendung der Grundsätze des Vereinigungsrechtes und des Rechtes zu Kollektivverhandlungen (BGBl. 1955 II S. 1122, 1123), geändert durch das Übereinkommen vom 26. Juni 1961 (BGBl. 1963 II S. 1135, 1136),
5.
dem Übereinkommen Nr. 100 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 29. Juni 1951 über die Gleichheit des Entgelts männlicher und weiblicher Arbeitskräfte für gleichwertige Arbeit (BGBl. 1956 II S. 23, 24),
6.
dem Übereinkommen Nr. 105 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 25. Juni 1957 über die Abschaffung der Zwangsarbeit (BGBl. 1959 II S. 441, 442),
7.
dem Übereinkommen Nr. 111 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 25. Juni 1958 über die Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf (BGBl. 1961 II S. 97, 98),
8.
dem Übereinkommen Nr. 138 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 26. Juni 1973 über das Mindestalter für die Zulassung zur Beschäftigung (BGBl. 1976 II S. 201, 202),
9.
dem Übereinkommen Nr. 182 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 17. Juni 1999 über das Verbot und unverzügliche Maßnahmen zur Beseitigung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit (BGBl. 2001 II S. 1290, 1291)
in der jeweils geltenden Fassung.
(2) Die Landesregierung bestimmt durch Verordnung, auf welche Produktgruppen oder Herstellungsverfahren Absatz 1 anzuwenden ist und welchen Mindestinhalt die vertraglichen Regelungen nach Absatz 1 Satz 1 haben sollen. Die Verordnung trifft Bestimmungen zu Zertifizierungen und Nachweisen sowie zur vertraglichen Ausgestaltung von Kontrollen und vertraglichen Sanktionen.
§ 14 Nachunternehmer und Verleiher
(1) Beabsichtigt der Auftragnehmer, bei der Ausführung des öffentlichen Auftrags Bau-, Liefer- und Dienstleistungen auf Nachunternehmer zu übertragen, hat er dem öffentlichen Auftraggeber bei Angebotsabgabe die Nachunternehmer schriftlich zu benennen. Der öffentliche Auftraggeber kann der Übertragung wegen mangelnder Fachkunde oder mangelnder Leistungsfähigkeit des Nachunternehmers sowie wegen Nichterfüllung der Nachweispflicht nach § 16 Abs. 2 oder wegen eines Ausschlusses des Nachunternehmens nach § 18 Abs. 3 widersprechen.
(2) Öffentliche Aufträge werden nur an Bieter vergeben, die schriftlich oder elektronisch erklären, dass eine Beauftragung von Nachunternehmern oder Verleihern nur erfolgt, wenn diese ihren Arbeitnehmern mindestens die Arbeitsbedingungen gewähren, die der Bieter selbst einzuhalten verspricht. Der Bieter hat die schriftliche Übertragung der Verpflichtung und ihre Einhaltung durch die beteiligten Nachunternehmer oder Verleiher sicherzustellen und dem öffentlichen Auftraggeber auf Verlangen nachzuweisen.
(3) Absatz 1 gilt entsprechend für die nachträgliche Beauftragung oder den Wechsel eines Nachunternehmers.
(4) Öffentliche Aufträge dürfen nur an Bieter vergeben werden, die sich schriftlich oder elektronisch verpflichten, für den Fall der Weitergabe von Leistungen an Nachunternehmer bei der Ausführung des öffentlichen Auftrags
1.
bevorzugt kleine und mittlere Unternehmen zu beteiligen, soweit es mit der vertragsgemäßen Ausführung des öffentlichen Auftrags zu vereinbaren ist,
2.
Nachunternehmer davon in Kenntnis zu setzen, dass es sich um einen öffentlichen Auftrag handelt,
3.
bei der Weitergabe von Bauleistungen an Nachunternehmer Teil B der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/B) und bei der Weitergabe von Dienstleistungen Teil B der Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen (VOL/B) zum Vertragsbestandteil zu machen und
4.
den Nachunternehmern keine, insbesondere hinsichtlich der Zahlungsweise, ungünstigeren Bedingungen aufzuerlegen, als zwischen dem Auftragnehmer und dem öffentlichen Auftraggeber vereinbart sind.
§ 15 Wertung ungewöhnlich niedriger Angebote
(1) Der öffentliche Auftraggeber hat ungewöhnlich niedrige Angebote, auf die der Zuschlag erfolgen soll, auf ihre Angemessenheit im Verhältnis zu der zu erbringenden Leistung zu überprüfen. Dies gilt unabhängig von der nach den in § 1 Abs. 2 Satz 1 genannten Vergabe- und Vertragsordnungen vorgegebenen Prüfung ungewöhnlich niedrig erscheinender Angebote.
(2) Weicht ein Angebot für die Erbringung von Bau-, Liefer- oder Dienstleistungen, auf das der Zuschlag erteilt werden soll, um mindestens 10 v. H. vom nächsthöheren Angebot ab, so hat der öffentliche Auftraggeber die Kalkulation des Angebots zu überprüfen. Im Rahmen dieser Überprüfung ist der Bieter verpflichtet, die ordnungsgemäße Kalkulation nachzuweisen. Kommt der Bieter dieser Verpflichtung auch nach Aufforderung des öffentlichen Auftraggebers nicht nach, so ist er vom weiteren Vergabeverfahren auszuschließen.
§ 16 Wertungsausschluss
(1) Hat der Bieter
1.
aktuelle Nachweise oder Eigenerklärungen über die vollständige Entrichtung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen,
2.
eine Erklärung nach § 11 oder
3.
sonstige auf Grundlage dieses Gesetzes geforderte Nachweise oder Erklärungen
nicht zum geforderten Zeitpunkt vorgelegt, entscheidet der öffentliche Auftraggeber auf der Grundlage der Bestimmungen der in § 1 Abs. 2 Satz 1 genannten Vergabe- und Vertragsordnungen, ob das Angebot von der Wertung ausgeschlossen wird. Fremdsprachige Nachweise oder Erklärungen sind nur zu berücksichtigen, wenn sie mit einer Übersetzung in die deutsche Sprache vorgelegt worden sind.
(2) Soll die Ausführung eines Teils des öffentlichen Auftrags über die Erbringung von Bau-, Liefer- oder Dienstleistungen einem Nachunternehmer übertragen werden, so sind vor der Auftragserteilung auch die auf den Nachunternehmer lautenden Nachweise und Erklärungen nach Absatz 1 vorzulegen; erfolgt die Vorlage nicht, soll das Angebot von der Wertung ausgeschlossen werden. Soweit eine Benennung von Nachunternehmern nach Auftragserteilung zulässig ist, sind die erforderlichen Nachweise und Erklärungen nach Absatz 1 bei der Benennung vorzulegen.
§ 17 Kontrollen
(1) Der öffentliche Auftraggeber kann Kontrollen durchführen, um die Einhaltung der aufgrund dieses Gesetzes auferlegten Vertragspflichten des Auftragnehmers und seiner Nachunternehmer zu überprüfen. Der öffentliche Auftraggeber hat zu diesem Zweck mit dem Auftragnehmer vertraglich zu vereinbaren, dass ihm auf Verlangen die Entgeltabrechnungen des Auftragnehmers und der Nachunternehmer sowie die Unterlagen über die Entrichtung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und die zwischen Auftragnehmer und Nachunternehmer abgeschlossenen Werkverträge vorgelegt werden. Der Auftragnehmer und seine Nachunternehmer haben ihre Arbeitnehmer auf die Möglichkeit solcher Kontrollen hinzuweisen.
(2) Der Auftragnehmer und seine Nachunternehmer haben vollständige und prüffähige Unterlagen nach Absatz 1 Satz 2 über die eingesetzten Arbeitnehmer bereitzuhalten.
(3) Die Absätze 1 und 2 gelten entsprechend für Verleiher, wenn der Auftragnehmer oder seine Nachunternehmer zur Ausführung des öffentlichen Auftrags Arbeitnehmer eines Verleihers einsetzt.
§ 18 Sanktionen
(1) Um die Einhaltung der in § 11 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1, Abs. 5 und 7, § 12 Satz 2 und § 17 Abs. 2 genannten Vertragspflichten des Auftragnehmers zu sichern, ist zwischen dem öffentlichen Auftraggeber und dem Auftragnehmer für jeden schuldhaften Verstoß regelmäßig eine Vertragsstrafe von bis zu 5 v. H. des Auftragswerts zu vereinbaren; bei mehreren Verstößen darf die Summe der Vertragsstrafen 10 v. H. des Auftragswerts nicht überschreiten. Der Auftragnehmer ist zur Zahlung einer Vertragsstrafe nach Satz 1 auch für den Fall zu verpflichten, dass der Verstoß durch einen von ihm eingesetzten Nachunternehmer oder einen von diesem eingesetzten Nachunternehmer begangen wird, es sei denn, dass der Auftragnehmer den Verstoß weder kannte noch kennen musste.
(2) Der öffentliche Auftraggeber hat mit dem Auftragnehmer zu vereinbaren, dass die schuldhafte Verletzung einer der in § 11 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1, Abs. 5 und 7, § 12 Satz 2 und § 17 Abs. 2 genannten Vertragspflichten durch den Auftragnehmer oder seine Nachunternehmer den öffentlichen Auftraggeber zur fristlosen Kündigung des Vertrags berechtigen.
(3) Hat der Auftragnehmer eine der in § 11 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1, Abs. 5 und 7, § 12 Satz 2 und in § 17 Abs. 2 genannten Vertragspflichten verletzt, soll der öffentliche Auftraggeber dieses Unternehmen von der öffentlichen Auftragsvergabe für die Dauer von bis zu drei Jahren ausschließen (Auftragssperre). Satz 1 gilt auch für Nachunternehmer. Vor dem Ausschluss ist dem Unternehmen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Ein ausgeschlossenes Unternehmen ist auf dessen Antrag allgemein oder teilweise wieder zuzulassen, wenn der Grund des Ausschlusses weggefallen ist und mindestens sechs Monate der Auftragssperre abgelaufen sind.
(4) Der öffentliche Auftraggeber darf Maßnahmen nach den Absätzen 1 bis 3 unabhängig von der Geltendmachung einer Vertragsstrafe aus anderem Grunde sowie von der Geltendmachung sonstiger Ansprüche ergreifen.
Abschnitt 2 Rechtsschutz
§ 19 Information der Bieter, Nachprüfung des Vergabeverfahrens unterhalb der Schwellenwerte
(1) Unterhalb der Schwellenwerte nach § 106 Abs. 2 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen informiert der öffentliche Auftraggeber die Bieter, deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollen, über den Namen des Bieters, dessen Angebot angenommen werden soll, und über die Gründe der vorgesehenen Nichtberücksichtigung ihres Angebotes. Er gibt die Information in der nach § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bestimmten Form spätestens sieben Werktage vor dem Vertragsabschluss ab.
(2) Ein Nachprüfungsverfahren wird nur auf schriftlichen oder elektronischen Antrag vor der Nachprüfungsbehörde durchgeführt.
(3) Die Absätze 1 und 2 finden keine Anwendung, wenn der geschätzte Auftragswert bei Bauleistungen ohne Umsatzsteuer einen Betrag von 120 000 Euro, bei Dienstleistungen und Lieferungen ohne Umsatzsteuer einen Betrag von 40 000 Euro nicht übersteigt. § 1 Abs. 1 Satz 4 findet Anwendung.
(4) Der Antrag ist unzulässig, soweit
1.
der Antragsteller den geltend gemachten Verstoß gegen Vergabevorschriften vor Einreichen des Nachprüfungsantrages erkannt und gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber nicht innerhalb einer Frist von zehn Werktagen schriftlich oder elektronisch gerügt hat,
2.
Verstöße gegen Vergabevorschriften, die aufgrund der Bekanntmachung erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der in der Bekanntmachung benannten Frist zur Bewerbung oder zur Angebotsabgabe gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber schriftlich oder elektronisch gerügt werden,
3.
Verstöße gegen Vergabevorschriften, die erst in den Vergabeunterlagen erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der Frist zur Bewerbung oder zur Angebotsabgabe gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber schriftlich oder elektronisch gerügt werden, oder
4.
mehr als 15 Werktage nach Eingang der Mitteilung des öffentlichen Auftraggebers, einer Rüge nicht abhelfen zu wollen, vergangen sind.
(5) Für Amtshandlungen der Nachprüfungsbehörde werden Kosten zur Deckung des Verwaltungsaufwandes erhoben. Die Höhe der Gebühren bestimmt sich nach dem personellen und sachlichen Aufwand der Nachprüfungsbehörde unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung des Gegenstands der Nachprüfung. Die Gebühr beträgt mindestens 100 Euro, soll aber den Betrag von 1 000 Euro nicht überschreiten. Ergibt die Nachprüfung, dass ein Bieter zu Recht das Vergabeverfahren beanstandet hat, sind keine Kosten zu seinen Lasten zu erheben.
§ 20 Verfahrensbeteiligte, Beiladung
Verfahrensbeteiligte des Nachprüfungsverfahrens sind der Antragsteller, der öffentliche Auftraggeber und die Unternehmen, deren Interessen durch die Entscheidung schwerwiegend berührt werden und die deswegen von der Nachprüfungsbehörde beigeladen worden sind.
§ 21 Aussetzung des Vergabeverfahrens
(1) Informiert die Nachprüfungsbehörde den öffentlichen Auftraggeber schriftlich oder elektronisch über den Antrag auf Nachprüfung, darf dieser vor einer Entscheidung der Nachprüfungsbehörde den Zuschlag nicht erteilen.
(2) Die Nachprüfungsbehörde kann dem öffentlichen Auftraggeber auf seinen Antrag oder auf Antrag des Unternehmens, das nach § 19 Abs. 1 Satz 1 vom öffentlichen Auftraggeber als das Unternehmen benannt ist, das den Zuschlag erhalten soll, gestatten, den Zuschlag mit Bekanntgabe dieser Entscheidung zu erteilen, wenn unter Berücksichtigung aller möglicherweise geschädigten Interessen sowie des Interesses der Allgemeinheit an einem raschen Abschluss des Vergabeverfahrens die nachteiligen Folgen einer Verzögerung der Vergabe bis zum Abschluss der Nachprüfung die damit verbundenen Vorteile überwiegen. Bei der Abwägung ist das Interesse der Allgemeinheit an einer wirtschaftlichen Erfüllung der Aufgaben des öffentlichen Auftraggebers zu berücksichtigen. Die Nachprüfungsbehörde berücksichtigt dabei auch die allgemeinen Aussichten des Antragstellers im Vergabeverfahren, den öffentlichen Auftrag zu erhalten. Die Erfolgsaussichten des Nachprüfungsantrags müssen nicht in jedem Falle Gegenstand der Abwägung sein.
(3) Sind Rechte des Antragstellers nach § 97 Abs. 6 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen im Vergabeverfahren auf andere Weise als durch den drohenden Zuschlag gefährdet, kann die Nachprüfungsbehörde auf besonderen Antrag mit weiteren vorläufigen Maßnahmen in das Vergabeverfahren eingreifen. Sie legt dabei den Beurteilungsmaßstab des Absatzes 2 Satz 1 zugrunde.
§ 22 Beschleunigung des Nachprüfungsverfahrens
(1) Die Nachprüfungsbehörde trifft und begründet ihre Entscheidung schriftlich oder elektronisch innerhalb einer Frist von fünf Wochen ab Eingang des Antrags. Bei besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten kann der Vorsitzende im Ausnahmefall die Entscheidungsfrist durch Mitteilung an die Beteiligten um den erforderlichen Zeitraum verlängern. Dieser Zeitraum sollte nicht länger als zwei Wochen dauern. Er begründet diese Verfügung schriftlich oder elektronisch.
(2) Soweit die Nachprüfungsbehörde über einen Antrag auf Nachprüfung nicht innerhalb der in Absatz 1 genannten Frist entschieden hat, gilt der Antrag als abgelehnt.
(3) Die Beteiligten haben an der Aufklärung des Sachverhaltes mitzuwirken, wie es einem auf Förderung und raschen Abschluss des Verfahrens bedachten Vorgehen entspricht. Den Beteiligten können Fristen gesetzt werden, nach deren Ablauf weiterer Vortrag unbeachtet bleiben kann.
(4) Die Nachprüfungsbehörde kann aufgrund mündlicher Verhandlung entscheiden, die sich auf einen Termin beschränken sollte.
§ 23 Ergänzende Anwendung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen
Die Vorschriften über das Verfahren vor der Vergabekammer des Teils 4 Kapitel 2 Abschnitt 2 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen finden entsprechende Anwendung, soweit in diesem Abschnitt keine Regelung getroffen wird.
§ 24 Nachprüfungsbehörden
Die Vergabekammern des Landes Sachsen-Anhalt sind Nachprüfungsbehörde im Sinne des § 158 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen und unterhalb der Schwellenwerte nach § 106 Abs. 2 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen Nachprüfungsbehörde im Sinne der §§ 19 bis 22.
§ 25 Ausgleich für Kosten
Für die Erfüllung der Aufgaben nach diesem Gesetz erhalten die Gemeinden, Verbandsgemeinden und Landkreise vom Land einen Betrag von insgesamt einer Million Euro für jedes Kalenderjahr. Von diesem Betrag erhalten die kreisfreien Städte 25 v. H., die kreisangehörigen Gemeinden 55 v. H. und die Landkreise 20 v. H. Die Verteilung der Mittel erfolgt jeweils zu 75 v. H. nach der Einwohnerzahl und zu 25 v. H. nach der Fläche. Die Auszahlung erfolgt in Raten zum 10. der Monate Februar, Mai, August und November eines jeden Kalenderjahres. Die Verbandsgemeinden erhalten zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach diesem Gesetz einen in der Satzung zur Erhebung der Verbandsgemeindeumlage zu bestimmenden Anteil des Betrages nach Satz 1 ihrer Mitgliedsgemeinden.
Abschnitt 3 Übergangs- und Schlussvorschriften
§ 26 Übergangsvorschrift
Zum Zeitpunkt des allgemeinen Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits begonnene Vergabeverfahren werden nach dem bisherigen Recht fortgesetzt und abgeschlossen.
§ 27 Evaluierung
Dieses Gesetz ist fünf Jahre nach dem allgemeinen Inkrafttreten durch das für öffentliches Auftragswesen zuständige Ministerium zu evaluieren. Das für öffentliches Auftragswesen zuständige Ministerium berichtet dem Landtag zeitnah über das Ergebnis der Evaluierung. Abweichend von Satz 1 wird die Regelung des § 25 durch die Landesregierung im vierten Quartal 2023 überprüft; dem Landtag wird über das Ergebnis spätestens im zweiten Quartal 2024 berichtet. Die Auswirkungen der Schwellenwerte nach § 1 Abs. 1 Satz 2 sind alle zwei Jahre durch das für öffentliches Auftragswesen zuständige Ministerium anhand der allgemeinen Preisentwicklung in Sachsen-Anhalt zu evaluieren; dem Landtag wird zeitnah über das Ergebnis berichtet.
§ 28 Sprachliche Gleichstellung
Personen- und Funktionsbezeichnungen in diesem Gesetz gelten jeweils in männlicher und weiblicher Form.
§ 29 Inkrafttreten, Außerkrafttreten
(1) Dieses Gesetz tritt vorbehaltlich des Satzes 2 am ersten Tag des dritten auf die Verkündung folgenden Kalendermonats in Kraft. § 1 Abs. 2 Satz 3, § 3 Satz 2, § 6, § 7, § 11 Abs. 2 Satz 3 und § 13 Abs. 2 treten am Tag nach der Verkündung in Kraft.
(2) Zum Zeitpunkt des allgemeinen Inkrafttretens nach Absatz 1 Satz 1 treten außer Kraft:
1.
Landesvergabegesetz vom 19. November 2012 (GVBl. LSA S. 536), zuletzt geändert durch Gesetz vom 27. Oktober 2015 (GVBl. LSA S. 562),
2.
Verordnung über die Anwendung des Formularwesens bei der Vergabe öffentlicher Bauaufträge vom 30. April 2013 (GVBl. LSA S. 190),
3.
Repräsentative-Tarifverträge-Verordnung vom 6. Mai 2013 (GVBl. LSA S. 204),
4.
Verordnung über Auftragswerte für die Durchführung von Beschränkten Ausschreibungen und Freihändigen Vergaben nach der Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen - Teil A vom 16. Dezember 2013 (GVBl. LSA S. 561),
5.
Auftragswerteverordnung vom 15. Dezember 2021 (GVBl. LSA S. 615).
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