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DE - Landesrecht Sachsen-Anhalt

Gesetz über das Blinden- und Gehörlosengeld im Land Sachsen-Anhalt Vom 19. Juni 1992

Gesetz über das Blinden- und Gehörlosengeld im Land Sachsen-Anhalt
Vom 19. Juni 1992
*
Zum 11.06.2023 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe
Stand: letzte berücksichtigte Änderung: zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 18. Januar 2019 (GVBl. LSA S. 17)
Fußnoten
*)
Dieses Gesetz dient der Anpassung an die
Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (ABl. L 166 vom 30. 4. 2004, S. 1, ABl. L 200 vom 7. 6. 2004, S. 1, ABl. L 204 vom 4. 8. 2007, S. 30), geändert durch die
Verordnung (EG) Nr. 988/2009 (ABl. L 284 vom 30. 10. 2009, S. 43).

Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis

TitelGültig ab
Gesetz über das Blinden- und Gehörlosengeld im Land Sachsen-Anhalt vom 19. Juni 199201.01.1992
Eingangsformel01.01.1992
§ 101.01.2019
§ 1a01.01.2014
§ 201.01.2017
§ 301.01.2019
§ 401.01.2014
§ 501.01.2017
§ 601.01.2014
§ 701.01.2017
Der Landtag von Sachsen-Anhalt hat das folgende Gesetz beschlossen, das hiermit verkündet wird:

§ 1

(1) Blinde und Gehörlose, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne von
§ 30 Abs. 3 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch
im Land Sachsen-Anhalt haben oder nach der
Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (ABl. L 166 vom 30. 4. 2004, S. 1, ABl. L 200 vom 7. 6. 2004, S. 1, ABl. L 204 vom 4. 8. 2007, S. 30), geändert durch die
Verordnung (EG) Nr. 988/2009 (ABl. L 284 vom 30. 10. 2009, S. 43), anspruchsberechtigt sind, erhalten zum Ausgleich der durch die Blindheit oder Gehörlosigkeit bedingten Mehraufwendungen Blindengeld oder Gehörlosengeld ohne Rücksicht auf Einkommen und Vermögen. Dies gilt auch für Leistungsberechtigte aus den Vertragsstaaten des
Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum
und der Schweiz sowie Hilfskräfte der Europäischen Union.
(2) Blindengeld erhalten auch Personen,
1.
deren Sehschärfe auf keinem Auge und auch nicht bei beidäugiger Prüfung mehr als ein Fünfzigstel beträgt,
2.
bei denen durch Nummer 1 nicht erfasste Störungen des Sehvermögens von einem solchen Schweregrad vorliegen, dass sie der Beeinträchtigung der Sehschärfe nach Nummer 1 gleich zu achten sind,
3.
die hochgradig sehbehindert mit einer Sehschärfe auf keinem Auge und auch nicht bei beidäugiger Prüfung von mehr als einem Zwanzigstel sind,
4.
bei denen durch Nummer 3 nicht erfasste Störungen der Sehfunktion von einem solchen Schweregrad vorliegen, dass sie der Beeinträchtigung der Sehschärfe nach Nummer 3 gleich zu achten sind.
Vorübergehende Störungen sind nicht zu berücksichtigen. Als vorübergehend gilt ein Zeitraum von bis zu sechs Monaten.
(3) Gehörlosengeld erhalten Personen
1.
mit angeborener oder bis zum 7. Lebensjahr erworbener Taubheit oder an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit, soweit der Grad der Behinderung infolge schwerer Störungen des Spracherwerbs 100 beträgt,
2.
mit später erworbener Taubheit, wenn der Grad der Behinderung allein infolge Taubheit und mit der Taubheit einhergehender schwerer Sprachstörung 100 beträgt.
(4) Das Blindengeld nach Absatz 1 und 2 Satz 1 Nrn. 1 und 2 beträgt 360 Euro monatlich, für Minderjährige 250 Euro monatlich. Hochgradig Sehbehinderte nach Absatz 2 Satz 1 Nrn. 3 und 4 und Gehörlose nach Absatz 3 erhalten Blinden- oder Gehörlosengeld in Höhe von 52 Euro monatlich. Die Höhe des Blinden- oder Gehörlosengeldes nach den Sätzen 1 und 2 verändert sich jeweils zum 1. Juli um den von der Bundesregierung für die neuen Bundesländer ermittelten Rentenanpassungssatz in der gesetzlichen Rentenversicherung. Die Anpassung nach Satz 3 wird erstmals zum 1. Juli 2020 vorgenommen.
(5) Der Nachweis über das Vorliegen von Blindheit, hochgradiger
Sehbehinderung oder Gehörlosigkeit nach den Absätzen 1 bis 3 ist durch einen Feststellungsbescheid nach
§ 152 Abs. 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch
zu erbringen.

§ 1a

Leistungen nach diesem Gesetz erhalten nicht Personen,
1.
die wegen ihrer anerkannten Blindheit Versorgung nach dem
Bundesversorgungsgesetz oder nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des
Bundesversorgungsgesetzes vorsehen, beziehen,
2.
die wegen Blindheit aufgrund eines Versicherungsfalles nach dem
Siebten Buch Sozialgesetzbuch Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung beziehen,
3.
bei denen die Nutzung der Leistung durch oder für sie zum Ausgleich des durch die Sehbehinderung bedingten Mehraufwandes nicht möglich ist.

§ 2

(1) Auf das Blindengeld nach
§ 1 Abs. 1 und 2 Satz 1 Nrn. 1 und 2 werden nur gleichartige Leistungen angerechnet, die der Blinde zum Ausgleich der durch die Blindheit bedingten Mehraufwendungen auf Grund anderer öffentlich-rechtlicher Vorschriften erhält. Dies gilt auch für vergleichbare Leistungen aus anderen Staaten der Europäischen Union, Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum und der Schweiz; bei Ausübung einer Erwerbstätigkeit in diesen Staaten sind die Leistungen des Beschäftigungsstaates grundsätzlich vorrangig. Hilfskräfte der Europäischen Union haben ein Wahlrecht, welches nationale Recht angewendet wird.
(2) Leistungen nach dem
Elften Buch Sozialgesetzbuch werden auf das Blindengeld nach
§ 1 Abs. 1 und 2 Satz 1 Nrn. 1 und 2 angerechnet bei
1.
häuslicher Pflege nach den §§ 36 bis 38 des Elften Buches Sozialgesetzbuch
und
2.
Tages- und Nachtpflege nach § 41 des Elften Buches Sozialgesetzbuch
,
auch soweit es sich um Sachleistungen handelt. Bei einer Einordnung in den Pflegegrad 2 nach
§ 15 Abs. 3 Satz 4 Nr. 2 des Elften Buches Sozialgesetzbuch
werden 46 v. H. des Betrages nach § 37 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 des Elften Buches Sozialgesetzbuch
und bei einer Einordnung in die Pflegegrade 3 bis 5 nach
§ 15 Abs. 3 Satz 4 Nrn. 3 bis 5 des Elften Buches Sozialgesetzbuch
werden 33 v. H. des Betrages nach § 37 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 des Elften Buches Sozialgesetzbuch
angerechnet. Besteht der Anspruch auf Leistungen bei häuslicher Pflege nicht für den ganzen Kalendermonat, gilt
§ 37 Abs. 2 des Elften Buches Sozialgesetzbuch
entsprechend.
(3) Leistungen aus einer privaten Pflegeversicherung werden in gleicher Höhe wie Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung angerechnet. Dies gilt auch für entsprechende Leistungen nach beamtenrechtlichen Vorschriften.

§ 3

(1) Das Blindengeld nach
§ 1 Abs. 1 und 2 Satz 1 Nrn. 1 und 2 und Abs. 4 Satz 1 erster Teilsatz
vermindert sich um die Hälfte, solange der Berechtigte sich in einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung aufhält, es sei denn, dass die Kosten dieses Aufenthaltes überwiegend von ihm oder einem nach bürgerlichem Recht unterhaltspflichtigen Dritten getragen werden. Satz 1 gilt nicht für stationäre Einrichtungen zur schulischen und beruflichen Ausbildung. Die Kürzung gilt für jeden vollen Kalendermonat. Sie gilt ab dem ersten Tag des Folgemonats, der auf den Eintritt in die Einrichtung folgt.
(2) Das Blindengeld nach
§ 1 Abs. 1 und 2 Satz 1 Nrn. 1 und 2 und Abs. 4 Satz 1 erster Teilsatz
vermindert sich um die Hälfte für die Dauer der Verbüßung einer freiheitsentziehenden Maßnahme aufgrund rechtskräftiger Verurteilung durch ein deutsches Gericht oder für die Zeit einer gerichtlich angeordneten Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus, einer Unterbringung in einer geschlossenen Einrichtung der Jugendhilfe oder einer vergleichbaren Einrichtung. Die Kürzung gilt für jeden vollen Kalendermonat. Sie gilt ab dem ersten Tag des Folgemonats, der auf den Eintritt in die Einrichtung folgt.
(3) Für jeden vollen Tag vorübergehender Abwesenheit von der Einrichtung nach Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 Satz 1 wird die Leistung in Höhe von je einem Dreißigstel des Betrages nach
§ 1 Abs. 4 Satz 1 erster Teilsatz gewährt, wenn die vorübergehende Abwesenheit länger als sechs volle zusammenhängende Tage dauert; der Betrag nach Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 2 Satz 1 wird im gleichen Verhältnis gekürzt.

§ 4

(1) Das Blinden- oder Gehörlosengeld wird auf Antrag gewährt. Der Anspruch entsteht mit dem Ersten des Monats, in dem die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind, frühestens mit dem Ersten des Monats, in dem der Antrag gestellt wird. Satz 2 gilt entsprechend, wenn eine höhere Leistung beantragt wird. Die Minderung oder Entziehung der Leistung wird mit dem ersten Tag des Folgemonats wirksam, in dem die Voraussetzungen für ihre Gewährung weggefallen sind. Ist beim Tod der blinden oder gehörlosen Person das Blinden- oder Gehörlosengeld noch nicht ausgezahlt, erlischt der Anspruch.
(2) Der Anspruch entsteht für jeden Monat, in dem die Voraussetzungen an einem Tage vorliegen.
(3) Das Blinden- oder Gehörlosengeld wird in Monatsbeträgen im voraus gezahlt.
(4) Der Anspruch auf Leistungen nach diesem Gesetz kann nicht übertragen, verpfändet oder gepfändet werden. Er ist nicht vererblich.

§ 5

Empfänger von Blinden- oder Gehörlosengeld sind verpflichtet, Änderungen, die für die Gewährung der Leistungen maßgebend sind, unverzüglich anzuzeigen. Dazu gehören insbesondere:
1.
Änderungen des gewöhnlichen Aufenthaltes,
2.
Änderungen des Seh- oder Hörvermögens,
3.
die Aufnahme in ein Heim oder eine gleichartige Einrichtung,
4.
die in § 3 Abs. 2 genannten Tatbestände,
5.
Leistungen aufgrund anderer Rechtsvorschriften zum Ausgleich der durch die Blindheit bedingten Mehraufwendungen.

§ 6

(1) Zuständig für die Durchführung dieses Gesetzes ist das Landesverwaltungsamt.
(2) Soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, finden das
Erste und das Zehnte Buch Sozialgesetzbuch
, das Gesetz über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung
und die Vorschriften des Sozialgerichtsgesetzes
über das Vorverfahren entsprechende Anwendung. Abweichend von
§ 51 Abs. 2 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch
können Ansprüche auf Erstattung zu Unrecht gezahlten Blinden- und Gehörlosengeldes uneingeschränkt mit dem Anspruch auf laufende Geldleistungen nach diesem Gesetz aufgerechnet werden. Abweichend von
§ 45 Abs. 3 Satz 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch
kann ein rechtswidrig begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung jederzeit mit Wirkung für die Zukunft zurückgenommen werden. Leistungen, die zu einer Minderung des Anspruches auf Blindengeld führen, gelten als Einkommen im Sinne des
§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch
. Für Leistungen für die Zeit nach dem Tode des Berechtigten findet
§ 118 Abs. 3 bis 4a des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch
entsprechende Anwendung.
(3) Für Streitigkeiten nach diesem Gesetz ist der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit gegeben.
(4) Die nach Absatz 1 zuständige Behörde erhält anhand der ihr bekannten Wohnorte der Leistungsempfänger von der jeweils zuständigen Meldebehörde folgende Angaben:
1.
im Sterbefall den Sterbetag,
2.
bei Umzug die neue Anschrift und den Tag des Auszuges.
Die Übermittlung erfolgt einmal kalenderjährlich auf Veranlassung der nach Absatz 1 zuständigen Behörde. Zur Identifizierung werden von beiden Behörden der vollständige Name einschließlich früherer Namen, die zuletzt bekannte Anschrift, der Geburtstag und das Geschlecht des Betroffenen verwendet.

§ 7

Wer für den Monat Dezember 2016 gleichzeitig Anspruch auf Blindengeld ohne Pflegegeld oder auf Blindengeld und auf Pflegegeld der Pflegestufe I sowie auf verbesserte Pflegeleistungen für Personen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz nach dem
Elften Buch Sozialgesetzbuch in der bis zum 31. Dezember 2016 geltenden Fassung hatte, erhält das Blindengeld weiterhin in der für den Monat Dezember 2016 gezahlten Höhe, solange er nach
§ 1 anspruchsberechtigt ist. Allgemeine Anhebungen des Blindengeldes nach
§ 1 Abs. 4 kommen ihm erst zugute, wenn und soweit sich danach unter Berücksichtigung von Anrechnungen nach
§ 2 Abs. 2 Satz 2 ein höherer Auszahlungsbetrag ergibt.
Magdeburg, den 19. Juni 1992.
Der Ministerpräsident
des Landes Sachsen-Anhalt
Prof. Dr. Münch
Der Minister für Arbeit und Soziales
des Landes Sachsen-Anhalt
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