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Bekanntmachung der Landtagsinformationsvereinbarung Vom 2. Mai 2005

Bekanntmachung der Landtagsinformationsvereinbarung Vom 2. Mai 2005
Zum 11.06.2023 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe

Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis

TitelGültig ab
Bekanntmachung der Landtagsinformationsvereinbarung vom 2. Mai 200501.06.2005
Eingangsformel01.06.2005
Anlage - Vereinbarung zwischen dem Landtag und der Landesregierung über die Unterrichtung des Landtages durch die Landesregierung gemäß Artikel 62 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt (Landtagsinformationsvereinbarung - LIV)01.06.2005
Aufgrund des § 4 Satz 2 des Landtagsinformationsgesetzes vom 30. November 2004 (GVBl. LSA S. 810) wird in der Anlage die Landtagsinformationsvereinbarung vom 15. April 2005 bekannt gemacht.
Magdeburg, den 2. Mai 2005.
Ministerium der Justiz des Landes Sachsen-Anhalt
In Vertretung
Söker

Anlage

Vereinbarung zwischen dem Landtag und der Landesregierung über die Unterrichtung des Landtages durch die Landesregierung gemäß Artikel 62 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt (Landtagsinformationsvereinbarung - LIV)
Aufgrund des § 4 des Gesetzes über die Unterrichtung des Landtages durch die Landesregierung vom 30. November 2004 (GVBl. LSA S. 810) schließen der Landtag von Sachsen-Anhalt - vertreten durch den Präsidenten des Landtages - und die Landesregierung - vertreten durch den Ministerpräsidenten des Landes Sachsen-Anhalt - folgende Vereinbarung über die Unterrichtung des Landtages durch die Landesregierung:
I.
Vorhaben der Landesgesetzgebung
Die Landesregierung unterrichtet den Landtag über Gesetzentwürfe der Landesregierung (Referentenentwürfe), sobald sie den kommunalen Spitzenverbänden, sonstigen Verbänden, Organisationen oder Körperschaften nach Abschluss des Ressortanhörungsverfahrens zur Anhörung zugeleitet werden.
II.
Beabsichtigte Staatsverträge
1.
Will die Landesregierung einen Staatsvertrag abschließen, so unterrichtet sie den Landtag mindestens vier Wochen vor Unterzeichnung des Staatsvertrages.
2.
Die Unterrichtung erfolgt schriftlich; sie enthält den voraussichtlichen Text des Staatsvertrages und stellt seinen wesentlichen Gegenstand sowie die für und gegen seinen Abschluss sprechenden Gründe dar. Der Termin der beabsichtigten Unterzeichnung des Staatsvertrages ist mitzuteilen und eine Frist zu benennen, in der eine Stellungnahme des Landtages durch die Landesregierung berücksichtigt werden kann.
3.
Der Landtag informiert die Landesregierung rechtzeitig, wenn sich aufgrund der Unterrichtung Einwände ergeben, die zu einer Verweigerung der Zustimmung gemäß Artikel 69 Abs. 2 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt führen könnten.
4.
Gibt der Landtag eine Stellungnahme ab, so berücksichtigt die Landesregierung diese bei ihrer Entscheidung; dies gilt auch bei Stellungnahmen, die erst nach Ablauf der nach Nummer 2 mitgeteilten Frist eingehen, sofern es nach dem Verfahrensstand noch möglich ist.
5.
Für die beabsichtigte Kündigung eines Staatsvertrages gelten die Nummern 1 und 2 entsprechend.
III.
Beabsichtigte Verwaltungsabkommen
Die für Staatsverträge vereinbarten Regelungen nach Abschnitt II gelten sinngemäß für Verwaltungsabkommen, soweit sie für das Land von grundsätzlicher Bedeutung sind oder im Landeshaushalt zu Mehrausgaben oder Mindereinnahmen von jeweils über 750000 Euro führen würden.
IV.
Angelegenheiten der Landesplanung
Die Landesregierung unterrichtet den Landtag rechtzeitig über Vorhaben, die für die Entwicklung des Landesgebiets oder größerer Teile desselben raumbedeutsam sind; die Unterrichtung erfolgt schriftlich.
V.
Gutachten
Die Landesregierung stellt dem Landtag in ihrem Auftrag erstellte Gutachten zur Verfügung, soweit diese für das Land von grundsätzlicher Bedeutung sind. § 3 des Landtagsinformationsgesetzes gilt entsprechend.
VI.
Bundesratsangelegenheiten
1.
Die Landesregierung unterrichtet den Landtag unverzüglich, wenn beim Bundesrat Gesetzesinitiativen eingegangen sind,
a)
mit denen im Weg einer Verfassungsänderung Kompetenzen der Länder auf den Bund oder Kompetenzen des Bundes auf die Länder verlagert werden sollen,
b)
mit denen das Grundgesetz in anderer Weise geändert werden soll,
c)
den Ländern durch Bundesgesetz Regelungskompetenzen eingeräumt werden sollen oder
d)
die aus anderen Gründen für das Land Sachsen-Anhalt von erheblicher landespolitischer einschließlich finanzieller Bedeutung sind.
Dies gilt entsprechend, wenn Entschließungsanträge oder andere Initiativen von vergleichbarer politischer Bedeutung beim Bundesrat eingegangen sind.
2.
Beabsichtigt die Landesregierung, entsprechende Gesetzesinitiativen, Verordnungsanträge, Entschließungsanträge, Änderungsanträge oder andere Initiativen in den Bundesrat einzubringen, so leitet sie dem Landtag den Wortlaut der Initiative spätestens gleichzeitig mit der Übermittlung an den Bundesrat zu. Die Fristen des § 23 der Geschäftsordnung des Bundesrates sind zu berücksichtigen.
3.
Gibt der Landtag oder ein hierzu ermächtigter Ausschuss gegenüber der Landesregierung eine Stellungnahme ab, so wird die Landesregierung diese bei ihrer Entscheidung über ihr Abstimmungsverhalten im Bundesrat berücksichtigen. Erfolgt die Stellungnahme durch den Ausschuss, bedarf sie der nachträglichen Bestätigung durch den Landtag. Bei Vorhaben, die Gesetzgebungszuständigkeiten des Landtages wesentlich berühren oder Änderungen des Grundgesetzes zum Gegenstand haben, berücksichtigt die Landesregierung diese Stellungnahme des Landtages maßgeblich; eine rechtliche Bindung besteht nicht. Folgt die Landesregierung der Stellungnahme nicht, gibt sie gegenüber dem Landtag einen Bericht und erläutert die Gründe. Die Landesregierung kann den Bericht schriftlich gegenüber dem Landtag oder mündlich im zuständigen Ausschuss abgeben.
VII.
Zusammenarbeit mit dem Bund, den Ländern, den Regionen, anderen Staaten und zwischenstaatlichen Einrichtungen
1.
Die Landesregierung unterrichtet den Landtag unverzüglich schriftlich über die wesentlichen Ergebnisse der Fachministerkonferenzen, soweit sie zur Veröffentlichung freigegeben und für das Land von grundsätzlicher Bedeutung sind. Gleiches gilt für die Ministerpräsidentenkonferenzen und die Beratungen der Chefs der Staatskanzleien.
2.
Unabhängig von Nummer 1 wird die Landesregierung den Landtag auch über sonstige Ereignisse der Zusammenarbeit mit dem Bund, den Ländern, den Regionen, anderen Staaten und zwischenstaatlichen Einrichtungen informieren, die für das Land von grundsätzlicher Bedeutung sind.
VIII.
Angelegenheiten der Europäischen Union
1.
Die Landesregierung unterrichtet den Landtag unverzüglich schriftlich über alle Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union, die für das Land von grundsätzlicher Bedeutung sind, und gibt ihm Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Landesregierung unterrichtet den Landtag unverzüglich schriftlich insbesondere auch über Initiativen, die eine Verlagerung von Kompetenzen der Länder auf die Europäische Union zur Folge hätten.
2.
Die Landesregierung übermittelt dem Landtag unverzüglich die im Bundesrat erstellten Eingangslisten über die dem Bundesrat zugeleiteten Dokumente. Auf Verlangen wird ihm - sofern nicht zwingende Gründe, insbesondere die Vertraulichkeit von Verhandlungen, entgegenstehen - eine Kopie einzelner darin erfasster Dokumente der Organe der Europäischen Union, die für eine Behandlung im Landtag benötigt werden, zugeleitet, sofern durch das jeweilige Vorhaben der Europäischen Union ausschließliche Gesetzgebungskompetenzen der Länder oder konkurrierende Gesetzgebungskompetenzen des Bundes, von denen dieser nicht Gebrauch gemacht hat, oder die Kompetenzen des Bundes zum Erlass von Rahmenvorschriften, zu deren Ausfüllung die Länder verpflichtet sind, betroffen sind.
3.
Die Landesregierung weist den Landtag unverzüglich schriftlich auf im Zusammenhang mit der Behandlung von Vorhaben der Europäischen Union durch den Bundesrat festgestellte Verstöße gegen das Subsidiaritätsprinzip hin.
4.
Die Landesregierung unterrichtet den Landtag unverzüglich schriftlich über beabsichtigte Vertragsänderungen im Rahmen von Regierungskonferenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die für die Interessen des Landes von grundsätzlicher Bedeutung sind.
5.
Die Landesregierung übermittelt dem Landtag jährlich vorausschauend einen Bericht über Schwerpunkte der europäischen Aktivitäten der Landesregierung, in dem übergreifende Entwicklungen angesprochen werden, insbesondere über
-
die bilaterale und multilaterale interregionale Zusammenarbeit,
-
grundsätzliche und neue europapolitische Entwicklungen im Bundesrat,
-
die Verwirklichung des Subsidiaritätsprinzips in der Rechtsetzung der Gemeinschaftsorgane,
-
aktuelle Entwicklungen und Perspektiven der europäischen Integration aus der Sicht der Landesregierung und
-
die Schwerpunkte der Landesregierung zum Legislativ- und Arbeitsprogramm der Kommission der Europäischen Union.
6.
Die Landesregierung übermittelt dem Landtag halbjährlich die von der jeweiligen Präsidentschaft des Rates der Europäischen Union vorgelegten Schwerpunkte ihrer Tätigkeit.
7.
Die Landesregierung wird ihr rechtzeitig zugegangene Stellungnahmen des Landtages oder eines hierzu ermächtigten Ausschusses zu Angelegenheiten der Europäischen Union bei ihrer Entscheidung berücksichtigen. Sind durch Angelegenheiten der Europäischen Union Gesetzgebungszuständigkeiten oder substanzielle finanzielle Interessen der Länder berührt, sichert die Landesregierung zu, diese maßgeblich zu berücksichtigen. Entsprechendes gilt für die Übertragung von Hoheitsrechten der Länder auf die Europäische Union sowie für die Fälle, in denen die Verhandlungsführung im Rat der Europäischen Union auf einen Vertreter der Länder übertragen worden ist. Weicht die Landesregierung in den Fällen der maßgeblichen Berücksichtigung von Stellungnahmen des Landtages ab, so teilt sie nach der Sitzung des Bundesrates dem zuständigen Ausschuss die maßgeblichen Gründe mit.
IX.
Absehen von der Unterrichtung
Eine Verpflichtung der Landesregierung zur Information aus dem Kernbereich der Exekutive besteht nicht. Die Landesregierung kann auch von einer Unterrichtung absehen, wenn die Verpflichtung hierzu geheimhaltungsbedürftige Angelegenheiten betrifft oder geschützte Interessen Dritter beeinträchtigt würden. Ablehnende Entscheidungen auf der Grundlage der Sätze 1 und 2 sind schriftlich zu begründen.
X.
Anwendung und Auslegung der Vereinbarung
1.
Landtag und Landesregierung werden diese Vereinbarung im Geist interorganfreundlichen Verhaltens anwenden und auslegen.
2.
Dabei wird die Landesregierung das Interesse des Landtages einbeziehen,
a)
nach einer Unterrichtung insbesondere maßgebliche Änderungen gegenüber dem übermittelten Sachstand zu erfahren; dies gilt sinngemäß, wenn die abschließende Entscheidung der Landesregierung wesentlich von einer zuvor mitgeteilten eigenen Position oder einem Beschluss des Landtages zu dieser Unterrichtung abweicht;
b)
auch dann eine Information zu erhalten, wenn Gegenstände für das Land von grundsätzlicher Bedeutung sind oder über die vereinbarten Fallgruppen hinaus Belange des Landtages wesentlich berühren.
3.
Der Landtag wird bei der Auslegung der Vereinbarung einbeziehen,
a)
dass die Landesregierung hinsichtlich Art, Zeitpunkt und Inhalt der Unterrichtung die jeweiligen tatsächlichen und verfahrensökonomischen Möglichkeiten berücksichtigen muss; dies schließt ein, dass grundsätzlich alle Mitglieder der Landesregierung Gelegenheit haben müssen, vor einer Mitteilung an den Landtag über den Unterrichtungsgegenstand informiert zu werden;
b)
dass die Landesregierung auch unabhängig vom Vorliegen einer Stellungnahme beschließen kann, wenn besondere Eilbedürftigkeit besteht; dies gilt auch und im Besonderen in Angelegenheiten der Europäischen Union. Die Gründe für die besondere Eilbedürftigkeit sind innerhalb von vier Wochen darzulegen.
4.
Fragen oder Vorhalte von Mitgliedern des Landtages bezüglich der Anwendung oder Auslegung dieser Vereinbarung werden auf Antrag einer Fraktion im Ältestenrat beraten; Fragen oder Vorhalte von Mitgliedern der Landesregierung bezüglich der Anwendung oder Auslegung dieser Vereinbarung werden im Kabinett beraten. Sie sollen abschließend - falls erforderlich - im Einvernehmen zwischen Landtag und Landesregierung geklärt werden.
5.
Landtag und Landesregierung sind sich darin einig, die Möglichkeiten der modernen Informations- und Kommunikationstechnik zu nutzen.
6.
Landtag und Landesregierung werden jeweils in der Mitte einer Legislaturperiode - erstmalig im Jahre 2005 - prüfen, ob aufgrund der konkreten Erfahrungen eine Veränderung dieser Vereinbarung angezeigt erscheint. Unberührt bleibt eine gemeinsame Überprüfung bei entsprechendem Anlass.
7.
Es besteht Einvernehmen, dass eine rechtliche Bindung der Landesregierung an Stellungnahmen des Landtages nicht besteht.
XI.
In-Kraft-Treten
Diese Vereinbarung tritt am 1. Juni 2005 in Kraft.
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