Verordnung über das öffentliche Beschaffungswesen (841.11)
CH - SG

Verordnung über das öffentliche Beschaffungswesen

Verordnung über das öffentliche Beschaffungswesen vom 25. April 2023 (Stand 1. Juni 2023) Die Regierung des Kantons St.Gallen erlässt in Ausführung der Interkantonalen Vereinbarung über das öffentliche Beschaf - fungswesen aus dem Jahr 2019
1 und von Art. 2 und 5 des Einführungsgesetzes zur Interkantonalen Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen aus dem Jahr 2019 vom 21. September 2022
2 als Verordnung:
3 I. Allgemeine Grundsätze (1.)

Art. 1 Gegenstand

1 Diese Verordnung regelt die Einzelheiten für die Vergabe von Aufträgen, die von der Interkantonalen Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen aus dem Jahr 2019 und dem Einführungsgesetz zur Interkantonalen Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen aus dem Jahr 2019
4 vom 21. September
2022
5 erfasst werden.

Art. 2 Berücksichtigung der Bedürfnisse und der Leistungsfähigkeit kleinerer

und mittlerer Unternehmungen ( Art. 2 Bst. a EGöB)
1 Die Auftraggeberin oder der Auftraggeber gestaltet das Beschaffungsverfahren nach Möglichkeit so, dass kleinere und mittlere Unternehmungen mit angemesse - nem Aufwand ihre Leistungen anbieten können. Darunter fällt insbesondere die Aufteilung grösserer Aufträge in Lose, soweit dies zulässig sowie wirtschaftlich und technisch sinnvoll ist.
1 sGS 841.51 ; abgekürzt IVöB.
2 sGS 841.1 ; abgekürzt EGöB.
3 Abgekürzt VöB. In Vollzug ab 1. Juni 2023.
4 sGS 841.51 ; abgekürzt IVöB.
5 sGS 841.1 ; abgekürzt EGöB.
2 Sie oder er berücksichtigt die Leistungsfähigkeit kleiner und mittlerer Unterneh - mungen bei: a) der Bezeichnung der Teilnahmebedingungen; b) den Eignungskriterien; c) den technischen Spezifikationen.
3 Die geforderten Nachweise zur Leistungsfähigkeit stehen in angemessenem Ver - hältnis zum Auftragsgegenstand.
Art. 3 Nachhaltigkeit ( Art. 2 Bst. a IVöB und Art. 2
1 Die Auftraggeberin oder der Auftraggeber beachtet die drei Nachhaltigkeitsdi - mensionen Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt in allen Phasen des Beschaffungs - verfahrens.
2 Sie oder er wendet hierzu nach Möglichkeit entsprechende technische Spezifika - tionen, Eignungskriterien und Zuschlagskriterien an.
3 Sie oder er berücksichtigt bei der Bewertung eines Angebots nach Möglichkeit alle Kosten während und nach der voraussichtlichen Nutzungsdauer der Leistung.

Art. 4 Massnahmen gegen Interessenkonflikte und Korruption ( Art. 11 Bst. b

IVöB)
1 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einer Auftraggeberin oder eines Auftraggebers sowie beauftragte Dritte, die an einem Vergabeverfahren mitwirken, sind ver - pflichtet: a) Nebenbeschäftigungen und Auftragsverhältnisse sowie Interessenbindungen, die zu einem Interessenkonflikt beim Vergabeverfahren führen können, offen - zulegen; b) eine Erklärung ihrer Unbefangenheit zu unterzeichnen.
2 Die Auftraggeberin oder der Auftraggeber nimmt eine Integritätsklausel in die Beschaffungs- und Ausführungsunterlagen auf, die sie oder ihn und die Anbiete - rinnen und Anbieter verpflichtet, alle erforderlichen Massnahmen zur Vermei - dung von Bestechung und anderem unethischen Verhalten zu ergreifen.

Art. 5 Lohngleichheit von Frau und Mann ( Art. 12 Abs. 1 IVöB)

1 Anbieterinnen und Anbieter, die nach dem Bundesgesetz über die Gleichstellung von Frau und Mann vom 24. März 1995
6 zur Durchführung einer Lohngleich - heitsanalyse verpflichtet sind, reichen mit dem Angebot ein: a) das Ergebnis der Lohngleichheitsanalyse nach Art. 13a GlG und, soweit

Art. 13d GlG Anwendung findet, den Bericht der unabhängigen Stelle;

6 SR 151.1 ; abgekürzt GlG.
b) die Kontrollbestätigung einer staatlichen Stelle, wenn eine Ausnahme nach

Art. 13b GlG vorliegt.

2 Alle übrigen Anbieterinnen und Anbieter bestätigen die Einhaltung der Lohn - gleichheit von Frau und Mann mittels Selbstdeklaration. II. Vergabeverfahren (2.)

Art. 6 Dialog ( Art. 24 IVöB)

1 Die Auftraggeberin oder der Auftraggeber lädt nach Möglichkeit wenigstens drei Anbieterinnen und Anbieter zum Dialog ein.
2 Der Ablauf des Dialogs einschliesslich Dauer, Fristen, Entschädigung und Nut - zung der Immaterialgüterrechte werden in einer Dialogvereinbarung festgelegt. Die Zustimmung zur Dialogvereinbarung bildet eine Voraussetzung für die Teil - nahme am Dialog.
3 Nach Abschluss des Dialogs informiert die Auftraggeberin oder der Auftraggeber alle im Dialog verbliebenen Anbieterinnen und Anbieter über die relevanten Er - gebnisse und lädt sie ein, ihr endgültiges Angebot einzureichen.
4 Während eines Dialogs und auch nach der Zuschlagserteilung dürfen ohne schriftliche Zustimmung der betroffenen Anbieterin oder des betroffenen Anbie - ters keine Informationen über Lösungen und Vorgehensweisen der einzelnen An - bieterinnen und Anbieter weitergegeben werden.

Art. 7 Nachweise ( Art. 26 und 27 IVöB)

1 Um zu prüfen, ob die Anbieterinnen und Anbieter die Teilnahmebedingungen und die Eignungskriterien erfüllen, fordert die Auftraggeberin oder der Auftragge - ber unter Berücksichtigung des konkreten Auftrags die geeigneten und erforderli - chen Unterlagen oder Nachweise nach dem Anhang zu diesem Erlass an.

Art. 8 Verzeichnisse ( Art. 28 IVöB)

1 Die Auftraggeberin oder der Auftraggeber meldet dem Finanzdepartement Ver - zeichnisse nach Art. 28 IVöB zur Veröffentlichung.
2 Das Recht zur Einforderung weiterer Nachweise nach Art. 7 dieses Erlasses bleibt vom Eintrag in einem Verzeichnis unberührt.

Art. 9 Entschädigung der Anbieterinnen und Anbieter ( Art. 24 Abs. 3 Bst. c

und Art. 36 Bst. h IVöB)
1 Die Ausarbeitung des Antrags auf Teilnahme und des Angebots wird nicht ent - schädigt.
2 Verlangt die Auftraggeberin oder der Auftraggeber Vorleistungen, die über den gewöhnlichen Aufwand hinausgehen, gibt sie oder er in den Ausschreibungsun - terlagen bekannt, ob und wie diese Vorleistungen entschädigt werden.

Art. 10 Fragen zu den Ausschreibungsunterlagen ( Art. 36 Bst. h IVöB)

1 Die Auftraggeberin oder der Auftraggeber bestimmt in den Ausschreibungsun - terlagen, bis zu welchem Zeitpunkt sie oder er Fragen entgegennimmt.
2 Sie oder er anonymisiert alle Fragen zu den Ausschreibungsunterlagen und stellt die Fragen und die Antworten innert weniger Arbeitstage nach Ablauf der Einrei - chungsfrist für Fragen allen Anbieterinnen und Anbietern gleichzeitig zur Verfü - gung.

Art. 11 Angebotsöffnung ( Art. 37 IVöB)

1 Die Angebotsöffnung ist nicht öffentlich.
2 Kantonale Auftraggeberinnen und Auftraggeber veröffentlichen nach der Öff - nung der Angebote im offenen und selektiven Verfahren die Nettopreise nach den Vorgaben des Finanzdepartementes im Internet. Die übrigen Auftraggeberinnen und Auftraggeber geben den Anbieterinnen und Anbietern die Nettopreise direkt bekannt oder veröffentlichen sie im Internet.
3 Beim Dialog werden nur die Nettopreise der endgültigen Angebote bekanntgege - ben.

Art. 12 Dokumentationspflichten ( Art. 38 bis 40 IVöB)

1 Die Auftraggeberin oder der Auftraggeber dokumentiert die Prüfung, die Berei - nigung und die Bewertung der Angebote in einem Evaluationsbericht so, dass diese nachvollziehbar sind.
2 Das Protokoll der Angebotsbereinigung enthält wenigstens folgende Angaben: a) Ort; b) Datum; c) Namen der Teilnehmenden; d) bereinigte Angebotsbestandteile; e) Resultate der Bereinigung.

Art. 13 Debriefing ( Art. 51 IVöB)

1 Die Auftraggeberin oder der Auftraggeber führt mit nicht berücksichtigten An - bieterinnen und Anbietern auf deren Verlangen hin ein Debriefing durch.
2 Im Debriefing werden insbesondere die wesentlichen Gründe für die Nichtbe - rücksichtigung des Angebots bekanntgegeben. Die Vertraulichkeit nach Art. 51 Abs. 4 IVöB wird beachtet.

Art. 14 Wettbewerbe und Studienaufträge ( Art. 22 IVöB)

a) Anwendungsbereich
1 Mit Wettbewerben und Studienaufträgen kann die Auftraggeberin oder der Auf - traggeber verschiedene Lösungen, insbesondere in konzeptioneller, gestalterischer, ökologischer, wirtschaftlicher, funktionaler oder technischer Hinsicht, ausarbeiten lassen.
2 Wettbewerbe und Studienaufträge können zur Beschaffung sämtlicher Leistun - gen nach Art. 8 Abs. 2 IVöB durchgeführt werden.

Art. 15 b) Arten

1 Planungswettbewerbe können durchgeführt werden zur Erarbeitung von Lö - sungsvorschlägen: a) als Ideenwettbewerb zu allgemein umschriebenen und abgegrenzten Aufga - ben; b) als Projektwettbewerb zu konkret umschriebenen Aufgaben und zur Vergabe der teilweisen oder umfassenden Realisierung der Lösung.
2 Gesamtleistungswettbewerbe können zur Erarbeitung von Lösungsvorschlägen zu konkret umschriebenen Aufgaben und zur Vergabe der Realisierung dieser Lö - sung durchgeführt werden.
3 Studienaufträge können für Aufgabenstellungen, die aufgrund ihrer Komplexität erst im Lauf des weiteren Verfahrens präzisiert und vervollständigt werden kön - nen, erteilt werden.

Art. 16 c) Verfahren

1 Wettbewerbe und Studienaufträge werden im offenen oder im selektiven Verfah - ren ausgeschrieben, wenn der Auftragswert den massgebenden Schwellenwert nach Anhang 1 oder 2 zur IVöB erreicht.
2 Die Anzahl der Teilnehmenden kann im Verlauf des Verfahrens reduziert wer - den, sofern auf diese Möglichkeit in der Ausschreibung hingewiesen wurde.
III. Rechtsschutz (3.)

Art. 17 Eröffnung von Verfügungen ( Art. 51 Abs. 1 IVöB)

1 Die Auftraggeberin oder der Auftraggeber gibt in den Ausschreibungsunterlagen bekannt, welche Verfügungen ausschliesslich durch Veröffentlichung auf der In - ternetplattform von Bund und Kantonen eröffnet werden.

Art. 18 Aufschiebende Wirkung ( Art. 54 IVöB)

1 Die Präsidentin oder der Präsident des Verwaltungsgerichtes entscheidet über die aufschiebende Wirkung innert 20 Tagen nach Eingang der Beschwerde. IV. Weitere Bestimmungen (4.)

Art. 19 Sanktionen ( Art. 45 IVöB)

1 Die Auftraggeberin oder der Auftraggeber verfügt Sanktionen nach Art. 45 Abs. 1 IVöB.
2 Die Auftraggeberin oder der Auftraggeber meldet rechtskräftige Sanktionen nach Abs. 1 dieser Bestimmung und unzulässige Wettbewerbsabreden dem Finanzde - partement. Dieses leitet die Meldungen nach Art. 45 Abs. 2 IVöB an die Wettbe - werbskommission und nach Art. 45 Abs. 3 IVöB an das Interkantonale Organ für das öffentliche Beschaffungswesen weiter.
3 Zuständig für den Entzug oder die Rückforderung der finanziellen Beiträge nach

Art. 45 Abs. 5 IVöB ist die Behörde, welche die Beiträge gesprochen hat.

Art. 20 Statistik ( Art. 50 IVöB)

1 Das Finanzdepartement erstellt jährlich zuhanden der zuständigen Stelle des Bundes die Statistik über die Beschaffungen des Vorjahres im Staatsvertragsbe - reich.
2 Es stellt der kantonalen Statistikstelle jährlich eine Liste aller im Vorjahr auf der Internetplattform von Bund und Kantonen publizierten Ausschreibungen und Zuschläge mit allen verfügbaren Angaben zu. Diese veröffentlicht eine Gesamtaus - wertung.

Art. 21 Aufsicht ( Art. 62 IVöB)

1 Rahmen ihrer Dienstaufsicht auch die Einhaltung der Gesetzgebung über das öf - fentliche Beschaffungswesen.
2 Werden öffentliche Aufgaben an Private übertragen, stellt das zuständige öffentli - che Organ in der Leistungsvereinbarung die Einhaltung des öffentlichen Beschaf - fungsrechts durch die Leistungserbringerin oder den Leistungserbringer sicher. Dies umfasst insbesondere: a) die Pflicht zur Durchführung öffentlicher Vergabeverfahren in Bezug auf Aufträge im Bereich der Leistungsvereinbarung; b) die Berichterstattung über die Erfüllung dieser Pflicht.
3 Das Finanzdepartement ist zuständig für Anzeigen an das Interkantonale Organ über das öffentliche Beschaffungswesen bezüglich Einhaltung der IVöB durch andere Kantone nach Art. 62 Abs. 2 IVöB.

Art. 22 Aus- und Weiterbildung

1 Die Auftraggeberin oder der Auftraggeber stellt sicher, dass die mit Vergabever - fahren betrauten Personen oder Organisationen die Gesetzgebung über das öffent - liche Beschaffungswesen kennen und einhalten.
2 Für die Aus- und Weiterbildung im Beschaffungswesen ist das Kompetenzzen - trum Beschaffung im Finanzdepartement zuständig.

Art. 23 Vollzugshilfe

1 Das Finanzdepartement stellt den Auftraggeberinnen und Auftraggebern eine Vollzugshilfe insbesondere zu folgenden Bereichen zur Verfügung: a) nachhaltige Beschaffung; b) Berücksichtigung der Bedürfnisse und der Leistungsfähigkeit von kleinen und mittleren Unternehmungen; c) Veröffentlichung der Nettopreise nach Art. 11 Abs. 2 dieses Erlasses; d) elektronische Einreichung von Angeboten.
* Änderungstabelle - Nach Bestimmung Bestimmung Änderungstyp nGS-Fundstelle Erlassdatum Vollzugsbeginn Erlass Grunderlass 2023-031 25.04.2023 01.06.2023 * Änderungstabelle - Nach Erlassdatum Erlassdatum Vollzugsbeginn Bestimmung Änderungstyp nGS-Fundstelle
25.04.2023 01.06.2023 Erlass Grunderlass 2023-031
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