Verordnung über den Vorbereitungsdienst für den höheren Archivdienst des Bundes (HArchDVDV)
HArchDVDV
Ausfertigungsdatum: 19.06.2017
Vollzitat:
"Verordnung über den Vorbereitungsdienst für den höheren Archivdienst des Bundes vom 19. Juni 2017 (BGBl. I S. 1896, 1897), die durch Artikel 2 der Verordnung vom 23. April 2019 (BGBl. I S. 517) geändert worden ist"
Stand:
Geändert durch Art. 2 V v. 23.4.2019 I 517
Ersetzt V 2030-8-5-8 v. 13.7.2016 I 1775 (HArchDVDV)
Fußnote
(+++ Textnachweis ab: 30.6.2017 +++)
(+++ Zur Anwendung vgl. § 17 +++)
Die V wurde als Art. 2 der V v. 19.6.2017 I 1896 von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien im Einvernehmen mit dem Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst beschlossen. Sie ist gem. Art. 3 Satz 1 dieser V am 30.6.2017 in Kraft getreten.
Inhaltsübersicht
Abschnitt 2
Einstellung in den Vorbereitungsdienst
§ 5 | Einstellungsvoraussetzungen |
§ 6 | Auswahlverfahren |
§ 7 | Auswahlkommission |
§ 8 | Durchführung des Auswahlverfahrens |
§ 9 | Ergebnis des Auswahlverfahrens, Rangfolge |
Abschnitt 3
Ausbildung
§ 10 | Dauer und Gliederung des Vorbereitungsdienstes; Laufbahnprüfung |
§ 11 | Leistungspunkte nach dem Europäischen System zur Übertragung und Akkumulierung von Studienleistungen |
§ 12 | Modulhandbücher |
§ 13 | Ausbildungsleitung |
§ 14 | Modulverantwortliche, Prüfende |
§ 15 | Berufspraktische Studien |
§ 16 | Studienleistungen und Modulprüfungen in den berufspraktischen Studien |
§ 17 | Bewertung der Modulprüfungen und der Gesamtleistung in den berufspraktischen Studien |
§ 18 | Transferphase, Transferarbeit, Bewertung |
§ 19 | Verhinderung, Rücktritt, Säumnis |
§ 20 | Täuschung, Ordnungsverstoß |
§ 21 | Prüfungsakte |
Abschnitt 4
Schlussvorschrift
§ 22 | Übergangsvorschrift |
Abschnitt 1
Allgemeines
§ 1 Ziel des Vorbereitungsdienstes
(1) Der Vorbereitungsdienst vermittelt die wissenschaftlichen Methoden und Kenntnisse, die für die Erfüllung der Aufgaben im höheren Archivdienst des Bundes erforderlich sind. Diese Aufgaben umfassen insbesondere leitende, koordinierende und organisatorische Tätigkeiten im Hinblick auf die Beratung der öffentlichen Stellen des Bundes bei der Verwaltung ihrer Unterlagen, die Übernahme, Bewertung, Erschließung und Zugänglichmachung von Archivgut, die Betreuung der Benutzerinnen und Benutzer von Archiven sowie die Bestandserhaltung. Die Referendarinnen und Referendare sollen zu verantwortlichem Handeln im freiheitlichen, demokratischen und sozialen Rechtsstaat befähigt werden. Hierzu gehört auch die Fähigkeit zur Zusammenarbeit im föderalen und im europäischen Raum. Allgemeine berufliche Fähigkeiten, insbesondere die Fähigkeiten zu leitender Tätigkeit, zur Kommunikation, zur Teamarbeit, zum kritischen Überprüfen des eigenen Handelns und zum selbstständigen und wirtschaftlichen Handeln sowie soziale Kompetenz, sind zu fördern.
(2) Die Referendarinnen und Referendare sollen befähigt werden, sich eigenständig weiterzubilden, um den sich ständig wandelnden Herausforderungen des höheren Archivdienstes gerecht zu werden.
§ 2 Einstellungsbehörden, Ausbildungsstellen, Dienstaufsicht
(1) Einstellungsbehörden sind das Bundesarchiv, die oder der Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (die oder der Bundesbeauftragte) und die Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Sie haben insbesondere folgende Aufgaben:
1. die Ausschreibung der zu besetzenden Stellen und
2. die Entscheidung über eine Verkürzung oder Verlängerung des Vorbereitungsdienstes.
(2) Ausbildungsstellen sind das Bundesarchiv, die oder der Bundesbeauftragte und das Geheime Staatsarchiv – Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Sie haben insbesondere folgende Aufgaben:
1. die Organisation und Durchführung der berufspraktischen Studien einschließlich der damit verbundenen Modulprüfungen und
2. die Betreuung der Referendarinnen und Referendare während der Transferphase (§ 18) in Zusammenarbeit mit der Archivschule Marburg – Hochschule für Archivwissenschaft (Archivschule Marburg).
(3) Die Einstellungsbehörde kann ihre Aufgaben auf die Ausbildungsstelle übertragen.
(4) Während der Ausbildung an der Archivschule Marburg unterstehen die Referendarinnen und Referendare neben der Dienstaufsicht ihrer Einstellungsbehörde auch der Dienstaufsicht der Archivschule Marburg.
§ 3 Nachteilsausgleich
(1) Die Einstellungsbehörde gewährt Menschen mit Beeinträchtigungen, die die Umsetzung der nachzuweisenden Kenntnisse einschränken, im Auswahlverfahren sowie bei Studien- und Prüfungsleistungen auf Antrag einen angemessenen Nachteilsausgleich. Die Einstellungsbehörde hat Menschen mit solchen Beeinträchtigungen rechtzeitig auf diese Vorschrift hinzuweisen.
(2) Als Nachteilsausgleich kommt insbesondere die Verlängerung von Bearbeitungszeiten in Betracht. Art und Umfang des Nachteilsausgleichs sind mit den Betroffenen und der Schwerbehindertenvertretung rechtzeitig zu erörtern.
(3) Die inhaltlichen Anforderungen an das Auswahlverfahren sowie an die Studien- und Prüfungsleistungen dürfen nicht herabgesetzt werden.
(4) Gewährte Nachteilsausgleiche sind zu dokumentieren.
§ 4 Bewertung von Leistungen
(1) Leistungen werden wie folgt bewertet:
Rangpunktzahl | Note | Notendefinition | |
---|---|---|---|
1 | 2 | 3 | |
1 | 15 bis 14 | sehr gut | eine Leistung, die den Anforderungen in besonderem Maß entspricht |
2 | 13 bis 11 | gut | eine Leistung, die den Anforderungen voll entspricht |
3 | 10 bis 8 | befriedigend | eine Leistung, die den Anforderungen entspricht |
4 | 7 bis 5 | ausreichend | eine Leistung, die zwar Mängel aufweist, aber im Ganzen den Anforderungen noch entspricht |
5 | 4 bis 2 | mangelhaft | eine Leistung, die den Anforderungen nicht entspricht, jedoch erkennen lässt, dass die notwendigen Grundkenntnisse vorhanden sind und die Mängel in absehbarer Zeit behoben werden können |
6 | 1 bis 0 | ungenügend | eine Leistung, die den Anforderungen nicht entspricht und bei der selbst die Grundkenntnisse so lückenhaft sind, dass die Mängel in absehbarer Zeit nicht behoben werden können |
(2) Es werden nur ganze Rangpunkte vergeben. Durchschnittsrangpunktzahlen mit Nachkommawerten werden kaufmännisch auf ganze Rangpunktzahlen gerundet.
Abschnitt 2
Einstellung in den Vorbereitungsdienst
§ 5 Einstellungsvoraussetzungen
In den Vorbereitungsdienst kann eingestellt werden, wer über die allgemeinen beamtenrechtlichen Einstellungsvoraussetzungen verfügt und zudem
1. einen Mastergrad oder einen gleichwertigen Abschluss erlangt hat in
a) einem Studium der Geschichts-, der Rechts-, der Sozial- oder der Verwaltungswissenschaften oder
b) einem anderen Hochschulstudium, das geeignet ist, die Befähigung für den höheren Archivdienst zu vermitteln,
2. über folgende Fremdsprachenkenntnisse verfügt:
a) Kenntnisse der englischen Sprache mindestens auf dem Niveau B2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen,
b) Kenntnisse der französischen Sprache oder Kenntnisse einer anderen modernen Fremdsprache mindestens auf dem Niveau A2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen sowie
c) Grundkenntnisse der lateinischen Sprache,
3. eine breite Allgemeinbildung hat, die sich auf die wesentlichen politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Themen erstreckt, und
4. über gute Kenntnisse der neueren und neuesten Geschichte verfügt.
§ 6 Auswahlverfahren
(1) Über die Einstellung in den Vorbereitungsdienst entscheidet die Einstellungsbehörde auf der Grundlage eines Auswahlverfahrens, in dem die Eignung und Befähigung der Bewerberinnen und Bewerber für den Vorbereitungsdienst festgestellt wird. Insbesondere wird festgestellt, ob sie über das Allgemein- und Fachwissen, die Sprachkenntnisse, die kognitiven, methodischen und sozialen Fähigkeiten, die charakterlichen Merkmale und die Leistungsmotivation verfügen, das oder die für die Erfüllung der Aufgaben im höheren Archivdienst erforderlich ist oder sind.
(2) Wird die Zahl der am Auswahlverfahren Teilnehmenden nach § 10a Absatz 3 der Bundeslaufbahnverordnung beschränkt, so wird zugelassen, wer nach den eingereichten Unterlagen am besten geeignet erscheint. Bei der Zulassungsentscheidung sind insbesondere die Zeugnisnoten in den Fächern zu berücksichtigen, die für den Vorbereitungsdienst relevant sind. Zusätzlich werden nach Maßgabe des § 165 Satz 3 und 4 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch schwerbehinderte Menschen und gleichgestellte behinderte Menschen zugelassen, wenn sie die in der Ausschreibung genannten Voraussetzungen erfüllen.
(3) Wer zum Auswahlverfahren nicht zugelassen wird oder daran erfolglos teilgenommen hat, erhält eine schriftliche Mitteilung über die Ablehnung. Die Bewerbungsunterlagen werden vernichtet.
§ 7 Auswahlkommission
(1) Für die Durchführung des Auswahlverfahrens richtet die Ausbildungsstelle eine Auswahlkommission ein.
(2) Die Auswahlkommission besteht aus drei Angehörigen des höheren Archivdienstes, darunter die Ausbildungsleiterin oder der Ausbildungsleiter (§ 13).
(3) Die Mitglieder der Auswahlkommission und eine ausreichende Zahl von Ersatzmitgliedern werden vor jedem Auswahlverfahren bestellt. Wiederbestellung ist zulässig. Bei der Besetzung der Auswahlkommission werden Frauen und Männer in einem ausgewogenen Verhältnis berücksichtigt.
(4) Die Mitglieder der Auswahlkommission sind bei ihren Entscheidungen unabhängig und nicht weisungsgebunden.
(5) Die Auswahlkommission entscheidet mit Stimmenmehrheit. Stimmenthaltung ist nicht zulässig.
§ 8 Durchführung des Auswahlverfahrens
(1) Das Auswahlverfahren besteht aus einem bis zu 30-minütigen Einzelgespräch der Auswahlkommission mit der Bewerberin oder dem Bewerber in Form eines teilstrukturierten Interviews. Es dient
1. der Feststellung der Kenntnisse und Fähigkeiten der Bewerberin oder des Bewerbers, insbesondere im Hinblick auf die methodische Herangehensweise an fachliche Themen,
2. der Feststellung der persönlichen Eignung der Bewerberin oder des Bewerbers, insbesondere im Hinblick auf Auftreten, Kommunikationsverhalten und Belastbarkeit.
(2) Der Bewerberin oder dem Bewerber werden Fragen zum bisherigen Werdegang, zur Motivation, zu Arbeitsmethoden, zum Fachwissen und zur Allgemeinbildung sowie zur sozialen Kompetenz gestellt. Die Fragen zum Fachwissen leiten sich aus den Aufgaben im höheren Archivdienst des Bundes ab.
(3) Die Antworten der Bewerberin oder des Bewerbers sowie die persönliche Eignung, die sich aus den Antworten und aus dem persönlichen Eindruck ergibt, den die Auswahlkommission von der Bewerberin oder dem Bewerber gewonnen hat, werden gesondert bewertet.
§ 9 Ergebnis des Auswahlverfahrens, Rangfolge
(1) Die Auswahlkommission stellt für jede Bewerberin und jeden Bewerber das Ergebnis fest, indem sie aus den Rangpunkten, die sie für die Antworten der Bewerberin oder des Bewerbers und für die persönliche Eignung vergeben hat, die Durchschnittsrangpunktzahl bildet.
(2) Anhand des Ergebnisses des Auswahlverfahrens legt die Auswahlkommission die für die Einstellung maßgebliche Rangfolge der geeigneten Bewerberinnen und Bewerber fest.
Abschnitt 3
Ausbildung
§ 10 Dauer und Gliederung des Vorbereitungsdienstes; Laufbahnprüfung
(1) Der Vorbereitungsdienst dauert zwei Jahre. Er besteht aus folgenden Ausbildungsphasen:
Ausbildungsphase | Durchführende Stelle | Dauer | |
---|---|---|---|
1 | 2 | 3 | |
1 | berufspraktische Studien | Bundesarchiv, die oder der Bundesbeauftragte für Stasiunterlagen oder Geheimes Staatsarchiv – Preußischer Kulturbesitz | 8 Monate |
2 | Fachstudien | Archivschule Marburg | 12 Monate |
3 | Transferphase | Archivschule Marburg und Bundesarchiv, die oder der Bundesbeauftragte für Stasiunterlagen oder Geheimes Staatsarchiv – Preußischer Kulturbesitz | 3 Monate |
4 | Prüfungsphase | Archivschule Marburg | 1 Monat |
(2) Die berufspraktischen Studien unterteilen sich in vier Module:
1. Archivorganisation und -management,
2. Überlieferungsbildung,
3. Erschließung und Vermittlung von Archivgut,
4. archivalische Quellen und ihre Erhaltung.
(3) Inhalt und Durchführung der Fachstudien richten sich nach den §§ 11 und 12 der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für den Laufbahnzweig Archivrecht im höheren allgemeinen Verwaltungsdienst in Hessen vom 24. November 2016 (Staatsanzeiger für das Land Hessen S. 1614) sowie nach der Studienordnung für das Referendariat im höheren Archivdienst an der Archivschule Marburg – Hochschule für Archivwissenschaft vom 10. Dezember 2017 (Staatsanzeiger für das Land Hessen S. 123).
(4) Inhalt und Durchführung der Prüfungsphase richten sich nach den §§ 14 bis 27 der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für den Laufbahnzweig Archivdienst im höheren allgemeinen Verwaltungsdienst in Hessen.
(5) Die archivarische Staatsprüfung nach § 14 Absatz 1 Satz 1 der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für den Laufbahnzweig Archivdienst im höheren allgemeinen Verwaltungsdienst in Hessen ist die Laufbahnprüfung für den höheren Archivdienst des Bundes.
§ 11 Leistungspunkte nach dem Europäischen System zur Übertragung und Akkumulierung von Studienleistungen
(1) Für erfolgreich absolvierte Module werden Leistungspunkte nach dem Europäischen System zur Übertragung und Akkumulierung von Studienleistungen vergeben. Ein Leistungspunkt entspricht einem durchschnittlichen Arbeitsaufwand von 30 Stunden.
(2) Für den Vorbereitungsdienst können insgesamt 120 Leistungspunkte vergeben werden. Davon können 40 Leistungspunkte für die berufspraktischen Studien und 15 Leistungspunkte für die Transferphase vergeben werden.
§ 12 Modulhandbücher
(1) Das Modulhandbuch für die berufspraktischen Studien und für die Transferphase erstellt die Ausbildungsstelle. Das Modulhandbuch ist zu veröffentlichen. Im Modulhandbuch wird für jedes Modul insbesondere Folgendes festgelegt:
1. die Lehrinhalte und die Lernziele,
2. die Lehr- und die Lernformen,
3. Zahl und Form der abzulegenden Modulprüfungen,
4. der jeweilige durchschnittliche Arbeitsaufwand in Zeitstunden sowie
5. die Dauer des Moduls.
(2) Als Modulhandbuch für die Fachstudien gilt Anlage 2 der Studienordnung für das Referendariat im höheren Archivdienst an der Archivschule Marburg – Hochschule für Archivwissenschaft vom 10. Dezember 2017 (Staatsanzeiger für das Land Hessen S. 123) entsprechend.
§ 13 Ausbildungsleitung
Die Ausbildungsstelle bestellt eine Angehörige oder einen Angehörigen des höheren Archivdienstes zur Ausbildungsleiterin oder zum Ausbildungsleiter. Diese oder dieser
1. stellt die ordnungsgemäße Durchführung der berufspraktischen Studien und der Transferphase sicher,
2. stellt für jede Referendarin und für jeden Referendar einen Ausbildungsplan auf,
3. weist den Ausbildenden Referendarinnen und Referendare zur Ausbildung zu, jedoch nicht mehr, als die Ausbildenden mit Sorgfalt ausbilden können,
4. bestellt
a) die Modulverantwortlichen und weitere Prüfende (§ 14 Absatz 2) sowie die Ausbildenden und die Lehrenden für jedes Modul der berufspraktischen Studien,
b) eine Modulverantwortliche oder einen Modulverantwortlichen und, sofern erforderlich, eine Projektbetreuerin oder einen Projektbetreuer für die Transferphase,
5. führt regelmäßig Besprechungen mit den Referendarinnen und Referendaren durch und berät sie in Fragen der Ausbildung.
§ 14 Modulverantwortliche, Prüfende
(1) Die oder der Modulverantwortliche
1. betreut und berät die Ausbildenden und die Lehrenden sowie die Referendarinnen und Referendare in allen inhaltlichen Fragen des Moduls,
2. erstellt im Einvernehmen mit der Ausbildungsleitung die Aufgaben für die Modulprüfungen,
3. nimmt die Modulprüfungen ab und bewertet sie.
(2) Sofern dies aus fachlichen Gründen erforderlich ist, bestellt die Ausbildungsleitung eine Angehörige oder einen Angehörigen des höheren Archivdienstes aus der Ausbildungsstelle als weitere Prüferin oder weiteren Prüfer. Für Prüfungen, die keine archivarischen Fachkenntnisse erfordern, kann die Ausbildungsleitung auch eine Vertreterin oder einen Vertreter der Ausbildungsstelle bestellen, die oder der in dem Fach, in dem sie oder er die Referendarinnen und Referendare prüft,
1. ein Hochschulstudium absolviert hat und
2. über eine mehrjährige Berufserfahrung verfügt.
§ 15 Berufspraktische Studien
(1) In den berufspraktischen Studien sollen die Referendarinnen und Referendare mit den Aufgaben, den Methoden und der Organisation in einem öffentlichen Archiv vertraut gemacht und auf die Übernahme von Führungsaufgaben vorbereitet werden. Sie sollen insbesondere
1. lernen, geeignete Methoden der Überlieferungsbildung und der Erschließung von Archivgut anzuwenden,
2. Verfahren der Bestandserhaltung und der Magazinierung sowie archivische IT-Systeme kennenlernen,
3. Kompetenzen und Fähigkeiten im Hinblick auf die Bereitstellung und Nutzung von Archivgut erwerben,
4. archivwissenschaftliche und archivpraktische Fragen schriftlich und mündlich erörtern,
5. Führungskompetenzen erwerben sowie
6. in ihrer Eigenverantwortlichkeit und Selbständigkeit gefördert werden.
(2) Die berufspraktischen Studien werden in der Ausbildungsstelle durchgeführt. Die Ausbildungsstelle kann bestimmen, dass berufspraktische Studien in weiteren Einrichtungen durchgeführt werden. Voraussetzung dafür ist, dass
1. die jeweilige Einrichtung die mit der Ausbildungsstelle abgestimmten fachlichen Schwerpunkte des jeweiligen Praktikums hinreichend vermitteln kann und
2. die Ausbildungsleitung im Einvernehmen mit der jeweiligen Einrichtung bei Bedarf weitere der Einrichtung angehörende Prüferinnen oder Prüfer bestellt, die die in § 14 Absatz 1 Nummer 2 und 3 genannten Aufgaben wahrnehmen.
§ 16 Studienleistungen und Modulprüfungen in den berufspraktischen Studien
(1) Soweit die Ausbildungsinhalte nicht durch Lehrveranstaltungen vermittelt werden, sind die Referendarinnen und Referendare verpflichtet, sich die Ausbildungsinhalte eigenständig durch Selbststudien anzueignen.
(2) In jedem Modul ist eine Modulprüfung abzulegen. Die Modulprüfung kann aus mehreren Prüfungsteilen bestehen. Ist eine Prüfung ohne Aufsicht abzulegen, hat die Referendarin oder der Referendar eine unterschriebene Erklärung abzugeben, dass sie oder er die Prüfungsleistung selbstständig erbracht hat.
(3) In jedem Modul sind Studienleistungen zu erbringen. Die Studienleistungen werden nicht bewertet.
§ 17 Bewertung der Modulprüfungen und der Gesamtleistung in den berufspraktischen Studien
(1) Die oder der Modulverantwortliche bewertet die Modulprüfungen. Besteht eine Modulprüfung aus mehreren Prüfungsteilen, wird jeder Prüfungsteil gesondert bewertet und eine Durchschnittsrangpunktzahl der Modulprüfung berechnet.
(2) Wird eine Modulprüfung oder ein Prüfungsteil in einer anderen Einrichtung durchgeführt, so wird die Modulprüfung oder der Prüfungsteil durch die weitere Prüferin oder den weiteren Prüfer dieser Einrichtung im Benehmen mit der oder dem Modulverantwortlichen der Einstellungsbehörde bewertet.
(3) Eine Modulprüfung ist bestanden, wenn sie mindestens mit fünf Rangpunkten bewertet worden ist.
(4) Modulprüfungen und Prüfungsteile können jeweils einmal wiederholt werden. Wiederholungsprüfungen sind zeitnah nach der nicht bestandenen Prüfung anzubieten. Eine bestandene Modulprüfung oder ein bestandener Prüfungsteil kann nicht wiederholt werden.
(5) Die Bewertungen nach Absatz 1 werden der Archivschule Marburg mitgeteilt.
(6) Ist eine Modulprüfung oder ein Prüfungsteil nicht bestanden und kann sie oder er nicht mehr wiederholt werden, erhält die Referendarin oder der Referendar einen Bescheid über das endgültige Nichtbestehen. Der Bescheid ist mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen.
(7) Die Ausbildungsstelle ermittelt die Rangpunktzahl der in den berufspraktischen Studien erbrachten Gesamtleistung aus den einzelnen Modulprüfungen. Die Rangpunktzahl der Gesamtleistung wird der Archivschule Marburg mitgeteilt; die Referendarin oder der Referendar erhält eine Kopie der Mitteilung.
Fußnote
(+++ § 17 Abs. 6: Zur Anwendung vgl. § 20 Abs. 2 +++)
§ 18 Transferphase, Transferarbeit, Bewertung
(1) In der Transferphase sollen die Referendarinnen und Referendare nachweisen, dass sie praxisrelevante Fragestellungen selbstständig mit archivwissenschaftlichen Methoden bearbeiten können.
(2) Die Referendarinnen und Referendare werden in der Transferphase von der oder dem Modulverantwortlichen in Zusammenarbeit mit einer Dozentin oder einem Dozenten der Archivschule Marburg betreut.
(3) Die Transferphase schließt mit einer Transferarbeit ab. Die Referendarin oder der Referendar hat das Thema der Transferarbeit mit der Ausbildungsstelle und der Archivschule Marburg abzustimmen und es spätestens drei Monate vor Beginn der Transferphase bei der Archivschule Marburg einzureichen.
(4) Die Transferarbeit ist bei der Ausbildungsstelle und bei der Archivschule Marburg innerhalb der von der Ausbildungsstelle und der Archivschule Marburg festgelegten Fristen jeweils in einer schriftlichen und einer elektronischen Fassung einzureichen. Die schriftliche Fassung ist mit der von der Referendarin oder dem Referendar unterschriebenen Erklärung zu versehen, dass die Transferarbeit selbständig verfasst worden ist, dass nur die angegebenen Quellen verwendet worden sind und dass die schriftliche und die elektronische Fassung übereinstimmen.
(5) Die Transferarbeit ist von der oder dem Modulverantwortlichen und von einer Dozentin oder einem Dozenten der Archivschule Marburg unabhängig voneinander jeweils in Form eines Gutachtens zu bewerten. Eine Kopie des von der oder dem Modulverantwortlichen verfassten Gutachtens ist der Archivschule Marburg zu übermitteln. Die Ermittlung der Durchschnittsrangpunktzahl und die Bekanntgabe der Note richten sich nach § 13 Absatz 5 Satz 2 bis 5 der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für den Laufbahnzweig Archivdienst im höheren allgemeinen Verwaltungsdienst in Hessen.
§ 19 Verhinderung, Rücktritt, Säumnis
(1) Ist eine Referendarin oder ein Referendar durch eine Erkrankung oder durch sonstige nicht zu vertretende Umstände gehindert, eine Modulprüfung oder einen Prüfungsteil ganz oder teilweise abzulegen, hat sie oder er dies unverzüglich glaubhaft zu machen. Eine Erkrankung ist durch Vorlage eines ärztlichen Attests nachzuweisen. Auf Verlangen der Einstellungsbehörde hat die Referendarin oder der Referendar ein amtsärztliches Attest oder das Attest einer Ärztin oder eines Arztes vorzulegen, die oder der von der Einstellungsbehörde beauftragt worden ist.
(2) Liegt ein wichtiger Grund vor, kann die Referendarin oder der Referendar mit Genehmigung der Einstellungsbehörde von der Modulprüfung oder dem Prüfungsteil zurücktreten.
(3) Bei Verhinderung nach Absatz 1 oder Rücktritt nach Absatz 2 bestimmt die Einstellungsbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen,
1. wann die Modulprüfung oder der Prüfungsteil nachzuholen ist oder
2. ob der bereits erbrachte Teil der Modulprüfung oder des Prüfungsteils bewertet wird.
(4) Versäumt die Referendarin oder der Referendar eine Modulprüfung oder einen Prüfungsteil ohne Genehmigung der Einstellungsbehörde, entscheidet die Einstellungsbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen, ob die Modulprüfung oder der Prüfungsteil
1. nachzuholen ist oder
2. für nicht bestanden erklärt wird.
(5) Vor einer Entscheidung nach Absatz 3 oder Absatz 4 ist die Referendarin oder der Referendar anzuhören. Wird die Prüfung für nicht bestanden erklärt und kann sie nicht mehr wiederholt werden, erhält die Referendarin oder der Referendar einen Bescheid über das endgültige Nichtbestehen. Der Bescheid ist mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen.
§ 20 Täuschung, Ordnungsverstoß
(1) Eine Referendarin oder ein Referendar, die oder der bei einer Modulprüfung oder einem Prüfungsteil täuscht, eine Täuschung versucht, an einer Täuschung oder an einem Täuschungsversuch mitwirkt oder sonst gegen die Ordnung verstößt, soll die Prüfung unter dem Vorbehalt einer abweichenden Entscheidung der Einstellungsbehörde fortsetzen dürfen. Bei einem erheblichen Ordnungsverstoß kann die Referendarin oder der Referendar von der Prüfung ausgeschlossen werden.
(2) Die Einstellungsbehörde entscheidet nach Anhörung der Referendarin oder des Referendars über das Vorliegen einer Täuschung oder eines sonstigen Ordnungsverstoßes. Liegt eine Täuschung oder ein Ordnungsverstoß vor, entscheidet die Einstellungsbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen, ob
1. die Modulprüfung oder der Prüfungsteil zu wiederholen ist,
2. die Modulprüfung oder der Prüfungsteil teilweise mit null Rangpunkten bewertet wird,
3. der Prüfungsteil für nicht bestanden erklärt wird oder
4. die gesamte Modulprüfung für nicht bestanden erklärt wird.
§ 17 Absatz 6 gilt entsprechend.
(3) Wird eine Täuschung erst nach Abschluss der Laufbahnprüfung festgestellt oder kann sie erst nach Abschluss der Laufbahnprüfung nachgewiesen werden, so kann die Einstellungsbehörde den Prüfungsteil oder die gesamte Modulprüfung innerhalb von drei Jahren nach dem Tag, der auf die mündliche Prüfung nach § 20 Absatz 1 Satz 2 der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für den Laufbahnzweig Archivdienst im höheren allgemeinen Verwaltungsdienst in Hessen folgt, mit schriftlichem Bescheid für nicht bestanden erklären. Der Bescheid ist mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen.
(4) Vor einer Entscheidung nach Absatz 2 oder Absatz 3 ist die Referendarin oder der Referendar anzuhören.
§ 21 Prüfungsakte
(1) Die Ausbildungsstelle führt zu jeder Referendarin und zu jedem Referendar eine Prüfungsakte über die berufspraktischen Studien und über die Transferphase.
(2) In die Prüfungsakte sind zu nehmen:
1. die schriftlichen Prüfungsleistungen sowie deren Bewertungen,
2. die Protokolle über die mündlichen Prüfungsleistungen,
3. ein Exemplar der Mitteilungen der Bewertung der Prüfungsleistungen und der Gesamtleistung in den berufspraktischen Studien (§ 17 Absatz 5 und 7 Satz 2 erster Halbsatz),
4. die Gutachten zur Bewertung der Transferarbeit (§ 18 Absatz 5 Satz 1) sowie
5. die Dokumentationen gewährter Nachteilsausgleiche (§ 3 Absatz 4).
(3) Die Prüfungsakte ist nach Beendigung der Laufbahnprüfung mindestens fünf und höchstens zehn Jahre aufzubewahren. Die Aufbewahrungsfrist beginnt an dem Tag, der auf die letzte Abschlussprüfung folgt.
(4) Die Referendarin oder der Referendar kann nach jeder Prüfung, sobald ihr oder ihm die jeweilige Bewertung mitgeteilt worden ist, Einsicht in ihre oder seine Prüfungsakte nehmen.
Abschnitt 4
Schlussvorschrift
§ 22 Übergangsvorschrift
Für Referendarinnen und Referendare, die vor dem Inkrafttreten dieser Verordnung mit dem Vorbereitungsdienst begonnen haben, ist die Verordnung über den Vorbereitungsdienst für den höheren Archivdienst des Bundes vom 13. Juli 2016 (BGBl. I S. 1775) weiter anzuwenden.
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