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Vergabegesetz Schleswig-Holstein (VGSH) Vom 8. Februar 2019

Vergabegesetz Schleswig-Holstein (VGSH)
Vom 8. Februar 2019
*
Zum 09.06.2023 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe
Fußnoten
*)
Verkündet als Artikel 1 des Gesetzes zur Änderung des Vergaberechts in Schleswig-Holstein vom 8. Februar 2019 (GVOBl. S. 40)

Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis

TitelGültig ab
Vergabegesetz Schleswig-Holstein (VGSH) vom 8. Februar 201901.04.2019
§ 1 - Anwendungsbereich01.04.2019
§ 2 - Verfahrensgrundsätze01.04.2019
§ 3 - Verfahrensordnungen01.04.2019
§ 4 - Vergabemindestlohn, repräsentative Tarifverträge01.04.2019
§ 5 - Rechtsverordnungen, Ausschuss01.04.2019
§ 6 - Übergangsregelung01.04.2019

§ 1 Anwendungsbereich

(1) Dieses Gesetz gilt für das Land, die Kreise, die Gemeinden und die Gemeindeverbände in Schleswig-Holstein sowie die übrigen Auftraggeber im Sinne des
§ 98 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB)
vom 26. Juni 2013 (BGBl. I S. 1750), zuletzt geändert durch Artikel 10 Absatz 9 des Gesetzes vom 30. Oktober 2017 (BGBl. I S. 3618), die in Schleswig-Holstein öffentliche Aufträge oder Konzessionen im Sinne des
GWB vergeben, deren Auftragswert die Schwellenwerte nach
§ 106 GWB nicht erreichen, soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist. Für die Schätzung des Auftragswerts gilt
§ 3 der Vergabeverordnung des Bundes vom 12. April 2016 (BGBl. I S. 624). Dieses Gesetz gilt nicht, soweit das Vergabeverfahren im Namen oder im Auftrag des Bundes oder eines anderen Bundeslandes oder gemeinsam mit Auftraggebern anderer Bundesländer durchgeführt wird.
(2) Für dieses Gesetz gelten die Ausnahmen der
§§ 107 , 108 ,
109 , 116 ,
117 oder 145 GWB
entsprechend.
(3) Für öffentliche Aufträge im Bereich des öffentlichen Personenverkehrs gelten die Regelungen dieses Gesetzes für alle Dienstleistungsaufträge im Sinne der
Verordnung Nummer 1370/2007
1
. Dieses Gesetz gilt auch für Beförderungsleistungen im Sinne von
§ 1 Freistellungs-Verordnung vom 30. August 1962 (BGBl. I S. 601), zuletzt geändert durch Verordnung vom 4. Mai 2012 (BGBl. I S. 1037).
Fußnoten
1)
Verordnung (EG) Nummer 1370/2007
des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nummer 1191/69 und (EWG) Nummer 1107/70 des Rates (ABl. L 315 vom 3. Dezember 2007, S. 1) in der Fassung der
Verordnung (EU) 2016/2338 des europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Dezember 2016 (ABl. L 354/22 vom 23. Dezember 2016).

§ 2 Verfahrensgrundsätze

(1) Öffentliche Aufträge und Konzessionen werden im Wege transparenter Verfahren und grundsätzlich im Wettbewerb vergeben unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Verhältnismäßigkeit. Bei der Vergabe können gemäß
§ 97 Absatz 3 GWB Aspekte der Qualität und der Innovation sowie soziale, gleichstellungs- und umweltbezogene Aspekte Berücksichtigung finden. Strategische Ziele und Nachhaltigkeitsaspekte können in jeder Phase eines Vergabeverfahrens, von der Definition der Leistung über die Festlegung von Eignungs- und Zuschlagskriterien bis hin zur Vorgabe von Ausführungsbedingungen einbezogen werden.
(2) Die Teilnehmerinnen oder Teilnehmer an einem Vergabeverfahren sind gleich zu behandeln, es sei denn, eine Ungleichbehandlung ist aufgrund von Rechtsvorschriften ausdrücklich geboten oder gestattet.
(3) Mittelständische Interessen sind bei der Vergabe öffentlicher Aufträge und Konzessionen vornehmlich zu berücksichtigen, insbesondere durch die Beachtung des Gebotes der Losaufteilung. Grundsätzlich werden als eignungsbezogene Unterlagen nur Eigenerklärungen und Angaben gefordert; Ausnahmen bedürfen einer zu dokumentierenden Begründung. Nachweise, insbesondere Bescheinigungen Dritter, sollen nur von dem für den Zuschlag vorgesehenen Bieter verlangt werden. Bei Beschränkten Ausschreibungen, Freihändigen Vergaben und Verhandlungsvergaben sollen auch kleine und mittlere Unternehmen zur Angebotsabgabe aufgefordert werden.

§ 3 Verfahrensordnungen

(1) Bei öffentlichen Aufträgen sind anzuwenden:
1.
die Verfahrensordnung für die Vergabe öffentlicher Liefer- und Dienstleistungsaufträge unterhalb der EU-Schwellenwerte (Unterschwellenvergabeordnung - UVgO) in der Fassung vom 2. Februar 2017 (BAnz. AT 7. Februar 2017, B1, 8. Februar 2017 B1),
2.
die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB), Abschnitt 1 der VOB/A 2016 vom 23. Juni 2016 in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Juli 2016 B4 sowie die VOB/B in der Ausgabe 2016 (BAnz. AT 13. Juli 2012 B3 mit den Änderungen, veröffentlicht in BAnz AT 19. Januar 2016 B3 sowie der Berichtigung in BAnz AT 1. April 2016 B1 2016).
(2) Die in Absatz 1 genannten UVgO und VOB sind bei deren Änderung oder Neufassung in der Fassung anzuwenden, die das für Wirtschaft zuständige Ministerium im Gesetz- und Verordnungsblatt für Schleswig-Holstein für verbindlich erklärt hat.
(3) Aufträge von Sektorenauftraggebern im Sinne der
§§ 100 , 102 GWB
werden in einem frei gestalteten Verfahren vergeben, welches sich nach den Grundsätzen des
§ 2 richtet. Satz 1 gilt entsprechend für die Vergabe von Dienstleistungskonzessionen durch Konzessionsgeber im Sinne der
§§ 101 , 105 GWB
.

§ 4 Vergabemindestlohn, repräsentative Tarifverträge

(1) Unabhängig vom Erreichen der Schwellenwerte nach
§ 106 GWB dürfen alle öffentlichen Aufträge ab einem Einzelauftragswert von 20.000 Euro (ohne Umsatzsteuer) nur an Unternehmen vergeben werden, die sich verpflichten, ihren unmittelbar für die Leistungserbringung in Deutschland eingesetzten Beschäftigten, ohne Auszubildende, Praktikantinnen und Praktikanten, Hilfskräfte und Teilnehmende an Bundesfreiwilligendiensten, wenigstens ein Mindeststundenentgelt von 9,99 Euro (brutto) zu zahlen. Ein beauftragtes Unternehmen hat sicherzustellen, dass diese Pflicht auch von sämtlichen Nachunternehmen und Verleihern von Arbeitnehmern eingehalten wird. Dieser Absatz gilt nicht für bevorzugte Bieter gemäß
§ 224 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 sowie
§ 226 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch
- Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - vom 23. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3234), zuletzt geändert durch Artikel 23 des Gesetzes vom 17. Juli 2017 (BGBl. I S. 2541).
(2) Öffentliche Aufträge im Bereich des öffentlichen Personenverkehrs auf Straße und Schiene im Sinne des
§ 1 Absatz 3 Satz 1 dürfen nur an Unternehmen vergeben werden, die sich verpflichten, ihren bei der Ausführung der Leistung eingesetzten Beschäftigten, ohne Auszubildende, mindestens das in Schleswig-Holstein für diese Leistung in einem der einschlägigen und repräsentativen mit einer tariffähigen Gewerkschaft vereinbarten Tarifverträge vorgesehene Entgelt nach den tarifvertraglich festgelegten Modalitäten zu zahlen und die tariflich vereinbarten weiteren Leistungen zu gewähren. Während der Ausführungszeit sind tarifliche Änderungen nachzuvollziehen. Ein beauftragtes Unternehmen hat sicherzustellen, dass diese Pflichten auch von sämtlichen Nachunternehmen und Verleihern von Arbeitnehmern eingehalten werden. Ein bisheriger Betreiber ist verpflichtet, dem Auftraggeber auf Anforderung die für die nach der
Verordnung Nummer 1370/2007 mögliche Anordnung eines Personalübergangs erforderlichen Unterlagen und Informationen zur Verfügung zu stellen oder entsprechende Einsicht zu gewähren. Hierdurch entstehende Aufwendungen des bisherigen Betreibers werden durch den öffentlichen Auftraggeber erstattet.
(3) Öffentliche Auftraggeber sind berechtigt, Kontrollen durchzuführen und Unterlagen anzufordern, um die Einhaltung der in Absatz 1 und 2 auferlegten Pflichten zu überprüfen.
(4) Öffentliche Auftraggeber müssen Vertragsbedingungen verwenden,
1.
durch die die beauftragten Unternehmen verpflichtet sind, die in den Absatz 1 und 2 genannten Vorgaben einzuhalten,
2.
die dem öffentlichen Auftraggeber ein Recht zur Kontrolle und Prüfung der Einhaltung der Vorgaben einräumen und dessen Umfang regeln,
3.
die dem öffentlichen Auftraggeber ein vertragliches außerordentliches Kündigungsrecht sowie eine Vertragsstrafe für den Fall der Verletzung der in Absatz 1 und 2 genannten Pflichten oder einer Vereitelung der Kontrollen nach Absatz 3 einräumen.

§ 5 Rechtsverordnungen, Ausschuss

(1) Das für Wirtschaft zuständige Ministerium wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung
1.
einzelne Auftraggeber nach § 1
Absatz 1 von der Anwendung einzelner Normen der UVgO und der VOB/A auszunehmen,
2.
abweichende Regelungen von den nach
§ 3 anzuwendenden UVgO und VOB/A zu treffen,
3.
Wertgrenzen für öffentliche Aufträge zu bestimmen, unterhalb derer die UVgO oder die VOB/A nicht anzuwenden sind oder eine Beschränkte Ausschreibung, eine Verhandlungsvergabe oder eine Freihändige Vergabe zulässig ist,
4.
nähere Regelungen für Vergaben nach
§ 3 Absatz 3 zu bestimmen.
(2) Das für Arbeit zuständige Ministerium wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung festzustellen, welche Tarifverträge im Bereich des öffentlichen Personenverkehrs gemäß
§ 1 Absatz 3 Satz 1 repräsentativ im Sinne von
§ 4 Absatz 2 sind. Bei der Feststellung der Repräsentativität eines Tarifvertrages ist auf die Bedeutung des Tarifvertrages für die Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer abzustellen. Hierbei muss insbesondere auf
1.
die Zahl der von den jeweils tarifgebundenen Arbeitgebern unter den Geltungsbereich des Tarifvertrages fallenden Beschäftigten oder
2.
die Zahl der jeweils unter den Geltungsbereich des Tarifvertrages fallenden Mitglieder der Gewerkschaft, die den Tarifvertrag geschlossen hat, Bezug genommen werden.
(3) Das für Arbeit zuständige Ministerium wird ermächtigt, das Nähere zur Bestellung des Ausschusses nach Absatz 4, zu dessen Beratungsverfahren und Beschlussfassung, zu seiner Geschäftsordnung und Vertretung und Entschädigung seiner Mitglieder durch Rechtsverordnung zu regeln.
(4) Das für Arbeit zuständige Ministerium errichtet einen beratenden Ausschuss für die Feststellung der Repräsentativität der Tarifverträge. Es bestellt für die Dauer von vier Jahren je drei Vertreter von Gewerkschaften und von Arbeitgebern oder Arbeitgeberverbänden im Bereich des öffentlichen Personenverkehrs auf deren Vorschlag als Mitglieder. Die Beratungen koordiniert und leitet eine von dem für Arbeit zuständigen Ministerium beauftragte Person, die kein Stimmrecht hat. Der Ausschuss gibt eine schriftlich begründete Empfehlung ab. Kommt ein mehrheitlicher Beschluss über eine Empfehlung nicht zustande, so ist dies unter ausführlicher Darstellung der unterschiedlichen Positionen schriftlich mitzuteilen.

§ 6 Übergangsregelung

Für Vergabeverfahren, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes begonnen wurden, ist das
Tariftreue- und Vergabegesetz Schleswig-Holstein
vom 31. Mai 2013 (GVOBl. Schl.-H. S. 239) weiter anzuwenden.
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