KJVO
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Landesverordnung zum Schutz von Kindern und Jugendlichen in Einrichtungen (Kinder- und Jugendeinrichtungsverordnung - KJVO) Vom 13. Juli 2016

Landesverordnung zum Schutz von Kindern und Jugendlichen in Einrichtungen
(Kinder- und Jugendeinrichtungsverordnung - KJVO)
Vom 13. Juli 2016
Zum 09.06.2023 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe

Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis

TitelGültig ab
Landesverordnung zum Schutz von Kindern und Jugendlichen in Einrichtungen (Kinder- und Jugendeinrichtungsverordnung - KJVO) vom 13. Juli 201629.07.2016
Eingangsformel29.07.2016
Abschnitt 1 - Grundlagen29.07.2016
§ 1 - Ziele der Verordnung, Geltungsbereich29.07.2016
Abschnitt 2 - Verwaltungsverfahren29.07.2016
§ 2 - Betriebserlaubnisverfahren29.07.2016
§ 3 - Überprüfung der Konzeption, Meldepflichten29.07.2016
§ 4 - Sonstige betreute Wohnformen29.07.2016
Abschnitt 3 - Voraussetzungen für den Betrieb von Einrichtungen29.07.2016
§ 5 - Anwendungsbereich29.07.2016
§ 6 - Allgemeine Voraussetzungen29.07.2016
§ 7 - Allgemeine räumliche Voraussetzungen29.07.2016
§ 8 - Individualzimmer und Gruppenräume29.07.2016
§ 9 - Sanitärräume29.07.2016
§ 10 - Sonstige Räumlichkeiten29.07.2016
§ 11 - Unfallverhütung, Versicherungen29.07.2016
§ 12 - Allgemeine fachliche Voraussetzungen29.07.2016
§ 13 - Platzzahlen, Gruppengrößen29.07.2016
§ 14 - Rechte der Kinder und Jugendlichen29.07.2016
§ 15 - Taschengeld29.07.2016
§ 16 - Dokumentation29.07.2016
§ 17 - Wirtschaftliche Voraussetzungen29.07.2016
§ 18 - Allgemeine personelle Voraussetzungen, Einrichtungsleitung29.07.2016
§ 19 - Fachkräfte29.07.2016
§ 20 - Einzelfallanerkennung von Fachkräften, weitere Kräfte29.07.2016
§ 21 - Personalbedarf29.07.2016
§ 22 - Medizinische Versorgung, Hygiene29.07.2016
§ 23 - Beteiligung und Beschwerdemöglichkeiten29.07.2016
§ 24 - Befristete Abweichungen zur Sicherstellung besonderer Schutzbedürfnisse29.07.2016
Abschnitt 4 - Geltungszeitregeln29.07.2016
§ 25 - Inkrafttreten, Außerkrafttreten29.07.2016
Aufgrund des § 41 Absatz 2 des Jugendförderungsgesetzes (JuFöG)
vom 5. Februar 1992 (GVOBl. Schl.-H. S. 158, ber. S. 226), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 14. Dezember 2015 (GVOBl. Schl.-H. S. 415), verordnet das Ministerium für Soziales, Gesundheit, Wissenschaft und Gleichstellung:

Abschnitt 1 Grundlagen

§ 1 Ziele der Verordnung, Geltungsbereich

(1) Die Regelungen dieser Verordnung konkretisieren die Anforderungen, die zur Gewährleistung des Kindeswohls in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe in Schleswig-Holstein erforderlich sind. Die Vorgaben des
Artikels 10 der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein
zum besonderen Schutz von Kindern und Jugendlichen und die Ziele des Übereinkommens über die Rechte des Kindes der Vereinten Nationen (UN-Kinderrechtskonvention) liegen allen Regelungen dieser Verordnung zugrunde.
(2) Die Ziele dieser Verordnung sind im Wege der partnerschaftlichen Zusammenarbeit des Landes, der kommunalen Körperschaften und der Träger der Jugendhilfe nach
§ 3 Absatz 3 des JuFöG zu verwirklichen.
(3) Diese Verordnung gilt für die Einrichtungen nach
§ 41 Absatz 1 und § 50 JuFöG
, die der Aufsicht des für die Jugendhilfe zuständigen Ministeriums des Landes Schleswig-Holstein unterliegen.

Abschnitt 2 Verwaltungsverfahren

§ 2 Betriebserlaubnisverfahren

(1) Der Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis nach
§ 45 des Sozialgesetzbuches - Achtes Buch - Kinder- und Sozialhilfe - (SGB VIII)
ist vor Inbetriebnahme schriftlich unter Angabe von Name, Rechtsform und Anschrift des Trägers sowie Art und Standort der Einrichtung bei der zuständigen Behörde zu stellen. Bei Bedarf unterstützt die zuständige Behörde den Träger bei der Antragstellung und wirkt daraufhin, dass unvollständige Angaben ergänzt werden.
(2) Zur Prüfung der Voraussetzungen hat der Träger der Einrichtung mit dem Antrag eine Konzeption vorzulegen, die insbesondere Auskunft gibt über
1.
die pädagogischen Angebote und Grundsätze,
2.
die Zielgruppe, insbesondere das Mindestalter und gegebenenfalls das Höchstalter der aufzunehmenden Kinder und Jugendlichen sowie gegebenenfalls die Aufnahme junger Volljähriger,
3.
die Einrichtungsstruktur mit Art und Anzahl der Gruppen,
4.
die Anzahl der Plätze,
5.
Ausschlussgründe für die Aufnahme,
6.
die räumlichen Gegebenheiten und die Raumnutzung,
7.
die Ausstattung mit Personal und dessen Qualifikation
8.
bei Kindertageseinrichtungen die Betreuungszeiten und die Umsetzung des Bildungsauftrages,
9.
die Absicht zur Nutzung freiheitsentziehender Maßnahmen (
§ 1631b BGB ), soweit der Freiheitsentzug aufgrund familiengerichtlicher Genehmigung hinsichtlich Art und Umfang konzeptionell verankert ist,
10.
die Maßnahmen zur Qualitätsentwicklung und -sicherung,
11.
die Unterstützung der gesellschaftlichen und sprachlichen Integration,
12.
die anderweitige Erteilung des erforderlichen Schulunterrichts oder die besondere pädagogische Förderung zur Wiedereingliederung in die Schule, sofern Kinder und Jugendliche im schulpflichtigen Alter aus erzieherischen Gründen weder einer öffentliche Schule zugewiesen noch in eine genehmigte Ersatzschule aufgenommen werden können (
§ 43 JuFöG ).
13.
die Ziele und Maßnahmen zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Gewalt,
14.
die Arbeits- und Ablaufprozesse für ein Vorgehen zur Gefahreneinschätzung möglicher Kindeswohlgefährdungen,
15.
die Sicherstellung der gesundheitlichen Vorsorge und der medizinischen Betreuung,
16.
die zur Sicherung der Rechte von Kindern und Jugendlichen in der Einrichtung vorgesehenen Beteiligungsverfahren und Beschwerdeverfahren in persönlichen Angelegenheiten,
17.
die Haltung von Tieren in der Einrichtung.
(3) Der Träger hat mit der Antragstellung den Nachweis zu führen, dass die dem Zweck und der Konzeption entsprechenden räumlichen, fachlichen, wirtschaftlichen und personellen Voraussetzungen für den Betrieb erfüllt sind, die gesellschaftliche und sprachliche Integration in der Einrichtung unterstützt wird sowie die gesundheitliche Vorsorge und die medizinische Betreuung der Kinder und Jugendlichen unterstützt werden und zur Sicherung der Rechte von Kindern und Jugendlichen in der Einrichtung geeignete Verfahren der Beteiligung sowie der Möglichkeit der Beschwerde in persönlichen Angelegenheiten Anwendung finden.
(4) Der Träger hat
1.
zum Nachweis der räumlichen Voraussetzungen eine Grundrisszeichnung mit Angabe der Nutzungsart und der Größe der Räume vorzulegen und zu belegen, dass die baurechtliche Genehmigung vorliegt, etwaige Auflagen der Bauordnungsbehörde erfüllt wurden und die geplante Nutzung den brandschutzrechtlichen und gesundheitshygienischen Vorschriften entspricht,
2.
zum Nachweis der wirtschaftlichen Voraussetzungen einen Wirtschaftsplan vorzulegen und zu belegen, dass er auch ohne laufende Einnahmen in der Lage ist, den Betrieb der Einrichtung mindestens drei Monate lang sicherzustellen; Ausnahmen für Einrichtungen, die keine regelmäßige Betreuung über Tag und Nacht anbieten, können zugelassen werden,
3.
zum Nachweis der personellen Voraussetzungen die Namen der Leitungs- und Betreuungskräfte und deren Beschäftigungsumfang entsprechend
§ 21 Absatz 2 mitzuteilen, deren berufliche Qualifikationen zu belegen sowie nachzuweisen, dass die Vorlage und Prüfung von aufgabenspezifischen Ausbildungsnachweisen sowie von Führungszeugnissen nach
§ 30 Absatz 5 und § 30a Absatz 1 des Bundeszentralregistergesetzes (BZRG)
sichergestellt sind.
(5) Die nach Absatz 4 Nummer 3 erforderlichen Nachweise über die personellen Voraussetzungen sind frühestmöglich einzureichen. Eine Betriebserlaubnis darf erst erteilt werden, wenn die Nachweise nach Absatz 4 vollständig erbracht sind. Die zuständige Behörde ist berechtigt, Nachweise des Trägers über die unter Absatz 4 aufgeführten Voraussetzungen nachzufordern, soweit deren Erforderlichkeit im Einzelfall begründet ist.
(6) Die Betriebserlaubnis ist zu erteilen, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 3 Satz 1 vorliegen und nicht aus einem anderen Grund feststeht, dass das Wohl der Kinder und Jugendlichen in der Einrichtung nicht gewährleistet ist. Die Betriebserlaubnis wird auf Grundlage der vorgelegten Konzeption erteilt.
(7) Die Betriebserlaubnis kann mit Nebenbestimmungen versehen werden. Zur Sicherung des Wohls der Kinder und Jugendlichen können auch nachträgliche Auflagen erteilt werden.

§ 3 Überprüfung der Konzeption, Meldepflichten

(1) Dem Träger obliegt es, die Konzeption in regelmäßigen Abständen zu überprüfen und bei Bedarf fortzuschreiben.
(2) Der Träger hat Änderungen der in
§ 2 Absatz 1 bezeichneten Angaben, der Konzeption, der Zahl der verfügbaren Plätze oder in der Person der Leitungs- und Betreuungskräfte der zuständigen Behörde unverzüglich anzuzeigen. Die Zahl der belegten Plätze ist jährlich einmal zu melden.
(3) Zur Prüfung, ob die Einrichtung entsprechend der Konzeption betrieben wird und die Voraussetzungen nach
§ 2 Absatz 3 weiterbestehen, hat der Träger auf Anforderung der zuständigen Behörde die erforderlichen Auskünfte zu erteilen und im Rahmen der datenschutzrechtlichen Bestimmungen die erforderlichen Unterlagen vorzulegen.
(4) Ereignisse oder Entwicklungen, die geeignet sind, das Wohl der Kinder und Jugendlichen zu beeinträchtigen, sind der zuständigen Behörde unverzüglich zu melden. In der Meldung ist der Sachverhalt zu schildern und anzugeben, welche Maßnahmen ergriffen wurden. Auf Anforderung der zuständigen Behörde sind weitere zur Klärung der Sachlage erforderliche Informationen zu übermitteln. Über Entwicklungen, die den Bestand der Einrichtung gefährden, insbesondere über wirtschaftliche Schwierigkeiten, hat der Träger die zuständige Behörde unverzüglich zu informieren. Eine bevorstehende Schließung der Einrichtung hat er unverzüglich anzuzeigen.

§ 4 Sonstige betreute Wohnformen

Die Regelungen des § 2
und § 3 gelten für sonstige betreute Wohnformen (
§ 48a SGB VIII ) entsprechend.

Abschnitt 3 Voraussetzungen für den Betrieb von Einrichtungen

§ 5 Anwendungsbereich

Dieser Abschnitt gilt für erlaubnispflichtige Einrichtungen nach
§ 45 SGB VIII mit Ausnahme von Kindertageseinrichtungen. Für sonstige betreute Wohnformen (
§ 48a SGB VIII ) gelten die Voraussetzungen nach
§ 6 entsprechend.

§ 6 Allgemeine Voraussetzungen

(1) Die Einrichtungen gewährleisten nach ihrem Zweck und ihrer Konzeption Erziehung, Bildung, Betreuung, Unterkunft und Schutz der Kinder und Jugendlichen.
(2) Die betriebliche Situation der Einrichtung muss räumlich, fachlich, wirtschaftlich und personell so gesichert sein, dass das Wohl der Kinder und Jugendlichen gewährleistet ist.
(3) Der Träger arbeitet mit den Sorgeberechtigten und anderen wichtigen Bezugspersonen, dem Landesjugendamt, den für die Leistungsgewährung örtlich zuständigen Ämtern und anderen Behörden sowie den Schulen zusammen und stellt die Mitwirkung aller bei ihm weisungsabhängig Beschäftigten sicher. Der Träger zeigt den zuständigen unteren Schulaufsichtsbehörden unverzüglich an, sobald ein Kind oder ein Jugendlicher im schulpflichtigen Alter in der Einrichtung aufgenommen wird.
(4) Der Träger hat die gesellschaftliche und sprachliche Integration in der Einrichtung zu unterstützen. Kulturelle und religiöse Unterschiede der Kinder und Jugendlichen sind zu respektieren.
(5) Erkenntnisse zur geschlechtsspezifischen Sozialisation sind zu beachten. Die Chancengleichheit und tatsächliche Gleichstellung aller Geschlechter ist sicherzustellen. Bestehende Benachteiligungen sind abzubauen.
(6) Kinder und Jugendliche mit und ohne Behinderung sollen gemeinsam gefördert werden, soweit die dafür erforderlichen räumlichen und fachlichen Voraussetzungen vorliegen.

§ 7 Allgemeine räumliche Voraussetzungen

(1) Die Lage, die Einrichtungsgröße, die Raumstruktur und die Ausstattung der Einrichtung richten sich nach den Erfordernissen, die sich aus dem Zweck und der Konzeption ergeben. Von baulichen Gegebenheiten und der Ausstattung der Räume dürfen keine Gefährdungen für das Wohl der Kinder und Jugendlichen ausgehen.
(2) Wohn- und Aufenthaltsräume der Kinder und Jugendlichen dürfen nicht regelhaft für einrichtungsfremde Zwecke genutzt werden.
(3) Soweit Kinder in der Einrichtung betreut werden, soll in fußläufig erreichbarer Nähe ein ausreichendes und geeignetes Freigelände für Sport und Spiel zur Verfügung stehen, das mit altersgerechten Spielgeräten ausgestattet ist. Spielgeräte auf dem Gelände der Einrichtung müssen sicher gestaltet und aufgestellt, regelmäßig sachkundig kontrolliert und gewartet sein. Freiflächen und insbesondere Gewässer auf dem trägereigenen Gelände sind in geeigneter Form zu sichern.

§ 8 Individualzimmer und Gruppenräume

(1) Für Kinder ab sechs Jahren sollen Einzelzimmer, höchstens nach Geschlechtern getrennte Doppelzimmer vorgesehen werden. Jugendliche müssen über Einzelzimmer verfügen; in begründeten Ausnahmen können Jugendliche auch nach Geschlechtern getrennt in Doppelzimmern untergebracht werden. Einzelzimmer dürfen eine Größe von acht Quadratmetern, Doppelzimmer eine Größe von 16 Quadratmetern nicht unterschreiten. Einzelzimmer von Jugendlichen, die in sonstigen betreuten Wohnformen (
§ 48a SGB VIII ) betreut werden, müssen mindestens zwölf Quadratmeter groß sein, sofern kein weiterer mitnutzbarer Wohnraum zur Verfügung steht. Durchgangszimmer sind als Individualzimmer ungeeignet.
(2) Die Individualzimmer sind mit altersangemessener Möblierung auszustatten. Sofern Jugendliche nicht über ein verschließbares Einzelzimmer verfügen, muss ihnen ein ausreichend großer, verschließbarer Schrank für Kleidung und anderen persönlichen Besitz zur Verfügung stehen. Für alle Kinder und Jugendlichen im schulpflichtigen Alter müssen in der Einrichtung Arbeitsplätze mit angemessener Ausstattung zur Erledigung der Schulaufgaben vorhanden sein.
(3) Für gemeinsame Wohnformen für minderjährige Mütter/Väter und Kinder (
§ 19 SGB VIII ) sind mindestens 1,5 Zimmer vorzuhalten.
(4) Einrichtungen, in denen Kinder und Jugendliche mit Behinderung untergebracht werden, müssen die spezifischen räumlichen Anforderungen erfüllen, die sich aufgrund der besonderen Bedürfnisse der Bewohner ergeben. Insbesondere können eine behindertengerechte Ausstattung oder zusätzliche Pflege- oder Therapieräume erforderlich sein.
(5) Neben den Individualzimmern ist für jede Gruppe ein Gruppenraum vorzusehen, der es zulässt, gemeinsame Vorhaben der Gruppe zu realisieren. Für jedes Gruppenmitglied sollen mindestens drei Quadratmeter zur Verfügung stehen.
(6) Die zuständige Behörde kann Ausnahmen von den Vorgaben des Absatz 1, Absatz 3 und Absatz 5 zulassen. Ausnahmen nach Satz 1 können insbesondere zugelassen werden, wenn die betreffende Einrichtung zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung über eine rechtswirksame Betriebserlaubnis verfügt und im Übrigen die Anforderungen entsprechend Zweck und Konzeption der Einrichtung im Interesse des Kindeswohls anderweitig sichergestellt sind.
(7) Den Kindern und Jugendlichen muss Gelegenheit gegeben werden, ihre Individualzimmer und den weiteren Wohnraum nach persönlichem Geschmack mitzugestalten.

§ 9 Sanitärräume

(1) In Einrichtungen mit mehr als vier Plätzen sind getrennte Toiletten und Waschräume für Jungen und Mädchen einzurichten. In Einrichtungen bis zu vier Plätzen ist eine wechselseitige Nutzung der Sanitärbereiche zulässig.
(2) Für die Betreuungskräfte sind separate Sanitärbereiche einzurichten; die zuständige Behörde kann Ausnahmen zulassen.

§ 10 Sonstige Räumlichkeiten

(1) Für das Betreuungspersonal soll in Einrichtungen über Tag und Nacht ein Bereitschaftszimmer vorhanden sein.
(2) Darüber hinaus sind nach Zweck und Konzeption erforderliche weitere Räume vorzusehen.

§ 11 Unfallverhütung, Versicherungen

(1) Zur Verhütung von Unfällen ist der bauliche Zustand der Einrichtung und des dazugehörigen Außengeländes durch den Träger regelmäßig zu überwachen. Schäden, die zu einer Gefährdung von Leben und Gesundheit führen können, sind unverzüglich zu beheben.
(2) Brandverhütungsmaßnahmen, Verhaltensregeln im Brandfall und der Umgang mit Löschgeräten müssen dem Personal vertraut sein. Die Kenntnisse müssen regelmäßig aktualisiert werden. Anforderungen der Feuerwehr sind zu beachten.
(3) Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollte eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen werden. Für Minderjährige ist der Umfang des erforderlichen Versicherungsschutzes mit den Personensorgeberechtigten und den Jugendämtern abzustimmen.

§ 12 Allgemeine fachliche Voraussetzungen

(1) Die fachlichen Voraussetzungen sind erfüllt, wenn die Konzeption hinsichtlich der vorgesehenen Angebote, des methodischen Ansatzes, der Aufbau- und Ablauforganisation, der vorgegebenen Handlungsgrundsätze und der Maßnahmen zur Qualitätsentwicklung und -sicherung sowie die Umsetzung in der Praxis die Gewähr bieten, dass das Wohl der Kinder und Jugendlichen gewährleistet ist.
(2) Kinder unter drei Jahren dürfen nur in begründeten Ausnahmefällen in Schichtdienstgruppen nach
§ 13 Absatz 1 Nummer 1 betreut werden. Soweit Kinder unter sechs Jahren regelmäßig in Schichtdienstgruppen in Einrichtungen über Tag und Nacht betreut werden, ist die Gruppengröße angemessen zu verringern.
(3) Sonstige betreute Wohnformen, in denen Jugendliche in trägereigenen oder vom Träger angemieteten Wohnungen einzeln oder in Wohngemeinschaften durch ambulante pädagogische Begleitung zu einer selbstständigen und selbstverantwortlichen Lebensführung befähigt werden sollen, sind in der Regel nur für Jugendliche ab dem 16. Lebensjahr geeignet.

§ 13 Platzzahlen, Gruppengrößen

(1) Folgende Platzzahlen dürfen nicht überschritten werden:
1.
zehn Plätze in Schichtdienstgruppen, in denen Hilfe zur Erziehung nach
§ 34 SGB VIII , Eingliederungshilfe nach
§ 35a SGB VIII oder eine Maßnahme nach
§ 19 SGB VIII geleistet wird,
2.
zwölf Plätze in Tagesgruppen, in denen Kinder oder Jugendliche entsprechend den Erziehungszielen des
§ 32 SGB VIII betreut werden,
3.
fünfzehn Plätze je Gruppe in Erholungseinrichtungen, in Schülerwohnheimen und Internaten,
4.
acht Plätze in Gruppen, in denen ausschließlich Kinder und Jugendliche mit Behinderungen betreut werden,
5.
fünf Plätze einschließlich der zum Haushalt gehörenden eigenen minderjährigen Kinder der Betreuungspersonen in familienanalogen Wohnformen, in denen Fachkräfte in ihrem eigenen Haushalt in häuslicher Gemeinschaft Kinder und Jugendliche betreuen.
(2) Die nach Absatz 1 regelmäßig zulässigen Platzzahlen und Gruppengrößen sind entsprechend den Erfordernissen und Anforderungen der Einrichtung auszurichten und entsprechend der Zielgruppe der Betreuung anzupassen.
(3) Die zuständige Behörde kann im Einzelfall Ausnahmen von Absatz 1 zulassen.

§ 14 Rechte der Kinder und Jugendlichen

(1) Der Träger hat die Wahrnehmung der Umgangsrechte zwischen den Kindern und Jugendlichen und ihren Eltern, Großeltern, Geschwistern und anderen sozialfamiliären Bezugspersonen zu unterstützen. Der persönliche Umgang und die Kommunikation mit einzelnen Personen dürfen nur mit Einwilligung der Personensorgeberechtigten eingeschränkt werden.
(2) Die Bewegungsfreiheit der Kinder und Jugendlichen, die Freiheit der Meinungsäußerung sowie der Information aus allgemein zugänglichen Quellen sind alters- und entwicklungsgerecht sicherzustellen.
(3) Einschränkende pädagogische Maßnahmen sind nur in unbedingt notwendigem Ausmaß und zeitlich begrenzt zulässig. Maßnahmen nach Satz 1 sind gegenüber den Kindern und Jugendlichen nachvollziehbar zu begründen.

§ 15 Taschengeld

Die Taschengeldausgabe nach
§ 39 Absatz 2 Satz 2 SGB VIII ist sicherzustellen und zu dokumentieren.

§ 16 Dokumentation

(1) Für die Kinder und Jugendlichen sind Einzelakten zu führen. Sie sollen die Personalien der Kinder und Jugendlichen, die Übersicht und Fortschreibung der in der Einrichtung verwalteten persönlichen Gegenstände der Kinder und Jugendlichen, Angaben zu den Personensorgeberechtigten und gegebenenfalls zu weiteren nahen Angehörigen enthalten. Darüber hinaus ergibt sich der Umfang der erforderlichen personenbezogenen Dokumentation in Einzelakten aus den Regelungen und Vereinbarungen mit den fallzuständigen öffentlichen Trägern der örtlichen Jugendhilfe.
(2) Bei Entlassung sind den Personensorgeberechtigten oder den Kindern und Jugendlichen ihre persönlichen Unterlagen auszuhändigen.

§ 17 Wirtschaftliche Voraussetzungen

Der Träger muss die Gewähr ordnungsgemäßer Wirtschaftsführung bieten und eine ausreichende Finanzierung der Einrichtung sicherstellen können.
§ 2 Absatz 3 Nummer 2 dieser Verordnung findet entsprechende Anwendung.

§ 18 Allgemeine personelle Voraussetzungen, Einrichtungsleitung

(1) Der Träger hat persönlich und fachlich geeignetes Personal bereitzuhalten und Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen sowie Fachberatungen oder Supervision für das pädagogische Personal sicherzustellen. Die fachlichen Qualifikationen der Beschäftigten sind entsprechend der konzeptionellen Ausrichtung der Einrichtung angemessen zu berücksichtigen.
(2) Personen, die rechtskräftig wegen einer in
§ 72a SGB VIII genannten Straftat verurteilt worden sind, dürfen nicht beschäftigt werden. Gleiches gilt, wenn die rechtskräftige Verurteilung wegen einer anderen Straftat erwarten lässt, dass die Person für die Wahrnehmung der Funktion und Aufgabe persönlich nicht geeignet ist. Die Träger haben sich von allen in der Einrichtung tätigen Personen bei der Anstellung und im Weiteren alle fünf Jahre ein erweitertes Führungszeugnis nach
§ 30a Absatz 1 BZRG vorlegen zu lassen.
(3) Für jede Einrichtung ist eine Leiterin oder ein Leiter zu benennen. Die Leiterin oder der Leiter muss eine Fachkraft mit mindestens zweijähriger Berufserfahrung sein. Leiterinnen oder Leiter von Einrichtungen, die überwiegend behinderte Kinder und Jugendliche aufnehmen, müssen zusätzlich über ausreichende berufliche Erfahrungen in der Betreuung behinderter Kinder und Jugendlicher verfügen.
(4) Geeignete Fachkräfte für die Leitung einer Einrichtung sind
1.
staatlich anerkannte Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen,
2.
staatlich anerkannte Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter,
3.
staatlich anerkannte Kindheitspädagoginnen und Kindheitspädagogen,
4.
Diplom-Pädagoginnen und Diplom-Pädagogen, Pädagoginnen und Pädagogen mit Bachelor- oder Master-Abschluss mit sozialpädagogischem Schwerpunkt,
5.
Diplom-Psychologinnen und Diplom-Psychologen, Psychologinnen und Psychologen mit Bachelor- oder Masterabschluss.
(5) Geeignete Fachkräfte für die Leitung einer Einrichtung können auch die in
§ 19 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3 genannten Fachkräfte sein, wenn diese mindestens eine fünfjährige Berufserfahrung vorweisen können.

§ 19 Fachkräfte

(1) Mit der Wahrnehmung betreuender und erzieherischer Aufgaben sind Fachkräfte zu betrauen.
(2) Geeignete Fachkräfte für die Leitung einer Gruppe sind neben den in
§ 18 Absatz 4 genannten Fachkräften
1.
staatlich anerkannte Erzieherinnen und Erzieher,
2.
staatlich anerkannte Heilpädagoginnen und Heilpädagogen,
3.
staatlich anerkannte Heilerziehungspflegerinnen und Heilerziehungspfleger.
In Einrichtungen mit hohem pflegerischem Bedarf können auch Gesundheits- oder Kinderkrankenpflegerinnen und Gesundheits- oder Kinderkrankenpfleger für die Gruppenleitung eingesetzt werden.
(3) Geeignete Fachkräfte für die Gruppenbetreuung sind neben den in Absatz 2 genannten Fachkräften:
1.
Heimerzieherinnen und Heimerzieher mit Abschluss staatlich anerkannter Ausbildungsstätten,
2.
kirchlich anerkannte Heimerzieherinnen und Heimerzieher,
3.
Lehrerinnen und Lehrer, wenn diese Kinder oder Jugendliche in Einrichtungen oder sonstigen Wohnformen schulisch fördern
und andere Personen mit gleichwertigen Ausbildungen.

§ 20 Einzelfallanerkennung von Fachkräften, weitere Kräfte

(1) Die zuständige Behörde lässt eine Person im Einzelfall abweichend von
§ 18 Absatz 4 oder Absatz 5 und
§ 19 Absatz 2 oder Absatz 3 zu, wenn diese aufgrund ihrer Ausbildung und besonderer fachpraktischer Erfahrungen und Kenntnisse für die Wahrnehmung der Funktion und Aufgabe qualifiziert ist. Die Zulassung nach Satz 1 kann mit Nebenbestimmungen und Auflagen verbunden werden.
(2) Personen ohne Ausbildung im Sinne des
§ 18 Absatz 4 oder § 19
Absatz 2 oder Absatz 3 (weitere Kräfte) dürfen im Rahmen der pädagogischen Arbeit nur zur Unterstützung von Fachkräften oder in der Nachtbereitschaft, soweit eine pädagogische Ruf- und Nachtbereitschaft sichergestellt ist, beschäftigt werden.

§ 21 Personalbedarf

(1) Der für den Betrieb erforderliche Personalbedarf richtet sich nach dem Zweck und der Konzeption der Einrichtung. In Einrichtungen, in denen Kinder und Jugendliche bis zur Vollendung des 15. Lebensjahrs aufgenommen werden, ist die durchgängige Betreuung über Tag und Nacht sicherzustellen. Bei der Personalbemessung sind sämtliche Fehlzeiten, insbesondere urlaubs-, krankheits- und fortbildungsbedingte Ausfallzeiten sowie Zeiten für die Vorbereitung, die Berichtsführung und die Elternarbeit angemessen zu berücksichtigen.
(2) Der Personalbedarf für die pädagogische Arbeit erfordert mindestens die Beschäftigung von
1.
4,6 Fachkräften zuzüglich der notwendigen pädagogischen Ruf- und Nachtbereitschaft,
a)
auf zehn minderjährige Mütter/Väter in gemeinsamen Wohnformen für Mütter/Väter und Kinder (
§ 19 SGB VIII ),
b
auf zehn Kinder und Jugendliche in Einrichtungen über Tag und Nacht (
§ 34 SGB VIII ).
Bei kleineren Gruppen darf der Wert von 3,4 Fachkräften, zuzüglich der notwendigen pädagogischen Ruf- und Nachtbereitschaft, nicht unterschritten werden,
2.
1,5 Fachkräften in familienanalogen Wohnformen (
§ 12 Absatz 1 Nummer 5) mit bis zu drei betreuten Kindern und Jugendlichen und weitere 0,5 Fachkräfte je weiterem Betreuten; eine Vertretung durch Fachkräfte ist stets sicherzustellen,
3.
einer Fachkraft auf fünf Kinder und Jugendliche in einer Tagesgruppe (
§ 32 SGB VIII ); eine Vertretung durch Fachkräfte ist stets sicherzustellen,
4.
3,0 Fachkräften auf 15 Kinder und Jugendliche in Erholungseinrichtungen, Schülerheimen und Internaten.
Die Angaben beziehen sich auf Vollzeitstellen. Innewohnende Fachkräfte werden mit 1,5 Stellenanteilen berücksichtigt. Personen, die sich in der Ausbildung zur Fachkraft befinden, können im letzten Ausbildungsjahr im Rahmen der Einzelfallanerkennung nach
§ 20 Absatz 1 mit bis zu 0,5 Stellenanteilen berücksichtigt werden. Eine Anrechnung von mehr als einer Person in Ausbildung zur Fachkraft je Gruppe ist grundsätzlich nicht zulässig.

§ 22 Medizinische Versorgung, Hygiene

(1) Die gesundheitliche Vorsorge und medizinische Betreuung ist sicherzustellen. Der Zugang zu regelmäßiger kinder-, zahn- und fachärztlicher Versorgung der Kinder und Jugendlichen ist für die Dauer des Aufenthaltes in der Einrichtung unter Beachtung des Rechtes der freien Arztwahl zu gewährleisten.
(2) Vor der Durchführung ärztlicher Eingriffe und Impfungen ist die Zustimmung der Personensorgeberechtigten einzuholen, sofern es sich nicht um Notfälle handelt.
(3) Die pädagogischen Betreuungskräfte haben die Teilnahme an einer Erste-Hilfe-Ausbildung und mindestens alle zwei Jahre die Teilnahme an einem Wiederholungskurs nachzuweisen. In jeder Gruppe muss ein vorschriftsmäßig ausgestatteter Verbandkasten nach DIN 13157/C vorhanden sein.
(4) Medizinischer Bedarf und gesundheitsgefährdende Stoffe sind unter Verschluss zu halten. Die Ausgabe von verschreibungspflichtigen Medikamenten an Kinder und Jugendliche darf nur auf ärztliche Anordnung erfolgen und ist jeweils zu dokumentieren.

§ 23 Beteiligung und Beschwerdemöglichkeiten

(1) Zur Sicherung der Rechte von Kindern und Jugendlichen in der Einrichtung sind der Einrichtung geeignete Verfahren der Beteiligung sowie der Möglichkeit der Beschwerde in persönlichen Angelegenheiten vorzusehen, in geeigneter Form schriftlich niederzulegen und den Kindern und Jugendlichen bei deren Aufnahme bekannt zu machen.
(2) Kinder und Jugendliche sollen an Entscheidungen, die sie individuell oder als Betreute betreffen, entsprechend ihrem Entwicklungsstand in geeigneter Weise beteiligt werden. Dies gilt insbesondere für die Hilfeplanung, die Mediennutzung und die Urlaubsplanung. In Einrichtungen ab fünf Plätzen ist die Bildung eines Gremiums anzustreben, in dem die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gemeinsam mit den Kindern und Jugendlichen die sie betreffenden Fragen beraten.
(3) Kinder und Jugendliche müssen die Möglichkeit haben, sich direkt mit den Fachkräften der Jugendämter und des Landesjugendamtes und sonstigen geeigneten Ansprechpersonen in Verbindung zu setzen, um Anliegen oder Beschwerden vortragen zu können. Auf die Möglichkeit zur Beschwerde bei der Beschwerdestelle für Kinder und Jugendliche bei der Bürgerbeauftragten für soziale Angelegenheiten des Landes Schleswig-Holstein soll hingewiesen werden. Die entsprechenden Anschriften und Telefonnummern sind den Kindern und Jugendlichen in geeigneter Form bekannt zu machen.

§ 24 Befristete Abweichungen zur Sicherstellung besonderer Schutzbedürfnisse

(1) Die zuständige Behörde kann auf Antrag des Trägers im Einvernehmen mit dem örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe zur Vermeidung von Obdachlosigkeit oder Mangelversorgung Abweichungen von den Vorgaben in
§ 7 Absatz 2 und 3, § 8
bis 10 , § 13
, § 18 Absatz 1 und Absatz 3 bis 5,
§ 19 und § 21
zulassen, wenn andernfalls eine ordnungsgemäße, am Wohl der Kinder und Jugendlichen orientierte Betreuung nicht sichergestellt werden kann. Die Abweichung ist am Wohl der Kinder und Jugendlichen zu orientieren. Der Träger hat unverzüglich auf eine Einhaltung der üblichen Vorgaben hinzuwirken.
(2) Die Abweichung darf nur befristet für den Zeitraum von bis zu zwölf Monaten gestattet werden. Eine mehrfache Befristung ist zulässig.

Abschnitt 4 Geltungszeitregeln

§ 25 Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Diese Verordnung tritt am Tage nach ihrer Verkündung in Kraft. Gleichzeitig tritt die Kinder- und Jugendeinrichtungsverordnung vom 6. Oktober 1994 (GVOBl. Schl.-H. S. 499)
*)
, zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 15. Dezember 2006 (GVOBl. Schl.-H. S. 346) außer Kraft.
Die vorstehende Verordnung wird hiermit ausgefertigt und ist zu verkünden.
Kiel, 13. Juli 2016
Kristin Alheit Ministerin
für Soziales, Gesundheit, Wissenschaft und Gleichstellung
Fußnoten
*)
GS Schl.-H. II, Gl.Nr. B 860-8-5
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