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Gesetz zur Integration und Teilhabe (Integrations- und Teilhabegesetz für Schleswig-Holstein - Int-TeilhG) Vom 23. Juni 2021

Gesetz zur Integration und Teilhabe (Integrations- und Teilhabegesetz für Schleswig-Holstein - Int-TeilhG) Vom 23. Juni 2021
Zum 09.06.2023 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe

Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis

TitelGültig ab
Gesetz zur Integration und Teilhabe (Integrations- und Teilhabegesetz für Schleswig-Holstein - Int-TeilhG) vom 23. Juni 202109.07.2021
Eingangsformel09.07.2021
Teil 1 - Allgemeine Bestimmungen09.07.2021
§ 1 - Zweck09.07.2021
§ 2 - Begriffsbestimmung09.07.2021
Teil 2 - Integrationsziele09.07.2021
§ 3 - Grundsatz09.07.2021
§ 4 - Sprachförderung09.07.2021
§ 5 - Bildung09.07.2021
§ 6 - Ausbildung und Beschäftigung09.07.2021
§ 7 - Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung, Antirassismus09.07.2021
Teil 3 - Aufgaben und Maßnahmen09.07.2021
§ 8 - Koordinierung der Integration09.07.2021
§ 9 - Integrationsfolgenabschätzung09.07.2021
§ 10 - Integrations- und Zuwanderungsmonitoring09.07.2021
§ 11 - Spezifische Maßnahmen09.07.2021
Teil 4 - Interessenvertretung09.07.2021
§ 12 - Teilhabe in Gremien09.07.2021
§ 13 - Interessenvertretungen09.07.2021
Teil 5 - Aufgaben der Kommunen09.07.2021
§ 14 - Aufgaben der Kommunen09.07.2021
Teil 6 - Schlussvorschriften09.07.2021
§ 15 - Ausschluss der Klagbarkeit09.07.2021
§ 16 - Inkrafttreten09.07.2021
Der Landtag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Teil 1 Allgemeine Bestimmungen

§ 1 Zweck

(1) Das Gesetz dient dem Zweck, klare Integrationsziele festzulegen und die für die Erreichung dieser Ziele notwendigen Maßnahmen und Instrumente zu regeln. Diese Maßnahmen sollen so gestaltet und angewendet werden, dass sie die Integration als gesamtgesellschaftlichen Prozess umsetzen, der durch die Träger der öffentlichen Verwaltung unterstützt wird.
(2) Das Land wirkt darauf hin, dass die für die Integration und Teilhabe relevanten Strukturen und Maßnahmen ein abgestimmtes System ergeben, das auch auf regionaler und lokaler Ebene die Integration und Teilhabe nachhaltig befördert. Das Engagement und der Wille zur Integration und Teilhabe werden erwartet.

§ 2 Begriffsbestimmung

Menschen mit Migrationshintergrund im Sinne des Gesetzes sind Personen, die selbst nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen oder von denen mindestens ein Elternteil die deutsche Staatsangehörigkeit nicht durch Geburt besitzt.

Teil 2 Integrationsziele

§ 3 Grundsatz

(1) Ziel dieses Gesetzes ist es, die Integration und Teilhabe von Menschen mit Migrationshintergrund in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens, insbesondere in der lokalen Gemeinschaft, zu ermöglichen, zu fördern und zu gestalten.
(2) Dieses Ziel wird insbesondere gefördert durch:
1.
den Zugang zu deutscher Sprache, frühkindlicher Bildung, zu Schule, Ausbildung und Arbeit und damit auch zu ökonomischer Unabhängigkeit;
2.
die interkulturelle Öffnung, um Zugangsbarrieren und Abgrenzungsmechanismen abzubauen und Teilhabechancen zu verbessern;
3.
die Förderung und Verbesserung der Einbindung von Menschen mit Migrationshintergrund in demokratische Strukturen und Prozesse;
4.
das Entgegentreten gegen jede Form von Rassismus, Antisemitismus und ethnischer Diskriminierung;
5.
die Stärkung des Verständnisses für die freiheitlich demokratische Grundordnung und deren Akzeptanz in der Gesellschaft;
6.
Maßnahmen, die ermöglichen, dass mehr Menschen die Voraussetzungen für eine Einbürgerung erfüllen.
(3) Maßnahmen werden an dem individuellen Bedarf der Menschen mit Migrationshintergrund ausgerichtet. Der Zugang zu Integrationsangeboten wird mit Beginn des Aufenthalts in Deutschland geschaffen. Der aufenthaltsrechtliche Status bleibt davon unberührt. Bei allen Maßnahmen ist auf die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Mädchen zu achten.

§ 4 Sprachförderung

Das Land unterstützt Menschen mit Migrationshintergrund ab ihrer Ankunft in Schleswig-Holstein bedarfsgerecht beim Erlernen der deutschen Sprache. Zugleich ist das eigene Engagement der Menschen mit Migrationshintergrund beim Spracherwerb unerlässlich. Für die Integration und Teilhabe von Menschen mit Migrationshintergrund in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens sind ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache von zentraler Bedeutung.

§ 5 Bildung

(1) Das Land wirkt auf die Verwirklichung gleicher Bildungschancen für Menschen mit und ohne Migrationshintergrund sowie auf die Bildung für Akzeptanz und Toleranz von kultureller, religiöser und ethnischer Vielfalt im frühkindlichen Bereich, an Schulen, an Hochschulen und in der Erwachsenenbildung hin.
(2) Das Land unterstützt die Stärkung und Weiterentwicklung nachhaltiger Strukturen chancengerechter Elternbeteiligung am Bildungsweg der Kinder und Jugendlichen mit Migrationshintergrund sowie die Zusammenarbeit der Eltern mit Akteurinnen und Akteuren und Einrichtungen im Bildungsbereich.
(3) Das Land verfolgt das Ziel, herkunftsstaatlichen Unterricht unter staatlicher Aufsicht auszubauen.

§ 6 Ausbildung und Beschäftigung

(1) Menschen mit Migrationshintergrund stellen ein wichtiges Potenzial an qualifizierten Fachkräften oder zu qualifizierenden zukünftigen Fachkräften dar.
(2) Die Integration in Beruf und Arbeit sind zu fördern. Ausbildung- und Beschäftigungsfähigkeit von Menschen mit Migrationshintergrund sind zu stärken. Dabei sind die individuellen Potenziale, insbesondere Mehrsprachigkeit und berufliche Qualifikation, zu berücksichtigen.
(3) Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen sollen so gestaltet werden, dass sie die Chancen für Menschen mit Migrationshintergrund auf einen Berufsabschluss fördern.
(4) Das Land fördert die interkulturelle Kompetenz auf Arbeitgeber- wie Arbeitnehmerseite.

§ 7 Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung, Antirassismus

(1) Von allen Menschen sind die durch das Grundgesetz und die Landesverfassung geschützten gemeinsamen Grundwerte anzuerkennen.
(2) Das Land tritt gegen jede Form von Rassismus, Antisemitismus und ethnischer Diskriminierung ein und sieht sich in besonderer Verantwortung und Pflicht zum Dialog sowie zur Förderung von Gegenmaßnahmen und Zivilcourage. Das Themenfeld Antidiskriminierung wird insbesondere Bestandteil von Fortbildungs- und Qualifizierungsangeboten.

Teil 3 Aufgaben und Maßnahmen

§ 8 Koordinierung der Integration

(1) Die Landesregierung koordiniert integrationsspezifische und der Integration dienende Maßnahmen auf regionaler und lokaler Ebene und der verschiedenen Fachressorts, die an der Verwirklichung der Gesetzesziele mitwirken. Sie ist für die fachübergreifende Abstimmung zu Fragen der Integration und Teilhabe von Menschen mit Migrationshintergrund zuständig.
(2) Sie unterstützt bei der Koordinierung, Weiterentwicklung und Steuerung von Integrations- und Teilhabestrukturen und Integrationsmaßnahmen, die auf die Landes-, regionale oder lokale Ebene ausgerichtet sind. Das Land berät die Kreise, kreisfreien Städte und Gemeinden bei der Umsetzung dieses Gesetzes, soweit sie betroffen sind.

§ 9 Integrationsfolgenabschätzung

Die Landesverwaltung prüft, ob bei der Erfüllung von hoheitlichen Aufgaben, die unterschiedliche Auswirkungen auf Menschen mit oder ohne Migrationshintergrund haben können, Maßnahmen getroffen werden können, die die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Migrationshintergrund fördern.

§ 10 Integrations- und Zuwanderungsmonitoring

(1) Das für Integration zuständige Ministerium legt dem Landtag in den ersten sechs Jahren nach Inkrafttreten des Gesetzes alle zwei Jahre, danach alle fünf Jahre einen Integrations- und Zuwanderungsbericht vor, der unter Berücksichtigung der Rahmenbedingungen auf den Ebenen der Europäischen Union, des Bundes und der Kommunen
1.
die Bevölkerungsentwicklung unter besonderer Berücksichtigung der verschiedenen Formen der Zuwanderung,
2.
den Stand der Integration und Teilhabe von Menschen mit Migrationshintergrund anhand von Zielen und Indikatoren sowie
3.
die integrations- und teilhabespezifischen Strukturen und Maßnahmen sowie Leistungen im Land
auf Grundlage vorhandener Daten dokumentiert und bewertet.
(2) Alle zwei Jahre wird eine kommentierte Zuwanderungs- und Integrationsstatistik veröffentlicht.

§ 11 Spezifische Maßnahmen

Zur Umsetzung der in § 3 genannten Ziele unterstützt das Land Maßnahmen, die
1.
sich auf die Gestaltung eines von gegenseitigem Respekt getragenen Zusammenlebens in Stadtteilen, Wohnquartieren und Nachbarschaften beziehen,
2.
sich dem aktiven Einsatz gegen Rassismus, Antisemitismus, ethnische Diskriminierung und Ausgrenzung von Menschen mit Migrationshintergrund widmen, indem in verschiedenen Tätigkeitsfeldern (z.B. Arbeit, Wohnen, Bildung, Gesundheit) Akteure und Institutionen für die Problematik von Diskriminierung und Rassismus sensibilisiert werden,
3.
den Stellenwert des Ehrenamts berücksichtigen,
4.
auf die interkulturelle Öffnung von Institutionen, Organisationen und Gesellschaft durch Aus- und Fortbildung hinwirken,
5.
dem Aufbau oder dem Erhalt von Integrations- und Teilhabestrukturen dienen,
6.
die Teilhabe von Menschen mit Migrationshintergrund an gesellschaftlichen Aushandlungs- und Entscheidungsprozessen voranbringen,
7.
durch altersangemessene kulturelle und politische Bildung Teilhabechancen, insbesondere für junge Menschen mit Migrationshintergrund, eröffnen,
8.
die arbeitsmarktliche Integration und Unabhängigkeit fördern,
9.
auf eine gesellschaftliche Integration von Menschen mit Migrationshintergrund durch Sport und in den Strukturen des organisierten Sports hinwirken,
10.
sich auf die Integration und Teilhabe von Menschen mit Migrationshintergrund an Hochschulen beziehen,
11.
Menschen mit Migrationshintergrund in ihrer Rolle als Verbraucherinnen und Verbraucher im Marktgeschehen stärken und die interkulturelle Öffnung der Verbraucherberatung und Verbraucherbildung voranbringen,
12.
die Integration und Teilhabe von Menschen mit Migrationshintergrund unter Beachtung der besonderen Rahmenbedingungen im ländlichen Raum fördern sowie
13.
durch Digitalisierung die Integration und Teilhabe von Menschen mit Migrationshintergrund unterstützen,
14.
ein friedliches Zusammenleben in Vielfalt und den Zusammenhalt der Gesellschaft befördern,
15.
der Förderung der interkulturellen Kompetenz sowohl in staatlichen, soweit sie dem Landesrecht unterliegen, als auch in landesgeförderten Aus-, Fort- und beruflichen Weiterbildungsangeboten, dienen. Das Land kann die Unterstützung der Angebote von der Bereitschaft der Maßnahmenträger zur Förderung der interkulturellen Kompetenz abhängig machen.
16.
den Zugang zu ausländerrechtlichen Informationen gewährleisten und landesweit analog wie digital ausbauen.

Teil 4 Interessenvertretung

§ 12 Teilhabe in Gremien

Auf eine angemessene Beteiligung von Menschen mit Migrationshintergrund in Meinungsbildungs- und Entscheidungsprozessen ist hinzuwirken. In allen Gremien des Landes ist sicherzustellen, dass die Interessen der Menschen mit Migrationshintergrund berücksichtigt werden. Das Land soll eine Beteiligung in solchen Gremien ermöglichen, soweit dies der Förderung der Ziele dieses Gesetzes dient.

§ 13 Interessenvertretungen

(1) Zur Unterstützung der Landesregierung in wesentlichen Fragen der Integrations- und Teilhabepolitik ist in dem für Integration zuständigen Ministerium ein Beirat als beratendes Gremium einzurichten. Der Beirat ist bei Vorhaben der Landesregierung anzuhören, soweit diese durch Gesetz oder Verordnung zu regeln sind und spezifisch Integrationsmaßnahmen für Menschen mit Migrationshintergrund betreffen.
(2) Die Mitglieder werden von dem für Integration zuständigen Ministerium für die Dauer von zwei Jahren berufen.
(3) Im Beirat sollen unter anderem Vertreter der Kommunen und Menschen mit Migrationshintergrund vertreten sein.
(4) Für den Beirat wird zur Vorbereitung der Sitzungen sowie zur Umsetzung der Sitzungsergebnisse eine Geschäftsstelle bei dem für Integration zuständigen Ministerium eingerichtet.
(5) Das Nähere bestimmt das für Integration zuständige Ministerium durch Erlass.

Teil 5 Aufgaben der Kommunen

§ 14 Aufgaben der Kommunen

Die Kreise, Gemeinden und Ämter tragen im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung, ihrer jeweiligen finanziellen Leistungsfähigkeit und nach Maßgabe der Gesetze eine besondere Mitverantwortung bei der Verwirklichung der genannten Ziele.

Teil 6 Schlussvorschriften

§ 15 Ausschluss der Klagbarkeit

(1) Subjektiv-öffentliche Rechte, insbesondere Ansprüche auf finanzielle Förderung, werden durch dieses Gesetz nicht begründet.
(2) Eine Förderung nach diesem Gesetz erfolgt nach Maßgabe des Landeshaushalts sowie subsidiär zu einer Förderung durch die Europäische Union, den Bund oder andere Akteure.

§ 16 Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.
Das vorstehende Gesetz wird hiermit ausgefertigt und ist zu verkünden.
Kiel, 23. Juni 2021
Daniel Günther Dr. Sabine Sütterlin-Waack
Ministerpräsident Ministerin für Inneres, ländliche Räume, Integration und Gleichstellung
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