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Gesetz zur elektronischen Verwaltung für Schleswig-Holstein (E-Government-Gesetz - EGovG) Vom 8. Juli 2009

Gesetz zur elektronischen Verwaltung für Schleswig-Holstein (E-Government-Gesetz - EGovG) Vom 8. Juli 2009
Zum 09.06.2023 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe
Stand: letzte berücksichtigte Änderung: mehrfach geändert (Art. 4 Ges. v. 16.03.2022, GVOBl. S. 285)

Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis

TitelGültig ab
Gesetz zur elektronischen Verwaltung für Schleswig-Holstein (E-Government-Gesetz - EGovG) vom 8. Juli 200931.07.2009
Eingangsformel31.07.2009
Inhaltsverzeichnis15.04.2022
Abschnitt I - Grundlagen31.07.2009
§ 1 - Gesetzeszweck, Anwendungsbereich31.07.2009
§ 2 - Begriffsbestimmungen15.04.2022
§ 3 - Grundsatz der kooperativen Kommunikation15.04.2022
§ 4 - Datenschutz und Informationssicherheit15.04.2022
Abschnitt II - Maßnahmen des E-Government31.07.2009
§ 5 - Verwaltungsträgerübergreifende Prozessgestaltung15.04.2022
§ 6 - Verwaltungsträgerübergreifende Zusammenarbeit bei elektronischer Aufgabenerledigung15.04.2022
§ 7 - Einsatz von offenen Standards und offener Software, nachhaltige IT15.04.2022
§ 8 - Automatisierung von Verwaltungsabläufen15.04.2022
§ 9 - Umsetzung von Standardisierungsbeschlüssen des IT-Planungsrates15.04.2022
§ 10 - Elektronische Formulare15.04.2022
§ 11 - Verwaltungsträgerübergreifende elektronische Kommunikation15.04.2022
§ 12 - Basisdienste des Landes15.04.2022
Abschnitt III - Übergangs- und Schlussbestimmungen31.07.2009
§ 13 - Fortentwicklung des E-Government (Experimentierklausel)15.04.2022
§ 14 - Ordnungswidrigkeiten15.04.2022
§ 15 - Inkrafttreten15.04.2022
Der Landtag hat das folgende Gesetz beschlossen:
Inhaltsübersicht
Abschnitt I Grundlagen
§ 1Gesetzeszweck, Anwendungsbereich
§ 2Begriffsbestimmungen
§ 3Grundsatz der kooperativen Kommunikation
§ 4Datenschutz und Informationssicherheit
Abschnitt II Maßnahmen des E-Government
§ 5Verwaltungsträgerübergreifende Prozessgestaltung
§ 6Verwaltungsträgerübergreifende Zusammenarbeit bei elektronischer Aufgabenerledigung
§ 7Offene Standards und offene Software; nachhaltige IT
§ 8Automatisierung von Verwaltungsabläufen
§ 9Umsetzung von Standardisierungsbeschlüssen des IT-Planungsrates
§ 10Elektronische Formulare
§ 11Verwaltungsträgerübergreifende elektronische Kommunikation
§ 12Basisdienste des Landes
Abschnitt III Übergangs- und Schlussbestimmungen
§ 13Fortentwicklung des E-Government (Experimentierklausel)
§ 14Ordnungswidrigkeiten
§ 15Inkrafttreten

Abschnitt I Grundlagen

§ 1 Gesetzeszweck, Anwendungsbereich

Dieses Gesetz dient der Förderung der elektronischen Abwicklung von Verwaltungsabläufen, um mit Unterstützung der Informations- und Kommunikationstechnik die Geschäftsprozesse der Träger der öffentlichen Verwaltung zu optimieren und damit zur Modernisierung der öffentlichen Verwaltung des Landes beizutragen. Es ergänzt die bestehenden Regelungen zur elektronischen Kommunikation im Landesverwaltungsgesetz. Internationale und nationale Standards sowie andere untergesetzliche Vereinbarungen im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnik sollen bei der Umsetzung dieses Gesetzes beachtet werden, sofern dem nicht übergeordnete Interessen des Landes entgegenstehen. Das Gesetz findet im Bereich der Justiz keine Anwendung, soweit rechtsprechende Gewalt oder Rechtspflege ausgeübt wird.

§ 2 Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieses Gesetzes
1.
ist E-Government der Einsatz moderner Informations- und Kommunikationstechnik (IT) in öffentlichen Verwaltungen in Verbindung mit organisatorischen Veränderungen in den Geschäftsprozessen der öffentlichen Verwaltung zur Durchführung von Informations-, Kommunikations- und Transaktionsprozessen innerhalb und zwischen staatlichen Institutionen sowie zwischen diesen Institutionen und Bürgerinnen und Bürgern oder Unternehmen;
2.
sind Standards technische und prozessuale Standards.
a)
Ein technischer Standard ist die Festlegung einer technischen Vorgehensweise auf einem bestimmten Gebiet. Hierzu zählen insbesondere die Definition von Schnittstellen, die Festlegung von Datenschemata und von Daten- und Dateiformaten für die Speicherung, den Austausch sowie für die Be- und Verarbeitung von Daten;
b)
ein prozessualer Standard ist die Festlegung von organisatorischen Bedingungen oder der Vorgehensweise hinsichtlich des Verfahrens auf einem bestimmten Gebiet. Hierzu zählt insbesondere die Festlegung von zeitlichen und fachlichen Prozessschnittstellen;
3.
sind Daten Zeichen oder Zeichenketten, die aufgrund von bekannten oder unterstellten Vereinbarungen Informationen darstellen und zum Zwecke der Verarbeitung im Computer gespeichert werden;
4.
ist ein Fachverfahren die thematisch als zusammengehörig empfundene Verarbeitung von Informationen zu einem dienstlichen Zweck;
5.
ist eine Fachanwendung das durch elektronische Datenverarbeitung unterstützte Teilsystem eines Fachverfahrens;
6.
ist ein Prozess die Summe aller zusammenhängenden Tätigkeiten und Bearbeitungsschritte im Rahmen der Erstellung einer definierten Leistung;
7.
bedeutet medienbruchfrei das Fehlen von Stellen in einem Prozess, an denen Daten von einem Medium auf ein anderes übertragen werden müssen;
8.
ist Interoperabilität die Fähigkeit von IT-Systemen sowie der von ihnen unterstützten (Fach-) Anwendungen, Daten auszutauschen und die gemeinsame Nutzung von Informationen und Kenntnissen zu ermöglichen.
9.
ist der Stand der Technik der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen und Betriebsweisen, der nach herrschender Auffassung die praktische Eignung einer Maßnahme oder Anwendung für das Erreichen des gesetzlich vorgegebenen Zieles gesichert erscheinen lässt; Verfahren, Einrichtungen und Betriebsweisen oder Vergleichbares müssen sich in der Praxis bewährt haben oder, wenn dies noch nicht der Fall ist, sollen möglichst im Betrieb mit Erfolg erprobt worden sein;
10.
ist ein Basisdienst ein ressortübergreifender, zentral angebotener, fachunabhängiger Dienst zur digitalen Aufgabenwahrnehmung der Träger der öffentlichen Verwaltung; ein Basisdienst besteht aus elektronischen Systemen und Komponenten, die einheitliche Standards und Prozesse verwenden;
11.
ist Informationssicherheit die Gewährleistung von Vertraulichkeit, Integrität und Verfügbarkeit von Daten, Systemen und Prozessen.
12.
ist nachhaltige IT Informations- und Kommunikationstechnologie (IT), die über ihren gesamten Lebenszyklus betrachtet ressourcenschonend eingesetzt werden kann; maßgeblich hierfür sind der Ressourcenverbrauch in der Produktion, im Betrieb und in der Entsorgung, Wiederverwendungsmöglichkeiten sowie Möglichkeiten zur Maximierung der Einsatzdauer.

§ 3 Grundsatz der kooperativen Kommunikation

(1) Die Träger der öffentlichen Verwaltung arbeiten bei der elektronischen Abwicklung von Verwaltungsabläufen eng und vertrauensvoll zusammen. Sie gewährleisten den erforderlichen und sicheren Datenaustausch auch über unterschiedliche Verwaltungsebenen hinweg.
(2) Findet zwischen Trägern der öffentlichen Verwaltung der elektronische Austausch von Daten statt oder ist dieser zu erwarten, so sollen die betroffenen Träger den Einsatz der Fachverfahren und der IT so aufeinander abstimmen, dass der medienbruchfreie Austausch sowie die weitere Verarbeitung oder anderweitige Nutzung der Daten in elektronischer Form für alle betroffenen Behörden gewährleistet ist.
(3) Die Kommunikation zwischen Trägern der öffentlichen Verwaltung soll auf elektronischem Weg erfolgen, sofern entsprechende Übertragungswege zur Verfügung stehen. Werden Akten elektronisch geführt, sollen Akten und sonstige Unterlagen elektronisch übermittelt oder der elektronische Zugriff ermöglicht werden. Bei der Kommunikation gemäß Satz 1 und der Übermittlung und dem Zugriff gemäß Satz 2 sind dem Risiko entsprechend gesicherte Übertragungswege zu nutzen, die dem Schutzbedarf für die Rechte und Freiheiten natürlicher Personen Rechnung tragen.
(4) Soweit die Pflicht zur Aktenvorlage in Einzelfällen gesetzlich angeordnet oder Mittel des allgemeinen oder spezialgesetzlich geregelten Unterrichtungsrechtes der Aufsichtsbehörde ist, ist der Austausch von Akten spätestens bis zum Ablauf des 31. Dezember 2024 auf elektronischem Weg zwischen Behörden des Landes, Hochschulen in der Trägerschaft des Landes und den Gemeinden und Gemeindeverbänden zu gewährleisten. Das Scannen der Akten und deren Übermittlung in strukturierter Form reichen hierfür grundsätzlich aus, soweit die Behörde ihre Akten noch nicht vollumfänglich elektronisch führt. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.
(5) Eine Verordnung nach § 5 Absatz 3, § 6 Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit Absatz 2, 3 und 5, §§ 11 oder 12 darf erst erlassen werden, wenn ein Abstimmungsverfahren zwischen den betroffenen Trägern der öffentlichen Verwaltung durchgeführt worden ist. Soweit das Abstimmungsverfahren mit einem einvernehmlichen Beschluss endet, sind dessen Ergebnisse in die Verordnung zu übernehmen. Wird ein einvernehmlicher Beschluss nicht erreicht, so ist das Abstimmungsverfahren gescheitert. Wurde für einzelne Teile des Verfahrensgegenstandes ein einvernehmlicher Beschluss erreicht, so ist dieser in die Verordnung aufzunehmen, hinsichtlich der anderen Teile des Verfahrensgegenstandes der am weitesten gehende Konsens.
(6) Im Abstimmungsverfahren nehmen die kommunalen Landesverbände die Interessen der kommunalen Körperschaften wahr. Für das Land nehmen die obersten Landesbehörden für ihren Geschäftsbereich die Abstimmung vor. Für die anderen Träger der öffentlichen Verwaltung nehmen die vertretungsberechtigten Organe die Interessen wahr, soweit es sich bei den Trägern nicht um natürliche Personen handelt.
(7) Die Einzelheiten zum Abstimmungsverfahren regelt die für die Angelegenheiten der ressortübergreifenden Informations- und Kommunikationstechnologie zuständige oberste Landesbehörde durch Verordnung. Der Verlauf des Abstimmungsverfahrens ist schriftlich zu protokollieren.

§ 4 Datenschutz und Informationssicherheit

(1) Die Regelungen der Verordnung (EU) 2016/679
1
und die ergänzenden Regelungen des Landesdatenschutzgesetzes sowie spezialgesetzlich bestehende Bestimmungen zum Datenschutz bleiben durch dieses Gesetz unberührt.
(2) Der Rahmen für die Wahrnehmung der Aufgabe der Informationssicherheit in der Landesverwaltung ist die von der Landesregierung beschlossene Informationssicherheitsleitlinie für die Landesverwaltung Schleswig-Holstein (IS-LL) in der jeweils gültigen Fassung.
(3) Die Behörden der Träger der öffentlichen Verwaltung, deren IT-Systeme mit dem Landesnetz verbunden sind, sind Mitglieder eines Sicherheitsverbundes. Jedes Mitglied des Sicherheitsverbundes hat eine dem Schutzbedarf der verarbeiteten Daten und der Bedrohungslage angemessene Informationssicherheit, auch im Hinblick auf andere Mitglieder des Sicherheitsverbundes, zu gewährleisten. Die Mitglieder des Sicherheitsverbundes fördern die Informationssicherheit in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich.
(4) Die für die ressortübergreifende IT zuständige oberste Landesbehörde legt weitere Bedingungen für den Anschluss ans Landesnetz fest. Beschlossene Mindeststandards des Arbeitsgremiums Informationssicherheitsmanagement (AG ISM) für die IT-Sicherheit im Sicherheitsverbund sind im Geltungsbereich der IS-LL bindend.
Fußnoten
1)
Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 S. 1, ber. 2016 ABl. L 314 S. 72)

Abschnitt II Maßnahmen des E-Government

§ 5 Verwaltungsträgerübergreifende Prozessgestaltung

(1) Nehmen Träger der öffentlichen Verwaltung Aufgaben des Landes wahr und soll die Aufgabenerledigung zukünftig elektronisch erfolgen, so hat die fachlich zuständige oberste Landesbehörde zunächst eine Analyse der betroffenen landesspezifischen Prozesse durchzuführen und diese zu dokumentieren. Sie hat auf der Grundlage der Prozessanalyse eine Lösungsstrategie zu entwickeln. Die Lösungsstrategie hat in besonderem Maße die Wirtschaftlichkeit der Aufgabenerledigung, den Grundsatz der kooperativen Kommunikation, die verwaltungsträgerübergreifende Funktionsfähigkeit sowie die Möglichkeiten und Erfordernisse der elektronischen Prozessgestaltung zu berücksichtigen. Die technische Lösungsstrategie hat die Realisierung auf Basis offener Standards sowie quelloffener Software zu prüfen. Die fachlich zuständige oberste Landesbehörde kann in entsprechender Anwendung der Sätze 1 bis 3 darüber hinaus diejenigen Prozesse analysieren und dokumentieren, die die Kommunikation mit anderen Trägern der öffentlichen Verwaltung betreffen.
(2) Sollen Landesaufgaben auf andere Träger der öffentlichen Verwaltung übertragen werden und soll die Aufgabenerledigung zukünftig elektronisch erfolgen, so hat die fachlich zuständige oberste Landesbehörde hinsichtlich aller betroffenen Prozesse im Sinne des Absatzes 1 zu verfahren.
(3) Die fachlich zuständige oberste Landesbehörde wird ermächtigt, im Benehmen mit der für die Angelegenheiten der ressortübergreifenden Informations- und Kommunikationstechnologie zuständigen obersten Landesbehörde Standards für die betroffenen Fachverfahren und Fachanwendungen der beteiligten Träger durch Verordnung festzulegen, um die Medienbruchfreiheit und Interoperabilität zu gewährleisten.
(4) Die Verordnung muss Regelungen über die Kostentragung enthalten.

§ 6 Verwaltungsträgerübergreifende Zusammenarbeit bei elektronischer Aufgabenerledigung

(1) Sofern die elektronische Abwicklung von Verwaltungsverfahren trägerübergreifend erfolgt, haben die Träger der öffentlichen Verwaltung die notwendige Interoperabilität der eingesetzten Fachanwendungen sicherzustellen. Zu diesem Zweck wird die fachlich zuständige oberste Landesbehörde ermächtigt, im Benehmen mit der für die Angelegenheiten der ressortübergreifenden Informations- und Kommunikationstechnik zuständigen obersten Landesbehörde Standards für die Interoperabilität der Fachanwendungen durch Verordnung festzulegen.
(2) Die Verordnung kann insbesondere Regelungen über
1.
den Umfang und die Gestaltung der zu nutzenden gedruckten und elektronischen Formulare sowie
2.
den behördenübergreifenden elektronischen Datenzugriff und Datenaustausch enthalten.
(3) Soweit die Interoperabilität der betroffenen Fachanwendungen nicht auf andere Weise sichergestellt werden kann, kann die Verordnung auch vorsehen, dass bestimmte Fachanwendungen einzusetzen sind. Sind kommunale Körperschaften betroffen, ist dies nur im Bereich der ihnen übertragenen Aufgaben zur Erfüllung nach Weisung möglich.
(4) Zur Unterstützung verwaltungsträgerübergreifender Zusammenarbeit können, soweit dies technisch möglich und wirtschaftlich sinnvoll ist sowie Vorgaben des Datenschutzes und der Informationssicherheit eingehalten werden, Anwendungen für gemeinsames Arbeiten verwendet werden. Hierzu gehören unter anderem audiovisuelle Konferenzsysteme, Dokumentenaustauschsysteme und Anwendungen für kollaborative Zusammenarbeit.
(5) Die Verordnung muss Regelungen über die Kostentragung enthalten.

§ 7 Einsatz von offenen Standards und offener Software, nachhaltige IT

(1) Zur Gewährleistung einer weitreichenden Interoperabilität sollen neue Anwendungen und Technologien mit offenen Schnittstellen sowie offenen Standards ausgestattet und hierüber nutzbar gemacht werden. Neue Anwendungen und Technologien sollen möglichst abwärts kompatibel sein.
(2) Dort, wo es technisch möglich und wirtschaftlich ist, soll der Einsatz von Open-Source-Software vorrangig vor solcher Software erfolgen, deren Quellcode nicht öffentlich zugänglich ist und deren Lizenz die Verwendung, Weitergabe und Veränderung einschränkt sowie Anwendungen und Technologien eingesetzt werden, die über ihren gesamten Lebenszyklus nachhaltig sind.
(3) Wird eine von Landesbehörden genutzte Open-Source-Software von diesen oder speziell für diese weiterentwickelt wird, ist der weiterentwickelte Quellcode unter eine geeignete offene-Software- und Open-Source-Lizenz zu stellen und zu veröffentlichen, soweit keine sicherheitsrelevanten Aufgaben damit erfüllt werden und dies lizenzrechtlich zulässig ist. Im Landesrechnungshof und bei der Präsidentin oder dem Präsidenten des Schleswig-Holsteinischen Landtages findet diese Regelung keine Anwendung. Diese Behörden können die Regelungen in ihrem Zuständigkeitsbereich jedoch für anwendbar erklären.

§ 8 Automatisierung von Verwaltungsabläufen

(1) Die fachlich zuständigen obersten Landesbehörden sollen im Benehmen mit der für die Angelegenheiten der ressortübergreifenden Informations- und Kommunikationstechnik zuständigen obersten Landesbehörde Prozesse im Sinne der §§ 5 und 6, verwaltungsinterne Prozesse und die Personalverwaltungsprozesse teilweise oder vollständig automatisieren.
(2) Möglichkeit der Automatisierung soll die Beschäftigten der Landesverwaltung bei der Aufgabenerledigung unterstützen und insbesondere
1.
zur Datenanalyse, -kategorisierung, -sortierung, -übertragung und -auswertung in Fachanwendungen und Fachverfahren, sofern andere Rechtsvorschriften dem nicht entgegenstehen,
2.
im Rahmen der Personalverwaltung,
3.
bei der Digitalisierung von Informationen für die elektronische Akte,
4.
zur Recherche relevanter Sachverhalte im Aktensystem und zum Informationsaustausch bei der Vorgangsbearbeitung,
5.
zur Unterstützung bei Plausibilitätsprüfungen, Rechnungsprüfungen, der Ausübung von Kontroll- und Aufsichtsaufgaben,
6.
zur Unterstützung bei der Erstellung von Prognosen, Haushaltsaufstellungen, Empfehlungen, Hinweisen, Texten,
7.
bei der Bereitstellung von Informationen für die Öffentlichkeit,
8.
in der Kommunikation mit Personen bei häufig wiederkehrenden fachspezifischen Anfragen oder punktuell stark erhöhtem Anfrageaufkommen eingesetzt werden.

§ 9 Umsetzung von Standardisierungsbeschlüssen des IT-Planungsrates

(1) Vom Planungsrat für die IT-Zusammenarbeit der öffentlichen Verwaltung zwischen Bund und Ländern (IT-Planungsrat) verbindlich beschlossene fachunabhängige und fachübergreifende IT-Interoperabilitäts- oder IT-Sicherheitsstandards gemäß § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und § 3 des Vertrages über die Errichtung des IT-Planungsrats und über die Grundlagen der Zusammenarbeit beim Einsatz der Informationstechnologie in den Verwaltungen von Bund und Ländern - Vertrag zur Ausführung von Artikel 91c GG vom 20. November 2009 (BGBl. 2010 I S. 662), geändert durch den Ersten IT-Änderungsstaatsvertrag vom 21. März 2019 (BGBl. 2019 I S. 1162), sind nach Ablauf der jeweils im Beschluss des IT-Planungsrats festgelegten Frist durch alle Träger der öffentlichen Verwaltung bei den von ihnen eingesetzten informationstechnischen Systemen einzuhalten. Soweit durch die Beschlüsse unmittelbar die Geschäftsbereiche des Landesrechnungshofes und der Präsidentin oder des Präsidenten des Schleswig-Holsteinischen Landtages betroffen sind, findet diese keine Anwendung. Die Behörden können die Beschlüsse in ihrem Zuständigkeitsbereich jedoch für anwendbar erklären.
(2) Das landesinterne Abstimmungs- und Beratungsgremium für die Koordination landeseinheitlicher Fragen im Bereich IT berät im Vorfeld über die Standardisierungsbeschlüsse des IT-Planungsrats im Sinne von Absatz 1 und nach der Beschlussfassung über die Einzelheiten der Umsetzung. Der Landesrechnungshof und die Präsidentin oder der Präsidenten des Schleswig-Holsteinischen Landtages können an den Abstimmungs- und Beratungsgremien teilnehmen.

§ 10 Elektronische Formulare

Ist durch Rechtsvorschrift die Verwendung eines bestimmten Formulars vorgeschrieben, das ein Unterschriftsfeld vorsieht, wird allein dadurch nicht die Anordnung der Schriftform bewirkt. Bei einer für die elektronische Versendung an die Behörde bestimmten Fassung des Formulars entfällt das Unterschriftsfeld. Stellt eine Behörde ein elektronisches Formular bereit, soll dieses nur dann ein Unterschriftsfeld vorsehen, wenn die Schriftform angeordnet ist.

§ 11 Verwaltungsträgerübergreifende elektronische Kommunikation

(1) Die fachlich zuständige oberste Landesbehörde wird ermächtigt, im Benehmen mit der für die Angelegenheiten der ressortübergreifenden Informations- und Kommunikationstechnik zuständigen obersten Landesbehörde Standards für die elektronische Kommunikation zwischen den betroffenen Trägern der öffentlichen Verwaltung durch Verordnung festzulegen, sofern die Funktionsfähigkeit der elektronischen Kommunikation zwischen den Verwaltungsträgern nicht durch Maßnahmen im Sinne der §§ 5 oder 6 gewährleistet ist. Die Funktionsfähigkeit ist gewährleistet, wenn die elektronische Kommunikation zwischen den Verwaltungsträgern die Anforderungen im Sinne von § 2 Nr. 7 und 8 erfüllt.
(2) Soweit die Funktionsfähigkeit der elektronischen Kommunikation zwischen den Verwaltungsträgern nicht auf andere Weise sichergestellt werden kann, kann die Verordnung auch vorsehen, dass bestimmte Fachanwendungen einzusetzen sind. Sind kommunale Körperschaften betroffen, ist dies nur im Bereich der ihnen übertragenen Aufgaben zur Erfüllung nach Weisung möglich.
(3) Die Verordnung muss Regelungen über die Kostentragung enthalten.

§ 12 Basisdienste des Landes

(1) Das Land kann für die elektronische Abwicklung von Verwaltungsabläufen Basisdienste einrichten. Alle Träger der öffentlichen Verwaltung sind verpflichtet, die für die Basisdienste des Landes notwendigen Daten elektronisch zur Verfügung zu stellen.
(2) Die Basisdienste des Landes können verschiedene Funktionen umfassen. Hierzu gehören insbesondere:
1.
die Bereitstellung von Informationen über Aufbau, Aufgaben, Arbeit der Landesregierung, aktuelle Themen und Termine über ein öffentlich zugängliches, zentrales Landesportal,
2.
die Veröffentlichung von Verwaltungsleistungen, Informationen und Ressourcen einschließlich Kommunales Schleswig-Holstein-Recht (KSH-Recht) in einem landesweiten Verzeichnis sowie eine Auflistung von Informationen über Behördenstandorte, Verwaltungsleistungen und die Zuordnungen zu den jeweiligen Behörden,
3.
die Bereitstellung eines modularen Formulardienstes zur Abwicklung elektronischer Verwaltungsverfahren,
4.
die sichere Kommunikation sowie der sichere Nachrichtentransport zwischen den Verfahrensbeteiligten sowie anderen Nutzerinnen und Nutzern von Verwaltungsleistungen und der Verwaltung, die die Funktionalitäten Signaturprüfung, Ver- und Entschlüsselung, zentrale Authentifizierung, Zeitstempeldienst, Postein- und -ausgangsbücher sowie Virenprüfung umfasst,
5.
die elektronische Abwicklung des Zahlungsverkehrs zwischen den Verfahrensbeteiligten sowie anderen Nutzerinnen und Nutzern von Verwaltungsleistungen und der Verwaltung,
6.
der Datenaustausch über eine zentrale Vermittlungsstelle, um die Kommunikationsvorgänge einschließlich des Datenaustausches im Auftrag zwischen den Anwendern von unterschiedlichen DV-Verfahren technisch und organisatorisch zu unterstützen und zu optimieren,
7.
die Bereitstellung eines zentralen, nicht für die Öffentlichkeit zugänglichen Verzeichnisdienstes, der alle Beschäftigten bei allen Trägern der öffentlichen Verwaltung in Schleswig-Holstein einschließlich ihrer behördeninternen Kommunikationsmöglichkeiten umfasst,
8.
die Bereitstellung einer einheitlichen Ansprechstelle für die Bürgerinnen und Bürger im Land mit landesweit einheitlichen Zugangsmöglichkeiten, die einen gemeinsamen telefonischen Eingangskanal für alle Behördenangebote der Kommunen und des Landes Schleswig-Holstein umfasst,
9.
die Bereitstellung eines Registers zur Erhebung und zur Modellierung der Prozesse sowie eine technische Infrastruktur zur Realisierung der Online-Abwicklung aller geeigneten Verwaltungsverfahren,
10.
die Bereitstellung zentraler elektronischer Informations- und Datenregister zur Veröffentlichung und Verbreitung von Informationen der Landesbehörden gemäß IZG-SH und Offene-Daten-Gesetz Schleswig-Holstein,
11.
die Bereitstellung eines Kontos im Sinne des § 3 Absatz 2 Satz 1 des Onlinezugangsgesetzes (OZG) vom 14. August 2017 (BGBl. I S. 3122, 3138), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 3. Dezember 2020 (BGBl. I. S. 2668), für natürliche und juristische Personen zur Nutzung als zentrale Identifizierungs- und Authentifizierungskomponente zu Zwecken der Inanspruchnahme von Leistungen der öffentlichen Verwaltung,
12.
die Mustererkennung, Textklassifizierung und Spracherkennung mit Hilfe datengetriebener Informationstechnologien im Sinne des IT-Einsatz-Gesetzes vom 16. März 2022 (GVOBl. Schl.-H. S. 285, 296) für ressortübergreifende Anwendungsbereiche sowie
13.
E-Akte-Schnittstellen.
(3) Die Nutzung von Basisdiensten ist für Landesbehörden verpflichtend, sofern für die jeweiligen Aufgabenwahrnehmungen ein Basisdienst angeboten wird. Im Landesrechnungshof und bei der Präsidentin oder dem Präsidenten des Schleswig-Holsteinischen Landtages findet diese Regelung keine Anwendung. Der Landesrechnungshof, die Präsidentin oder der Präsidenten des Schleswig-Holsteinischen Landtages und andere Träger der öffentlichen Verwaltung können gegenüber der für die ressortübergreifende IT verantwortlichen obersten Landesbehörde oder einer von ihr benannten Stelle erklären, dass sie der Nutzung eines Basisdienstes beitreten. Der Beitritt bedarf zu seiner Wirksamkeit der Zustimmung der für die ressortübergreifende IT verantwortlichen obersten Landesbehörde. Die Regelungen des IT-Gesetz für die Justiz des Landes Schleswig-Holstein (IT-Justizgesetz - ITJG) vom 26. April 2016 bleiben unberührt.
(4) Die für die Angelegenheiten der ressortübergreifenden Informations- und Kommunikationstechnik zuständige oberste Landesbehörde wird ermächtigt, durch Verordnung nach Anhörung des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz allgemeine Anforderungen an die Basisdienste sowie die nähere Ausgestaltung der jeweiligen Basisdienste zu regeln. Die Verordnung kann insbesondere Regelungen darüber enthalten,
1.
welche Daten die jeweiligen Träger der öffentlichen Verwaltung an wen zu übermitteln haben,
2.
welche Standards einzuhalten sind und
3.
welche weiteren Anforderungen an die Verbindungen zwischen den Informationsangeboten der Basisdienste und den elektronischen Angeboten der einzelnen Verwaltungsträger zu stellen sind.
(5) Sofern die inhaltliche oder technische Funktionsfähigkeit der jeweiligen Basisdienste und der mit ihnen verfolgten Zwecke in Schleswig-Holstein durch Regelungen im Sinne des Absatz 3 nicht gewährleistet werden kann oder höherrangiges Recht dies erfordert, kann die Verordnung auch vorsehen, dass bestimmte Fachanwendungen zu verwenden sind. Sofern notwendig kann die Verordnung gegenüber den jeweiligen Trägern der öffentlichen Verwaltung auch eine Teilnahme- oder Nutzungsverpflichtung für die jeweiligen Basisdienste des Landes vorsehen. Sind kommunale Körperschaften betroffen, ist dies nur im Bereich der Aufgaben zur Erfüllung nach Weisung möglich.
(6) Die Verordnung im Sinne dieser Vorschrift muss Regelungen über die Kostentragung enthalten.
(7) Daten nach § 1 des Informationsweiterverwendungsgesetzes vom 13. Dezember 2006 (BGBl. I S. 2913), die Bestandteil der Basisdienste sind, dürfen nicht weiterverwendet werden, soweit nicht nach anderen Rechtsvorschriften oder nach den den Basisdiensten zugrunde liegenden Nutzungsbedingungen die Weiterverwendung zulässig ist.

Abschnitt III Übergangs- und Schlussbestimmungen

§ 13 Fortentwicklung des E-Government (Experimentierklausel)

Das Ministerium für Inneres, ländliche Räume und Integration wird ermächtigt, zur Einführung und Fortentwicklung des E-Government im Einvernehmen mit der für Angelegenheiten der ressortübergreifenden Informations- und Kommunikationstechnik zuständigen obersten Landesbehörde sowie der fachlich zuständigen obersten Landesbehörde, durch Verordnung Ausnahmen von der Anwendung folgender Bestimmungen des Landesverwaltungsgesetzes für einen Zeitraum von höchstens drei Jahren zuzulassen:
1.
§ 31 Örtliche Zuständigkeit;
2.
§ 52 a Elektronische Kommunikation;
3.
§ 89 Fristen, Termine;
4.
§ 91 Beglaubigung von Dokumenten;
5.
§ 92 Beglaubigung von Unterschriften;
6.
§ 150 Abs. 4 und 5 Elektronische Zustellung;
7.
§ 329 örtliche Bekanntmachung und Verkündung.
Eine Abweichung von sonstigen Rechtsvorschriften kann zugelassen werden, soweit sie Zuständigkeiten regeln; Satz 1 gilt entsprechend.

§ 14 Ordnungswidrigkeiten

(1) Ordnungswidrig handelt, wer entgegen § 8 Abs. 6 Daten, die Bestandteile der Basisdienste des Landes Schleswig-Holstein sind, vorsätzlich oder fahrlässig weiterverwendet.
(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu 100.000 Euro geahndet werden.

§ 15 Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.
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