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Gesetz über Kleinbahnen und Privatanschlußbahnen Vom 28. Juli 1892 in der Fassung vom 1. Juli 1964 (GVBl. Sb I 930-2)

Gesetz über Kleinbahnen und Privatanschlußbahnen
Vom 28. Juli 1892
in der Fassung vom 1. Juli 1964 (GVBl. Sb I 930-2)
Zum 07.06.2023 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe
Stand: letzte berücksichtigte Änderung: zuletzt geändert durch § 9 des Gesetzes vom 21.07.1992 (GVBl. S. 234)

Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis

TitelGültig ab
Gesetz über Kleinbahnen und Privatanschlußbahnen vom 28. Juli 1892 in der Fassung vom 1. Juli 1964 (GVBl. Sb I 930-2)01.07.1964
I. Kleinbahnen01.07.1964
§ 101.07.1964
§ 201.07.1964
§ 301.07.1964
§ 401.07.1964
§ 501.07.1964
§ 601.07.1964
§ 701.07.1964
§ 801.07.1964
§ 901.07.1964
§ 1001.07.1964
§ 1101.01.1975
§ 1201.07.1964
§ 1301.07.1964
§ 1401.07.1964
§ 1501.07.1964
§ 1601.07.1964
§ 1731.07.1992
§ 1801.07.1964
§ 1901.07.1964
§ 2001.07.1964
§ 2101.07.1964
§ 2201.07.1964
§ 2301.07.1964
§ 2401.07.1964
§ 2501.07.1964
§ 2601.07.1964
§ 2701.01.1975
§ 2801.07.1964
§ 2901.07.1964
§ 3001.07.1964
§ 3101.07.1964
§ 3201.07.1964
§ 3301.07.1964
§ 3401.07.1964
§ 3501.07.1964
§ 3601.07.1964
§ 3701.07.1964
§ 3801.07.1964
§ 3901.07.1964
§ 4001.07.1964
§§ 41 und 4201.07.1964
II. Privatanschlußbahnen01.07.1964
§ 4301.07.1964
§ 4401.07.1964
§ 4501.07.1964
§ 4601.07.1964
§ 4701.07.1964
§ 4801.07.1964
§ 4901.07.1964
§ 5001.07.1964
§ 5101.07.1964
Gemeinsame Übergangsbestimmungen01.07.1964
§ 5201.07.1964
§ 5301.07.1964
§ 5401.07.1964
§ 5501.07.1964

I. Kleinbahnen

§ 1

(1) Kleinbahnen sind die dem öffentlichen Verkehr dienenden Eisenbahnen, welche wegen ihrer geringen Bedeutung für den allgemeinen Eisenbahnverkehr dem Gesetz über die Eisenbahnunternehmungen vom 3. November 1838 nicht unterliegen.
(2) Insbesondere sind Kleinbahnen der Regel nach solche Bahnen, welche hauptsächlich den örtlichen Verkehr innerhalb eines
Gemeindebezirks
oder benachbarter
Gemeindebezirke
vermitteln, sowie Bahnen, welche nicht mit Lokomotiven betrieben werden.
(3) Ob die Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Gesetzes vom 3. November 1838 vorliegt, entscheidet auf Anrufen der Beteiligten das
Staatsministerium
.

§ 2

Zur Herstellung und zum Betrieb einer Kleinbahn bedarf es der Genehmigung der zuständigen Behörde. Dasselbe gilt für wesentliche Erweiterungen oder sonstige wesentliche Änderungen des Unternehmens, der Anlage oder des Betriebes. Diese Genehmigung ist zu versagen, wenn die Erweiterung oder Änderung die Unterordnung des Unternehmens unter das Gesetz vom 3. November 1838 bedingt.

§ 3

§ 4

Die Genehmigung wird auf Grund vorgängiger
polizeilicher
Prüfung erteilt. Diese Prüfung beschränkt sich auf:
1.
die betriebssichere Beschaffenheit der Bahn und der Betriebsmittel,
2.
den Schutz gegen schädliche Einwirkungen der Anlage und des Betriebes,
3.
die technische Befähigung und Zuverlässigkeit der in dem äußeren Betriebsdienst anzustellenden Bediensteten,
4.
die Wahrung der Interessen des öffentlichen Verkehrs.

§ 5

Dem Antrag auf Erteilung der Genehmigung sind die zur Beurteilung des Unternehmens in technischer und finanzieller Hinsicht erforderlichen Unterlagen, insbesondere ein Bauplan, beizufügen.

§ 6

(1) Soweit ein öffentlicher Weg benutzt werden soll, hat der Unternehmer die Zustimmung der aus Gründen des öffentlichen Rechts zur Unterhaltung des Weges Verpflichteten beizubringen.
(2) Der Unternehmer ist mangels anderweitiger Vereinbarung zur Unterhaltung und Wiederherstellung des benutzten Wegeteils verpflichtet und hat für diese Verpflichtung Sicherheit zu bestellen.
(3) Die Unterhaltspflichtigen (Absatz 1) können für die Benutzung des Weges ein angemessenes Entgelt beanspruchen, ingleichen sich den Erwerb der Bahn im ganzen nach Ablauf einer bestimmten Frist gegen angemessene Schadloshaltung des Unternehmers vorbehalten.

§ 7

(1) Die Zustimmung der Unterhaltspflichtigen kann ergänzt werden:
soweit eine Stadtgemeinde ... beteiligt ist, ... durch
Beschluß
des
Bezirksausschusses
...
(2) Durch den Ergänzungs
beschluß
wird
unter Ausschluß des Rechtsweges
zugleich über die nach § 6
an den Unternehmer gestellten Ansprüche entschieden.

§ 8

(1) Vor Erteilung der Genehmigung ist die zuständige
Wegepolizeibehörde
... zu hören....
(2) Wenn die Bahn sich dem Bereich einer Reichstelegrafenanlage nähert, so ist die zuständige Telegrafenbehörde vor der Genehmigung zu hören.
(3) Soll das Gleis einer dem Gesetz über die Eisenbahnunternehmungen vom 3. November 1838 unterworfenen Eisenbahn gekreuzt werden, so darf
auch in den Fällen, in denen die Eisenbahnbehörde im übrigen nicht mitwirkt (
§ 3 ),
die Genehmigung nur im Einverständnis mit der letzteren erteilt werden.

§ 9

Außer den durch die
polizeilichen
Rücksichten ( § 4 ) gebotenen Verpflichtungen sind in der Genehmigung zugleich diejenigen zu bestimmen,
welchen der Unternehmer im Interesse der Landesverteidigung und der Reichspostverwaltung gemäß
§ 42 zu genügen hat.

§ 10

(1) Bei der Genehmigung von Bahnen, auf welchen die Beförderung von Gütern stattfinden soll, kann vorbehalten werden, den Unternehmer jederzeit zur Gestattung der Einführung von Anschlußgleisen für den Privatverkehr anzuhalten. Art und Ort der Einführung unterliegt der Genehmigung der eisenbahntechnischen Aufsichtsbehörde.
(2) Die Behörde
( § 3 )
hat mangels gütlicher Vereinbarung der Interessenten auch die Verhältnisse des Bahnunternehmens und des den Anschluß Beantragenden zueinander zu regeln, insbesondere, die dem ersteren für die Benutzung oder Veränderung seiner Anlagen zu leistende Vergütung vorbehaltlich des Rechtsweges festzusetzen.

§ 11

(1) Bei der Genehmigung ist die Art und Höhe der Sicherstellung für die Unterhaltung und Wiederherstellung öffentlicher Wege, soweit diese nicht bereits erfolgt ist, vorzuschreiben.
(2) Für die Ausführung der Bahn und für die Eröffnung des Betriebes kann eine Frist festgesetzt und die Erlegung von Ordnungsgeldern für den Fall der Nichteinhaltung derselben sowie Sicherheitsstellung hierfür gefordert werden.
(3) Auch können Ordnungsgelder und Sicherheitsstellung zur Sicherung der Aufrechterhaltung des ordnungsmäßigen Betriebes während der Dauer der Genehmigung vorgesehen werden.

§ 12

Der nach den Bestimmungen dieses Gesetzes erforderlichen Sicherstellung bedarf es nicht, wenn das
Reich
, der Staat oder ein
Kommunalverband
Unternehmer ist.

§ 13

Die Genehmigung kann dauernd oder auf Zeit erteilt werden. Sie erfolgt unter dem Vorbehalt der Rechte Dritter, der Ergänzung und Abänderung durch Feststellung des Bauplanes (
§§ 17 und 18 ).

§ 14

(1) Im Interesse des öffentlichen Verkehrs ist bei der Genehmigung (
§ 2 ) durch die zuständige Behörde über den Fahrplan und die Beförderungspreise das Erforderliche festzustellen; zugleich sind die Zeiträume zu bezeichnen, nach deren Ablauf diese Feststellungen geprüft und wiederholt werden müssen.
(2) Von der Feststellung über den Fahrplan kann für einen bei der Genehmigung festzusetzenden Zeitraum abgesehen werden. Dieser Zeitraum kann verlängert werden.
(3) Die Feststellung der Beförderungspreise steht innerhalb eines bei der Genehmigung festzusetzenden Zeitraums von mindestens fünf Jahren nach der Eröffnung des Bahnbetriebes dem Unternehmer frei. Das alsdann der Behörde zustehende Recht der Genehmigung der Beförderungspreise erstreckt sich lediglich auf den Höchstbetrag derselben. Hierbei ist auf die finanzielle Lage des Unternehmens und auf eine angemessene Verzinsung und Tilgung des Anlagekapitals Rücksicht zu nehmen.

§ 15

Der Aushändigung der Genehmigungsurkunde müssen die nach
§ 11 geforderten Sicherstellungen vorausgehen.

§ 16

Die Genehmigung, welche für eine Aktiengesellschaft, eine Kommanditgesellschaft auf Aktien oder eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung behufs Eintragung in das Handelsregister
(Artikel 210 Abs. 2 Nr. 4, Artikel 176 Abs. 2 Nr. 4 des
Deutschen Handelsgesetzbuchs
, § 8 Abs. 1 Nr. 4 des Reichsgesetzes vom 20. April 1892, RGBl. S. 477) ausgehändigt worden ist, tritt erst in Wirksamkeit, wenn der Nachweis der Eintragung in das Handelsregister geführt ist.

§ 17

(1) Mit dem Bau von Bahnen, welche für den Betrieb mit Maschinenkraft bestimmt sind, darf erst begonnen werden, nachdem der Bauplan durch die genehmigende Behörde in folgender Weise festgestellt worden ist:
1.
Der Planfeststellung werden die bei der Genehmigung vorläufig getroffenen Festsetzungen zugrunde gelegt.
2.
Plan nebst Beilagen sind in dem betreffenden
Gemeinde- oder Gutsbezirk
während vierzehn Tagen zu jedermanns Einsicht offenzulegen. Zeit und Ort der Offenlegung sind ortsüblich bekanntzumachen. Während dieser Zeit kann jeder Beteiligte im Umfang seines Interesses Einwendungen gegen den Plan erheben. Auch der
Vorstand des Gemeinde- oder Gutsbezirks
hat das Recht, Einwendungen zu erheben, welche sich auf die Richtung des Unternehmens oder auf Anlagen der in
§ 18 dieses Gesetzes gedachten Art beziehen. Diejenige Stelle, bei welcher solche Einwendungen schriftlich einzureichen oder mündlich zu Protokoll zu geben sind, ist zu bezeichnen.
3.
Nach Ablauf der Frist (Nummer 2 Abs. 1) sind die gegen den Plan erhobenen Einwendungen in einen nötigenfalls an Ort und Stelle durch einen Beauftragten abzuhaltenden Termin, zu dem der Unternehmer und die Beteiligten (Nummer 2 Abs. 2) vorgeladen werden müssen und Sachverständige zugezogen werden können, zu erörtern.
4.
Nach Beendigung der Verhandlungen wird über die erhobenen Einwendungen beschlossen und danach erfolgt die Feststellung des Planes sowie der Anlagen, zu deren Errichtung und Unterhaltung der Unternehmer verpflichtet ist (
§ 18 ).
Der Beschluß wird dem Unternehmer und den Beteiligten zugestellt.
5.
Das Verfahren hat den Anforderungen des
Berliner Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung
vom 21. Juli 1992 (GVBl. S. 234) zu entsprechen.
(2) Der Feststellung (Absatz 1) bedarf es nicht, wenn eine Planfestsetzung zum Zweck der Enteignung stattfindet.
(3) Wenn aus der beabsichtigten Bahnanlage Nachteile oder erhebliche Belästigungen der benachbarten Grundbesitzer und des öffentlichen Verkehrs nicht zu erwarten sind, kann, sofern es sich nicht um die Benutzung öffentlicher Wege, mit Ausnahme städtischer Straßen, handelt, der
Minister der öffentlichen Arbeiten
den Beginn des Baues ohne vorgängige Planfestsetzung gestatten.

§ 18

Dem Unternehmer ist bei der Planfeststellung (
§ 17 ) die Herstellung derjenigen Anlagen aufzuerlegen, welche die den Bauplan festsetzende Behörde zur Sicherung der benachbarten Grundstücke gegen Gefahren und Nachteile oder im öffentlichen Interesse für erforderlich erachtet, desgleichen die Unterhaltung dieser Anlagen, soweit dieselbe über den Umfang der bestehenden Verpflichtungen zur Unterhaltung vorhandener, demselben Zweck dienenden Anlagen hinausgeht.

§ 19

Zur Eröffnung des Betriebes bedarf es der Erlaubnis der zur Erteilung der Genehmigung zuständigen Behörde. Die Erlaubnis ist zu versagen, sofern wesentliche in der Bau- und Betriebsgenehmigung gestellte Bedingungen nicht erfüllt sind.

§ 20

Die Betriebsmaschinen sind vor ihrer Einstellung in den Betrieb und nach Vornahme erheblicher Änderungen, außerdem aber zeitweilig der Prüfung durch die zur eisenbahntechnischen Aufsicht über die Bahn zuständige Behörde (
§ 22 ) zu unterwerfen.

§ 21

(1) Der Fahrplan und die Beförderungspreise sowie die Änderungen derselben sind vor ihrer Einführung öffentlich bekanntzumachen.
(2) Die angesetzten Beförderungspreise haben gleichmäßig für alle Personen oder Güter Anwendung zu finden.
(3) Ermäßigungen der Beförderungspreise, welche nicht unter Erfüllung der gleichen Bedingungen jedermann zugute kommen, sind unzulässig.

§ 22

Rücksichtlich der Erfüllung der Genehmigungsbedingungen und der Vorschriften dieses Gesetzes ist jede Kleinbahn der Aufsicht der für ihre Genehmigung jeweilig zuständigen Behörde unterworfen. Bei den für den Betrieb mit Maschinenkraft eingerichteten Bahnen steht die eisenbahntechnische Aufsicht der zur Mitwirkung bei der Genehmigung berufenen Eisenbahnbehörde zu, sofern nicht der
Minister der öffentlichen Arbeiten
die Aufsicht einer anderen Eisenbahnbehörde überträgt.

§ 23

Die Genehmigung kann durch Beschluß der Aufsichtsbehörde für erloschen erklärt werden, wenn die Ausführung der Bahn oder die Eröffnung des Betriebes nicht innerhalb der in der Genehmigung bestimmten oder der verlängerten Frist erfolgt.

§ 24

Die Genehmigung kann zurückgenommen werden, wenn der Bau oder Betrieb ohne genügenden Grund unterbrochen oder wiederholt gegen die Bedingungen der Genehmigung oder die dem Unternehmer nach, diesem Gesetz obliegenden Verpflichtungen in wesentlicher Beziehung verstoßen wird.

§ 25

§ 26

(1) Bei Erlöschen oder Zurücknahme der Genehmigung wird die für die Unterhaltung und Wiederherstellung öffentlicher Wege bestellte Sicherheit, soweit sie für den bezeichneten Zweck nicht in Anspruch zu nehmen ist, herausgegeben. Mangels anderweiter Vereinbarung hat der Wegeunterhaltspflichtige die Wahl, die Wiederherstellung des früheren Zustandes, nötigenfalls unter Beseitigung in den Weg eingebauter Teile der Bahnanlage oder gegen angemessene Entschädigung den Übergang der letzteren in sein Eigentum zu verlangen.
(2) Macht der Unterhaltspflichtige von dem ersteren Recht Gebrauch, so geht das Eigentum der zurückgelassenen Teile der Bahnanlage auf den Unterhaltspflichtigen unentgeltlich über.
(3) Im öffentlichen Interesse kann die Aufsichtsbehörde eine Frist festsetzen, vor deren Ablauf der Unterhaltspflichtige nicht berechtigt ist, die Wiederherstellung des früheren Zustandes zu verlangen.

§ 27

Ob und inwieweit bei Erlöschen (
§ 23 ) oder Zurücknahme der Genehmigung wegen Unterbrechung des Baues oder Betriebes (
§ 24 ) die für die Ausführung der Bahn oder die fristgemäße Eröffnung oder die Aufrechterhaltung des Betriebes bestimmten Ordnungsgelder verfallen, entscheidet ... der
Minister der öffentlichen Arbeiten
. Dieser beschließt über die Verwendung solcher Ordnungsgelder. Letztere sind zugunsten des früheren Unternehmens, andernfalls ähnlicher Unternehmungen in dem betreffenden Landesteil zu verwenden.

§ 28

Unternehmer von Kleinbahnen sind verpflichtet, sich den Anschluß anderer Bahnen gefallen zu lassen, sofern die Behörde, welche die Genehmigung für die Bahn, an welche der Anschluß erfolgen soll, erteilt hat, mit Rücksicht auf die Konstruktion und den Betrieb der Bahn den Anschluß für zulässig erachtet. Dieselbe Behörde entscheidet auch darüber, wo und in welcher Weise der Anschluß erfolgen soll, regelt in Ermangelung einer gütlichen Vereinbarung die Verhältnisse beider Unternehmer zueinander und setzt, vorbehaltlich des Rechtsweges, die dem erstgedachten Bahnunternehmer für die Benutzung oder Veränderung seiner Anlagen zu leistende Vergütung fest.

§ 29

Unternehmer von Kleinbahnen können die Gestattung des Anschlusses ihrer Bahnen an Eisenbahnen verlangen, welche dem Gesetz über die Eisenbahnunternehmungen vom 3. November 1838 unterliegen, sofern der
Minister der öffentlichen Arbeiten
mit Rücksicht auf die Konstruktion und den Betrieb der letzteren den Anschluß für zulässig erachtet. Darüber, wo und in welcher Weise der Anschluß herzustellen ist, und über die Verhältnisse beider Unternehmer zueinander, insbesondere über die dem Eisenbahnunternehmer für die Benutzung oder Veränderung seiner Anlagen zu leistende Vergütung, entscheidet in letzterer Beziehung unter Vorbehalt des Rechtsweges der
Minister der öffentlichen Arbeiten
.

§ 30

Haben Kleinbahnen nach Entscheidung des
Staatsministeriums
eine solche Bedeutung für den öffentlichen Verkehr gewonnen, daß sie als Teil des allgemeinen Eisenbahnnetzes zu behandeln sind, so kann der Staat den eigentümlichen Erwerb solcher Bahnen gegen Entschädigung des vollen Wertes nach einer mit einjähriger Frist vorangegangenen Ankündigung beanspruchen.

§ 31

Der Erwerb ( § 30
) erfolgt unter sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen des § 42 Nr. 4 a bis d des Gesetzes über die Eisenbahnunternehmungen vom 3. November 1838, mit der Maßgabe, daß der Berechnung des fünfundzwanzigfachen Betrages nach § 42 Nr. 4 a des vorerwähnten Gesetzes das steuerpflichtige Einkommen nach den Bestimmungen des
Einkommensteuergesetzes vom 24. Juni 1891 (GS. S. 175)
zugrunde zu legen ist, jedoch bei den Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien der Abzug von
3 ¹ /
2
Prozent des eingezahlten Aktienkapitals (§ 16 Einkommensteuergesetz)
fortfällt. Erstreckt sich die Kleinbahn über das Gebiet des
Preußischen Staates
hinaus in andere
Deutsche Bundesstaaten
, so ist gleichwohl das Einkommen aus dem gesamten Betrieb der Berechnung der Entschädigung zugrunde zu legen. War das zu erwerbende Unternehmen noch nicht fünf Jahre im Betrieb, so ist für die Berechnung der Entschädigung der Jahresdurchschnitt des bisher erzielten Reingewinns maßgebend. Ist eine Aktiengesellschaft Unternehmer der zu erwerbenden Bahn, so bedarf es nicht der Einlösung der Aktien von den einzelnen Aktionären, sondern nur der Zahlung der Gesamtentschädigung an die Gesellschaft.

§ 32

(1) Der Unternehmer kann verpflichtet werden, über jede Bahn, für welche ihm eine besondere Genehmigung erteilt worden ist, dergestalt Rechnung zu führen, daß der Reinertrag derselben, und wenn der Unternehmer eine Aktiengesellschaft ist, die von derselben gezahlte Dividende daraus mit Sicherheit entnommen werden kann.
(2) Die Vernachlässigung dieser Verpflichtung begründet für den Staat das Recht, die Berechnung der Entschädigung nach dem Sachwert (
§§ 33 bis 35 ) zu verlangen.

§ 33

Der Unternehmer kann Entschädigung nach dem Sachwert verlangen, wenn das Unternehmen noch nicht länger als fünfzehn Jahre in Betrieb ist. Erfolgt die Erwerbung durch den Staat in den ersten fünf Jahren des Betriebes, so werden dem Sachwert zwanzig Prozent, erfolgt sie in den nachfolgenden zehn Jahren, so werden demselben zehn Prozent zugeschlagen.

§ 34

(1) Im Falle der Entschädigung nach dem Sachwert bilden den Gegenstand des Erwerbs alle dem Unternehmen unmittelbar oder mittelbar gewidmeten Sachen und Rechte des Unternehmers, die Forderungen und Schulden jedoch nur insoweit, als dieselben nach beiderseitigem Einverständnis auf den Staat übergehen sollen. In die mit den Beamten und Arbeitern bestehenden Verträge tritt der Staat ein, ebenso in solche Verträge, welche zur Beschaffung des für das Unternehmen erforderlichen Materials abgeschlossen sind.
(2) Für alle Bestandteile ist der volle Wert zu vergüten.

§ 35

Die Abschätzung und die Festsetzung der Entschädigung für die Bestandteile des Unternehmens (
§ 34 ) erfolgt nach einem von dem Unternehmer aufzustellenden Inventar, über dessen Richtigkeit und Vollständigkeit erforderlichenfalls zu verhandeln und von dem
Bezirksausschuß
zu entscheiden ist.

§ 36

(1) Die Festsetzung der Entschädigung (
§§ 31 und 33 bis
35 ) erfolgt, vorbehaltlich des beiden Teilen zustehenden, innerhalb sechs Monaten nach Zustellung des Festsetzungsbeschlusses zu beschreitenden Rechtswegs, durch den
Bezirksausschuß
unter sinngemäßer Anwendung der §§ 24 bis 29 des Enteignungsgesetzes vom 11. Juni 1874.
(2) Der
Bezirksausschuß
ist auch für das Vollziehungsverfahren zuständig.

§ 37

(1) Auf die Ermittlung der Entschädigung finden die §§ 24 bis 28, auf die Vollziehung der Enteignung die §§ 32 bis 37, auf das Verfahren vor dem
Bezirksausschuß
und auf die Wirkungen der Enteignung die §§
39
bis 46 des Enteignungsgesetzes vom 11. Juni 1874 sinngemäße Anwendung.
(2) Die Entschädigung für Bestandteile des Unternehmens, welche im Inventar verzeichnet und bei Feststellung der Gesamtentschädigung berücksichtigt, bei der Vollziehung der Enteignung aber nicht mehr vorhanden sind, ist von dem Unternehmer zurückzuerstatten. Für Bestandteile, welche bei Vollziehung der Enteignung über das Inventar hinaus vorhanden sind, ist auf Antrag des Unternehmers von dem
Bezirksausschuß
nachträglich die vom Staat zu gewährende Entschädigung festzusetzen.

§ 38

Erwerbsberechtigten ( § 6
) gegenüber greift das Erwerbungsrecht des Staates gleichfalls Platz. Ihnen ist der volle Wert des Erwerbsrechts zu erstatten.

§ 39

§ 40

(1) Die Kleinbahnen werden der Gewerbesteuer auf Grund des
Gewerbesteuergesetzes vom 24. Juni 1891 (GS. S. 205)
unterworfen.
(2)

§§ 41 und 42

II. Privatanschlußbahnen

§ 43

Bahnen, welche dem öffentlichen Verkehr nicht dienen, aber mit Eisenbahnen, welche den Bestimmungen des Gesetzes über die Eisenbahnunternehmungen vom 3. November 1838 unterliegen, oder mit Kleinbahnen derart in unmittelbarer Gleisverbindung stehen, daß ein Übergang der Betriebsmittel stattfinden kann, bedürfen, wenn sie für den Betrieb mit Maschinen eingerichtet werden sollen, zur baulichen Herstellung und zum Betrieb
polizeilicher
Genehmigung.

§ 44

§ 45

(1) Die polizeiliche Prüfung beschränkt sich
1.
auf die betriebssichere Beschaffenheit der Bahn und der Betriebsmittel,
2.
auf die technische Befähigung und Zuverlässigkeit der in dem äußeren Betriebsdienst anzustellenden Bediensteten,
3.
auf den Schutz gegen schädliche Einwirkungen der Anlage und des Betriebes.
(2) Soll eine Bahn, welche an eine dem Gesetz über die Eisenbahnunternehmungen vom 3. November 1838 unterliegende Eisenbahn Anschluß hat, von dem Unternehmer der letzteren angelegt und betrieben werden, so beschränkt sich die Prüfung auf den Schutz gegen schädliche Einwirkungen der Anlage und des Betriebes.

§ 46

Zur Benutzung öffentlicher Wege bedarf es der Zustimmung der Unterhaltungspflichtigen und der Genehmigung der Wegepolizeibehörde.

§ 47

Die Bestimmungen der §§ 8
, 17 bis 20
und 22 Satz 1 finden auf diese Bahnen gleichmäßige Anwendung.

§ 48

Polizeiliche
Bestimmungen über den Betrieb auf solchen Bahnen können nur im Einverständnis mit der Eisenbahnbehörde
( § 44 )
erlassen werden.

§ 49

(1) Die Genehmigung kann zurückgenommen werden, wenn wiederholt gegen die Bedingungen derselben in wesentlicher Beziehung verstoßen wird.
(2)

§ 50

Die eisenbahntechnische Aufsicht und Überwachung der Privatanschlußbahnen erfolgt durch diejenige Behörde, welcher diese Aufgaben bezüglich der dem öffentlichen Verkehr dienenden Bahn, an welche sie anschließen, obliegen.

§ 51

(1) Die Bestimmungen der
§§ 43 bis 49 finden auf diejenigen Bahnen, welche Zubehör eines Bergwerks im Sinne des
Allgemeinen Berggesetzes vom 24. Juni 1865 (GS. S. 705) bilden, keine Anwendung.
(2) Durch die Bestimmung in
§ 50 wird das auf dem Allgemeinen Berggesetz
vom 24. Juni 1865 (GS. S. 705) beruhende Aufsichtsrecht der Bergbehörden gegenüber diesen Bahnen nicht berührt.

Gemeinsame Übergangsbestimmungen

§ 52

§ 53

(1) Für die bereits vor Inkrafttreten dieses Gesetzes genehmigten Kleinbahnen und Privatanschlußbahnen ist diejenige Behörde zuständig, welcher die Genehmigung nach Inkrafttreten dieses Gesetzes
gemäß §§ 3 und
44
obgelegen hätte.
(2) Auf diese Bahnen finden die
§§ 2 , 20 bis
22 , 24 ,
25
, 40 ,
42 und 52
, beziehungsweise 48 bis
50 des gegenwärtigen Gesetzes, sowie die Bedingungen und Vorbehalte, welche bei ihrer Genehmigung vorgesehen sind, Anwendung.
(3) Die Unternehmer sind jedoch berechtigt, sich durch eine an die zuständige Aufsichtsbehörde zu richtende Erklärung den sämtlichen Bestimmungen dieses Gesetzes zu unterwerfen.
(4) Die Genehmigung von wesentlichen Erweiterungen oder wesentlichen Änderungen des Unternehmens, der Anlage oder des Betriebes kann von der Unterwerfung des Unternehmens unter sämtliche Bestimmungen dieses Gesetzes abhängig gemacht werden.
(5) Der Zeitpunkt der Unterstellung unter dieses Gesetz ist öffentlich bekanntzumachen.
(6) Wohlerworbene Rechte Dritter werden durch die Unterwerfung nicht berührt.

§ 54

Dieses Gesetz tritt bezüglich des
§ 40 am 1. April 1893, bezüglich aller anderen Bestimmungen am 1. Oktober 1892 in Kraft.

§ 55

Mit der Ausführung dieses Gesetzes werden der
Minister der öffentlichen Arbeiten
und der
Minister des Innern
betraut.
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