Erste Verordnung zur Durchführung des Zweiten Gesetzes zum Abschluß der Entnazifizierung. Vom 15. März 1956
Erste Verordnung zur Durchführung des Zweiten Gesetzes
zum Abschluß der Entnazifizierung.
Vom 15. März 1956
Zum 07.06.2023 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe
Stand: | letzte berücksichtigte Änderung: geändert durch Artikel XXVII des Gesetzes vom 26.11.1974 (GVBl. S. 2746) |
Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis
Titel | Gültig ab |
---|---|
Erste Verordnung zur Durchführung des Zweiten Gesetzes zum Abschluß der Entnazifizierung. vom 15. März 1956 | 27.03.1956 |
Eingangsformel | 27.03.1956 |
Abschnitt I - Organisation der Spruchkammer und Berufungsspruchkammer | 27.03.1956 |
§ 1 | 27.03.1956 |
§ 2 | 27.03.1956 |
Abschnitt II - Beistände | 27.03.1956 |
§ 3 | 27.03.1956 |
Abschnitt III - Ermittlungen der Einleitungsbehörde | 27.03.1956 |
§ 4 | 27.03.1956 |
§ 5 | 27.03.1956 |
§ 6 | 27.03.1956 |
§ 7 | 27.03.1956 |
§ 8 | 27.03.1956 |
Abschnitt IV - Vorbereitung des Sühneverfahrens | 27.03.1956 |
§ 9 | 27.03.1956 |
§ 10 | 27.03.1956 |
Abschnitt V - Mündliche Verhandlung | 27.03.1956 |
§ 11 | 01.01.1975 |
§ 12 | 01.01.1975 |
§ 13 | 27.03.1956 |
§ 14 | 27.03.1956 |
§ 15 | 27.03.1956 |
§ 16 | 27.03.1956 |
§ 17 | 27.03.1956 |
§ 18 | 27.03.1956 |
§ 19 | 27.03.1956 |
Abschnitt VI - Beweisaufnahme | 27.03.1956 |
§ 20 | 27.03.1956 |
§ 21 | 27.03.1956 |
§ 22 | 27.03.1956 |
§ 23 | 27.03.1956 |
§ 24 | 27.03.1956 |
Abschnitt VII - Entscheidungen der Spruchkammer | 27.03.1956 |
§ 25 | 27.03.1956 |
§ 26 | 27.03.1956 |
§ 27 | 27.03.1956 |
Abschnitt VIII - Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und Verfahren vor der Berufungsspruchkammer | 27.03.1956 |
§ 28 | 27.03.1956 |
§ 29 | 27.03.1956 |
Abschnitt IX - Gebühren | 27.03.1956 |
§ 30 | 27.03.1956 |
Abschnitt X - Wiederaufnahmeverfahren | 27.03.1956 |
§ 31 | 27.03.1956 |
Abschnitt XI - Schlußvorschriften | 27.03.1956 |
§ 32 | 27.03.1956 |
§ 33 | 27.03.1956 |
Auf Grund des § 18 des Zweiten Gesetzes zum Abschluß der Entnazifizierung vom 20. Dezember 1955 (GVBl. S. 1022) wird verordnet:
Abschnitt I Organisation der Spruchkammer und Berufungsspruchkammer
§ 1
(1) Die Spruchkammer führt die Bezeichnung "Spruchkammer Berlin", die Berufungsspruchkammer die Bezeichnung "Berufungsspruchkammer Berlin".
(2) Die Dienstaufsicht über die Spruchkammer und Berufungsspruchkammer führt der Senator für Inneres.
§ 2
(1) Für jede Spruchkammer und Berufungsspruchkammer ist die gleiche, vom Senator für Inneres zu bestimmende Anzahl von Beisitzern zu berufen.
(2) Die Vorsitzenden der Kammern ziehen die mitwirkenden Beisitzer nach der Reihenfolge der Namen aus einer für jede Kammer aufzustellenden Liste zu den Sitzungen heran.
(3) Die Vorsitzenden der Kammern sind vor Antritt ihres Amtes vom Senator für Inneres, die Beisitzer von dem Vorsitzenden der Kammer auf ihr Amt zu beeidigen. Die Vorschriften des
§ 51 GVG
finden entsprechende Anwendung.
Abschnitt II Beistände
§ 3
(1) Die Betroffenen und die in
§ 5
des Gesetzes aufgeführten Personen (Beteiligte) können sich in jeder Lage des Verfahrens eines Beistandes bedienen. Personen, die die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten geschäftsmäßig betreiben, können als Beistände ausgeschlossen werden. Dies gilt nicht für Rechtsanwälte, Verwaltungsrechtsräte und zugelassene Prozeßagenten.
(2) Die Vorschriften der
§§ 137 Abs. 2
,
146
,
147 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 StPO
finden entsprechende Anwendung.
Abschnitt III Ermittlungen der Einleitungsbehörde
§ 4
(1) Werden Tatsachen bekannt, die den Verdacht begründen, daß jemand zu dem Kreis der betroffenen Angehörigen oder Dritten i. S. des
§ 1
,
§ 4 Abs. 2
,
§ 5
des Gesetzes gehört, so stellt die Einleitungsbehörde die zur Aufklärung des Sachverhalts erforderlichen Ermittlungen an. Dabei sind nicht nur die belastenden, sondern auch die entlastenden Umstände zu ermitteln.
(2) Die Einleitungsbehörde kann die Betroffenen (
§§ 1
und
4 Abs. 2
des Gesetzes), die Beteiligten und die Personen, die zur Aufklärung des Sachverhalts beitragen können, anhören und schriftliche Stellungnahmen anfordern.
§ 5
Über die Anhörung von Betroffenen, Beteiligten und Zeugen ist ein Protokoll zu fertigen. Das Protokoll ist von dem Vertreter der Einleitungsbehörde sowie dem Protokollführer zu unterschreiben.
§ 6
(1) In dem Eröffnungsantrag (
§ 6 Abs. 3
des Gesetzes) sind das dem Betroffenen zur Last gelegte Verhalten, die anzuwendenden Vorschriften des Gesetzes, die Beweismittel und das wesentliche Ergebnis der Ermittlungen anzugeben.
(2) Die Einleitungsbehörde hat Abschriften des Eröffnungsantrages dem Betroffenen und den Beteiligten zuzustellen. Der Eröffnungsantrag kann nicht angefochten werden.
§ 7
(1) Die Spruchkammer beschließt ohne mündliche Verhandlung über die Eröffnung des Sühneverfahrens.
(2) In dem Beschluß, durch den das Sühneverfahren eröffnet wird (Eröffnungsbeschluß), ist anzugeben, welches Verhalten den Betroffenen zur Last gelegt wird und auf welche Bestimmungen des Gesetzes das Verfahren gestützt wird.
(3) Der Eröffnungsbeschluß ist der Einleitungsbehörde, den Betroffenen und den Beteiligten spätestens mit der Ladung zur Sühneverhandlung zuzustellen. Der Beschluß kann nicht angefochten werden.
(4) Die Betroffenen und die Beteiligten haben das Recht, schriftlich Stellung zu nehmen und Beweismittel anzugeben.
§ 8
(1) Der Beschluß der Spruchkammer, das Sühneverfahren nicht zu eröffnen, ist zu begründen und der Einleitungsbehörde, den Betroffenen und den Beteiligten zuzustellen.
(2) Gegen den Beschluß steht der Einleitungsbehörde innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach Zustellung die Beschwerde an die Berufungsspruchkammer zu.
(3) Über die Beschwerde ist ohne mündliche Verhandlung zu beschließen. Gibt die Berufungsspruchkammer der Beschwerde statt, so muß die Spruchkammer das Verfahren eröffnen.
Abschnitt IV Vorbereitung des Sühneverfahrens
§ 9
Der Vorsitzende der Spruchkammer hat von Amts wegen alle zur Aufklärung des Sachverhaltes und zur Erforschung der Wahrheit noch erforderlichen Ermittlungen anzustellen. Ihm obliegt die Durchführung der in
§ 8 Absätze 1 und 2
des Gesetzes vorgesehenen Aufgaben.
§ 10
(1) Der Termin zur Sühneverhandlung wird vom Vorsitzenden der Spruchkammer bestimmt.
(2) Die Ladung der Einleitungsbehörde, der Betroffenen, der Beteiligten, der Beistände, der Zeugen und der Sachverständigen erfolgt durch den Vorsitzenden.
(3) Zwischen der Zustellung der Ladung an die Betroffenen und Beteiligten und der mündlichen Verhandlung muß eine Frist von mindestens zwei Wochen liegen.
Abschnitt V Mündliche Verhandlung
§ 11
(1) Die Verhandlung vor der Spruchkammer ist öffentlich.
(2) Die Öffentlichkeit kann durch die Spruchkammer für die Verhandlung oder für einen Teil ausgeschlossen werden, wenn eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung, insbesondere der Staatssicherheit, oder eine Gefährdung der Sittlichkeit zu befürchten ist, sowie aus den in
§ 172 Nr. 2 und 3 GVG
bezeichneten Gründen. Die Vorschriften des
§ 174 GVG
finden entsprechende Anwendung.
(3) Die Verkündung der Entscheidung der Spruchkammer, durch die Sühnemaßnahmen verhängt werden oder das Verfahren eingestellt wird, erfolgt in jedem Fall öffentlich.
§ 12
(1) Die Aufrechterhaltung der Ordnung in der Sitzung obliegt dem Vorsitzenden.
(2) Die Spruchkammer kann gegen die Betroffenen, die Beteiligten, die Beistände sowie gegen Zeugen und Sachverständige oder gegen an der Verhandlung nicht beteiligte Personen, die sich in der Sitzung einer Ungebühr schuldig machen, Ordnungsgelder bis zur Höhe von 50,- DM festsetzen, die nach
§ 16 Abs. 2
des Gesetzes zu vollstrecken sind.
§ 13
(1) Der Vorsitzende der Spruchkammer kann das persönliche Erscheinen der Betroffenen und der Beteiligten anordnen. Erscheinen die Betroffenen oder die Beteiligten ohne hinreichenden Grund nicht zur Verhandlung, so kann in ihrer Abwesenheit verhandelt und entschieden werden.
(2) Im Falle der unbegründeten Weigerung kann die Spruchkammer den nicht erschienenen Betroffenen, Beteiligten, Zeugen und Sachverständigen ein Zwangsgeld nach den Vorschriften des
Verwaltungs-Vollstreckungsgesetzes
auferlegen.
§ 14
(1) Die Einleitungsbehörde, die Betroffenen und die Beteiligten können ein Mitglied der Spruchkammer wegen der Besorgnis der Befangenheit ablehnen.
(2) Ein Mitglied kann nicht deswegen als befangen abgelehnt werden, weil es von nationalsozialistischen Rechtsvorschriften oder allgemeinen Maßnahmen betroffen worden ist, selbst wenn die Betroffenen an ihrem Erlaß mitgewirkt haben.
(3) Über das Ablehnungsgesuch entscheidet die Spruchkammer unter Hinzuziehung eines weiteren Beisitzers an Stelle des abgelehnten Mitgliedes. Wird der Vorsitzende abgelehnt, so entscheidet die Spruchkammer unter Vorsitz des ältesten Beisitzers. Die Entscheidung ist endgültig.
§ 15
(1) Die Mitglieder der Spruchkammer, der Vertreter der Einleitungsbehörde und der Protokollführer müssen der ganzen Verhandlung beiwohnen.
(2) Über Anträge auf Aussetzung einer Sühneverhandlung entscheidet die Spruchkammer. Kürzere Unterbrechungen ordnet der Vorsitzende an.
(3) Wegen Verhinderung des Beistandes können die Betroffenen und die Beteiligten die Aussetzung der Verhandlung nicht verlangen.
§ 16
(1) Über die Sühneverhandlung ist ein Protokoll zu fertigen und von dem Vorsitzenden und dem Protokollführer zu unterschreiben. Ist der Vorsitzende verhindert, so unterschreibt für ihn das älteste Mitglied der Spruchkammer.
(2) Das Protokoll über die Sühneverhandlung muß enthalten:
1.
Den Ort und den Tag der Verhandlung;
2.
die Namen der Mitglieder der Spruchkammer, des Vertreters der Einleitungsbehörde und des Protokollführers;
3.
die Namen der Betroffenen, der Beteiligten, der gesetzlichen Vertreter und der Beistände;
4.
die Angabe, daß öffentlich verhandelt oder daß die Öffentlichkeit ausgeschlossen worden ist.
Das Protokoll muß den Gang und die Ergebnisse der Sühneverhandlung, die wesentlichen Ergebnisse der Vernehmungen, die Bezeichnung der verlesenen Schriftstücke, die in der Verhandlung gestellten Anträge, die ergangenen Entscheidungen und die Entscheidungsformel enthalten. Die Vernehmungen können in Kurzschrift aufgenommen werden; sie sind dem Protokoll als Bestandteil beizufügen. Die Niederschrift in Kurzschrift soll in das Protokoll in Reinschrift übertragen werden.
(3) Die Beachtung der bei Verhandlungen vorgeschriebenen Förmlichkeiten kann nur durch das Protokoll bewiesen werden. Gegen den die Förmlichkeit betreffenden Inhalt der Niederschrift ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.
§ 17
(1) Der Vorsitzende leitet die mündliche Verhandlung. Wird eine auf die Sachleitung bezügliche Anordnung des Vorsitzenden von einer an der Verhandlung beteiligten Person beanstandet, so entscheidet die Spruchkammer.
(2) Der Vorsitzende hat den Mitgliedern der Spruchkammer, dem Vertreter der Einleitungsbehörde, den Betroffenen und den Beteiligten sowie ihren Beiständen auf Verlangen zu gestatten, Fragen an die Betroffenen, die Beteiligten, die Zeugen und die Sachverständigen zu stellen.
(3) Bei Zweifel über die Zulässigkeit einer Frage entscheidet die Spruchkammer.
§ 18
(1) Die Sühneverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Betroffenen, der Beteiligten, der Zeugen und Sachverständigen. Hierauf haben die Zeugen den Sitzungssaal bis zu ihrer Vernehmung zu verlassen.
(2) Darauf erfolgt die Vernehmung der Betroffenen und Beteiligten über ihre persönlichen Verhältnisse und die Verlesung des Eröffnungsbeschlusses.
(3) Anschließend werden die Betroffenen und die Beteiligten zur Sache vernommen.
(4) Wird in Abwesenheit von Betroffenen oder Beteiligten verhandelt, so trägt der Vorsitzende oder ein von ihm zu bestimmendes Mitglied der Spruchkammer den Sachverhalt vor.
§ 19
Der Vertreter der Einleitungsbehörde und die Spruchkammer können auch während der Verhandlung weitere im Einleitungsbeschluß nicht aufgeführte Handlungen des Betroffenen in das Verfahren einbeziehen.
Abschnitt VI Beweisaufnahme
§ 20
(1) Nach der Vernehmung der Betroffenen und der Beteiligten oder der Berichterstattung durch den Vorsitzenden oder einen von ihm beauftragten Beisitzer folgt die Beweisaufnahme.
(2) Die Spruchkammer hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die ihr für die Entscheidung von Bedeutung erscheinen. Sie kann außer den von der Einleitungsbehörde, den Betroffenen und den Beteiligten benannten Beweismitteln noch weitere Beweise erheben.
(3) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Beschlusses der Spruchkammer.
§ 21
(1) Die Zeugen sind einzeln in Abwesenheit der später anzuhörenden Zeugen zu vernehmen. An Stelle eines nicht erschienenen Zeugen kann seine schriftliche Aussage verlesen werden.
(2) Die Spruchkammer kann von den Zeugen die Abgabe eidesstattlicher Versicherungen verlangen und die eidliche Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen anordnen. Die eidliche Vernehmung erfolgt durch das Amtsgericht Tiergarten.
(3) Urkunden und Sachverständigengutachten sind, sofern sie nicht persönlich vom Sachverständigen erstattet werden, zu verlesen.
(4) Für das Zeugnis- und Aussageverweigerungsrecht finden die Vorschriften der
§§ 52
bis
56 StPO
entsprechende Anwendung.
§ 22
Nach der Vernehmung eines jeden Zeugen oder Sachverständigen sowie nach der Verlesung eines Schriftstückes soll dem Vertreter der Einleitungsbehörde, den Betroffenen und den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden.
§ 23
Die Zeugen und Sachverständigen haben einen Anspruch auf Zeugen- und Sachverständigengebühren nach den Vorschriften der Gebührenordnung für Zeugen und Sachverständige vom 30. Juni 1878 (RGBl. S. 173) in der jeweils geltenden Fassung.
§ 24
(1) Nach dem Abschluß der Beweisaufnahme erhalten der Vertreter der Einleitungsbehörde und anschließend die Betroffenen und die Beteiligten oder deren Beistände zu den Ausführungen und Anträgen das Wort.
(2) Dem Vertreter der Einleitungsbehörde steht das Recht der Erwiderung zu. Die Betroffenen haben das letzte Wort.
(3) Die Betroffenen sind, auch wenn ihre Beistände für sie gesprochen haben, zu befragen, ob sie noch selbst etwas zu ihrer Verteidigung auszuführen haben.
Abschnitt VII Entscheidungen der Spruchkammer
§ 25
Die Entscheidung der Spruchkammer kann auf Einstellung des Verfahrens oder auf Verhängung von Sühnemaßnahmen lauten. Sollen sich die Sühnemaßnahmen auf den Nachlaß oder Nachlaßgegenstände oder auf Vermögensgegenstände beziehen, die Dritte nach Maßgabe des
§ 5
des Gesetzes erworben haben, so muß dies in der Entscheidungsformel angeordnet werden.
§ 26
(1) Die Entscheidung ergeht im Namen des Volkes. Die Verkündung der Entscheidung erfolgt durch Verlesen der Entscheidungsformel und Bekanntgabe der Gründe durch den Vorsitzenden.
(2) Die Spruchkammer kann für die Verkündung der Entscheidung einen neuen Termin anberaumen.
§ 27
Die Entscheidung der Spruchkammer (Entscheidungsformel und Gründe) ist den Betroffenen und den Beteiligten sowie der Einleitungsbehörde zuzustellen.
Abschnitt VIII Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und Verfahren vor der Berufungsspruchkammer
§ 28
(1) Wegen der Versäumung der Berufungs- oder Beschwerdefrist kann die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden, wenn durch Naturereignisse oder andere unabwendbare Zufälle die Einhaltung der Frist nicht möglich war.
(2) Das Gesuch um Wiedereinsetzung in den vorigen Stand muß binnen einer Woche nach Beseitigung des Hindernisses bei der Berufungsspruchkammer unter Angabe und Glaubhaftmachung der Versäumnisgründe eingereicht werden. Mit dem Gesuch ist zugleich die versäumte Handlung nachzuholen.
§ 29
(1) Für das Verfahren vor der Berufungsspruchkammer finden die Vorschriften der
§§ 9
-
28
entsprechende Anwendung.
(2) Die Berufungsspruchkammer kann die Berufung verwerfen oder die angefochtene Entscheidung abändern. Sie kann unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung das Verfahren einstellen oder die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an die Spruchkammer oder auch an eine andere Spruchkammer zurückverweisen.
Abschnitt IX Gebühren
§ 30
(1) Für das Sühneverfahren wird, wenn Sühnemaßnahmen verhängt werden, eine Gebühr in Höhe von 50,- DM und für das Berufungsverfahren, sofern die Berufung verworfen wird oder die Sühnemaßnahmen verschärft werden, eine Gebühr in Höhe von 75,- DM erhoben.
(2) Werden Sühnemaßnahmen verhängt, so haben die Betroffenen die Gebühren und Auslagen für die Zeugen und Sachverständigen zu erstatten.
(3) Eine Gebühr kann von dem Vorsitzenden auf Antrag ermäßigt oder erlassen werden, wenn glaubhaft gemacht wird, daß der Betroffene ohne Beeinträchtigung seines notdürftigen Lebensunterhalts zur Zahlung nicht in der Lage ist. Die Entscheidung kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden.
Abschnitt X Wiederaufnahmeverfahren
§ 31
Die Vorschriften der Abschnitte II bis IX finden auf das Wiederaufnahmeverfahren entsprechende Anwendung.
Abschnitt XI Schlußvorschriften
§ 32
(1) Die auf Grund des Gesetzes zum Abschluß der Entnazifizierung vom 14. Juni 1951 (GVBl. S. 405) i. d. F. des Gesetzes vom 22. Dezember 1952 (GVBl. S. 1185) bei der Spruchkammer und Berufungsspruchkammer anhängigen Verfahren gehen auf die auf Grund der Vorschriften des
Zweiten Gesetzes zum Abschluß der Entnazifizierung
zu bildende Spruchkammer und Berufungsspruchkammer über.
(2) Die Spruchkammer und Berufungsspruchkammer können das Verfahren aussetzen und die Einleitungsbehörde um die Durchführung weiterer Ermittlungen ersuchen.
§ 33
Diese Verordnung tritt am Tage nach ihrer Verkündung im Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin in Kraft.
Berlin, den 15. März 1956.
Der Senat von Berlin
Otto Suhr | Ella Kay |
Regierender Bürgermeister | Senator für den Senator für Inneres |
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