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Verordnung über die Ausbildung und Prüfung für Gerichtsvollzieher (APOGV) Vom 29. Juli 2013

Verordnung über die Ausbildung und Prüfung für Gerichtsvollzieher (APOGV) Vom 29. Juli 2013
Zum 07.06.2023 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe
Stand: letzte berücksichtigte Änderung: geändert durch Artikel 3 der Verordnung vom 15.12.2020 (GVBl. S. 1506)

Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis

TitelGültig ab
Verordnung über die Ausbildung und Prüfung für Gerichtsvollzieher (APOGV) vom 29. Juli 201318.08.2013
Eingangsformel18.08.2013
Inhaltsverzeichnis18.08.2013
Abschnitt 1 - Ausbildung18.08.2013
§ 1 - Ziel der Ausbildung18.08.2013
§ 2 - Zulassungsvoraussetzungen18.08.2013
§ 3 - Bewerbung, Zulassung und Rechtsstellung18.08.2013
§ 4 - Dauer und Gliederung der Ausbildung18.08.2013
§ 5 - Art und Umfang der Beschäftigung18.08.2013
§ 6 - Leitung der Ausbildung18.08.2013
§ 7 - Erster Ausbildungsabschnitt18.08.2013
§ 8 - Zweiter Ausbildungsabschnitt18.08.2013
§ 9 - Dritter Ausbildungsabschnitt18.08.2013
§ 10 - Leistungsbewertungen, Zeugnisse18.08.2013
§ 11 - Wiederholung und Ausscheiden18.08.2013
Abschnitt 2 - Prüfung18.08.2013
§ 12 - Zweck der Gerichtsvollzieherprüfung, Zulassung18.08.2013
§ 13 - Prüfungsausschuss18.08.2013
§ 14 - Beteiligung der Personalvertretung18.08.2013
§ 15 - Inhalt und Durchführung des Prüfungsverfahrens18.08.2013
§ 16 - Verhinderung, Versäumnis18.08.2013
§ 17 - Schriftliche Prüfung18.08.2013
§ 18 - Aufsicht18.08.2013
§ 19 - Verstöße gegen die Prüfungsbestimmungen18.08.2013
§ 20 - Bewertung der schriftlichen Prüfungsleistungen18.08.2013
§ 21 - Mündliche Prüfung18.08.2013
§ 22 - Schlussberatung, Prüfungsergebnis18.08.2013
§ 23 - Zeugnis, Einsicht in die Prüfungsunterlagen25.12.2020
§ 24 - Wiederholung der Prüfung18.08.2013
Abschnitt 3 - Schlussvorschrift18.08.2013
§ 25 - Übergangsregelung18.08.2013
§ 26 - Inkrafttreten, Außerkrafttreten18.08.2013
Auf Grund des § 29 Absatz 2 des Laufbahngesetzes vom 21. Juni 2011 (GVBl. S. 266) verordnet die Senats Verwaltung für Justiz und Verbraucherschutz im Einvernehmen mit der für Inneres zuständigen Senats Verwaltung:
Inhaltsübersicht
Abschnitt 1 - Ausbildung
§ 1Ziel der Ausbildung
§ 2Zulassungsvoraussetzungen
§ 3Bewerbung, Zulassung und Rechtsstellung
§ 4Dauer und Gliederung der Ausbildung
§ 5Art und Umfang der Beschäftigung
§ 6Leitung der Ausbildung
§ 7Erster Ausbildungsabschnitt
§ 8Zweiter Ausbildungsabschnitt
§ 9Dritter Ausbildungsabschnitt
§ 10Leistungsbewertungen, Zeugnisse
§ 11Wiederholung und Ausscheiden
Abschnitt 2 - Prüfung
§ 12Zweck der Gerichtsvollzieherprüfung, Zulassung
§ 13Prüfungsausschuss
§ 14Beteiligung der Personalvertretung
§ 15Inhalt und Durchführung des Prüfungsverfahrens
§ 16Verhinderung, Versäumnis
§ 17Schriftliche Prüfung
§ 18Aufsicht
§ 19Verstöße gegen die Prüfungsbestimmungen
§ 20Bewertung der schriftlichen Prüfungsleistungen
§ 21Mündliche Prüfung
§ 22Schlussberatung, Prüfungsergebnis
§ 23Zeugnis, Einsicht in die Prüfungsunterlagen
§ 24Wiederholung der Prüfung
Abschnitt 3 - Schlussvorschrift
§ 25Übergangsregelung
§ 26Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Abschnitt 1 Ausbildung

§ 1 Ziel der Ausbildung

(1) Die Gerichtsvollzieherausbildung ist eine praxisbezogene Fachausbildung, die zur Befähigung für den Laufbahnzweig des Gerichtsvollzieherdienstes führt.
(2) Ziel ist die Heranbildung verantwortungsbewusster Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher, die nach ihrer Persönlichkeit und ihren fachlichen Kenntnissen befähigt sind, ihre Dienstpflichten selbstständig und mit sozialem sowie wirtschaftlichem Verständnis zu erfüllen.

§ 2 Zulassungsvoraussetzungen

Sind die Zugangsvoraussetzungen des § 13 Absatz 1 und 4 der Laufbahnverordnung Justiz und Justizvollzugsdienst vom 18. Dezember 2012 (GVBl. S. 538) in der jeweils geltenden Fassung erfüllt, kann zur Gerichtsvollzieherausbildung zugelassen werden, wer
1.
nach der Persönlichkeit, den Fähigkeiten und den bisherigen fachlichen Leistungen für den Gerichtsvollzieherdienst geeignet erscheint und in der Regel über eine mindestens dreijährige berufliche Erfahrung verfügt,
2.
den besonderen körperlichen Anforderungen des Gerichtsvollzieherdienstes gewachsen ist und
3.
in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen lebt.

§ 3 Bewerbung, Zulassung und Rechtsstellung

(1) Über die Zulassung zur Ausbildung entscheidet die Präsidentin oder der Präsident des Kammergerichts (Zulassungsbehörde) im Wege eines Auswahlverfahrens. Das Bewerbungsgesuch ist auf dem Dienstweg an die Zulassungsbehörde zu richten. Dem Gesuch ist eine Erklärung über die Vermögensverhältnisse beizufügen.
(2) Zur Feststellung der körperlichen Eignung haben sich die Bewerberinnen und Bewerber einer ärztlichen Untersuchung bei einer von der Zulassungsbehörde bestimmten medizinischen Untersuchungseinrichtung zu unterziehen.
(3) Während der Ausbildung behalten die Auszubildenden ihre bisherige Rechtsstellung.

§ 4 Dauer und Gliederung der Ausbildung

(1) Die Ausbildung dauert 18 Monate.
(2) Sie gliedert sich in folgende Ausbildungsabschnitte:
Der erste Ausbildungsabschnitt von vier Monaten umfasst 14 Tage Einführungslehrgang und anschließend eine berufspraktische Ausbildung bei einer Gerichtsvollzieherin oder einem Gerichtsvollzieher, der zweite Ausbildungsabschnitt von zehn Monaten umfasst einen fachtheoretischen Lehrgang und der dritte Ausbildungsabschnitt von vier Monaten umfasst eine berufspraktische Ausbildung bei einer Gerichtsvollzieherin oder einem Gerichtsvollzieher.
(3) Hat die Auszubildende oder der Auszubildende wegen Krankheit oder aus anderen Gründen im Ganzen länger als 30 Arbeitstage an der Ausbildung nicht teilgenommen, so kann die Ausbildung entsprechend verlängert werden. Zeiten des Urlaubs bleiben außer Betracht. Die Entscheidung trifft die Zulassungsbehörde.

§ 5 Art und Umfang der Beschäftigung

Das Ziel der Ausbildung bestimmt allein Art und Umfang der den Auszubildenden zu übertragenden Aufgaben. In der praktischen Ausbildung dürfen einfachere, regelmäßig wiederkehrende Tätigkeiten nur insoweit zugewiesen werden, als dies der Ausbildung dient.

§ 6 Leitung der Ausbildung

(1) Die Zulassungsbehörde leitet die Gesamtausbildung, bestellt eine Lehrgangsleitung und kann zur inhaltlichen und methodischen Gestaltung der Ausbildung nähere Bestimmungen treffen.
(2) Die Zulassungsbehörde richtet die Lehrgänge ein und überwacht diese, stellt die Lehr- und Stundenpläne auf und bestellt die Lehrkräfte.
(3) Die Zulassungsbehörde weist die Auszubildenden zur praktischen Ausbildung einzelnen für diese Aufgabe fachlich und persönlich geeigneten Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollziehern zu. Für den ersten und dritten Ausbildungsabschnitt sind in der Regel verschiedene Ausbilderinnen und Ausbilder zu wählen.
(4) Die über die Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher des Gerichtsbezirks Aufsicht führende Richterin oder der Aufsicht führende Richter überwacht die ordnungsgemäße Durchführung der praktischen Ausbildung in dem Gerichtsbezirk.

§ 7 Erster Ausbildungsabschnitt

(1) In den ersten vierzehn Tagen der Ausbildung sind die Auszubildenden in einem Einführungslehrgang im Umfang von etwa 30 Doppelstunden mit den wesentlichen Aufgaben des Gerichtsvollzieherdienstes und des Vollstreckungsgerichts bekanntzumachen.
(2) Ziel der praktischen Ausbildung im ersten Ausbildungsabschnitt ist es, den Auszubildenden eine Anschauung von allen Geschäften des Gerichtsvollzieherdienstes und eigene Erfahrungen in diesen Geschäften zu vermitteln. Auf diese Weise sollen die Auszubildenden auf den Unterricht im zweiten Ausbildungsabschnitt vorbereitet werden.
(3) Die ausbildenden Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher haben die Auszubildenden mit allen vorkommenden Aufgaben im Innen- und Außendienst bekanntzumachen. Die Auszubildenden sollen Gelegenheit erhalten, anfallende Aufgaben unter Anleitung selbst zu erledigen. Dabei soll das Schwergewicht zunächst im Innendienst und später im Außendienst liegen.

§ 8 Zweiter Ausbildungsabschnitt

(1) Ziel des Lehrgangs ist es, den Auszubildenden die für den Gerichtsvollzieherdienst erforderlichen fachtheoretischen Kenntnisse zu vermitteln und bereits erworbenes Fachwissen sowie vorhandene Kompetenzen zu vertiefen und zu erweitern.
(2) Der Lehrplan umfasst folgende Gebiete:
1.
Das Zustellungs- und Vollstreckungsrecht nach der Zivilprozessordnung und nach internationalen Bestimmungen,
2.
die Geschäftsanweisung für Gerichtsvollzieher,
3.
die Gerichtsvollzieherordnung, einschließlich der Anleitung zur Verwaltung des Schriftgutes, zur Buch- und Kassenführung und zur selbstständigen Führung eines Geschäftszimmers,
4.
die Rechts- und Dienstverhältnisse der Gerichtsvollzieherin und des Gerichtsvollziehers und - soweit sie für den Gerichtsvollzieherdienst von Bedeutung sind -,
5.
das Wechsel- und Scheckrecht,
6.
das Kostenrecht,
7.
die Vollstreckung nach dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
8.
die Grundzüge
a)
des bürgerlichen Rechts und des Handelsrechts,
b)
des Verfahrensrechts nach der Zivilprozessordnung,
c)
der Gerichtsverfassung,
d)
der Insolvenzordnung,
e)
des Devisen-, Steuer- und Zollrechts,
f)
der Waren- und Wirtschaftskunde,
g)
des Straf- und Strafprozessrechts,
h)
des Verfassungs- und Verwaltungsrechts,
9.
die Einführung in soziale Themen,
10.
die Einführung in interkulturelle Kompetenzen,
11.
die konfliktbezogene Gesprächsführung/Deeskalationsmethoden,
12.
die Juristische Methodenlehre,
13.
die Eigensicherung,
14.
die IT-Grundlagen sowie eine Einweisung in die Anwenderprogramme.
In allen Lehrgebieten sind stets die besonderen psychologischen und sozialen Fragen der Tätigkeit im Gerichtsvollzieherdienst einzubeziehen.
(3) Der Unterricht ist durch Beispiele aus der Praxis lebendig und wirklichkeitsnah zu gestalten; dabei soll Lehrmaterial benutzt werden, das die selbstständige Mitarbeit der Auszubildenden erfordert. Zur Förderung der Kenntnisse in der Waren- und Wirtschaftskunde (Absatz 2 Satz 1 Nummer 8 Buchstabe f) soll der Lehrplan entsprechende Lehrexkursionen vorsehen. Die Zahl der täglichen Unterrichtsstunden ist so zu bemessen, dass den Auszubildenden hinreichend Zeit verbleibt, das Gehörte zu verarbeiten und das erworbene Wissen durch häusliches Studium zu erweitern und zu vertiefen.
(4) Die Auszubildenden fertigen während des Lehrgangs schriftliche Arbeiten unter Aufsicht an. Ergänzend werden ihnen Aufgaben zur schriftlichen häuslichen Bearbeitung gestellt. Sämtliche Arbeiten sind durch die zuständige Lehrkraft mit einer der in § 28 Satz 1 des Laufbahngesetzes vom 21. Juni 2011 (GVBl. S. 266) in der jeweils geltenden Fassung bezeichneten Noten zu bewerten, mit den Auszubildenden zu besprechen und der Lehrgangsleitung vorzulegen. Die Leistungen in den einzelnen Lehrgebieten sind bei Abschluss der Lehrveranstaltungen von der Lehrkraft mit einer der in § 28 Satz 1 des Laufbahngesetzes bezeichneten Noten abschließend zu beurteilen. Der Lehrplan kann einzelne Gebiete wegen einer geringen Stundenanzahl von der Bewertung ausnehmen. Die Einzelbeurteilungen sind den Auszubildenden von den Lehrkräften zu eröffnen und mit ihnen zu besprechen.
(5) Zum Abschluss des Lehrgangs treten die Dozentinnen und Dozenten unter dem Vorsitz der Lehrgangsleitung zu einer Konferenz zusammen, an der ein vom Gesamtpersonalrat der Berliner Justiz zu benennendes Personalratsmitglied teilnehmen kann. Die Aufgabe der Konferenz besteht darin, ein möglichst umfassendes Bild vom Leistungsstand der Auszubildenden zu gewinnen, insbesondere auch festzustellen, ob das Ziel des zweiten Ausbildungsabschnitts erreicht worden ist; zur Behebung festgestellter Mängel kann sie Vorschläge für die Gestaltung der weiteren Ausbildung vorlegen oder die Wiederholung des Lehrgangs empfehlen. Die in den einzelnen Lehrgebieten erzielten Leistungsergebnisse werden von der Konferenz in einer der in § 28 Satz 1 des Laufbahngesetzes bezeichneten Noten als Ausbildungsnote des zweiten Ausbildungsabschnitts zusammengefasst.

§ 9 Dritter Ausbildungsabschnitt

(1) Die Praxisausbildung soll die in den vorangegangenen Ausbildungsabschnitten erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten vertiefen und die Auszubildenden befähigen, nach Abschluss der Ausbildung selbstständig die Aufgaben im Gerichtsvollzieherdienst zu erfüllen.
(2) Die Auszubildenden sind im Rahmen der Praxisunterweisung zur Erledigung aller vorkommenden Geschäfte heranzuziehen. Sie sollen dabei insbesondere zu selbstständiger Tätigkeit angeleitet werden. Es ist ihnen ausreichend Gelegenheit zu geben, Vollstreckungshandlungen und andere Aufgaben des Gerichtsvollzieherdienstes unter Aufsicht selbst auszuführen.
(3) Ergänzend findet in den letzten drei Monaten des dritten Ausbildungsabschnitts eine praxisbegleitende theoretische Unterweisung im Umfang von insgesamt etwa 30 Doppelstunden statt. Der Unterricht dient der Wiederholung der im Lehrgang (§ 8) erworbenen Kenntnisse. Die näheren Bestimmungen trifft die Zulassungsbehörde.

§ 10 Leistungsbewertungen, Zeugnisse

(1) Mängel in den Leistungen sind mit den Auszubildenden rechtzeitig zu besprechen, um ihnen Gelegenheit zu geben, die Leistungen zu steigern.
(2) Am Ende der Praxisunterweisungen im ersten und dritten Ausbildungsabschnitt haben die jeweils ausbildenden Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher die Auszubildenden in einem ausführlichen Zeugnis zu beurteilen und eine Ausbildungsnote festzusetzen. Die Leistungen der Auszubildenden sind mit einer der in § 28 Satz 1 des Laufbahngesetzes bezeichneten Noten zu bewerten. In der Beurteilung ist auf Art und Dauer der Beschäftigung, auf die Führung der Auszubildenden sowie auf ihre Persönlichkeit, ihre Fähigkeiten, Kenntnisse und praktischen Leistungen einzugehen.
(3) Die Zulassungsbehörde setzt aus den drei Ausbildungsnoten der Ausbildungsabschnitte eine Gesamtausbildungsnote fest, die einer der in § 28 Satz 1 des Laufbahngesetzes bezeichneten Noten entspricht. Dabei sind die Ausbildungsnoten des ersten Ausbildungsabschnitts zu 2/10, des zweiten Ausbildungsabschnitts zu 5/10 und des dritten Ausbildungsabschnitts zu 3/10 zu berücksichtigen.
(4) Die Leistungsbewertungen oder Zeugnisse sind zum Abschluss der Lehrveranstaltungen oder der Praxisunterweisung den Auszubildenden zu eröffnen und mit ihnen zu besprechen. Den Auszubildenden bleibt es unbenommen, sich zu Leistungsbewertungen und Zeugnissen schriftlich zu äußern. Diese Äußerung ist der betreffenden Beurteilung beizufügen.

§ 11 Wiederholung und Ausscheiden

(1) Die Zulassungsbehörde kann auf Grund festgestellter Mängel einmalig die Wiederholung des jeweiligen Ausbildungsabschnitts anordnen.
(2) Zeigt sich während der Ausbildung, dass die zugelassene Person nach der Persönlichkeit, den Fähigkeiten oder den fachlichen Leistungen, der körperlichen Eignung oder den wirtschaftlichen Verhältnissen für den Gerichtsvollzieherdienst ungeeignet ist, widerruft die Zulassungsbehörde die Zulassung zur Ausbildung. Gleiches gilt, wenn die Ausbildung oder die Prüfung für den Gerichtsvollzieherdienst nicht innerhalb einer angemessenen Frist beendet werden kann. Damit verbunden ist eine Rückführung in die frühere Beschäftigung.

Abschnitt 2 Prüfung

§ 12 Zweck der Gerichtsvollzieherprüfung, Zulassung

(1) Die Gerichtsvollzieherprüfung dient der Feststellung, ob der Prüfling das Ausbildungsziel erreicht hat und nach Kenntnissen, Fähigkeiten, Leistungen sowie Persönlichkeit für den Gerichtsvollzieherdienst geeignet ist.
(2) Zum Prüfungsverfahren sind alle Auszubildenden zugelassen, die den dritten Ausbildungsabschnitt beendet haben und nicht aus der Ausbildung ausgeschieden sind.

§ 13 Prüfungsausschuss

(1) Die Gerichtsvollzieherprüfung wird vor einem bei der Zulassungsbehörde gebildeten Prüfungsausschuss abgelegt. Die Mitglieder des Prüfungsausschusses sind in ihrer Prüfungstätigkeit unabhängig und an Weisungen nicht gebunden.
(2) Der Prüfungsausschuss besteht aus drei Mitgliedern. Die Vorsitzende oder der Vorsitzende muss die Befähigung zum Richteramt besitzen und mit den Verhältnissen des Gerichtsvollzieherdienstes besonders vertraut sein. Die beiden anderen Mitglieder sind
1.
eine Rechtspflegerin oder ein Rechtspfleger
2.
eine Gerichtsvollzieherin oder ein Gerichtsvollzieher.
Die Rechtspflegerin oder der Rechtspfleger soll über praktische Erfahrungen im Aufgabenbereich des Gerichtsvollzieherdienstes verfügen. Ein Mitglied soll im zweiten Ausbildungsabschnitt unterrichtet haben.
(3) Die Zulassungsbehörde bestellt die Vorsitzende oder den Vorsitzenden, die übrigen Mitglieder des Prüfungsausschusses und die erforderlichen Stellvertreterinnen und Stellvertreter widerruflich für die Dauer von drei Jahren. Den Mitgliedern aus dem Kreis der Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher sind keine Auszubildenden zur Praxisunterweisung zuzuteilen.
(4) Der Prüfungsausschuss trifft seine Entscheidungen mit Stimmenmehrheit. Er hat alle seine Entscheidungen in einer Niederschrift zu vermerken.

§ 14 Beteiligung der Personalvertretung

An den Sitzungen und Beratungen des Prüfungsausschusses ist einem vom Gesamtpersonalrat der Berliner Justiz zu benennenden Personalratsmitglied mit beratender Stimme Gelegenheit zur Teilnahme zu geben.

§ 15 Inhalt und Durchführung des Prüfungsverfahrens

(1) Die Prüfung besteht aus einem schriftlichen und einem mündlichen Teil. Die schriftliche Prüfung findet unverzüglich nach Beendigung des dritten Ausbildungsabschnitts statt.
(2) In der Zeit zwischen dem Ende der Ausbildung und dem Beginn der Prüfung sowie während des Prüfungsverfahrens sind die Auszubildenden von jeder anderen dienstlichen Tätigkeit befreit.
(3) Die oder der Vorsitzende des Prüfungsausschusses bestimmt die Termine der mündlichen und schriftlichen Prüfung und trifft alle für das Prüfungsverfahren erforderlichen Maßnahmen. Die Zulassungsbehörde lädt die Prüflinge und bestimmt die bei der Anfertigung der schriftlichen Arbeiten Aufsicht führenden Beamtinnen und Beamten.
(4) Bei den Prüfungen sind schwerbehinderten Menschen und gleichgestellten behinderten Menschen die im Hinblick auf ihre Behinderung erforderlichen Erleichterungen zu gewähren.

§ 16 Verhinderung, Versäumnis

(1) Ist ein Prüfling durch Krankheit oder aus sonstigen von ihm nicht zu vertretenden Gründen an der Ablegung der Prüfung oder einzelner Prüfungsleistungen gehindert, so hat er dies unverzüglich der Zulassungsbehörde nachzuweisen. Im Krankheitsfalle ist ein ärztliches Attest - auf Verlangen ein amtsärztliches Gutachten - beizubringen.
(2) Eine abgebrochene oder nicht angetretene Prüfung gilt als nicht abgelegt, wenn der Prüfling dies genügend entschuldigt. Die Entscheidung hierüber obliegt der Zulassungsbehörde. Die Prüfung ist nach Terminvorgabe der oder des Vorsitzenden des Prüfungsausschusses mit neuen Aufgabenstellungen nachzuholen.
(3) Die Prüfung gilt als nicht bestanden, wenn der Prüfling
a)
der Vorladung zur schriftlichen oder mündlichen Prüfung ohne genügende Entschuldigung keine Folge leistet oder
b)
ohne Genehmigung des Vorsitz führenden Mitgliedes des Prüfungsausschusses von der Prüfung zurücktritt.
(4) Erscheint ein Prüfling zur Anfertigung einer Prüfungsarbeit ohne genügende Entschuldigung nicht oder liefert er eine Arbeit ohne genügende Entschuldigung nicht oder nicht rechtzeitig ab, so wird sie mit „ungenügend“ bewertet. Im Fall einer genügenden Entschuldigung ist der Prüfling zu einem weiteren Termin zu laden, in dem er grundsätzlich alle schriftlichen Arbeiten zu wiederholen hat.

§ 17 Schriftliche Prüfung

(1) In der schriftlichen Prüfung hat der Prüfling unter Aufsicht anzufertigen:
1.
drei Arbeiten aus dem Gebiet des Vollstreckungswesens, davon eine mit einer Bearbeitungszeit von fünf, die beiden anderen mit einer Bearbeitungszeit von je zwei Stunden,
2.
eine Arbeit aus dem Gebiet des Zustellungswesens mit einer Bearbeitungszeit von vier Stunden und
3.
eine Arbeit aus dem Gebiet des Kostenwesens mit einer Bearbeitungszeit von vier Stunden.
(2) Die Arbeiten sind an vier Tagen zu fertigen. Vor Beginn der Prüfung soll ein dienstfreier und zwischen den Prüfungstagen je ein prüfungsfreier Tag liegen.
(3) Gegenstand der Aufsichtsarbeiten sollen praktische Aufgaben sein, wie sie nach Form und Inhalt von der Gerichtsvollzieherin oder dem Gerichtsvollzieher zu erfüllen sind.
(4) Der Prüfungsausschuss wählt die Aufgaben aus und bestimmt die zulässigen Hilfsmittel.

§ 18 Aufsicht

Die Aufsicht bei der Anfertigung der Arbeiten führt eine Beamtin oder ein Beamter des gehobenen Justizdienstes. Die Aufsichtsperson fertigt eine Niederschrift an, in der jede Unregelmäßigkeit zu vermerken ist.

§ 19 Verstöße gegen die Prüfungsbestimmungen

(1) Täuschungshandlungen oder sonstige Störungen des Prüfungsablaufs hat die Prüfungsaufsicht zu unterbinden.
(2) Der Prüfungsausschuss kann eine Prüfungsleistung mit „ungenügend“ bewerten, wenn ein Prüfling es unternimmt, das Ergebnis der Prüfungsleistung zu eigenem oder fremdem Vorteil durch Täuschung, insbesondere durch Mitführen bei der Prüfung unerlaubter Hilfsmittel, oder durch Einwirken auf eine Prüferin oder einen Prüfer oder eine Aufsichtsperson zu beeinflussen. In schweren Fällen kann der Prüfungsausschuss den Prüfling von der weiteren Teilnahme an der Prüfung ausschließen und die Prüfung für nicht bestanden erklären. Der Arbeitsplatz des Prüflings kann jederzeit kontrolliert werden. Der Prüfling ist verpflichtet, an der Kontrolle mitzuwirken und nach Aufforderung die in seinem Besitz befindlichen Hilfsmittel vorzulegen.
(3) Prüfungsentscheidungen dürfen nach Abschluss des Prüfungsverfahrens zurückgenommen werden und es dürfen die in Absatz 2 Satz 1 und 2 genannten Entscheidungen getroffen werden, wenn nachträglich bekannt wird, dass der Prüfling das Ergebnis der Prüfung durch Täuschung oder Einwirkung auf eine Prüferin oder einen Prüfer oder eine Aufsichtsperson beeinflusst hat. Die Entscheidung trifft die Zulassungsbehörde.

§ 20 Bewertung der schriftlichen Prüfungsleistungen

Die schriftlichen Arbeiten sind von zwei Mitgliedern oder stellvertretenden Mitgliedern des Prüfungsausschusses vorläufig mit einer der in § 28 Satz 1 des Laufbahngesetzes bezeichneten Noten zu bewerten. Anschließend entscheidet der Prüfungsausschuss in einer besonderen Sitzung endgültig über die Bewertung der einzelnen Aufsichtsarbeiten und über die Zulassung zur mündlichen Prüfung.

§ 21 Mündliche Prüfung

(1) Die Zulassung zur mündlichen Prüfung setzt voraus, dass mindestens drei Aufsichtsarbeiten mit ausreichend oder besser bewertet worden sind. Die Entscheidung ist den Prüflingen spätestens eine Woche vor der mündlichen Prüfung mitzuteilen.
(2) Vor der mündlichen Prüfung soll die oder der Vorsitzende des Prüfungsausschusses mit jedem Prüfling ein Gespräch führen, um ein Bild von dessen Persönlichkeit gewinnen zu können. Auf Wunsch des Prüflings ist ein Einzelgespräch zu führen.
(3) Die mündliche Prüfung kann sich auf das gesamte Lehrgebiet nach § 8 Absatz 2 erstrecken und bezieht alle wesentlichen Aufgaben des Gerichtsvollzieherdienstes ein. Die Fragestellungen des Prüfungsausschusses sollen sich an typischen Berufssituationen des Gerichtsvollzieherdienstes orientieren.
(4) In der Regel sollen nicht mehr als fünf Prüflinge gleichzeitig geprüft werden. Die Dauer der mündlichen Prüfung soll so bemessen sein, dass auf jeden Prüfling etwa 45 Minuten entfallen. Die Prüfung muss durch eine angemessene Pause unterbrochen werden.
(5) Über die mündliche Prüfung ist eine Niederschrift aufzunehmen. Sie muss den Verlauf des Prüfungsverfahrens sowie das Gesamtergebnis der Prüfung für den Gerichtsvollzieherdienst mit der Gesamtnote wiedergeben.
(6) Die mündliche Prüfung ist nicht öffentlich. Die oder der Vorsitzende des Prüfungsausschusses kann Kandidatinnen und Kandidaten, die zur Prüfung anstehen, sowie anderen Personen, die ein dienstliches Interesse nachweisen, die Anwesenheit während der mündlichen Prüfung und während der Bekanntgabe und Begründung der Schlussentscheidung gestatten. § 14 bleibt unberührt.

§ 22 Schlussberatung, Prüfungsergebnis

(1) Im Anschluss an die mündliche Prüfung berät der Prüfungsausschuss in geheimer Sitzung über das Ergebnis der Prüfung und bildet die Gesamtnote. Die Bewertung der Leistungen erfolgt in einer der in § 28 Satz 1 des Laufbahngesetzes bezeichneten Noten. Die schriftlichen Prüfungsleistungen werden in einer der in § 28 Satz 1 des Laufbahngesetzes bezeichneten Noten zusammengefasst und zu 4/10 in der Gesamtnote berücksichtigt. Die Leistungen in der mündlichen Prüfung und die Gesamtausbildungsnote (§ 10 Absatz 3) werden jeweils zu 3/10 berücksichtigt.
(2) Die oder der Vorsitzende des Prüfungsausschusses gibt den Prüflingen das Ergebnis der Prüfung mündlich mit kurzer Erläuterung bekannt.
(3) Die Prüfung zum Gerichtsvollzieherdienst ist bestanden, wenn eine Gesamtnote von mindestens „ausreichend“ erreicht wird.

§ 23 Zeugnis, Einsicht in die Prüfungsunterlagen

(1) Die oder der Vorsitzende des Prüfungsausschusses erteilt den Prüflingen, welche die Prüfung bestanden haben, ein Zeugnis mit der erreichten Gesamtnote. Den Prüflingen, die die Prüfung nicht bestanden haben, ist darüber ein schriftlicher Bescheid zu erteilen.
(2) Jeder Prüfling kann binnen eines Monats seit Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses verlangen, dass ein Mitglied des Prüfungsausschusses Mängel und Vorzüge seiner schriftlichen Arbeiten erläutert. Das Recht der Prüflinge auf Auskunft gemäß Artikel 15 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2) umfasst ab dem Zeitpunkt der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses auch das Recht auf Einsicht in die schriftlichen Prüfungsarbeiten mit den Randbemerkungen und den schriftlichen Bewertungen. Den Prüflingen ist während der Einsichtnahme gestattet, Kopien anzufertigen.

§ 24 Wiederholung der Prüfung

(1) Wer die Prüfung nicht bestanden hat, darf sie einmal wiederholen. Die Prüfung ist vollständig zu wiederholen, einzelne Prüfungsleistungen können nicht erlassen werden.
(2) Die weitere Ausbildung dauert in der Regel mindestens vier Monate. Art und Dauer bestimmt die Zulassungsbehörde. Hierbei sollen etwaige Vorschläge des Prüfungsausschusses berücksichtigt werden.
(3) Wer die Wiederholungsprüfung nicht bestanden hat, tritt in seine frühere Beschäftigung zurück.

Abschnitt 3 Schlussvorschrift

§ 25 Übergangsregelung

Für Beamtinnen und Beamte, die bei Inkrafttreten dieser Verordnung bereits zur Gerichtsvollzieherausbildung zugelassen sind, ist die Verordnung über die Ausbildung und Prüfung für Gerichtsvollzieher vom 4. September 1974 (GVBl. S. 2124), die zuletzt durch Artikel X Nummer 24 des Gesetzes vom 19. März 2009 (GVBl. S. 70) geändert worden ist, weiter anzuwenden.

§ 26 Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Diese Verordnung tritt am Tage nach der Verkündung im Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin in Kraft. Gleichzeitig tritt die Verordnung über die Ausbildung und Prüfung für Gerichtsvollzieher vom 4. September 1974 (GVBl. S. 2124), die zuletzt durch Artikel X Nummer 24 des Gesetzes vom 19. März 2009 (GVBl. S. 70) geändert worden ist, außer Kraft.
Berlin, den 29. Juli 2013
Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz
Thomas Heilmann
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