Gesetz über die Rechtsstellung der Fraktionen des Abgeordnetenhauses von Berlin (Fraktionsgesetz - FraktG) Vom 8. Dezember 1993
Gesetz über die Rechtsstellung der Fraktionen des Abgeordnetenhauses von Berlin (Fraktionsgesetz - FraktG) Vom 8. Dezember 1993
Zum 07.06.2023 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe
Stand: | letzte berücksichtigte Änderung: zuletzt geändert durch Gesetz vom 02.11.2022 (GVBl. S. 586) |
Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis
Titel | Gültig ab |
---|---|
Gesetz über die Rechtsstellung der Fraktionen des Abgeordnetenhauses von Berlin (Fraktionsgesetz - FraktG) vom 8. Dezember 1993 | 01.01.1994 |
Eingangsformel | 01.01.1994 |
Inhaltsverzeichnis | 01.05.2017 |
Abschnitt I - Rechtsstellung und Organisation | 01.01.1994 |
§ 1 - Bildung von Fraktionen | 01.01.1994 |
§ 2 - Aufgaben und Rechtsstellung | 01.01.2008 |
§ 3 - Organe | 01.01.1994 |
§ 4 - Fraktionsversammlung | 01.01.1994 |
§ 5 - Fraktionsvorstand und Fraktionsvorsitzender oder Fraktionsvorsitzende | 01.01.1994 |
§ 6 - Fraktionssatzung | 01.01.1994 |
§ 7 - Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten | 25.10.2020 |
Abschnitt II - Leistungen an die Fraktionen | 01.01.1994 |
§ 8 - Geld- und Sachleistungen | 01.07.2022 |
§ 9 - Prüfung durch den Rechnungshof | 01.01.2008 |
§ 10 - Sonstige Bestimmungen über Leistungen an die Fraktionen | 01.01.2002 |
Abschnitt III - Beendigung der Rechtsstellung, Liquidation einer Fraktion | 01.01.1994 |
§ 11 - Beendigung der Rechtsstellung | 01.01.1994 |
§ 12 - Liquidation | 01.01.1994 |
§ 13 - Rechtsfolgen der Neukonstituierung einer Fraktion | 01.01.1994 |
§ 14 - Aufgaben der Liquidatoren und Haftung | 01.01.2008 |
§ 15 - Befriedigung der Gläubiger | 01.01.1994 |
§ 16 - Rückführung öffentlicher Mittel | 01.01.1994 |
§ 17 - Verwendung des Fraktionsvermögens | 01.01.1994 |
§ 18 - Wartefrist | 01.01.1994 |
Abschnitt IV - Leistungen an Parlamentarische Gruppen | 01.05.2017 |
§ 19 - Leistungen an Parlamentarische Gruppen | 01.05.2017 |
Abschnitt V - Änderung des Landesabgeordnetengesetzes | 01.01.1994 |
§ 20 - Änderung des Landesabgeordnetengesetzes | 01.01.1994 |
Abschnitt VI - Übergangsvorschriften und Inkrafttreten | 01.01.1994 |
§ 21 - - aufgehoben - | 17.03.2005 |
§ 22 - Inkrafttreten | 01.01.1994 |
Das Abgeordnetenhaus hat das folgende Gesetz beschlossen:
Inhaltsübersicht | |
Abschnitt I Rechtsstellung und Organisation | |
§ 1 - | Bildung von Fraktionen |
§ 2 - | Aufgaben und Rechtsstellung |
§ 3 - | Organe |
§ 4 - | Fraktionsversammlung |
§ 5 - | Fraktionsvorstand und Fraktionsvorsitzender oder Fraktionsvorsitzende |
§ 6 - | Fraktionssatzung |
§ 7 - | Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten |
Abschnitt II Leistungen an die Fraktionen | |
§ 8 - | Geld- und Sachleistungen |
§ 9 - | Prüfung durch den Rechnungshof |
§ 10 - | Sonstige Bestimmungen über Leistungen an die Fraktionen |
Abschnitt III Beendigung der Rechtsstellung, Liquidation einer Fraktion | |
§ 11 - | Beendigung der Rechtsstellung |
§ 12 - | Liquidation |
§ 13 - | Rechtsfolgen der Neukonstituierung einer Fraktion |
§ 14 - | Aufgaben der Liquidatoren und Haftung |
§ 15 - | Befriedigung der Gläubiger |
§ 16 - | Rückführung öffentlicher Mittel |
§ 17 - | Verwendung des Fraktionsvermögens |
§ 18 - | Wartefrist |
Abschnitt IV Leistungen an Parlamentarische Gruppen | |
§ 19 - | Leistungen an Parlamentarische Gruppen |
Abschnitt V Änderung des Landesabgeordnetengesetzes | |
§ 20 - | Änderung des Landesabgeordnetengesetzes |
Abschnitt VI Übergangsvorschriften und Inkrafttreten | |
§ 21 - | Übergangsvorschriften |
§ 22 - | Inkrafttreten |
Abschnitt I Rechtsstellung und Organisation
§ 1 Bildung von Fraktionen
(1) Die Fraktionen des Abgeordnetenhauses von Berlin sind Vereinigungen von Mitgliedern des Abgeordnetenhauses, die sich zur Erreichung gemeinsamer politischer Ziele zusammenschließen.
(2) Die Fraktionen werden von den Abgeordneten in Ausübung des freien Mandats für die Dauer der Wahlperiode gebildet. Ein Mitglied des Abgeordnetenhauses kann nur einer Fraktion angehören. Wollen Mitglieder des Abgeordnetenhauses nach dessen Konstituierung eine neue Fraktion bilden, so bedarf dies der Zustimmung des Abgeordnetenhauses.
(3) Ein Mitglied des Abgeordnetenhauses kann sich abweichend von Absatz 1 einer Fraktion mit deren Zustimmung als Gast (Hospitant oder Hospitantin) anschließen. Bei der Berechnung der Stärkeverhältnisse der Fraktionen und ihrer davon abhängigen Rechte sind Gäste mitzuzählen.
(4) Die Mindeststärke einer Fraktion beträgt fünf vom Hundert der gesetzlichen Mindeststärke des Abgeordnetenhauses von Berlin.
§ 2 Aufgaben und Rechtsstellung
(1) Die Fraktionen sind als ständige Gliederungen des Abgeordnetenhauses notwendige Einrichtungen des Verfassungslebens. Sie sind selbständige und unabhängige Gliederungen des Abgeordnetenhauses und mit eigenen Rechten und Pflichten ausgestattet.
(2) Die Fraktionen nehmen als maßgebliche Faktoren der politischen Willensbildung unmittelbar Verfassungsaufgaben wahr. Sie koordinieren, steuern und erleichtern die politisch-parlamentarische Arbeit ihrer Mitglieder nach innen und außen und sichern damit die Arbeit des Abgeordnetenhauses selbst. Ihnen obliegt die Mitwirkung an der Gesetzgebungs- und der Kontrollfunktion des Abgeordnetenhauses; ihre Chancengleichheit mit der vollziehenden Gewalt ist so weit wie möglich zu gewährleisten. Sie haben teil an der Wahl- und Öffentlichkeitsfunktion des Abgeordnetenhauses.
(3) Die Fraktionen dienen der parlamentarischen Willensbildung im Abgeordnetenhaus insbesondere dadurch, daß sie
1.
gemeinsame politische Ziele formulieren und durchsetzen,
2.
unterschiedliche politische Auffassungen im Meinungsaustausch mit der Öffentlichkeit, mit Organisationen und Vereinigungen bündeln,
3.
handlungs- und verständigungsfähige Meinungen schaffen und parlamentarische Mehrheiten herbeiführen,
4.
arbeitsteiliges Vorgehen ihrer Mitglieder unterstützen und gewährleisten,
5.
ihre Mitglieder bei der Informationsbeschaffung, -aufbereitung und -vermittlung unterstützen,
6.
technische und organisatorische Arbeitshilfen und Dienstleistungen für ihre Mitglieder bereitstellen,
7.
während der Dauer der gesamten Wahlperiode in eigener redaktioneller Verantwortung und unter inhaltlichem Bezug zu ihrer Arbeit und Aufgabenstellung die Öffentlichkeit unterrichten,
8.
mit anderen Fraktionen auf regionaler und überregionaler Ebene zusammenarbeiten.
(4) Die Fraktionen sind, soweit sie am allgemeinen Rechtsverkehr teilnehmen, juristische Personen des Parlamentsrechts mit originärem Rechtscharakter, die unter ihrem Namen klagen und verklagt werden können. Sie sind kein Teil der Verwaltung und üben keine öffentliche Gewalt aus. Ihre verfassungsrechtliche Stellung und ihre parlamentarischen Rechte und Pflichten sowie die verfassungsrechtliche Stellung ihrer Mitglieder nach Artikel 38 Abs. 4, Artikel 39 Abs. 1 und Artikel 51 der Verfassung von Berlin werden hierdurch nicht berührt.
(5) Die hauptberuflichen Fraktionsgeschäftsführer und Fraktionsgeschäftsführerinnen, die Fraktionsmitarbeiter und Fraktionsmitarbeiterinnen sind während und nach Beendigung ihres Beschäftigungsverhältnisses verpflichtet, über die ihnen bei ihrer Tätigkeit bekannt gewordenen Angelegenheiten Verschwiegenheit zu bewahren. Dies gilt nicht für Tatsachen, die offenkundig sind oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen.
(6) Die hauptberuflichen Fraktionsgeschäftsführer und Fraktionsgeschäftsführerinnen, die Fraktionsmitarbeiter und Fraktionsmitarbeiterinnen dürfen während und nach Beendigung ihres Beschäftigungsverhältnisses ohne Genehmigung über Angelegenheiten im Sinne des Absatzes 5 weder vor Gericht noch außergerichtlich aussagen oder Erklärungen abgeben. Die Genehmigung erteilen die jeweiligen Fraktionsvorsitzenden.
(7) Das Nähere über die Bildung einer Fraktion sowie über ihre parlamentarischen Befugnisse bestimmt die Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses unter Beachtung der Rechte der Abgeordneten.
§ 3 Organe
Organe der Fraktionen sind
1.
die Fraktionsversammlung,
2.
der Fraktionsvorstand und nach Maßgabe der Fraktionssatzung der Geschäftsführende Fraktionsvorstand,
3.
der oder die Fraktionsvorsitzende.
§ 4 Fraktionsversammlung
(1) Die Fraktionsversammlung besteht aus den Personen gemäß § 1 Abs. 1 und 3.
(2) Nach Maßgabe der Fraktionssatzung ist die Fraktionsversammlung das Beschlußorgan der Fraktion.
(3) Die Fraktionsversammlung wählt nach Maßgabe der Fraktionssatzung den Fraktionsvorstand, den Geschäftsführenden Fraktionsvorstand und den Fraktionsvorsitzenden oder die Fraktionsvorsitzende. Sie beschließt die Fraktionssatzung.
§ 5 Fraktionsvorstand und Fraktionsvorsitzender oder Fraktionsvorsitzende
(1) Der Fraktionsvorstand und ein gegebenenfalls berufener Geschäftsführender Fraktionsvorstand sind nach Maßgabe der Fraktionssatzung die Leitungs- und Führungsgremien der Fraktion. Sie bereiten die Fraktionsversammlungen vor.
(2) Der oder die Fraktionsvorsitzende vertritt die Fraktion gerichtlich und außergerichtlich, soweit die Fraktionssatzung nichts anderes bestimmt.
§ 6 Fraktionssatzung
(1) Jede Fraktion gibt sich eine schriftliche Satzung.
(2) Die Satzung muß Bestimmungen enthalten über
1.
die Bezeichnung der Fraktion und deren gewählte Abkürzung, ihren Sitz und die Zugehörigkeit zum Abgeordnetenhaus von Berlin,
2.
den Beitritt, Austritt oder Ausschluß von Abgeordneten,
3.
die Bildung des Fraktionsvorstandes, eines gegebenfalls zu berufenden Geschäftsführenden Fraktionsvorstandes und die Wahl des oder der Fraktionsvorsitzenden,
4.
die für fraktionsinterne Wahlen und Abstimmungen geltenden Vorschriften,
5.
die Aufstellung des Haushaltsplans, die Aufstellung und Prüfung der Jahresrechnung sowie die Entlastung des Fraktionsvorstandes,
6.
die Auflösung der Fraktion und die Verwendung des bei der Auflösung verbleibenden Vermögens.
(3) Die Satzung kann Bestimmungen enthalten über
1.
die fraktionsinterne Beteiligung der Mitglieder an der Arbeit und an der Willensbildung in den Untergliederungen der Fraktion,
2.
die Mitwirkung der Fraktion an der politischen Willensbildung im vor- und außerparlamentarischen Raum,
3.
die Errichtung einer Fraktionsgeschäftsstelle,
4.
eine Mitarbeitervertretung.
§ 7 Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten
(1) Dem Präsidenten oder der Präsidentin des Abgeordnetenhauses sind jeweils unverzüglich schriftlich oder elektronisch mitzuteilen
1.
die Bildung der Fraktion, ihre Bezeichnung und ihre Anschrift,
2.
der Name des oder der Fraktionsvorsitzenden,
3.
die Namen der Mitglieder des gegebenenfalls berufenen Geschäftsführenden Fraktionsvorstandes,
4.
die Namen der Mitglieder des Fraktionsvorstandes,
5.
die Namen der Fraktionsmitglieder und der Gäste,
6.
die Namen des hauptberuflichen Fraktionsgeschäftsführers oder der hauptberuflichen Fraktionsgeschäftsführerin sowie der Parlamentarischen Fraktionsgeschäftsführer oder Parlamentarischen Fraktionsgeschäftsführerinnen,
7.
alle auf die Nummern 1 bis 6 bezogenen Veränderungen während der laufenden Wahlperiode.
(2) Im Falle der Auflösung einer Fraktion sind die Auflösung sowie die Namen der Liquidatoren dem Präsidenten oder der Präsidentin des Abgeordnetenhauses unverzüglich schriftlich mitzuteilen.
(3) Die Satzung und ihre Änderungen sind dem Präsidenten oder der Präsidentin des Abgeordnetenhauses schriftlich oder elektronisch mitzuteilen und von ihm oder ihr ebenso wie die Angaben nach Absatz 1 im Amtsblatt für Berlin zu veröffentlichen.
(4) Soweit dies zur Erfüllung der Aufgaben nach den Absätzen 1 bis 3 erforderlich ist, dürfen personenbezogene Daten verarbeitet werden.
Abschnitt II Leistungen an die Fraktionen
§ 8 Geld- und Sachleistungen
(1) Zur Wahrnehmung ihrer in § 2 vorgesehenen Aufgaben hat jede Fraktion einen Anspruch auf finanzielle Mittel aus dem Landeshaushalt. Dieser Anspruch setzt sich aus einem die allgemeine Arbeit der Fraktionsgeschäftsstellen sichernden gleich hohen Grundbetrag sowie einem nach der Mitgliederzahl jeder Fraktion gestaffelten Zuschlag zusammen. Fraktionen, deren Parteien nicht an der Regierung beteiligt sind (Oppositionsfraktionen), haben Anspruch auf einen zusätzlichen nach ihrer Mitgliederzahl oder pauschal berechneten Betrag (Oppositionszuschlag).
*
(2) Vorbehaltlich der Anpassungen nach Absatz 3 betragen - jährlich - der Grundbetrag 590.844 €, der Oppositionszuschlag 279.972 € und der Zuschlag je Mitglied einer Fraktion 49.716,18 €.
(3) Die Beträge nach Absatz 2 werden jeweils zum 1. Januar eines jeden Jahres der Wahlperiode an die relevanten Kostenentwicklungen angepasst. Dazu wird anhand der Verwendungsnachweise nach Absatz 11 der durchschnittliche Anteil der Sach- und Personalkosten an den Fraktionsausgaben ermittelt. Bei der Anpassung wird hinsichtlich der Sachkosten die vom Amt für Statistik Berlin-Brandenburg mitgeteilte Entwicklung des Verbraucherpreisindexes für Berlin und hinsichtlich der Personalkosten die tarifliche Einkommensentwicklung im öffentlichen Dienst des Landes Berlin herangezogen. Der Präsident des Abgeordnetenhauses erstattet nach Anhörung der Fraktionen über die Angemessenheit und Anpassung der Beträge im Benehmen mit dem Ältestenrat Bericht. Er veröffentlicht den Bericht als Drucksache und die neuen Beträge im Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin. Das Abgeordnetenhaus beschließt innerhalb der ersten sechs Monate nach der konstituierenden Sitzung über das Verfahren zur Anpassung der Geldleistungen nach Absatz 2. Der Präsident leitet den Fraktionen einen entsprechenden Gesetzesvorschlag zu.
(4) Mittel nach Absatz 1 dürfen von den Fraktionen nur zur Wahrnehmung ihrer parlamentarischen Aufgaben eingesetzt werden. Dazu gehören auch
1.
die Unterhaltung der Fraktionsgeschäftsstelle,
2.
die Zahlung von Aufwandsentschädigungen oder Entgelten für die bei ihnen tätigen Personen, auch soweit sie jeweils Mitglieder der Fraktion sind,
3.
die im Rahmen privatrechtlicher Arbeitsverhältnisse üblichen freiwilligen sozialen Aufwendungen für die in Nummer 2 genannten Personen.
Verträge der Fraktionen mit ihren Mitarbeitern sind privatrechtlicher Natur; unberührt davon bleibt die Vereinbarung der Fraktionen mit dem Präsidenten oder der Präsidentin des Abgeordnetenhauses über die soziale Sicherheit der Fraktionsangestellten. Die Verträge unterliegen nicht dem öffentlichen Dienstrecht; § 10 Abs. 2 und § 21 des Landesabgeordnetengesetzes vom 21. Juli 1978 (GVBl. S. 1497), zuletzt geändert durch Gesetz vom 8. Dezember 1993 (GVBl. S. 591), finden keine Anwendung. Aus Mitteln nach Absatz 1 angeschaffte Gegenstände werden Eigentum der Fraktionen und sind als solches zu kennzeichnen; Satz 1 gilt entsprechend. Übersteigt ihr Wert den Betrag der Wertgrenze für geringwertige Wirtschaftsgüter entsprechend den steuerrechtlichen Vorschriften, so sind sie von den Fraktionen in ein besonderes Inventarverzeichnis aufzunehmen.
(5) Die Fraktionen erhalten nach Maßgabe des Haushaltsplans (Anlage zum Haushaltsgesetz) zur Durchführung ihrer Aufgaben Sachleistungen für die Ausstattung und den Betrieb ihrer Geschäftsstellen. Zu den Sachleistungen gehört auch die Aufnahme der hauptberuflichen Fraktionsgeschäftsführer oder Fraktionsgeschäftsführerinnen in den nach § 19a des Landesabgeordnetengesetzes abzuschließenden Versicherungsvertrag, sofern diese nicht als Abgeordnete versichert sind, sowie die Übernahme der Kosten von Reisen nach § 9 des Landesabgeordnetengesetzes für die hauptberuflichen Fraktionsgeschäftsführer oder Fraktionsgeschäftsführerinnen, auch soweit diese nicht Abgeordnete sind. Absatz 4 Satz 1 und 2 findet entsprechende Anwendung.
(6) Im Falle der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses nach Artikel 48 der Verfassung von Berlin, einer Enquete-Kommission nach Artikel 44 Abs. 3 der Verfassung von Berlin oder eines sonstigen vom Abgeordnetenhaus eingesetzten besonderen Gremiums haben die Fraktionen Anspruch auf zusätzliche finanzielle Mittel für Fraktionsmitarbeiter und Fraktionsmitarbeiterinnen nach Maßgabe des Haushaltsplans und des Einsetzungsbeschlusses des Abgeordnetenhauses. Die Höhe des Anspruchs ist auf die Summe der Mittel für eine Vollzeitstelle je Fraktion und Haushaltsjahr begrenzt. Während der Tätigkeit eines nach Satz 1 eingesetzten Gremiums nicht zweckentsprechend in Anspruch genommene Mittel sind spätestens drei Monate nach Beendigung der Tätigkeit an das Land Berlin zurückzuzahlen.
(7) Nach Maßgabe des Haushaltsplans (Anlage zum Haushaltsgesetz) wird beim Präsidenten oder bei der Präsidentin des Abgeordnetenhauses ein wissenschaftlicher Beratungsdienst für die Fraktionen eingerichtet, der ihnen als Teil der Sachleistungen zur Verfügung gestellt wird.
(8) Den Gesamtwert von 500 Euro in einem Kalenderjahr übersteigende, nicht zu den Leistungen nach Absatz 1 oder 5 gehörende finanzielle oder sächliche Zuwendungen einer natürlichen oder juristischen Person an eine Fraktion sind von dieser in einer Anlage zum Verwendungsnachweis nach Absatz 10 unter Angabe des Namens und der Anschrift der zuwendenden Person sowie der Gesamthöhe der Zuwendung zu verzeichnen; die Anlage ist zusammen mit dem Verwendungsnachweis gemäß Absatz 11 Satz 1 zu veröffentlichen. Unberührt davon bleiben Zuwendungen der Fraktionsmitglieder.
(9) Vorbehaltlich des § 9 Abs. 2 Satz 1 finden die Vorschriften über das öffentliche Haushalts-, Rechnungs- und Kassenwesen auf die Fraktionen des Abgeordnetenhauses keine Anwendung.
(10) Die Fraktionen sind berechtigt, in einem Haushaltsjahr nicht ausgegebene Mittel nach den Absätzen 1 und 6 in folgende Jahre zu übertragen, bei der Übertragung der Mittel nach Absatz 6 ist die spezielle Zweckbindung zu beachten. Über das Ende einer Wahlperiode hinaus dürfen Rücklagen bis zur Höhe von 50 vom Hundert der im abgelaufenen Rechnungsjahr nach Absatz 1 gezahlten Mittel gebildet werden, sofern die Rechtsnachfolge nach § 13 eintritt. Bei einer Dauer der Wahlperiode von weniger als vier Jahren vermindert sich der Vomhundertsatz nach Satz 2 auf 40 vom Hundert, bei einer Dauer von weniger als zwei Jahren auf 30 vom Hundert; Rücklagen für die Finanzierung eines Sozialplans bleiben davon unberührt. Nach Verrechnung mit gebildeten Rücklagen verbleibende Verbindlichkeiten dürfen in das nächste Jahr vorgetragen werden, wenn sie die Höhe von 3 vom Hundert der Mittel nicht übersteigen, die der Fraktion im abgelaufenen Rechnungsjahr gemäß Absatz 1 gewährt wurden, wenn sie mit Rücklagen der Folgejahre verrechnet werden und die Vorschrift des § 13 beachtet wird.
(11) Die Fraktionen erbringen über die Verwendung der Mittel aus dem Landeshaushalt bis zum 31. Juli jeden Folgejahres einen Nachweis durch einen Prüfbericht eines vereidigten Buchprüfers oder Wirtschaftsprüfers sowie durch die Bestätigung mindestens zweier fraktionsinterner Revisoren und des Fraktionsvorsitzenden oder der Fraktionsvorsitzenden über die ordnungsgemäße Verwendung der Mittel für die in § 2 vorgesehenen Aufgaben der Fraktion. Der Verwendungsnachweis ist wie folgt nach Einnahmen und Ausgaben zu gliedern:
1.
Einnahmen:
a)
Mittel nach den Absätzen 1 und 6,
b)
sonstige Einnahmen;
2.
Ausgaben:
a)
Personalausgaben für Fraktionsmitarbeiter und Fraktionsmitarbeiterinnen und deren Anzahl,
b)
Entgelte und Aufwandsentschädigungen für Fraktionsmitglieder mit besonderen Funktionen,
c)
Ausgaben für Dienstleistungen Dritter,
d)
Ausgaben für den laufenden Geschäftsbetrieb,
e)
Ausgaben für Öffentlichkeitsarbeit,
f)
Ausgaben für Veranstaltungen, Tagungen und Repräsentation in Berlin,
g)
Ausgaben für die Zusammenarbeit mit Fraktionen anderer Parlamente und Dienstreisen,
h)
sonstige Ausgaben.
(12) Der Präsident oder die Präsidentin des Abgeordnetenhauses veröffentlicht jährlich die nach Absatz 11 geprüften Verwendungsnachweise der Fraktionen als Drucksache. Dabei wird auch angegeben, welche Leistungen nach den Absätzen 5 und 7 (Personal-, Sach- und Investitionsmittel), die für die Arbeit der Fraktionen im Haushaltsplan des Abgeordnetenhauses gesondert ausgewiesen sind, in Anspruch genommen wurden. Solange eine Fraktion einen dem Absatz 11 entsprechenden Verwendungsnachweis nicht erbracht hat, werden die finanziellen Mittel nach Absatz 1 zurückbehalten; wird der Nachweis nicht rechtzeitig vor dem Ende des Haushaltsjahres eingereicht, verfällt der Anspruch auf die einbehaltenen Beträge mit dem Ablauf des Haushaltsjahres.
(13) Für die Verwendung der Geld- und Sachleistungen im Sinne der Absätze 1, 5 und 6 trifft der Präsident oder die Präsidentin des Abgeordnetenhauses zu Beginn jeder Wahlperiode die hierzu erforderlichen Regelungen im Einvernehmen mit dem Ältestenrat. Bis zu diesem Zeitpunkt gelten die Regelungen der vorherigen Wahlperiode fort.
Fußnoten
*)
[Red. Anm.: Entsprechend der Bekanntmachung über die Anpassung von Leistungen an Fraktionen nach dem Fraktionsgesetz vom 15. Dezember 2022 (GVBl. S. 731) gilt: „Gemäß § 8 Absatz 3 Satz 5 des Gesetzes über die Rechtsstellung der Fraktionen des Abgeordnetenhauses von Berlin (Fraktionsgesetz - FraktG) vom 8. Dezember 1993 (GVBl. S. 591), das zuletzt durch Gesetz vom 2. November 2022 (GVBl. S. 586) geändert worden ist, wird Folgendes bekannt gegeben: - Ab dem 1. Januar 2023 beträgt der Grundbetrag nach § 8 Absatz 1 FraktG monatlich 57.809 Euro. - Ab dem 1. Januar 2023 beträgt der Pro-Kopf-Betrag nach § 8 Absatz 1 FraktG monatlich 4.869 Euro. - Ab dem 1. Januar 2023 beträgt der Oppositionszuschlag nach § 8 Absatz 1 FraktG monatlich 27.396 Euro.“]
§ 9 Prüfung durch den Rechnungshof
(1) Der Rechnungshof des Landes Berlin ist berechtigt, die Rechnungen und die Verwendung der den Fraktionen nach § 8 Abs. 1 und 6 zur Verfügung gestellten Mittel auf der Grundlage der bei dem Präsidenten oder der Präsidentin des Abgeordnetenhauses eingereichten jährlichen Verwendungsnachweise zu prüfen. Eine Staatsaufsicht findet nicht statt.
(2) Auf die Prüfung durch den Rechnungshof finden die Vorschriften der §§ 89, 94 Abs. 1 und 2 sowie § 95 der Landeshaushaltsordnung mit der Maßgabe Anwendung, daß der Rechtsstellung und den Aufgaben der Fraktionen im Sinne des § 2 Rechnung zu tragen ist. Die Prüfung erstreckt sich auf die bestimmungsgemäße und wirtschaftliche Verwendung und Verwaltung der Mittel, auf die Begründung und Belegung der Einnahmen und Ausgaben sowie auf die ordnungsgemäße Aufstellung des Verwendungsnachweises im Sinne des § 8 Abs. 11. Die politische Erforderlichkeit ist nicht Gegenstand der Prüfung.
(3) Das Prüfungsergebnis des Rechnungshofes wird für jede Fraktion einzeln mit deren Vorsitzenden erörtert. Ihnen kann vorab das Prüfungsergebnis zur schriftlichen Stellungnahme zugeleitet werden.
(4) Der Rechnungshof faßt das abschließende Ergebnis seiner Prüfungen, soweit es von genereller und grundsätzlicher Bedeutung für die Haushalts- und Wirtschaftsführung der Fraktionen ist, in einem Prüfungsbericht zusammen, den er dem Präsidenten oder der Präsidentin des Abgeordnetenhauses zur Wahrnehmung der ihm oder ihr nach § 8 Abs. 13 zugewiesenen Regelungsbefugnis und den betroffenen Fraktionen zuleitet. Diese können innerhalb einer Frist von zwei Monaten eine Stellungnahme gegenüber dem Präsidenten oder der Präsidentin des Abgeordnetenhauses abgeben. Der Prüfungsbericht ist zusammen mit dieser Stellungnahme von dem Präsidenten oder der Präsidentin des Abgeordnetenhauses als Drucksache zu veröffentlichen.
(5) Soweit die Verwendung von Mitteln nach "§ 8 Abs. 1 und 6 durch den Rechnungshof beanstandet wurde (Absatz 4), trifft der Präsident oder die Präsidentin des Abgeordnetenhauses die abschließende Entscheidung über die Rechtswidrigkeit und Rückforderung; eine Verrechnung mit den laufend gewährten Leistungen ist zulässig. Die Entscheidung des Präsidenten oder der Präsidentin des Abgeordnetenhauses ist in die Drucksache nach Absatz 4 Satz 3 aufzunehmen.
§ 10 Sonstige Bestimmungen über Leistungen an die Fraktionen
(1) Die Mittel nach § 8 Abs. 1 werden monatlich im voraus gezahlt. Entsteht ein Anspruch auf die Mittel nach dem Ersten eines Monats, so wird für jeden Kalendertag ein Dreißigstel gezahlt; der Betrag wird auf volle Euro aufgerundet. Ändern sich die für die Höhe der Leistung maßgeblichen Umstände, so werden die Mittel in der bisherigen Höhe bis zum Ende des Monats weitergezahlt, in dem die Änderung eintritt. Entsprechendes gilt, wenn eine Fraktion wegfällt. Der Anspruch der neuen Fraktion entsteht frühestens mit dem Beginn des folgenden Monats.
(2) Fällt eine Fraktion ersatzlos weg, so kann der Präsident oder die Präsidentin des Abgeordnetenhauses die bisher geleisteten Mittel teilweise oder in vollem Umfang für längstens drei Monate weitergewähren. Der Präsident oder die Präsidentin des Abgeordnetenhauses trifft die Entscheidung im Einvernehmen mit dem Präsidium.
Abschnitt III Beendigung der Rechtsstellung, Liquidation einer Fraktion
§ 11 Beendigung der Rechtsstellung
Die Rechtsstellung nach § 1 entfällt
1.
bei Erlöschen des Fraktionsstatus,
2.
bei Auflösung der Fraktion,
3.
mit dem Ende der Wahlperiode.
§ 12 Liquidation
(1) In den Fällen des § 11 findet vorbehaltlich der Regelungen des § 13 eine Liquidation statt. Die Fraktion gilt bis zur Beendigung der Liquidation als fortbestehend, soweit der Zweck der Liquidation dies erfordert.
(2) Die Liquidation erfolgt durch den Fraktionsvorstand, soweit die Satzung nichts anderes bestimmt. Soweit die erforderlichen Liquidatoren fehlen, werden sie vom Präsidenten oder der Präsidentin des Abgeordnetenhauses bestellt.
§ 13 Rechtsfolgen der Neukonstituierung einer Fraktion
In dem Fall des § 11 Nr. 3 findet eine Liquidation nicht statt, wenn sich innerhalb von dreißig Tagen nach Beginn der neuen Wahlperiode eine Fraktion konstituiert, deren Mitglieder sich gleichzeitig zur Nachfolgefraktion erklären. In diesem Fall ist die neu konstituierte Fraktion die Rechtsnachfolgerin der bisherigen Fraktion.
§ 14 Aufgaben der Liquidatoren und Haftung
(1) Die Liquidatoren haben die laufenden Geschäfte zu beenden. Sie können zu diesem Zweck neue Geschäfte eingehen. Den Liquidatoren obliegt es auch, den Verwendungsnachweis nach § 8 Abs. 11 mit Beendigung ihrer Tätigkeit einzureichen.
(2) Fällt den Liquidatoren bei der Durchführung der Liquidation ein Verschulden zur Last, so haften sie für den daraus entstehenden Schaden gegenüber den Gläubigern und dem Land Berlin als Gesamtschuldner.
§ 15 Befriedigung der Gläubiger
Die Befriedigung der Gläubiger ist zunächst aus dem allgemeinen Fraktionsvermögen vorzunehmen. Reicht dieses nicht aus, kann im Rahmen der Zweckbindung gemäß § 8 Abs. 4 auf die vorhandenen öffentlichen Mittel oder die nach § 10 Abs. 2 zu erbringenden Leistungen zurückgegriffen werden.
§ 16 Rückführung öffentlicher Mittel
Soweit nach Befriedigung der Gläubiger Mittel nach § 8 oder § 10 verbleiben, sind diese an das Land Berlin zurückzuführen. Das gleiche gilt für Vermögenswerte, die mit diesen Geldern angeschafft wurden, sowie für die nach § 8 Abs. 5 erbrachten Sachleistungen.
§ 17 Verwendung des Fraktionsvermögens
(1) Das verbleibende Vermögen der Fraktion, soweit es nicht aus öffentlichen Mitteln stammt, ist dem Anfallberechtigten zu überlassen.
(2) Anfallberechtigt sind die in der Satzung bestimmten Personen oder Stellen. Enthält die Satzung hierüber keine Bestimmung, so fällt das Vermögen an die Partei, aus der die Fraktion hervorgegangen ist.
(3) Über das Aktenmaterial und das Schriftgut der Fraktion wird durch Beschluß der Fraktionsversammlung verfügt, sofern die Satzung keine Bestimmung enthält.
§ 18 Wartefrist
Maßnahmen nach §§ 16 und 17 Abs. 1 dürfen erst vorgenommen werden, wenn seit dem Ereignis, das zum Verlust der Rechtsstellung nach § 1 geführt hat, sechs Monate verstrichen sind. Die Sicherung der Gläubiger hat nach § 52 des Bürgerlichen Gesetzbuches zu erfolgen.
Abschnitt IV Leistungen an Parlamentarische Gruppen
§ 19 Leistungen an Parlamentarische Gruppen
Vereinigungen von Mitgliedern des Abgeordnetenhauses, die nicht die Fraktionsmindeststärke erreichen, aber im Übrigen die Fraktionsmerkmale erfüllen (Parlamentarische Gruppen), erhalten Leistungen in entsprechender Anwendung des § 8 Absatz 1 Satz 1, Satz 2 Halbsatz 2, Satz 3 mit der Maßgabe, dass die Hälfte des Betrages gewährt wird, Absatz 5 Satz 1 und 3 sowie Absatz 8 bis 13. Die §§ 9 und 10 finden entsprechende Anwendung.
Abschnitt V Änderung des Landesabgeordnetengesetzes
§ 20 Änderung des Landesabgeordnetengesetzes
[Änderungsanweisungen]
Abschnitt VI Übergangsvorschriften und Inkrafttreten
§ 21 - aufgehoben -
§ 22 Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 1994 in Kraft.
Das vorstehende Gesetz wird hiermit verkündet.
Der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen
Feedback