LEP HR
DE - Landesrecht Berlin

Verordnung über den Landesentwicklungsplan Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg (LEP HR)

Verordnung über den Landesentwicklungsplan Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg
(LEP HR)
*)
Vom 29. April 2019
Zum 06.06.2023 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe
Fußnoten
*)
Hinweis nach § 11 Absatz 5 Satz 2 des Raumordnungsgesetzes
:Folgende Mängel werden unbeachtlich, wenn sie nicht innerhalb eines Jahres seit Bekanntmachung der Verordnung über den Landesentwicklungsplan Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg (LEP HR) gegenüber der Gemeinsamen Landesplanungsabteilung unter Darlegung des die Verletzung begründenden Sachverhalts geltend gemacht worden sind:
1. eine nach § 11 Absatz 1 Nummer 1 und 2 des Raumordnungsgesetzes beachtliche Verletzung der dort bezeichneten Verfahrens- und Formvorschriften,
2. nach § 11 Absatz 3 des Raumordnungsgesetzes beachtliche Mängel des Abwägungsvorgangs,
3. eine nach § 11 Absatz 4 des Raumordnungsgesetzes beachtliche Verletzung der Vorschriften über die Umweltprüfung.

Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis

TitelGültig ab
Verordnung über den Landesentwicklungsplan Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg (LEP HR) vom 29. April 201901.07.2019
Eingangsformel01.07.2019
§ 1 - Landesentwicklungsplan Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg (LEP HR)01.07.2019
§ 2 - Niederlegung01.07.2019
§ 3 - Inkrafttreten01.07.2019
Anlage - Anlage zur Verordnung über den Landesentwicklungsplan Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg (LEP HR)01.07.2019
I - Rechtsgrundlagen und Verhältnis des LEP HR zu anderen Programmen und Plänen der Raumordnung01.07.2019
II - Rahmenbedingungen01.07.2019
III - Textliche Festlegungen01.07.2019
1 - Hauptstadtregion01.07.2019
2 - Wirtschaftliche Entwicklung, Gewerbe und großflächiger Einzelhandel01.07.2019
3 - Zentrale Orte, Grundversorgung und Grundfunktionale Schwerpunkte01.07.2019
4 - Kulturlandschaften und ländliche Räume01.07.2019
5 - Siedlungsentwicklung01.07.2019
6 - Freiraumentwicklung01.07.2019
7 - Verkehrs- und Infrastrukturentwicklung01.07.2019
8 - Klima, Hochwasser und Energie01.07.2019
9 - Interkommunale und regionale Kooperation01.07.2019
IV - Begründungen01.07.2019
1 - Hauptstadtregion01.07.2019
2 - Wirtschaftliche Entwicklung, Gewerbe und großflächiger Einzelhandel01.07.2019
3 - Zentrale Orte, Grundversorgung und Grundfunktionale Schwerpunkte01.07.2019
4 - Kulturlandschaften und ländliche Räume01.07.2019
5 - Siedlungsentwicklung01.07.2019
6 - Freiraumentwicklung01.07.2019
7 - Verkehrs- und Infrastrukturentwicklung01.07.2019
8 - Klima, Hochwasser und Energie01.07.2019
9 - Interkommunale und regionale Kooperation01.07.2019
V - Zusammenfassende Erklärung zur Strategischen Umweltprüfung01.07.2019
1 - Anlass und rechtliche Grundlagen01.07.2019
2 - Durchführung der Umweltprüfung01.07.2019
3 - Methodik der Umweltprüfung01.07.2019
4 - Berücksichtigung der Umweltbelange im Landesentwicklungsplan Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg in Folge der Ergebnisse der Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung01.07.2019
5 - Einschätzung der Verträglichkeit mit Erhaltungszielen von NATURA 2000-Gebieten01.07.2019
6 - Begründung für die Annahme des Planes nach Abwägung mit den geprüften Alternativen01.07.2019
7 - Maßnahmen zur Überwachung der Umweltauswirkungen01.07.2019
VI - Festlegungskarte01.07.2019
Auf Grund des Artikels 8 Absatz 4 in Verbindung mit Absatz 3 des Landesplanungsvertrages
in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. Dezember 2011 (GVBl. 2012 S. 2) verordnet der Senat:

§ 1 Landesentwicklungsplan Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg (LEP HR)

Der Landesentwicklungsplan Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg (LEP HR), der als
Anlage zu dieser Verordnung veröffentlicht wird, ist Bestandteil dieser Verordnung. Er besteht aus textlichen und zeichnerischen Festlegungen (Landesentwicklungsplan Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg (LEP HR) einschließlich Festlegungskarte im Maßstab 1 : 300 000).

§ 2 Niederlegung

Der Landesentwicklungsplan Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg (LEP HR) wird mit der Begründung, der zusammenfassenden Erklärung nach
§ 10 Absatz 3 des Raumordnungsgesetzes und einer Rechtsbehelfsbelehrung beim Landesarchiv zur kostenfreien Einsicht für jedermann niedergelegt. Darüber hinaus sind diese Dokumente auf der Internetseite der Gemeinsamen Landesplanungsabteilung unter der Adresse
https://gl.berlin-brandenburg.de
abrufbar.

§ 3 Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am 1. Juli 2019 in Kraft.
Berlin, den 29. April 2019
Der Senat von Berlin
Michael Müller Regierender Bürgermeister Katrin Lompscher Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen

Anlage

Anlage zur Verordnung über den
Landesentwicklungsplan
Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg
(LEP HR)
Inhaltsverzeichnis
I Rechtsgrundlagen und Verhältnis des LEP HR zu anderen Programmen und Plänen der Raumordnung
II Rahmenbedingungen
III Textliche Festlegungen
1 Hauptstadtregion
2 Wirtschaftliche Entwicklung, Gewerbe und großflächiger Einzelhandel
3 Zentrale Orte, Grundversorgung und Grundfunktionale Schwerpunkte
4 Kulturlandschaften und ländliche Räume
5 Siedlungsentwicklung
6 Freiraumentwicklung
7 Verkehrs- und Infrastrukturentwicklung
8 Klima, Hochwasser und Energie
9 Interkommunale und regionale Kooperation
IV Begründungen
V Zusammenfassende Erklärung zur Strategischen Umweltprüfung
VI Festlegungskarte
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
I Rechtsgrundlagen und Verhältnis des LEP HR zu anderen Programmen und Plänen der Raumordnung
Mit dem Landesentwicklungsplan Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg (LEP HR) erfüllt die gemeinsame Landesplanung der Länder Berlin und Brandenburg den Planungs- und Koordinierungsauftrag des Bundes- und des Landesrechts. Das
Raumordnungsgesetz des Bundes (ROG 2009)
1
und der Landesplanungsvertrag
enthalten die Rechtsgrundlagen für die Aufstellung der gemeinsamen Landesentwicklungspläne.
Für die aus den Ländern Berlin und Brandenburg gebildete Hauptstadtregion wird die gemeinsame Landesplanung durch die Gesamtheit der hochstufigen Programme und Pläne vollzogen. Neben dem LEP HR haben folgende Planungsdokumente Gültigkeit:
-
das Landesentwicklungsprogramm 2007 (LEPro 2007)
,
-
der § 19 Absatz 11 des Landesentwicklungsprogrammes von 2003 (LEPro 2003)
sowie
-
der Landesentwicklungsplan Flughafenstandortentwicklung (LEP FS)
von 2006.
Der LEP FS überlagert als sachlicher und räumlicher Teilplan die Festlegungen des LEP HR.
Mit dem LEP HR wird der Landesentwicklungsplan Berlin-Brandenburg (LEP B-B)
abgelöst.
Der LEP HR trifft Festlegungen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung der Hauptstadtregion, insbesondere zu den Raumnutzungen und -funktionen und wird als Rechtsverordnung der Landesregierungen mit Wirkung für das jeweilige Landesgebiet erlassen.
Die Adressaten des von allen Ressorts der Landesregierungen getragenen Landesentwicklungsplanes sind
-
die kommunalen Gebietskörperschaften,
-
die Regionalplanung, die Braunkohlenplanung und die Sanierungsplanung,
-
die Fachplanungen,
-
die sonstigen öffentlichen Stellen und
-
die Personen des Privatrechts gemäß
§ 4 Absatz 1 des ROG 2009 .
Aufgrund des hierarchischen Verhältnisses zwischen den hochstufigen Raumordnungsplänen und den Regionalplänen verdrängen Ziele und Grundsätze des höherrangigen Planes entgegenstehende Ziele und Grundsätze in Regionalplänen, soweit diese noch nicht an einen inzwischen geänderten oder später erlassenen landesweiten Raumordnungsplan angepasst sind.
Die Regelungen des Planes sind dahingehend differenziert, dass sie
-
als beachtenspflichtige Ziele der Raumordnung verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Raumordnung abschließend abgewogenen Festlegungen, die einer Überwindung im Rahmen der Abwägung nicht mehr zugänglich sind, oder
-
als berücksichtigungspflichtige Grundsätze der Raumordnung Aussagen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raumes als Vorgaben für nachfolgende Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen zum Gegenstand haben.
Diese landesplanerischen Festlegungen werden mit „Z“ für Ziel der Raumordnung und mit „G“ für Grundsatz der Raumordnung bezeichnet.
Fußnoten
1)
Raumordnungsgesetz vom 22. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2986), zuletzt geändert durch Artikel 124 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474), das nach
§ 27 Absatz 1 Satz 1 des Raumordnungsgesetzes
vom 22. Dezember 2008, das zuletzt durch Artikel 2 Absatz 15 des Gesetzes vom 10. Juli 2017 (BGBl. I S. 2808) geändert worden ist, auf das vorliegende Verfahren anwendbar ist
II Rahmenbedingungen
Landesentwicklung und Raumordnungsplanung
Entwicklung wird in einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft durch individuelle Standortentscheidungen von Menschen und Unternehmen, aber auch durch öffentliche Hände geprägt. Diese bringen unterschiedliche Nutzungsansprüche an den Raum mit sich, die oftmals auch in Konkurrenz zueinander stehen.
Einerseits gehört es zu den Kernaufgaben der Raumordnungsplanung, frühzeitig diese unterschiedlichen Raumnutzungsansprüche miteinander abzugleichen und Raumnutzungskonflikte ordnend zu begrenzen. Andererseits ist es gleichermaßen Ziel, aus großräumlich integrierender Sicht Wachstums- und Entwicklungschancen zu identifizieren und deren Umsetzung strategisch vorzubereiten. Maßstab für die Abwägung zwischen diesen beiden Polen ist das Gemeinwohl.
Die in § 1 Absatz 2 ROG 2009
formulierte Leitvorstellung einer nachhaltigen Raumentwicklung, die die sozialen und wirtschaftlichen Ansprüche an den Raum mit seinen ökologischen Funktionen in Einklang bringt und zu einer dauerhaften, großräumig ausgewogenen Ordnung mit gleichwertigen (nicht gleichen) Lebensverhältnissen in den Teilräumen führt, bildet das oberste Handlungsziel der Raumentwicklung in Deutschland. Dieses Handlungsziel sowie die unmittelbar wirkenden Grundsätze des
ROG 2009 bilden gemeinsam wie die Grundsätze des
LEPro 2007 in ihrer Gesamtheit die Leit- und Entwicklungsvorstellungen und die wesentliche Grundlage für den Landesentwicklungsplan.
Die Landesplanung in Berlin-Brandenburg trägt somit dazu bei, dass die sozialen und wirtschaftlichen Anforderungen mit der notwendigen Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen in Übereinstimmung gebracht werden und so eine dauerhaft nachhaltige Entwicklung der Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg gewährleistet wird.
Berlin und Brandenburg werden dabei gemeinsam gedacht und es werden gemeinsame strategische „lange Linien“ verbindlich festgelegt.
Geregelt wird, was im Maßstab 1 : 300 000 geregelt werden kann und muss. Die Landesplanung greift ordnend ein, wenn es das Wohl des Ganzen erfordert, stellt den Rahmen für die Entwicklung bereit und unterstützt die Umsetzung erforderlicher Planungen und Maßnahmen der Fachpolitiken.
Die Hauptstadtregion: Entwicklungsperspektiven für Berlin und alle Teile Brandenburgs
Gemeinsam bilden die Länder Berlin und Brandenburg unter dem Label „Hauptstadtregion“ eine einheitliche Metropolregion. Unter diesem gemeinsamen Dach ergänzen sich die Stärken und Chancen ihrer Teilräume. In diesem Sinne ist es eine wichtige strategische Funktion des LEP HR, die Entwicklungsperspektiven des Gesamtraumes und seiner Teilräume nach innen und außen zu verdeutlichen.
In der Diskussion hat sich hierfür eine Reihe von Ansatzpunkten herauskristallisiert, die einerseits an die spezifischen Chancen der Teilräume anknüpfen, andererseits aber auch synergetisch zusammen wirken. In kurzer bildhafter Form lassen sich diese wie folgt benennen:
Europäische Korridore: Hauptstadtregion in Position bringen und vernetzen
Starke Nachbarn: Verflechtungen über die Außengrenzen hinweg nutzen
Zentrale Orte: Anker für zukunftsfeste Daseinsvorsorge in allen Landesteilen stärken
Wachsende Metropole: Siedlungsstern erhalten und weiterentwickeln
Städte der „2. Reihe“: Metropolenwachstum für die gesamte Hauptstadtregion nutzen
Synergien: Entwicklungsperspektiven im Zusammenhang nutzen
Diese Entwicklungsperspektiven sind die „Grundfolie“, auf die der LEP HR mit seinen konkreten Regelungen Bezug nimmt - unabhängig davon, ob diese ordnend, Handlungsspielräume öffnend oder dezidiert entwicklungsorientiert sind.
Berlin und ganz Brandenburg als Hauptstadtregion in Europa
Die Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg liegt im Zentrum des zusammenwachsenden Europas. Das bedeutet Chance, aber auch Verantwortung im europäischen Maßstab. Sie befindet sich dabei in Konkurrenz zu anderen Europäischen Metropolregionen.
In Berlin kreuzen sich drei Europäische Verkehrskorridore: Der Nordsee-Ostsee Korridor, der Orient-Östliches Mittelmeer Korridor und der Skandinavien-Mittelmeer Korridor. Durch den sich damit ergebenden Knoten werden die europäischen Wirtschaftszentren in Ost-West- und in Nord-Süd-Richtung zwischen Ost- und Westeuropa verknüpft.
Hieraus ergeben sich herausragende Chancen für Berlin und das Berliner Umland als zentraler Knoten und für die Brandenburger Kommunen, die funktional mit diesem Knoten (Urban Node) verbunden sind. Die geostrategische Lagegunst der Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg bietet somit wirtschaftliche Entwicklungspotenziale, die es zu nutzen gilt.
So hat sich die Hauptstadtregion verstärkt zu einer Drehscheibe im europäischen und internationalen Waren- und Personenverkehr entwickelt und sich dabei als Logistikstandort und als Vorreiter für innovative und nachhaltige Verkehrslösungen innerhalb Europas positioniert. Es haben sich neue Wege der regionalen und europäischen Kooperation eröffnet. Hier setzen der moderne Hauptbahnhof in Berlin und künftig auch der Flughafen Berlin-Brandenburg in Schönefeld wichtige Impulse.
Wichtige Entwicklungsimpulse gehen auch von der Zusammenarbeit mit anderen Metropolregionen aus. Beispielhaft seien hier die Metropolen Leipzig und Dresden für den Süden der Hauptstadtregion, für den Osten die polnischen Ballungsräume Stettin, Posen und Breslau, für den Westen Hannover und für den Nordwesten die Metropolregion Hamburg genannt.
Die länderübergreifende Zusammenarbeit der Hauptstadtregion im Bereich der Wirtschafts- und Innovationspolitik und die hohe Wissenschaftsdichte im Verbund mit leistungsfähigen Unternehmen waren wichtige Voraussetzung für die erfolgreiche Etablierung als Europäische Innovationsregion. Die gemeinsame Vermarktung unter dem Label „Hauptstadtregion“ führt dabei zu einer wesentlich größeren Wahrnehmbarkeit in Europa, als es die Teilräume für sich allein hätten.
Wichtige Anknüpfungspunkte für den Wettbewerb der Regionen sind das historische Erbe beider Länder, die besondere Ausstrahlung und Anziehungskraft, die kulturelle Vielfalt mit den Gegensätzen von Urbanität und ländlich geprägtem Raum, die ausgezeichnete Forschungs- und Wissenslandschaft, eine flexible und innovative Wirtschaft sowie nicht zuletzt die Hauptstadtfunktion als Alleinstellungsmerkmal in Deutschland. Eine intensive Zusammenarbeit auf Länderebene wie auf kommunaler Ebene trägt dazu bei, Standortqualitäten gemeinsam zu entwickeln.
Unter dem Leitbild „Stärken stärken“ ist Berlin der Kern der Hauptstadtregion und ein wichtiger Motor für die Entwicklung im Wettbewerb mit anderen Metropolenräumen. Die Rolle Berlins als internationale Metropole, ihre internationale Vernetzung, Messen, Kongresse und große Sportereignisse schaffen einen Ort des internationalen Austauschs. Die Attraktivität der Stadt für kreative und für gut qualifizierte Menschen aus allen Teilen der Welt ist ein wichtiger Standortvorteil und eine Chance für die Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg insgesamt.
Aufgrund des bedeutenden Gefüges an Forschungs-, Entwicklungs- und Ausbildungseinrichtungen an Instituten, Universitäten und Fachhochschulen sind für diesen Teilraum hervorragende Voraussetzungen für die Neuetablierung von Headquarter-Funktionen im europäischen Maßstab und damit Lagevorteile vor allem für Unternehmen insbesondere im Bereich der Dienstleistungen gegeben.
Die Hauptstadtregion hat sich als wachstumsstarker Wirtschaftsstandort etabliert. Die Konzentration in der Förderpolitik auf länderübergreifende Cluster und ergänzend für Brandenburg auf landesspezifische Cluster bringt besondere sektorale Stärken zum Ausdruck, die die Attraktivität der Hauptstadtregion für Ansiedlungen, Unternehmenserweiterungen und Neugründungen erhöhen. Eine wichtige Rolle, auch als Motoren der Regionalentwicklung, kommt hierbei den Regionalen Wachstumskernen (RWK) im Land Brandenburg zu. Die differenzierten und attraktiven Lebens- und Wohnangebote in Berlin, im Umland und im ländlichen Raum, die Verflechtungen der wissenschaftlichen Einrichtungen beider Länder und das große gut ausgebildete Arbeitskräftepotenzial sind wichtige Standortfaktoren der Hauptstadtregion.
Berlin und Brandenburg verfügen über sich ergänzende attraktive weiche Standortfaktoren als Gewerbe-, Dienstleistungs-, Industrie- Kultur-, Erholungs- und Wohnstandort. Die Dichte der Kultur- und Wissenschaftslandschaft bietet hierfür herausragende Anknüpfungspunkte. Die landschaftliche Vielfalt, die reizvollen Gegensätze, die guten verkehrlichen Anbindungen und Erreichbarkeiten sowie ein breites Angebot an Sport- und Freizeitmöglichkeiten in der Region sind wichtige Standortfaktoren für die Berliner und Brandenburger Bevölkerung genauso wie für die vielen Millionen Touristinnen und Touristen, die sich jährlich und in zunehmenden Maße besonders von diesen Vorzügen anziehen lassen.
Differenzierte Raumstruktur und CO
2
-reduzierende Siedlungsstrukturen
Die Hauptstadtregion mit der hochverdichteten Metropole Berlin in der Mitte, dem siedlungsstrukturell klar axial gegliederten Umland mit seinen boomenden Städten und dem Netz der daran anschließenden überwiegend kleineren und mittleren Städten ist zwar sehr heterogen, gleichwohl aber klar gegliedert.
Berlin und das Berliner Umland liegen in der Mitte der Hauptstadtregion. Hier haben sich mit der Bundeshauptstadt Berlin, der Brandenburger Landeshauptstadt Potsdam und den Städten und Gemeinden entlang der radialen Schienenverkehrsverbindungen verdichtete Strukturen mit urbaner und suburbaner Prägung ausgebildet („Siedlungsstern“).
Der Weitere Metropolenraum wird geprägt von den drei Oberzentren Cottbus/Chóśebuz, Brandenburg an der Havel und Frankfurt (Oder), verdichteten Räumen in der alten Industrie- und Bergbauregion der Lausitz, kleinen und mittleren Städten und ländlichen Gebieten.
Hier finden sich attraktive Standorte für Ansiedlungen gerade auch für industrielle Produktions- und Logistikunternehmen, die durch ein Netz von Forschungs- und Ausbildungseinrichtungen an Universitäten und Fachhochschulen den qualifizierten personellen Hintergrund erhalten. Es gilt auch weiterhin, spezifische agrarische und touristische Kompetenzen des ländlichen Raumes als Dienstleistungsangebote für die urbane Nachfrage zu sichern, aber gleichzeitig auch den ländlichen Raum als Wohnstandort attraktiv zu machen.
Diese differenzierte Raumstruktur wird durch den LEP HR mit strukturgerechten Instrumenten adressiert. Wesentliches Motiv ist hierbei der Erhalt und Ausbau des Siedlungssterns. Diese Struktur, die sich durch die Berliner Mauer weitgehend konserviert hat, ist fast idealtypisch verkehrs- und CO
2
-reduzierend. Sie wird maßgeblich durch die grünen Freiräume in den Achsenzwischenräumen ergänzt, die unter den Bedingungen des Klimawandels höchste Bedeutung für die Durchlüftung, den Wasserhaushalt und für die Naherholung des Ballungsraumes haben.
Ebenfalls verkehrsreduzierend wirkt die Konzentration der Siedlung auf das Netz der Zentralen Orte. Diese in ihrer Funktion und Struktur historisch gewachsenen Städte kleiner und mittlerer Größe sind hervorragend in das großräumige, aber auch lokale Verkehrsnetz eingebunden, weisen eine Konzentration von Einrichtungen der übergemeindlichen Daseinsvorsorge auf und sind traditionell Bevölkerungsschwerpunkte.
Diese „geerbten“ Strukturen gilt es zu erhalten und zu stärken. Deren Auflösung durch Zersiedelung außerhalb dieser Strukturen wäre auch unter ökonomischen Gesichtspunkten wegen der damit verbundenen Folgekosten für Infrastruktur und Verkehr nicht zu verantworten.
Ergänzend eröffnet der LEP HR Möglichkeiten für eine Strategie des „Sprung in die zweite Reihe“. Die Strategie orientiert darauf, die Ober- und Mittelzentren im Weiteren Metropolenraum, die aus Berlin über Schienenverbindungen in einer Fahrtzeit von bis zu 60 Minuten erreichbar sind, stärker in die positive Entwicklung der Hauptstadtregion einzubeziehen.
Demografische Rahmenbedingungen
Die Hauptstadtregion hatte bis vor wenigen Jahren in der Summe erhebliche Bevölkerungsverluste zu verzeichnen. Die Ursachen dieser Entwicklung waren einerseits hohe Sterbeüberschüsse, zum anderen Wanderungsverluste gegenüber den alten Bundesländern. Die Tatsache, dass es sich bei den Abwandernden überwiegend um junge Menschen handelte, hat Konsequenzen. Zum Beispiel stehen vieler Orts weniger junge Menschen für den Arbeitsmarkt bereit und infolge des sogenannten „demografischen Echos“ wird die Geburtenrate weiter zurückgehen.
Die Zunahme der Bevölkerung durch Zuwanderung vollzieht sich innerhalb der Hauptstadtregion teilräumlich sehr differenziert. Im Weiteren Metropolenraum hatten die größeren Städte in der Vergangenheit überdurchschnittliche Bevölkerungsverluste zu verkraften. Hauptursachen waren das Geburtendefizit, eine Abwanderung aus den Städten in das Umland, bedingt vor allem durch die Nachfrage nach Einfamilienhäusern, die innerhalb der Städte nicht befriedigt werden konnte, sowie unzureichende Arbeitsplatzangebote.
Gemeinden mit positiver Bevölkerungsentwicklung profitieren bis heute häufig von ihrer Lage im Umland der größeren Städte innerhalb der Hauptstadtregion, aber auch von Wachstumsimpulsen ausgehend von Städten benachbarter Bundesländer. Der Bevölkerungszuwachs ist insofern auch als Reaktion auf die steigenden Lebenshaltungskosten in den Kernen der Ballungsräume zu interpretieren.
In anderen kleineren Gemeinden der ländlichen Räume ist der heute wahrnehmbare Bevölkerungszuwachs durch Standorte von Einrichtungen der Altenpflege oder von Einrichtungen für die Unterbringung von Schutzsuchenden bedingt. Andere ländliche Gemeinden profitieren von einer Zuwanderung, die durch das Interesse an einem Leben und (kreativem) Arbeiten im ländlichen Raum und ökonomischen Vorteilen bei Mietpreisen oder der Eigentumsbildung bedingt ist. Hierin liegen Chancen.
Insgesamt haben sich die Bevölkerungsgewichte im Gesamtraum Berlin-Brandenburg seit Jahren zu Gunsten des Kerns der Hauptstadtregion (Berlin und Berliner Umland) verschoben. In den nächsten Jahren wird es daher darauf ankommen, die Attraktivität und das Wachstum der Hauptstadtregion so zu gestalten, dass möglichst große Ausstrahlungseffekte in allen Teilräumen spürbar werden. Hier greift der Stadtumbau. Die von Bevölkerungsverlusten besonders betroffenen Stadtumbaustädte konnten ihre Stadt behutsam zurückbauen, auf die Innenbereiche konzentrieren und so die Attraktivität für Zuzügler erhöhen. Auch in anderen Städten hat die erfolgreiche Städtebauförderung dazu beigetragen, die Städte zu attraktiven Wohn- und Lebensstandorten zu entwickeln, die für Zuzügler wie Investoren wieder interessant geworden sind.
Daseinsvorsorge und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben
Der demografische Wandel prägt sich sowohl als Bevölkerungsrückgang in vielen ländlichen Regionen als auch als Bevölkerungswachstum im Verdichtungsraum aus. Dies macht eine differenzierte Diskussion um die Organisation und Finanzierung der öffentlichen Daseinsvorsorge erforderlich.
Als öffentliche Daseinsvorsorge werden Tätigkeiten der öffentlichen Hände bezeichnet, welche einer grundlegenden Versorgung der Bevölkerung mit wesentlichen Gütern und Dienstleistungen dienen. Als klassische Bereiche der öffentlichen Daseinsvorsorge gelten dabei technische Infrastrukturaufgaben wie die Abfallbeseitigung, die Versorgung mit Wasser, Gas und Strom sowie der Betrieb des öffentlichen Personennahverkehrs. Zur öffentlichen Daseinsvorsorge im sozialen Bereich gehören Bildungseinrichtungen, Gesundheits- und Betreuungseinrichtungen (wie Krankenhäuser, Kindertagesstätten oder Pflegeinrichtungen) oder auch die Bereitstellung von kulturellen Angeboten.
Die Beantwortung der Frage, welche Güter und Dienstleistungen von öffentlicher Seite bereitgestellt werden müssen, ist durchaus umstritten und unterliegt - wie damit auch die Definition des Begriffes „öffentliche Daseinsvorsorge“ selbst - dem gesellschaftlichen Wandel.
Von großer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang der Zugang zu modernen Informations- und Kommunikationsstrukturen. Dieser kann auch einen Beitrag dazu leisten, Folgen des demografischen Wandels hinsichtlich der Ausstattung mit stationären Infrastrukturen auszugleichen.
Die steigende Zahl und der wachsende Anteil von älteren und alten Menschen in vielen Teilen der Hauptstadtregion stellen hohe Anforderungen an die bedarfsgerechte Bereitstellung, die räumliche Verteilung und die Differenzierung der sozialen Infrastrukturangebote der Daseinsvorsorge.
Für die Herausforderungen des sich verändernden Bedarfes sind innovative Lösungsansätze zu entwickeln.
Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum
Alle Regionen und Teilräume der Hauptstadtregion haben die Chance, sich dauerhaft wettbewerbs- und zukunftsfähig zu entwickeln. Ansätze hierfür sind u. a. die Stärkung der wissensbasierten wirtschaftlichen Bereiche und die Erschließung zusätzlicher Potenziale durch großräumige Vernetzungen und Kooperationen.
Die Entwicklung zu einer Dienstleistungs- und Wissensgesellschaft setzt sich unverändert weiter fort. Heute arbeiten in der Hauptstadtregion circa 81 Prozent der Erwerbstätigen im Dienstleistungsbereich, während es im produzierenden Gewerbe einschließlich Bauwirtschaft etwa 18 Prozent sind. In der Landwirtschaft ist 1 Prozent der Beschäftigten tätig.
Berlin ist ein international stark beachteter Standort für Start-ups und für die Kultur- und Kreativwirtschaft. Als wesentlicher Imagefaktor für Berlin erhöhen sie die Attraktivität der Stadt für Junge und Kreative aus aller Welt und üben zugleich eine starke Strahlkraft für die Gewinnung qualifizierter Arbeitskräfte aus. Hiervon profitieren auch andere Branchen in Berlin und Brandenburg.
Die industrielle Fertigung, insbesondere im hochinnovativen Bereich, bleibt unverzichtbarer Anker einer technologie- und wissensbasierten wirtschaftlichen Entwicklung. Die weltweite Vernetzung wirtschaftlicher Austauschprozesse sowie die damit einhergehende Internationalisierung und zunehmende Arbeitsteilung insbesondere im geeinten Europa ist eine Chance für die Entwicklung der Hauptstadtregion. Sie lässt neue Märkte, neue Berufe und neue Arbeitsplätze entstehen. Die Nutzung dieser Chancen setzt sowohl eine erhöhte Mobilitätsbereitschaft als auch eine kontinuierliche berufliche Weiterqualifizierung und die Bereitschaft zur beruflichen Neuorientierung während des gesamten Erwerbslebens voraus.
Die Hauptstadtregion zählt aufgrund ihrer zentralen Lage in Europa mit der Anbindung an drei Transeuropäische Kernnetzkorridore, über die nahezu alle europäischen Wachstumsmärkte innerhalb einer LKW-Tagesfahrt erreicht werden können, zu Deutschlands führenden Logistikstandorten. Zur Koordinierung der Verkehrs- und Warenströme sind die Vernetzung verschiedener Verkehrsträger wie Schiene und Straße zu nutzen, Logistikfunktionen an geeigneten Standorten zu bündeln und für die sogenannte „letzte Meile“ innovative Lösungen der Verteilung und Zustellung zu entwickeln.
Unverzichtbar für die Modernisierung von Wirtschaft und Gesellschaft sind der nachhaltige Ausbau der wirtschaftlichen Basis und Maßnahmen zur Ansiedlung von technologieorientiertem Gewerbe und Dienstleistern in funktionaler und räumlicher Verknüpfung mit den Standorten von Wissenschaft und Kultur. Für die Nutzung und Weiterentwicklung des vorhandenen wirtschaftlichen Potenzials sollen zukunftsorientierte Rahmenbedingungen für eine umfassende Verbesserung der Standortvoraussetzungen geschaffen werden. Um das vorhandene Wissenschafts- und Forschungspotenzial für die regionalen Wertschöpfungsprozesse nutzbar zu machen, sind vorhandene teilräumliche Defizite durch Neuansiedlungen, auch im Verbund mit der Schaffung entsprechender Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten im betrieblichen, überbetrieblichen und im Hochschulsektor, auch durch Angebote im dualen Studium abzubauen. Als weiche Standortfaktoren sollen attraktive Angebote der sozialen Infrastruktur, insbesondere für Bildung, Kultur, Sport, Freizeit, Gesundheit, Erholung und Tourismus geschaffen und landschaftlich reizvolle Umgebungen gesichert und weiterentwickelt werden.
Eine besondere Herausforderung liegt in dem Umgang mit dem regionalen Strukturwandel. In der Lausitz wird dieser u. a. durch die bundesweit eingeleitete Energiewende und die damit einhergehende schrittweise Rückführung des Braunkohleabbaus verstärkt.
Städtische Entwicklung
Die Hauptstadt Berlin und Brandenburgs Städte sind Kristallisationspunkte für Entwicklung. Sie werden auch zukünftig die Schwerpunkte von Wohnen und Arbeiten, Wertschöpfung, Forschung und Bildung sowie von Infrastruktur und Daseinsvorsorge sein. Sie sind wichtige Standorte, in denen sich Gewerbe, Handel und Dienstleistungen bevorzugt ansiedeln und bilden damit auch die Versorgungsschwerpunkte für die umgebenden ländlichen Räume.
Als Identitätsorte für die Bürgerinnen und Bürger und als Anziehungspunkte für den Tourismus sind die Städte wichtige Anker im Raum. Durch Maßnahmen der Stadterneuerung, den Ausbau der Infrastruktur, die Gestaltung der öffentlichen Räume, die Schaffung neuer Parkanlagen und Grünflächen sowie durch Maßnahmen der Umweltentlastung haben auch innerstädtische Lagen eine hohe Wohnqualität gewonnen. Durch die Stärkung von Möglichkeiten zur Partizipation können die Identifikation der Bürgerinnen und Bürger mit ihrem unmittelbaren städtischen Lebensumfeld und die Akzeptanz für wichtige Projekte der Stadtentwicklung erhöht werden.
Das Wohnen in den Innenstädten erlebt eine Renaissance. Ein ausreichendes Wohnraumangebot für alle Einkommensgruppen gewinnt dabei immer mehr an Gewicht. Dabei haben kleinteilige Vorhaben in innerstädtischen Lagen Vorrang vor der Entwicklung großflächiger Neubausiedlungen. Dieser Trend soll durch nachfragegerechte Wohnungsangebote unterstützt werden, für Familien, für ältere Menschen, aber auch für kreative Menschen jeden Alters, die ein urbanes Umfeld suchen. Dafür sind familiengerechte, für verschiedene Lebensphasen geeignete, städtisch geprägte Wohnangebote notwendig. Gefragt sind insbesondere kleinteilige Vorhaben der Bestandsentwicklung und des Wohnungsneubaus, die sich in ein kompaktes und nutzungsgemischtes, historisch gewachsenes Umfeld einfügen. Durch Nutzung von Baulücken sowie durch Umnutzungs- und Stadtumbauflächen in attraktiven Lagen tragen diese zur Stabilisierung ihrer Quartiere bei. Andererseits kann sich die Stadtentwicklung nicht der anhaltenden Nachfrage nach aufgelockerten Wohnformen verschließen.
Das künftige Wohnungsangebot muss die vielfältigen Anforderungen berücksichtigen, die sich aus dem demografischen Wandel ergeben. Bedingt durch eine höhere Lebenserwartung und die anhaltende Zuwanderung wird die Gesellschaft älter und internationaler. Parallel dazu nimmt die Anzahl der Einpersonenhaushalte zu. Zunehmend werden daher kleinere Wohnungen und altersgerechte Wohnkonzepte nachgefragt.
Der Landesentwicklungsplan steuert die räumliche Verknüpfung von Nutzungsansprüchen für Wohnen, Arbeiten und Verkehr für die künftige Entwicklung in städtischen Räumen.
Ländliche Entwicklung
Ländliche Räume sind eigenständige und heterogene Lebens,- Erwerbs- und Handlungsräume unter Wahrung der ländlichen und landschaftstypischen Eigenarten. Die Politik der ländlichen Entwicklung in beiden Ländern stellt dabei die durch dörfliche Siedlungen geprägten Teile des ländlichen Raumes in den Mittelpunkt der Entwicklungsaktivitäten. Die regionalen Entwicklungspotenziale sind für die Entwicklung der ländlichen Räume zu mobilisieren, lokale und regionale Wirtschaftskreisläufe zur Erschließung und Nutzung regionaler Ressourcen auszubauen. Die verstärkte Einbindung der zivilgesellschaftlich vernetzten Akteure und Akteurinnen in Partizipationsprozesse ist bei der Erarbeitung tragfähiger Lösungsansätze von besonderer Bedeutung.
Die ländlichen Räume sind in ihren Funktionen als Wirtschafts-, Natur-, Erholungs- und Sozialraum dauerhaft zu sichern. Neben der Sicherung von Einkommen aus der Land- und Forstwirtschaft ist auch durch die Schaffung von Erwerbsmöglichkeiten im Handwerk, im produzierenden Gewerbe und im Dienstleistungsbereich eine Stabilisierung der ländlichen Räume anzustreben. Insbesondere die Mittelzentren im ländlichen Raum haben hierbei eine herausgehobene Bedeutung. Dazu ist eine ländliche Entwicklungsplanung zu betreiben, in deren Mittelpunkt die Schaffung dauerhafter Erwerbsgrundlagen, eine bedarfsgerechte Verkehrsanbindung sowie eine ausreichende ärztliche Versorgung für die ländliche Bevölkerung stehen.
Die Gestaltung und Erhaltung der Kulturlandschaft und die Sicherung einer bedarfsgerechten Infrastruktur sind zur Unterstützung der Verflechtung mit den Verdichtungsräumen dauerhaft zu sichern. Regionale Gestaltung durch regionale und kommunale Akteurinnen und Akteure fördert die regionale Identität. Damit wird ein Beitrag geleistet für die soziokulturelle Stabilität und Integration vor Ort und zur Stabilisierung der demografischen Situation und Lebensqualität.
Die ländliche Entwicklungspolitik stärkt die ökologischen und ökonomischen Funktionen der ländlichen Räume in ihrer Bedeutung für den Gesamtraum. Die Bevölkerung in den Städten und Dörfern der ländlichen Räume findet eine wirtschaftliche Existenz und vielfältige Chancen zur persönlichen Entfaltung. Für die ländlichen Räume wird die Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen, die aktive Stadt- und Dorfentwicklung als Teil der regionalen Strukturpolitik, die Erschließung und Entwicklung regionaler Märkte und der Aufbau regionaltypischer Tourismusformen vorangetrieben.
Einer Vielzahl von Lebensmodellen kommt die Vielfalt des ländlichen Raumes entgegen. Familien mit Kindern suchen preisgünstigen Wohnraum oder möchten ihren Traum vom eigenen Haus verwirklichen. Sie ziehen die Beschaulichkeit und dörfliche Gemeinschaft im ländlichen Raum der städtischen Hektik vor.
Besonders wichtig ist gleichwohl eine gute Erreichbarkeit der Städte des ländlichen Raumes über das öffentliche Verkehrsnetz, das nicht nur von Arbeitspendlerinnen und -pendlern genutzt wird. Touristische Angebote werden besonders gut angenommen, wenn die Verknüpfung von verschiedenen Verkehrsmitteln gelingt, zum Beispiel die Fahrradmitnahme in Zügen oder den Bedürfnissen angepasste individuell zugeschnittene Service- und Übernachtungsangebote vorhanden sind.
In diesen Zusammenhängen haben die Mittelzentren mit ihren Schnittstellen zwischen Regionalverkehr und dem übrigen öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) in der Fläche eine herausragende Bedeutung für die Erschließung und Stabilisierung der ländlichen Räume. Durch deren Einbindung in das funktionale Verkehrsnetz werden die Rahmenbedingungen für eine bedarfsgerechte Erschließung aller Teile der Hauptstadtregion geschaffen.
Bezüglich der Grundversorgung der Bevölkerung im ländlichen Raum gibt der Landesentwicklungsplan der Regionalplanung auf, Grundfunktionale Schwerpunkte (GSP) festzulegen. Hier soll eine bedarfsorientierte Bündelung von Wohnen und Angeboten der Daseinsversorge unterhalb der Ebene der Mittelzentren stattfinden. Als GSP festgelegte Ortsteile werden einen wichtigen Beitrag zu leisten haben, die dörfliche Ebene zu stabilisieren.
Einzelhandel, Nahversorgung und starke Stadtzentren
Der Einzelhandel ist von ganz erheblicher Bedeutung für die Substanz und Weiterentwicklung der Strukturen von Städten, Gemeinden und Ortsteilen. Dabei ist die Erreichbarkeit von Einkaufsgelegenheiten im Einzelhandel für alle Menschen wichtig, unabhängig davon, ob sie in der Stadt leben oder auf dem Land. Neben seiner ursprünglichen Versorgungsfunktion hat der Einzelhandel zumindest für einen Teil der Bevölkerung auch soziale und kommunikative Funktionen. Attraktive Zentren und eine flächendeckende Nahversorgung durch Einzelhandelsgeschäfte sind daher von großer Bedeutung für die Lebensqualität in der gesamten Hauptstadtregion.
Einzelhandelsgroßprojekte können jedoch Stadtzentren und kleinere, für die Nahversorgung wichtige Läden in Ortsteilen gefährden. Einzelhandelsstandorte „auf der grünen Wiese“ haben zwar die Angebotsvielfalt erweitert, bieten aber nur für automobile Konsumentengruppen vorteilhafte Gelegenheiten. Sie können das Gefüge wohnortnaher, städtebaulicher integrierter und auch fußläufig zu erreichender Versorgungsangebote stören. Damit einhergehen kann die Verödung der städtischen Zentren Berlins und der zentralen Lagen der lebendigen Ober- und Mittelzentren. Diese sind aber insbesondere für mobilitätseingeschränkte Konsumentengruppen von wachsender Bedeutung.
Ganz erhebliche Veränderungen gehen auch von der Verschiebung von Teilen des Einzelhandels aus dem stationären Bereich in den Bereich des Online-Handels aus, dessen Schwerpunkt gerade nicht darin liegt, entstehende Versorgungslücken im Bereich der Nahversorgung zu kompensieren. Insbesondere für kleine Stadtteil-, Orts- und Nebenzentren sowie den Facheinzelhandel werden sich die Herausforderungen verstärken, durch qualifizierte Beratungsangebote vor Ort oder auch durch die Etablierung eigener digitaler Vertriebswege den bereits etablierten Großanbietern offensiv entgegen zu treten.
Flächeninanspruchnahme, Flächenvorsorge und Freiraumverbünde
Wegen des erwarteten Bevölkerungszuwachses im Kern der Hauptstadtregion wird trotz des summarisch zu erwartenden Bevölkerungsrückgangs im Weiteren Metropolenraum weiterhin von einem Anstieg der Flächeninanspruchnahme der Bevölkerung, zum Beispiel für Wohnen, Dienstleistungen und Freizeit auszugehen sein. Hinzu kommen Flächenansprüche, die sich aus wirtschaftlicher Betätigung (gewerbliche Erweiterungs- und Errichtungsinvestitionen einschließlich infrastruktureller Investitionen) ergeben. Bundesweit beträgt der Flächenverbrauch für Siedlungs- und Verkehrsflächen immer noch 66 Hektar pro Tag (2015). In Anspruch genommen werden dadurch vielfach wertvolle Ackerböden, unzerschnittene Landschaftsräume gehen verloren.
Dazu sinkt mit zunehmender Zersiedelung die Auslastung der Siedlungsstrukturen, insbesondere bei schrumpfenden Bevölkerungszahlen. Diese Entwicklungen stehen in einem Zielkonflikt mit den Notwendigkeiten des Flächen- und Bodenschutzes, des Freiraumschutzes und den Notwendigkeiten der Klimaanpassung. Die Bundesregierung hat in der „Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie - Neuauflage 2016“ daher festgelegt, den Flächenverbrauch bis zum Jahr 2030 auf unter 30 Hektar pro Tag zu verringern.
In diesem Spannungsfeld soll der Landesentwicklungsplan strukturelle Lösungen für Raumnutzungskonflikte anbieten. Genau hier setzen eine Reihe von Regelungsansätzen des LEP HR im Sinne einer nachhaltigen Raumentwicklung an. Dennoch werden in allen Teilräumen ausreichende Entwicklungsmöglichkeiten sowohl für Gewerbe als auch für Wohnen ermöglicht. Alle Kommunen haben einen angemessenen Spielraum für Eigenentwicklung. Während es für die Entwicklung von Gewerbegebieten keinerlei quantitative Begrenzungen gibt, wird die Wohnsiedlungsentwicklung für die Aufnahme des Bevölkerungswachstums auf besonders geeignete Räume gelenkt.
Um einer übermäßigen Flächeninanspruchnahme und Zersiedlung der Landschaften entgegen zu wirken, werden neben den Steuerungsansätzen für eine nachhaltige Siedlungsentwicklung besonders hochwertige Freiräume im Sinne einer „Grünen Infrastruktur“ in einem übergreifenden Freiraumverbund gesichert.
Raumordnung und Fachpolitiken
Zur Gewährleistung gleichwertiger Lebensverhältnisse ist die Versorgung mit Dienstleistungen und Infrastrukturen der Daseinsvorsorge in allen Teilräumen anzustreben. Dazu gehört auch die Erreichbarkeit von entsprechenden Einrichtungen und Angeboten für alle Bevölkerungsgruppen. Grundlage dafür ist eine kompakte Raum- und Siedlungsstruktur, die eine sichere, effiziente und kostengünstige infrastrukturelle Versorgung ermöglicht.
Der Landesentwicklungsplan zeichnet einen strukturellen räumlichen Rahmen vor, der die Erschließung des Raumes durch ein engmaschiges Netz Zentraler Orte innerhalb zumutbarer Erreichbarkeiten für übergemeindlich wirkende Versorgungsangebote absichert. Dem gegenüber hat die Landesplanung kein Mandat, für Teilräume, Landkreise oder Gemeinden Finanzierungs-, Ausstattungs- oder Personalstandards festzulegen.
Die Umsetzung konkreter Maßnahmen zur Bereitstellung von Leistungsangeboten der Daseinsvorsorge durch die öffentlichen Hände von Bund, Ländern und Kommunen obliegt den jeweiligen Trägern der Fachplanung mit ihren zahlreichen Instrumenten und Programmen.
Die Städte und Gemeinden selbst sichern die Grundversorgung im Rahmen ihres grundgesetzlich geschützten Wirkungskreises und entwickeln die dafür geeigneten Verwaltungsstrukturen kontinuierlich fort.
III Textliche Festlegungen
Das Raumordnungsgesetz des Bundes (ROG 2009)
legt Grundsätze der Raumordnung fest, die im Sinne der Leitvorstellung einer nachhaltigen Raumentwicklung anzuwenden und durch Festlegungen in Raumordnungsplänen zu konkretisieren sind, soweit dies erforderlich ist (
§ 2 Absatz 1 ROG 2009 ). Leitvorstellung ist eine nachhaltige Raumentwicklung, die die sozialen und wirtschaftlichen Ansprüche an den Raum mit seinen ökologischen Funktionen in Einklang bringt und zu einer dauerhaften, großräumig ausgewogenen Ordnung mit gleichwertigen Lebensverhältnissen in den Teilräumen führt (
§ 1 Absatz 2 ROG 2009 ).
Die unmittelbar wirkenden Grundsätze des
ROG 2009 finden ihre Konkretisierung im zweistufigen System der gemeinsamen Raumordnungsplanung der Länder Berlin und Brandenburg.
Die Grundsätze der Raumordnung aus dem gemeinsamen
Landesentwicklungsprogramm 2007 (LEPro 2007)
sowie § 19 Absatz 11 des Landesentwicklungsprogrammes von 2003 (LEPro 2003)
bilden die erste Stufe der landesrechtlichen Konkretisierung. Diese Grundsätze der Raumordnung werden nachrichtlich übernommen und als „N“ den Festlegungen des LEP HR vorangestellt. Sie werden durch die Festlegungen des LEP HR konkretisiert.
1 Hauptstadtregion
N LEPro 2007 § 1 Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg Grundsatz der Raumordnung (G) (1) Die Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg (Hauptstadtregion) ist eine europäische Metropolregion und umfasst das Gesamtgebiet der Länder Berlin und Brandenburg. (2) Die Hauptstadtregion soll im Sinne des Nachhaltigkeitsprinzips im Ausgleich wirtschaftlicher, sozialer und ökologischer Ziele räumlich polyzentral entwickelt werden. Vorhandene Stärken sollen vorrangig genutzt und ausgebaut werden. (3) Die Metropole und Bundeshauptstadt Berlin soll bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben, der Nutzung ihrer Potenziale im Interesse des Gesamtraums und in ihrer nationalen und internationalen Bedeutung gestärkt werden. (4) Die Hauptstadtregion soll als Wirtschafts-, Wissens- und Kulturstandort gestärkt werden. Die Potenziale der unterschiedlich geprägten Teilräume der Hauptstadtregion sollen entwickelt und genutzt werden. Die Voraussetzungen für grenzübergreifende Kooperationen sollen verbessert werden.
Z 1.1
Strukturräume der Hauptstadtregion
Die Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg setzt sich aus den folgenden, sich ergänzenden Strukturräumen zusammen:
-
Berlin (BE)
-
Das Berliner Umland (BU), bestehend aus der Landeshauptstadt Potsdam und den folgenden Städten und Gemeinden in den Landkreisen:
Landkreis Barnim:
Gemeinde Ahrensfelde, Stadt Bernau bei Berlin, Gemeinde Panketal, Gemeinde Wandlitz, Stadt Werneuchen
Landkreis Dahme-Spreewald:
Gemeinde Eichwalde, Stadt Königs Wusterhausen, Stadt Mittenwalde, Gemeinde Schönefeld, Gemeinde Schulzendorf, Stadt Wildau, Gemeinde Zeuthen
Landkreis Havelland:
Gemeinde Brieselang, Gemeinde Dallgow-Döberitz, Stadt Falkensee, Gemeinde Schönwalde-Glien, Gemeinde Wustermark
Landkreis Märkisch-Oderland:
Stadt Altlandsberg, Gemeinde Fredersdorf-Vogelsdorf, Gemeinde Hoppegarten, Gemeinde Neuenhagen bei Berlin, Gemeinde Petershagen/Eggersdorf, Gemeinde Rüdersdorf bei Berlin, Stadt Strausberg
Landkreis Oberhavel:
Gemeinde Birkenwerder, Gemeinde Glienicke/Nordbahn, Stadt Hennigsdorf, Stadt Hohen Neuendorf, Gemeinde Leegebruch, Gemeinde Mühlenbecker Land, Gemeinde Oberkrämer, Stadt Oranienburg, Stadt Velten
Landkreis Oder-Spree:
Stadt Erkner, Gemeinde Gosen-Neu Zittau, Gemeinde Grünheide (Mark), Gemeinde Schöneiche bei Berlin, Gemeinde Woltersdorf
Landkreis Potsdam-Mittelmark:
Gemeinde Kleinmachnow, Gemeinde Michendorf, Gemeinde Nuthetal, Gemeinde Schwielowsee, Gemeinde Seddiner See, Gemeinde Stahnsdorf, Stadt Teltow, Stadt Werder (Havel)
Landkreis Teltow-Fläming:
Gemeinde Blankenfelde-Mahlow, Gemeinde Großbeeren, Stadt Ludwigsfelde, Gemeinde Rangsdorf
-
Der Weitere Metropolenraum (WMR), bestehend aus der Stadt Brandenburg an der Havel, Stadt Cottbus/Chóśebuz, Stadt Frankfurt (Oder) und den folgenden Städten und Gemeinden in den Landkreisen:
Landkreis Barnim:
Gemeinde Althüttendorf, Stadt Biesenthal, Gemeinde Breydin, Gemeinde Britz, Gemeinde Chorin, Stadt Eberswalde, Gemeinde Friedrichswalde, Gemeinde Hohenfinow, Stadt Joachimsthal, Gemeinde Liepe, Gemeinde Lunow-Stolzenhagen, Gemeinde Marienwerder, Gemeinde Melchow, Gemeinde Niederfinow, Stadt Oderberg, Gemeinde Parsteinsee, Gemeinde Rüdnitz, Gemeinde Schorfheide, Gemeinde Sydower Fließ, Gemeinde Ziethen
Landkreis Dahme-Spreewald:
Gemeinde Alt Zauche-Wußwerk, Gemeinde Bersteland, Gemeinde Bestensee, Gemeinde Byhleguhre-Byhlen/Běła Góra-Bělin, Gemeinde Drahnsdorf, Stadt Golßen, Gemeinde Groß Köris, Gemeinde Halbe, Gemeinde Heideblick, Gemeinde Heidesee, Gemeinde Jamlitz, Gemeinde Kasel-Golzig, Gemeinde Krausnick-Groß Wasserburg, Stadt Lieberose, Stadt Lübben (Spreewald)/Lubin (Błota), Stadt Luckau, Stadt Märkisch Buchholz, Gemeinde Märkische Heide/Markojska Góla, Gemeinde Münchehofe, Gemeinde Neu Zauche/Nowa Niwa, Gemeinde Rietzneuendorf-Staakow, Gemeinde Schlepzig/Słopišća, Gemeinde Schönwald, Gemeinde Schwerin, Gemeinde Schwielochsee, Gemeinde Spreewaldheide/Błośańska Góla, Gemeinde Steinreich, Gemeinde Straupitz (Spreewald)/Tšupc (Błota), Stadt Teupitz, Gemeinde Unterspreewald
Landkreis Elbe-Elster:
Stadt Bad Liebenwerda, Gemeinde Crinitz, Stadt Doberlug-Kirchhain, Stadt Elsterwerda, Stadt Falkenberg/Elster, Gemeinde Fichtwald, Stadt Finsterwalde, Gemeinde Gorden-Staupitz, Gemeinde Gröden, Gemeinde Großthiemig, Gemeinde Heideland, Stadt Herzberg (Elster), Gemeinde Hirschfeld, Gemeinde Hohenbucko, Gemeinde Hohenleipisch, Gemeinde Kremitzaue, Gemeinde Lebusa, Gemeinde Lichterfeld-Schacksdorf, Gemeinde Massen-Niederlausitz, Gemeinde Merzdorf, Stadt Mühlberg/Elbe, Gemeinde Plessa, Gemeinde Röderland, Gemeinde Rückersdorf, Gemeinde Sallgast, Gemeinde Schilda, Stadt Schlieben, Gemeinde Schönborn, Stadt Schönewalde, Gemeinde Schraden, Stadt Sonnewalde, Gemeinde Tröbitz, Stadt Uebigau-Wahrenbrück
Landkreis Havelland:
Stadt Friesack, Gemeinde Gollenberg, Gemeinde Großderschau, Gemeinde Havelaue, Stadt Ketzin/Havel, Gemeinde Kleßen-Görne, Gemeinde Kotzen, Gemeinde Märkisch Luch, Gemeinde Milower Land, Gemeinde Mühlenberge, Stadt Nauen, Gemeinde Nennhausen, Gemeinde Paulinenaue, Gemeinde Pessin, Stadt Premnitz, Stadt Rathenow, Gemeinde Retzow, Stadt Rhinow, Gemeinde Seeblick, Gemeinde Stechow-Ferchesar, Gemeinde Wiesenaue
Landkreis Märkisch-Oderland:
Gemeinde Alt Tucheband, Stadt Bad Freienwalde (Oder), Gemeinde Beiersdorf-Freudenberg, Gemeinde Bleyen-Genschmar, Gemeinde Bliesdorf, Stadt Buckow (Märkische Schweiz), Gemeinde Falkenberg, Gemeinde Falkenhagen (Mark), Gemeinde Fichtenhöhe, Gemeinde Garzau-Garzin, Gemeinde Golzow, Gemeinde Gusow-Platkow, Gemeinde Heckelberg-Brunow, Gemeinde Höhenland, Gemeinde Küstriner Vorland, Stadt Lebus, Gemeinde Letschin, Gemeinde Lietzen, Gemeinde Lindendorf, Gemeinde Märkische Höhe, Stadt Müncheberg, Gemeinde Neuhardenberg, Gemeinde Neulewin, Gemeinde Neutrebbin, Gemeinde Oberbarnim, Gemeinde Oderaue, Gemeinde Podelzig, Gemeinde Prötzel, Gemeinde Rehfelde, Gemeinde Reichenow-Möglin, Gemeinde Reitwein, Stadt Seelow, Gemeinde Treplin, Gemeinde Vierlinden, Gemeinde Waldsieversdorf, Stadt Wriezen, Gemeinde Zechin, Gemeinde Zeschdorf
Landkreis Oberhavel:
Stadt Fürstenberg/Havel, Stadt Gransee, Gemeinde Großwoltersdorf, Stadt Kremmen, Stadt Liebenwalde, Gemeinde Löwenberger Land, Gemeinde Schönermark, Gemeinde Sonnenberg, Gemeinde Stechlin, Stadt Zehdenick
Landkreis Oberspreewald-Lausitz:
Gemeinde Altdöbern, Gemeinde Bronkow, Stadt Calau/Kalawa, Gemeinde Frauendorf, Gemeinde Großkmehlen, Stadt Großräschen, Gemeinde Grünewald, Gemeinde Guteborn, Gemeinde Hermsdorf, Gemeinde Hohenbocka, Gemeinde Kroppen, Stadt Lauchhammer, Gemeinde Lindenau, Stadt Lübbenau/Spreewald/Lubnjow/Błota, Gemeinde Luckaitztal, Gemeinde Neupetershain/Nowe Wiki, Gemeinde Neu-Seeland/Nowa Jazorina, Stadt Ortrand, Stadt Ruhland, Gemeinde Schipkau, Gemeinde Schwarzbach, Stadt Schwarzheide, Stadt Senftenberg/Zły Komorow, Gemeinde Tettau, Stadt Vetschau/Spreewald/Wětošow/Błota
Landkreis Oder-Spree:
Gemeinde Bad Saarow, Stadt Beeskow, Gemeinde Berkenbrück, Gemeinde Briesen (Mark), Gemeinde Brieskow-Finkenheerd, Gemeinde Diensdorf-Radlow, Stadt Eisenhüttenstadt, Stadt Friedland, Stadt Fürstenwalde/Spree, Gemeinde Groß Lindow, Gemeinde Grunow-Dammendorf, Gemeinde Jacobsdorf, Gemeinde Langewahl, Gemeinde Lawitz, Gemeinde Mixdorf, Stadt Müllrose, Gemeinde Neißemünde, Gemeinde Neuzelle, Gemeinde Ragow-Merz, Gemeinde Rauen, Gemeinde Reichenwalde, Gemeinde Rietz-Neuendorf, Gemeinde Schlaubetal, Gemeinde Siehdichum, Gemeinde Spreenhagen, Gemeinde Steinhöfel, Stadt Storkow (Mark), Gemeinde Tauche, Gemeinde Vogelsang, Gemeinde Wendisch Rietz, Gemeinde Wiesenau, Gemeinde Ziltendorf
Landkreis Ostprignitz-Ruppin:
Gemeinde Breddin, Gemeinde Dabergotz, Gemeinde Dreetz, Gemeinde Fehrbellin, Gemeinde Heiligengrabe, Gemeinde Herzberg (Mark), Stadt Kyritz, Stadt Lindow (Mark), Gemeinde Märkisch Linden, Stadt Neuruppin, Stadt Neustadt (Dosse), Stadt Rheinsberg, Gemeinde Rüthnick, Gemeinde Sieversdorf-Hohenofen, Gemeinde Storbeck-Frankendorf, Gemeinde Stüdenitz-Schönermark, Gemeinde Temnitzquell, Gemeinde Temnitztal, Gemeinde Vielitzsee, Gemeinde Walsleben, Stadt Wittstock/Dosse, Gemeinde Wusterhausen/Dosse, Gemeinde Zernitz-Lohm
Landkreis Potsdam-Mittelmark:
Stadt Bad Belzig, Stadt Beelitz, Gemeinde Beetzsee, Gemeinde Beetzseeheide, Gemeinde Bensdorf, Gemeinde Borkheide, Gemeinde Borkwalde, Stadt Brück, Gemeinde Buckautal, Gemeinde Golzow, Gemeinde Görzke, Gemeinde Gräben, Gemeinde Groß Kreutz (Havel), Stadt Havelsee, Gemeinde Kloster Lehnin, Gemeinde Linthe, Gemeinde Mühlenfließ, Stadt Niemegk, Gemeinde Päwesin, Gemeinde Planebruch, Gemeinde Planetal, Gemeinde Rabenstein/Fläming, Gemeinde Rosenau, Gemeinde Roskow, Stadt Treuenbrietzen, Gemeinde Wenzlow, Gemeinde Wiesenburg/Mark, Gemeinde Wollin, Gemeinde Wusterwitz, Stadt Ziesar
Landkreis Prignitz:
Stadt Bad Wilsnack, Gemeinde Berge, Gemeinde Breese, Gemeinde Cumlosen, Gemeinde Gerdshagen, Gemeinde Groß Pankow (Prignitz), Gemeinde Gülitz-Reetz, Gemeinde Gumtow, Gemeinde Halenbeck-Rohlsdorf, Gemeinde Karstädt, Gemeinde Kümmernitztal, Gemeinde Lanz, Gemeinde Legde/Quitzöbel, Stadt Lenzen (Elbe), Gemeinde Lenzerwische, Gemeinde Marienfließ, Stadt Meyenburg, Stadt Perleberg, Gemeinde Pirow, Gemeinde Plattenburg, Stadt Pritzwalk, Stadt Putlitz, Gemeinde Rühstädt, Gemeinde Triglitz, Gemeinde Weisen, Stadt Wittenberge
Landkreis Spree-Neiße:
Gemeinde Briesen/Brjazyna, Gemeinde Burg (Spreewald)/Bórkowy (Błota), Gemeinde Dissen-Striesow/Dešno-Strjažow, Stadt Döbern, Gemeinde Drachhausen/Hochoza, Stadt Drebkau/Drjowk, Gemeinde Drehnow/Drjenow, Gemeinde Felixsee/Feliksowy Jazor, Stadt Forst (Lausitz)/Baršć (Łužyca), Gemeinde Groß Schacksdorf-Simmersdorf, Stadt Guben, Gemeinde Guhrow/Góry, Gemeinde Heinersbrück/Móst, Gemeinde Jämlitz-Klein Düben, Gemeinde Jänschwalde/Janšojce, Gemeinde Kolkwitz/Gołkojce, Gemeinde Neiße-Malxetal, Gemeinde Neuhausen/Spree/Kopańce/Sprjewja, Stadt Peitz/Picnjo, Gemeinde Schenkendöbern/Derbno, Gemeinde Schmogrow-Fehrow/Smogorjow-Prjawoz, Stadt Spremberg/Grodk, Gemeinde Tauer/Turjej, Gemeinde Teichland/Gatojce, Gemeinde Tschernitz, Gemeinde Turnow-Preilack/Turnow-Pśiłuk, Stadt Welzow/Wjelcej, Gemeinde Werben/Wjerbno, Gemeinde Wiesengrund/Łukojce
Landkreis Teltow-Fläming:
Gemeinde Am Mellensee, Stadt Baruth/Mark, Stadt Dahme/Mark, Gemeinde Dahmetal, Gemeinde Ihlow, Stadt Jüterbog, Stadt Luckenwalde, Gemeinde Niederer Fläming, Gemeinde Niedergörsdorf, Gemeinde Nuthe-Urstromtal, Stadt Trebbin, Stadt Zossen
Landkreis Uckermark:
Stadt Angermünde, Gemeinde Berkholz-Meyenburg, Gemeinde Boitzenburger Land, Stadt Brüssow, Gemeinde Carmzow-Wallmow, Gemeinde Casekow, Gemeinde Flieth-Stegelitz, Stadt Gartz (Oder), Gemeinde Gerswalde, Gemeinde Göritz, Gemeinde Gramzow, Gemeinde Grünow, Gemeinde Hohenselchow-Groß Pinnow, Stadt Lychen, Gemeinde Mark Landin, Gemeinde Mescherin, Gemeinde Milmersdorf, Gemeinde Mittenwalde, Gemeinde Nordwestuckermark, Gemeinde Oberuckersee, Gemeinde Passow, Gemeinde Pinnow, Stadt Prenzlau, Gemeinde Randowtal, Gemeinde Schenkenberg, Gemeinde Schöneberg, Gemeinde Schönfeld, Stadt Schwedt/Oder, Gemeinde Tantow, Gemeinde Temmen-Ringenwalde, Stadt Templin, Gemeinde Uckerfelde, Gemeinde Uckerland, Gemeinde Zichow
2 Wirtschaftliche Entwicklung, Gewerbe und großflächiger Einzelhandel
N LEPro 2007 § 2 Wirtschaftliche Entwicklung Grundsatz der Raumordnung (G) (1) Die Wachstumschancen der Hauptstadtregion liegen insbesondere in der Metropole Berlin, den räumlichen und sektoralen Schwerpunkten Brandenburgs mit besonderem wirtschaftlichen oder wissenschaftlichen Potenzial und dem Flughafen Berlin Brandenburg International mit seinem Umfeld. (2) Zur bestmöglichen Nutzung der Chancen und Stärkung der Wirtschaftskraft der Hauptstadtregion soll der Einsatz von öffentlichen Mitteln räumlich und sektoral konzentriert werden. (3) In den ländlichen Räumen sollen in Ergänzung zu den traditionellen Erwerbsgrundlagen neue Wirtschaftsfelder erschlossen und weiterentwickelt werden. § 5 Siedlungsentwicklung Grundsatz der Raumordnung (G) (1) Die Siedlungsentwicklung soll auf Zentrale Orte und raumordnerisch festgelegte Siedlungsbereiche ausgerichtet werden. Der Gewerbeflächenentwicklung soll daneben auch in räumlichen Schwerpunkten mit besonderem wirtschaftlichem oder wissenschaftlichem Potenzial angemessen Rechnung getragen werden. (4) Der innerstädtische Einzelhandel soll gestärkt und eine verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung mit Gütern und Dienstleistungen des täglichen Bedarfes (Grundversorgung) gesichert werden. Großflächige Einzelhandelseinrichtungen sollen den Zentralen Orten entsprechend der jeweiligen Funktionszuweisung zugeordnet werden. § 6 Freiraumentwicklung Grundsatz der Raumordnung (G) (6) Für die Gewinnung von standortgebundenen Rohstoffen sollen die raumordnerischen Voraussetzungen erhalten oder geschaffen werden.
G 2.1
Strukturwandel
In Räumen mit starkem wirtschaftlichem Strukturwandel sollen neue Wirtschaftsfelder erschlossen und entwickelt werden. Hierzu sollen integrierte regionale Entwicklungskonzepte erarbeitet werden.
G 2.2
Gewerbeflächenentwicklung
Die Entwicklung von gewerblichen Bauflächen ist unter Berücksichtigung bzw. Beachtung der qualitativen Festlegungen zur Siedlungs- und Freiraumentwicklung in der gesamten Hauptstadtregion möglich. Gewerbliche Bauflächen sollen bedarfsgerecht und unter Minimierung von Nutzungskonflikten an geeigneten Standorten entwickelt werden.
Z 2.3
Großflächige gewerblich-industrielle Vorsorgestandorte - Festlegung durch die Regionalplanung
Für großflächige gewerblich-industrielle Vorhaben sind im Land Brandenburg in den Regionalplänen geeignete Standorte festzulegen.
G 2.4
Logistikstandorte
Logistikfunktionen sollen an geeigneten Standorten gebündelt und bestehende Standorte bedarfsgerecht weiterentwickelt werden
.
Dabei sollen die Potenziale, die sich durch die transeuropäischen Entwicklungsachsen ergeben, berücksichtigt werden.
G 2.5
Informations- und Kommunikationsinfrastruktur
In allen Teilen der Hauptstadtregion soll flächendeckend die Nutzung einer modernen und leistungsfähigen Informations- und Kommunikationsinfrastruktur ermöglicht werden.
Z 2.6
Bindung großflächiger Einzelhandelseinrichtungen an Zentrale Orte
Großflächige Einzelhandelseinrichtungen im Sinne von
§ 11 Absatz 3 der Baunutzungsverordnung (BauNVO)
sind nur in Zentralen Orten zulässig (Konzentrationsgebot).
Z 2.7
Schutz benachbarter Zentren
Großflächige Einzelhandelseinrichtungen dürfen nach Art, Lage und Umfang die Entwicklung und Funktionsfähigkeit bestehender oder geplanter zentraler Versorgungsbereiche benachbarter Zentraler Orte sowie die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung in benachbarten Gemeinden nicht wesentlich beeinträchtigen (raumordnerisches Beeinträchtigungsverbot).
G 2.8
Angemessene Dimensionierung
Neue oder zu erweiternde großflächige Einzelhandelseinrichtungen in den Zentralen Orten sollen der zentralörtlichen Funktion entsprechen (Kongruenzgebot).
Z 2.9
Hersteller-Direktverkaufszentren
Hersteller-Direktverkaufszentren mit einer Verkaufsfläche von mehr als 5 000 Quadratmetern sind nur in der Metropole Berlin und in Oberzentren zulässig.
Z 2.10
Umgang mit Bestandssituationen
Vorhandene genehmigte großflächige Einzelhandelseinrichtungen, die im Widerspruch zu den Plansätzen Z 2.6, Z 2.7, G 2.8 oder Z 2.9 stehen, können verändert werden, wenn hierdurch die genehmigte Verkaufsfläche sowohl insgesamt als auch für nahversorgungsrelevante Sortimente und sonstige zentrenrelevante Sortimente (Tabelle 1 Nummer 1.1 und 1.2) nicht erhöht wird. Durch die Veränderung darf keine Umwandlung zu einem Hersteller-Direktverkaufszentrum im Sinne von Z 2.9 erfolgen. G 2.11 bleibt unberührt.
G 2.11
Strukturverträgliche Kaufkraftbindung
Bei der Entwicklung großflächiger Einzelhandelseinrichtungen soll dafür Sorge getragen werden, dass nicht mehr als 25 Prozent der sortimentsspezifischen Kaufkraft im einschlägigen Bezugsraum gebunden werden.
Z 2.12
Errichtung oder Erweiterung großflächiger Einzelhandelseinrichtungen außerhalb Zentraler Orte
(1) Die Errichtung oder die Erweiterung großflächiger Einzelhandelseinrichtungen ist abweichend von Z 2.6 auch außerhalb der Zentralen Orte zulässig, wenn das Vorhaben überwiegend der Nahversorgung dient und sich der Standort in einem zentralen Versorgungsbereich befindet. Ein Vorhaben dient überwiegend der Nahversorgung, wenn die gesamte vorhabenbezogene Verkaufsfläche 1 500 Quadratmeter nicht überschreitet und auf mindestens 75 Prozent der Verkaufsfläche nahversorgungsrelevante Sortimente nach Tabelle 1 Nummer 1.1 angeboten werden. Soweit die Kaufkraft in einer Gemeinde eine Nachfrage für größere Verkaufsflächen im Bereich der Nahversorgung schafft, sind diese unter Beachtung des Kaufkraftpotenzials in der Gemeinde mit der oben genannten Sortimentsbeschränkung entwickelbar.
(2) In den gemäß Z 3.3 festgelegten Grundfunktionalen Schwerpunkten ist die Errichtung oder die Erweiterung großflächiger Einzelhandelseinrichtungen über die in Absatz 1 getroffenen Festlegungen hinaus zulässig, wenn die zusätzliche vorhabenbezogene Verkaufsfläche 1 000 Quadratmeter nicht überschreitet, wobei für diese keine Sortimentsbeschränkung zu beachten ist.
Z 2.13
Einordnung großflächiger Einzelhandelseinrichtungen innerhalb Zentraler Orte
(1) Großflächige Einzelhandelseinrichtungen mit sonstigen zentrenrelevanten Sortimenten gemäß Tabelle 1 Nummer 1.2 sind nur in zentralen Versorgungsbereichen zulässig (Integrationsgebot).
(2) Großflächige Einzelhandelseinrichtungen mit nicht-zentrenrelevantem Kernsortiment gemäß Tabelle 1 Nummer 2 sind auch außerhalb der zentralen Versorgungsbereiche zulässig, sofern die vorhabenbezogene Verkaufsfläche für zentrenrelevante Randsortimente 10 Prozent nicht überschreitet. Großflächige Einzelhandelseinrichtungen mit zentrenrelevantem Sortiment für die Nahversorgung gemäß Tabelle 1 Nummer 1.1 sind auch außerhalb der zentralen Versorgungsbereiche zulässig.
(3) Vorhandene genehmigte großflächige Einzelhandelseinrichtungen außerhalb zentraler Versorgungsbereiche im Sinne von Absatz 1 können verändert werden, wenn hierdurch die genehmigte Verkaufsfläche sowohl insgesamt, als auch für nahversorgungsrelevante Sortimente und sonstige zentrenrelevante Sortimente (Tabelle 1 Nummer 1.1 und 1.2) nicht erhöht wird. G 2.11 bleibt unberührt. Durch die Veränderung darf keine Umwandlung zu einem Hersteller-Direktverkaufszentrum im Sinne von Z 2.9 erfolgen.
Z 2.14
Einzelhandelsagglomerationen
Der Bildung von Agglomerationen nicht großflächiger Einzelhandelsbetriebe mit zentrenrelevanten Sortimenten außerhalb zentraler Versorgungsbereiche ist entgegenzuwirken (Agglomerationsverbot).
Z 2.15
Oberflächennahe Rohstoffe (ohne fossile Energieträger) - Festlegung durch die Regionalplanung
Gebiete für die Gewinnung oberflächennaher Rohstoffe (ohne fossile Energieträger) sind im Land Brandenburg in den Regionalplänen zu sichern.
3 Zentrale Orte, Grundversorgung und Grundfunktionale Schwerpunkte
N LEPro 2007 § 3 Zentrale Orte Grundsatz der Raumordnung (G) (1) Die Hauptstadtregion soll nach den Prinzipien der zentralörtlichen Gliederung entwickelt werden. Zentrale Orte sollen als Siedlungsschwerpunkte und Verkehrsknoten für ihren Versorgungsbereich räumlich gebündelt Wirtschafts-, Einzelhandels-, Kultur-, Freizeit-, Bildungs-, Gesundheits- und soziale Versorgungsfunktionen erfüllen. (2) Als Zentrale Orte sollen solche Gemeinden bestimmt werden, die aufgrund ihrer räumlichen Lage, der zu versorgenden Bevölkerung ihrer Verflechtungsbereiche, ihrer funktionalen Ausstattung und ihrer Potenziale in der Lage sind, die übergemeindlichen Aufgaben der Daseinsvorsorge langfristig und flächendeckend zu erfüllen.
Z 3.1
Zentralörtliche Gliederung
Im Rahmen der zentralörtlichen Gliederung sind die übergemeindlich wirkenden Angebote der Daseinsvorsorge vorrangig in den Zentralen Orten zu konzentrieren, um ein vielseitiges und erreichbares Angebot für alle Bevölkerungsgruppen im jeweiligen Verflechtungsbereich zu erhalten. In der zentralörtlichen Gliederung der Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg werden Zentrale Orte der Stufen Metropole, Oberzentrum und Mittelzentrum festgelegt.
G 3.2
Grundversorgung
Die Funktionen der Grundversorgung sollen in allen Gemeinden abgesichert werden.
Z 3.3
Grundfunktionale Schwerpunkte - Festlegung durch die Regionalplanung
Grundfunktionale Schwerpunkte werden im Land Brandenburg außerhalb Zentraler Orte in den Regionalplänen festgelegt. Die Grundfunktionalen Schwerpunkte sind im Regionalplan als Ziel der Raumordnung festzulegen. Als Grundfunktionale Schwerpunkte sind die funktionsstarken Ortsteile von geeigneten Gemeinden festzulegen. Die Grundfunktionalen Schwerpunkte in den Achsengemeinden des Berliner Umlandes sind innerhalb des Gestaltungsraumes Siedlung festzulegen.
Funktionszuweisungen im Rahmen der zentralörtlichen Gliederung
Z 3.4
Metropole
(1) Metropole ist die Bundeshauptstadt Berlin.
(2) In der Metropole sind die höchstwertigen metropolitanen Funktionen zu sichern und zu qualifizieren. Die Metropole Berlin hat zentralörtliche Bedeutung. Im europäischen Maßstab ist sie als Wirtschafts-, Wissenschafts-, Kultur-, Bildungs-, Sport-, Handels-, Messe- und politisches Zentrum zu stärken.
Z 3.5
Oberzentren
(1) Oberzentren sind die Landeshauptstadt Potsdam, Brandenburg an der Havel, Cottbus/Chóśebuz und Frankfurt (Oder).
(2) In den Oberzentren sind die hochwertigen Funktionen der Daseinsvorsorge mit überregionaler Bedeutung räumlich zu konzentrieren. Dazu sind Waren- und Dienstleistungsangebote des spezialisierten höheren Bedarfes zu sichern und zu qualifizieren.
Z 3.6
Mittelzentren
(1) Mittelzentren im Weiteren Metropolenraum sind
Angermünde, Bad Belzig, Bad Freienwalde (Oder), Beeskow, Eberswalde, Eisenhüttenstadt, Finsterwalde, Forst (Lausitz)/Baršć (Łužyca), Fürstenwalde/Spree, Guben, Herzberg (Elster), Jüterbog, Kyritz, Lübben (Spreewald)/Lubin (Błota), Lübbenau/Spreewald/Lubnjow/Błota, Luckau, Luckenwalde, Nauen, Neuruppin, Prenzlau, Rathenow, Schwedt/Oder, Seelow, Spremberg/Grodk, Templin, Zossen und in Funktionsteilung Elsterwerda - Bad Liebenwerda, Lauchhammer - Schwarzheide, Perleberg - Wittenberge, Pritzwalk - Wittstock/Dosse, Senftenberg/Zły Komorow - Großräschen, Zehdenick - Gransee sowie Beelitz - Werder (Havel) (im BU).
(2) Mittelzentren im Berliner Umland sind
Bernau bei Berlin, Erkner, Blankenfelde-Mahlow, Falkensee, Hennigsdorf, Königs Wusterhausen, Ludwigsfelde, Oranienburg, Strausberg, Teltow und in Funktionsteilung Neuenhagen bei Berlin - Hoppegarten, Schönefeld - Wildau sowie Werder (Havel) - Beelitz (im WMR).
(3) Die als Mittelzentren in Funktionsteilung festgelegten Gemeinden übernehmen gemeinsam Versorgungsfunktionen für den gemeinsamen Verflechtungsbereich.
(4) In den Mittelzentren sind die gehobenen Funktionen der Daseinsvorsorge mit regionaler Bedeutung räumlich zu konzentrieren. Dazu sind Waren- und Dienstleistungsangebote des gehobenen Bedarfes zu sichern und zu qualifizieren.
4 Kulturlandschaften und ländliche Räume
N LEPro 2007 § 4 Kulturlandschaft Grundsatz der Raumordnung (G) (1) Die Kulturlandschaft soll in ihrer Vielfalt erhalten und zur Stärkung der regionalen Identität und Wirtschaftskraft weiterentwickelt werden. Metropole, Städte und Dörfer sind wichtige Elemente der Kulturlandschaft. Historisch bedeutsame Kulturlandschaften sollen bewahrt und entwickelt werden. (2) Durch eine nachhaltige und integrierte ländliche Entwicklung sollen die Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft, die touristischen Potenziale, die Nutzung regenerativer Energien und nachwachsender Rohstoffe in den ländlichen Räumen als Teil der Kulturlandschaft weiterentwickelt werden. (3) Kulturlandschaften mit besonderem Handlungsbedarf sollen durch eine kooperative Regionalentwicklung auch länderübergreifend gestärkt und weiterentwickelt werden. § 2 Wirtschaftliche Entwicklung Grundsatz der Raumordnung (G) (3) In den ländlichen Räumen sollen in Ergänzung zu den traditionellen Erwerbsgrundlagen neue Wirtschaftsfelder erschlossen und weiterentwickelt werden.
G 4.1
Kulturlandschaftliche Handlungsräume
Kulturlandschaften sollen auf regionaler Ebene identifiziert und weiterentwickelt werden. Ansatzpunkte hierfür gibt es insbesondere in
-
historisch bedeutsamen Kulturlandschaften,
-
von starkem Nutzungswandel betroffenen suburbanen und ländlichen Räumen,
-
Gebieten, die aufgrund der Aufgabe von militärischen, bergbaulichen oder sonstigen Nutzungen einen außergewöhnlichen Sanierungs- und Gestaltungsbedarf aufweisen sowie
-
grenzübergreifenden Kulturlandschaften.
G 4.2
Kulturlandschaftliche Handlungskonzepte
Zur Weiterentwicklung der Kulturlandschaften sollen die lokalen und regionalen Akteurinnen und Akteure durch Vernetzung kulturlandschaftsrelevanter Steuerungsansätze und unter Einbeziehung bürgerschaftlichen Engagements Leitbilder, Strategien sowie Entwicklungs- und Handlungskonzepte erarbeiten und zu deren Umsetzung beitragen.
G 4.3
Ländliche Räume
Die ländlichen Räume sollen so gesichert und weiterentwickelt werden, dass sie einen attraktiven und eigenständigen Lebens- und Wirtschaftsraum bilden, ihre typische Siedlungsstruktur und das in regionaler kulturlandschaftlicher Differenzierung ausgeprägte kulturelle Erbe bewahren und ihre landschaftliche Vielfalt erhalten.
5 Siedlungsentwicklung
N LEPro 2007 § 5 Siedlungsentwicklung Grundsatz der Raumordnung (G ) (1) Die Siedlungsentwicklung soll auf Zentrale Orte und raumordnerisch festgelegte Siedlungsbereiche ausgerichtet werden. [...] (2) Die Innenentwicklung soll Vorrang vor der Außenentwicklung haben. Dabei sollen die Erhaltung und Umgestaltung des baulichen Bestandes in vorhandenen Siedlungsbereichen und die Reaktivierung von Siedlungsbrachflächen bei der Siedlungstätigkeit Priorität haben. (3) Bei der Siedlungsentwicklung sollen verkehrssparende Siedlungsstrukturen angestrebt werden. In den raumordnerisch festgelegten Siedlungsbereichen, die durch schienengebundenen Personennahverkehr gut erschlossen sind, soll sich die Siedlungsentwicklung an dieser Verkehrsinfrastruktur orientieren.
G 5.1
Innenentwicklung und Funktionsmischung
(1) Die Siedlungsentwicklung soll unter Nutzung von Nachverdichtungspotenzialen innerhalb vorhandener Siedlungsgebiete sowie unter Inanspruchnahme vorhandener Infrastruktur auf die Innenentwicklung konzentriert werden. Dabei sollen die Anforderungen, die sich durch die klimabedingte Erwärmung insbesondere der Innenstädte ergeben, berücksichtigt werden.
(2) Die Funktionen Wohnen, Arbeiten, Versorgung, Bildung und Erholung sollen einander räumlich zugeordnet und ausgewogen entwickelt werden.
Z 5.2
Anschluss neuer Siedlungsflächen
(1) Neue Siedlungsflächen sind an vorhandene Siedlungsgebiete anzuschließen.
(2) Für Gewerbe- und Industrieflächen sind Ausnahmen von Absatz 1 zulässig, wenn besondere Erfordernisse des Immissionsschutzes oder der Verkehrserschließung ein unmittelbares Angrenzen neuer Flächen an vorhandene Siedlungsgebiete ausschließen.
Z 5.3
Umwandlung von Wochenend- oder Ferienhausgebieten und von weiteren Siedlungsflächen
Die Umwandlung von Wochenend- oder Ferienhausgebieten und von weiteren hochbaulich geprägten Siedlungsflächen im Außenbereich in Wohnsiedlungsflächen ist zulässig, wenn sie an die vorhandenen Siedlungsgebiete angeschlossen sind.
Z 5.4
Erweiterung von Streu- und Splittersiedlungen
Die Erweiterung von Streu- und Splittersiedlungen ist zu vermeiden.
Z 5.5
Eigenentwicklung für den örtlichen Bedarf
(1) In allen Gemeinden oder Gemeindeteilen, die keine Schwerpunkte für die Wohnsiedlungsflächenentwicklung gemäß Z 5.6 sind, ist eine Wohnsiedlungsentwicklung für den örtlichen Bedarf im Rahmen der Eigenentwicklung nach Absatz 2 möglich.
(2) Die Eigenentwicklung ist durch Innenentwicklung und zusätzlich im Rahmen der Eigenentwicklungsoption mit einem Umfang von bis zu 1 Hektar/1 000 Einwohnerinnen und Einwohner (Stand 31. Dezember 2018) für einen Zeitraum von zehn Jahren für Wohnsiedlungsflächen möglich. Wohnsiedlungsflächen, die in Flächennutzungsplänen oder in Bebauungsplänen vor dem 15. Mai 2009 dargestellt bzw. festgesetzt wurden, aber noch nicht erschlossen oder bebaut sind, werden auf die Eigenentwicklungsoption angerechnet.
(3) Auf die Eigenentwicklungsoption nach Absatz 2 Satz 1 nicht angerechnet werden Wohnsiedlungsflächen, die aufgrund bestandskräftiger Entscheidungen über eine Zielabweichung von 4.5 (Z) Absatz 2
LEP B-B zulässig waren.
Z 5.6
Schwerpunkte der Wohnsiedlungsflächenentwicklung
(1) In Berlin und im Berliner Umland ist der Gestaltungsraum Siedlung der Schwerpunkt für die Entwicklung von Wohnsiedlungsflächen. Die Festlegungen Z 5.2, Z 5.3 und Z 5.4 gelten innerhalb des Gestaltungsraumes Siedlung nicht.
(2) Im Weiteren Metropolenraum sind die Oberzentren und Mittelzentren die Schwerpunkte für die Entwicklung von Wohnsiedlungsflächen.
(3) In den Schwerpunkten nach Absatz 1 und Absatz 2 ist eine quantitativ uneingeschränkte Entwicklung von Wohnsiedlungsflächen über die Eigenentwicklung hinaus möglich.
Z 5.7
Weitere Schwerpunkte der Wohnsiedlungsflächenentwicklung
Weitere Schwerpunkte der Wohnsiedlungsflächenentwicklung sind die gemäß Z 3.3 festgelegten Grundfunktionalen Schwerpunkte. Für die als Grundfunktionale Schwerpunkte festgelegten Ortsteile wird zusätzlich zur Eigenentwicklung der Gemeinde nach Z 5.5 eine Wachstumsreserve in einem Umfang von bis zu 2 Hektar/1 000 Einwohnerinnen und Einwohner (Stand 31. Dezember 2018) der jeweiligen Grundfunktionalen Schwerpunkte für einen Zeitraum von zehn Jahren für zusätzliche Wohnsiedlungsflächen festgelegt.
G 5.8
Wohnsiedlungsflächenentwicklung in den Städten der zweiten Reihe
In den Ober- und Mittelzentren im Weiteren Metropolenraum, die aus der Metropole Berlin über die Schiene in weniger als 60 Fahrminuten erreichbar sind (Städte der zweiten Reihe), sollen wachstumsbedingte Bedarfe an Wohnsiedlungsflächen besondere Berücksichtigung finden. Hierzu sollen Siedlungsflächen für die Wohnungsversorgung vorrangig im Umfeld der Schienenhaltepunkte entwickelt werden.
G 5.9
Wohnsiedlungsflächenentwicklung in Ober- und Mittelzentren des Weiteren Metropolenraums im Einwirkungsbereich benachbarter Metropolen
Die Ober- und Mittelzentren im Weiteren Metropolenraum sollen bei der Entwicklung von Wohnsiedlungsflächen auch Entwicklungsimpulse aus benachbarten Metropolen mit einbeziehen.
G 5.10
Nachnutzung von Konversionsflächen
(1) Militärische und zivile Konversionsflächen sollen neuen Nutzungen zugeführt werden. Konversionsflächen im räumlichen Zusammenhang zu vorhandenen Siedlungsgebieten sollen bedarfsgerecht für Siedlungszwecke entwickelt werden.
(2) Auf versiegelten oder baulich geprägten Teilen von Konversionsflächen außerhalb innerörtlicher Siedlungsgebiete sollen städtebaulich nicht integrierbare Vorhaben zugelassen werden, wenn eine tragfähige Entwicklungskonzeption vorliegt und eine raumverträgliche Verkehrsanbindung gesichert ist. Konversionsflächen außerhalb innerörtlicher Siedlungsgebiete mit hochwertigen Freiraumpotenzialen oder ohne wesentliche bauliche Vorprägung sollen einer Freiraumnutzung zugeführt werden.
6 Freiraumentwicklung
N LEPro 2007 § 6 Freiraumentwicklung Grundsatz der Raumordnung (G) (1) Die Naturgüter Boden, Wasser, Luft, Pflanzen- und Tierwelt sollen in ihrer Funktions- und Regenerationsfähigkeit sowie ihrem Zusammenwirken gesichert und entwickelt werden. Den Anforderungen des Klimaschutzes soll Rechnung getragen werden. (2) Die Inanspruchnahme und die Zerschneidung des Freiraums, insbesondere von großräumig unzerschnittenen Freiräumen, sollen vermieden werden. Zerschneidungswirkungen durch bandartige Infrastruktur sollen durch räumliche Bündelung minimiert werden. (3) Die öffentliche Zugänglichkeit und Erlebbarkeit von Gewässerrändern und anderen Gebieten, die für die Erholungsnutzung besonders geeignet sind, sollen erhalten oder hergestellt werden. Siedlungsbezogene Freiräume sollen für die Erholung gesichert und entwickelt werden. (4) Freiräume mit hochwertigen Schutz-, Nutz- und sozialen Funktionen sollen in einem Freiraumverbund entwickelt werden.
G 6.1
Freiraumentwicklung
(1) Der bestehende Freiraum soll in seiner Multifunktionalität erhalten und entwickelt werden. Bei Planungen und Maßnahmen, die Freiraum in Anspruch nehmen oder neu zerschneiden, ist den Belangen des Freiraumschutzes besonderes Gewicht beizumessen.
(2) Der landwirtschaftlichen Bodennutzung ist bei der Abwägung mit konkurrierenden Nutzungsansprüchen besonderes Gewicht beizumessen. Die Weiterentwicklung von Möglichkeiten der Erzeugung nachhaltiger ökologisch produzierter Landwirtschaftsprodukte ist in Ergänzung zur konventionellen Erzeugung von besonderer Bedeutung.
Z 6.2
Freiraumverbund
(1) Der Freiraumverbund ist räumlich und in seiner Funktionsfähigkeit zu sichern. Raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen, die den Freiraumverbund in Anspruch nehmen oder neu zerschneiden, sind ausgeschlossen, sofern sie die Funktionen des Freiraumverbundes oder seine Verbundstruktur beeinträchtigen.
(2) Ausnahmen von Absatz 1 Satz 2 sind unter der Voraussetzung, dass
-
die raumbedeutsame Planung oder Maßnahme nicht auf anderen geeigneten Flächen außerhalb des Freiraumverbundes durchgeführt werden kann und
-
die Inanspruchnahme minimiert wird,
in folgenden Fällen möglich:
-
für überregional bedeutsame Planungen oder Maßnahmen, insbesondere für eine überregional bedeutsame linienhafte Infrastruktur, soweit ein öffentliches Interesse an der Realisierung besteht,
-
für die Entwicklung von Wohnsiedlungsflächen einschließlich der unmittelbar dafür erforderlichen Flächen für den Gemeinbedarf, für Ver- und Entsorgungsanlagen und für Verkehrsflächen.
7 Verkehrs- und Infrastrukturentwicklung
N LEPro 2007 § 1 Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg Grundsatz der Raumordnung (G) (5) Die zentrale Lage in Europa soll durch leistungsfähige Einbindungen in die internationalen Verkehrskorridore und transeuropäischen Netze sowohl in Nord/Süd- als auch in Ost/West-Richtung besser genutzt werden. § 7 Verkehrsentwicklung Grundsatz der Raumordnung (G) (1) Zur überregionalen Einbindung der Hauptstadtregion und zur Erreichbarkeit Berlins und der übrigen Zentralen Orte sollen ein leistungsfähiges, hierarchisch strukturiertes Netz von Verkehrswegen sowie entsprechende Mobilitätsangebote für Bevölkerung und Wirtschaft unter vorrangiger Nutzung vorhandener Infrastrukturen gesichert und bedarfsgerecht entwickelt werden. Die Luftverkehrsanbindung der Hauptstadtregion soll weiterentwickelt werden. (2) Die Erschließung der Hauptstadtregion mit öffentlichen Verkehrsmitteln soll orientiert auf Berlin und die übrigen Zentralen Orte durch vielfältige, ihrer Funktion und der Nachfrage angepasste Bedienangebote gesichert und weiterentwickelt werden. In Räumen mit verdichteter Siedlungsstruktur soll der öffentliche Personennahverkehr gegenüber dem motorisierten Individualverkehr vorrangig entwickelt werden. (3) Eine umwelt-, sozial- und gesundheitsverträgliche Verkehrsentwicklung soll durch integrierte Verkehrsplanung unter Einbeziehung aller Verkehrsträger und -arten sowie deren Vernetzung, durch verkehrssparende Siedlungsstrukturen, ressourcenschonende Bündelung von Infrastrukturen, Verkehrsverlagerung auf umweltfreundliche Verkehrsträger sowie durch Steigerung der Attraktivität umweltfreundlicher Verkehrsangebote erreicht werden. Für die Mobilität im Nahbereich sollen gute Voraussetzungen geschaffen werden. LEPro 2003 § 19 Grundsatz der Raumordnung (G) (11) Der im Gesamtraum Berlin-Brandenburg zu erwartende Bedarf an Luftverkehrskapazitäten soll durch rechtzeitige Bereitstellung vornehmlich innerhalb des bestehenden internationalen Flughafensystems, insbesondere unter Verringerung der Lärmbetroffenheit, gedeckt werden. Dabei soll der nationale und internationale Luftverkehrsanschluss für Berlin und Brandenburg möglichst auf einen Flughafen konzentriert werden. Hierbei soll eine enge räumliche Beziehung des Flughafens zum Aufkommensschwerpunkt Berlin mit kurzen Zugangswegen und unter Einbindung in das vorhandene Verkehrssystem, insbesondere zum Schienennetz und zum öffentlichen Personennahverkehr, angestrebt werden. Die für den Flughafen sowie für seine Funktionsfähigkeit notwendigen Flächen sollen gesichert werden. Für die allgemeine Luftfahrt sollen ergänzend regionale Flugplätze geschaffen werden. Der Anteil des Kurzstreckenluftverkehrs soll zugunsten des Eisenbahnfernverkehrs erheblich verringert werden.
Z 7.1
Vernetzung der Hauptstadtregion in Deutschland und Europa
(1) Die großräumige verkehrliche Vernetzung der Hauptstadtregion in Europa ist über die transeuropäischen Verkehrskorridore zu entwickeln.
(2) Die Verflechtungen mit der Republik Polen sind zu stärken und die grenzüberschreitenden Verbindungen im Verkehrs- und Kommunikationsbereich gemeinsam weiter zu entwickeln.
(3) Die Kommunikations- und Verkehrsnetze in der Hauptstadtregion sind so zu entwickeln, dass die Position der Hauptstadtregion als bedeutender europäischer Knoten weiter gefestigt und die Verbindungen zwischen den europäischen und nationalen Metropolregionen und Städten sowie die Einbindung in die großräumigen europäischen Raumentwicklungskorridore gestärkt wird.
Z 7.2
Verkehrsverbindungen innerhalb der Hauptstadtregion
Großräumige und überregionale Verkehrsverbindungen zwischen den Zentralen Orten der Hauptstadtregion sind vorrangig zu sichern und nachfragegerecht zu entwickeln.
Z 7.3
Singlestandort BER
(1) Linienflugverkehr und Pauschalflugreiseverkehr mit Flugzeugen sind in Berlin und Brandenburg nur auf dem Verkehrsflughafen Berlin Brandenburg (BER) zulässig, ausgenommen Flugverkehr durch Flugzeuge mit einer zulässigen Höchstabflugmasse von bis zu 14 000 Kilogramm. Bis zur Inbetriebnahme der Kapazitätserweiterung am Standort Schönefeld (BER) ist dieser Verkehr nur auf den Flughäfen des Berliner Flughafensystems zulässig.
(2) Absatz 1 gilt nicht, soweit die bestehende luftverkehrsrechtliche Genehmigung des Verkehrslandeplatzes Cottbus
-
Drewitz dar
über hinausgehenden Verkehr zulässt.
(3) Das Ziel der Raumordnung Z 1 des Landesentwicklungsplanes Flughafenstandortentwicklung (Verordnung zur Änderung der Verordnung über den Landesentwicklungsplan Flughafenstandortentwicklung vom 30. Mai 2006, Berlin: GVBl. Seite 509; Brandenburg: GVBl. II Seite 154) bleibt unberührt.
G 7.4
Nachhaltige Infrastrukturentwicklung
(1) Leitungs- und Verkehrstrassen sollen räumlich gebündelt werden, soweit sicherheitsrelevante Belange nicht entgegenstehen.
(2) Für Vorhaben der technischen Infrastruktur im Außenbereich sollen vorgeprägte raumverträgliche Standorte mit- oder nachgenutzt werden.
(3) Bei Infrastruktur- und anderen Vorhaben mit einem nicht nur unwesentlichen Verkehrsaufkommen soll eine funktionsgerechte Anbindung an das Verkehrsnetz einschließlich öffentlicher Verkehrsmittel sichergestellt werden.
8 Klima, Hochwasser und Energie
N LEPro 2007 § 6 Freiraumentwicklung Grundsatz der Raumordnung (G) (1) [...] Den Anforderungen des Klimaschutzes soll Rechnung getragen werden. (5) Zum vorbeugenden Hochwasserschutz sollen Überschwemmungsgebiete erhalten und Rückhalteräume geschaffen werden. Die Wasserrückhaltung in Flusseinzugsgebieten soll verbessert werden. In Gebieten, die aufgrund ihrer topografischen Lage hochwassergefährdet sind, sollen Schadensrisiken minimiert werden. (6) Für die Gewinnung von standortgebundenen Rohstoffen sollen die raumordnerischen Voraussetzungen erhalten oder geschaffen werden.
G 8.1
Klimaschutz, Erneuerbare Energien
(1) Zur Vermeidung und Verminderung des Ausstoßes klimawirksamer Treibhausgase sollen
-
eine energiesparende, die Verkehrsbelastung verringernde und zusätzlichen Verkehr vermeidende Siedlungs- und Verkehrsflächenentwicklung angestrebt werden,
-
eine räumliche Vorsorge für eine klimaneutrale Energieversorgung, insbesondere durch erneuerbare Energien, getroffen werden.
(2) Ökosysteme wie Wälder, Moore und Feuchtgebiete sollen als natürliche Kohlenstoffsenken zur CO
2
-Speicherung erhalten und entwickelt werden.
(3) Die Energieübertragungs- und -verteilnetze sowie Energiespeicherkapazitäten, insbesondere für Strom und Gas, sollen raumverträglich ausgebaut werden.
Z 8.2
Windenergienutzung - Festlegung durch die Regionalplanung
Gebiete für die Windenergienutzung sind im Land Brandenburg in den Regionalplänen festzulegen.
G 8.3
Anpassung an den Klimawandel
Bei Planungen und Maßnahmen sollen die zu erwartenden Klimaveränderungen und deren Auswirkungen und Wechselwirkungen berücksichtigt werden. Hierzu soll durch einen vorbeugenden Hochwasserschutz in Flussgebieten, durch den Schutz vor Hitzefolgen in bioklimatisch belasteten Verdichtungsräumen und Innenstädten, durch Maßnahmen zu Wasserrückhalt und -versickerung sowie zur Verbesserung des Landschaftswasserhaushaltes Vorsorge getroffen werden.
G 8.4
Vorbeugender Hochwasserschutz - Überschwemmungsgebiete
In den Gebieten, die bei einem Hochwasserereignis mit einem statistischen Wiederkehrintervall von 100 Jahren natürlicherweise überschwemmt werden sowie in Flutungspoldern sind bei Planungen und Maßnahmen den Belangen des vorbeugenden Hochwasserschutzes und der Schadensverringerung besonderes Gewicht beizumessen.
Z 8.5
Vorbeugender Hochwasserschutz - Festlegung durch die Regionalplanung
Gebiete für den vorbeugenden Hochwasserschutz sind im Land Brandenburg in den Regionalplänen festzulegen.
G 8.6
Fossile Energieträger
Die Gewinnung und Nutzung einheimischer Bodenschätze und Energieträger soll aufgrund ihrer wirtschaftlichen Bedeutung räumlich gesichert werden. Nutzungskonflikte sollen hierbei minimiert werden.
9 Interkommunale und regionale Kooperation
N LEPro 2007 § 8 Interkommunale und regionale Kooperation Grundsatz der Raumordnung (G) Die Entwicklungspotenziale der Hauptstadtregion und ihrer Teilräume sollen durch interkommunale, regionale und länderübergreifende Zusammenarbeit auf Grundlage abgestimmter Strategien und integrierter Konzepte aktiviert werden. Kooperationen zwischen Städten und Umlandgemeinden sollen zum Interessenausgleich beitragen.
G 9.1
Zusammenarbeit in Deutschland und Europa
Die Kooperation mit den benachbarten Bundesländern sowie den Staaten West-, Nord-, Süd-, Ost- und Südosteuropas, insbesondere mit dem Nachbarstaat Polen hat einen besonderen Stellenwert für die Hauptstadtregion. Hierzu sollen die vielfältig entstandenen Abstimmungs- und Kooperationsformen weiterentwickelt werden.
G 9.2
Zusammenarbeit zwischen Berlin und dem Berliner Umland
Die länder- und gemeindeübergreifende interkommunale Kooperation zwischen Berlin und den Kommunen im Berliner Umland soll wegen der zunehmenden Verflechtungen weiterentwickelt werden. Die länderübergreifende kooperative Entwicklung der Regionalparks soll weiter verstetigt und ausgebaut werden.
G 9.3
Zusammenarbeit Zentraler Orte mit Gemeinden in ihrem Umland
Die Mittelzentren sollen gemeinsam mit den Gemeinden Stadt-Umland-Entwicklungskonzepte erarbeiten. Auf dieser Basis soll eine enge Zusammenarbeit zwischen dem Zentralen Ort und den Gemeinden seines Verflechtungsbereiches angestrebt werden.
IV Begründungen
1 Hauptstadtregion
Zu Z 1.1
Strukturr
äume der Hauptstadtregion
Bereits im Raumordnungsgesetz des Bundes (ROG 2009)
wird als Aufgabe und Leitvorstellung der Raumordnung formuliert, dass innerhalb des Gesamtraumes den unterschiedlichen Anforderungen für die Entwicklung, Ordnung und Sicherung von Teilräumen Rechnung zu tragen ist. Das gilt auch für die Landesplanung.
§ 1 Absatz 1 ROG 2009 :
„Der Gesamtraum der Bundesrepublik Deutschland und seine Teilräume sind durch zusammenfassende, überörtliche und fachübergreifende Raumordnungspläne, durch raumordnerische Zusammenarbeit und durch Abstimmung raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen zu entwickeln, zu ordnen und zu sichern. Dabei sind 1. unterschiedliche Anforderungen an den Raum aufeinander abzustimmen und die auf der jeweiligen Planungsebene auftretenden Konflikte auszugleichen, 2. Vorsorge für einzelne Nutzungen und Funktionen des Raums zu treffen.„
§ 1 Absatz 3 ROG 2009 :
„Die Entwicklung, Ordnung und Sicherung der Teilräume soll sich in die Gegebenheiten und Erfordernisse des Gesamtraums einfügen; die Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Gesamtraums soll die Gegebenheiten und Erfordernisse seiner Teilräume berücksichtigen (Gegenstromprinzip).“
Das Gesamtgebiet der Länder Berlin und Brandenburg bildet zusammen die Hauptstadtregion. Sie ist eine im europäischen und globalen Maßstab lebendige und vielfältige Metropolregion und liegt zentral an der Nahtstelle Westeuropas zu den Wachstumsmärkten in Nord-, Mittel- und Osteuropa. Aus dieser zentralen Lage in der Mitte Europas ergeben sich für die gesamte Hauptstadtregion besondere Entwicklungschancen. Ihre Bedeutung als funktionaler Knoten im Schnittpunkt dreier transeuropäischer Verkehrskorridore soll für die wirtschaftliche und regionale Entwicklung genutzt werden.
Die Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg ist kein homogener Raum, sondern raum- und siedlungsstrukturell durch drei Räume mit unterschiedlichen Strukturmerkmalen und Entwicklungstrends (vgl. auch Kapitel II), sogenannte Strukturräume, geprägt. Daraus ergeben sich unterschiedliche Handlungs- und Steuerungsbedarfe für die Raumordnung. Die Strukturräume werden durch Ziel 1.1 festgelegt.
Berlin mit seinem gesamten Stadtgebiet ist eine Metropole mit knapp 3,6 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern (Stand: 2016) und bildet den Kern der Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg. Berlin ist mit 4 012 Einwohnern und Einwohnerinnen (EW) je Quadratkilometer (Stand: 2016) die nach München am dichtesten besiedelte deutsche Großstadt, für die in den kommenden Jahren ein starkes Bevölkerungswachstum prognostiziert wird. Die starke Bevölkerungszunahme für Berlin ist ganz überwiegend wanderungsinduziert. Die Auslandszuwanderung spielt hierbei die Hauptrolle, gefolgt von Wanderungsüberschüssen gegenüber den alten Bundesländern.
Berlin ist eng mit dem Berliner Umland verflochten, das 51 Städte und Gemeinden mit 2 888 Quadratkilometern, also circa 10 Prozent der Fläche des Landes Brandenburg, umfasst. Im Umland leben zurzeit circa 966 000 Einwohnerinnen und Einwohner (Stand: 2016) und damit rund 39 Prozent der Brandenburger Bevölkerung. In den Jahren 2012 bis 2016 stieg die Bevölkerung hier um rund 52 000 Einwohner und Einwohnerinnen an, ein Plus von circa 6 Prozent. Diese Wanderungsgewinne speisen sich zumeist aus Berlin und haben nicht nur einen direkten Einfluss auf die Wohnungsbautätigkeit im Umland, sondern auch auf die Pendelverflechtungen. So verbleibt die Mehrheit der Arbeitsplätze der nach Brandenburg Abwandernden in Berlin, was auch zu einer weiteren Zunahme der Pendelverflechtungen führt. Von den zurzeit fast 203 000 brandenburgischen Pendlerinnen und Pendlern nach Berlin stammen fast 80 Prozent aus dem Berliner Umland. Umgekehrt gibt es aber auch einen starken Bezug der Berliner Pendler und Pendlerinnen auf das Brandenburger Umland (gut 85 Prozent der gut 84 000 Berliner Auspendlerinnen und Auspendler nach Brandenburg).
Zum Weiteren Metropolenraum gehören 366 Städte und Gemeinden mit 26 766 Quadratkilometern Fläche, also circa 90 Prozent der Fläche des Landes Brandenburg. Der Weitere Metropolenraum schließt an das Berliner Umland an. Er weist ausgehend von den drei Oberzentren Cottbus/Chóśebuz, Brandenburg an der Havel und Frankfurt (Oder) Verdichtungsansätze auf, ist aber in weiten Teilen ländlich geprägt. In den ländlich geprägten Räumen wirken die Mittelzentren mit ihren multifunktionalen Schwerpunkten als Anker im Raum. Im Weiteren Metropolenraum leben rund 1,53 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner (Stand: 2016) mit sinkender Tendenz. In diesem Raum ist trotz teilräumlicher Differenzierungen, die Entwicklung gegenläufig zu der im Berliner Umland in den nächsten Jahren mit einer weiteren Abnahme der Bevölkerung zu rechnen, die zunehmend allerdings nicht auf Wanderungsverluste, sondern vor allem auf ein erhebliches und sich ausweitendes Geburtendefizit zurückzuführen ist.
Die drei Strukturräume Berlin, Berliner Umland und der Weitere Metropolenraum der Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg ergänzen sich mit ihren unterschiedlichen Potenzialen und Besonderheiten. Sie weisen vielfältige Verflechtungen miteinander auf und entwickeln sich aufeinander bezogen, wobei die räumlich differenzierte Vielfalt und Identität des Gesamtraumes erhalten bleibt.
Die raumstrukturellen Besonderheiten der drei oben genannten Strukturräume werden auch in den nächsten Jahren fortbestehen. So wird beispielsweise das teilräumliche Nebeneinander von Wachstum und Rückgang der Bevölkerung im Land Brandenburg künftig weiterhin bestehen. Die unterschiedliche Struktur und Entwicklung der Räume erfordern einen unterschiedlichen raumordnerischen Handlungs- und Steuerungsansatz. Die räumlichen Entwicklungsbedingungen und -trends sollen durch angemessene raumordnerische Planungen und Steuerungsinstrumente unterstützt werden.
Während es im Weiteren Metropolenraum vor allem darum geht, die Zentralen Orte als Rückgrat einer polyzentrischen Raum- und Siedlungsstruktur zu stärken, die für die Sicherung und Entwicklung des Gesamtraumes von zentraler Bedeutung sind, besteht in Berlin und dem Berliner Umland ein erhöhter ordnender Handlungs- und Steuerungsbedarf (Ordnungsraum). Aufgrund der hier stattfindenden sehr dynamischen Entwicklung ist dieser Raum u. a. durch eine weiter zunehmende Verdichtung, ein wachsendes Verkehrsaufkommen und zunehmende Raumnutzungskonflikte gekennzeichnet. Um eine nachhaltige Siedlungs- und Freiraumstruktur mit den erforderlichen Infrastrukturen zu ermöglichen, ist es erforderlich, ein landesplanerisches Steuerungsregime zu entwickeln, das den besonderen Anforderungen gerecht wird und Potenziale optimal nutzt.
Die Ministerkonferenz für Raumordnung (MKRO) definiert bereits seit den sechziger Jahren Strukturräume, die nach einheitlichen Abgrenzungskriterien festgelegt werden. So gibt es sogenannte Ordnungsräume, die aus „Verdichtungsräumen“ als hoch verdichtetem Zentralbereich (von der MKRO zuletzt im Jahr 1993 abgegrenzt) und noch zu definierenden „Verdichtungsrandzonen“ bestehen. Die Abgrenzung basiert dabei jedoch lediglich auf zwei Merkmalen, die zusammen Verdichtung kennzeichnen: Siedlungsdichte (Einwohner/Einwohnerinnen je Quadratkilometer Siedlungsfläche) und Anteil der Siedlungs- und Verkehrsfläche an der Gesamtfläche. Zu den Verdichtungsräumen gehören Gemeinden, deren Fläche im Vergleich zum Bundesdurchschnitt überdurchschnittlich als Siedlungs- und Verkehrsfläche genutzt wird und die gleichzeitig eine über dem Bundesdurchschnitt liegende Siedlungsdichte aufweisen.
Da sich der Ordnungsbedarf, wie oben beschrieben, jedoch nicht nur aus einer zunehmenden Verdichtung ergibt, wurden für die Abgrenzung der Strukturräume der Hauptstadtregion die folgenden relevanten Kriterien angewendet:
-
Bevölkerungsentwicklung,
-
Siedlungsdichte (EW/km ²
Siedlungs- und Verkehrsfläche),
-
Siedlungs- und Verkehrsflächenentwicklung in Prozent,
-
Baufertigstellungsquote (Wohneinheiten/1 000 EW),
-
Arbeitsplatzsituation (sozialversicherungspflichtig Beschäftigte),
-
Pendler (Ein- und Auspendler je 1 000 EW und insgesamt),
-
Wanderung (Zu- und Fortzüge je 1 000 EW und insgesamt),
-
Lage-Distanz-Parameter (Luftlinienentfernung in Kilometer Hauptortsteil zu Berlin bzw. Potsdam) und besondere Anbindungsqualität an den Schienenpersonennahverkehr (SPNV).
Die Bewertung nach diesem Indikatorenset wurde ergänzt durch die folgenden planerisch-normativen Kriterien:
1
Zuordnung von Gemeinden bzw. Teilräumen mit hochwertigen Freiraumentwicklungs- und Naherholungsfunktionen in unmittelbarer Nachbarschaft der verdichteten Kerne bzw. achsialen Konzentrationszonen des Stadt-Umland-Raumes.
2
Zuordnung von Gemeinden mit siedlungsstrukturellen Entwicklungsfunktionen für Berlin und Berliner Umland (insbesondere solche mit zentralörtlichen Funktionen).
3
Zuordnung von Gemeinden mit enger räumlicher Vernetzung zu den beiden Kernen Berlin und Potsdam auf den Gebieten der Wirtschafts- und Verkehrsentwicklung (zum Beispiel Flughafen BER und sein Umfeld, Standorte der Güterverkehrszentren (GVZ), raumbedeutsame gewerblich-industrielle Standorte).
4
Der abgegrenzte Raum für Berlin und das Berliner Umland muss die entwicklungsbestimmenden Achsen aufnehmen.
5
In der Regel sollen bei der Zuordnung von Gemeinden zum Raum Berlin und Berliner Umland deren Siedlungsflächen insgesamt oder deren Hauptortsteile auf den SPNV-Achsen bis zu einer Entfernungsdistanz von 25 Kilometern liegen, gemessen vom S-Bahn-Ring Berlins, bzw. im Potsdamer Umland bis zu einer Entfernung von 15 Kilometern liegen, gemessen vom Hauptbahnhof Potsdams. Diese räumliche Ausdehnung entspricht einem Radius von rund 30 Kilometern um den geografischen Mittelpunkt Berlins bzw. von 15 Kilometern um den Hauptbahnhof Potsdam und erscheint als solche unter Berücksichtigung raumstrukturell effizienter und gesellschaftlich verträglicher Raum-Zeit-Distanzen geeignet, die angestrebte Konzentration auf einen kompakten Raum Berlin und Berliner Umland zu verwirklichen.
Diese Strukturräume, die bereits 2009 auf Grundlage des
Landesentwicklungsplanes Berlin-Brandenburg (LEP B-B)
für die Raumanalyse eingeführt wurden und den „engeren Verflechtungsraum“ sowie den „äußeren Entwicklungsraum“ abgelöst haben, dienen auch als Referenzkulisse für Fachplanungen und haben als Untersuchungs- und Analyseräume bereits Eingang in die Statistik und Fachberichterstattung gefunden.
Auf den nachfolgenden Planungsebenen ist in diesem Rahmen eine Binnendifferenzierung der Strukturräume grundsätzlich möglich, soweit hierfür aufgrund regionaler Erfordernisse ein Regelungsbedarf besteht.
2 Wirtschaftliche Entwicklung, Gewerbe und großflächiger Einzelhandel
Zu G 2.1
Strukturwandel
In Gebieten, die stark vom wirtschaftlichen Strukturwandel (zum Beispiel durch die Neuausrichtung der Energiepolitik) betroffen sind bzw. sein werden, ist die Entwicklung und Erschließung neuer, zukunftsfähiger Wirtschaftsfelder von besonderer Bedeutung. Dies würde zum einen nicht nur zu einer Diversifizierung der Erwerbsgrundlagen und somit zur Schaffung von Arbeitsplätzen beitragen, sondern wäre auch Voraussetzung für eine Stabilisierung und Entwicklung der Räume. Damit diese Entwicklung jedoch auch nachhaltig ist, ist es erforderlich, nicht nur die Entwicklungsmöglichkeiten einzelner Wirtschaftsfelder, sondern die Räume und ihre Entwicklungsmöglichkeiten als Ganzes zu betrachten. Daher sollen unter Berücksichtigung der jeweiligen Standortfaktoren und Potenziale sowie der spezifischen Voraussetzungen integrierte regionale Entwicklungskonzepte entwickelt werden. Dabei gilt es, endogene Potenziale und bestehende Kooperationsstrukturen zu nutzen. Die Umsetzung der Innovationsstrategie Berlin-Brandenburg spielt hierbei eine zentrale Rolle.
Ein besonders prägnantes Beispiel für eine Region im Strukturwandel ist die Lausitz, zu deren Unterstützung die Landesregierungen Brandenburgs und Sachsens im Juni 2017 einen gemeinsamen Beschluss („Gemeinsam für die Zukunft der Industrieregion Lausitz“) verabschiedet haben.
Die Zukunft der Lausitz hängt maßgeblich davon ab, dass der Strukturwandel gestaltet wird und frühzeitig Voraussetzungen für die Sicherung von Arbeitsplätzen und Wertschöpfung in der Region geschaffen werden. Deshalb sollen unter Berücksichtigung bereits bestehender Ansätze und Instrumente auf regionaler Ebene entsprechende Konzepte erarbeitet werden. Der Zusammenarbeit zwischen Land und Region kommt hierbei eine wichtige Bedeutung zu.
Zu G 2.2
Gewerbeflächenentwicklung
Gemäß dem Grundsatz der Raumordnung in
§ 2 Absatz 2 Nummer 4 ROG 2009 soll der Raum so entwickelt werden, dass eine langfristig wettbewerbsfähige und räumlich ausgewogene Wirtschaftsstruktur und wirtschaftsnahe Infrastruktur sowie ein ausreichendes und vielfältiges Angebot an Arbeits- und Ausbildungsplätzen entsteht.
Zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit sind die Standortbedingungen den wirtschaftlichen Erfordernissen entsprechend flexibel zu gestalten. Insbesondere gilt es, gewerblichen Betrieben verschiedener Branchen und Größen eine Ansiedlung und Erweiterung zu ermöglichen, um die Wirtschaftskraft zu verbessern und Abwanderungstendenzen entgegenzuwirken und um im Standortwettbewerb mit Regionen außerhalb der Hauptstadtregion zu bestehen. Aus diesem Grund werden die notwendigen Spielräume für die Entwicklung von Industrie- und Gewerbeflächen geschaffen. So beziehen sich die Festlegungen zur Eigenentwicklung für den örtlichen Bedarf (Z 5.5) ausschließlich auf Wohnsiedlungsflächen.
Eine standörtliche Bindung der Neuausweisung von gewerblichen Bauflächen an die zentralörtliche Gliederung ist nicht vorgesehen. Jedoch gelten auch bei der Planung gewerblicher Bauflächen die in G 5.1, Z 5.2, Z 5.4 und Z 6.2 festgelegten qualitativen Grundsätze und Ziele. So sollen möglichst auch bei der gewerblichen Entwicklung vorhandene Nachverdichtungspotenziale genutzt und die verschiedenen Funktionen (Arbeiten und Wohnen etc.) räumlich einander zugeordnet werden. Das Gebot zum Anschluss neuer Gewerbeflächen an vorhandene Siedlungsflächen ist zu beachten. Ausnahmen hiervon sind jedoch zulässig, wenn besondere Erfordernisse des Immissionsschutzes dies erfordern (Abstandsgebot). Darüber hinaus sind Ausnahmen zulässig bei besonderen Erfordernissen der Verkehrserschließung, wie der Vermeidung von großen Verkehrsmengen oder Schwerlastverkehr durch Siedlungen oder bei besonderen verkehrlichen Standortanforderungen, wie besondere Anschlusserfordernisse des Gewerbes. Die Erweiterung von Streu- und Splittersiedlungen durch die gewerbliche Entwicklung ist ebenfalls zu vermeiden.
Eine Inanspruchnahme des Freiraumverbundes ist ausgeschlossen und nur unter den in Z 6.2 Absatz 2 genannten Ausnahmen möglich.
Dem Freiraumschutz, der kosteneffizienten Nutzung vorhandener technischer Infrastrukturen sowie der notwendigen Konzentration der Siedlungsentwicklung wird in der Regel am besten durch eine bedarfsgerechte Festlegung neuer gewerblicher Bauflächen unmittelbar angrenzend an vorhandene Siedlungsgebiete Rechnung getragen.
Die Planung neuer gewerblicher Bauflächen soll bedarfsgerecht und nachhaltig erfolgen. Neben einer verkehrlich guten Anbindung kann eine möglichst geringe Inanspruchnahme neuer Flächen niedrige Infrastrukturfolgekosten nach sich ziehen.
Zu Z 2.3
Großflächige gewerblich-industrielle Vorsorgestandorte - Festlegung durch die Regionalplanung
Über die Bauleitplanung werden die kurz- und mittelfristig entwickelbaren kleinen und mittleren Gewerbeflächen gesichert. Durch Festlegungen in den Regionalplänen können in Brandenburg die überörtlich bedeutsamen gewerblichen Siedlungsbereiche in ihrer Entwicklung unterstützt werden.
Darüber hinaus sind für gewerblich-industrielle Nutzungen mit herausgehobener Bedeutung für die jeweilige Region in Brandenburg durch die Regionalplanung nach Qualität und Größe geeignete Flächen vorzuhalten.
Hierbei geht es um die langfristige Flächenvorsorge für gewerblich-industrielle Ansiedlungen mit großem Flächenbedarf. Der Vorsorgeaspekt bezieht sich auf eine weitgehende Freihaltung von entgegenstehenden, auch kleinteiligen gewerblichen Nutzungen, sofern keine Ansiedlung in Ausbaustufen eines Vorhabens begründet wird. Hiermit kann im überregionalen Standortwettbewerb Ansiedlungswilligen zeitnah ein differenziertes Angebot von großen geeigneten Flächen für gewerblich-industrielle Vorhaben unterbreitet werden. Da diese Flächen langfristig von kleinteiliger Nutzung freizuhalten sind, soll sich die Festlegung pro Region auf wenige, besonders geeignete Standorte konzentrieren.
Bei der Standortauswahl und -prüfung sind insbesondere folgende Kriterien heranzuziehen:
-
herausragende Standortgunst und besonders günstige Erreichbarkeit in Bezug auf das großräumige funktionale Verkehrsnetz, insbesondere im räumlichen Bezug zur Metropole Berlin, zu Ober- und Mittelzentren und Regionalen Wachstumskernen im Land Brandenburg,
-
räumliche Nähe zu mindestens einem weiteren Verkehrsträger neben der Straßenanbindung,
-
eine Fläche von 100 Hektar als Orientierungswert,
-
konfliktarme Lage in Bezug auf benachbarte Raumnutzungen,
-
ressourcenökonomische Erschließungsvorteile, ökonomischer Flächenzuschnitt, geeignete Bodenbeschaffenheit, Verfügbarkeit, Verkehrsanbindung und Erschließbarkeit mit technischer Infrastruktur im Hinblick auf eine grundsätzliche gewerblich-industrielle Nutzung,
-
attraktive „weiche“ Standortfaktoren (Wohn- und Freizeitbedingungen, Bildungsangebote und qualifizierte Arbeitskräfte).
Wirtschaftliche Wachstums- und Innovationspotenziale einer Region können dadurch räumlich gebündelt werden. Eine branchenbezogene Profilierung der regional bedeutsamen Standorte kann Synergieeffekte für die Unternehmen erzeugen und von Vorteil für die Vermarktung sein.
In Berlin erfolgt die Flächenvorsorge für gewerbliche Bauflächen mit dem Flächennutzungsplan in Verbindung mit den qualitativen Zielen und der Flächenkulisse des Stadtentwicklungsplanes Industrie und Gewerbe (einschließlich Entwicklungskonzept für den produktionsgeprägten Bereich).
Zu G 2.4
Logistikstandorte
Zur umweltgerechten Abwicklung des Güterverkehrs und zur Stärkung der Logistikfunktion in der Hauptstadtregion, insbesondere zur Versorgung der Metropole und im Transitverkehr, sind leistungsfähige Schnittstellen zwischen den Verkehrsträgern Schiene, Straße und Wasserstraße erforderlich. Durch die Konzentration auf diese Schnittstellen und Entwicklung entsprechender Logistikkonzepte sollen die Verkehrsverlagerung auf umweltfreundliche Verkehrsträger gefördert und Umweltbelastungen, insbesondere durch den weiter zunehmenden Straßengüterverkehr, vermindert werden.
Geeignete Standorte hierfür zeichnen sich insbesondere durch Multimodalität und eine leistungsfähige Anbindung an das übergeordnete Verkehrswegenetz aus.
Der Logistikbranche kommt durch den wachsenden weltweiten Warenaustausch, der hierauf basierenden Nachfrage nach logistischen Dienstleistungen und den damit verbundenen Möglichkeiten eigener Wertschöpfung für die Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg eine hohe wirtschaftliche Bedeutung zu.
Insbesondere die gebündelten Infrastrukturvoraussetzungen im Kern der Hauptstadtregion bieten weitreichende Entwicklungschancen für die intensivere Einbindung des Knotens in die transeuropäischen Netze (Urban Node, vgl. auch Kapitel II).
Für den deutsch-polnischen Verflechtungsraum zeigt das Gemeinsame Zukunftskonzept 2030 Entwicklungspotenziale auf, die sich aus der deutsch-polnischen Zusammenarbeit ergeben.
Zum Grundnetz für die Organisation des Güterverkehrs und Güterumschlags in der Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg gehören insbesondere die Güterverkehrszentren Berlin Süd-Großbeeren, Berlin Ost-Freienbrink, Berlin West-Wustermark/Brieselang, Frankfurt (Oder), die innerstädtischen Güterverkehrs- bzw. Logistikzentren in Berlin wie der Westhafen, die öffentlichen und privaten Binnenhäfen der Region mit ihrem zum Teil umfangreichen Dienstleistungsangebot sowie ergänzende Standorte des kombinierten Verkehrs. Im Zusammenhang mit dem Ausbau des Internationalen Verkehrsflughafens Berlin-Schönefeld zum Verkehrsflughafen BER kommt hier der Entwicklung eines weiteren Logistikstandortes eine große Bedeutung zu. Insbesondere durch die dadurch entstehende Bündelung von Güter- und Personentransporten kann sich der Standort zu einem bedeutenden Knotenpunkt entwickeln. Der Erhaltung und bedarfsgerechten Erweiterung dieser Umschlag- und Logistikstandorte kommt ein besonderes Gewicht zu.
Güterverkehrszentren (GVZ) bieten durch Umschlagsanlagen insbesondere für den kombinierten Verkehr und die Verknüpfung logistischer Dienstleistungen günstige Voraussetzungen für die angestrebte stärkere Nutzung CO
2
-armer Verkehrsmittel.
Neben der Entwicklung konzentrierter Logistikstandorte ist für die umweltfreundliche Abwicklung spezifischer Güterverkehrsbeziehungen die Sicherung, Schaffung und Nutzung geeigneter Gleisanschlüsse von erheblicher Bedeutung und soll daher bei entsprechenden Planungen und Maßnahmen im Zusammenhang mit gewerblicher Entwicklung und (Um-)Nutzung von Bahnflächen berücksichtigt werden.
Zu G 2.5
Informations- und Kommunikationsinfrastruktur
Der Zugang zu modernen Informations- und Kommunikationsinfrastrukturen ist eine wichtige Voraussetzung zur Schaffung und Wahrung gleichwertiger Lebensverhältnisse und für eine wettbewerbsfähige Wirtschaftsentwicklung. Die flächendeckende Verfügbarkeit leistungsfähiger Telekommunikations-Infrastrukturen zur Breitbandversorgung gilt als Grundvoraussetzung für die Teilhabe von Wirtschaft und Bevölkerung an der Wissens- und Informationsgesellschaft wie auch als Voraussetzung für die Anpassung anderer Infrastrukturleistungen an geänderte Rahmenbedingungen (zum Beispiel e-Government) und ist somit ein bedeutender Standortfaktor. Der Infrastrukturausbau als Voraussetzung für neue Dienste darf sich daher nicht nur auf verdichtete Räume beschränken, er muss vielmehr auch die Fläche mit geringerer Anschlussdichte angemessen berücksichtigen.
Neue Kommunikationstechnologien können einen wichtigen Beitrag leisten, um regionale Benachteiligungen abzubauen, indem in Zukunft stoffliche Mobilität durch immaterielle Internetkommunikation ersetzt werden, etwa im Zugang zu öffentlichen Diensten. Die Sicherung und der Ausbau einer flächendeckend bedarfsgerechten Versorgung, auch unter den veränderten Bedingungen liberalisierter Märkte, sind unerlässlich. Informations- und Kommunikationstechnologien können so einen wichtigen Beitrag dazu leisten, Folgen des demografischen Wandels auf die Ausstattung mit stationären Infrastrukturen auszugleichen.
Die Landesregierungen Berlin und Brandenburg nehmen im Rahmen ihres jeweiligen Verantwortungsbereiches die Aufgabe wahr, sowohl den Ausbau der Informations- und Kommunikationsinfrastruktur, wie auch die Digitalisierung zu befördern und (mit)zu gestalten. Im Land Brandenburg benennt die „Zukunftsstrategie Digitales Brandenburg“ hierfür Ziele und beschreibt Handlungsfelder, die dem direkten Einfluss des Landes unterliegen. Für die Zukunftsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Berlin ist eine Breitbandversorgung im Gigabitbereich auf der Grundlage einer flächendeckenden Glasfaserinfrastruktur zwingend erforderlich. Um den eigenwirtschaftlichen Ausbau anzuregen und durch gute Rahmenbedingungen abzusichern, hat die Berliner Landesregierung ein Breitbandkompetenzteam mit der Koordinierung des Breitbandausbaus in Berlin beauftragt.
Der Ausbau der Breitbandversorgung zur Erlangung einer flächendeckenden Versorgung erfolgt durch privatwirtschaftliche Investitionen von Infrastruktur- und Telekommunikationsanbietern. Er kann durch staatliche Rahmenbedingungen (zum Beispiel das Gesetz zur Erleichterung des Ausbaus digitaler Hochgeschwindigkeitsnetze (DigiNetzG) und Förderprogramme) beschleunigt und insbesondere in den Gebieten gefördert werden, in denen kein marktgetriebener Ausbau stattfindet. Die Bundesregierung hat hierzu im Oktober 2015 ein inzwischen milliardenschweres Breitbandförderprogramm aufgelegt. Mit der Novellierung zum Juli 2018 ist das Förderziel einer Breitbandverfügbarkeit von mindestens 50 Mbit/s auf ein Gigabit/s symmetrisch am Haus angehoben worden. Die Brandenburger Landesregierung unterstützt die antragstellenden Gebietskörperschaften durch die Kofinanzierung sowie juristische und technische Breitbandkompetenzen, um damit eine kompetente Beratung der Gebietskörperschaften zu gewährleisten. Im Land Berlin wird das Breitbandkompetenzteam die Vernetzung zwischen den Netzbetreibern und den am Ausbau beteiligten Akteurinnen und Akteuren im Rahmen verschiedener Dialog-Formate vorantreiben sowie eine Breitband-Plattform bereitstellen, um bestehende Bedarfe an hochleistungsfähigen Bandbreiten zentral zu erfassen und an die Provider weiterzuleiten. Ziel ist es, den eigenwirtschaftlichen Ausbau anzuregen und mit Hilfe der Plattform einen bedarfsgerechten, wirtschaftlichen und effizienten Breitbandausbau zu sichern.
Zu Z 2.6
Bindung großflächiger Einzelhandelseinrichtungen an Zentrale Orte
Schon im Raumordnungsgesetz des Bundes (ROG 2009)
wird die raumordnerische Steuerung von Dienstleistungs-, Versorgungs- und Infrastrukturangeboten benannt.
§ 2 Absatz 2 Nummer 3 Satz 1 ROG 2009
:
„Die Versorgung mit Dienstleistungen und Infrastrukturen der Daseinsvorsorge, insbesondere die Erreichbarkeit von Einrichtungen und Angeboten der Grundversorgung für alle Bevölkerungsgruppen, ist zur Sicherung von Chancengerechtigkeit in den Teilräumen in angemessener Weise zu gewährleisten; dies gilt auch in dünn besiedelten Regionen.“
Die unmittelbar wirkenden Grundsätze des
ROG 2009 finden ihre Konkretisierung im zweistufigen System der gemeinsamen Raumordnungsplanung der Länder Berlin und Brandenburg.
Die Versorgung mit Dienstleistungen und Infrastrukturen der Daseinsvorsorge, insbesondere die Erreichbarkeit von Einrichtungen und Angeboten der Grundversorgung für alle Bevölkerungsgruppen ist zur Sicherung von Chancengerechtigkeit in den Teilräumen in angemessener Weise zu gewährleisten; dies gilt auch in dünn besiedelten Regionen. Nicht großflächiger Einzelhandel ist als Teil der Nahversorgung in jedem bewohnten Ortsteil zulässig und wünschenswert.
Die raumordnerische Steuerung bezieht sich somit auf Planungen für die Errichtung oder Erweiterung großflächiger Einzelhandelseinrichtungen, einschließlich der Erweiterung vorhandener kleinerer Einzelhandelsbetriebe in die Großflächigkeit hinein sowie der Agglomeration nicht großflächiger Einzelhandelsbetriebe und kombinierter großflächiger und nicht großflächiger Einzelhandelsbetriebe innerhalb eines räumlichen Zusammenhangs. Der Begriff der Einzelhandelseinrichtung umfasst Einkaufszentren, Einzelhandelsbetriebe und vergleichbare Handelsbetriebe im Sinne von
§ 11 Absatz 3 Satz 1 der Baunutzungsverordnung (BauNVO)
unter Einschluss von Herstellerdirektverkaufszentren. Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. November 2005 (BVerwG, 4 C 10.04 = BRS 69 Nummer 71) sind Einzelhandelsbetriebe dann großflächig im Sinne von
§ 11 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 BauNVO , wenn sie die Verkaufsfläche von 800 Quadratmetern überschreiten. Die Verkaufsfläche ist entsprechend der zu
§ 11 Absatz 3 BauNVO ergangenen Rechtsprechung zu berechnen.
Entwicklungsprozesse im Einzelhandel sind geprägt durch Konzentration auf großflächige Einrichtungen, die Schließung kleinerer Verkaufsstellen und einen zunehmenden Rückzug des Einzelhandels aus der Fläche. Seit einigen Jahren gewinnt auch der Online-Handel zunehmend an Bedeutung und entzieht dem stationären Einzelhandel in Stadt und Land immer größer werdende Umsatzanteile. Der wohnortnahe nicht großflächige Einzelhandel steht daher in einem Verdrängungswettbewerb mit sich vergrößernden stationären Angebotsformaten wie auch mit solchen aus dem Internet. Der Online-Handel entzieht sich aufgrund seiner virtuellen Angebots- und Transaktionsformen und der enträumlichten Käufer-Verkäufer-Beziehungen der raumordnerischen Steuerung. Die Raumwirkung dieser Vertriebsstruktur liegt vor allem in dem Entstehen einer Vielzahl neuer Logistikstandorte als Verteilzentren für die virtuell vereinbarten Käufe.
Die quantitative Ausstattung (Versorgungsdichte) mit Einzelhandelsverkaufsflächen je Einwohner/Einwohnerin
2
liegt in der Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg bei durchschnittlich 1,45 Quadratmetern. Dieser Wert entspricht in etwa dem Mittelwert für Deutschland. Hierbei unterscheidet sich die Ausstattung im Land Berlin und im Land Brandenburg erheblich. Im Land Berlin entfallen auf jede(n) Einwohner/Einwohnerin 1,24 Quadratmeter Einzelhandelsverkaufsfläche, im Land Brandenburg hingegen 1,75 Quadratmeter.
Die Standortpräferenzen für großflächige Einzelhandelseinrichtungen orientierten sich in der Vergangenheit häufig an niedrigen Grundstückspreisen und günstiger Erreichbarkeit mit dem PKW und erzeugen zusätzliches Verkehrsaufkommen. Standorte außerhalb der Zentralen Orte und Grundfunktionaler Schwerpunkte (GSP) gefährden die angestrebte Siedlungs- und Versorgungsstruktur. Der Einzelhandel hat gerade in seiner großflächigen Erscheinungsform zentrums- und identitätsbildende Funktion und bedeutende Wirkungen auf die Erzeugung von Verkehren.
Durch eine Bindung von großflächigen Einzelhandelseinrichtungen an Zentrale Orte und der damit verbundenen räumlichen Bündelungswirkung wird dem Ziel der Verkehrsreduzierung Rechnung getragen.
Z 2.6 enthält ein auf den Schutz der zentralörtlich gegliederten Versorgungsstruktur sowie der verbrauchernahen Versorgung gerichtetes Konzentrationsgebot.
Die Raumordnungsplanung kann die Standortwahl von großflächigen Einzelhandelseinrichtungen und damit die Standortstruktur, die Dimensionierung der Standorte und ihre Standortrahmenbedingungen sowie die Sortimentsstruktur beeinflussen. Ebenso kann sie Einfluss nehmen auf die Integration großflächiger Einzelhandelsbetriebe in die bestehenden Zentren und ihre städtebauliche Einbindung sowie die Vereinbarkeit der Nutzungen an neuen Standorten mit dem Ziel der wohnungsnahen Grundversorgung und der Zentrenverträglichkeit.
Die Raumordnungsplanung kann nicht den Konzentrations- und Filialisierungsprozess oder die Entwicklung neuer großflächiger Betriebsformen im Einzelhandel oder den Online-Handel verhindern, die Ansiedlung bestimmter Betriebsformen oder bestimmter Betreiberinnen und Betreiber grundsätzlich untersagen, die Betreiberinnen und Betreiber zu einem moderneren Marketing, zu verbessertem betriebswirtschaftlichen Know-how oder zur Modernisierung der Verkaufseinrichtungen zwingen oder gar die Mietenentwicklung bestimmen.
Zu Z 2.7
Schutz benachbarter Zentren
Z 2.7 enthält ein auf den Schutz bestehender oder geplanter zentraler Versorgungsbereiche benachbarter Zentraler Orte sowie den Schutz der verbrauchernahen Versorgung innerhalb der jeweiligen Gemeinde gerichtetes raumordnerisches Beeinträchtigungsverbot. Während sich die gehobenen Versorgungsfunktionen Zentraler Orte auf den mittelzentralen Verflechtungsbereich beziehen, ist von einer verbrauchernahen Nahversorgung auszugehen, wenn Einzelhandelseinrichtungen der Nahversorgung auf die Nahversorgung der jeweiligen Standortgemeinde bezogen sind.
Bei der Planung großflächiger Einzelhandelseinrichtungen ist zu beachten, dass die Zuordnung einzelner Vorhaben entsprechend der festgelegten raumordnerischen Funktionszuweisung (Metropole, Ober- bzw. Mittelzentrum) erfolgt. Zudem ist die Funktion des Vorhabens je nach Art (Kernsortiment zentrenrelevant oder nahversorgungsrelevant), nach Lage (Standort innerhalb eines Zentralen Ortes oder außerhalb, in einen zentralen Versorgungsbereich integriert oder nicht) und nach Umfang (potenzieller Einwohner-Einzugsbereich der Verkaufsfläche sowie die darauf entfallenden Kaufkraftpotenziale) zu beurteilen. Die zentralörtlichen Verflechtungsbereiche können als Orientierungsmaßstab hinsichtlich des Einzugsbereiches eines Vorhabens verwendet werden.
Im Ergebnis neuer Ansiedlungen soll es zu keiner wesentlichen Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit bestehender oder geplanter zentraler Versorgungsbereiche benachbarter Zentraler Orte, insbesondere mit gleicher bzw. höherer Zentralität kommen. Zur Beurteilung von Ansiedlungsvorhaben ist die Erstellung handelswissenschaftlicher Gutachten zur Beurteilung der Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in benachbarten Gemeinden erforderlich. Diese Gutachten sind vom Projektträger zu finanzieren und werden nach Vorgaben der Gemeinsamen Landesplanungsabteilung vergeben und gemeinsam von der Belegenheitsgemeinde, den Nachbargemeinden und der Gemeinsamen Landesplanungsabteilung fachlich gesteuert. Das Gutachten kann zugleich auch stadtentwicklungspolitische Fragestellungen behandeln.
Während es beim kommunalen Beeinträchtigungsverbot u. a. um unzumutbare Auswirkungen durch eine zu erwartende Umlenkung von Kaufkraftströmen geht, wird die Einhaltung des raumordnerischen Beeinträchtigungsverbotes vor allem an der Wahrung der raumstrukturellen und funktionalen Bedeutung Zentraler Orte in ihrer Funktion als Handelsstandorte gemessen.
Zu G 2.8
Angemessene Dimensionierung
G 2.8 enthält ein auf den Schutz der zentralörtlich gegliederten Versorgungsstruktur sowie der verbrauchernahen Versorgung dienendes Kongruenzgebot.
In der Regel ist eine Beeinträchtigung des Kongruenzgebotes auszuschließen, wenn bei einem Ansiedlungsvorhaben in einem Mittelzentrum der erwartete sortimentsbezogene Umsatz des Vorhabens
-
bei zentrenrelevanten, aber nicht nahversorgungsrelevanten Sortimenten (zentrenrelevante Sortimente gemäß Tabelle 1 Nummer 1.2), der entsprechenden Kaufkraft im zentralörtlichen Verflechtungsbereich,
-
bei nicht-zentrenrelevanten Sortimenten gemäß Tabelle 1 Nummer 2 der entsprechenden Kaufkraft im zentralörtlichen Verflechtungsbereich
entspricht.
Durch die landesplanerische Steuerung des sortimentsspezifischen Umfangs von Verkaufsflächen in großflächigen Einzelhandelseinrichtungen wird die Funktionsfähigkeit der Zentralen Orte und die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung aufrecht erhalten. Schöpfen großflächige Einzelhandelsvorhaben ein zu hohes Maß der zur Verfügung stehenden Kaufkraft ab, kann dies zu flächendeckenden Geschäftsaufgaben, insbesondere in Stadtzentren und Ortskernen, zu einer erheblichen Beeinträchtigung der zentralörtlichen Versorgungsstrukturen und zur Verschlechterung der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung führen.
Der landesplanerische Prüfmaßstab ist darauf ausgerichtet, dass neu anzusiedelnde oder zu erweiternde großflächige Einzelhandelseinrichtungen der Versorgungsstruktur keinen zu großen Teil der sortimentsbezogenen Kaufkraft entziehen.
Als Grundlage der Zuordnung der Sortimente zu den genannten Gruppen unter Berücksichtigung jeweils ortstypischer Gegebenheiten dient die Sortimentsliste in der Tabelle 1. Bei den Sortimenten gemäß Tabelle 1 handelt es sich um den verbindlichen Kern an Sortimenten, der stets als zentrenrelevant anzusehen ist und hinter den die Gemeinden bei der Konkretisierung der Zielvorgabe nicht zurückfallen können. Diese Sortimente geben damit einen landesplanerischen Mindeststandard zum Schutz der zentralen Versorgungsbereiche vor. Daneben kann zur Konkretisierung der Zentrenrelevanz der Sortimente aber auch auf die örtlichen Verhältnisse Bezug genommen werden und zwar insofern, als neben den für die gesamte Hauptstadtregion geltenden Sortimenten gemäß Tabelle 1 auf die vor Ort als zentrenrelevant festgelegten Sortimente (ortstypische Sortimentslisten) zurückgegriffen wird. Über die in Tabelle 1 genannten Sortimente hinaus, die lediglich den gemeinsamen Kern an zentrenrelevanten Sortimenten bezeichnen, kann es in den Gemeinden weitere Sortimente mit Zentrenrelevanz geben. Um auch insoweit einen angemessenen, auf die örtlichen Verhältnisse bezogenen Schutz zu gewährleisten, können die Gemeinden diese Sortimente in ortstypische Sortimentslisten aufnehmen. Den Trägern der kommunalen Bauleitplanung steht es insoweit frei, die Zuordnung von Gruppen zu den zentrenrelevanten Sortimenten ortsspezifisch zu ergänzen.
Tabelle 1
Liste der zentrenrelevanten und nicht-zentrenrelevanten Sortimente
1. Zentrenrelevante Sortimente
1.1 Zentrenrelevante Sortimente für die Nahversorgung
52.11/52.2 3 Nahrungsmittel, Getränke und Tabakwaren
52.49.9 Wasch-/Putz- und Reinigungsmittel sowie Organisationsmittel für Bürozwecke
52.3 Apotheken, medizinische, orthopädische und kosmetische Artikel (einschließlich Drogerieartikel)
52.47 Bücher, Zeitschriften, Zeitungen, Schreibwaren und Bürobedarf
1.2 Sonstige zentrenrelevante Sortimente
52.41 Textilien
52.42 Bekleidung
52.43 Schuhe und Lederwaren
52.44.2 Beleuchtungsartikel
52.44.3 Haushaltsgegenstände (ohne Garten- und Campingmöbel, Bedarfsartikel und Grillgeräte für den Garten)
52.44.4 Keramische Erzeugnisse und Glaswaren
52.44.6 Holz-, Kork-, Flecht- und Korbwaren
52.44.7 Heimtextilien
52.45 Elektrische Haushaltsgeräte, Geräte der Unterhaltungselektronik und Musikinstrumente
52.48.2 Kunstgegenstände, Bilder, kunstgewerbliche Erzeugnisse, Briefmarken, Münzen und Geschenkartikel
52.48.5 Uhren, Edelmetallwaren und Schmuck
52.48.6 Spielwaren
52.49.1 Blumen, Pflanzen und Saatgut, ausgenommen Beetpflanzen, Wurzelstöcke und Blumenerde
52.49.2 Zoologischer Bedarf und lebende Tiere
52.49.3 Augenoptiker
52.49.4 Foto- und optische Erzeugnisse (ohne Augenoptiker)
52.49.5 Computer, Computerteile, periphere Einheiten und Software
52.49.6 Telekommunikationsendgeräte und Mobiltelefone
52.49.7 Fahrräder, Fahrradteile und -zubehör
52.49.8 Sport- und Campingartikel (ohne Campingmöbel), ausgenommen Sport- und Freizeitboote und Zubehör
52.49.9 Sonstiger Facheinzelhandel, ausgenommen Büromöbel, Organisationsmittel für Bürozwecke, Wasch-/Putz- und Reinigungsmittel und Brennstoffe
52.5 Antiquitäten und Gebrauchtwaren
2. Nicht-zentrenrelevante Sortimente
50.10.3 Kraftwagen
50.30.3 Kraftwagenteile und Zubehör
51.15.4 Aus der Unterklasse Eisen-, Metall- und Kunststoffwaren: Garagen, Gewächshäuser, Gerätehäuschen und Baubuden
50.40.3 Krafträder, Kraftradteile und -zubehör
52.44.1 Wohnmöbel
52.44.3 Bedarfsartikel und Grillgeräte für den Garten sowie Garten- und Campingmöbel
52.46.1 Eisen-, Metall- und Kunststoffwaren (einschließlich Sanitärkeramik)
52.46.2 Anstrichmittel
52.46.3 Bau- und Heimwerkerbedarf
52.48.1 Tapeten- und Bodenbeläge (einschließlich Teppiche)
52.49.1 Aus der Unterklasse Blumen, Pflanzen und Saatgut: Beetpflanzen, Wurzelstöcke und Blumenerde
52.49.8 Aus der Unterklasse Sport- und Campingartikel: Sport- und Freizeitboote und Zubehör
52.49.9 Aus der Unterklasse Sonstiger Facheinzelhandel: Büromöbel und Brennstoffe
51.51.3 Mineralölerzeugnisse
Zu Z 2.9
Hersteller-Direktverkaufszentren
Z 2.9 schränkt die Ansiedlung von Hersteller-Direktverkaufszentren (Factory-Outlet-Center oder Designer-Outlet-Center) als Einkaufszentren besonderer Ausprägung auf die Metropole Berlin und auf Oberzentren ein, da entsprechende Verkaufsformen einen weit über den mittelzentralen Einzugsbereich herausreichenden Kundenkreis anziehen sollen und sich aufgrund der spezifischen Sortimentsformen regelmäßig nicht in das Versorgungsgefüge eines mittelzentralen Versorgungsbereiches einbinden lassen. Mit der Bindung von Hersteller-Direktverkaufszentren, deren Verkaufsfläche 5 000 Quadratmeter überschreitet, an die Metropole und Oberzentren, wird der weiträumig wirkenden Ausrichtung entsprechender Vertriebsformen Rechnung getragen. Die als Mittelzentren festgelegten Städte und Gemeinden verfügen über Bevölkerungszahlen zwischen 5 000 und 45 000. Das Sortiment und der anzusprechende Kundenkreis und die regional verfügbare Kaufkraft erlauben daher keine Einordnung von größeren Hersteller-Direktverkaufszentren in raumverträgliche Handelsstrukturen unterhalb der metropolitanen und der oberzentralen Bezugsebene.
Zu Z 2.10
Umgang mit Bestandssituationen
Z 2.10 regelt die maßgeblichen Voraussetzungen für eine raumordnerische Bewertung von Vorhaben an bereits bestehenden bauordnungsrechtlich genehmigten, jedoch an nicht raumverträglichen Standorten angesiedelten oder adäquat dimensionierten großflächigen Einzelhandelseinrichtungen.
Für den Fall, dass für diese Standorte bauplanungsrechtlich relevante Änderungsabsichten beantragt werden, soll es im Interesse des Schutzes der Versorgungsstruktur sowie der wohnungsnahen Grundversorgung zu keiner Erweiterung der genehmigten Gesamtverkaufsfläche sowie zu keiner sowohl quantitativen als auch qualitativen Ausweitung des Angebotes von nicht-zentrenrelevanten Sortimenten zu zentrenrelevanten Sortimenten und von nahversorgungsrelevanten Sortimenten zu sonstigen zentrenrelevanten Sortimenten (Tabelle 1 Nummer 1.1 und 1.2) kommen.
Zu G 2.11
Strukturverträgliche Kaufkraftbindung
Grundlage für Festlegung einer Kaufkraftbindungsquote ist es, die Funktionsfähigkeit der Handelsstrukturen eines Zentralen Ortes wie auch die der benachbarten Zentralen Orte und die verbrauchernahe Versorgung im Einzugsbereich von großflächigen Einzelhandelsvorhaben nicht wesentlich zu beeinträchtigen. Die Kaufkraftbindungsquote ist das Ergebnis einer landesplanerischen Abwägung im Hinblick auf die erwünschten räumlichen Versorgungsstrukturen sowie das Resultat der bisherigen Erfahrungen. Großflächige Einzelhandelsvorhaben sollen nicht mehr als 25 Prozent der im jeweils einschlägigen Bezugsraum vorhandenen sortimentsspezifischen Kaufkraft binden, um eine vielfältige Handelsstruktur zu sichern und regionale sortimentsspezifische Anbietermonopole zu vermeiden. Damit sind betriebswirtschaftlich sinnvolle und zugleich raumverträgliche Größenordnungen von großflächigen Einzelvorhaben möglich. Der Bezugsraum für die maximale Kaufkraftbindung ist der für jeden Zentralen Ort anzunehmende Verflechtungsbereich des Zentralen Ortes, der die Versorgungsstruktur und Attraktivität eines Zentralen Ortes und seine übergemeindliche Versorgungsfunktion widerspiegelt. Dabei wird die Attraktivität des in einem Zentralen Ort vorhandenen Einzelhandels anhand der Zentralitätskennziffer bewertet, die die Relation zwischen dem im Ort erzielten Einzelhandelsumsatz und der Kaufkraft der örtlichen Bevölkerung darstellt.
Zu Z 2.12
Errichtung und Erweiterung großflächiger Einzelhandelseinrichtungen außerhalb Zentraler Orte
Zur Sicherung der Nahversorgung enthält Z 2.12 abweichend von Z 2.6 eine Regelung für großflächige Ansiedlungsvorhaben außerhalb Zentraler Orte (Regel-Ausnahme-Beziehung). In einzelnen Gemeinden ohne zentralörtliche Funktionszuweisung bestehen gegebenenfalls noch Mängel bei der Absicherung der Nahversorgung. Die Nahversorgung lässt sich in vielen Fällen durch Vorhaben absichern, welche sich unterhalb der Großflächigkeit bewegen. Im Falle spezifischer und qualitativ hochwertiger Sortimente kann es durch die Marktstrukturen zu Angebotsdefiziten in quantitativer und qualitativer Hinsicht kommen.
Die Ausstattung mit Verkaufsflächen im Einzelhandel in der Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg ist im bundesweiten Vergleich insgesamt gut, teilräumlich sogar überdurchschnittlich. So ist die Ausstattungssituation insbesondere in den zentralen Versorgungsbereichen der Metropole, der Oberzentren und der Mittelzentren meist günstig. Dagegen ist in ländlichen Ortsteilen insbesondere in den nicht als Zentrale Orte festgelegten Gemeinden im Weiteren Metropolenraum häufig kein ausreichendes wohnortnahes Einzelhandelsangebot mehr vorhanden.
Insbesondere in Ortsteilen mit einer geringen Bevölkerungszahl gibt es - durch die mit dem Individualverkehr erreichbaren konkurrierenden Betriebe in größeren Nachbarorten - für marktwirtschaftlich rentable Angebotsformen im Einzelhandel häufig keine ausreichende Tragfähigkeit mehr. Hier bedarf es der Entwicklung alternativer, bürgerschaftlich-gemeinwohlorientierter Betreiberkonzepte, die erfahrungsgemäß regelmäßig mit Verkaufsflächendimensionen unterhalb der Großflächigkeit auskommen.
Andererseits kann es u. a. in weiter wachsenden, nicht als Zentrale Orte festgelegten Gemeinden, insbesondere im Berliner Umland, quantitative und/oder qualitative Angebotsdefizite der Nahversorgung geben, die Angebotsstrukturen im Bereich des großflächigen Einzelhandels benötigen. Hierfür ist regelmäßig eine vorhabenbezogene Dimension von bis zu 1 500 Quadratmetern Verkaufsfläche ausreichend. Dabei ist auch berücksichtigt, dass für die Sicherung einer verbrauchernahen Nahversorgung derartige Einrichtungen auf die Nahversorgung der jeweiligen Standortgemeinde zu beziehen sind.
Soweit die Bevölkerungszahl innerhalb einer Gemeinde eine Kaufkraft generiert, welche eine Nachfrage nach größer dimensionierten Vorhaben zur Sicherung der Nahversorgung begründen kann, können die Verkaufsflächen in entsprechenden Vorhaben im Einzelfall auch den Grenzwert von 1 500 Quadratmetern überschreiten. Vor dem Hintergrund des insgesamt ausgeprägten Einzelhandelsbesatzes in großen Teilen der Hauptstadtregion sind entsprechende Fallkonstellationen nur in seltenen Fällen zu erwarten. Vor diesem Hintergrund ist spätestens fünf Jahre nach Inkrafttreten des LEP HR eine Evaluierung durchzuführen, um die weitere Erforderlichkeit der Regelung zu überprüfen.
Dass ein Vorhaben nach seiner Größe und Sortimentsstruktur noch auf eine verbrauchernahe Versorgung ausgerichtet ist, kann in der Regel als gesichert gelten, wenn 75 Prozent der Verkaufsfläche nahversorgungsrelevante Sortimente gemäß Tabelle 1 Nummer 1.1 umfassen und die zulässige Verkaufsfläche des Einzelvorhabens insgesamt begrenzt bleibt. Zudem sind die sich aus dem Integrationsgebot ergebenden Anforderungen zu einem Standort innerhalb zentraler Versorgungsbereiche zu berücksichtigen.
Das Kriterium von 75 Prozent nahversorgungsrelevanter Sortimente für die Ausrichtung auf eine verbrauchernahe Versorgung ist abgeleitet aus bundesweiten Erfahrungswerten (vgl. Bericht der Arbeitsgruppe „Strukturwandel im Lebensmitteleinzelhandel“ und
§ 11 Absatz 3 BauNVO vom 30. April 2002). Danach liegt die durchschnittliche Verkaufsfläche für Supermärkte zur Nahversorgung unter Berücksichtigung der neuen Rechtsprechung zur Verkaufsflächenermittlung bei etwa 1 500 Quadratmeter. In der Regel werden davon über 1 100 Quadratmeter Verkaufsfläche, d. h. rund drei Viertel der Gesamtverkaufsfläche, von den Lebensmittel-Vollversorgern für die Gewährleistung des Nahversorgungsangebotes in Anspruch genommen.
Dem Schwellenwert von 1 500 Quadratmeter Verkaufsfläche für die Größenbegrenzung von Einzelvorhaben liegen die oben genannten Erfahrungswerte sowie überschlägige Berechnungen zu durchschnittlichen Einzugsbereichen großflächiger Einzelhandelseinrichtungen unter Berücksichtigung sortiments- und verkaufsflächenbezogener Umsatzwerte zugrunde. Dieses ermöglicht auch eine großzügigere Warenpräsentation und verbessert die Barrierefreiheit.
Durch Absatz 2 wird in den gemäß Z 3.3 festgelegten Grundfunktionalen Schwerpunkten die Errichtung bzw. Erweiterung von großflächigen Einzelhandelseinrichtungen über die Zulässigkeit nach Absatz 1 hinaus mit einer zusätzlichen vorhabenbezogenen Verkaufsfläche von 1 000 Quadratmetern, die nicht auf nahversorgungsrelevante Sortimente begrenzt wird, ermöglicht. Bis zur Festlegung von Grundfunktionalen Schwerpunkten gelten die Festlegungen nach Absatz 1, womit den Gemeinden auch bis zur erfolgten Festlegung angemessene Ansiedlungsmöglichkeiten für großflächige Einzelhandelseinrichtungen gewährt werden.
Zu Z 2.13
Einordnung großflächiger Einzelhandelseinrichtungen innerhalb Zentraler Orte
Schon im Raumordnungsgesetz des Bundes (ROG 2009)
werden die Sicherung der Funktionsfähigkeit der Innenstädte und der örtlichen Zentren als wichtige Steuerungsansätze für die räumliche Planung benannt:
§ 2 Absatz 2 Nummer 3 Satz 3 ROG 2009
:
„Es sind die räumlichen Voraussetzungen für die Erhaltung der Innenstädte und örtlichen Zentren als zentrale Versorgungsbereiche zu schaffen.“
Die unmittelbar wirkenden Grundsätze des
ROG 2009 finden ihre Konkretisierung im zweistufigen System der gemeinsamen Raumordnungsplanung der Länder Berlin und Brandenburg.
Zentrale Versorgungsbereiche sind räumlich abgrenzbare Bereiche einer Gemeinde, denen aufgrund vorhandener Einzelhandelsnutzungen eine Versorgungsfunktion über den unmittelbaren Nahbereich hinaus zukommt. Sie können sich sowohl aus planerischen Festlegungen als auch aus den tatsächlichen Verhältnissen ergeben. Daher sind bei großflächigen Einzelhandelseinrichtungen mit sonstigen zentrenrelevanten Sortimenten (Tabelle 1 Nummer 1.2) die Bindung an zentrale Versorgungsbereiche zu erreichen, um die stadtfunktional prägenden Kräfte des Einzelhandels zur Sicherung und Entwicklung eines zentralen Versorgungsbereiches zu nutzen.
Die in Absatz 1 geregelte Bindung großflächiger Einzelhandelseinrichtungen an zentrale Versorgungsbereiche zielt darauf ab, die Potenziale des Einzelhandels für die Ausprägung lebendiger und vielfältig funktionaler Kerne wie auch als Identifikationspunkte für Städte und Gemeinden zu nutzen. Aufgrund der deutlichen Vergrößerung der Gemarkungsfläche im Zuge von Eingemeindungen und Gemeindezusammenschlüssen bedarf es hinsichtlich der standörtlichen Einordnung großflächiger Einzelhandelseinrichtungen einer weiteren Präzisierung innerhalb des Gemeindegebietes.
Vor dem Hintergrund der durch bisherige Gemeindegebietsreformen regelmäßig erfolgten räumlichen Ausdehnung der Gemeinden ist beabsichtigt, die Zuordnung entsprechender Vorhaben auch innerhalb des jeweiligen Gemeindegebietes siedlungsstrukturell zweckmäßig einzuordnen. Entscheidend ist, dass der Versorgungsbereich nach Lage, Art und Zweckbestimmung eine für die Versorgung der Bevölkerung in einem bestimmten Einzugsbereich zentrale Funktion hat.
Hierbei ist das Wort „zentral“ nicht geografisch im Sinne einer Innenstadtlage oder Ortsmitte, sondern funktional zu verstehen. Auch wenn insbesondere größere Gemeinden das Erfordernis der Identifizierung regelmäßig durch kommunale Einzelhandelskonzepte umsetzen und zentrale Versorgungsbereiche als Eignungsstandorte insbesondere auch für den großflächigen Einzelhandel mit zentrenrelevanten Sortimenten definieren, ist eine solche konzeptionelle Festlegung keine zwingende Voraussetzung zur Anwendung der Festlegung. Zentrale Versorgungsbereiche sind nach der Rechtsprechung des BVerwG räumlich abgrenzbare Bereiche, denen aufgrund vorhandener Einzelhandelsnutzungen - häufig ergänzt durch diverse Dienstleistungen und gastronomische Angebote - eine Versorgungsfunktion über den unmittelbaren Nahbereich hinaus zukommt. Ein zentraler Versorgungsbereich setzt eine integrierte Lage voraus.
Tatsächliche zentrale Versorgungsbereiche lassen sich regelmäßig bei hinreichend eindeutigen örtlichen Verhältnissen feststellen. Insoweit hat die planende Kommune hier qualifizierte Beurteilungsmöglichkeiten.
Planerische Festlegungen zentraler Versorgungsbereiche sind unter zwei Aspekten von besonderer praktischer Relevanz: Zum einen können durch planerische Festlegungen bereits bestehende tatsächliche zentrale Versorgungsbereiche präzisiert werden, namentlich hinsichtlich ihrer exakten räumlichen Abgrenzung sowie hinsichtlich ihrer konkreten Versorgungsfunktion. Zum anderen bedarf es planerischer Festlegungen insbesondere dann, wenn es - etwa gestützt auf
§ 1 Absatz 6 Nummer 4 des Baugesetzbuches (BauGB)
- um die erstmalige oder weitere Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche geht. So kann nach
§ 9 Absatz 2a BauGB ein einfacher Bebauungsplan im nicht beplanten Innenbereich auch zum Schutz erst noch zu entwickelnder zentraler Versorgungsbereiche erlassen werden. Sonstige Bebauungspläne zur Steuerung von Einzelhandelsnutzungen können gleichfalls zulässigerweise darauf abzielen, zentrale Versorgungsbereiche zu entwickeln bzw. in ihrer Attraktivität zu steigern. Was der Entwicklung solcher Versorgungsbereiche dient, lässt sich den vorhandenen Gegebenheiten jedoch regelmäßig nicht entnehmen, weil es insoweit um planerische Zielvorstellungen geht.
Den zentralen Versorgungsbereichen kommt bei der räumlichen Konkretisierung von Standorten für großflächige Einzelhandelseinrichtungen im Rahmen nachfolgender Planungsebenen ein hohes Gewicht zu. Für die Beurteilung konkreter Ansiedlungsvorhaben sollen die kommunalen Entwicklungsvorstellungen zum Einzelhandel unter Berücksichtigung der vorhandenen Versorgungssituation zur Bestimmung der jeweiligen Versorgungszentren durch eine kommunale Entwicklungsplanung (zum Beispiel in Einzelhandels- und Zentrenkonzepten, städtebaulichen Entwicklungskonzepten oder in der vorbereitenden Bauleitplanung) dargelegt werden. Großflächige Einzelhandelseinrichtungen mit sonstigen zentrenrelevanten Sortimenten sind in städtebaulich integrierten Standorten wie Innenstädten, Stadtteil- oder Ortszentren oder Nahversorgungszentren zu errichten, um die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung zu gewährleisten und vorhandene Infrastruktur und Erreichbarkeitsvorteile, insbesondere auch in der fußläufigen Erreichbarkeit und ÖPNV-Anbindung, zu nutzen.
In Absatz 2 werden die unterschiedlichen Erfordernisse zur innerörtlichen Einordnung großflächiger Einzelhandelsstandorte mit zentrenrelevanten Sortimenten gegenüber großflächigen Einzelhandelseinrichtungen mit nicht-zentrenrelevanten Sortimenten bewertet. Bei zentrenrelevanten Sortimenten ist der Standort im bestehenden Siedlungszusammenhang zu suchen und damit auch eine hinreichende öffentliche Verkehrsanbindung zu ermöglichen.
Bei Möbel-, Bau- und Gartenmärkten führt der dominierende Transport mit dem PKW zu einem erheblichen Verkehrsaufkommen und Parkraumbedarf. Zudem haben sie sortimentsbedingt einen erheblichen Flächenbedarf, sodass eine räumliche Einbindung entsprechender Vorhaben in zentrale Versorgungsbereiche häufig nicht städtebaulich verträglich möglich wäre.
Allerdings werden neben diesen nicht-zentrenrelevanten Kernsortimenten sogenannte Randsortimente, wie zum Beispiel Textilien, Elektroartikel, Geschenkwaren angeboten, die dem zentrenrelevanten Sortiment zuzurechnen sind. Diese oftmals auf erheblicher Verkaufsflächendimension angebotenen Sortimente führen an einem peripheren Standort zu einem nicht unwesentlichen Kaufkraftabzug aus den zentralen Versorgungsbereichen und damit zu einer funktionalen Schwächung der innerstädtischen Einzelhandelsstruktur. Aus diesem Grund ist die Beschränkung der Summe aller zentrenrelevanten Randsortimente gemäß Tabelle 1 Nummer 1 auf 10 Prozent der Gesamtverkaufsfläche geboten.
Die Begrenzung des Umfangs der zentrenrelevanten Randsortimente in einem Sondergebiet für solche Vorhaben auf maximal 10 Prozent der Verkaufsfläche lässt sich aus der Rechtsprechung zum Begriff „Randsortiment“ selbst ableiten. Danach haben Randsortimente lediglich ergänzenden Charakter und stehen in Beziehung zum Kernsortiment. Randsortimentsangebote müssen dem Kernsortiment in Umfang und Gewichtigkeit deutlich untergeordnet sein. Merkmale dieser Unterordnung sind vor allem die jeweiligen Anteile an der Gesamtverkaufsfläche sowie am Gesamtumsatz des jeweiligen Betriebes. Ist dies nicht der Fall, stellen sie ein wesentliches Standbein des Einzelhandelsbetriebes dar.
Da zentrenrelevante Randsortimente nicht selten eine im Vergleich zum Kernsortiment doppelt so hohe Flächenproduktivität aufweisen, kann mit Randsortimentsangeboten auf 10 Prozent der Gesamtverkaufsfläche ein Umsatzanteil von 20 Prozent am Gesamtumsatz des jeweiligen Betriebes erwirtschaftet werden. Bei höheren Randsortimentsanteilen wären die durch die Rechtsprechung definierten Kriterien an Randsortimente nicht mehr erfüllt. Viele (Fach-)Märkte weisen neben zentren- und nahversorgungsrelevanten Randsortimenten auch nicht-zentrenrelevante Randsortimente aus. Auch dies erfordert die Begrenzung des Umfangs der zentren- und nahversorgungsrelevanten Randsortimente in einem Sondergebiet für solche Vorhaben auf maximal 10 Prozent der Verkaufsfläche.
Eine Begrenzung der zentrenrelevanten Randsortimente ist als ökonomisch tragfähig anzusehen. Auch wenn die maximale Grenze von 10 Prozent der Verkaufsfläche für zentrenrelevante Randsortimente unterschritten wird, kann insbesondere in kleineren Mittelzentren das zentrenrelevante Randsortiment eines großflächigen Fachmarktes vom absoluten Angebotsvolumen schnell das vergleichbare Fachangebot innerhalb der zentralen Versorgungsbereiche der entsprechenden Gemeinde überschreiten.
Außerhalb der zentralen Versorgungsbereiche sind großflächige Einzelhandelseinrichtungen mit zentrenrelevantem Sortiment für die Nahversorgung (vgl. Tabelle 1 Nummer 1.1) zulässig, da in Zentralen Orten mehrere Bereiche für die Nahversorgung in Betracht kommen. Demgegenüber sind in Gemeinden ohne zentralörtliche Funktion großflächige Nahversorgungseinrichtungen nur im zentralen Versorgungsbereich zulässig.
Als Sonderfall ist der Terminalbereich sowie der Bereich der Terminalzufahrt am Flughafen BER zu betrachten: Luftseitige großflächige Einzelhandelsflächen sind aufgrund ihrer spezifischen Zugangssituation kein Gegenstand der raumordnerischen Steuerung durch diesen Plan. Landseitige großflächige Einzelhandelsverkaufsflächen mit zentrenrelevantem Sortiment für die Nahversorgung sind zur Versorgung der Beschäftigten und Flugpassagiere zulässig.
In Absatz 3 erfolgt eine raumordnerische Bewertung von Vorhaben an bereits bestehenden bauordnungsrechtlich genehmigten, jedoch an nicht raumverträglichen Standorten angesiedelten großflächigen Einzelhandelseinrichtungen außerhalb zentraler Versorgungsbereiche.
Zu Z 2.14
Einzelhandelsagglomerationen
Agglomerationen sind Ansammlungen mehrerer, für sich genommen meist nicht großflächiger Einzelhandelsbetriebe, die in ihrer Gesamtheit auf die Kundinnen und Kunden wie Einkaufszentren oder Einzelhandelsgroßprojekte wirken. Z 2.14 erstreckt die für die Planung von Einzelvorhaben im Sinne des
§ 11 Absatz 3 BauNVO geltenden Regelungen auch auf Einzelhandelsagglomerationen und trägt damit der Erkenntnis Rechnung, dass auch mehrere selbständige, je für sich nicht großflächige Einzelhandelsbetriebe bei einer räumlichen Konzentration zu Auswirkungen wie bei Vorhaben im Sinne des
§ 11 Absatz 3 BauNVO führen können. So gibt es Fälle, in denen mit der Zeit zum Beispiel in Gewerbegebieten eher planerisch ungewollt eine solche Agglomeration heranwächst.
Die Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche der eigenen Gemeinde oder benachbarter Gemeinden sind dann mit denen eines einzelnen großflächigen Einzelhandelsgroßbetriebes durchaus zu vergleichen.
Von einer Agglomeration kann ausgegangen werden, wenn die Luftlinie zwischen den Eingängen einzelner Einzelhandelsgebäude unter 150 Meter liegt. Die Vermeidung negativer städtebaulicher Auswirkungen von Agglomerationen nicht großflächiger Einzelhandelsbetriebe, die nicht die Kriterien eines Einkaufszentrums im Sinne des
§ 11 Absatz 3 BauNVO erfüllen, ist sicherzustellen. Dabei ist auf den Gesamtumfang der Verkaufsflächen, die sich in einem räumlichen und funktionalen Zusammenhang befinden, Bezug zu nehmen.
Auch den Gemeinden stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung, um der Entstehung, gegebenenfalls auch der Verfestigung oder Erweiterung solcher Einzelhandelsagglomerationen entgegenzuwirken:
-
der Ausschluss der Nutzungsart „Einzelhandel“ nach
§ 1 Absatz 5 BauNVO ,
-
der Ausschluss sortimentsbezogener Einzelhandelstypen (Anlagetypen) gemäß
§ 1 Absatz 9 BauNVO ,
-
die Gliederung des Plangebietes (räumlich nach unterschiedlichen Arten/Unterarten des Einzelhandels, geschoss- und anlagenbezogene Differenzierungen),
-
die Festsetzung eines Sondergebietes für ein Vorhaben im Sinne des
§ 11 Absatz 3 BauNVO (Fachmarktstandort) und Untergliederung nach Sortimenten und (Sortiments-)Verkaufsflächen.
Zu Z 2.15
Oberflächennahe Rohstoffe (ohne fossile Energieträger) - Festlegung durch die Regionalplanung
Eine erhebliche wirtschaftliche Bedeutung hat die Gewinnung und Nutzung der vom Bergrecht erfassten einheimischen Bodenschätze. Jenseits fossiler Energieträger betrifft dies in der Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg insbesondere die oberflächennahen Rohstoffe, deren Aufsuchung und Gewinnung sichergestellt werden soll. Als wirtschaftlich nutzbare oberflächennahe Rohstoffe gelten im Wesentlichen Sand, Kies, Ton, Kalkstein, Grauwacke und Badetorfe. Diese unentbehrlichen Rohstoffe werden zunehmend knapper. Häufig bestehen auf Flächen, unter denen die vorhandenen, begrenzten Rohstoffvorräte lagern, andere Nutzungsinteressen, die einem Abbau ganz oder teilweise im Wege stehen. Andererseits beeinträchtigt ein Abbau durch die zumindest zeitweise Veränderung des Geländes andere Nutzungsmöglichkeiten auf der Abbaufläche und in ihrer Umgebung und verändert dabei die ökologischen Verhältnisse oftmals für immer.
Entsprechende Nutzungskonflikte mit anderen Raumnutzungen sind im Rahmen der Regionalplanung durch die Festlegung geeigneter Raumordnungsgebiete für die Gewinnung oberflächennaher Rohstoffe zu lösen. Dabei sollen die Standortgebundenheit der Lagerstätten insbesondere die Begrenztheit der Vorkommen sowie konkrete Betriebs- und Lagerstättenverhältnisse im Rahmen der Abwägung berücksichtigt werden.
Fußnoten
2)
Quelle: Gemeinsame Landesplanungsabteilung Berlin-Brandenburg (Hrsg., 2017): Einzelhandelsstruktur und Verkaufsflächen in der Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg 2015/2016. Potsdam.
3)
Gruppen/Klassen gemäß „Klassifikation der Wirtschaftszweige“, Statistisches Bundesamt, 2003. Für den Umsteigeschüssel von der Klassifikation der Wirtschaftszweige, Ausgabe 2003 zur Klassifikation der Wirtschaftszweige, Ausgabe 2008 siehe Statistisches Bundesamt (Hrsg., 2008): Klassifikation der Wirtschaftszweige. Mit Erläuterungen. Wiesbaden.
3 Zentrale Orte, Grundversorgung und Grundfunktionale Schwerpunkte
Zu Z 3.1
Zentral
örtliche Gliederung
Schon im Raumordnungsgesetz des Bundes (ROG 2009)
wird das Zentrale-Orte-Konzept als wichtiger räumlicher Orientierungsansatz für die Bereitstellung von Angeboten der Daseinsvorsorge benannt.
§ 2 Absatz 2 Nummer 3 Satz 1 und 2 ROG 2009
:
„Die Versorgung mit Dienstleistungen und Infrastrukturen der Daseinsvorsorge, insbesondere die Erreichbarkeit von Einrichtungen und Angeboten der Grundversorgung für alle Bevölkerungsgruppen, ist zur Sicherung von Chancengerechtigkeit in den Teilräumen in angemessener Weise zu gewährleisten; dies gilt auch in dünn besiedelten Regionen. Die soziale Infrastruktur ist vorrangig in Zentralen Orten zu bündeln; die Erreichbarkeits- und Tragfähigkeitskriterien des Zentrale-Orte-Konzepts sind flexibel an regionalen Erfordernissen auszurichten.“
In der raumordnerischen Praxis wird unter einem Zentralen Ort der Normadressat der zentralörtlichen Funktionszuweisung verstanden, wobei der Zentrale Ort regelmäßig mit der politischen Gemeinde gleichgesetzt wird. Daher ist zwischen der empirisch-analytisch (bestimmbaren) Ist-Zentralität von Zentralen Orten im Zentrale-Orte-Konzept (ZOK) und der normativ-planerisch festgelegten Soll-Zentralität im Zentrale-Orte-System (ZOS) zu unterscheiden. Der normativ festzulegende zentralörtliche Verflechtungsbereich ist ebenso vom empirisch ermittelten (multifunktionalen) partiell auch differierenden Verflechtungsbereichen (zum Beispiel für die Bereiche Arbeit, Bildung, Einkaufen oder Kultur) zu trennen. Insoweit kann das raumordnerisch festgelegte Zentrale-Orte-System kein 1 : 1-Abbild der vielschichtigen Lebensrealitäten sein, sondern ein Instrument zur planerischen Gestaltung von Versorgungsbeziehungen im Raum.
Das Konzept der Zentralen Orte prägt seit den 1960er Jahren die raumordnerische Ideenwelt zur Entwicklung der Versorgungs- und Siedlungsstruktur in der Bundesrepublik Deutschland und hat nach 1990 auch die neuen Bundesländer erreicht. Die zentralörtliche Gliederung ist wichtiges Instrument der Landes- und Regionalplanung und wird in den Raumordnungsplänen festgelegt. Zentrale Orte sollen neben der Versorgung ihrer Einwohner und Einwohnerinnen auch Versorgungs- und Entwicklungsfunktionen für die Bevölkerung ihres Verflechtungsbereiches übernehmen. Das zentralörtliche System ist hierarchisch gegliedert und regelmäßig in Stufen ausgeprägt, welche auf verschiedenen Planebenen in den Bundesländern festgelegt werden. In einigen Bundesländern gibt es Zwischenstufen in der Hierarchie, neu hinzugetreten ist auch in der Entschließung der Ministerkonferenz für Raumordnung aus dem Jahr 2016 die Stufe der Metropole oberhalb der Oberzentren. Das Konzept der Zentralen Orte bildet auch in der Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg das Rückgrat der polyzentrischen Raum- und Siedlungsstruktur und ist ein wichtiges Ordnungs- und Steuerungsinstrument auch für die künftige räumlich-strukturelle Entwicklung in der Hauptstadtregion. Ein Zentraler Ort ist definiert als die leistungsstärkste Gemeinde, welche über die Versorgung der eigenen Bevölkerung hinaus übergemeindliche Versorgungsaufgaben entsprechend der jeweiligen funktionalen Einordnung im zentralörtlichen System für die Bevölkerung seines Verflechtungsbereiches wahrnimmt.
In Zentralen Orten sollen entsprechend ihrer festgelegten Funktion und Stufe soziale, wirtschaftliche, kulturelle und administrative Einrichtungen räumlich konzentriert werden. Dort bündeln sich räumlich Versorgungsfunktionen sowohl für die gemeindeansässige Bevölkerung als auch für die des Umlandes. Die Zentralen Orte haben eine besondere Bedeutung als Kristallisationspunkte wirtschaftlichen, sozialen, gesellschaftlichen und kulturellen Lebens einer Region. Sie sollen in ihren Funktionen gestärkt und gesichert werden, um auf Dauer eine flächendeckende Versorgung der Bevölkerung in einem zumutbaren Wege- bzw. Zeitaufwand zum Wohnort gewährleisten zu können. Allein das Vorhandensein von zentralörtlichen Ausstattungsmerkmalen führt aber nicht zu einem Anspruch von Städten oder Gemeinden auf die Festlegung als Zentraler Ort. Die Auswahl und Festlegung Zentraler Orte ist Ergebnis einer Abwägung auf Grundlage des gesamträumlichen planerischen Konzeptes.
Basierend auf einer polyzentrischen Siedlungsstruktur mit Metropole, Oberzentren und Mittelzentren leitet sich das raumordnerische Prinzip der dezentralen Konzentration ab. Es steht als Synonym für eine kontrollierte polyzentrische Raumentwicklung. Durch die Bündelung von Versorgungseinrichtungen und die Konzentration der Siedlungsentwicklung auf die Zentralen Orte kann die wirtschaftliche Tragfähigkeit öffentlicher und privater Infrastruktureinrichtungen durch Synergieeffekte unterstützt werden.
Dem Prinzip der dezentralen Konzentration kommt auch in den Räumen der Hauptstadtregion, die durch Bevölkerungsverluste und eine starke Veränderung der Altersstruktur geprägt sind und in denen grundlegende Anpassungen von sozialen Infrastruktureinrichtungen erforderlich werden, besondere Bedeutung zu. Es trägt dazu bei, auch dort flächendeckend öffentliche und private Einrichtungen und Dienstleistungen sowie deren Erreichbarkeit für alle Bevölkerungsgruppen zu sichern. Ausgerichtet auf das System der Zentralen Orte mit ihren Einrichtungen der Daseinsvorsorge trägt eine integrierte Siedlungs- und Verkehrsentwicklung zu nachhaltigen Raum- und Versorgungsstrukturen bei.
Die Richtlinien für integrierte Netzgestaltung (RIN) der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen enthalten methodische Planungshilfen für die integrierte Verkehrsnetzplanung. Die RIN greifen die Frage der Erreichbarkeit der Zentralen Orte auf und leiten die funktionale Gliederung der Verkehrsnetze aus der zentralörtlichen Gliederung ab. Die RIN ermöglichen eine aufeinander abgestimmte Verkehrsnetzentwicklung in den verschiedenen Ebenen der Landes-, Regional- und Stadtplanung. Zentrale Orte der mittelzentralen Stufe sollen aus ihrem Verflechtungsbereich danach regelmäßig mit einem Zeitaufwand von nicht mehr als 30 Minuten über die Straße erreichbar sein.
Das Zentrale-Orte-System wurde in den deutschen Bundesländern in den vergangenen Jahrzehnten, meist in der Folge von Gebiets- und Verwaltungsreformen in seiner jeweiligen regionalen Ausprägung vielfältig weiter entwickelt, um damit den jeweiligen strukturellen und administrativen Gegebenheiten adäquat Rechnung tragen zu können.
Die Stufen Metropole, Oberzentrum und Mittelzentrum eignen sich grundsätzlich für spezifische zentralörtliche Funktionszuweisungen im Landesentwicklungsplan für die Hauptstadtregion. Die Metropole übernimmt zugleich die ober- und mittelzentralen Versorgungsfunktionen innerhalb Berlins.
Die Oberzentren übernehmen zugleich die mittelzentralen Versorgungsfunktionen für den entsprechenden Verflechtungsbereich. Die Grundversorgung wird in den Gemeinden abgesichert, während die unmittelbare Nahversorgung in allen Ortsteilen organisiert wird.
Zu G 3.2
Grundversorgung
Die Sicherung aller Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft gehört zur grundgesetzlich geschützten Planungshoheit jeder Gemeinde. Dies gilt unter anderem für die Grundversorgung der ortsansässigen Bevölkerung. Kommunale Selbstverwaltungsaufgaben werden in der
Kommunalverfassung des Landes Brandenburg
in § 2 Absatz 2 wie folgt definiert:
„Zu den Aufgaben der örtlichen Gemeinschaft gehören unter anderem die harmonische Gestaltung der Gemeindeentwicklung einschließlich der Standortentscheidungen unter Beachtung der Umweltverträglichkeit und des Denkmalschutzes, die Bauleitplanung, die Förderung von Wirtschaft und Gewerbe, die Gewährleistung des öffentlichen Verkehrs und eines ausreichenden Breitbandzuganges, die Versorgung mit Energie und Wasser, die schadlose Abwasserableitung und -behandlung, die Verbesserung der Wohnungen der Einwohnerinnen und Einwohner durch den sozialen Wohnungsbau und die Förderung des privaten und genossenschaftlichen Bauens sowie durch eine sozial gerechte Verteilung der Wohnungen, die gesundheitliche und soziale Betreuung, die Sicherung und Förderung eines breiten Angebotes an Bildungs- und Kinderbetreuungseinrichtungen und die Entwicklung der Freizeit- und Erholungsbedingungen sowie der Schutz der natürlichen Umwelt und die Aufrechterhaltung der öffentlichen Reinlichkeit. Die Gemeinde fördert das kulturelle Leben und die Vermittlung des kulturellen Erbes in ihrem Gebiet und ermöglicht ihren Einwohnerinnen und Einwohnern die Teilnahme am kulturellen Leben sowie den Zugang zu den Kulturgütern. Die Gemeinden im angestammten Siedlungsgebiet der Sorben/Wenden fördern zusätzlich die sorbische/wendische Kultur und Sprache im Rahmen des Sorben/Wenden-Gesetzes; das Nähere regeln sie in ihrer Hauptsatzung.“
Die Gemeinden, die keine zentralörtliche Funktionszuweisung erhalten, bilden unter Berücksichtigung ihrer unterschiedlichen verfassungsrechtlichen und administrativen Verfasstheit die räumliche Kulisse zur Sicherung der Grundversorgung. Die Gemeinden im Land Brandenburg entwickeln auf Grundlage der Beschlüsse des Brandenburger Landtages geeignete Verwaltungsstrukturen zur Absicherung der Grundversorgung im Gesamtgebiet des Landes.
Die kommunalen Aufgaben der Grundversorgung im Sinne der Raumordnung für das Land Brandenburg sind mit der gemeindlichen Allzuständigkeit im Sinne des Kommunalverfassungsrechts im Land Brandenburg gleichzusetzen. Die Ministerkonferenz für Raumordnung subsumiert unter dem Begriff der Grundversorgung auch solche Aufgabenfelder und Funktionen, die nicht von den öffentlichen Händen als Teil der Daseinsvorsorge erbracht werden, sondern von Privaten (zum Beispiel Apotheken, Arztpraxen, Hotel, Gaststätten, Nahversorger im Einzelhandel). Da diese hinsichtlich der Bereitstellung von Waren oder Dienstleistungsangeboten einer positiven Bindungswirkung durch die Raumordnungsplanung nicht unterliegen, sondern allenfalls mittelbar den öffentlichen Standortentscheidungen folgen, wird hinsichtlich der intendierten Bindung der Gemeinden auf den Aufgabenkanon der
Brandenburger Kommunalverfassung verwiesen.
Zu Z 3.3
Grundfunktionale Schwerpunkte - Festlegung durch die Regionalplanung
Innerhalb der Grundfunktionalen Schwerpunkte (GSP) sollen durch planerische Anreize die Grundfunktionen der Daseinsvorsorge mit Einrichtungen des täglichen Bedarfes, die über die örtliche Nahversorgung hinausgehen, gesichert werden. Sie dienen der räumlichen Bündelung von Grundversorgungseinrichtungen außerhalb Zentraler Orte. Dafür bietet der Landesentwicklungsplan den Grundfunktionalen Schwerpunkten erweiterte Möglichkeiten für zusätzliche - aber dennoch quantitativ begrenzte - über die Eigenentwicklung hinausgehende Flächen für Wohnsiedlungen nach Z 5.7 und für den großflächigen Einzelhandel ohne Sortimentsbeschränkung Z 2.12 (2). Ein Handlungsauftrag an die Gemeinden zur aktiven Konzentration weiterer Einrichtungen der Daseinsvorsorge ist mit der Ausweisung der Grundfunktionalen Schwerpunkte nicht verbunden.
Die Standortbündelung für die Grundversorgung kann in der Regel auf traditionellen Verflechtungen und eindeutigen Orientierungen aufbauen. Die Grundfunktionalen Schwerpunkte sind von den anderen Ortsteilen und benachbarten Gemeinden in der Regel mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut erreichbar und bieten einem großen Teil der Bevölkerung eine Versorgung der kurzen Wege. Daraus ergeben sich für die weitere Entwicklung und Sicherung der Grundversorgung Vorteile. Die Grundfunktionalen Schwerpunkte haben zudem eine wichtige Verkehrsverknüpfungsfunktion im Verkehrsnetz, insbesondere in Verbindung zu den Mittelzentren.
Die Grundfunktionalen Schwerpunkte sind in der Regel die mit Abstand am besten ausgestatteten Ortsteile (Hauptorte) in einer Region. Die Ausstattung der Grundversorgung muss den Sitz der Kommunalverwaltung, eine Schule der Primarstufe, Angebote für die Jugend- und Altenbetreuung, allgemein- und zahnmedizinische Versorgung, Apotheke, stationären Einzelhandel mit nahversorgungsrelevantem Sortiment, Bank- oder Sparkassenfiliale, Postdienstleister und eine Anbindung an den ÖPNV umfassen.
Um die Berücksichtigung von siedlungsstrukturellen Besonderheiten zu ermöglichen, kann die jeweilige Region von dem Kriterienkatalog dahingehend abweichen, dass im Ausnahmefall einzelne Einrichtungen der Daseinsvorsorge nicht im GSP räumlich verortet sind. Können mit dem Kriterienkatalog die Ortsteile einer Region nicht ausreichend differenziert werden, können im Planungskonzept der jeweiligen Region zusätzliche Kriterien herangezogen werden.
Im Ergebnis werden nicht alle Gemeinden einer Region über einen Ortsteil verfügen, dem die Funktion als Grundfunktionaler Schwerpunkt zugewiesen wird. Innerhalb einer Gemeinde darf nur ein Grundfunktionaler Schwerpunkt festgelegt werden. Das trägt dem raumordnerischen Grundgedanken Rechnung, die Angebote der Grundversorgung an dafür besonders geeigneten Standorten zu bündeln.
Die Entscheidung für eine Standortbündelung im Bereich der Daseinsvorsorge belässt auch den anderen, nicht privilegierten Ortsteilen angemessene Entwicklungsspielräume, geht aber einher mit Entwicklungspräferenzen für die festgelegten Grundfunktionalen Schwerpunkte in den Bereichen der Siedlungsentwicklung und der Entwicklung des Einzelhandels.
Zu Z 3.4
Metropole
Metropolen erfüllen höchstwertige Funktionen, die sich in Einrichtungen und Dienstleistungen des höchstspezialisierten Bedarfes ausprägen, wie zum Beispiel Entscheidungs- und Kontrollfunktionen von Regierung und Parlament, Unternehmen, Bildungs-, Innovations- und Wettbewerbsfunktionen, universitärer und außeruniversitärer Forschung und Entwicklung, herausragender Messe-, Kultur- und Sportveranstaltungen mit nationaler und internationaler Bedeutung, differenzierter Einzelhandelsangebote sowie großräumiger und internationaler Verkehrsverknüpfungen. Metropolen übernehmen dadurch höchstwertige Wirtschafts-, Wissenschafts-, Kultur-, Bildungs-, Sport-, Handels-, Gesundheits- und soziale Versorgungsfunktionen, sodass deren funktionale Ausstattung eine deutliche internationale Bedeutung hat.
Metropolen sind durch die nachstehenden, auch international ausstrahlenden Funktionen gekennzeichnet:
-
Entscheidungs- und Kontrollfunktion: Es konzentrieren sich politische und ökonomische Machtzentren, in denen internationale Finanz- und Informationsströme initiiert und kontrolliert werden.
-
Innovations- und Wettbewerbsfunktion: Produkte, Wissen, Einstellungen, Werte, Kunstwerke und kreative Dienstleistungen werden im Wettbewerb nach innen und außen erzeugt und verbreitet. Kennzeichen hierfür sind eine hohe Dichte an Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen, wissensintensiven Dienstleistern, kulturellen und sozialen Kommunikationsplattformen und das Vorhandensein kreativer Milieus.
-
Zugänglichkeit: Für die Bildung und den Austausch von Wissen, von Finanz-, Waren- und Informationsströmen, Werten und Milieus ist die internationale Erreichbarkeit und Zugänglichkeit zu Menschen, Wissen und Märkten von entscheidender Bedeutung. Eine hohe und international wirksame Qualität von insbesondere Verkehrs- und Kommunikationsknoten, Medienanbietern, internationalen Begegnungsstätten und Kontaktmöglichkeiten sind dafür erforderlich.
-
Symbolfunktion: In der Verknüpfung und gemeinsamen Ausstrahlung von Metropole und Region gewinnen immaterielle Faktoren zunehmend an Bedeutung. Faktoren wie Geschichte, Stadt- und Landschaftsgestalt, Image, Kultur, aber auch Toleranz, Milieus, Offenheit, Identifikation und gesellschaftliches Zusammenleben prägen die äußere und innere Wahrnehmung einer Metropolregion.
Die europäische Metropole Berlin ist der Motor der Entwicklung für die Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg. In der Metropole konzentrieren sich wichtige Funktionen der Regierung und des Parlamentes des Bundes, Unternehmensverwaltungen und Institutionen im Finanzwesen, Wissenschafts- und Forschungsinstitutionen, nationale und internationale Institutionen und Verbände sowie Angebote im Sport-, Kultur- und Mediensektor. Berlin ist der wichtigste internationale, nationale und regionale Verkehrsknoten in der Hauptstadtregion. Mit der zentralörtlichen Einordnung Berlins als Metropole wird der Größe, der internationalen und nationalen Bedeutung der Bundeshauptstadt Berlin auch im Vergleich zu den Oberzentren der Hauptstadtregion Rechnung getragen. Zwischen der Metropole Berlin, dem umgebenden Land Brandenburg und weiteren Teilen Nordostdeutschlands bestehen ausgeprägte ökonomische, kulturelle und funktionale Verflechtungen, sodass die Metropole Berlin den bedeutendsten Bevölkerungs-, Wirtschafts-, Verwaltungs-, Dienstleistungs- und Arbeitsmarktschwerpunkt darstellt.
Zu Z 3.5
Oberzentren
Oberzentren erfüllen hochwertige Funktionen mit überregionaler Bedeutung, die sich in Einrichtungen und Dienstleistungen des spezialisierten höheren Bedarfes wie zum Beispiel Hochschulen, spezialisierten Einrichtungen der Gesundheitsversorgung, Theater/Opernhäusern mit festem Ensemble, Sportstadien und einem vielfältigen Einzelhandelsangebot sowie Spezialgeschäften ausprägen. Sie haben eine besondere Bedeutung als Arbeitsmarktstandorte und für die überregionale Verkehrsverknüpfung. Die Oberzentren sind Versorgungs-, Wirtschafts- und Arbeitsmarktzentren von überregionaler Bedeutung. Bei den Oberzentren in der Hauptstadtregion handelt es sich um die vier größten Städte im Land Brandenburg. Sie sind hinsichtlich ihres Stellenwertes unter den Kommunen, ihrer Funktionalität und hinsichtlich ihrer Lage im Raum geeignet, die hochwertigen Raumfunktionen auszufüllen.
Oberzentren versorgen als Schwerpunkte von überregionaler Bedeutung die Bevölkerung mit Gütern und Dienstleistungen des höheren spezialisierten Bedarfes. Die Entwicklungsaufgaben der Oberzentren zielen ab auf die Sicherung bzw. Stärkung der Arbeitsplatzfunktionen, auf die Bereitstellung von spezialisierten und höheren Verwaltungs- und Dienstleistungsangeboten, auf die Zusammenarbeit in Netzwerken und auf die Außendarstellung bzw. das Image eines Zentrums einschließlich seines Umlandes. Oberzentren werden durch besondere Wissenscluster, private und öffentliche Verwaltungs- und Dienstleistungsfunktionen, einen spezialisierten Arbeitsmarkt mit teilweise weitreichenden Verflechtungen, differenzierte Gesundheits-, Kultur- und Freizeitangebote sowie Verkehrsinfrastrukturen mit großräumiger Anbindung charakterisiert. Oberzentren übernehmen damit hochwertige Wirtschafts-, Einzelhandels-, Kultur-, Freizeit-, Bildungs-, Gesundheits- und soziale Versorgungsfunktionen.
Die Oberzentren sind neben der Metropole die wichtigsten Wirtschaftsstandorte im gemeinsamen Planungsraum. Durch einen weiteren Ausbau der Infrastruktur, offensive Standortvermarktung, Imagekampagnen, Schaffung spezialisierter kultureller, sozialer und Sportangebote sollen diese in ihren Funktionen gestärkt werden. Planungen und Maßnahmen der Träger der Fachplanungen sollen die Entwicklung der Oberzentren im Raum unterstützen.
Eine gemeinde- oder mittelbereichsbezogene Zuordnung zu Verflechtungsbereichen der Oberzentren (sogenannte Oberbereiche) ist aufgrund der vielfältigen Überlagerungen zwischen der Metropole Berlin und dem Oberzentrum Potsdam mit den oberzentralen Wirkungen von Brandenburg an der Havel, Cottbus/Chóśebuz und Frankfurt (Oder) innerhalb der Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg nicht zweckmäßig.
Zu Z 3.6
Mittelzentren
Mittelzentren erfüllen gehobene Funktionen der Daseinsvorsorge mit regionaler Bedeutung; hierzu können zum Beispiel Einrichtungen der allgemeinen und beruflichen Aus- und Weiterbildung, Einrichtungen im Sozial- und Gesundheitsbereich sowie größere Anlagen im Bereich von Freizeit und Sport zählen. Darüber hinaus sind Mittelzentren gegebenenfalls auch Standorte weiterer Dienstleistungseinrichtungen wie größerer Behörden, von einem Schulangebot, das zur allgemeinen Hochschulreife führt (Schulen der Sekundarstufe II), Gerichten, Banken, Facharztpraxen, hochwertigen Einrichtungen der Gesundheitsversorgung und großflächigen Einzelhandelseinrichtungen.
Auch haben sie in der Regel eine herausgehobene Bedeutung als Arbeitsmarktstandorte und für die regionale Verkehrsverknüpfung.
Mittelzentren versorgen als Versorgungs-, Bildungs- und zum Teil auch Wirtschaftszentren die Bevölkerung im mittelzentralen Verflechtungsbereich mit räumlich gebündelt bereitgestellten öffentlichen und privaten Waren- und Dienstleistungsangeboten des gehobenen Bedarfes. Mittelzentren übernehmen damit gehobene Wirtschafts-, Einzelhandels-, Kultur-, Sport-, Freizeit-, Bildungs-, Gesundheits- und soziale Versorgungsfunktionen.
Das Prinzip der zentralörtlichen Gliederung ist regelmäßig auch auf die räumliche Konzentration der Siedlungsentwicklung, von Arbeitsplatzangeboten, von Dienstleistungsangeboten und von Versorgungsgelegenheiten angelegt. In Einzelfällen kann es erforderlich sein, von diesem räumlichen Konzentrationsgebot dahingehend abzuweichen, dass die zentralörtlichen Funktionen von zwei Kommunen gemeinsam wahrgenommen werden. Mit der Festlegung der funktionsteiligen Mittelzentren sollen tragfähige Versorgungsstrukturen geschaffen und damit die Stabilität in der Raumstruktur durch dieses engmaschigere Netz der funktionstragenden Gemeinden erreicht werden.
Dies kann zum Beispiel darin begründet sein, dass sich die verschiedenen Versorgungsfunktionen aufgrund spezifischer historischer Entwicklungen auf zwei Kommunen verteilen (zum Beispiel Arbeitsmarktschwerpunkt und Versorgungsschwerpunkt), dass sich unterschiedliche Schwerpunkte bei der Versorgung entwickelt haben (zum Beispiel Bildungsschwerpunkt und Gesundheitsschwerpunkt) oder dass sich die Versorgung innerhalb der zumutbaren Erreichbarkeitszeiten aufgrund der großen räumlichen Ausdehnung des Verflechtungsbereiches nur in einer Gemeinde nicht sicherstellen lässt.
Die übergemeindlich wirkende Daseinsvorsorge soll in zumutbarer Entfernung im Raum gesichert werden. Hierzu soll die vorhandene Ausstattung genutzt werden, solange Tragfähigkeiten gegeben sind. Ein Neu- oder Ausbau entsprechender Einrichtungen an anderer Stelle ist zu vermeiden. Die Tragfähigkeit der Funktionsangebote in Mittelzentren ist abhängig von der Anzahl der potenziell nachfragenden Bevölkerung. Im Mittelzentrum selbst ist erst mit einer Bevölkerungszahl ab 5 000 Personen eine ausreichende Nachfrage für die dort vorzuhaltenden Funktionen sicherzustellen. Diese Schwellenwerte können auch in dünn besiedelten Räumen nicht weiter unterschritten werden, da anderenfalls mittelzentrale Funktionsangebote nur noch mit nicht mehr vertretbarem Aufwand vorgehalten werden könnten.
Der Abgleich zwischen den Ansprüchen der Tragfähigkeit und der Erreichbarkeit führt im Ergebnis zu einer spezifischen Dichte des Netzes an Zentralen Orten in der Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg. Die festgelegten Mittelzentren sind im Berliner Umland regelmäßig in 20 Minuten, im Weiteren Metropolenraum in der Regel in maximal 30 Minuten, in Ausnahmefällen - bei besonders geringen Siedlungsdichten - in 45 Minuten über die Straße aus ihrem Verflechtungsbereich zu erreichen. Die Netzdichte der Mittelzentren ist insoweit das Ergebnis einer Abwägung zwischen den Ansprüchen der Tragfähigkeit, der Erreichbarkeit und der funktionalen Ausstattung. Diese Abwägung ermöglicht die Standortbündelung übergemeindlich wirkender Angebote der Daseinsvorsorge mit einer zumutbaren Erreichbarkeit unter Inkaufnahme der Begrenzung des Funktionsprofils einzelner Mittelzentren in Gebieten mit geringer Bevölkerungsdichte.
Auf Grundlage der Erreichbarkeitsanforderungen wurde die Bestimmung der als Mittelzentrum am besten geeigneten Gemeinde (vgl.
§ 3 Absatz 2 LEPro 2007 ) anhand eines durch themenübergreifende Indikatoren gestützten Analyseansatzes betrieben, der die Gemeinden in einem landesweiten Ranking vergleicht und insoweit den in der Vorgängerplanung
LEP B-B praktizierten regionalisierten Vergleich von Gemeinden verlässt.
In dem Vergleich zur Auswahl der am besten geeigneten Gemeinde wurden nur Gemeinden mit einer Bevölkerungszahl von mindestens 5 000 Personen als unterster Tragfähigkeitsschwelle für einen potenziellen Zentralen Ort selbst einbezogen.
Zur analytischen Herleitung des zentralörtlichen Systems wurde in zwei Schritten vorgegangen. Zunächst erfolgte eine vergleichende regionalstatistische und Lage- und Erreichbarkeitsanalyse der Städte und Gemeinden mit mindestens 5 000 Einwohnerinnen und Einwohnern im Land Brandenburg. Dazu wurden zwei Themenkomplexe mit jeweils drei Themenfeldern identifiziert, die raumrelevante Anforderungen des zentralörtlichen Systems greifbar machen. Die Indikatoren hatten dabei stets die administrative Einheit der Gemeinde als räumlichen Bezug. Es wurden die letztverfügbaren Daten verwendet.
Themenkomplex I - Raumabdeckung/Lage/Anbindung
darin Themenfeld Erreichbarkeit:
-
Erreichbarkeit innerhalb von 30 Minuten - Anzahl Einwohnerinnen und Einwohner, die über die Straße in maximal 30 Minuten die jeweilige Gemeinde erreichen können
-
Kernversorgung Einwohnerinnen und Einwohner in 15 Minuten - Anzahl Einwohner und Einwohnerinnen, die über die Straße ausschließlich die jeweilige Gemeinde und keinen anderen potenziellen Zentralen Ort in maximal 15 Minuten erreichen können
darin Themenfeld Lage-Distanz-Parameter:
-
Mindestdistanz - Luftlinienentfernung des Gemeindemittelpunkts zu nächstgelegenen anderen potenziellen Zentralen Orten unterschiedlicher Einwohnergrößenstufen (< 10 000, 10 000-20 000, > 20 000 EW) sowie Distanz zu einwohnerstärkerem Ort (Luftlinienentfernung des Gemeindemittelpunkts zum nächstgelegenen einwohnerstärkeren Ort, gewichtet anhand Einwohnerzahl der Untersuchungsgemeinde)
darin Themenfeld Netzknotenqualität:
-
Netzknoten Straße - Anbindungsqualität der Gemeinde über die Straße, d. h. Prüfung, ob Ortsmittelpunkt in maximal 5 Kilometer-Distanz zu Leistungsnetz bzw. Bundesstraßen ist; in Abstufung nach BAB/B-Straße des Blauen Netzes, B-Straßenkreuz/B-Einmündung, B-Straße
-
Netzknoten Bahn - Anbindungsqualität der Gemeinde im Personenverkehr in Abstufung nach Bahnkreuz/Anschlussknoten, Zugangsstelle RE, Zugangstelle RB/S-Bahn
Themenkomplex II - Raumgewicht/Zentralität
darin Themenfeld Bevölkerung:
-
Einwohnerstand
darin Themenfeld Beschäftigung/Arbeitsmarktzentralität:
-
sozialversicherungspflichtig Beschäftigte
-
Beschäftigtendichte - sozialversicherungspflichtig Beschäftigte je 1 000 Einwohner und Einwohnerinnen
-
Pendlersaldo - Saldo aus sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, die über Gemeindegrenzen ein- bzw. auspendeln
darin Themenfeld Versorgungszentralität:
-
Bildung - Anzahl Schülerinnen und Schüler in zur Hochschulreife führenden Schulen und in beruflichen Schulen je 100 Kinder und Jugendliche
-
Gesundheit - Bettendichte in Krankenhäusern je 10 000 Einwohnerinnen und Einwohner sowie Facharztdichte je 10 000 Einwohner und Einwohnerinnen
-
Einzelhandel - Verkaufsfläche für sonstige zentrenrelevante Sortimente je Einwohnerin und Einwohner sowie Einzelhandelszentralität, d. h. Verhältnis von Umsatz im örtlichen Einzelhandel zu örtlicher Einzelhandelskaufkraft
-
Öffentliche Einrichtungen - Erfassung von sechs Ausstattungskriterien: Sitz der Kreisverwaltung, Finanzamt, Arbeitsagentur/JobCenter, Amtsgericht, Polizeirevier, Berufsfeuerwehr/Feuerwehr mit hauptamtlichen Kräften
In jedem Themenfeld konnten bis zu sechs Punkte erreicht werden. Im Ergebnis des Brandenburg weiten Rankings konnten also rechnerisch maximal 36 Punkte (6x6) erzielt werden. Es entstand somit eine punktemäßige Bewertung und somit auch eine Rangfolge der 124 untersuchten Gemeinden.
Das Erreichen einer mittelzentralen Versorgungsabdeckung im Land Brandenburg in der angestrebten Erreichbarkeit innerhalb von 30 Minuten im Weiteren Metropolenraum und innerhalb von 20 Minuten im Berliner Umland grenzt die Auswahl auf solche Gemeinden ein, die einen Punktewert von mehr als zwölf, d. h. mehr als ein Drittel der maximal erreichbaren Punkte, erreichen. Dies führte in einem ersten Auswahlschritt zu einer Eingrenzung der zu betrachtenden Gemeinden auf 63.
Unter Berücksichtigung der bereits seit dem Jahr 2009 etablierten Funktionsteilungen, d. h. der gemeinsamen Wahrnehmung mittelzentraler Funktionen durch zwei Kommunen, die fortgeführt werden sollen und der Absicht der Etablierung einer neuen Funktionsteilung zwischen den Gemeinden Neuenhagen bei Berlin und Hoppegarten war es in fünf Landkreisen erforderlich, eine Auswahlentscheidung zwischen zwei Gemeinden zu treffen, die einen Wert oberhalb von zwölf Punkten erzielten. In diesen Fällen wurde die Gemeinde mit der jeweils höheren Punktzahl als geeigneter zur Festlegung als Mittelzentrum bewertet. Im Falle des funktionsteiligen Mittelzentrums war im Vergleich die Punktezahl der höher bepunkteten Gemeinde maßgeblich.
Die in der Vorgängerplanung LEP B-B
zu den Mittelzentren vorgesehenen Gemeindezuordnungen im Verflechtungsbereich haben sich in der Regel bewährt. Nur in Einzelfällen haben Gemeinden den Wunsch geäußert, anderen Mittelbereichen zugeordnet zu werden. Die angelaufene Veränderung der kommunalen Verwaltungsstrukturen im Land Brandenburg erlaubt zum jetzigen Zeitpunkt keine verwaltungskongruente Zuordnung, da die erforderliche Neuordnung der kommunalen Verwaltungsstrukturen im Rahmen der Freiwilligkeit auch über Grenzen der bisherigen Mittelbereiche hinweg erfolgen wird. Insoweit sind die Verflechtungsbereiche künftig bedarfsadäquat festzustellen. Die Erreichbarkeit der Mittelzentren aus benachbarten Gemeinden innerhalb von 30 Minuten im Weiteren Metropolenraum und innerhalb von 20 Minuten im Berliner Umland bietet einen ersten Anhaltspunkt für eine Zuordnung.
4 Kulturlandschaften und ländliche Räume
Zu G 4.1
Kulturlandschaftliche Handlungsräume
Bereits im Raumordnungsgesetz des Bundes (ROG 2009)
wird den Kulturlandschaften eine wichtige Bedeutung zugewiesen.
§ 2 Absatz 2 Nummer 5 ROG 2009 :
„Kulturlandschaften sind zu erhalten und zu entwickeln. Historisch geprägte und gewachsene Kulturlandschaften sind in ihren prägenden Merkmalen und mit ihren Kultur- und Naturdenkmälern zu erhalten. Die unterschiedlichen Landschaftstypen und Nutzungen der Teilräume sind mit den Zielen eines harmonischen Nebeneinanders, der Überwindung von Strukturproblemen und zur Schaffung neuer wirtschaftlicher und kultureller Konzeptionen zu gestalten und weiterzuentwickeln. Es sind die räumlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Land- und Forstwirtschaft ihren Beitrag dazu leisten kann, die natürlichen Lebensgrundlagen in ländlichen Räumen zu schützen sowie Natur und Landschaft zu pflegen und zu gestalten.“
Die vielfältigen Kulturlandschaften mit ihren prägenden Merkmalen und Kultur- und Naturdenkmälern sollen behutsam weiterentwickelt werden. Ziel ist es, ein Gleichgewicht zwischen dem Erhalt regionaler Werte und neuen Nutzungs- und Gestaltungsanforderungen zu finden. Nutzungen im Außenbereich, wie erneuerbare Energien, Rohstoffabbau, Netzausbau, Deponien sowie sonstige technische Anlagen, sollen verträglich in die Kulturlandschaften integriert werden (aus „Leitbilder und Handlungsstrategien für die Raumentwicklung in Deutschland“, MKRO 2016).
Im Landesentwicklungsprogramm von 2007 wird darüber hinaus eine Ergänzung der traditionellen Raumentwicklungspolitik um eine aktive Gestaltung von Kulturlandschaften angestrebt, die auch zur Minderung von regionalen Strukturproblemen beitragen kann.
Die kontrastreiche Kulturlandschaft der Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg beruht gleichermaßen auf naturräumlichen Voraussetzungen und jahrhundertelanger menschlicher Nutzung. Sie reicht von der polyzentralen Stadtlandschaft Berlins bis zur Vielzahl kulturlandschaftlicher Räume in Brandenburg, die insbesondere auch durch die über Jahrhunderte gewachsenen Brandenburger Landstädte als Ankerpunkte der Kulturlandschaft und durch regionale Besonderheiten der ländlichen Räume und ihrer Dörfer geprägt sind. Das Mosaik dieser kulturlandschaftlichen Räume ist Ausdruck der gesellschaftlichen und räumlichen Vielfalt. Die kulturlandschaftlichen Handlungsräume orientieren sich daher stark an den Aktionsräumen der vielfältigen regionalen Initiativen und Netzwerke und sollen eine Grundlage für eine kooperative Weiterentwicklung der regionalen Potenziale bieten. Mögliche kulturlandschaftliche Handlungsräume sind in der Abbildung 1 als Anregungen für deren Identifizierung, Differenzierung und Abgrenzung auf der regionalen Ebene dargestellt.
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Abbildung 1
Vorschläge für kulturlandschaftliche Handlungsräume in Berlin und Brandenburg
In Kulturlandschaften mit besonders gravierenden Problemlagen oder erhöhten Schutzanforderungen besteht ein besonderer Handlungsbedarf. Zu den Handlungsräumen mit spezifischem Handlungsbedarf zählen insbesondere:
-
Historisch bedeutsame Kulturlandschaften:
In diesen Kulturlandschaften mit hoher Dichte an Denkmalen, die aufgrund ihrer naturräumlichen und kulturhistorischen und militärgeschichtlichen Bedeutung den zusammenhängenden Charakter des Gebietes als Kulturlandschaft prägen, soll das kulturelle Erbe erhalten und für die Bevölkerung erlebbar gemacht werden. Für historische Kulturlandschaften sollen Konzepte zur Sicherung und Entwicklung prägender Denkmale, Landschaftselemente und -strukturen sowie zur Förderung von Traditionen und traditionellen Bewirtschaftungsformen erarbeitet werden. Dabei sollte beispielsweise auch der besondere bikulturelle Charakter des angestammten Siedlungsgebietes der Sorben/Wenden berücksichtigt werden. Ebenso wird in diesem Zusammenhang angestrebt, die historische Bausubstanz vor allem in Städten mit historischen Stadtkernen und Dörfern mit historischen Dorfkernen zu erhalten und kreative Um- und Nachnutzungen zu ermöglichen. Beispiele historisch bedeutsamer Kulturlandschaften sind die als UNESCO-Weltkulturerbestätte geschützte Berlin-Potsdamer Kulturlandschaft, das Oderbruch und der Spreewald.
-
Von starkem Nutzungswandel betroffene suburbane oder ländliche Kulturlandschaften:
Dies betrifft Kulturlandschaften mit deutlichen Zersiedlungstendenzen, starkem Bevölkerungszuwachs oder -rückgang, starkem Strukturwandel der Landwirtschaft, flächenintensiver Erzeugung regenerativer Energien oder forcierter touristischer Entwicklung. Entsprechende informelle Raumkategorien, die die formalen Steuerungsinstrumente zur Siedlungs- und Freiraumentwicklung ergänzen, können auch in kulturlandschaftlichen Handlungsräumen Impulse für identitätsstiftende und integrierende Ansätze der Kulturlandschaftsentwicklung geben. Dazu gehören auch Kulturlandschaftsräume in der Metropole und dem Berliner Umland, die durch hohen Entwicklungs-, Siedlungs- und Nutzungsdruck in besonderem Maße beeinflusst werden. Zu deren integrierter Entwicklung kann insbesondere das Instrument der Regionalparks dienen.
-
Landschaftsräume, die aufgrund der Aufgabe militärischer, bergbaulicher oder sonstiger Nutzungen einen außergewöhnlichen Sanierungs- und Gestaltungsbedarf aufweisen:
Hierzu zählen militärische Konversionsflächen (zum Beispiel die Lieberoser Heide, die ehemalige Militärstadt Wünsdorf, die Heeresversuchsanstalt Kummersdorf), altindustrialisierte Stadtlandschaften (zum Beispiel in Forst (Lausitz)/Baršć (Łužyca), Guben und Eberswalde) sowie insbesondere die Lausitzer bzw. Niederlausitzer Bergbaufolgelandschaft. Bereits vorliegende oder in Umsetzung befindliche Strategien und Konzepte können Grundlagen für die weitere Entwicklung der Landschaftsräume unter Einbeziehung erforderlicher Gefahrenabwehrmaßnahmen (zum Beispiel zur Kampfmittelberäumung oder in Gebieten des untertägigen Altbergbaus) bieten. Insbesondere die Braunkohlen- und Sanierungspläne stellen ein wichtiges Instrument auch zur kulturlandschaftlichen Entwicklung dar. Aus der Bergbaufolgelandschaft Südbrandenburgs sowie Nordsachsens entsteht durch die Rekultivierung und die Flutung der ehemaligen Tagebaue Europas größte künstlich geschaffene Seenlandschaft. Aufbauend auf bereits touristisch erschlossene Bergbaufolgeseen (zum Beispiel dem Senftenberger See) soll insbesondere der Wassertourismus in Verbindung mit dem Radtourismus unter Einbeziehung der Industrie- und Energiekultur entwickelt werden. Zudem sind auch Maßnahmen zur Rehabilitierung und Stabilisierung des Wasserhaushaltes erforderlich. Die Entwicklung des Lausitzer Seenlandes und der sich nördlich und östlich anschließenden Bergbaufolgelandschaften hin zu einer überregional erfolgreichen und wirtschaftlich tragfähigen Tourismusregion ist zentrales Anliegen.
-
Grenzübergreifende Kulturlandschaften:
Die Abgrenzung von Kulturlandschaften beruht auf natur- und siedlungsräumlichen Merkmalen, die unabhängig von administrativen Grenzen existieren. Daher erstrecken sich typische, identifizierbare kulturlandschaftliche Räume auch über Landesgrenzen hinweg, werden aber je nach länder- oder regionsspezifischer Planungssystematik instrumentell und konzeptionell unterschiedlich adressiert. Umso mehr erfordern solche grenzübergreifenden Kulturlandschaften, insbesondere wenn Landes- oder Bundesgrenzen überschritten werden, eine enge Kooperation der betroffenen Gebietskörperschaften. Beispiele für grenzübergreifende Kulturlandschaften innerhalb der Hauptstadtregion sind die Berlin-Brandenburger Regionalparks. Grenzübergreifende Bezüge in Nachbarländer weisen zum Beispiel der Hohe Fläming (nach Sachsen-Anhalt), das Lausitzer Seenland (nach Sachsen), das Biosphärenreservat Flusslandschaft Elbe (nach Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern) sowie das Lebuser Land und der Drei-Länder-Geopark Muskauer Faltenbogen (nach Sachsen und Polen) auf.
Zu G 4.2
Kulturlandschaftliche Handlungskonzepte
Für die Herausbildung kulturlandschaftlicher Handlungsräume sind die Initiativen von lokalen und regionalen Akteurinnen und Akteuren und Netzwerke von zentraler Bedeutung. Bei der Formulierung von Leitbildern und Handlungskonzepten im Rahmen freiwilliger Kooperationsprozesse sollten folgende Prinzipien berücksichtigt werden:
-
aktive Einbeziehung der Interessen sowie des bürgerschaftlichen und ökonomischen Engagements der örtlichen Bevölkerung,
-
Berücksichtigung von Aspekten des Schutzes, der Nutzung und der Gestaltung von Kulturlandschaften und die damit zusammenhängende Bündelung unterschiedlicher fachplanerischer Belange,
-
Kooperation über administrative Grenzen hinweg, die sich häufig nicht an den identitäts-, kultur- oder naturräumlichen Abgrenzungen von Kulturlandschaften orientieren,
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Einbeziehung bestehender Ansätze und Strukturen des Regionalmanagements und regionaler Marketingstrategien.
Dabei sind bereits bestehende Steuerungsansätze und Institutionen (zum Beispiel der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft, der integrierten ländlichen Entwicklung, der Tourismusentwicklung einschließlich des Wassertourismus, der Nutzung regenerativer Energien und nachwachsender Rohstoffe, der Großschutzgebietsentwicklung sowie der Denkmalpflege) als wesentliche Anknüpfungspunkte zu nutzen und weiterzuentwickeln, insbesondere wenn sie bereits Beiträge zur Etablierung regionaler Handlungsräume auf der Ebene von Kulturlandschaften im Planungsraum geleistet haben. Eine besondere Bedeutung kommt hierbei auch künftig den Lokalen Aktionsgruppen (LAG im Rahmen des LEADER-Ansatzes) und deren regionalen Entwicklungsstrategien mit ihrer regionalen Verankerung und fast flächendeckenden Präsenz zu. Auf regionaler Ebene können raumordnerische Festlegungen zur Konfliktbewältigung und Weiterentwicklung von Kulturlandschaften mit besonderem Handlungsbedarf getroffen werden. Die Verknüpfung von formellen und informellen Instrumenten kann in diesen Handlungsräumen zu einer forcierten Bewältigung von Raumnutzungskonflikten beitragen. An den Schnittstellen können die Träger der Regionalplanung mit Zustimmung der Landesplanungsbehörde eine koordinierende und moderierende Rolle übernehmen.
Zu G 4.3
Ländliche Räume
Im Raumordnungsgesetz des Bundes (ROG 2009
) wird den ländlichen Räumen eine wichtige Bedeutung zugewiesen.
§ 2 Absatz 2 Nummer 4 Satz 6 ROG 2009
:
„Ländliche Räume sind unter Berücksichtigung ihrer unterschiedlichen wirtschaftlichen und natürlichen Entwicklungspotenziale als Lebens- und Wirtschaftsräume mit eigenständiger Bedeutung zu erhalten und zu entwickeln; dazu gehört auch die Umwelt- und Erholungsfunktion ländlicher Räume.“
Die ländlichen Räume umfassen erhebliche Teile der Hauptstadtregion und reichen aus dem Weiteren Metropolenraum über das Berliner Umland teilweise bis nach Berlin hinein. Sie prägen maßgeblich das Erscheinungsbild der Hauptstadtregion und sind Lebensraum für einen großen Teil der Bevölkerung, insbesondere in Brandenburg.
Die ländlichen Räume bilden keine homogene Einheit, sondern werden durch heterogene und häufig kleinteilige Strukturen geprägt - überwiegend kleine Dörfer, aber auch größere Siedlungen und Städte, eine charakteristische Vielzahl an landschaftlich reizvollen oder naturräumlich wertvollen Bereichen, bemerkenswerte Kultur- und sonstige vielfältige Infrastruktureinrichtungen. Ländliche Siedlungsstruktur, kulturelles Erbe und landschaftliche Vielfalt schaffen für die in ländlichen Räumen lebenden Menschen Identität und sind daher ein nicht zu unterschätzender Haltefaktor. Hiermit gilt es verantwortungsvoll umzugehen, d. h. die vorhandenen Strukturen zu sichern und behutsam weiter zu entwickeln. In viele kulturlandschaftliche Handlungsräume bringen die ländlichen Räume wesentliche Qualitäten und damit auch Ansatzpunkte und Handlungsoptionen zur Weiterentwicklung der Kulturlandschaft mit ein.
Die ländlichen Räume sollen in ihren Funktionen als Wirtschafts-, Natur- und Sozialraum dauerhaft gesichert und entwickelt werden, sodass sie weiterhin für große Bevölkerungsteile ihre umfangreichen Funktionen erfüllen. Unter den Bedingungen des demografischen Wandels und der zunehmend enger werdenden finanziellen Spielräume kommt es darauf an, die endogenen Entwicklungspotenziale der ländlichen Räume zu stärken. Dazu sind lokale und regionale Wirtschaftskreisläufe zu stärken und nachhaltige Strukturen zu schaffen, mit denen dort, wo die wirtschaftlichen Verhältnisse absehbar schwieriger werden, regionale Wertschöpfung generiert werden kann. Neben der Sicherung von traditionellen Erwerbsquellen (Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft, Handwerk, etc.) ist deren Ergänzung durch nachhaltige, neue Entwicklungsoptionen erforderlich. Dabei kommt dem Tourismus, zunehmend auch der Energieerzeugung, eine maßgebliche Rolle zu. Die in Deutschland eingeleitete Energiewende bietet die Chance, auch dort, wo es ansonsten nur geringe wirtschaftliche Entwicklungspotenziale gibt, am Wirtschaftskreislauf teilzunehmen. Hochwertige und gut bezahlte Arbeitsplätze bieten jungen Menschen die Chance, in ihrer Heimat zu bleiben und sind wesentliche Voraussetzungen für die künftige Entwicklung der ländlichen Räume.
Dazu ist eine integrierte ländliche Entwicklung erforderlich, wie sie auch bundesweit zunehmend in den Fokus gelangt (vgl. die Bundesinitiative Ländliche Entwicklung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft, BMEL). In diesem Sinne werden in Brandenburg nach modernen Methoden im Zusammenhang mit der LEADER-Förderung in der Förderperiode 2014 bis 2020 Entwicklungsimpulse in 14 Regionen gesetzt. Deren Ziel ist es, die Lebensperspektive aller dort lebenden Altersgruppen zu verbessern bzw. zu sichern, die Leistungsfähigkeit des ländlichen Raumes zu stärken, insbesondere durch Erhalt und Schaffung von Arbeitsplätzen, und so eine regionale nachhaltige Entwicklung zu unterstützen. Gleichzeitig dient eine integrierte ländliche Entwicklung dazu, die ökologischen und ökonomischen Funktionen der ländlichen Räume in ihrer Bedeutung für den Gesamtraum zu stärken und damit einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung der Hauptstadtregion zu leisten.
5 Siedlungsentwicklung
Zu G 5.1
Innenentwicklung und Funktionsmischung
Das Raumordnungsgesetz des Bundes (ROG 2009)
legt Grundsätze fest, die Siedlungsentwicklung räumlich zu konzentrieren und die erstmalige Inanspruchnahme von Freiflächen zu minimieren:
§ 2 Absatz 2 Nummer 6 Satz 3 ROG 2009
:
„Die erstmalige Inanspruchnahme von Freiflächen für Siedlungs- und Verkehrszwecke ist zu vermindern, insbesondere durch die vorrangige Ausschöpfung der Potenziale für die Wiedernutzbarmachung von Flächen, für die Nachverdichtung und für andere Maßnahmen zur Innenentwicklung der Städte und Gemeinden sowie zur Entwicklung vorhandener Verkehrsflächen.“
Die Siedlungsentwicklung in der Hauptstadtregion ist häufig selbst in Räumen mit stagnierender und abnehmender Bevölkerung von weiterem Flächenwachstum gekennzeichnet. Nach wie vor sind nachfrageorientierte Gründe, wie steigende Pro-Kopf-Wohnflächen, eine Ursache für die Neuinanspruchnahme von Flächen für Siedlungszwecke. Gründe können vergleichsweise niedrige Bodenpreise vor allem in ländlichen Gebieten, verbunden mit im regionalen Vergleich geringeren Siedlungsdichten, sowie verbesserte Erreichbarkeiten sein, die ein Pendeln auch über weitere Pendlerdistanzen ermöglichen. Ein weiterer Grund kann in den häufig komplexen Verfahren zur Nutzung von Innenentwicklungsreserven liegen. Neue Baugebiete auszuweisen erscheint oft weniger aufwendig und konfliktärmer als den städtebaulichen Bestand zu erneuern.
Bundesweit betrug der durchschnittliche Flächenverbrauch für Siedlungs- und Verkehrsflächen noch gut 60 Hektar pro Tag (4-Jahres-Mittelwert 2013 bis 2016). Während sich Flächenentwicklungen in Berlin fast ausschließlich innerhalb des Siedlungs- und Verkehrsflächenbestandes vollziehen, lag die Flächeninanspruchnahme im Land Brandenburg in den Jahren 2014 bis 2017 noch bei durchschnittlich gut 2 Hektar pro Tag. Der Flächenverbrauch steht in einem Zielkonflikt mit den Notwendigkeiten des Flächen- und Bodenschutzes, des Freiraumschutzes und den Notwendigkeiten der Klimaanpassung. Zu den direkten Umweltfolgen können der Verlust unzerschnittener, noch nicht zersiedelter Flächen mit ihrer biologischen Vielfalt, der Verlust natürlicher Bodenfunktionen (insbesondere bei Versiegelung) und auch der Verlust landwirtschaftlicher Flächen zählen. Dazu sinkt mit zunehmender Zersiedelung die Auslastung der bestehenden Siedlungsstrukturen, insbesondere bei schrumpfenden Bevölkerungszahlen. Die Bundesregierung hat in der „Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie - Neuauflage 2016“ festgelegt, den Flächenverbrauch bis zum Jahr 2030 auf unter 30 Hektar pro Tag zu verringern. Die Neuinanspruchnahme von Flächen durch Siedlung und Verkehr soll daher im Sinne des Nachhaltigkeitsprinzips möglichst vermieden werden.
Bei der Siedlungsentwicklung soll dem Gebot der vorrangigen Innenentwicklung vor einer Außenentwicklung Rechnung getragen werden. Die Inanspruchnahme von weiterem Freiraum, häufig landwirtschaftlich genutzter Flächen, soll zumindest so lange vermieden werden, wie innerhalb vorhandener Siedlungsgebiete Flächenaktivierungen, zum Beispiel durch die Nachnutzung baulich vorgeprägter Flächen oder das Schließen von Baulücken, möglich sind.
Dies entspricht auch den Regelungen des
Baugesetzbuches (BauGB) , nach dem die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen soll. Bei der Umwandlung von landwirtschaftlichen oder als Wald genutzten Flächen wird innerhalb der Bauleitplanung eine regelmäßige Abwägung gefordert, in der die Notwendigkeit einer Umwandlung im Gegensatz zur Möglichkeit der Innenentwicklung begründet werden soll. Dabei sollen Ermittlungen zu den Möglichkeiten der Innenentwicklung zugrunde gelegt werden, zu denen insbesondere Brachflächen, Gebäudeleerstand, Baulücken und andere Nachverdichtungsmöglichkeiten zählen können.
In bestimmten Einzelfällen kann auch eine bauliche Nutzung siedlungsstrukturell gut eingebundener Wochenendhaus- oder Kleingartengebiete sinnvoller sein als der Aufschluss neuer Siedlungsflächen im Außenbereich. Bei allen Entwicklungen soll eine angemessene Erhöhung von Baudichten geprüft und angestrebt werden. Auch angesichts der Folgekosten für neue technische und soziale Infrastrukturen ist es erforderlich, die Siedlungsentwicklung vorrangig innerhalb vorhandener Siedlungsstrukturen und unter Nutzung bestehender Infrastrukturen zu betreiben. Besonders geeignet sind Standorte, die verkehrlich (öffentlicher Verkehr) bereits gut angebunden und für zusätzliche Verkehre noch aufnahmefähig sind und die eine Nutzung nachhaltiger Verkehrsmittel (öffentlicher Verkehr, Rad) ermöglichen. Siedlungsflächen sind in der Regel von einem bereits vorhandenen Ortskern aus zu entwickeln, der die wichtigsten Versorgungsfunktionen mit übernimmt und die Bevölkerung in das Gemeindeleben einbindet.
Die Entwicklungsspielräume der Gemeinden innerhalb des Siedlungsbestandes sind aufgrund der historischen Entwicklung in vielen Fällen noch groß. Geringe Siedlungsdichten bieten meist ausreichende Potenziale zur Nachverdichtung (Schließung von Baulücken, Nachverdichtung durch Grundstücksteilung oder Neustrukturierung von Bauflächen, Bebauung von Brachen, Wiedernutzungspotenziale). So beträgt beispielsweise die Wohnsiedlungsdichte außerhalb der Siedlungsachsen des Berliner Umlandes durchschnittlich 18,5 Einwohnerinnen und Einwohner (EW) pro Hektar (ha) Wohn-/Mischgebietsfläche, häufig mit Grundflächenzahl-Werten von < 0,2. Häufig stehen jedoch vorhandenen Flächenreserven nur eingeschränkte Verfügbarkeiten gegenüber. Bei Einzelhausbebauung sind Nettowohndichten (EW/ha bezogen auf die zur Wohnbebauung vorgesehenen Grundstücke) von bis zu 80 Einwohnerinnen und Einwohner pro Hektar, bei stärker verdichteter Reihenhausbebauung bis zu 180 Einwohnerinnen und Einwohner (EW) pro Hektar und bei viergeschossiger Mehrfamilienhausbebauung bis 400 Einwohnerinnen und Einwohner (EW) pro Hektar möglich. In verdichteten Innenstadtlagen sind noch weit höhere Werte erzielbar.
Die Siedlungsdichte hat großen Einfluss sowohl auf die Höhe von Finanzierungskosten als auch auf die Infrastrukturfolgekosten. Geringere Siedlungsdichten können sich kostensteigernd auf Bau, Unterhalt und Betrieb besonders auch von verkehrlicher Infrastruktur auswirken. Grundsätzlich steigen die Infrastrukturfolgekosten durch Siedlungswachstum und damit verbundenen Flächenverbrauch. Je niedriger die Siedlungs- und Verkehrsfläche pro EW ist, desto höher ist die Flächeneffizienz und desto niedriger der Infrastrukturaufwand. Die Kosten verteilen sich auf mehr Köpfe. Problematisch ist nicht nur die Verteilung hoher Kostenlasten auf wenige Nutzerinnen und Nutzer, sondern auch eine Ausdünnung von Nutzungen oder das Auftreten von Leerständen im Siedlungsbestand. Vor allem in stagnierenden oder schrumpfenden Regionen erhöht sich in der Gesamtsicht mit Flächenausweisungen und neuen Infrastrukturen die Kostenbelastung pro Kopf. Die Infrastrukturfolgekosten werden zudem durch die konkrete räumliche Lage neuer Siedlungsgebiete beeinflusst. Neue Siedlungsflächen ohne Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr, insbesondere Schienenpersonennahverkehr (SPNV), können mit einer gesteigerten PKW-Nutzung einhergehen. Deshalb sind für eine integrierte und effiziente Siedlungs- und Verkehrsflächenentwicklung die Abschätzung von Folgekosten und eine hohe Kostentransparenz von großer Bedeutung.
Ein verdichtetes Bauen und damit ein Beitrag zum Flächensparen kann bei der Planung von Wohnsiedlungsflächen (Definition im Sinne von Z 5.5 und Z 5.6) erreicht werden, wenn - bezogen auf das Bruttowohnbauland eine Ausrichtung an folgenden Baudichten erfolgt, die häufig auch über den vorhandenen Bestandsdichten liegen können. Besonders in innerstädtischen Lagen (zum Beispiel in Berlin) werden teilweise noch weitaus höhere Baudichten geplant.
Tabelle 2
Empfehlungen für flächensparende Baudichten
Strukturraum Lage/Gemeindefunktion Empfohlene Baudichte (WE/ha)
Berlin Gestaltungsraum Siedlung 50
Achsenzwischenraum 35
Berliner Umland Gestaltungsraum Siedlung 40
Achsenzwischenraum 30
Weiterer Metropolenraum Zentrale Orte 30
Nicht-Zentrale Orte (in Grundfunktionalen Schwerpunkten) 20 (25)
Baudichten im Rahmen kommunaler Planungen sind von folgenden Bedingungen abhängig:
-
die siedlungsstrukturelle bzw. städtebauliche Prägung der Umgebung,
-
die städtebauliche und architektonische Charakteristik der geplanten Bebauung,
-
ökologische, topografische bzw. klimatologische Bedingungen,
-
spezifische Bedarfe oder Nutzungsanforderungen.
Die Begrenzung des Siedlungsflächenwachstums erfordert eine zielgerichtete Ausnutzung der vorhandenen Innenentwicklungspotenziale. Dafür sind Kenntnisse dieser Potenziale bei den Kommunen hilfreich. In einigen Gemeinden liegen dazu bereits Daten zu Innenentwicklungspotenzialen und Informationen zu Brachflächen- und Baulücken vor. Auch die Kenntnis über nicht mehr benötigte leerstehende Nichtwohngebäude in städtebaulich geeigneten Lagen, die in Wohnraum umgewandelt werden könnten, kann zur Nutzung der Innenentwicklungspotenziale beitragen. Für die Darstellung und Beurteilung vorhandener Flächenpotenziale ist die Erfassung verfügbarer Flächenreserven in kommunalen Flächenkatastern von großer Bedeutung. Ein (inter)kommunales Flächenmanagement kann den nachhaltigen Umgang mit vorhandenen innerörtlichen Ressourcen unterstützen. Hauptaugenmerk liegt dabei auf der Bewusstseinsbildung und der Stärkung der Innenentwicklung durch die Kommunen. Der Bestand wird besser ausgelastet, Infrastrukturkosten werden reduziert und es entsteht insgesamt ein Mehrwert für die Kommune. Strategien zum Flächenmanagement beinhalten Handlungsfelder wie Baulückenaktivierung, Sanierung/Umnutzung/Nachverdichtung, Flächenrecycling oder flächensparendes Bauen.
Die Stärkung der Innenentwicklung, die Orientierung hin zu höheren Baudichten und der höhere Schutz von land- und forstwirtschaftlichen Flächen erweitern insgesamt die Möglichkeiten einer nachhaltigen gemeindlichen Flächenplanung und dienen dem Flächensparziel.
Die Steuerung der Siedlungsentwicklung soll zu energiesparenden und verkehrsvermeidenden Siedlungsstrukturen führen, die auch den Anforderungen des Ressourcen- und Klimaschutzes Rechnung tragen. Zu verkehrsvermeidenden Siedlungsstrukturen können Maßnahmen der Innenentwicklung und Funktionsmischung („Stadt der kurzen Wege“) beitragen. Vor dem Hintergrund steigender Durchschnittstemperaturen und der Zunahme länger anhaltender Hitzewellen, die insbesondere in Innenstädten zu Überwärmung und bioklimatischen Belastungen führen, soll bei der Entwicklung neuer Siedlungsflächen und Nachverdichtungen eine angepasste Siedlungsdichte mit kleinräumigen stadtklimatisch wirksamen Freiräumen angestrebt werden.
Das Prinzip der räumlichen Funktionsbündelung und der Nutzungsmischung, d. h. die räumliche Nähe von Arbeitsstätten, Einrichtungen der Daseinsvorsorge, sonstigen Versorgungseinrichtungen und Erholungsmöglichkeiten zu den Wohnungen öffnet die Möglichkeit kurzer Wege und führt weg von vielfältigen Fahrerfordernissen, die insbesondere für den wachsenden Anteil weniger mobiler Bevölkerungsgruppen problematisch werden. Die „Stadt der kurzen Wege“ trägt somit auch zu einer Verringerung der Neuinanspruchnahme von Flächen bei und ist durch eine mittelbare Reduktion des Endenergieverbrauches einer der wesentlichen städtebaulichen Beiträge zum Klimaschutz.
Zu Z 5.2
Anschluss neuer Siedlungsflächen
Durch den Anschluss neuer Siedlungsflächen in kompakter Form an bereits vorhandene Siedlungsgebiete sollen eine Zersiedlung und eine Neubildung von Splittersiedlungen vermieden werden und möglichst wenig Freiraum beansprucht werden. Weiter sollen nur behutsame Erweiterungen der technischen und sozialen Infrastruktur erforderlich und auch die Flächeninanspruchnahme für zusätzliche Erschließungswege möglichst gering gehalten werden.
Siedlungsgebiete sind hochbaulich geprägte, zusammenhängend bebaute Ortslagen, die von Menschen zum nicht nur vorübergehenden Wohnen oder zum Arbeiten genutzt werden. Siedlungsgebiete weisen dafür auch eine entsprechende Infrastruktur auf, d. h. sie sind durch eine entsprechende Erschließung und Versorgungssituation gekennzeichnet.
Siedlungsflächen sind hochbaulich geprägte Flächen, unabhängig von der derzeitigen Nutzung. Nach- oder Umnutzungen einschließlich Abriss und Neubebauung solcher Flächen stellen keine Entwicklung neuer Siedlungsflächen dar.
Kleingartengebiete sind keine Siedlungsflächen, sondern typische Nutzungen des Freiraumes. Bei einer Nutzung von Kleingartengebieten für Siedlungszwecke entstehen neue Siedlungsflächen, daher sind die Festlegungen zum Siedlungsanschluss zu beachten.
Nach Absatz 2 können in einzelnen Fällen aus besonderen Erfordernissen des Immissionsschutzes oder der Verkehrserschließung und -anbindung, beispielsweise zur Vermeidung von großen Verkehrsmengen oder Schwerlastverkehr durch Siedlungen, Ausnahmen zugelassen werden. Dies gilt auch bei besonderen verkehrlichen Standortanforderungen, wie zum Beispiel besondere Anschlusserfordernisse für Unternehmen des Logistikgewerbes.
Zu Z 5.3
Umwandlung von Wochenend- oder Ferienhausgebieten und von weiteren Siedlungsflächen
Wochenendhausgebiete in der Hauptstadtregion bilden eine historisch gewachsene, kulturelle, ökologische und soziale Ressource. Der große Bestand erklärt sich zum Teil aus der besonderen historischen Situation Berlins und Brandenburgs.
Vor dem Hintergrund steigender Raumansprüche unterschiedlicher Nutzungsarten insbesondere im Kern der wachsenden Hauptstadtregion wird der Bedarf zur Umnutzung weiterer Teile dieser Gebiete aufgrund der teilweise günstigen stadträumlichen Einordnung auch in den kommenden Jahren weiter bestehen.
Im Grundsatz gilt, dass Wochenendhausgebiete ebenso wie Ferienhausgebiete ausschließlich der Erholungsnutzung dienen. Eine Umnutzung zum Dauerwohnen war bei ihrer Anlage regelmäßig nicht beabsichtigt.
Zur Unterscheidung der Wohnnutzung von der Wochenend- bzw. Feriennutzung ist wesentlich, dass der Begriff des Wohnens eine auf Dauer angelegte Häuslichkeit erfasst. Die Wochenend- oder auch Feriennutzung ist nicht auf Dauer angelegt. Das wesentliche Unterscheidungskriterium ist demnach die Dauer der Nutzung und damit auch die Nutzungsintensität im Baugebiet. In Wochenend- und Ferienhäusern ist immer nur ein zeitlich begrenzter Aufenthalt zulässig. Nur dieser rechtfertigt die häufig naturnahe Lage und die geringeren Erschließungserfordernisse. Wohnsiedlungsgebiete sind hingegen Gebiete mit Ortsteilcharakter, die bereits überwiegend durch zulässige Wohnnutzung geprägt sind.
In Einzelfällen kann eine Umwandlung von an bestehende Siedlungsgebiete angrenzenden Wochenend- bzw. Ferienhausgebieten zweckmäßiger sein als die Inanspruchnahme bisheriger Freiflächen. Bei vorhandenem Siedlungsanschluss kann daher im Einzelfall eine Umwandlung von Wochenend- oder Feriennutzungen in Wohnnutzungen erfolgen. Umnutzungen im Bestand wie auch Umwidmungen mit dem Ziel des Wohnungsneubaus sind bei vorhandenem Siedlungsanschluss unter Beachtung der für das Dauerwohnen erforderlichen baulichen und energetischen Standards sowie der Sicherheits- und Erschließungsstandards möglich. Auch die Entwicklung von Wohnsiedlungsgebieten durch Umwandlung von Wochenend- oder Ferienhausgebieten soll auf die Siedlungsbereiche einer Gemeinde mit guter Erschließungs- und Versorgungssituation konzentriert werden. Dadurch sollen auch weitere Zersiedlungen, das Entstehen zusätzlichen Verkehrs und unwirtschaftliche Aufwendungen der Gemeinden vermieden werden.
Entscheidend für die Frage der Zulässigkeit einer Umwandlung ist daher in erster Linie die Lage der Gebiete. In der Regel handelt es sich um Nutzungen des Außenbereiches, häufig ohne ausreichende Erschließung und notwendige Versorgungseinrichtungen, sodass für diese Gebiete eine Umnutzung als Dauerwohngebiet nicht in Frage kommt.
Eine Umwandlung sonstiger hochbaulich geprägter Siedlungsflächen ohne Siedlungsanschluss im Außenbereich (zum Beispiel Ferieneinrichtungen oder Freizeitanlagen, landwirtschaftliche Betriebsflächen, gewerbliche Nutzungen) in Wohnsiedlungsflächen durch Nach- oder Umnutzung (einschließlich Abriss und Neubebauung) der vorhandenen Gebäude führt unabhängig von der derzeitigen Nutzung zu einer unerwünschten Entwicklung, die zusätzliche Erschließungsmaßnahmen nach sich zieht und daher zu vermeiden ist. Eine Umwandlung ist daher nur unter der Voraussetzung zulässig, dass die entsprechenden Flächen an ein vorhandenes Siedlungsgebiet anschließen.
Die aus der jeweiligen Umwandlung der Gebiete resultierende Entwicklung von Wohnsiedlungsflächen wird auf die Eigenentwicklungsoption gemäß Z 5.5 angerechnet, soweit es sich nicht um eine Innenentwicklung handelt.
Zu Z 5.4
Erweiterung von Streu- und Splittersiedlungen
Streu- und Splittersiedlungen stellen keinen im Zusammenhang bebauten Ortsteil dar und sind daher keine Siedlungsgebiete (vgl. Begründung zu Z 5.2). Die Erweiterung von Streu- und Splittersiedlungen führt zu unerwünschtem Flächenverbrauch sowie klimaschädigenden Emissionen infolge erhöhten Verkehrsaufkommens und zieht meist zusätzliche Erschließungsmaßnahmen nach sich. Eine Erweiterung bereits existierender Streu- und Splittersiedlungen ist raumordnerisch nicht verträglich und daher zu vermeiden. Eine Erweiterung ist eine nicht nur unwesentliche, raumbedeutsame Ausdehnung des vorhandenen Siedlungskörpers in den ihn umgebenden Außenbereich oder Freiraum. Nachverdichtungen oder das Schließen von Baulücken im Rahmen einer Innenentwicklung stellen keine Erweiterung dar und sind daher möglich.
Zu Z 5.5
Eigenentwicklung für den örtlichen Bedarf
Die Festlegung Z 5.5 bezieht sich ausschließlich auf Wohnsiedlungsflächen. Darunter sind alle Flächen zu verstehen, in denen auch Wohnnutzungen zugelassen sind, also insbesondere reine, allgemeine und besondere Wohngebiete, Dorf- und Mischgebiete sowie Kerngebiete und urbane Gebiete. Die Festlegung gilt nicht für die Entwicklung gewerblicher Bauflächen (vgl. G 2.2).
Der örtliche Bedarf einer Gemeinde ergibt sich ausschließlich aus dem Bedarf der ortsansässigen Bevölkerung, d. h. dass keine Bevölkerungszuwächse aus Wanderungsgewinnen zu berücksichtigen sind. Unter dem örtlichen Bedarf sind der Neubedarf, der Ersatz- und Nachholbedarf zu fassen. Unter Neubedarf versteht man den zusätzlichen Wohnungsbedarf, der sich hauptsächlich aus dem Saldo der Haushaltsentwicklung ergibt. Die Entwicklung der Privathaushalte einer Gemeinde wird durch zahlreiche Faktoren beeinflusst, u. a. die Bevölkerungsentwicklung, die Altersstruktur, die Haushaltsgrößenstruktur, die Entwicklung der Wohnflächennachfrage pro Person, das Verhalten zur Haushaltsneugründung. Der Ersatzbedarf ergibt sich aus Wohnungsabgängen aufgrund von Rückbau, Sanierung oder Umnutzung, der Nachholbedarf aus der Entwicklung der Wohnflächennachfrage pro Person. Wegen der im langfristigen Trend sinkenden Haushaltsgrößen und der steigenden Wohnflächennachfrage pro Person verläuft die Haushaltsentwicklung in Brandenburger Gemeinden grundsätzlich positiver als die Bevölkerungsentwicklung. Aus dem positiven Saldo der Haushaltsentwicklung kann sich im Rahmen des örtlichen Bedarfes ein zusätzlicher Wohnungsbedarf ergeben. Es ist davon auszugehen, dass sich dieser Trend fortsetzt.
Eine bedarfsgerechte Bereitstellung von Siedlungsflächen für die Wohnungsversorgung ist ein wesentlicher Bestandteil der Daseinsvorsorge. In der Hauptstadtregion ist auch weiterhin von teilräumlich gegenläufigen Entwicklungen bei der Wohnungsnachfrage auszugehen. Während in Berlin, das von Bevölkerungswachstum geprägt ist, und abgeschwächt auch im Berliner Umland von einer quantitativ steigenden Nachfrage auszugehen ist, wird sich im Weiteren Metropolenraum aufgrund des demografischen Wandels häufig eher eine rückläufige, jedoch qualitativ veränderte Nachfrage ergeben (u. a. barrierefreies Wohnen). Selbst bei Einwohnerrückgängen steigt die Zahl der Haushalte teilweise auch in den nächsten Jahren weiter an. Der Anstieg resultiert vor allem aus der Alterung der Bevölkerung und dem anhaltenden Trend zu mehr Singlehaushalten.
Zu einer bedarfsgerechten Wohnungsversorgung sollen sowohl die Weiterentwicklung der Wohnungsbestände (Instandsetzung, Umbau, Aufwertung) als auch der Neubau von Wohnungen beitragen, um den Ersatz- und Neubedarf zu decken.
Die Gemeinden oder die Gemeindeteile von Gemeinden im Berliner Umland, die keine Schwerpunkte für die Wohnsiedlungsflächenentwicklung gemäß Z 5.6 (Zentrale Orte im Weiteren Metropolenraum, Gestaltungsraum Siedlung) sind, können sich im Rahmen der Eigenentwicklung fortentwickeln, um den örtlichen Bedarf an Wohnsiedlungsflächen abzusichern. Dabei soll der natürlichen Entwicklung der Bevölkerung und dem inneren Bedarf der Gemeinden Rechnung getragen werden, der sich insbesondere durch die Verbesserung der Wohn- und Wohnumfeldverhältnisse, die Erweiterung ortsansässiger Betriebe und die gegebenenfalls erforderliche Anpassung der technischen und sozialen Infrastruktur ergeben kann.
Wohnsiedlungsentwicklungen über den örtlichen Bedarf einer Gemeinde hinaus würden dem Konzentrations- und Bündelungsgedanken entgegenstehen. Außerdem würden sie oftmals einen zusätzlichen Bedarf an daseinsvorsorgebezogenen Einrichtungen und eine erweiterte Bereitstellung von technischer und sozialer Infrastruktur nach sich ziehen.
Um vor allem auch in zahlreichen Städten und Gemeinden im Weiteren Metropolenraum, die einen Rückgang der Einwohnerzahlen zu verzeichnen haben, dennoch leistungsfähige Strukturen insbesondere mit Blick auf die Sicherung der Daseinsvorsorge zu halten, muss eine räumliche Bündelung von Einrichtungen der Daseinsvorsorge einerseits und der Siedlungsentwicklung andererseits angestrebt werden. Diesem Ziel dient die mit Z 5.6 verfolgte raumordnerische Konzentration der Entwicklung von Wohnsiedlungsflächen auf die Ober- und Mittelzentren im Weiteren Metropolenraum, wo eine quantitativ unbeschränkte Entwicklung der Wohnsiedlungsflächen möglich ist. In den Gemeinden im Weiteren Metropolenraum, die nicht als Ober- oder Mittelzentren festgelegt und damit keine Schwerpunkte der Wohnsiedlungsflächenentwicklung nach Z 5.6 sind, ist die Entwicklung im Rahmen der Eigenentwicklung gemäß Absatz 2 möglich.
Berlin und das Berliner Umland sind von einer besonderen Entwicklungsdynamik geprägt, die schwerpunktmäßig auf den Gestaltungsraum Siedlung gelenkt werden soll. Die Räume zwischen den als Gestaltungsraum Siedlung festgelegten Achsen sind teils historisch gewachsene Wohn- und Gewerbestandorte, sie erfüllen im Sinne der großräumigen funktionalen Arbeitsteilung aber insbesondere auch eine wichtige Naherholungsfunktion für die Bevölkerung sowie eine stadtklimatische und ökologische Ausgleichsfunktion. Auch in der hohen Schutznotwendigkeit dieser Freiräume findet hier die Begrenzung der Wohnsiedlungsflächenentwicklung auf die Eigenentwicklung ihre fachliche Begründung.
Z 5.5 Absatz 2 legt für einen Zeitraum von zehn Jahren eine Eigenentwicklungsoption von 1 Hektar/1 000 Einwohnerinnen und Einwohner (amtlicher Bevölkerungsstand zum Stichtag 31. Dezember 2018, Amt für Statistik Berlin-Brandenburg) als planerischen Angebotszuwachs für die Deckung des örtlichen Bedarfes fest, der den Gemeinden neben der Innenentwicklung zur Verfügung steht.
Der Eigenentwicklungsoption liegen bundesweite Erfahrungswerte zugrunde, wonach als örtlicher Bedarf 0,2 bis 0,3 Prozent des Wohnungsbestandes pro Jahr anzunehmen sind. Mit dem Ansatz wird so auch in Gemeinden mit schrumpfender Bevölkerungszahl ein zusätzlicher Bedarf berücksichtigt. Bei einer durchschnittlichen Haushaltsgröße von rund zwei Einwohnerinnen und Einwohner (EW) pro Wohneinheit ergibt sich ein rechnerischer Bedarf von 1 bis 1,5 Wohneinheiten pro 1 000 EW und Jahr, sodass für einen Zeitraum von zehn Jahren 10 bis 15 Wohneinheiten als örtlicher Bedarf angenommen werden können. Im Ergebnis ergibt sich für den örtlichen Bedarf einer Gemeinde bei einer angenommenen Siedlungsdichte von 15 Wohneinheiten pro Hektar ein Flächenbedarf von 1 Hektar pro 1 000 Einwohner und Einwohnerinnen in zehn Jahren. Bei Planung höherer Siedlungsdichten können in diesem Rahmen noch mehr Wohneinheiten realisiert werden. Grundsätzlich kann auch von der Möglichkeit einer bedarfsgerechten Flächenbereitstellung für die Wohnsiedlungsentwicklung im Rahmen der Innenentwicklung ausgegangen werden, die durch die Landesplanung quantitativ nicht begrenzt wird.
In der Vorgängerplanung des LEP HR, dem
Landesentwicklungsplan Berlin-Brandenburg (LEP B-B, 2009)
wurde neben weitreichenden Entwicklungsspielräumen im Rahmen der quantitativ nicht begrenzten Innenentwicklung eine zusätzliche Entwicklungsoption in Höhe von 0,5 Hektar/1 000 Einwohnerinnen und Einwohner festgelegt. Die Inanspruchnahme der zusätzlichen Entwicklungsoption durch kommunale Planungen von Wohnsiedlungsflächen wurde im Rahmen der Evaluierung des
LEP B-B ausgewertet (Überprüfung nach
Artikel 8 Absatz 5 des Landesplanungsvertrages
). Dabei zeigte sich, dass die betroffenen Gemeinden ihre Entwicklungen zum allergrößten Teil im Rahmen der Innenentwicklung durchführen konnten. Von den von der Festlegung betroffenen Gemeinden im Land Brandenburg hat der Großteil die zusätzliche Entwicklungsoption bisher nicht in Anspruch genommen. Nur ein sehr geringer Teil dieser Gemeinden hat die Option vollständig beansprucht.
Die Ergebnisse der Evaluierung verdeutlichen, dass sich der im Vorgängerplan
LEP B-B festgelegte Flächenansatz und Entwicklungsspielraum grundsätzlich bewährt haben. Im LEP HR wird daher für die Eigenentwicklung ein planerischer Angebotszuwachs mittels eines Flächenansatzes in Höhe von 1 Hektar/1 000 Einwohnerinnen und Einwohner festgelegt. Der im Vergleich zur Vorgängerplanung höhere Wert berücksichtigt, dass der LEP HR zwar ebenfalls große Entwicklungsspielräume im Rahmen der unbegrenzt zulässigen Innenentwicklung ermöglicht, die jedoch aufgrund der Anrechnung der kommunalen Planungen auf die Eigenentwicklung geringer sind (siehe unten). Der Wert berücksichtigt auch, dass die Gemeinden ihre Planungen in der Vergangenheit häufig im Rahmen der Innenentwicklung betrieben haben, sodass weitere Innenentwicklungspotenziale nicht in jedem Fall in ausreichendem Umfang zur Verfügung stehen.
Vergleicht man den dargelegten örtlichen Bedarf der Gemeinden mit der Eigenentwicklungsoption und berücksichtigt zusätzlich die nicht begrenzten Möglichkeiten der Innenentwicklung, sind damit keine unverhältnismäßigen Eingriffe in die kommunale Planungshoheit verbunden.
Die Eigenentwicklungsoption in Höhe von bis zu 1 Hektar/1 000 Einwohnerinnen und Einwohner steht den Gemeinden für die Entwicklung neuer Wohnsiedlungsflächen, die nach dem Stichtag des Inkrafttretens des LEP HR in Flächennutzungsplänen dargestellt und/oder in Bebauungsplänen festgesetzt werden sollen, zusätzlich zur Innenentwicklung zur Verfügung. Auf die Eigenentwicklungsoption anzurechnen sind somit
-
die Entwicklung von Wohnsiedlungsflächen auf bisher unbebauten, nicht hochbaulich geprägten Flächen,
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die Entwicklung von Wohnsiedlungsflächen durch Umnutzung oder Umwandlung baulich vorgeprägter Siedlungsflächen, die bisher nicht überwiegend dem Wohnen dienen.
Die Eigenentwicklungsoption bezieht sich auf die Gemeindeebene, in Gemeinden des Berliner Umlandes mit Anteil am Gestaltungsraum Siedlung auf die Gemeindeteile, die außerhalb des Gestaltungsraumes Siedlung liegen. Die Gemeinden können daher im Rahmen ihrer kommunalen Bauleitplanung über die räumliche Zuordnung der Eigenentwicklungsoption innerhalb ihres Gemeindegebietes entscheiden, d. h., dass auch eine Bündelung der gesamten Eigenentwicklungsoption einer Gemeinde in einem Ortsteil, zum Beispiel dem Hauptortsteil möglich ist. Da sich die Festlegung an die Gemeindeebene richtet, ist eine Verschiebung der Eigenentwicklungsoption zwischen Gemeinden oder eine Zusammenfassung in einer Gemeinde, zum Beispiel der amtsangehörigen Gemeinde eines Amtes nicht möglich.
Der Eigenentwicklungsansatz geht davon aus, dass der örtliche Bedarf neben der Nutzung von Innenentwicklungspotenzialen vorrangig über noch vorhandene Planungsreserven in rechtskräftigen Bauleitplänen gedeckt wird. In die Berechnung des Entwicklungsspielraumes, der für die Entwicklung von Wohnsiedlungsflächen zur Verfügung steht, sind Wohnsiedlungsflächen, die in Flächennutzungsplänen oder in Bebauungsplänen vor dem 15. Mai 2009 dargestellt bzw. festgesetzt wurden, aber noch nicht erschlossen oder auch noch nicht bebaut sind, einzubeziehen, d. h. sie werden auf die Eigenentwicklungsoption nach Absatz 2 angerechnet. Der Stichtag 15. Mai 2009 bezieht sich auf den Tag des Inkrafttretens der
Verordnung über den Landesentwicklungsplan Berlin-Brandenburg (LEP B-B)
. Von einer Anrechnung von Wohnsiedlungsflächen, die in Flächennutzungsplänen oder in Bebauungsplänen ab dem 15. Mai 2009 dargestellt bzw. festgesetzt wurden, wird abgesehen, da sie bereits an vergleichbare Festlegungen des
LEP B-B angepasst sind. Indiz für eine Erschließung können bereits von der Gemeinde oder dem Vorhabenträger zur Erschließung getätigte finanzielle Aufwendungen sein.
Bei der Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von Flächennutzungsplänen und Bebauungsplänen sollen die Gemeinden die in der Gemeinde bzw. dem Gemeindeteil mögliche Eigenentwicklungsoption nach Absatz 2, den Umfang der neu geplanten und der bereits in den oben genannten Bauleitplänen ausgewiesenen Wohnsiedlungsflächen in geeigneter Form darlegen. Diese Verpflichtung stellt für die Gemeinden keine erhöhten Anforderungen dar, da es ohnehin zu den grundlegenden Aufgaben der Gemeinde im Rahmen ihrer Bauleitplanung gehört, kontinuierlich die Baulandpotenziale im unbeplanten und beplanten Siedlungsbereich zu erfassen. Ohne eine solche Datengrundlage ist eine geordnete städtebauliche Entwicklung ansonsten im Grundsatz kaum zu gewährleisten.
Nicht auf die Eigenentwicklungsoption nach Absatz 2 angerechnet werden
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Wohnsiedlungsflächen, die in Flächennutzungsplänen oder in Bebauungsplänen ab dem 15. Mai 2009 dargestellt bzw. festgesetzt wurden,
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Wohnsiedlungsflächen innerhalb bestehender Siedlungsgebiete, insbesondere im unbeplanten Innenbereich sowie im Bereich von Satzungen nach
§ 34 Absatz 4 BauGB (Innenentwicklung).
Wohnsiedlungsflächen aus Satzungen nach
§ 34 Absatz 4 BauGB werden nicht auf die Eigenentwicklungsoption angerechnet, da es sich hierbei im Wesentlichen um bereits bebaute Bereiche, die im Flächennutzungsplan bereits als Bauflächen dargestellt sind, bzw. nur um einzelne Außenbereichsflächen, deren angrenzenden Bereiche bereits baulich vorgeprägt sind, handelt.
Gemäß Z 5.5 Absatz 3 sollen aufgrund bestandskräftiger Entscheidungen über eine Zielabweichung von 4.5 (Z) Absatz 2
LEP B-B zulässige Wohnsiedlungsflächen ebenfalls nicht auf die Eigenentwicklungsoption angerechnet werden. Es handelt sich um Planungen, die nach den Festlegungen des LEP HR zur Siedlungsentwicklung außerhalb der Schwerpunkte für die Wohnsiedlungsflächenentwicklung (Z 5.5) ebenso zu beurteilen wären wie nach den Festlegungen des
LEP B-B zur zusätzlichen Entwicklungsoption (4.5 (Z) Absatz 2). Die Grundzüge des Planungskonzeptes des LEP HR werden nicht berührt, auch wenn Wohnsiedlungsflächen, die nach bereits ergangener Zielabweichungsentscheidung möglich sind, im Einzelfall nicht auf die Eigenentwicklungsoption angerechnet werden. Dadurch können erneute Zielabweichungsverfahren mit absehbar gleichem Ergebnis vermieden und der Verwaltungsaufwand erheblich reduziert werden.
Zu Z 5.6
Schwerpunkte der Wohnsiedlungsflächenentwicklung
Das Raumordnungsgesetz des Bundes (ROG 2009)
legt Grundsätze fest, die Siedlungsentwicklung räumlich zu konzentrieren und die erstmalige Inanspruchnahme von Freiflächen zu minimieren.
§ 2 Absatz 2 Nummer 2 Satz 4 ROG 2009
:
„Die Siedlungstätigkeit ist räumlich zu konzentrieren, sie ist vorrangig auf vorhandene Siedlungen mit ausreichender Infrastruktur und auf Zentrale Orte auszurichten.“
Die Festlegung Z 5.6 bezieht sich ausschließlich auf Wohnsiedlungsflächen. Darunter sind alle Flächen zu verstehen, in denen auch Wohnnutzungen zugelassen sind, also insbesondere reine, allgemeine und besondere Wohngebiete, Dorf- und Mischgebiete sowie Kerngebiete und urbane Gebiete. Die Festlegung gilt nicht für die Entwicklung gewerblicher Bauflächen (vgl. G 2.2).
Der raumordnerische Steuerungsansatz zur Entwicklung der Wohnsiedlungsflächen sieht vor, die Siedlungsentwicklung, die über die Möglichkeit der Eigenentwicklung aller Gemeinden hinausgeht, auf standörtlich geeignete Schwerpunkte zu konzentrieren. In Berlin und im Berliner Umland (vgl. Abbildung 2) bildet der Gestaltungsraum Siedlung den geeigneten Schwerpunkt der Wohnsiedlungsflächenentwicklung. Im Weiteren Metropolenraum sind dies die Ober- und Mittelzentren.
Der Gestaltungsraum Siedlung soll vorzugsweise dazu dienen, das über die Eigenentwicklung hinausgehende, vor allem durch Zuwanderung bedingte Bevölkerungswachstum in Berlin und im Berliner Umland aufzunehmen. Das zu erwartende Bevölkerungswachstum schlägt sich u. a. in einem Bedarf an zusätzlichen Wohnsiedlungsflächen nieder. Diese räumlichen Entwicklungsbedingungen und -trends sind durch eine raumordnerische Steuerung an geeigneten Stellen zu unterstützen. Die Siedlungsflächenkonzentration soll zugleich den Flächenverbrauch reduzieren, den Verkehrsaufwand minimieren und zur Sicherung und Entwicklung der natürlichen Lebensgrundlagen, zum Klimaschutz und zum Erhalt des Freiraumes und der Vielfalt der Kulturlandschaften beitragen.
Berlin und das Berliner Umland sind kein homogener Raum, sondern sowohl in ihrer Struktur als auch in ihren Entwicklungstendenzen differenziert zu bewerten. Die raumordnerische Steuerung der Wohnsiedlungsflächenentwicklung muss dieser Differenziertheit Rechnung tragen.
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Abbildung 2
Strukturräume Berlin und Berliner Umland
Das prägende Grundprinzip für die räumliche Ausrichtung der Entwicklung der Wohnsiedlungsflächen in Berlin und im Berliner Umland orientiert sich dabei an der historisch vorgeprägten Siedlungsstruktur, dem sogenannten „Siedlungsstern“. Der Gestaltungsraum Siedlung umfasst wesentliche Teile des Kernraumes Berlins und Potsdams bis in angrenzende Gemeinden des Berliner Umlandes hinein sowie Teile der Gemeinden, die entlang der leistungsfähigen Radialen des Schienenpersonennahverkehrs (SPNV) liegen. Der sich mit der Anwendung dieses Instruments verbindende Eingriff in die Gestaltungshoheit der berührten Gemeinden ist zulässig. Er wird notwendig, da die Gemeinden meist große Gebiete umfassen. In diesen Gebieten befinden sich für die Konzentration zusätzlicher Wohnsiedlungsflächen geeignete und weniger geeignete Räume. Den Gemeinden verbleibt ein umfassender Spielraum sowohl bei Entwicklungen innerhalb des Gestaltungsraumes Siedlung als auch im Rahmen der Eigenentwicklung in den Gemeindeteilen, die außerhalb des Gestaltungsraumes Siedlung liegen.
Zur Umsetzung dieses Grundkonzeptes wurde der Gestaltungsraum Siedlung zunächst im Kernraum abgegrenzt. Ausgangspunkt war dabei der von der Mitte Berlins und Potsdams ausgehende durchweg zusammenhängende Siedlungsflächenbestand. Dieser Kernraum reicht auch bis in angrenzende Gemeinden des Berliner Umlandes hinein (zum Beispiel Glienicke/Nordbahn, Ahrensfelde, Hoppegarten, Schönefeld, Teltow, Stahnsdorf, Kleinmachnow, Nuthetal). Von diesem Kernraum ausgehend wurden dann die leistungsfähigen Radialen (Achsen) und die auf diesen Radialen liegenden Gemeinden bestimmt, innerhalb derer in einem weiteren Schritt der Gestaltungsraum Siedlung zu definieren war.
Der enge räumlich-funktionale Verbund zwischen den Umlandgemeinden und den Kernstädten Berlin und Potsdam drückt sich in der Qualität der Verbindung mit dem SPNV aus. Dieser Aspekt war für die Auswahl der Achsen entscheidend. Hierzu wurde die Qualität der Anbindung einer Bewertung unterzogen (Halt einer Regionalbahn - RB/RE, Halt einer S-Bahn, Kapazität, Entfernung vom S-Bahn-Ring Berlin, Entfernung vom Potsdamer Hauptbahnhof). Zusätzlich wurde analysiert, welche Gemeinden auf diesen radialen Achsen liegen und für die Aufnahme von weiteren Zuwächsen der Wohnsiedlungsentwicklung geeignet sind. Dabei wurden zusätzliche Kriterienbereiche wie Bevölkerungskonzentration (Bevölkerungszahl, Einwohnerinnen und Einwohner pro Hektar Wohnsiedlungsfläche) und Arbeitsplatzkonzentration (Anzahl der Arbeitsplätze, Anteil der Gewerbeflächen an den Siedlungsflächen) herangezogen (siehe Tabelle 3).
Tabelle 3
Ermittlung der Gemeinden mit Anteil am Gestaltungsraum Siedlung
Kriterien zur Ermittlung der Gemeinden mit Anteil am Gestaltungsraum Siedlung Anzahl erreichbarer Punkte
1. Untersuchung der Bahnhöfe
Halt einer Regionalbahn (RB/RE) 1
Halt einer S-Bahn 1
Kapazität (Mehrgleisigkeit) 1
Entfernung vom Berliner S-Bahn-Ring (bis 22 km = 2 Punkte, bis 25 km = 1 Punkt) 2
Entfernung vom Potsdamer Hauptbahnhof (bis 15 km = 1 Punkt) 1
Summe 6
Abschneidegrenze 3
2. Bestimmung der Gemeinden
aktuelle Einwohnerzahl größer 10 000 1
Anzahl Arbeitsplätze größer 2 000 1
Lage auf radialer SPNV-Achse 2
geeigneter SPNV-Anschluss (Ergebnis aus Schritt 1) 2
räumlich-funktionaler Verbund 1
Einwohnerinnen und Einwohner pro Hektar Wohnsiedlungsfläche (über dem Mittelwert des Berliner Umlandes) 1
Anteil der Gewerbe- an den Siedlungsflächen (über dem Mittelwert des Berliner Umlandes) 1
Summe 9
Abschneidegrenze 5
Im Ergebnis wurden folgende Gemeinden als sogenannte Achsengemeinden klassifiziert:
Achse A Glienicke/Nordbahn, Hohen Neuendorf, Birkenwerder, Oranienburg
Achse B Wandlitz
Achse C Panketal, Bernau bei Berlin
Achse D Ahrensfelde, Werneuchen
Achse E Hoppegarten, Neuenhagen bei Berlin, Fredersdorf-Vogelsdorf, Petershagen/Eggersdorf, Strausberg
Achse F Erkner
Achse G Schönefeld, Eichwalde, Schulzendorf, Zeuthen, Wildau, Königs Wusterhausen
Achse H Blankenfelde-Mahlow, Rangsdorf
Achse I Teltow, Großbeeren, Ludwigsfelde
Achse J Nuthetal, Michendorf
Achse K Werder (Havel)
Achse L1 Dallgow-Döberitz, Wustermark
Achse L2 Falkensee, Brieselang
Achse M Hennigsdorf, Velten, Oberkrämer
Hiervon ausgehend wurde bei der konkreten Abgrenzung des Gestaltungsraumes Siedlung innerhalb dieser Achsengemeinden wie folgt verfahren:
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Der Gestaltungsraum Siedlung wird durch den Einzugsbereich der SPNV-Haltepunkte begrenzt. Für die Einzugsbereiche wurde ein 3-Kilometer-Radius definiert.
-
Die Binnenerschließung des Gestaltungsraumes Siedlung ist ausreichend (leistungsfähiges Straßennetz und ausreichende technische Ver- und Entsorgungsinfrastruktur).
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Innerhalb des Gestaltungsraumes Siedlung liegen die jeweiligen Hauptortsteile der Gemeinden. Zusammenhängende Wohnsiedlungsflächen einschließlich zugehöriger Standorte der sozialen Infrastruktur und der Wirtschaft werden dadurch umfasst.
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Innerhalb des Gestaltungsraumes Siedlung liegende Gebiete weisen enge bauliche und räumlich-funktionale Verflechtungen auf.
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Kommunale Planungen, im Speziellen die genehmigten Flächen der Bauleitplanung wurden berücksichtigt.
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Der Freiraumverbund sowie Elemente der Freiraumstruktur wurden berücksichtigt.
Die Kommunen haben zur Binnendifferenzierung des Gestaltungsraumes Siedlung große Spielräume. Innerhalb des Gestaltungsraumes ist gleichwohl dem fachrechtlich gebotenen Freiraumerhalt oder auch Einschränkungen durch andere Planungen Rechnung zu tragen. Insoweit umfasst der Gestaltungsraum Siedlung Räume, die insbesondere aufgrund ihrer Lagegunst auf der Ebene der Landesplanung für eine Wohnsiedlungsentwicklung grundsätzlich geeignet sind. Weitere Binnendifferenzierungen können durch nachfolgende Planungsebenen vorgenommen werden, sodass der Gestaltungsraum Siedlung nicht mit Bauflächen gleichzusetzen ist.
Mit der Konzentration der Entwicklung von Wohnsiedlungsflächen auf den Gestaltungsraum Siedlung und der Begrenzung außerhalb des Gestaltungsraumes Siedlung („Achsenzwischenräume“) auf die Eigenentwicklung wird auch dem besonderen Gewicht der raumstrukturell erforderlichen Freiraumsicherung im Berliner Umland nachgekommen, soweit dies auf Ebene der Landesplanung angemessen ist. Für darüber hinausgehende Bedarfe zur Freiraumsicherung, zum Beispiel teilräumlich ausgeprägte Freiraumfunktionen als Grünräume im Siedlungsstern sind Festlegungen auf regionaler Ebene, informelle Konzepte sowie örtliche Planungen und Maßnahmen geeignet. Soweit Freiräume in Berlin und im Berliner Umland außerhalb des Gestaltungsraumes Siedlung den gesamträumlich einheitlichen Kriterien des Freiraumverbundes entsprechen, sind sie in die Gebietskulisse des Freiraumverbundes einbezogen.
In den Bereichen des Gestaltungsraumes Siedlung, die durch die Planungszone Siedlungsbeschränkung des
Landesentwicklungsplanes Flughafenstandortentwicklung (LEP FS)
in der Fassung vom 30. Mai 2006 überlagert werden, ist die Siedlungsentwicklung nur nach Maßgabe der Festlegungen in Z 5 des
LEP FS möglich.
Schwerpunkte der Wohnsiedlungsflächenentwicklung im Weiteren Metropolenraum sind die Ober- und Mittelzentren. Sie bieten ausreichende Potenziale für die Entwicklung von Wohnsiedlungsflächen in engem räumlichem Zusammenhang mit den höherwertigen bzw. gehobenen Funktionen der Daseinsvorsorge. Durch die Konzentration der Wohnsiedlungsentwicklung und die Bündelung von Versorgungsfunktionen auf die Zentralen Orte im Weiteren Metropolenraum kann so auch die Tragfähigkeit von Infrastruktureinrichtungen durch Synergieeffekte unterstützt werden.
Zu Z 5.7
Weitere Schwerpunkte der Wohnsiedlungsflächenentwicklung
In den gemäß Z 3.3 durch die Regionalplanung festgelegten Grundfunktionalen Schwerpunkten ist eine über die Eigenentwicklung hinausgehende Wohnsiedlungsflächenentwicklung im Rahmen einer Wachstumsreserve von 2 Hektar/1 000 Einwohnerinnen und Einwohner in zehn Jahren möglich. Die Wachstumsreserve kann erst nach Festlegung der Grundfunktionalen Schwerpunkte durch die Regionalplanung in Anspruch genommen werden. Ein spezieller Bedarfsnachweis ist von den betroffenen Gemeinden hierfür nicht zu erbringen, ebenso sind Planungsreserven von Wohnsiedlungsflächen in bestehenden Bauleitplänen nicht auf die Wachstumsreserve anzurechnen. Die Gemeinden sind aber im Rahmen ihrer Planungshoheit in eigener Verantwortung gehalten, neue Wohnsiedlungsflächen bedarfsgerecht zu planen. Der Ansatz für die Wachstumsreserve bezieht sich auf den Bevölkerungsstand des jeweiligen als Grundfunktionalen Schwerpunkt festgelegten Ortsteils zu dem in der Festlegung angegebenen Stichtag. Er berücksichtigt, dass der Bedarf an neuen Wohnsiedlungsflächen aufgrund eines Bevölkerungswachstums durch Zuwanderung sowie der angestrebten Konzentration der Wohnsiedlungsentwicklung in den Grundfunktionalen Schwerpunkten über der Eigenentwicklung liegen kann. Da die Grundfunktionalen Schwerpunkte von Achsengemeinden im Berliner Umland innerhalb des Gestaltungsraumes Siedlung festzulegen sind (vgl. Z 3.3), wird die Wohnsiedlungsflächenentwicklung in diesen Fällen in den Grundfunktionalen Schwerpunkten ohnehin quantitativ nicht begrenzt (vgl. Z 5.6).
Die außerhalb der Schwerpunkte der Wohnsiedlungsflächenentwicklung nach Z 5.6 (Gestaltungsraum Siedlung sowie Zentrale Orte im Weiteren Metropolenraum) anzustrebende Ausrichtung der künftigen Entwicklung von Wohnsiedlungsflächen auf die Grundfunktionalen Schwerpunkte dient dazu, eine möglichst gute Erreichbarkeit von grundfunktionalen Einrichtungen der öffentlichen Daseinsvorsorge und der Nahversorgung zu erhalten oder herzustellen. Die Grundfunktionalen Schwerpunkte stellen eine geeignete Gebietskulisse zur Konzentration der Wohnsiedlungsentwicklung in den Gemeinden, die über keine zentralörtliche Funktion verfügen, dar und tragen dem Anliegen der Bündelung der Siedlungsentwicklung, dem Vorrang der Innenentwicklung und Zuordnung des Wohnens zu den Grundfunktionen der Daseinsvorsorge Rechnung (Funktionsmischung). Mit der Festlegung von Grundfunktionalen Schwerpunkten wird so die Wohnsiedlungsentwicklung auf günstig erschlossene Bereiche ausgerichtet. Als zusätzliche Anker im Raum tragen sie außerdem zur Stärkung der ländlichen Räume bei.
Zu G 5.8
Wohnsiedlungsflächenentwicklung in den Städten der zweiten Reihe
Durch das Bevölkerungswachstum vor allem in Berlin, aber auch im Berliner Umland wird der Bedarf an Wohnraum weiter steigen. Ergänzend zu den sich hier bietenden Entwicklungspotenzialen für die Wohnraumversorgung eröffnen sich durch eine Strategie des „Sprung in die zweite Reihe“ weitere Entwicklungsmöglichkeiten. Durch die Strategie kann die Wachstumsdynamik über das Berliner Umland hinaus in die Fläche getragen werden und zur weiteren Stabilisierung und Entwicklung der Städte der zweiten Reihe beitragen. In Anknüpfung an die Stadtentwicklungs- und die Mobilitätsstrategie des Landes Brandenburg bedeutet dies, die Städte bei ihrer Stadtentwicklungs- und lokalen Mobilitätspolitik (integrierte Stadtentwicklungskonzepte/wohnungspolitische Strategien) zu unterstützen.
Die Strategie orientiert darauf, insbesondere die Nachfrage nach Wohnungen, aber auch anderen Funktionen in den Ober- und Mittelzentren im Weiteren Metropolenraum, die aus Berlin über Schienenverbindungen in einer Fahrzeit von bis zu 60 Minuten erreichbar sind, in eine gute Entwicklung umzusetzen. Als Anhaltspunkt können hierzu die Fahrzeiten des SPNV zwischen den Berliner Verteilerbahnhöfen Ostkreuz, Südkreuz, Charlottenburg, Gesundbrunnen, Jungfernheide und den betreffenden Städten dienen. Die Städte können diese Chance nutzen, indem sie Potenziale für die Wohnsiedlungsflächenentwicklung bieten. Geeignet sind vor allem Standorte im Umfeld der Schienenhaltepunkte. Solche Potenziale für die Wohnungsversorgung können sich neben den von Berlin aus schnell erreichbaren Ober- und Mittelzentren im Berliner Umland besonders in den Ober- bzw. Mittelzentren im Weiteren Metropolenraum finden, die über eine entsprechende SPNV-Anbindung erreichbar sind.
Da das Prinzip der zentralörtlichen Gliederung auf die räumliche Konzentration der Siedlungsentwicklung, von Arbeitsplatzangeboten, von Dienstleistungsangeboten und Versorgungsgelegenheiten angelegt ist, sind Ober- und Mittelzentren für diese Entwicklung besonders geeignet. Sie erfüllen neben ihrer Funktion als Schwerpunkte für Wohnen gleichzeitig die hochwertigen bzw. gehobenen Funktionen der Daseinsvorsorge und haben insbesondere auch eine über- bzw. regionale Bedeutung als Arbeitsmarktstandorte und für die Verkehrsverknüpfung. Die Städte der zweiten Reihe können damit gleichzeitig in ihren Entwicklungs- und Stabilisierungsfunktionen für ihren jeweiligen Verflechtungsbereich gestärkt werden.
Zu G 5.9
Wohnsiedlungsflächenentwicklung in Ober- und Mittelzentren des Weiteren Metropolenraums im Einwirkungsbereich benachbarter Metropolen
Wichtige Entwicklungsimpulse für den Weiteren Metropolenraum können auch von benachbarten Metropolen, deren Einwirkungsbereiche Teile der Hauptstadtregion überlagern, ausgehen. Insbesondere können die Metropolen Leipzig und Dresden für den Süden der Hauptstadtregion, das polnische Stettin für den Nordosten und für den Nordwesten die Metropole Hamburg genannt werden. Die Entwicklungsimpulse dieser Metropolen können bis in Ober- und Mittelzentren des Weiteren Metropolenraumes wirken und zur weiteren Stabilisierung und Entwicklung dieser Städte beitragen.
Dies eröffnet auch für die Wohnsiedlungsentwicklung Chancen. Die Ober- und Mittelzentren im Einwirkungsbereich benachbarter Metropolen können diese Chance nutzen, indem sie die Entwicklungsimpulse in ihre Planungen einbeziehen. Ober- und Mittelzentren sind für diese Entwicklung besonders geeignet, da sie neben ihrer Funktion als Wohnstandorte die hochwertigen bzw. gehobenen Funktionen der Daseinsvorsorge vorhalten und als Arbeitsmarktstandorte und für die Verkehrsverknüpfung bedeutend sind.
Zu G 5.10
Nachnutzung von Konversionsflächen
Für ehemals militärisch genutzte Flächen wie ehemalige Kasernengelände, für brachgefallene Industrie- und Gewerbeflächen sowie für ehemalige Bahnflächen oder nicht mehr genutzte landwirtschaftliche Anlagen wie Stallungen und Wirtschaftsgebäude sind auch im Sinne eines nachhaltigen Umgangs mit Flächenressourcen Konzepte für eine Nachnutzung erforderlich.
Mit der Differenzierung solcher Konversionsflächen nach Lage- und Qualitätsmerkmalen soll gewährleistet werden, dass eine Nachnutzung landesplanerisch und städtebaulich geordnet verläuft und keine „Zersiedelung durch Konversion“ betrieben wird.
Nach Absatz 1 sollen militärische und zivile Konversionsflächen im räumlichen Zusammenhang zu vorhandenen Siedlungsgebieten den Gemeinden für Siedlungszwecke zur Verfügung stehen. So können beispielsweise nicht mehr für den Bahnbetrieb benötigte Flächen für eine Siedlungsentwicklung gut geeignet sein, insbesondere bei innerstädtischer Lage und raumverträglicher Verkehrsanbindung. Bei Bedarf sollen die Gemeinden die Entwicklung dieser Konversionsflächen anstreben und planerisch vorbereiten, sofern andere Belange dem nicht entgegenstehen. Die sonstigen Festlegungen zur Siedlungsentwicklung sind dabei zu beachten bzw. zu berücksichtigen.
Kennzeichnend für viele ehemals militärisch genutzte Standorte ist wegen der ursprünglichen Nutzung die bewusste Platzierung außerhalb innerörtlicher Siedlungsgebiete. Auch aufgelassene großflächige Stallungen und Wirtschaftsgebäude liegen häufig außerhalb innerörtlicher Siedlungsgebiete. Absatz 2 regelt daher, dass auf versiegelten Bereichen oder baulich geprägten Anlagen solcher Konversionsflächen eine Ansiedlung städtebaulich nicht integrierbarer Vorhaben ermöglicht werden soll. Es handelt sich insbesondere um gewerblich-industrielle Vorhaben oder Anlagen der technischen Infrastruktur, die aus Gründen des Immissionsschutzes, der Verkehrs- oder sonstigen Erschließung oder anderer diesbezüglicher Besonderheiten nur außerhalb innerörtlicher Siedlungsgebiete errichtet werden können. Ein ausreichender verkehrlicher Anschluss an vorhandene Siedlungsgebiete ist jeweils sicherzustellen. Durch die Lenkung solcher Vorhaben auf Konversionsflächen soll die Inanspruchnahme von unbelasteten Freiräumen vermieden werden. Die Festlegungen zur Siedlungs- und Freiraumentwicklung, insbesondere Z 5.2 und Z 6.2 sind dabei zu beachten.
Den Anforderungen des Klimaschutzes und der damit verbundenen energiepolitischen Zielsetzung zum Ausbau erneuerbarer Energien wird im Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien (EEG) derzeit u. a. durch eine gesetzlich garantierte Vergütung des Stroms aus Fotovoltaikfreiflächenanlagen entsprochen, wenn die Anlagen auf Konversionsflächen errichtet werden. Dies führt zu einer verstärkten Nachfrage nach entsprechenden Standorten. Um dieser Nachfrage raum- und umweltverträglich gerecht zu werden, können auf Konversionsflächen Solaranlagen sowie Maßnahmen zu deren Systemintegration errichtet werden, wenn eine landschaftliche Einbindung und Anbindung an das Leitungsnetz sichergestellt wird sowie versiegelte oder durch Munition oder Altlasten vorbelastete Flächen genutzt und in ihrer ökologischen Funktion aufgewertet werden.
Nach Absatz 2 Satz 2 sollen Konversionsflächen außerhalb innerörtlicher Siedlungsgebiete, die hochwertige Freiraumpotenziale oder keine wesentliche bauliche Vorprägung aufweisen, für Freiraumnutzungen entwickelt werden. Sofern die Flächen aufgrund ihrer Lage und Verkehrsanbindung für städtebaulich nicht integrierbare Vorhaben nicht geeignet sind, sollen vorhandene Anlagen zurückgebaut und versiegelte Flächen renaturiert werden.
6 Freiraumentwicklung
Zu G 6.1
Freiraumentwicklung
Im Raumordnungsgesetz des Bundes (ROG 2009)
erfahren der Freiraumschutz und die Freiraumentwicklung eine vielfältige Würdigung.
§ 2 Absatz 2 Nummer 2 Satz 1, 5 und 6 ROG 2009
:
„Die prägende Vielfalt des Gesamtraums und seiner Teilräume ist zu sichern. [...]. Der Freiraum ist durch übergreifende Freiraum-, Siedlungs- und weitere Fachplanungen zu schützen; [...]. Die weitere Zerschneidung der freien Landschaft und von Waldflächen ist dabei so weit wie möglich zu vermeiden; die Flächeninanspruchnahme im Freiraum ist zu begrenzen.“
§ 2 Absatz 2 Nummer 4 Satz 7 ROG 2009
:
„Es sind die räumlichen Voraussetzungen für die Land- und Forstwirtschaft in ihrer Bedeutung für die Nahrungs- und Rohstoffproduktion zu erhalten oder zu schaffen.“
§ 2 Absatz 2 Nummer 5 Satz 4 ROG 2009
:
„Es sind die räumlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Land- und Forstwirtschaft ihren Beitrag dazu leisten kann, die natürlichen Lebensgrundlagen in ländlichen Räumen zu schützen sowie Natur und Landschaft zu pflegen und zu gestalten.“
§ 2 Absatz 2 Nummer 6 Satz 1 bis 6 ROG 2009
:
„Der Raum ist in seiner Bedeutung für die Funktionsfähigkeit der Böden, des Wasserhaushalts, der Tier- und Pflanzenwelt sowie des Klimas einschließlich der jeweiligen Wechselwirkungen zu entwickeln, zu sichern oder, soweit erforderlich, möglich und angemessen, wiederherzustellen. Wirtschaftliche und soziale Nutzungen des Raums sind unter Berücksichtigung seiner ökologischen Funktionen zu gestalten; dabei sind Naturgüter sparsam und schonend in Anspruch zu nehmen, Grundwasservorkommen sind zu schützen. Die erstmalige Inanspruchnahme von Freiflächen für Siedlungs- und Verkehrszwecke ist zu vermindern, insbesondere durch die vorrangige Ausschöpfung der Potenziale für die Wiedernutzbarmachung von Flächen, für die Nachverdichtung und für andere Maßnahmen zur Innenentwicklung der Städte und Gemeinden sowie zur Entwicklung vorhandener Verkehrsflächen. Beeinträchtigungen des Naturhaushalts sind auszugleichen, den Erfordernissen des Biotopverbundes ist Rechnung zu tragen. Für den vorbeugenden Hochwasserschutz an der Küste und im Binnenland ist zu sorgen, im Binnenland vor allem durch Sicherung oder Rückgewinnung von Auen, Rückhalteflächen und Entlastungsflächen. Der Schutz der Allgemeinheit vor Lärm und die Reinhaltung der Luft sind sicherzustellen.“
Der Freiraum ist der Raum, der nicht durch siedlungsräumliche Nutzungen wie zum Beispiel Wohn- und Gewerbegebiete, Versorgungs- oder Verkehrsinfrastrukturen in Anspruch genommen ist. Er ist wesentlich für eine nachhaltige Raumentwicklung, da er aufgrund seiner relativen Naturnähe vielfältige Funktionen erfüllt und Nutzungen ermöglicht.
Die Hauptstadtregion zeichnet sich vor allem in den peripheren Teilräumen durch störungsarme, großräumig unzerschnittene Freiräume aus, die größer als 100 Quadratkilometer sind. Derartige Räume werden nicht nur im Planungsraum, sondern auch bundesweit immer seltener. Sie sind in ihrer besonderen Bedeutung für die Freiraumsicherung und eine nachhaltige Raumentwicklung kaum wiederherstellbar und deshalb auch für künftige Generationen zu bewahren.
Die gemäß G 6.1 Absatz 1 multifunktionale Freiraumentwicklung in der Hauptstadtregion baut konsequent auf den drei Säulen der Nachhaltigkeit (ökologisch, ökonomisch, sozial) auf. Eine querschnittsorientierte, integrative Freiraumentwicklung soll ein verträgliches Miteinander der unterschiedlichen Funktionen und Nutzungen gewährleisten. Jeder Freiraum soll grundsätzlich so entwickelt werden, dass seine Bedeutung als natürliche Lebensgrundlage, als ökologischer Ausgleichs- und landschaftlicher Erlebnisraum für die Erholungsnutzung sowie als Wirtschaftsraum für eine ordnungsgemäße bzw. der guten fachlichen Praxis entsprechende Land- und Gewässernutzung einschließlich der Erzeugung nachwachsender Rohstoffe und regenerativer Energien gleichermaßen berücksichtigt wird.
Eine nachhaltige Freiraumentwicklung umfasst:
-
einen sparsamen und schonenden Umgang mit nicht erneuerbaren Ressourcen (Gewässer, Boden),
-
eine langfristige Sicherung der qualitätsgerechten Trinkwasserversorgung, u. a. durch den Schutz der zur Trinkwassergewinnung genutzten Gewässer und durch eine sorgsame und rationelle Wassernutzung zur Gewährleistung eines intakten Wasser- und Naturhaushaltes,
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die Minimierung der Inanspruchnahme bisher nicht durch Siedlungs- und Verkehrsflächen oder Infrastruktureinrichtungen genutzter Flächen (die Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung - Neuauflage 2016 - hat bis 2030 eine Reduzierung der Flächenneuinanspruchnahme auf unter 30 Hektar/Tag zum Ziel),
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die weitgehende Vermeidung neuer Zerschneidungen durch Infrastrukturtrassen,
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die Sicherung von Flächen für Erhalt und Entwicklung der biologischen Vielfalt (die Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt hat bis 2020 die Sicherung von mindestens 2 Prozent der Landesfläche Deutschlands für eine natürliche und ungestörte Entwicklung der Natur - sogenannte Wildnisgebiete - zum Ziel; darüber hinaus verschiedene Maßnahmen für Biotopverbund, Hochwasservorsorge und Siedlungsbegrenzung),
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den Ausgleich beeinträchtigter Naturhaushalts- und Landschaftsbildfunktionen und
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die Bewahrung kulturhistorisch bedeutsamer Landschaftselemente.
Vor dem Hintergrund der wasserhaushaltlichen Auswirkungen des Klimawandels wächst künftig auch die Bedeutung des Freiraumes für Maßnahmen zur Rehabilitierung und Stabilisierung des Wasserhaushaltes. Durch die nachhaltige Freiraumentwicklung wird auch der Stabilisierung des Wasserhaushaltes und dem Klimaschutz Rechnung getragen.
Einseitige Belastungen und Überbeanspruchungen des Freiraumes, die seine Funktionsfähigkeit beeinträchtigen können, sind soweit möglich zu vermeiden. Die Zerschneidung des Freiraumes, insbesondere der großräumig unzerschnittenen Freiräume, durch Infrastrukturtrassen (zum Beispiel Straßen, Leitungstrassen) stellt eine Gefährdung seiner Funktionsfähigkeit dar, insbesondere als ungestörter Erholungsraum und als Lebensraum für Tierarten.
Die Regionalplanung kann außerhalb des Freiraumverbundes aufgrund spezieller, regionaler Erfordernisse bei Bedarf monofunktionale Festlegungen treffen. In diesen begründeten Einzelfällen stehen monofunktionale Festlegungen im Einklang mit der querschnittsorientierten, integrativen Freiraumentwicklung nach den Prinzipien der Nachhaltigkeit.
Nach G 6.1 Absatz 2 ist insbesondere im Falle einer Inanspruchnahme von landwirtschaftlichen Flächen für andere Nutzungen den Belangen der Landwirtschaft besonderes Gewicht beizumessen.
Brandenburg und Berlin verfügen insgesamt über circa 1,3 Millionen Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche (davon circa 3 800 Hektar in Berlin), die sich zu drei Viertel aus Ackerland und ein Viertel aus Wiesen und Weiden zusammensetzen. Die Landwirtschaft ist in Brandenburg ein bedeutender Freiraumnutzer und erbringt in allen Teilräumen unverzichtbare Leistungen zur Stärkung einer nachhaltigen Entwicklung, insbesondere des ländlich geprägten Raumes. Mit ihren vor- und nachgelagerten Bereichen ist sie ein wichtiger Wirtschaftssektor und einer der größten Arbeitgeber in ländlichen Regionen. Sie trägt dort wesentlich zur Wertschöpfung bei.
Die Landwirtschaft erfüllt vielfältige Aufgaben im Rahmen einer multifunktionalen Freiraumentwicklung. Daneben erbringt sie als Hauptakteurin im Bereich der Kulturlandschaftsgestaltung und der Kulturlandschaftspflege unentbehrliche externe Leistungen für die Gesellschaft.
Eine unvermeidbare Flächeninanspruchnahme für Siedlungs- und Verkehrszwecke findet häufig zulasten hochwertiger landwirtschaftlicher Flächen statt. Für landwirtschaftliche Betriebe stellt dies ein großes Problem dar. In den letzten 20 Jahren ist in Brandenburg die Landwirtschaftsfläche um knapp 28 000 Hektar zurückgegangen. Bei der Abwägung mit konkurrierenden Nutzungsansprüchen ist daher bei allen Planungen und Maßnahmen den Belangen der Landwirtschaft besonderes Gewicht beizumessen. Dies entspricht der Regelung des
§ 1a Absatz 2 BauGB , nach der eine besondere Begründungspflicht für die Umwandlung von Landwirtschaftsflächen besteht, sowie der Regelung des
§ 15 Absatz 3 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG)
, nach der ein besonderes Rücksichtnahmegebot bei der Inanspruchnahme landwirtschaftlicher Flächen für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen besteht.
Landwirtschaftliche Flächen dienen vor allem dem Anbau von regional erzeugten, auch nachhaltig ökologischen hochwertigen Nahrungsmitteln und nachwachsenden Rohstoffen sowie biogener Energieträger.
Zu Z 6.2
Freiraumverbund
Gemäß § 2 Absatz 2 Nummer 2 und 6 ROG 2009
und den daraus abgeleiteten Leitbildern und Handlungsstrategien für die Raumentwicklung in Deutschland der MKRO sollen großräumige Freiraumverbünde zur Sicherung hochwertiger Freiräume in ihrer Multifunktionalität und Wirksamkeit für den Naturhaushalt und den ökologischen Verbund entwickelt und landes- und regionalplanerisch gesichert werden.
§ 2 Absatz 2 Nummer 2 Satz 5 und 6 ROG 2009
:
„Der Freiraum ist durch übergreifende Freiraum-, Siedlungs- und weitere Fachplanungen zu schützen; es ist ein großräumig übergreifendes, ökologisch wirksames Freiraumverbundsystem zu schaffen. Die weitere Zerschneidung der freien Landschaft und von Waldflächen ist dabei so weit wie möglich zu vermeiden; die Flächeninanspruchnahme im Freiraum ist zu begrenzen.“
Auf Grundlage von § 9 Absatz 5
und § 10 Absatz 3 BNatSchG
sind zudem die raumbedeutsamen Ziele und Erfordernisse des Naturschutzes und der Landschaftspflege bei der Aufstellung von Raumordnungsplänen zu berücksichtigen. Dazu gehört auch der Aufbau einer „grünen Infrastruktur“ als strategisch geplantes Netzwerk natürlicher und naturnaher Flächen unterschiedlicher Umweltmerkmale mit dem Ziel der Erhaltung und Entwicklung von Biodiversität und Ökosystemdienstleistungen (vgl. das Bundeskonzept Grüne Infrastruktur).
Hierzu dient die Festlegung des gesamträumlichen Freiraumverbundes nach Z 6.2 Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit der zeichnerischen Festlegung in der Festlegungskarte. Der Freiraumverbund ist ein Raumordnungsgebiet, das die funktional hochwertigen Teile des im gesamten Planungsraum vorhandenen Freiraumes umfasst und untereinander vernetzt. Er dient der großräumigen Ordnung der Raumnutzungen auf Ebene der Landesplanung und der Lösung auf dieser Ebene relevanter Nutzungskonflikte zwischen Freiraumentwicklung einerseits und Freiraum beanspruchenden Nutzungen andererseits. Im Rahmen des Nachhaltigkeitsprinzips weist der Freiraumverbund eine ökologische Schwerpunktsetzung auf, innerhalb derer seine multifunktionale Qualität eine Voraussetzung für die Lösung von Nutzungskonflikten innerhalb des Freiraumes auf den dafür angemessenen nachgeordneten Planungsebenen bildet. Die raumordnerisch einheitliche Festlegung als Verbundsystem gewährleistet die raumordnerische Strukturierungswirkung des Freiraumverbundes sowie die für seine Multifunktionalität erforderliche fachübergreifende und großräumige Sicherung und Vernetzung der vielfältigen Freiraumfunktionen einschließlich ihrer Wechselwirkungen.
Mit der Sicherung vor erstmaliger raumbedeutsamer Inanspruchnahme und Neuzerschneidung wird der besonderen Hochwertigkeit und Schutzbedürftigkeit des Freiraumverbundes Rechnung getragen und die Voraussetzung für den Erhalt seiner Funktionsfähigkeit geschaffen. Diese beruht auf folgenden Sachverhalten. Der Freiraumverbund entfaltet entsprechend
§ 2 Absatz 2 Nummer 2 und 6 ROG 2009 aufgrund seiner Zusammensetzung aus hochwertigen Freiräumen und Teilfunktionen eine besondere ökologische Wirksamkeit, zum Beispiel bezüglich einer schonenden Inanspruchnahme des Raumes durch wirtschaftliche und soziale Nutzungen, der Steuerung und Begrenzung der Flächeninanspruchnahme einschließlich der Sicherung landwirtschaftlicher Produktionsflächen oder Erholungsräume, des vorbeugenden Hochwasserschutzes und des Schutzes der Allgemeinheit vor Lärm und Luftverunreinigung. Von besonderer Bedeutung für die nachhaltige ökologische Wirksamkeit des Freiraumverbundes ist seine Multifunktionalität, die die Anpassungsfähigkeit der Freiraumnutzungen und -qualitäten an Folgewirkungen des Klimawandels sowie Erfordernisse des Naturhaushaltes und des Erhalts der Biodiversität gewährleistet. Die besondere Schutzbedürftigkeit des Freiraumverbundes ergibt sich daraus, dass erst durch die Verbundstruktur die vielfältigen einzelnen Funktionen miteinander vernetzt und einschließlich ihrer notwendigen Wechselwirkungen großräumig gesichert werden können. Aufgrund seiner multifunktionalen Zusammensetzung und ökologischen Wirksamkeit ist der Freiraumverbund grundsätzlich geeignet, Funktionen im Sinne eines Kompensationsraumes für Eingriffe in Natur und Landschaft zu übernehmen.
Die Gebietskulisse des Freiraumverbundes umfasst nahezu 30 Prozent der Gesamtfläche der Hauptstadtregion. Damit wird dem im Bundesvergleich überdurchschnittlich hohen Bestandsflächenanteil an hochwertigen Freiräumen in der Hauptstadtregion quantitativ angemessen Rechnung getragen. Soweit es die naturräumliche Ausstattung ermöglicht, wird bei der Ausgestaltung ein räumlich ausgewogenes System angestrebt, sodass die Entwicklungspotenziale für bauliche und infrastrukturelle Nutzungen im gesamten Planungsraum nicht unverhältnismäßig eingeschränkt werden.
Der Zusammensetzung und Abgrenzung der Gebietskulisse des Freiraumverbundes liegt folgende Methodik zugrunde:
Die Grundlage der Gebietskulisse bildet ein Kriteriengerüst, das sich aus raumordnerisch begründeten Kern- und Ergänzungskriterien zusammensetzt (vgl. Tabelle 4). Kernkriterien repräsentieren die jeweils höchstwertigen Flächen für den Freiraumverbund, die geeignet sind, die Funktionen, Nutzungen und Schutzgüter zu sichern bzw. zu erhalten, oder ein besonderes Potenzial für deren Entwicklung bilden. Als Kernkriterien wurden definiert: Gebiete des Natur-, Arten- und Biotopschutzes, Weitere Kernflächen des Biotopverbundes, Moore, Verbundsystem der Oberflächengewässer, Hochwertige Waldgebiete und UNESCO-Welterbestätten. Ergänzungskriterien stellen hochwertige Flächen dar, die eine Bedeutung für den raumordnerischen Verbund und für die - vor allem waldgebundene - Erholung haben. Als Ergänzungskriterien wurden definiert: Ergänzungs- und Verbindungsflächen der Lebensraumnetzwerke sowie Weitere Wald-/Erholungsgebiete. Nicht als Kriterien berücksichtigt wurden Gebiets- und Flächenkategorien, die aufgrund ihrer räumlichen Ausprägung oder ihrer fachinhaltlichen Spezifik nicht für die flächenhafte raumordnerische Festlegung als Freiraumverbund geeignet sind.
Mit der Kriterienauswahl wird den Grundsätzen der Raumordnung gemäß
§ 2 Absatz 2 Nummer 2, 4, 5 und 6 ROG 2009
und § 6 Absatz 1 bis 5 LEPro 2007
Rechnung getragen - wie nachfolgend beschrieben -, wobei die einzelnen Kriterien jeweils mehrere dieser Grundsätze berücksichtigen und verschiedene Funktionen für die Freiraumentwicklung erfüllen.
Als Verbundsystem trägt der Freiraumverbund den Erfordernissen des Biotopverbundes Rechnung, schützt ihn vor Zerschneidung und stellt eine entscheidende Grundlage zur Sicherung der Funktionsfähigkeit der Tier- und Pflanzenwelt dar. Die Sicherung eines überregionalen und länderübergreifenden, funktional zusammenhängenden Netzes ökologisch bedeutsamer Freiräume hilft Lebensräume von Arten in entsprechender Größe zu erhalten und vor Störungen zu schützen. Artenschutz umfasst den Schutz und die Pflege wild lebender Tier- und Pflanzenarten in ihrer natürlichen und historisch gewachsenen Vielfalt. Eine Minimierung von weiteren Landschaftszerschneidungen verhindert die Isolation von Biotopen bzw. von ganzen Ökosystemen, sodass auch zukünftig Wanderungsbewegungen und Austauschprozesse zwischen den Populationen stattfinden können. Damit wird ein langfristiger genetischer Austausch ermöglicht und der Artenverarmung entgegengewirkt. Durch die Einbeziehung der Fauna-Flora-Habitat (FFH)-Gebiete in den Freiraumverbund wird die Kohärenz des europäischen Schutznetzes insgesamt verbessert. Auf diese Weise trägt der Freiraumverbund als Verbundsystem entscheidend zum Erhalt von FFH-Lebensräumen und gleichzeitig der biologischen Vielfalt bei.
Die räumliche Festlegung eines Freiraumverbundes stellt auch eine Grundlage zur Entwicklung und Sicherung der Funktionsfähigkeit von Böden und des Wasserhaushalts, einschließlich deren Wechselwirkungen zu einander, dar. Insgesamt sichert der Verbund die Funktions- und Regenerationsfähigkeit der in einem komplexen Wirkungsgefüge befindlichen Naturgüter (Boden, Wasser, Luft) und ermöglicht damit den Schutz und die Entwicklung des Naturhaushaltes. Durch die Vernetzung und Sicherung von Ökosystemen, die in ihrem Zusammenwirken zur Regulierung des Landschaftswasserhaushalts beitragen wie Wälder, Auen, Moore und Fließgewässer, hat das Verbundsystem gleichzeitig positive Auswirkungen hinsichtlich des Wasserrückhaltes und dient folglich dem vorbeugenden Hochwasserschutz.
Für den Klimaschutz kommt der raumordnerischen Sicherung von Gebieten mit hohem Kohlenstoff-Bindungspotenzial wie insbesondere in großräumigen Moorgebieten, aber auch in Wäldern und Feuchtgebieten große Bedeutung zu. Darüber hinaus kann auch die besondere Puffer- und Filterkapazität der Böden im Verbund effektiver aufrechterhalten werden. Moore selbst stellen zumeist kleine isolierte Bereiche dar, sind aber in ihrer Existenz von ihren umgebenden oberirdischen und unterirdischen Grundwassereinzugsgebieten abhängig. Damit sind sie besonders auf Verbundsysteme angewiesen. Gleichzeitig ergibt sich ein wichtiger Beitrag, um klimabedingte Auswirkungen auf Lebensräume von Tieren und Pflanzen abzumildern und sich damit an den Klimawandel anzupassen.
Vor dem Hintergrund der reichen Naturausstattung der Hauptstadtregion kommt der Landschaftspflege eine zentrale Bedeutung zu. Der Freiraumverbund trägt durch Sicherung land- und forstwirtschaftlicher Flächen auch zu den räumlichen Voraussetzungen dafür bei, dass diese Nutzungen gemäß
§ 2 Absatz 2 Nummer 5 ROG 2009 ihren Beitrag zu Erhalt und Pflege von Naturhaushalt und Landschaft leisten können.
Zusätzlich entfaltet der Freiraumverbund siedlungsstrukturierende Wirkung und sichert nachhaltig Flächenpotenziale für die Erholung und für die Entwicklung ländlicher Räume mit ihrer Bedeutung u. a. für die Umwelt- und Erholungsfunktion sowie von Kulturlandschaften mit ihren Kultur- und Naturdenkmälern.
Tabelle 4
Kriterien, Funktionen und Grundlagen des Freiraumverbundes
Kriterien in Berücksichtigung von Grundsätzen der Raumordnung gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2, 4, 5 und 6 ROG 2009 und § 6 Abs. 1 bis 5 LEPro 2007 x mit besonderer Bedeutung für Grundlagen
Kernkriterium (K) Ergänzungskriterium (E) Funktionsfähigkeit der Tier- und Pflanzenwelt Erfordernisse des Biotopverbundes Funktionsfähigkeit von Böden und Wasser- haushalt Räumliche Erfordernisse des Klimaschutzes Vorbeugender Hochwasserschutz Schutz von Waldflächen vor Zerschneidung Erhaltung von Natur- und Kulturdenkmälern Sicherung der Erholungsfunktion ländlicher Räume und siedlungsbezogener Freiräume Räumliche Voraussetzungen für Land- und Forstwirtschaft/Landschaftpflegefunktion in Brandenburg (BB) in Berlin (BE)
Gebiete des Natur-, Arten- und Biotopschutzes (K) x x x x x - FFH-Gebiete (BB, BE) - Nationalpark (BB) - NSG (BB, BE) - Geschützte Biotope (BB, BE) - Nationales Naturerbe (> 3 ha außerhalb Schutzgebieten, BB)
Weitere Kernflächen für den Biotopverbund (K) x x x x - Kerngebiet Großtrappenschutz (BB) - Feuchtgrünland (BB) - Trockenstandorte (BB) - Sonstige Flächen für Biotopverbund und biologische Vielfalt (BE)
Moore (K) x x x x x - hochwertige Moore (BB, BE)
Ergänzungs- und Verbindungsflächen der Lebensraumnetzwerke (E) x x x x x - Grünland (nahe Kernflächen, BB) - Lebensraumnetzwerk Trockenlebensräume (Funktionsräume, BB) - Lebensraumnetzwerk Wald (Funktionsräume, BB) - Grünbrücken (BB)
Verbundsystem der Oberflächengewässer (K) x x x x x - Vorranggewässer/Fließgewässerschutzsystem (BB) - Prioritäre Kulisse für hydromorphologische Maßnahmen, Gewässerentwicklungskorridore (BB) - Flächen für die biologische Vielfalt bedeutsamer Vernetzungen (BE)
Hochwertige Waldgebiete (K) x x x x x x x - Geschützte Waldgebiete (BB) - Schutz- und Erholungswald (BE) - Lebensraumnetzwerk Wald (Ausgangsflächen, BB)
Weitere Wald-/Erholungsgebiete (E) x x x x x x - Naherholungsgebiete (BE) - Wald mit Standorteignung für Erholungsnutzung in Naturparken und im Umfeld von Städten (BB)
UNESCO- Welterbestätten (K) x x x x - UNESCO-Weltkulturerbe „Schlösser und Parks von Potsdam und Berlin“ (freiraumrelevante Teile, BB und BE) - UNESCO-Weltnaturerbe Grumsin
Die Kriterien beruhen auf fachlichen Grundlagen, u. a. auf prioritären Gebieten und Planungszielen aus den landesweiten Plänen des Naturschutzes und der Landschaftspflege (Landschaftsprogramm Brandenburg - Sachlicher Teilplan „Biotopverbund Brandenburg“, Entwurf 2017; Landschaftsprogramm/Artenschutzprogramm Berlin, 2016) sowie weiteren Gebieten mit fachrechtlichem Schutzstatus und Flächen mit hoher raumordnerischer oder fachübergreifender Wertigkeit (vgl. im Einzelnen Tabelle 4). Dabei wurde auf die besten verfügbaren Daten, soweit aktuell und fachlich belastbar, zurückgegriffen.
Zur Bildung einer flächenhaften und abgegrenzten sowie der Maßstabsebene des Landesentwicklungsplanes entsprechenden Gebietskulisse mit Verbundstruktur wurde zunächst eine nach spezifischen, den raumordnerischen Zielsetzungen entsprechenden Regeln definierte geografische Arrondierung durchgeführt. Das hierfür verwendete Rechenmodell stellt mit nacheinander geschalteten Arbeitsschritten ein objektiv nachvollziehbares und reproduzierbares Ergebnis sicher. Dessen Basis ist eine gleichwertige vollständige Überlagerung der zugrundeliegenden, für die Maßstabsebene des LEP HR angepassten Kriterien ohne vorgeschaltete qualitative Einschränkungen. Anhand eines flächendeckenden Rasters erfolgte eine Analyse der Kriterienabdeckung von Rasterzellen und von Nachbarschaftsbeziehungen zwischen Rasterzellen. Zur Identifizierung von räumlichen Verbindungen wurden insbesondere die Ergänzungskriterien herangezogen, soweit absehbar ohne räumliches Konfliktpotenzial mit anderen Nutzungsanforderungen möglich. Für diese planerische Einschätzung wurden u. a. Evaluierungsergebnisse zum
LEP B-B und dessen Gebietskulisse des Freiraumverbundes sowie Erfahrungen aus Planungshistorie und Vollzug relevanter Planwerke der Raumordnung und Bauleitplanung herangezogen.
Die resultierende, dem Freiraumverbund zugrunde liegende Flächenkulisse integriert somit Freiräume unterschiedlicher, sich überlagernder Teilfunktionen und Wertigkeiten zu einer in höchstmöglichem Maße in sich einheitlichen bzw. gleichwertigen Verbundstruktur.
Flächen ohne räumliches Anbindungspotenzial an die Verbundstruktur wurden unterhalb von empirisch überprüften Grenzwerten zu Flächengröße und Abstand von der Verbundstruktur nicht in die Gebietskulisse des Freiraumverbundes übernommen. In der erforderlichen abschließenden Abwägung wurden einzelfallbezogen weitere Flächen nicht in die Gebietskulisse übernommen. Als Kriterien hierfür wurden der räumliche Zusammenhang mit der Verbundstruktur, die Größe der Einzelflächen und ihre Bedeutung für die Multifunktionalität oder den funktionalen Zusammenhang des Verbundes (zum Beispiel Gewässerkorridore), ihre grenzübergreifende Anbindung und absehbare Konfliktvermeidung herangezogen. Diese Flächen können hinsichtlich einzelner Schutzgüter dennoch im funktionalen Zusammenhang mit dem Freiraumverbund stehen.
Bereits bebaute Gebiete, die vom Festlegungszweck des Freiraumverbundes nicht erfasst werden sollen, wurden unter Anwendung des Darstellungsgrenzwertes der topografischen Kartengrundlage von 20 Hektar nicht Teil der Gebietskulisse des Freiraumverbundes. Für bereits bebaute Gebiete unterhalb des Darstellungsgrenzwertes, die im Freiraumverbund liegen, bleiben die Entwicklungsmöglichkeiten nach
§ 34 und § 35 Absatz 6 BauGB
unberührt; in bestehende Baurechte greift der LEP HR nicht ein.
Die für die Festlegung des Freiraumverbundes erforderliche Abwägung der Gebietskulisse mit anderen Erfordernissen der Raumordnung und raumbedeutsamen Planungen wurde im Sinne des Gegenstromprinzips wie folgt vorgenommen:
-
Festlegungen zur Windenergienutzung und Gewinnung/Sicherung oberflächennaher Rohstoffe aus rechtswirksamen und genehmigten sowie im Verfahren fortgeschrittenen Regionalplänen und Braunkohlenplänen wurden nicht Teil der Gebietskulisse des Freiraumverbundes.
-
Bei Inkrafttreten des LEP HR bereits bekannt gemachte, genehmigte oder als Satzung beschlossene verbindliche Bauleitpläne sowie dargestellte Bauflächen (insbesondere Wohnbauflächen, Gemischte Bauflächen, Gewerbliche Bauflächen, Gemeinbedarfsflächen, Sondergebiete für Erholung, Einzelhandel und Windkraftanlagen, sonstige Sondergebiete) aus wirksamen Flächennutzungsplänen wurden nicht Teil der Gebietskulisse des Freiraumverbundes. Die Entwickelbarkeit von verbindlichen Bauleitplänen aus diesen Flächennutzungsplänen bleibt unberührt. In der zeichnerischen Festlegung ist dies aus Gründen des kartografisch bedingten Darstellungsgrenzwertes erst ab 20 Hektar Größe der Pläne und Flächen darstellbar. Im Übrigen gilt für das Verhältnis der kommunalen Bauleitplanung zur Landesentwicklungsplanung
§ 1 Absatz 4 BauGB .
-
Der Gestaltungsraum Siedlung gemäß Z 5.6 Absatz 1, auf den die Wohnsiedlungsflächenentwicklung in Berlin und dem Berliner Umland räumlich zu konzentrieren ist, wurde als besonders gewichtiger Belang der Raumordnung berücksichtigt.
-
Im Beteiligungsverfahren eingegangene standortkonkrete Anregungen und Bedenken zur Abgrenzung der Gebietskulisse wurden nach einzelfallbezogener Abwägung berücksichtigt.
-
Zur Sicherung der grenzübergreifenden Funktionsfähigkeit des Freiraumverbundes wurden Festlegungen in Landesentwicklungsplänen angrenzender Länder einzelfallbezogen berücksichtigt, auch unter Einbeziehung von im Planungsraum isoliert liegenden Flächen.
Für den Strukturraum Berlin werden die städtische Freiraumentwicklung und der Freiraumverbund im Landschaftsprogramm/Artenschutzprogramm Berlin dargestellt. Innerhalb des Gestaltungsraumes Siedlung bestehen Spielräume zur Binnendifferenzierung und zum fachrechtlich gebotenen Freiraumerhalt. Dies trifft insoweit auch auf die betroffenen Gemeinden in Brandenburg zu.
Die Übertragung der Gebietskulisse des Freiraumverbundes auf die regionale Ebene erfolgt durch eine maßstabsgerechte, räumliche Konkretisierung der Gebietsabgrenzung des landesplanerischen Freiraumverbundes in den Regionalplänen. Monofunktionale regionalplanerische Festlegungen sind innerhalb des Freiraumverbundes ausgeschlossen. Die multifunktionale Qualität ist für den Freiraumverbund wegen der ökologischen Schwerpunktsetzung auf ökologische Funktionen, zum Beispiel des Naturhaushaltes und der Biodiversität von besonderem Gewicht. Der dafür erforderlichen dynamischen Entwicklungsmöglichkeit der Freiraumnutzungen untereinander würden monofunktionale Festlegungen entgegenstehen. Die Lösung von Nutzungskonflikten innerhalb des Freiraumverbundes kann wegen dieser Anforderung nicht durch raumordnerische Flächenzuweisungen erfolgen, sondern muss auf der örtlichen Planungsebene bzw. im Rahmen konkreter Vorhaben unter besonderer Berücksichtigung naturschutzfachlicher bzw. ökologischer Belange geleistet werden. Eine Voraussetzung dafür ist die Beibehaltung der Multifunktionalität auf landes- und regionalplanerischer Ebene.
Mit der Sicherung der Funktionsfähigkeit des Freiraumverbundes sind Planungen und Maßnahmen, die seine Funktionen oder seine Verbundstruktur nicht beeinträchtigen, vereinbar. Bei
-
Planungen und Maßnahmen der landschaftsbezogenen Erholungsnutzung und
-
für folgende wirtschaftliche Nutzungen:
-
die ordnungsgemäße landwirtschaftliche Bodennutzung bzw. die nach den Grundsätzen der guten fachlichen Praxis erfolgende Landwirtschaft insbesondere gemäß
§ 17 Absatz 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes (BBodSchG)
in Verbindung mit § 5 Absatz 2 BNatSchG
,
-
die ordnungsgemäße Forstwirtschaft gemäß
§ 4 des Waldgesetzes des Landes Brandenburg (LWaldG)
bzw. §§ 11
und 12 des Landeswaldgesetzes (LWaldG) Berlin
in Verbindung mit § 5 Absatz 3 BNatSchG
sowie
-
die Fischereiwirtschaft nach den Anforderungen des
§ 5 Absatz 4 BNatSchG
-
sowie bei den baurechtlich privilegierten Vorhaben im Außenbereich gemäß
§ 35 Absatz 1 Nummer 1, 2 und 6 BauGB
kann in der Regel davon ausgegangen werden, dass sie die räumliche Entwicklung, Funktionen oder Verbundstruktur des Freiraumverbundes nicht beeinträchtigen und daher mit der integrierten Freiraumentwicklung und Sicherung der Funktionsfähigkeit des Freiraumverbundes vereinbar sind.
Gemäß Z 6.2 Absatz 1 Satz 2 sind andere raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen in der Gebietskulisse des Freiraumverbundes ausgeschlossen, soweit kein Ausnahmetatbestand nach Z 6.2 Absatz 2 vorliegt. Denn sie greifen aufgrund der multifunktionalen Zusammensetzung der Gebietskulisse in der Regel in mehrere, mindestens aber in eine der in Tabelle 4 genannten Gebietskategorien, in deren vielfältige Funktionen oder in die Verbundfunktion insgesamt ein. Damit beeinträchtigen sie die jeweiligen Funktionen des Freiraumverbundes oder seine Verbundstruktur und laufen dem Regelungszweck zuwider.
Raumbedeutsame Inanspruchnahmen, die den Freiraumverbund beeinträchtigen, sind zum Beispiel: Freizeitgroßvorhaben, großflächige gewerblich-industrielle Vorhaben, großflächige Einrichtungen der technischen Infrastruktur (zum Beispiel baurechtlich nicht privilegierte Biomasseanlagen, gewerbliche Anlagen zur Tierhaltung, Fotovoltaik-Freiflächenanlagen).
Auch Windenergieanlagen und der Abbau oberflächennaher Rohstoffe gehören zu den beeinträchtigenden raumbedeutsamen Inanspruchnahmen. Sie stören oder heben die intendierte Verbundstruktur auf, sie greifen bei Errichtung und Betrieb in den Naturhaushalt ein und beeinträchtigen die Erholungsfunktion und das Landschaftsbild, das insbesondere für die hochwertigen Freiräume vor Überformung zu schützen ist. Zwar sind durch den Freiraumverbund auf höchstens 30 Prozent des gesamten Planungsraumes Windenergieplanungen und der Abbau von oberflächennahen Rohstoffen ausgeschlossen; die Planungen für Windeignungsgebiete in den fünf Planungsregionen Brandenburgs haben aber gezeigt, dass der Windenergie trotz weiterer Ausschluss- und Restriktionskriterien (zum Beispiel Siedlungsabstand, tierökologische Abstandskriterien) substanziell Raum gegeben werden kann. In rechtswirksamen und genehmigten bzw. im Verfahren fortgeschrittenen Regionalplänen festgelegte Gebiete für Windenergienutzung und Gewinnung/Sicherung oberflächennaher Rohstoffe wurden bei der Abgrenzung des Freiraumverbundes berücksichtigt. Damit wurden prioritäre Flächen für Vorhaben der Rohstoffgewinnung nicht Teil der Gebietskulisse des Freiraumverbundes. Bestehende Bergbauberechtigungen nach dem
Bundesberggesetz (BBergG) sowie bereits genehmigte Aufsuchungs- und Gewinnungsvorhaben bleiben unberührt.
Ausnahmsweise sind raumbedeutsame Inanspruchnahmen unter den in Z 6.2 Absatz 2 abschließend genannten Ausnahmebedingungen und definierten Ausnahmetatbeständen möglich. Die Bedingungen für solche Ausnahmen sind, dass sie nicht auf anderen geeigneten Flächen außerhalb des Freiraumverbundes möglich sind und dass die Inanspruchnahme des Freiraumverbundes minimiert wird, damit der räumliche Zusammenhang des Verbundes weitest möglich erhalten bleibt.
Mögliche Ausnahmetatbestände sind einerseits überregional bedeutsame Planungen und Maßnahmen, insbesondere für eine überregional bedeutsame linienhafte Infrastruktur, an deren Realisierung ein öffentliches Interesse besteht. Von überregionaler Bedeutung können Planungen oder Maßnahmen zum Beispiel aufgrund ihrer Größe, aufgrund eines besonderen Konzeptes, das übergreifenden Zielen der Landesentwicklung dient, oder aufgrund besonderer Anforderungen an den Standort sein. Beispiele für linienhafte Infrastrukturplanungen von überregionaler Bedeutung sind u. a. die Maßnahmen der Bedarfspläne für Bundes- und Landesstraßen, Hochspannungsfreileitungen und Gasversorgungsleitungen. Ein öffentliches Interesse besteht darüber hinaus zum Beispiel auch an Anlagen zur Landesverteidigung und zur Flugsicherung.
Einen weiteren Ausnahmetatbestand stellt die Entwicklung von Wohnsiedlungsflächen für Einwohnerinnen und Einwohner der Gemeinden dar. Dies dient der Wahrung des entsprechenden verfassungsmäßig verankerten Rechts und der kommunalen Planungshoheit der Gemeinden. Die Ausnahme gilt für die nach den Festlegungen des Kapitels III. 5 - insbesondere nach den Plansätzen Z 5.5, Z 5.6 und Z 5.7 - zulässige Wohnsiedlungsflächenentwicklung. Ist als Voraussetzung für die Realisierung einer solchen Entwicklung auch die Entwicklung von Flächen für Gemeinbedarf, Ver- und Entsorgungsanlagen sowie Verkehrsflächen unmittelbar und im räumlichen Zusammenhang erforderlich, so gilt der Ausnahmetatbestand auch hierfür. Im Einzelnen umfasst dies der Allgemeinheit dienende bauliche Anlagen und Einrichtungen des Gemeinbedarfs, wie Schulen und Kirchen sowie sonstige kirchlichen, sozialen, gesundheitlichen und kulturellen Zwecken dienende Gebäude und Einrichtungen, im Sinne von
§ 5 Absatz 2 Nummer 2a BauGB .
Raumbedeutsame Planungen oder Maßnahmen, die mit dem Freiraumverbund vereinbar sind oder einen Ausnahmetatbestand erfüllen, können jedoch aufgrund entgegenstehender fachrechtlicher Vorschriften unzulässig sein. Da wie oben ausgeführt der Freiraumverbund zu erheblichen Flächenanteilen aus fachgesetzlich besonders geschützten Gebieten besteht, können sich daraus im Einzelnen besondere Anforderungen, bestandsschützende Regelungen und Restriktionen ergeben, die über die landesplanerischen Schutzanforderungen hinausgehen. Teilgebiete des Freiraumverbundes, die aufgrund ihrer reichen Naturausstattung, ihres Wasserreichtums, ihrer Bedeutung für den Hochwasserschutz sowie ihrer besonderen Naturhaushalts- und Lebensraumfunktionen eine herausgehobene Wertigkeit aufweisen, sind gegebenenfalls auch mit den Instrumenten der Fachplanung zu sichern. Zur Verbesserung der ökologischen Wirksamkeit und Kohärenz sind die zu sichernden „Werte“ in das übergreifende Gesamtsystem des Freiraumverbundes eingebunden.
7 Verkehrs- und Infrastrukturentwicklung
Zu Z 7.1
Vernetzung der Hauptstadtregion in Deutschland und Europa
Die Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg hat sich zu einem bedeutenden europäischen Verkehrsknoten entwickelt. Sie liegt im Schnittpunkt von drei Korridoren des transeuropäischen Verkehrsnetzes (TEN-V):
-
Orient-Östliches Mittelmeer,
-
Nordsee-Ostsee und
-
Skandinavien-Mittelmeer.
Die Entwicklung dieser Verkehrsverbindungen dient in besonderem Maße der Vernetzung der Hauptstadtregion mit den europäischen Regionen. Ziel ist es, die Verbindungen zwischen den Metropolregionen als Wachstumsmotoren und den dynamischen Wachstumsmärkten zu verbessern und damit die Hauptstadtregion besser im Zentrum Europas zu positionieren, wirtschaftliche Impulse zu generieren und diese auch in ihre Teilräume zu lenken.
Die Verordnung (EU) Nummer 1315/2013
über Leitlinien für die transeuropäischen Verkehrsnetze (TEN-V) definiert allgemeine Ziele und Prioritäten sowie spezielle technische Anforderungen für das TEN-Verkehrsnetz, zu dem somit nur ein ausgewählter Teil der bestehenden Verkehrsnetze gehört. Es ist zweilagig aufgebaut und besteht aus einem Gesamt- und einem Kernnetz. Das Kernnetz verbindet die wichtigsten städtischen Knoten, Häfen, Flughäfen sowie Grenzübergangsstellen der Europäischen Union. Im Kernnetz wurden neun Korridore definiert, die innerhalb des Kernnetzes die wichtigsten Langstreckenverkehre bzw. -routen abbilden. Sie sind multimodal angelegt und sollen vor allem grenzüberschreitende Verbindungen innerhalb der Union verbessern.
Die Transeuropäischen Netze stellen die räumlichen Prioritäten der europäischen Ebene zur Ausrichtung von Maßnahmen der Planungs- und Entwicklungsträger dar. Die instrumentellen Möglichkeiten der Planungs- und Entwicklungsträger sind fach-, ebenen- und grenzübergreifend zur Umsetzung des Konzeptes der Transeuropäischen Netze zu nutzen und weiterzuentwickeln.
Die Transeuropäischen Korridore sind das infrastrukturelle Rückgrat europäischer Raumentwicklungskorridore. In ihnen konzentrieren oder entwickeln sich Verflechtungen und raumbezogene wirtschaftsräumliche und infrastrukturelle Wertschöpfungspotenziale, die in die angebundenen Regionen hinein wirken sollen.
Eine besondere Bedeutung haben für die Hauptstadtregion die großräumigen europäischen Raumentwicklungskorridore in Ost-West-Richtung (von Nordwesteuropa/Atlantikraum über Berlin-Brandenburg ins Baltikum und nach Osteuropa/Asien) und Nord-Süd-Richtung (von Skandinavien über Berlin-Brandenburg in den Mittelmeerraum/Nordafrika und zum Balkan/in den Nahen Osten), in deren Schnittpunkt die Hauptstadtregion liegt. Investitionen und Maßnahmen, die auf diese Vernetzung ausgerichtet sind, sollen deshalb prioritär umgesetzt werden. Für die transnationale Anbindung der Hauptstadtregion soll insbesondere die Erreichbarkeit in Richtung Skandinavien (über Rostock, Stettin, Fehmarnbelt Verbindung) sowie nach Osteuropa bzw. ins Baltikum und Finnland über Frankfurt (Oder) verbessert werden. Wichtig sind auch die Verbindungen über Cottbus/Chóśebuz in Richtung Südosteuropa. Vorrang hat dabei der Schienenverkehr sowohl für den Transport von Personen als auch von Gütern.
Die Stärkung der Verflechtungen mit der Republik Polen soll auch dazu dienen, die raumwirtschaftlichen Disparitäten zwischen Brandenburg und den westpolnischen Wojewodschaften zu mindern. Damit soll auch der gemeinsame deutsch-polnische Wirtschaftsraum als wichtiger Faktor in Europa im Sinne des „Gemeinsamen Zukunftskonzeptes für den deutsch-polnischen Verflechtungsraum 2030“ gestärkt werden. Gleichzeitig wird dem Auftrag aus der Brandenburger Verfassung zur Zusammenarbeit mit den polnischen Nachbarn Rechnung getragen.
Für die Einbindung der Hauptstadtregion in das nationale und grenzüberschreitende Verkehrswegenetz ist die Umsetzung der im Bundesverkehrswegeplan 2030 enthaltenen Maßnahmen von besonderer Bedeutung.
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Abbildung 3
Vernetzung der Hauptstadtregion - Europäischer Verkehrsknoten Berlin-Brandenburg
Zu Z 7.2
Verkehrsverbindungen innerhalb der Hauptstadtregion
Durch die Verkehrsverbindungen sollen die Mobilitätsbedürfnisse der Bevölkerung sowie der Transportbedarf der Wirtschaft unter Berücksichtigung ökologischer, ökonomischer und sozialer Anforderungen befriedigt und der Leistungsaustausch zu anderen deutschen und europäischen Wirtschaftsräumen realisiert werden.
Die strategische Entwicklung der Verkehrsnetze ist daher wichtiger Bestandteil der Raumordnungsplanung. Die fachplanerischen Zielsetzungen orientieren sich an diesen Vorgaben der übergeordneten räumlichen Planung. Sie sind insbesondere über das System der Zentralen Orte miteinander verzahnt. Durch die Verkehrsnetze wird eine wichtige Voraussetzung dafür geschaffen, dass die Zentralen Orte ihre Versorgungsfunktionen wahrnehmen können. Zudem ermöglichen die Verkehrswege den Leistungsaustausch zwischen Zentralen Orten im Sinne einer Austauschfunktion.
Die großräumigen und überregionalen Verbindungsfunktionen beschreiben den Verbindungsbedarf (Luftliniennetz) zwischen Metropolen, Oberzentren, Mittelzentren und die Anbindung zu benachbarten höherrangigen Zentralen Orten, jeweils unter Berücksichtigung der Verbindungen zu den entsprechenden Zentralen Orten benachbarter Bundesländer und Staaten. Über die auf die Zentralen Orte orientierten Verkehrsverbindungen können auch die übergeordneten Verkehrsbedürfnisse der Regionalen Wachstumskerne und Branchenschwerpunktorte befriedigt werden.
Das Netz von großräumigen und überregionalen Verkehrsverbindungen beschreibt das Basisnetz, in dem die Sicherung bzw. Entwicklung (Verbesserung der Verbindungsqualität zum Beispiel durch Ausbaumaßnahmen oder verbesserte Bedienung) Priorität hat. Unter Berücksichtigung einer ausgewogenen Erschließung des Gesamtraumes, eines sparsamen Flächenverbrauches, begrenzter öffentlicher Mittel und zunehmenden Finanzbedarfes zur Erhaltung der bestehenden Infrastruktur soll die Erreichbarkeit der Zentralen Orte im übergeordneten Verkehrsnetz in der Hauptstadtregion langfristig gewährleistet werden. Die Sicherung und Entwicklung der Verkehrsverbindungen soll nachhaltig und möglichst konfliktarm (u. a. lärmverträglich, umweltschonend) erfolgen.
Die Sicherung dieser Verbindungsqualitäten verbunden mit den Erreichbarkeitserfordernissen sind insbesondere Voraussetzungen für die Gestaltung eines attraktiven öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) bzw. die Stärkung umweltfreundlicher Verkehrsangebote im Planungsraum.
Die großräumigen Verkehrsverbindungen sichern planerisch die infrastrukturellen Voraussetzungen im Bereich des Personen- und Güterverkehrs für eine leistungsfähige Vernetzung der Metropole Berlin mit den Oberzentren sowie mit angrenzenden Metropolenräumen.
Der LEP HR trifft für die großräumigen und überregionalen Straßenverbindungen Festlegungen, die auf den Richtlinien für integrierte Netzgestaltung (RIN) basieren.
In den RIN werden Zielgrößen für die Erreichbarkeit Zentraler Orte von den Wohnstandorten aus (Tabelle 5) sowie Zielvorgaben für die Erreichbarkeit zentraler Orte gleicher Zentralität untereinander (Tabelle 6) abgeleitet.
Tabelle 5
Zielgröße für die Erreichbarkeit Zentraler Orte von den Wohnstandorten (RIN 2008, Auszug)
Zentraler Ort Reisezeit in Minuten mit dem PKW im ÖPNV
Mittelzentrum ≤ 30 ≤ 45
Oberzentrum ≤ 60 ≤ 90
Tabelle 6
Zielgröße für die Erreichbarkeit Zentraler Orte von benachbarten Zentralen Orten gleicher Zentralitätsstufe (RIN 2008, Auszug)
Zentraler Ort Reisezeit in Minuten mit dem PKW im ÖPNV
Mittelzentrum ≤ 45 ≤ 65
Oberzentrum ≤ 120 ≤ 150
Quelle: Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen, Arbeitsgruppe Verkehrsplanung Richtlinie für integrierte Netzgestaltung (RIN), Ausgabe 2008
Die Zielgrößen enthalten Zu- und Abgangszeiten und gelten für Zeiten geringer Verkehrsnachfrage. Innerhalb dieser Zielgrößen soll eine möglichst flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Versorgungsangeboten sichergestellt werden. Die Zielgrößen für die Erreichbarkeit geben Hinweise auf Optimierungsbedarfe der Verkehrsverbindungen. Hinsichtlich der Zielgrößen aus der RIN zu den anzustrebenden Erreichbarkeiten im ÖPNV zeigen Untersuchungen des Bundesinstitutes für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR), dass eine Realisierbarkeit in Teilen des Bundesgebietes, insbesondere in ländlich-peripheren Regionen Ostdeutschlands, vor dem Hintergrund der Bevölkerungs- und Siedlungsstrukturen auch längerfristig nicht erreichbar sein dürfte.
Aus den Qualitätsansprüchen an die Erreichbarkeit leiten sich Anforderungen an das Straßenverkehrsnetz wie zum Beispiel Ausbaustandards etc. ab, die die Grundlage für die Umsetzung und konkrete Ausgestaltung der Straßenverbindungen durch die Fachplanung bilden.
Die relevanten Straßenverkehrsverbindungen werden insbesondere durch die Bundesautobahnen und über ein ausgewähltes Netz von Bundesstraßen, im Einzelfall aber auch durch Landesstraßen bestimmt.
Die Maßnahmen gemäß Bundesverkehrswegeplan 2030 und der Bedarfsplanungen der Länder Berlin und Brandenburg sind berücksichtigt worden, soweit sie für die raumordnerische Verbindungsfunktion von Bedeutung sind. Die vorgenommene generalisierte Plandarstellung der Verbindungsfunktion ersetzt im Einzelfall kein Raumordnungsverfahren oder ein nachfolgendes Planverfahren. Durch die Ausweisung der Verbindungsfunktion wird keine Entscheidung über die raumkonkrete Ausgestaltung einzelner Maßnahmen (Trassenfestlegung) getroffen. Bei der Bestimmung des konkreten Trassenverlaufes in nachfolgenden Planverfahren soll eine sparsame Nutzung der natürlichen Ressourcen angestrebt werden. Trassenbündelung und geringe Neutrassierungen minimieren die Freiflächeninanspruchnahme und eine Neuzerschneidung des Freiraumes.
Innerhalb des Netzes großräumiger und überregionaler Schienenverkehrsverbindungen soll durch Haltepunkte im Fernverkehr und im hochwertigen Regionalverkehr insbesondere in Berlin, am künftigen Verkehrsflughafen Berlin Brandenburg (BER) und in den Oberzentren die Erschließung der Zentralen Orte im öffentlichen Verkehr und deren Anbindung an übergeordnete Verkehrsverbindungen gewährleistet und unterstützt werden.
Außerdem soll mit der am Bestandsnetz orientierten Sicherung und Entwicklung der großräumigen und überregionalen Schienenverkehrsverbindungen die Erschließung der Mittelzentren im Schienenverkehr und damit die Funktion als überregionale Verkehrsknoten und deren Vernetzung mit anderen Verkehrsträgern gewährleistet werden. Für die Erschließung der Hauptstadtregion im öffentlichen Verkehr ist die Anbindung der Zentren mit mittelzentralen Funktionen an den Schienenverkehr eine wichtige Voraussetzung, um langfristig die öffentliche Erreichbarkeit zu sichern und die Erschließungsgunst bzw. Qualität der Zentralen Orte als Ankerstädte im Raum zu gewährleisten. Das übergeordnete Grundnetz bildet gleichzeitig auch die Voraussetzung zur möglichen Nutzung durch Schienengüterverkehrsanbieter.
Das Bedienungsangebot im SPNV erfolgt auf der Grundlage der Landesnahverkehrspläne beider Länder und kann bei entsprechender Nachfrage und gesicherter Finanzierung weitere Schienenverbindungen umfassen. Festlegungen zur Angebotsstruktur werden landesplanerisch nicht getroffen. Zur Vernetzung der Metropole Berlin mit den Ober- und Mittelzentren sowie dieser Zentren untereinander sind bei der fachplanerischen Umsetzung direkte/umsteigefreie Verbindungen anzustreben. Zu Schienenverbindungen, die nur dem Güterverkehr dienen, wird durch die hochstufige Landesplanung keine Festlegung getroffen.
Die schematische Darstellung, losgelöst von einer topographischen Grundlagenkarte, verdeutlicht auch graphisch, dass mit der Festlegung keine konkreten Trassenverläufe, sondern raumordnerische Verbindungsbedarfe festgelegt werden.
Zu Z 7.3
Singlestandort BER
§ 19 Absatz 11 LEPro 2003 sieht als Grundsatz der Raumordnung vor, dass der zu erwartende Bedarf an Luftverkehrskapazitäten in der Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg durch rechtzeitige Bereitstellung dieser Kapazitäten gedeckt werden soll. Dies soll vornehmlich innerhalb des bestehenden internationalen Flughafensystems und insbesondere unter Verringerung der Lärmbetroffenheit erfolgen. Dabei soll der nationale und internationale Luftverkehrsanschluss für Berlin und Brandenburg möglichst auf einen Flughafen konzentriert werden. Eine enge räumliche Beziehung des Flughafens zum Aufkommensschwerpunkt Berlin mit kurzen Zugangswegen und unter Einbindung in das vorhandene Verkehrssystem, insbesondere zum Schienennetz und zum öffentlichen Personennahverkehr, ist anzustreben. Für die Allgemeine Luftfahrt sollen ergänzend regionale Flugplätze zur Verfügung stehen.
Der Landesentwicklungsplan Flughafenstandortentwicklung (
LEP FS ) bestimmt, dass zur Deckung des nationalen und internationalen Luftverkehrsbedarfes der Länder Berlin und Brandenburg der Flughafen Berlin-Schönefeld weiter zu entwickeln ist. Dort ist festgelegt, dass mit Inbetriebnahme der Kapazitätserweiterung am Standort Schönefeld die Flughäfen Berlin-Tegel und Berlin-Tempelhof zu schließen und ihre Flächen einer anderen Nutzung zuzuführen sind. Inzwischen ist der Flughafen Berlin-Tempelhof bereits geschlossen.
Mit der Neuordnung des Luftverkehrs (Ausbau des Verkehrsflughafens Berlin-Schönefeld und Schließung der innerstädtischen Flughäfen Berlin-Tegel und Berlin-Tempelhof) wird dem steigenden Luftverkehrsverbindungsbedarf des Gesamtraumes Berlin-Brandenburg nachhaltig Rechnung getragen. Der dadurch entstehende Verkehrsflughafen Berlin Brandenburg (BER) soll nach seiner Inbetriebnahme den Linien- und Pauschalflugreiseverkehr für die Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg abwickeln. Dies gilt auf der Basis des Planfeststellungsbeschlusses „Ausbau Verkehrsflughafen Berlin-Schönefeld“ vom 13. August 2004, des Bescheides über den Widerruf der Betriebsgenehmigung für den Flughafen Berlin-Tegel vom 29. Juli 2004 und des Bescheides über die Entlassung der Anlagen und Flächen des Flughafens Berlin-Tegel aus der luftverkehrsrechtlichen Zweckbestimmung (Aufhebung der Planfeststellung) vom 2. Februar 2006 mit Ablauf von sechs Monaten, nachdem die Verlängerung der künftigen Start- und Landebahn 07L/25R (Nordbahn, heutige Start- und Landebahn des Verkehrsflughafens Berlin-Schönefeld) auf 3 600 Meter Länge und der Neubau der künftigen Start- und Landebahn 07R/25L (Südbahn) des Verkehrsflughafens Berlin-Brandenburg funktionsfähig in Betrieb genommen worden sind. Bis zu diesem Zeitpunkt soll der von Absatz 1 des Plansatzes betroffene Verkehr auf das Berliner Flughafensystem in seiner jeweiligen Form (Artikel 2 Buchstabe m in Verbindung mit Anhang II der
Verordnung (EWG) Nummer 2408/92 ) konzentriert werden. Dies sind die Verkehrsflughäfen Berlin-Tegel und Berlin-Schönefeld.
Linienflugverkehr im Sinne des Plansatzes wird durch die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Plansatzes geltende Fassung der Definition des
§ 21 Absatz 1 Satz 1 des Luftverkehrsgesetzes (LuftVG)
(Fluglinienverkehr) gekennzeichnet. Diesen übt jedes Luftfahrtunternehmen aus, welches Personen oder Sachen gewerbsmäßig durch Luftfahrzeuge auf bestimmten Linien öffentlich und regelmäßig befördert. Dies bedeutet, dass die Beförderung nach einem veröffentlichten Flugplan oder in Form von so regelmäßigen oder häufigen Flügen durchgeführt wird, dass es sich erkennbar um eine systematische Folge von Flügen handelt. Hinzu kommt, dass die Beförderung öffentlich ist. Dies ist dann der Fall, wenn die Beförderung jedermann für jeden Beförderungszweck zu den gleichen Beförderungsbedingungen zur Verfügung steht; es sei denn, dass für alle gleichmäßig geltende Ausschlussgründe oder Hinderungsmomente vorliegen. Es wird daher hinsichtlich des Kriteriums der Öffentlichkeit nicht auf die Definition des Artikels 2 Buchstabe d der
Verordnung (EWG) Nummer 2408/92 Bezug genommen.
Unabhängig davon, ob der Pauschalflugreiseverkehr unter den Begriff des Linienflugverkehrs zu subsumieren ist, soll mit der Aufnahme dieses Verkehrs in den Plansatz sichergestellt werden, dass auch dieser von der Bündelungswirkung erfasst wird. Pauschalflugreiseverkehr ist die Beförderung von Pauschalreisenden im turnusmäßigen Verkehr für gewerbliche Reiseveranstalter. Die Art des Vertriebs ist nicht ausschlaggebend. Die Definition einer Pauschalreise ergibt sich aus Artikel 2 der
Richtlinie 90/314/EWG des Rates vom 13. Juni 1990 über Pauschalreisen (ABl. L 158 vom 23. Juni 1990, Seite 59). Danach handelt es sich um die im Voraus festgelegte Verbindung von mindestens zwei der folgenden Dienstleistungen, die zu einem Gesamtpreis verkauft oder zum Verkauf angeboten wird, wenn diese Leistung länger als 24 Stunden dauert oder eine Übernachtung einschließt: a) Beförderung, b) Unterbringung, c) andere touristische Dienstleistungen, die nicht Nebenleistungen von Beförderung oder Unterbringung sind und einen beträchtlichen Teil der Gesamtleistung ausmachen.
Mit Inbetriebnahme des Verkehrsflughafens BER wird der von Absatz 1 erfasste Luftverkehr ausschließlich auf diesen Flughafen konzentriert. Damit wird den umfangreichen, bereits getätigten öffentlichen Infrastrukturinvestitionen Rechnung getragen. Die aufkommensnahe Lage eines Flughafens gewährleistet eine Reduzierung von Bodenverkehrsströmen und damit eine Verminderung vom Umweltbelastungen und Energieverbrauch (
§ 2 Absatz 2 Nummer 3 ROG 2009 ). Der Linien- und Pauschalflugreiseverkehr besitzt das größte Wachstumspotential und den größten Anteil am Verkehrsaufkommen. Es ist daher angezeigt, dieses Verkehrssegment auf den Verkehrsflughafen BER zu bündeln.
Die Entwicklung von peripheren Flughäfen zur Abwicklung dieses Verkehrs wäre mit zusätzlichen Umweltbelastungen verbunden, die vermieden werden können. Die Entwicklung peripherer Flughäfen zur Abwicklung dieses Verkehrs könnte außerdem Anforderungen an die Bereitstellung von öffentlicher Infrastruktur auslösen, die vermieden werden sollen. Aus ressourcenökonomischen Gründen, aber auch, um den Luftverkehrsbedarf weiterhin in möglichst enger räumlicher Anbindung an dem Schwerpunkt seines Aufkommens befriedigen zu können, soll der Linien- und Pauschalflugreiseverkehr konzentriert werden. Entsprechendes gilt für den Frachtverkehr, der im Linienverkehr angeboten wird.
Die Zulassung von Verkehr mit Flugzeugen mit höheren zulässigen Höchstabflugmassen als 14 000 Kilogramm außerhalb des Berliner Flughafensystems bzw. des Verkehrsflughafens BER würde in dem betroffenen Verkehrssegment dem Konzentrationsgebot zuwiderlaufen. Dies gilt zunächst für eine Höchstabflugmasse von 50 000 Kilogramm und mehr. Mit derartigen Flugzeugen können mehr als 100 Passagiere und Passagierinnen pro Flug befördert werden. Eine Zulassung von Linien- und Pauschalflugreiseverkehr mit solchen Flugzeugtypen ist mit dem Konzentrationsgebot nicht vereinbar. Das Gleiche gilt für eine Beschränkung der Abflugmasse auf 30 000 bis 50 000 Kilogramm. Mit diesen Flugzeugen können in der Regel zwischen 70 bis 100 Passagierinnen und Passagiere befördert werden. Selbst Flugzeugtypen mit einer zulässigen Höchstabflugmasse von 14 000 bis 30 000 Kilogramm erlauben in der Regel den Transport von circa 50 Passagierinnen und Passagieren. Bei regelmäßigen Flügen ist auch dies ein Passagierverkehr in nicht unerheblichem Ausmaß. Das Ziel besteht darin, diesen Verkehr auf den Verkehrsflughafen BER zu konzentrieren.
Da mit dem Ausbau des Verkehrsflughafens Berlin-Schönefeld derzeit die Kapazitäten für die dauerhafte Aufnahme der in den Ländern Berlin und Brandenburg vorhandenen und zu erwartenden Linien- und Pauschalflugreiseverkehre geschaffen werden und der Ausbau des Verkehrsflughafens Berlin-Schönefeld landesplanerisch mit der Schließung der Flughäfen Berlin-Tegel und Berlin-Tempelhof verknüpft ist (Z 1
LEP FS ), besteht keine Veranlassung, die Verlagerung dieser Flüge auf andere Standorte mit den damit verbundenen Belastungen und der Inanspruchnahme weiterer Ressourcen zuzulassen. Für den Ausbau bestehender Flugplätze zu Regionalflughäfen besteht daher hinsichtlich des Linien- und Pauschalflugreiseverkehrs kein Bedarf. Der klarstellende Hinweis auf die Geltung des Z 1
LEP FS in seiner bisher geltenden Fassung bildet den aktuellen Stand der Erkenntnis ab.
Das Ziel der Raumordnung Z 1 des LEP FS
wird durch diese Zielfestlegung ergänzt. Das in
§ 19 Absatz 11 Satz 2 LEPro 2003 statuierte Gebot zur Konzentration des nationalen und internationalen Luftverkehrsanschlusses für Berlin und Brandenburg „möglichst auf einen Flughafen“ wird beachtet. Als Grundsatz der Raumordnung kann die Aussage des
§ 19 Absatz 11 Satz 2 LEPro 2003 im Rahmen der Abwägung bei der Festlegung eines Ziels der Raumordnung fortentwickelt werden.
Durch die Zulassung einer zulässigen Höchstabflugmasse von bis zu 14 000 Kilogramm wird dem Umstand Rechnung getragen, dass es Linienverkehre mit kleinen Flugzeugen gibt, die der Bündelungsfunktion des Verkehrsflughafens BER nicht entgegenstehen. Die Begrenzung der zulässigen Höchstabflugmasse auf 14 000 Kilogramm greift die rechtliche Kategorie des
§ 24 der Luftverkehrs-Ordnung (LuftVO) auf. Danach dürfen Flugzeuge mit einer zulässigen Höchstabflugmasse von mehr als 14 000 Kilogramm bei der gewerbsmäßigen Beförderung von Personen und Sachen in der Regel nur starten oder landen, wenn für die An- und Abflüge Instrumentenflugverfahren festgelegt sind und eine Flugverkehrskontrolle vorhanden ist. Der Linienflugverkehr ist durch
§ 21 Absatz 1 Satz 1 LuftVG definiert. Dabei sind u. a. Eigenschaften wie gewerbsmäßig, öffentlich zugänglich, regelmäßig und systematisch für die Art der Beförderung von Personen und Sachen durch Luftfahrzeuge kennzeichnend. Für diese Verkehre unter 14 000 Kilogramm ist eine Konzentration auf das Berliner Flughafensystem bzw. den Verkehrsflughafen BER nicht erforderlich.
Mit der landesplanerischen Zielfestlegung wird der betroffene Flugverkehr außerhalb des Verkehrsflughafens BER bzw. des Berliner Flughafensystems daher auf Flüge mit einer zulässigen Höchstabflugmasse bis einschließlich 14 000 Kilogramm beschränkt. Soweit die Genehmigung für den Verkehrslandeplatz Cottbus-Drewitz den Verkehr mit Flugzeugen bis zu einer Höchstabflugmasse von 30 000 Kilogramm zulässt, bleibt dies unberührt. Dies wird durch die Regelung des Absatzes 2 klargestellt. Keiner der bisher im Land Brandenburg bestehenden Flugplätze wird daher durch den Plansatz in einer Weise beschränkt, die hinter die bestehenden luftverkehrsrechtlichen Genehmigungen zurückfällt.
Die Verkehrslandeplätze werden jedoch in einer bisher landesplanerisch eingeräumten Entwicklungsmöglichkeit hinsichtlich des Linien- und Pauschalflugreiseverkehrs beschränkt. Dies ist gerechtfertigt, da die Vorhaltung von Regionalflughäfen verkehrlich nicht erforderlich und ressourcenökonomisch unerwünscht ist. Auch in Anbetracht der Tatsache, dass Flugplätze in Nachbarregionen des Gesamtraumes Berlin-Brandenburg keinen landesplanerischen Beschränkungen der zulässigen Verkehre unterliegen, rechtfertigt die Umsetzung der mit dem „Single-Airport“-Konzept verbundenen Vorteile die Konzentration der in Absatz 1 beschriebenen Verkehre. Verbleibende Geschäftsfelder sind der Linien- und Pauschalflugreiseverkehr mit einem zulässigen Höchstabfluggewicht bis zu 14 000 Kilogramm, der Frachtflugverkehr, soweit es sich nicht um Linienflüge handelt, Schulungs- und Trainingsflüge, Werkverkehre der angesiedelten Unternehmen, der Sport- und Privatflugverkehr sowie gewerbliche Verkehre der sonstigen Allgemeinen Luftfahrt. Alle Verkehrsarten, die nicht Linienflugverkehr oder Pauschalflugreiseverkehr sind, können aus landesplanerischer Sicht ohne Beschränkung der Abflugmasse auf Flugplätzen außerhalb des Verkehrsflughafens BER bzw. des Berliner Flughafensystems starten und landen. Die raumordnerischen Belange der Flugplätze können im Übrigen einschließlich der erforderlichen Planungszonen der Siedlungsbeschränkung in den Regionalplänen (
§ 2 des Gesetzes zur Regionalplanung und zur Braunkohlen- und Sanierungsplanung (RegBkPlG)
) geregelt werden.
Zu G 7.4
Nachhaltige Infrastrukturentwicklung
Die Errichtung neuer Standorte, Anlagen, Trassen oder Netze der Energie- und Abfallwirtschaft, Wasserver- und -entsorgung, Telekommunikation/Mobilfunk und des Verkehrs führen häufig zu einer zusätzlichen Raumbeanspruchung in Schutzbereichen oder zu Nutzungsbeschränkungen oder -konflikten, zu Zerschneidungswirkungen sowie zu Immissionsbelastungen durch die Anlage selbst oder durch das aus ihrer Nutzung resultierende Verkehrsaufkommen. Dies betrifft auch die Standortwahl zu Vorhaben dezentraler, regenerativer Energiegewinnung, zum Beispiel der Wind-, Solar- und Bioenergie.
Durch die veränderten, zunehmend privatrechtlich organisierten Betreiberstrukturen werden diese Folgewirkungen teilweise verschärft, zum Beispiel durch einen konkurrierenden Ausbau von Gasleitungen. Um zum Beispiel Zerschneidungswirkungen, insbesondere im Freiraum, standort- und verkehrsbedingte Belastungen sowie Folgekosten für zusätzliche Verkehrserschließungen zu vermeiden, sollen Vorhabenträger, kommunale und regionale Planungsträger sowie Genehmigungsbehörden den Grundsatz einer Bündelung von Leitungs- und Verkehrstrassen berücksichtigen.
Bei der Beurteilung und Abwägung entsprechender Vorhaben sind sowohl die Möglichkeiten einer Nach- bzw. Mitnutzung vorhandener Standorte (zum Beispiel Betriebshöfe, Abfallentsorgungsanlagen, Kraftwerksstandorte, usw.) zu berücksichtigen als auch bei verkehrsintensiven Standorten beispielsweise der Abfall- und Energiewirtschaft eine Zuordnung zu bereits vorhandenen leistungsfähigen Verkehrsverbindungen.
Soweit Sicherheitsrisiken zum Beispiel durch Bündelung von Gasleitungen und Verkehrsanlagen bestehen, haben Sicherheitsbelange Vorrang gegenüber einer Bündelung. Dies gilt insbesondere auch bei Kritischen Infrastrukturen, d. h. Organisationen und Einrichtungen mit wichtiger Bedeutung für das staatliche Gemeinwesen, bei deren Ausfall oder Beeinträchtigung nachhaltig wirkende Versorgungsengpässe, erhebliche Störungen der öffentlichen Sicherheit oder andere dramatische Folgen eintreten würden. Hier sind mögliche Sicherheitsrisiken insbesondere durch Naturgefahren, technischem oder menschlichem Versagen oder vorsätzlichen Handlungen entsprechend abzuwägen.
Bei anderen Vorhaben mit einem erheblichen Verkehrsaufkommen, die aufgrund ihrer Standortanforderungen nicht in städtebaulich integrierten Standorten lokalisiert werden (zum Beispiel Freizeitgroßvorhaben, großflächige Einzelhandelsbetriebe, Gewerbebetriebe, große Bioenergieanlagen), ist
-
eine Zuordnung zu leistungsfähigen Schienen- oder Straßenverkehrsverbindungen,
-
bei entsprechendem Güterverkehr eine Zuordnung zu Zugangsstellen zum Schienen- bzw. Wasserstraßennetz,
-
bei entsprechendem Personenverkehrsaufkommen eine funktionsgerechte Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz
von ausschlaggebender Bedeutung, um das Verkehrsaufkommen unter Kosten- und Umweltaspekten effektiv bewältigen zu können.
8 Klima, Hochwasser und Energie
Zu G 8.1
Klimaschutz, Erneuerbare Energien
Das Raumordnungsgesetz des Bundes (ROG 2009)
umfasst Grundsätze der Raumordnung, die auf die Sicherung einer umweltverträglichen Energieversorgung sowie auf Maßnahmen zum Klimaschutz und zur Anpassung an den Klimawandel abzielen.
§ 2 Absatz 2 Nummer 4 Satz 5 ROG 2009
:
„Den räumlichen Erfordernissen für eine kostengünstige, sichere und umweltverträgliche Energieversorgung einschließlich des Ausbaus von Energienetzen ist Rechnung zu tragen.“
§ 2 Absatz 2 Nummer 6 Satz 5, 7 und 8 ROG 2009
:
„Für den vorbeugenden Hochwasserschutz an der Küste und im Binnenland ist zu sorgen, im Binnenland vor allem durch Sicherung oder Rückgewinnung von Auen, Rückhalteflächen und Entlastungsflächen. [...]. Den räumlichen Erfordernissen des Klimaschutzes ist Rechnung zu tragen, sowohl durch Maßnahmen, die dem Klimawandel entgegenwirken, als auch durch solche, die der Anpassung an den Klimawandel dienen. Dabei sind die räumlichen Voraussetzungen für den Ausbau der erneuerbaren Energien, für eine sparsame Energienutzung sowie für den Erhalt und die Entwicklung natürlicher Senken für klimaschädliche Stoffe und für die Einlagerung dieser Stoffe zu schaffen.“
Der Schutz des Klimas vor schädlichen Veränderungen und der Umgang mit den unvermeidlichen Folgen des fortschreitenden Klimawandels, die sich auch in der Hauptstadtregion auswirken, sind eine globale Herausforderung. Die Bundesregierung hat sich für Deutschland im Rahmen der Pariser Klimaverhandlungen 2015 zur Bewältigung dieser Herausforderung auf eine Begrenzung des Temperaturanstiegs auf deutlich unter 2 Grad Celsius und möglichst 1,5 Grad Celsius sowie einer weitergehenden Dekarbonisierung der Lebens- und Produktionsweisen bekannt. Auch die Fachpolitiken in Berlin und Brandenburg planen entsprechende Aktivitäten.
Die Szenarien zur zukünftigen Klimaentwicklung und deren Auswirkungen auf regionaler Ebene sind zwar noch mit Unsicherheiten behaftet, es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass der bis 2050 erwartete Temperaturanstieg von plus 2 Grad Celsius voraussichtlich mit längeren Wärmeperioden, zunehmenden Extremwetterereignissen, mehr Hitzetagen und tropischen Nächten einhergehen wird. Die Niederschlagsverteilung wird sich jahreszeitlich verschieben. Das Niederschlagsaufkommen wird sich in zukünftigen Wintermonaten voraussichtlich erhöhen. In den Sommermonaten muss hingegen mit einem Rückgang der Niederschläge gerechnet werden, wobei es im Verlauf des Jahrhunderts zunehmend auch zu Dürreperioden kommen kann.
Berlin und Brandenburg sind vom Klimawandel ähnlich betroffen, allerdings wirkt sich dieser aufgrund der hohen Siedlungsdichte im Verdichtungsraum Berlin anders aus als in dünner besiedelten ländlichen Räumen in Brandenburg. Von den Auswirkungen des Klimawandels sind die natürliche Umwelt, der Wasserhaushalt, Natur und Landschaft, Bereiche der Wirtschaft, insbesondere Land- und Forstwirtschaft oder der Tourismus betroffen. Veränderungen des Bioklimas infolge des Temperaturanstiegs, lange Hitzeperioden und kaum absinkende Nachttemperaturen können zunehmend zu einer Belastung für die Bevölkerung und Beeinträchtigung der Lebensqualität führen. Neue und veränderte Nutzungsansprüche an den Raum werden auftreten, Infrastrukturen werden an neue Anforderungen und Rahmenbedingungen wie Extremwetterereignisse angepasst werden müssen und die Kulturlandschaften werden sich ändern. Diese vielfältigen und miteinander verknüpften Prozesse sind in Verbindung mit der prognostizierten Bevölkerungsentwicklung und der Sicherung der Daseinsvorsorge zu betrachten; sie können mit räumlichen Nutzungskonflikten einhergehen.
Nach wie vor verursacht die Nutzung fossiler Energieträger für Energieerzeugung, Verkehr sowie Industrie und Gewerbe hohe CO
2
-Emissionen. Für eine Übergangszeit hat die Nutzung von Braunkohle als fossiler Energieträger im Land Brandenburg nach wie vor Bedeutung. Beide Länder haben sich in ihren energiepolitischen Strategien die Ziele gesetzt, die Treibhausgasemissionen durch Energieeinsparung und Steigerung der Energieeffizienz zu reduzieren, erneuerbare Energien verstärkt auszubauen und ihren Anteil am Energieverbrauch noch weiter zu steigern. Vor allem der Ausbau von Windparks, großen Solarparks und Biomasseanlagen sowie die Nutzung erneuerbarer Geoenergien wie Geothermie an geeigneten Standorten, die damit verbundene Ertüchtigung des Energieleitungsnetzes oder auch eine steigende Flächennachfrage für den Anbau von Energiepflanzen führen zu neuen Raumansprüchen, die in Konkurrenz mit anderen Nutz- und Schutzansprüchen stehen können.
In Berlin stehen insbesondere im Bereich der Photovoltaik Möglichkeiten zur flächenschonenden, verbrauchernahen Erzeugung erneuerbarer Energie zur Verfügung. Auch die Nutzungsmöglichkeiten geothermischer Energie, die nur vergleichsweise geringe Flächenbedarfe erfordert, sind noch nicht ausgeschöpft.
Neben konkreten Maßnahmen zur Energieeinsparung und Erhöhung der Energieeffizienz können klimaschädliche Emissionen durch energiesparende und verkehrsreduzierende Siedlungsstrukturen (u. a. kompakte Siedlungsstrukturen, höhere Baudichten, kurze Wege) vermieden oder reduziert werden. Die gewünschte räumliche Konzentration von Siedlungs- und Verkehrsinfrastrukturen kann allerdings den teilräumlichen Klimasensitivitäten und Anfälligkeiten (zum Beispiel gegenüber Hitze/Trockenheit, Starkregenereignisse/Hochwasser) entgegenstehen, sodass häufig auch zwischen Maßnahmen des Klimaschutzes und Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel abzuwägen ist.
In engem Zusammenhang mit den räumlichen Belangen des Klimaschutzes und der Klimaanpassung stehen auch die räumlichen Belange der Energiewende. Die angestrebte Steigerung des Anteils erneuerbarer Energien und der Umbau zu einer auf erneuerbaren Energien basierenden Energieversorgung bieten Chancen für wirtschaftliche Entwicklung, technologischen Fortschritt und regionale Wertschöpfung. Es ist daher in beiden Ländern das energiepolitische Ziel, die erneuerbaren Energien bedarfsorientiert, raumverträglich und aufeinander abgestimmt auszubauen. Zur Senkung des Ausstoßes klimawirksamer Treibhausgase tragen insbesondere solche erneuerbare Energieträger bei, die auch keine kurzlebigen Klimaschadstoffemissionen (zum Beispiel NOx, PM10, SOx oder Ruß) verursachen. Der Ausbau erneuerbarer Energien bedingt in der Regel jedoch eine zusätzliche Inanspruchnahme von Flächen und Zunahme von Konflikten. Ein zeitlich gestufter Ausbau, die Möglichkeiten angepasster Mehrfachnutzung und des Repowerings unterstützen eine konfliktminimierte Standort- und Flächeninanspruchnahme. Die Nutzung geothermischer Potenziale an geologisch geeigneten Standorten, insbesondere für den Wärmemarkt, ist raumsparend, emissionslos und technologisch innovativ.
Regionale Energiekonzepte können die Integration des Umbaus der Energieversorgung in die räumliche Planung unterstützen. Ein breiter Diskurs in den Regionen kann dazu beitragen, raumverträgliche Lösungen für die Gewinnung und Nutzung erneuerbarer Energien sowie den erforderlichen Netzausbau zu finden und dafür Akzeptanz zu schaffen.
Natürliche Kohlenstoffsenken sind Ökosysteme wie Wälder, Moore und Feuchtgebiete, die der Atmosphäre mehr CO
2
entziehen und speichern können als sie abgeben. Der Erhaltung und der Wiederherstellung solcher Gebiete mit hohem CO
2
-Bindungspotenzial, insbesondere der Wälder und großräumigen Moorgebiete kommt daher für den Klimaschutz große Bedeutung zu. Auch die Verringerung der Inanspruchnahme kohlenstoffhaltiger Böden kann die natürliche CO
2
-Bindung unterstützen. Bei diesen Maßnahmen ergeben sich Synergien zwischen Klimaschutz und Anpassungsstrategien an die Folgen des Klimawandels, insbesondere in den Bereichen Naturschutz, Erhaltung der Biodiversität, Verbesserung des Wasserhaushaltes und Erhalt der Bodenfunktionen, u. a. auch als Grundlage für die Nahrungsmittelproduktion. Eine frühzeitige Entwicklung von Anpassungsstrategien kann vorübergehende Nutzungskonflikte und -widersprüche verringern.
Das Mittel- und Hochspannungsnetz (> 1 bis 60 Kilovolt bzw. > 60 bis 150 Kilovolt) bilden das regionale Verteilungsnetz, das Höchstspannungsnetz (220 und 380 Kilovolt) das überregionale Übertragungsnetz. Der Ausbaustandard der Netze soll der künftigen Herausforderung, immer größere Mengen an erneuerbaren Energien von den Erzeugungs- in die Verbrauchszentren zu verteilen und zu übertragen, Rechnung tragen. Um es für die zukünftigen Anforderungen zu ertüchtigen, soll es raumverträglich um- und ausgebaut werden. Energietrassen legt die Landesplanung jedoch nicht fest. Die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien wird auch dadurch bestimmt, in welchem Zeitraum innovative Energiespeicher und intelligente Netzintegrationskonzepte entwickelt werden und zum Einsatz kommen. Energiespeicherkapazitäten sollen daher raumverträglich ausgebaut werden.
Zu Z 8.2
Windenergienutzung - Festlegung durch die Regionalplanung
Insbesondere das Land Brandenburg verfügt grundsätzlich über günstige Voraussetzungen zur Nutzung von Windenergie. Aufgrund der gegebenen Windhöffigkeit und relativ geringer Einwohnerdichten hat sich das Land zu einem bedeutenden Windenergiestandort in Deutschland entwickelt. Bundesrechtliche Rahmenbedingungen, insbesondere die baurechtlich privilegierte Zulässigkeit im Außenbereich und die Einspeisevergütung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes sind entscheidende Gründe für den zunehmenden Ausbau der Windenergienutzung.
Trotz des hohen umweltpolitischen Nutzens der Windenergie bedarf es einer räumlichen Steuerung, um Konflikte mit anderen Nutzungen und Belangen, insbesondere Siedlung sowie Natur-, Arten- und Landschaftsschutz zu minimieren. Umwelt- und raumordnungspolitisches Ziel ist die räumliche Konzentration der Anlagen auf geeignete, möglichst konfliktarme Bereiche. Die überörtliche und rahmensetzende Steuerung von Windenergieanlagen im Land Brandenburg erfolgt unter Berücksichtigung der relevanten Belange (u. a. Siedlungen, Natur- und Artenschutz, Landschaftsbild etc.) in den Regionalplänen. Die regionalplanerischen Festlegungen können durch die Gemeinden im Rahmen ihrer örtlichen Planungskompetenz räumlich konkretisiert werden.
Zu G 8.3
Anpassung an den Klimawandel
Trotz der international und national eingeleiteten Maßnahmen zum Klimaschutz ist von einer globalen Erwärmung um 2 Grad Celsius bis zur Jahrhundertwende auszugehen. Die Raumordnung von Bund und Ländern unterstützt das Ziel, die Erwärmung zu begrenzen und so die Risiken des Klimawandels langfristig zu mindern. Jedoch können nicht alle Beeinträchtigungen vermieden werden. Daher ist mit den nicht vermeidbaren Folgen des Klimawandels durch geeignete Anpassungsmaßnahmen umzugehen.
Infolge des Klimawandels können zukünftig häufiger länger anhaltende Hitzewellen auftreten, die mit teilräumlich unterschiedlich starken Belastungen, insbesondere in bioklimatischen Belastungsgebieten, verbunden sein werden. Neben den heißen Tagen mit Temperaturen über 30 Grad Celsius nehmen auch die extrem heißen Tage mit Temperaturen über 38 Grad Celsius sowie die Anzahl der Tropennächte, bei denen die Temperaturen nicht unter 20 Grad Celsius sinken, zu. Zusätzlich können die Temperaturunterschiede zwischen Zentrum und Peripherie größerer Städte bis 6 Grad Celsius betragen. Siedlungsstrukturen mit zu geringen Grün- und Freiflächenanteilen können dort die Hitzebelastung verstärken. Hitzeempfindlich sind besonders ältere Menschen, chronisch Kranke, Schwangere und kleine Kinder. In Verdichtungsräumen und Innenstädten dienen daher der Erhalt von Kaltluftentstehungsgebieten und Frischluftschneisen sowie die Ausstattung mit ausreichendem Grün (zum Beispiel auch kleinteilige Grünflächen oder Parks als stadtklimatisch relevante Freiräume), aber auch bauliche Maßnahmen an Gebäuden, die Schaffung von Wasserverdunstungsmöglichkeiten (offene Wasserflächen) oder längerfristige Maßnahmen im Bereich der Freiraumplanung dem Schutz vor Hitzefolgen.
In der Hauptstadtregion ist infolge einer veränderten Niederschlagsverteilung mit einer zunehmenden Sommertrockenheit (bis hin zu Dürreereignissen) und mit eher abnehmenden Jahresniederschlägen zu rechnen. Damit verbunden ist eine verringerte Grundwasserneubildung. Maßnahmen zur Wasserrückhaltung in der Landschaft können dazu beitragen, Wasserressourcen zu sichern und den Landschaftswasserhaushalt langfristig zu verbessern.
Eine Folge des Klimawandels ist die Zunahme von Starkregenereignissen und das damit verbundene erhöhte Risiko von Überflutungen und Überschwemmungen. Im Bereich der Siedlungswasserwirtschaft lassen sich Maßnahmen wie die Verminderung des Oberflächenabflusses durch Flächenentsiegelungen und die Verbesserung der Rückhalte- und Versickerungsmöglichkeiten umsetzen. Aus Vorsorgegesichtspunkten ist außerdem eine frühzeitige planerische Einflussnahme auf die hochwassergefährdeten Flächen erforderlich, um Nutzungen mit hohen Schadensrisiken zu vermeiden oder spezifische Schutzanforderungen an die Nutzungen zu erreichen.
Zu G 8.4
Vorbeugender Hochwasserschutz - Überschwemmungsgebiete
Hochwasser sind natürliche Phänomene, die sich nicht verhindern lassen. Die Zunahme der Vermögenswerte und nicht hochwasserangepasster Nutzungen in Gebieten mit Hochwassergefahr, die verringerte Retentionsfähigkeit der Gewässer und ihrer Vorländer sowie der verringerte Wasserrückhalt in der Fläche tragen dazu bei, dass die nachteiligen Auswirkungen von Hochwasserereignissen verstärkt werden.
Im Mittelpunkt der fachplanerischen Hochwasservorsorge stehen neben der wasserrechtlichen Festsetzung von Überschwemmungsgebieten die Sicherung oder Rückgewinnung von Überschwemmungsbereichen als Retentionsraum, die Verbesserung des Wasserrückhaltes in der Fläche der Flusseinzugsgebiete, die Risikovorsorge in potenziellen Überflutungsbereichen sowie die Sicherung potenzieller Standorte für Hochwasserschutzmaßnahmen. In Flusseinzugsgebieten ist daher eine auf Grundlage nationaler und internationaler Hochwasserschutzprogramme partnerschaftliche, auch grenzüberschreitende Abstimmung zwischen Ober- und Unterliegern unverzichtbar.
Neben der wasserwirtschaftlichen Fachplanung kommt der Raumordnung eine wichtige Aufgabe bei der Hochwasservorsorge zu. Dies ist bereits im
Raumordnungsgesetz des Bundes (
§ 2 Absatz 2 Nummer 6 Satz 5 ROG 2009 ) und von der Ministerkonferenz für Raumordnung (MKRO) in den Handlungsempfehlungen zum vorbeugenden Hochwasserschutz (2000) festgelegt worden.
Überschwemmungsgebiete sind nach § 76 Absatz 1 Wasserhaushaltsgesetz (WHG)
Gebiete zwischen oberirdischen Gewässern und Deichen oder Hochufern und sonstige Gebiete, die bei Hochwasser eines oberirdischen Gewässers überschwemmt oder durchflossen oder die für Hochwasserentlastung oder Rückhaltung beansprucht werden. Innerhalb der Risikogebiete werden mindestens die Gebiete, in denen ein Hochwasserereignis statistisch einmal in 100 Jahren zu erwarten ist (HQ
100
), als Überschwemmungsgebiet förmlich festgesetzt. Eine raumordnerische Vorsorge soll in bei HQ
100
überschwemmten Gebieten sowie in Flutungspoldern getroffen werden. Die bei HQ
100
überschwemmten Gebiete sind in den Hochwassergefahrenkarten dargestellt.
Die Berücksichtigung der Überschwemmungsgebiete ist insbesondere bei der wirtschaftlichen Entwicklung, der Siedlungs- und Freiraumentwicklung sowie der Verkehrs- und Infrastrukturentwicklung zur Vermeidung neuer Bebauung und zur Minimierung von Schadenspotenzialen von elementarer Bedeutung. Vor allem in den Handlungsfeldern Flächen- und Bauvorsorge sollen schädliche Auswirkungen durch Hochwasser vermieden oder verringert sowie auf Gefahren hingewiesen werden. Die Festlegung richtet sich insbesondere an die kommunale Bauleitplanung und die Fachplanung. Der vorbeugende Hochwasserschutz trägt dazu bei, eine nachhaltige raumordnerische Entwicklung zu ermöglichen.
Für Überschwemmungsgebiete, die vorläufig gesichert oder wasserrechtlich festgesetzt sind, gelten die im
Wasserhaushaltsgesetz festgelegten Ge- und Verbote.
Zu Z 8.5
Vorbeugender Hochwasserschutz - Festlegung durch die Regionalplanung
Eine raumordnerische Vorsorge ist nicht nur in bei HQ
100
überschwemmten Gebieten, sondern auch in den darüber hinausreichenden Risikogebieten notwendig. Diese Risikogebiete umfassen solche Gebiete, die bei einem Hochwasserereignis mit einem Wiederkehrintervall von 200 Jahren ohne Berücksichtigung von Hochwasserschutzeinrichtungen überflutet werden. Sie sind deshalb bei der raumordnerischen Sicherung ebenfalls zu beachten. In den Risikogebieten ist eine raumordnerische Vorsorge für Hochwasserschutzmaßnahmen, wie sie sich aus den Hochwasserrisikomanagementplänen ergeben, zu treffen. Dazu gehören Maßnahmen zur Verbesserung des Wasserrückhaltes wie Deichrückverlegungen, Flutungspolder, Talsperren oder Hochwasserrückhaltebecken sowie Hochwasserschutzanlagen (zum Beispiel Deiche).
Insbesondere bei der Wirtschafts-, Siedlungs- sowie der Verkehrs- und Infrastrukturentwicklung ist die Berücksichtigung der Risikogebiete zur Minderung von Schadenspotenzialen von großer Bedeutung. In den Risikogebieten sollen die Überschwemmungsgefahren und Schadenspotenziale, u. a. durch Instrumente des vorbeugenden Hochwasserschutzes, wie der Flächenvorsorge sowie dem hochwasserangepassten Planen und Bauen, verringert werden. Nutzungen, die einen durch Hochwasser entstehenden Schaden noch erhöhen können, sollen vermieden bzw. entsprechende Schutzvorkehrungen getroffen werden (zum Beispiel Lagerung wassergefährdender Stoffe, Sicherung von Heizöltanks, Rohstoffabbau). Ferner soll eine hochwasserangepasste Gestaltung künftiger - und soweit möglich auch bestehender - baulicher Anlagen und Infrastrukturanlagen bei Planungen und Maßnahmen gewährleistet werden. Straßenneubauten sollen so geplant werden, dass sie im Hochwasserfall als sichere Flucht- und Rettungswege geeignet sind. Außerdem soll durch Risiko- und Informationsvorsorge das Bewusstsein für die Hochwassergefahr geschärft werden.
Potenzielle Hochwassergefahren und vorsorgende Maßnahmen für extreme Hochwasserereignisse müssen in diesen Gebieten bei allen Planungen und Maßnahmen stärker berücksichtigt werden. Dazu sind in den gemäß
§ 75 WHG zum 22. Dezember 2015 veröffentlichten Risikomanagementplänen für den deutschen Teil der Flussgebietseinheiten Elbe und Oder und der untersetzenden Regionalen Maßnahmenplanung konkrete Handlungsziele und Maßnahmen enthalten, die relevante Aspekte des vorbeugenden Hochwasserschutzes abdecken. Die Risikomanagementpläne sind behördenverbindlich.
In den Regionalplänen im Land Brandenburg erfolgt die Festlegung der Gebiete für den vorbeugenden Hochwasserschutz auf Grundlage der fachplanerischen Gebietskulisse der Risikogebiete (HQ
extrem
) unter Einbeziehung der Überschwemmungsgebiete (HQ
100
) und Flutungspolder. Die Überschwemmungsgebiete sind Bestandteil der Gebietskulisse der Risikogebiete, sie umfassen sowohl wasserrechtlich festgesetzte Überschwemmungsbereiche als auch Überschwemmungsbereiche, die wasserrechtlich noch nicht gesichert sind.
Die in Abbildung 4 dargestellten Gebietskulissen der Überschwemmungs- und Risikogebiete entsprechen den in den Gefahrenkarten gemäß Artikel 6
Hochwasserrisikomanagementrichtlinie (
§ 74 WHG ) dargestellten Flächen.
Abbildung in Originalgröße in neuem Fenster öffnen
Abbildung 4
Vorbeugender Hochwasserschutz: Überflutungsflächen für ein Hochwasser mit mittlerer Wahrscheinlichkeit und für extremes Hochwasser sowie Flutungspolder
Zu G 8.6
Fossile Energieträger
Das Raumordnungsgesetz des Bundes (ROG 2009)
umfasst Grundsätze der Raumordnung, die auf die Sicherung der Energieversorgung abzielen.
§ 2 Absatz 2 Nummer 4 Satz 4 und 5 ROG 2009
:
„Es sind die räumlichen Voraussetzungen für die vorsorgende Sicherung sowie für die geordnete Aufsuchung und Gewinnung von standortgebundenen Rohstoffen zu schaffen. Den räumlichen Erfordernissen für eine kostengünstige, sichere und umweltverträgliche Energieversorgung einschließlich des Ausbaus von Energienetzen ist Rechnung zu tragen.“
Die Bezeichnung „fossile Energieträger“ umfasst Braunkohle, Erdöl, Erdgas.
Um den Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase zu senken, wird der Anteil erneuerbarer Energien an der Energieversorgung in der Hauptstadtregion stetig gesteigert. Für eine Übergangszeit hat die Nutzung von Braunkohle als fossiler Energieträger im Land Brandenburg nach wie vor Bedeutung. Die raumordnerische Sicherung von Gebieten zum Abbau von Braunkohle ist eine Voraussetzung für eine umwelt- und sozialverträgliche Gewinnung der Braunkohle.
Dem Risiko einer Beeinträchtigung der Trinkwasserversorgung der Hauptstadtregion infolge des Braunkohleabbaus wirken die Landesregierungen von Berlin und Brandenburg gemeinsam entgegen. Darüber hinaus werden gemeinsame Maßnahmen zur Begrenzung der Eisen- und Sulfatbelastung der Spree verfolgt.
Die Flächensicherung für die Gewinnung der Braunkohle im Südosten Brandenburgs richtet sich nach dem brandenburgischen Gesetz zur Regionalplanung und zur Braunkohlen- und Sanierungsplanung (RegBkPlG). In Braunkohlenplänen wird für die weitere Fachplanung der raumordnerische Rahmen für Vermeidungs-, Minderungs- und Ausgleichsmaßnahmen bei unvermeidbaren Eingriffen in Natur, Landschaft und Siedlungsstruktur sowie für den Gewässer- und Grundwasserschutz vorgegeben. Dies gilt auch für die Gestaltung der Bergbaufolgelandschaft.
Im Land Brandenburg werden Explorationen auf Erdöl- und Erdgaslagerstätten sowie deren Gewinnung durchgeführt. Eine weitere wirtschaftliche Gewinnung dieser unterirdischen Bodenschätze könnte zu einer Minderung der Abhängigkeit von Erdöl- und Erdgasimporten beitragen und zu positiven Effekten für Wirtschaft und Arbeitsmarkt führen.
9 Interkommunale und regionale Kooperation
Zu G 9.1
Zusammenarbeit in Deutschland und Europa
Im Raumordnungsgesetz des Bundes (ROG 2009)
wird der internationalen und grenzüberschreitenden Kooperation in einem Grundsatz der Raumordnung eine besondere Bedeutung beigemessen:
§ 2 Absatz 2 Nummer 8 ROG 2009 :
„Die räumlichen Voraussetzungen für den Zusammenhalt der Europäischen Union und im größeren europäischen Raum sowie für den Ausbau und die Gestaltung der transeuropäischen Netze sind zu gewährleisten. Raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen der Europäischen Union und der europäischen Staaten ist Rechnung zu tragen. Die Zusammenarbeit der Staaten und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Städte und Regionen sind zu unterstützen.“
Die Festlegung G 9.1 konkretisiert das
ROG 2009 hinsichtlich konkreter transnationaler Einbindungen der Hauptstadtregion in Europa.
Die Ministerkonferenz für Raumordnung (MKRO) hat im März 2016 die neuen „Leitbilder und Handlungsstrategien für die Raumentwicklung in Deutschland“ als Richtschnur für das gemeinsame Handeln der Raumordnung von Bund und Ländern verabschiedet. Diese bilden eine Ebene der Verständigung zwischen den Ländern, mit welchen Schwerpunktthemen die Raumordnungsplanung künftig umzugehen hat. Insbesondere mit den benachbarten Bundesländern sind neue Formen zur Weiterentwicklung grenzüberschreitender Planungsprozesse zu erarbeiten.
Ebenso wird in anderen Staaten der Europäischen Union die künftige räumliche Entwicklung durch zusammenfassende überörtliche und überfachliche Planungen vorgezeichnet, unabhängig davon, dass sich die Vorgaben und instrumentelle Ausgestaltung der formellen Pläne von den Raumordnungsplänen in Deutschland unterscheiden. Aus der vorgeschriebenen grenzüberschreitenden Beteiligung von Raumordnungsplänen können sich Anknüpfungspunkte für weitere informelle Formen der Zusammenarbeit ergeben.
Dazu werden alle förmlichen und informellen Möglichkeiten fach- und ebenenübergreifend genutzt. Beide Landesregierungen werden alle Grenzen und Ebenen übergreifenden nationalen und transnationalen Kooperationsformen vertiefen und fortsetzen, geeignete europäische Förderprogramme und Netzwerke nutzen und damit alle Regionen der Hauptstadtregion bei der Umsetzung ihrer Chancen und Potenziale unterstützen. Dies betrifft auch die Kooperation zwischen Regionen und benachbarten Metropolen, wie zum Beispiel mit der Metropole Stettin.
Der transnationale Entwicklungskorridor Scandria
®
von der Ostsee bis zur Adria ist die kürzeste geografische Verbindung zwischen der wachstumsstarken Ostseeregion und den süd- bzw. südosteuropäischen Wirtschaftsräumen am Mittelmeer. Der Korridor verbindet sowohl mehrere grenzüberschreitende Metropolregionen und Wirtschaftsräume als auch Regionen mit Entwicklungsbedarf. Dieser Korridor soll zu einem effizienten, modernen, leistungsfähigen und „grünen“ Verkehrskorridor von Skandinavien über Rostock und Berlin an die Adria entwickelt werden. Im Mittelpunkt der Aktivitäten stehen dabei die Stärkung der Regionalentwicklung der Länder, der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur, die Anregung von Wirtschaftsimpulsen, gemeinsame Projekte, das abgestimmte Vertreten von Positionen und das Marketing.
Die Oder-Partnerschaft dient der Entwicklung der grenzüberschreitenden Kooperationen mit dem Nachbarland Polen. Im Rahmen dieses informellen Netzwerkes arbeiten die Länder Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen sowie die Wojewodschaften Dolnośląskie (Niederschlesien), Lubuskie (Lebuser Land), Wielkopolskie (Großpolen) und Zachodniopomorskie (Westpommern) zusammen. Mit dem Gemeinsamen Zukunftskonzept für den deutsch-polnischen Verflechtungsraum 2030 wird eine raumplanerische Vision für den Raum auf beiden Seiten der Oder und der Lausitzer Neiße dargelegt, die Potenziale und die Entwicklungsmöglichkeiten aufzeigt. Einen Schwerpunkt bilden die Zentren unterschiedlicher Größe und Funktion, die in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit insbesondere der Doppelstädte/-zentren beiderseitigen Nutzen entfalten. Das Konzept ist als abgestimmte, raumordnerische Handlungsempfehlung für Behörden, Einrichtungen sowie Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger zu verstehen. Es soll dazu beitragen, die Zusammenarbeit im deutsch-polnischen Verflechtungsraum zu vertiefen und die Aufmerksamkeit für ihn auf europäischer und nationaler Ebene zu erhöhen. Mit seiner grenzübergreifenden Perspektive leistet es einen Beitrag für zukünftige Schwerpunkte der europäischen Kohäsionspolitik.
Zu G 9.2
Zusammenarbeit zwischen Berlin und dem Berliner Umland
Ausstrahlung und Funktionen Berlins erstrecken sich auf die ganze Hauptstadtregion und darüber hinaus.
In Teilbereichen des Berliner Umlandes ergeben sich durch Wachstum und Ausstrahlung Berlins aber besondere intensive funktionale Verflechtungen zu vielen Zentralen Orten und den anderen Gemeinden im Berliner Umland. Dies führt zur funktionsräumlichen Überlagerung ihrer Verflechtungsbereiche durch die Verflechtungsbeziehungen zu Berlin und damit zu einer teilweise eingeschränkten Funktion der Zentralen Orte im Berliner Umland.
Aufgrund dieser zunehmenden Verflechtungen und dem teilweise verstärkten Abstimmungsbedarf zwischen Berlin und den Kommunen im Berliner Umland kommt der Verstetigung und Intensivierung der interkommunalen Kooperation eine besondere Bedeutung zu. Bewährt hat sich die kontinuierliche nachbarschaftliche Abstimmung im Rahmen von gemeinsamen Kooperationsgremien, wie zum Beispiel das Kommunale Nachbarschaftsforum oder das Dialogforum Airport Berlin-Brandenburg. Bei geeigneten Fragestellungen bietet es sich an, teilräumliche oder fachliche Untersuchungen oder gemeinsame Entwicklungskonzepte zwischen dem Senat von Berlin, den Bezirken von Berlin und betroffenen Städten, Gemeinden und Landkreisen im Berliner Umland zu erarbeiten.
Handlungsfelder der interkommunalen Kooperation zwischen Berlin und dem Berliner Umland liegen zum Beispiel in den Bereichen Siedlungsflächenentwicklung, Wohnungsbau, Mobilität und Infrastruktur/verkehrliche Erschließung sowie der Freiraumentwicklung.
Als Instrument für eine freiraumbezogene Entwicklung und den Erhalt der stadtnahen Kulturlandschaft im peripheren Bereich von Berlin und des Berliner Umlands wurden Ende der 1990iger Jahre die Regionalparks von Berlin und Brandenburg in den Landesentwicklungsplänen festgelegt. Sie sind kein administratives Planungsinstrument, sondern eröffnen die Möglichkeit, unter Vernetzung der regionalen Akteurinnen und Akteure durch gemeinde- und länderübergreifende gemeinsame Entwicklungskonzepte und Projekte regionale Entwicklungsziele umzusetzen. Wesentliche Handlungsfelder sind Erschließung, Förderung von Tourismus, Freizeit- und Erholungsangeboten für die regionale Bevölkerung und Regionalmarketing sowie insbesondere die Weiterentwicklung der kulturlandschaftlichen Charakteristik (vgl. Kapitel III. 4), die zugleich der ökologischen Aufwertung und der Stärkung der regionalen Identität dienen kann.
Inzwischen haben sich die Regionalparks sehr differenziert entwickelt, sodass es in diesen Räumen gute Beispiele für kommunale Zusammenarbeit und bürgerschaftliches Engagement gibt. Die Erfolge sind insbesondere im Bereich der touristischen Angebote (Radverkehr) und bei der Aufwertung der Kulturlandschaft zu verzeichnen. Die Radroute „Rund um Berlin“ verknüpft alle Regionalparks und ist eine nachgefragte Ergänzung zum bestehenden Radwegesystem aus Fernradwegen und regionalen Radwegen. Vor dem Hintergrund der prognostizierten erheblichen Bevölkerungsgewinne in Berlin und dem Berliner Umland sind die Verstetigung und der Ausbau dieser Kooperationsstrukturen von besonderer Bedeutung.
Zu G 9.3
Zusammenarbeit Zentraler Orte mit Gemeinden in ihrem Umland
Der Zusammenarbeit zwischen dem Zentralen Ort und den Gemeinden seines Verflechtungsbereiches kommt eine besondere Bedeutung zu, die über die bauplanungsrechtlich ohnehin gebotene Abstimmung hinausgehen sollte.
Gemeinsam erarbeitete Entwicklungskonzepte der Gemeinden können die interkommunale Kooperation verstetigen. Die Verflechtungsbeziehungen zwischen dem funktionstragenden Zentralen Ort und den funktionsnachfragenden Gemeinden können dadurch aktiv ausgestaltet werden. Die mit dem Zentrale-Orte-System einhergehende Konzentration der wesentlichen Stabilisierungs- und Entwicklungsimpulse auf den Zentralen Ort zielt auf die Sicherung des Funktionsprofils für den gesamten Verflechtungsbereich ab.
Handlungsfelder der interkommunalen Kooperation, gegebenenfalls in Zusammenwirken mit den jeweiligen Fachplanungsträgern, können zum Beispiel in folgenden Themenfeldern liegen:
-
Entwicklung technischer und sozialer Infrastrukturen,
-
Entwicklung von Bildungs- und Betreuungsangeboten,
-
Entwicklung von medizinischen Versorgungsmöglichkeiten,
-
Versorgungsstrukturen im Einzelhandel (zum Beispiel Einzelhandelskonzepte),
-
wechselseitige Nutzung kommunaler Einrichtungen,
-
Entwicklung alternativer Verkehrsangebote (zum Beispiel Bürgerbus),
-
Entwicklung von Kultur- und Freizeiteinrichtungen,
-
Flächen für Ansiedlungen oder Umstrukturierungen von Industrie- und Gewerbenutzungen,
-
Vorteil-Nachteils-Ausgleichs zwischen dem Mittelzentrum und Gemeinden des Verflechtungsbereiches.
V Zusammenfassende Erklärung zur Strategischen Umweltprüfung
1 Anlass und rechtliche Grundlagen
Die Länder Berlin und Brandenburg haben den Landesentwicklungsplan für die Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg (LEP HR) aufgestellt. Dieser Plan war gemäß
§§ 9 bis 11 Raumordnungsgesetz (ROG 2009)
4
in Verbindung mit Artikel 8a des Landesplanungsvertrages Berlin-Brandenburg (LPlV)
5
in Umsetzung der EU-Richtlinie 2001/42/EG (SUP-Richtlinie)
6
einer Umweltprüfung zu unterziehen, deren Durchführung und Ergebnisse in einem Umweltbericht (Stand 2. Entwurf des LEP HR vom 19. Dezember 2017) gemäß
§ 9 Absatz 1 ROG 2009 dokumentiert wurden. Gemäß
§ 11 Absatz 3 ROG 2009 in Verbindung mit
Artikel 8a Absatz 3 ist dem Landesentwicklungsplan eine zusammenfassende Erklärung beizufügen, in der darzulegen ist:
-
in welcher Art und Weise die Umweltbelange und die Ergebnisse der Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung im Aufstellungsverfahren berücksichtigt wurden und
-
aus welchen Gründen der Plan nach Abwägung mit den geprüften in Betracht kommenden anderweitigen Planungsmöglichkeiten gewählt wurde.
Fußnoten
4)
Raumordnungsgesetz vom 22. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2986), zuletzt geändert durch Artikel 124 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474), das nach
§ 27 Absatz 1 Satz 1 des Raumordnungsgesetzes
vom 22. Dezember 2008, das zuletzt durch Artikel 2 Absatz 15 des Gesetzes vom 10. Juli 2017 (BGBl. I S. 2808) geändert worden ist, auf das vorliegende Verfahren anwendbar ist
5)
Vertrag über die Aufgaben und Trägerschaft sowie Grundlagen und Verfahren der gemeinsamen Landesplanung zwischen den Ländern Berlin und Brandenburg (Landesplanungsvertrag)
in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. Dezember 2011 (Berlin: GVBl. 2012 S. 2) und in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. Februar 2012 (Brandenburg: GVBl. I Nr. 14)
6)
Richtlinie 2001/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme
2 Durchführung der Umweltprüfung
Bei der Aufstellung von Raumordnungsplänen ist gemäß
§§ 9 bis 11 des ROG 2009
in Verbindung mit Artikel 8a des Landesplanungsvertrages
in Umsetzung der Richtlinie 2001/42/EG
des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme („
SUP-Richtlinie “) eine Strategische Umweltprüfung durchzuführen. Verfahrensbegleitend zur Aufstellung des LEP HR wurde daher von der Gemeinsamen Landesplanungsabteilung eine Umweltprüfung durchgeführt. Bei der Festlegung des Untersuchungsrahmens der Umweltprüfung einschließlich des erforderlichen Umfangs und Detaillierungsgrades des Umweltberichtes (Scoping einschließlich Scoping-Termin im Februar und März 2016) wurden die obersten Umweltbehörden der Landesregierungen Berlin und Brandenburg als öffentliche Stellen, deren umwelt- und gesundheitsbezogener Aufgabenbereich von den Umweltauswirkungen des Raumordnungsplanes berührt werden kann, beteiligt.
Die öffentliche Auslegung des 1. Entwurfes des LEP HR und des Umweltberichtes vom 19. Juli 2016 und der zweckdienlichen Unterlagen erfolgte von September bis November 2016. Den öffentlichen Stellen und der Öffentlichkeit wurde eine Frist von drei Monaten zur Abgabe einer Stellungnahme zum 1. Entwurf des LEP HR und Umweltbericht eingeräumt. Den obersten Umweltbehörden der Landesregierungen Berlin und Brandenburg als öffentliche Stellen, deren umwelt- und gesundheitsbezogener Aufgabenbereich von den Umweltauswirkungen des Raumordnungsplanes berührt werden kann, wurde gesondert Gelegenheit gegeben, zum Umweltbericht Stellung zu nehmen. Zum 1. Entwurf gingen insgesamt etwas mehr als 1 000 Stellungnahmen ein. Davon enthielten 31 Stellungnahmen insgesamt 103 Einzelhinweise zum Umweltbericht.
Eine Beteiligung der Republik Polen an der Strategischen Umweltprüfung ist gemäß
§ 10 Absatz 2 Satz 2 ROG 2009 in Verbindung mit der „Vereinbarung zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Republik Polen über Umweltverträglichkeitsprüfungen und Strategische Umweltprüfungen im grenzüberschreitenden Rahmen“ ebenfalls erfolgt. Die zuständige Generaldirektion Umwelt in Warschau erklärte nach Prüfung der übermittelten Unterlagen zum Entwurf des LEP HR vom 19. Juli 2016, dass die Republik Polen kein Erfordernis für eine Teilnahme an einem Verfahren zur Strategischen Umweltprüfung im grenzüberschreitenden Rahmen sah.
Das Ergebnis der Abwägung der Anregungen und Bedenken zum 1. Entwurf des LEP HR von 2016 bzw. der Bewertung der Hinweise zum Umweltbericht machte die Erarbeitung eines 2. Planentwurfes und die Überarbeitung des Umweltberichtes erforderlich. Der 2. Planentwurf sieht gegenüber dem 1. Planentwurf Änderungen von etwa 60 Prozent des Textes vor. Der Umweltbericht wurde auf der Grundlage des 2. Entwurfes des LEP HR ebenfalls überarbeitet.
Die öffentliche Auslegung des 2. Entwurfes des LEP HR und des Umweltberichtes vom 19. Dezember 2017 und einer zweckdienlichen Unterlage erfolgte von Februar bis April 2018. Den öffentlichen Stellen und der Öffentlichkeit wurde Gelegenheit zur Stellungnahme zum 2. Entwurf des LEP HR und Umweltbericht mit einer Frist von drei Monaten gegeben. Den obersten Umweltbehörden der Landesregierungen Berlin und Brandenburg als öffentlichen Stellen, deren umwelt- und gesundheitsbezogener Aufgabenbereich von den Umweltauswirkungen des Raumordnungsplanes berührt werden kann, wurde gesondert Gelegenheit gegeben, zum Umweltbericht Stellung zu nehmen. Zum 2. Entwurf gingen insgesamt 771 Stellungnahmen ein. Davon enthielten 27 Stellungnahmen insgesamt 85 Einzelhinweise zum Umweltbericht.
Die Abwägung der zum 2. Entwurf des LEP HR und zum Umweltbericht eingegangenen Anregungen und Bedenken aus der öffentlichen Auslegung und Beteiligung führte im Ergebnis zu einer redaktionellen Überarbeitung des Planentwurfes. Die Ergänzungen und Änderungen haben vor allem redaktionell-klarstellenden Charakter. Eine Überarbeitung des Umweltberichtes wurde nicht erforderlich. Soweit im Ergebnis der Bewertung einzelner Hinweise zum Umweltbericht Klarstellungen erforderlich wurden, erfolgen sie in der vorliegenden zusammenfassenden Erklärung im Abschnitt 4. Aus den übrigen Hinweisen ergab sich kein Überarbeitungsbedarf am Umweltbericht. Die Einzelbewertung aller Hinweise wurde dokumentiert und nach Abschluss des Verfahrens öffentlich zugänglich gemacht. Das Beteiligungsverfahren zum LEP HR konnte somit ohne erneute Auslegung nach
Artikel 8 Absatz 3 LPlV abgeschlossen werden.
3 Methodik der Umweltprüfung
Der Untersuchungsraum für den Umweltbericht ist die Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg mit einer Flächengröße von circa 30 500 Quadratkilometern. Sie besteht aus der Hauptstadt Berlin sowie dem Bundesland Brandenburg, wobei die Landesgrenzen Brandenburgs die äußeren Plangebietsgrenzen definieren.
Prüfgegenstand der Umweltprüfung waren die Festlegungen des Landesentwicklungsplanes für die Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg, soweit von ihnen erhebliche Umweltauswirkungen ausgehen können. Die Auswirkungen wurden anhand der Betrachtung der einzelnen Planfestlegungen mit Umweltrelevanz ermittelt, wobei sowohl negative als auch positive Wirkungen betrachtet wurden. Für Festlegungen ohne Umweltrelevanz erübrigte sich eine Prüfung. Die Prüfung erfolgte bezüglich der gemäß
§ 9 Absatz 1 ROG 2009 relevanten Schutzgüter Mensch und menschliche Gesundheit, Landschaft, Tiere, Pflanzen und biologische Vielfalt, Boden, Wasser, Luft/Klima, Kulturgüter und sonstige Sachgüter sowie die Wechselwirkung zwischen den vorgenannten Schutzgütern. Die Ergebnisse der Umweltprüfung wurden im Umweltbericht dokumentiert.
Untersuchungsrahmen und -tiefe der Umweltprüfung richteten sich nach dem Ergebnis des durchgeführten Scopings (siehe Kapitel 1.4 des Umweltberichtes) und entsprechen dem, was nach Umfang, Inhalt und Detaillierungsgrad des Planes angemessen gefordert werden kann und unter Berücksichtigung des gegenwärtigen Wissensstandes auf der Ebene der Landesplanung (Maßstab 1 : 300 000) erkennbar und von Bedeutung ist. Vertiefende Prüfungen erfolgten nur für Bereiche, für die der Plan detailliertere Festlegungen vorsieht.
Das methodische Vorgehen zur Erfassung und Bewertung der voraussichtlich erheblichen Umweltauswirkungen beruht auf der Darstellung und Analyse des derzeitigen Umweltzustandes des Untersuchungsraumes sowie auf den für den Plan relevanten, in einschlägigen Gesetzen und Plänen festgelegten Zielen des Umweltschutzes, die durch die Wirkfaktoren des Planes positiv oder negativ beeinflusst werden können. Der Zielkatalog wurde im Vorfeld mit den obersten Fachbehörden der Länder Berlin und Brandenburg abgestimmt. Auch die für die Beurteilung heranzuziehenden Datengrundlagen der Fachbehörden wurden entsprechend ausgewählt und abgestimmt. Dabei handelt es sich um bereits vorhandene statistische und flächenbezogene Daten für das gesamte Gebiet der beiden Bundesländer.
Für die Darstellung und Bewertung des Umweltzustands wurden prüfrelevante Umweltaspekte ausgewählt, die als Indikatoren für den Erhalt der relevanten Schutzgüter und die festgelegten Ziele des Umweltschutzes dienen und für die Bewertung der Erheblichkeit der Umweltauswirkung von Bedeutung sind.
Vor dem Hintergrund der für den LEP HR relevanten Umweltziele sowie der Umweltsituation im Gebiet der Hauptstadtregion wurden die voraussichtlichen Auswirkungen des LEP HR auf die Umwelt beschrieben, wobei zunächst eine Bewertung der einzelnen Festlegungen des LEP HR vorgenommen wurde. Die Bewertung erfolgte in Form verbalargumentativer qualitativer Beschreibungen der allgemeinen Umweltrelevanz, der Rahmenbedingungen und Eckpunkte für die räumliche Entwicklung und der Chancen und Risiken hinsichtlich der Umweltziele für den Untersuchungsraum.
Gemäß § 7 Absatz 6 ROG 2009
wurde eine Einschätzung vorgenommen, ob von den Festlegungen des Planes bzw. ihrer rahmensetzenden Wirkung für künftige Vorhaben erhebliche Beeinträchtigungen von NATURA 2000-Gebieten ausgehen können und demzufolge eine entsprechende Verträglichkeitsprüfung nach den Vorschriften des
Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) vorzunehmen war. Diese Prüfung und ihr Ergebnis wurden in einem separaten Kapitel des Umweltberichtes dokumentiert.
Im Anschluss wurden mögliche grenzüberschreitende Umweltauswirkungen geprüft. Die Auswirkungen der Umsetzung des Gesamtplanes einschließlich geprüfter Alternativen, eventueller Maßnahmen zur Vermeidung, Verringerung und zum Ausgleich von Umweltauswirkungen sowie Überwachungsmaßnahmen wurden dargestellt.
4 Berücksichtigung der Umweltbelange im Landesentwicklungsplan Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg in Folge der Ergebnisse der Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung
Grundsätzlich sind mögliche Gefährdungen der festgelegten Ziele des Umweltschutzes durch die rahmensetzenden Festlegungen des LEP HR zu vermeiden oder so gering wie möglich zu halten. Die Neuaufstellung des LEP HR erfolgte daher unter dem strategischen Ansatz, die Ziele des Umweltschutzes als Grundlage einer vorsorgeorientierten und nachhaltigen Entwicklung in den Planungsprozess zu integrieren. Durch seine Festlegungen bezüglich der räumlichen Entwicklung verfolgt der LEP HR einen integrierten, umweltorientierten Ansatz. Die Festlegungen dienen fast ausschließlich der Vermeidung und Verringerung möglicher negativer Umweltauswirkungen. Dies ist im Umweltbericht nachvollziehbar dargestellt; daher erforderte das Ergebnis der Umweltprüfung keine Veränderungen der Festlegungen des LEP HR.
Die im Rahmen der Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung eingegangenen Hinweise zur Umweltprüfung wurden ausgewertet und dahingehend geprüft, ob sich aus ihnen veränderte Einschätzungen der Umweltauswirkungen ergeben. Dies ist generell nicht der Fall, sodass auch hieraus keine Änderungserfordernisse an den Festlegungen des LEP HR erwuchsen. Zum Teil konnte den Hinweisen gefolgt werden, indem der Umweltbericht entsprechend überarbeitet wurde. Andere Hinweise wurden fach- und sachlich begründet nicht berücksichtigt. Zusammenfassend sind die Hinweise und der planerische Umgang mit diesen in den nachfolgenden Abschnitten beschrieben; in einer Abwägungsdokumentation wurden sie darüber hinaus im Einzelnen dargestellt.
Menschen, einschließlich der menschlichen Gesundheit
Als vorrangige Ziele des Umweltschutzes für das Schutzgut Menschen, einschließlich der menschlichen Gesundheit gelten insbesondere:
-
Schutz und Vorsorge vor gesundheitsschädigenden Stoffimmissionen sowie Senkung bestehender Belastungen der Luft,
-
Vermeidung und Reduzierung belastendender Klimasituationen durch Freihaltung von Frisch- und Kaltluftentstehungsgebieten sowie -abflussbahnen und Gewährleistung der Frischluftzufuhr über unverbaute Frischluftkorridore und Vermeidung einer weiteren Versiegelung von Freiflächen im städtischen Raum,
-
Schutz des Menschen vor Belastungen aufgrund von optischen Wirkungen, Schall/Lärm- und Lichtimmissionen sowie Senkung bestehender Belastungen,
-
Schutz von Natur und Landschaft als Grundlage für Leben und Gesundheit des Menschen,
-
Schutz der Vielfalt, Eigenart und Schönheit sowie des Erholungswerts der Landschaft sowie Sicherung von Landschaftsräumen als Voraussetzung für die Erholung,
-
nachhaltige Nutzung der verfügbaren Trinkwasserressourcen und Schutz des Trinkwassers vor Schadstoffimmissionen,
-
Schutz des Menschen vor möglichen nachteiligen Hochwasserfolgen,
-
Verhütung schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen und Begrenzung der Unfallfolgen.
Die für das Schutzgut Menschen und insbesondere die menschliche Gesundheit relevanten Umweltaspekte umfassen die Wohn- und Wohnumfeldqualität sowie die Erholungsfunktion der umgebenden Landschaft. Wesentliche Faktoren zur Beschreibung der Wohn- und Wohnumfeldqualität sind der Belastungszustand durch Lärm oder Luftschadstoffe sowie die Verfügbarkeit sauberen Trinkwassers und wenig belasteter Erholungsräume. Hinzu kommt der Aspekt des Schutzes und der Anpassung der Wohn- und Wohnumfeldbereiche vor bzw. an Hochwassergefahren. Auf die Thematik der Schadstoffemissionen und -immissionen wurde im Kapitel Luft/Klima näher eingegangen. Erholungsräume wurden im Kapitel Landschaft beschrieben und der Schutz vor Hochwasserereignissen wurde im Kapitel Wasser erörtert.
Im Rahmen der Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligungen sind wenige Einwendungen eingegangen, die das Schutzgut „Menschen, einschließlich der menschlichen Gesundheit“ explizit behandelt haben.
Die Abhandlung von Siedlungsflächen in überschwemmungsgefährdeten Gebieten unter dem Punkt „Umweltprobleme“ wurde kritisiert. Dem ist klarstellend entgegenzuhalten, dass einerseits die Risiken für das Schutzgut Wasser durch bestehende Siedlungsflächen in überschwemmungsgefährdeten Gebieten von Bedeutung (zum Beispiel Wasserverschmutzungen) sind, gleichzeitig daraus aber auch für bestehende Siedlungen in überschwemmungsgefährdeten Gebieten Risiken für das Schutzgut menschliche Gesundheit resultieren.
Eine Einwendung, die Umweltauswirkungen der Planung des Verkehrsflughafens Berlin Brandenburg (BER) seien nicht berücksichtigt, schlägt aus zwei Gründen nicht durch. Einerseits sind im Umweltbericht zum LEP HR nur die grundlegenden Umweltauswirkungen zu betrachten, die von der hier getroffenen Festlegung in Z 7.3 ausgehen. Hiervon wird auf der relevanten raumordnerischen Betrachtungsebene auch künftig eine Bündelungswirkung von Belastungen und deren Minderung bzw. Vermeidung in Berlin bzw. anderen Teilen der Hauptstadtregion ausgehen. Umweltverträglichkeitsstudien zur Flughafenplanung oder Eignungsprüfungen zum Flughafenstandort BER obliegen anderen Planungsebenen.
Tiere, Pflanzen und biologische Vielfalt
Als vorrangige Ziele des Umweltschutzes für das Schutzgut Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt gelten:
-
der Schutz wild lebender Tiere und Pflanzen, ihrer Lebensgemeinschaften sowie ihrer Lebensräume vor schädlichen Einflüssen wie Überbauung, Schall/Lärm- und Lichtimmissionen,
-
der Schutz, Pflege und Entwicklung der Austausch- und Wanderbeziehungen zwischen den Populationen bzw. Lebensräumen durch Vermeidung von Zerschneidungen und Barrierewirkungen sowie Weiterentwicklung des Biotopverbundsystems.
Bezüglich des Schutzgutes „Tiere, Pflanzen und biologische Vielfalt“ gingen beim Beteiligungsverfahren Hinweise auf das Biber-Management-Programm in Brandenburg und auf zurzeit laufende Verfahren zur Ausweisung von Naturschutzgebieten ein. Im Umweltbericht zum 2. Entwurf des LEP HR wurde den Hinweisen durch entsprechende Ergänzungen gefolgt. Auswirkungen auf das Ergebnis der Umweltprüfung ergeben sich dadurch nicht.
Landschaft
Als vorrangige Ziele des Umweltschutzes für das Schutzgut Landschaft gelten:
-
Vermeidung von unangemessener Überbauung und Veränderung des Erscheinungsbildes sowie Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen aufgrund von Schall/Lärm- und Lichtimmissionen,
-
Erhalt und Schutz großräumiger, unzerschnittener, störungsarmer Landschaftsräume,
-
Schutz der Kulturlandschaft mit ihren natürlichen und kulturhistorischen Landschaftsstrukturen einschließlich ihrer Kultur-, Bau- und Bodendenkmäler vor Überbauung, Veränderung des Erscheinungsbildes und schädlichen Umwelteinwirkungen aufgrund von Schall/Lärm-, Licht- und Schadstoffimmissionen.
Im Rahmen des Beteiligungsverfahrens wurden Stellungnahmen eingereicht, die das Thema Landschaftsschutzgebiete sowie die Veränderung des Landschaftsbildes durch die Entstehung von Windparks und den Braunkohleabbau thematisierten. Die Beschreibung des Umweltzustands und dessen Entwicklungstendenzen wurden vor diesem Hintergrund bereits im Umweltbericht zum 2. Entwurf des LEP HR überarbeitet. Zum 2. Entwurf erging der Hinweis, es solle in den Umweltbericht aufgenommen werden, dass keine neuen Landschaftsschutzgebiete in Planung sind. Bei der Bewertung wurde festgestellt, dass sich die aktuellen Informationen zu den Landschaftsschutzgebieten nicht auf die Bewertung der Umweltauswirkungen der Festlegungen des LEP HR auswirken.
Boden
Die Umweltziele, die sich auf das Schutzgut Boden beziehen, zielen auf den Schutz der natürlichen Funktionen des Bodens sowie seiner Funktion als Archiv der Natur- und Kulturgeschichte. Neben dem Schutz vor schädlichen Einwirkungen geht es um die Reduzierung der Inanspruchnahme durch Versiegelung und die Sanierung vorhandener Altlasten:
-
durch sparsamen Umgang mit Böden (Flächenverbrauch),
-
durch Schutz der natürlichen Bodenfunktionen vor Verlust (Versiegelung), Bodenabtrag (Erosion), Verdichtung und Schadstoffeintrag,
-
durch Erhalt besonders schützenswerter, naturraumprägender Böden wie Moor- und Auenböden vor Verlust und Degradierung sowie die Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit von Moorböden,
-
durch Sanierung von Altlasten, als Archiv der Natur- und Kulturgeschichte,
-
durch Verhütung schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen und Begrenzung der Unfallfolgen für die Umwelt.
Die im Rahmen des Beteiligungsverfahrens eingegangenen Stellungnahmen bezogen sich vorwiegend auf die Umweltziele und Datengrundlagen und deren Ergänzung. Weitere Hinweise bzw. Detaillierungswünsche sind zu den Themen schutzwürdige Böden, Entsiegelungspotenzial und Neuversiegelung durch Windenergieanlagen eingegangen.
Im Ergebnis der Prüfung der Stellungnahmen wurden die Umweltziele im Umweltbericht zum 2. Entwurf des LEP HR ergänzt. Die zusätzlichen Informationen aus den nun bekannten Datenbanken, zu den schutzwürdigen Böden sowie die Hinweise zu Entsiegelungspotenzialen und Flächenversiegelungen durch Windenergieanlagen wurden zur Kenntnis genommen. Insgesamt wurde festgestellt, dass sich diese Informationen nicht auf die Bewertung im Umweltbericht auswirken und eine weitere Detaillierung auf der Maßstabsebene des LEP HR nicht erforderlich ist.
Wasser
Neben dem Schutz und der Verbesserung des Gewässerzustandes mit der ökologischen und chemischen Zielsetzung des „guten Zustandes“, des Schutzes der aquatischen Ökosysteme und des Grundwasserdargebots ist der vorbeugende Schutz vor Hochwasserschäden Bestandteil des Zielkatalogs bezüglich des Schutzgutes Wasser:
Schutz der Qualität des Grundwassers durch
-
Vermeidung von Schadstoffimmissionen sowie Erhalt der Regenerationsfähigkeit,
-
Schutz und Verbesserung der Trinkwasserressourcen und sparsamer Umgang damit
-
Gewährleistung eines guten chemischen und mengenmäßigen Zustandes (Verschlechterungsverbot).
Schutz der Oberflächengewässer durch
-
Vermeidung von Verlust, Funktionsminderung und Schadstoffimmissionen,
-
Erhalt der Retentionsräume von Fließgewässern insbesondere im Hinblick auf den vorbeugenden Hochwasserschutz und den Erhalt der natürlichen Fließgewässerdynamik,
-
Gewährleistung eines guten ökologischen und chemischen Zustandes,
-
Gewährleistung eines nachhaltigen Hochwasserschutzes und Verbesserung des natürlichen Rückhaltevermögens,
-
Verhütung schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen und Begrenzung der Unfallfolgen für die menschliche Gesundheit und die Umwelt.
Im Rahmen der Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung wurde eingewendet, es fehle eine Beschreibung der Auswirkungen des Braunkohletageabbaus auf Oberflächengewässer im Kapitel 3.5 des Umweltberichtes (Verockerung und Sulfatbelastung). Weitere Hinweise kamen zur Anpassung der Anzahl von Wasserkörpern und des jeweiligen chemischen Zustandes. Neue Datengrundlagen hierfür wurden benannt. Außerdem wurde darauf hingewiesen, dass das Thema Hochwasserschutz in der Auswirkungsprognose in dem Kapitel 4.1.8 des Umweltberichtes nicht ausreichend behandelt wurde. Darüber hinaus wurde kritisiert, dass Punkt „Siedlungen in überschwemmungsgefährdeten Bereichen“ nicht in einem eigenständigen Schwerpunkt betrachtet werden.
Die Auswirkungen des Braunkohlebergbaus auf die Oberflächengewässer wurden im Kapitel 3.5 des Umweltberichtes im Abschnitt Entwicklungstendenzen für die Bewertung der Umweltauswirkungen ausreichend differenziert behandelt, nachdem im Umweltbericht zum 2. Entwurf des LEP HR die Thematik bereits ergänzt worden war. Es ergaben sich hieraus keine Auswirkungen auf die Bewertung der Umweltauswirkungen der Festlegungen des LEP HR.
Die ergänzenden Informationen zur Anzahl von Wasserkörpern sowie deren Beeinflussungen und chemische Zustände wurden im Umweltbericht zum 2. Entwurf des LEP HR berücksichtigt. Es wurde festgestellt, dass daraus keine Auswirkungen auf die Bewertung der Umweltauswirkungen resultieren.
Hinsichtlich der Hinweise zum Hochwasserschutz wurde im Ergebnis einer erneuten Bewertung festgestellt, dass die Festlegungen des LEP HR rahmensetzend sind für Maßnahmen, durch die Hochwassergefährdungen gemindert werden, da im Grundsatz G 8.4 (Vorbeugender Hochwasserschutz - Überschwemmungsgebiete) sowie im Ziel Z 8.5 (Vorbeugender Hochwasserschutz - Festlegung durch die Regionalplanung) ein vorbeugender Hochwasserschutz festgelegt wird. Somit bleibt die im Umweltbericht getroffene Bewertung zutreffend, dass zu den Festlegungen des Kapitels III. 8 aufgrund der tendenziell positiven Umweltauswirkungen bzw. der eingeschränkten konkreten Raumrelevanz eine vertiefende Prüfung der Umweltauswirkungen nicht erforderlich ist. Der Hinweis, ein eigenes Kapitel zum Umgang mit den Siedlungen in überschwemmungsgefährdeten Bereichen zu ergänzen, wurde abgelehnt, da die Thematik - der Regelungstiefe des LEP HR angemessen - ausreichend abgehandelt wurde.
Luft/Klima
Als vorrangiges Ziel des Umweltschutzes für das Schutzgut Luft/Klima gelten:
-
Schutz der Luft vor Verunreinigungen durch Schadstoffe und Stäube, Begrenzung und Reduzierung umwelt- und gesundheitsschädigender Emissionen und Abbau bestehender Immissionsbelastungen,
-
Reduzierung klimaschädlicher Schadstoffemissionen (insbesondere CO
2
),
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Verhütung schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen,
-
Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien, Verbesserung der Energietechnik (Effizienzsteigerung) und Reduzierung des Energieverbrauches (Energieeinsparung),
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Schutz von bedeutsamen klimaökologischen Ausgleichsräumen und Luftaustauschbahnen vor Funktionsverlust und Schadstoffimmissionen.
Bezüglich des Schutzgutes „Luft/Klima“ eingegangene Hinweise wurden bewertet, bezogen sich überwiegend aber auf Inhalte, die nicht Regelungsgegenstand des LEP HR sind - wie insbesondere die Planung von Windeignungsgebieten - und führten im Ergebnis daher nicht zu Änderungsbedarfen im Umweltbericht.
Kulturgüter und sonstige Sachgüter
Als vorrangige Ziele des Umweltschutzes für das Schutzgut Kulturgüter und sonstige Sachgüter gelten:
-
Die Vermeidung der Beeinträchtigung des kulturellen Erbes durch den Schutz von Bau- und Bodendenkmalen, archäologischen Fundstellen, Denkmalensembles und Gartendenkmälern vor Überbauung, Schadstoffimmissionen, Erschütterungen, optischen Beeinträchtigungen (Sichtbeziehungen, Umgebungsschutz) und nachteiligen Hochwasserfolgen und
-
Schutz der Kulturlandschaft mit ihren natürlichen und kulturhistorischen Landschaftsstrukturen einschließlich ihrer Kultur-, Bau- und Bodendenkmäler vor Überbauung, Veränderung des Erscheinungsbildes und schädlichen Umwelteinwirkungen aufgrund von Schall/Lärm-, Licht- und Schadstoffimmissionen.
Im Rahmen des Beteiligungsverfahrens wurde das Fehlen vollständiger Darstellungen kulturhistorischer Landschaftselemente beklagt. Den Hinweisen konnte nicht gefolgt werden, denn landesweite fachspezifische Kartierungen sind nicht Gegenstand der Raumordnungsplanung bzw. Umweltprüfung auf dieser Planungsebene.
Ergänzende Hinweise gingen zu einer hinzugekommenen UNESCO-Welterbestätte sowie zu Begriffsklärungen bzw. -erweiterungen („Denkmalensemble“/„Denkmalbereiche“; sonstige - nicht nur optische - Beeinträchtigungen von Denkmalen) ein. Weiter wurde darauf hingewiesen, dass Bodendenkmale im Geoportal des Landes Brandenburg abrufbar sind und sich die Schwerpunkte von Kultur- und Sachgütern nicht nur auf Berlin und die größeren Städte Brandenburgs konzentrieren.
Die Informationen zum UNESCO Welterbe sowie die redaktionellen Anmerkungen und der Hinweis zu den Informationen aus dem Geoportal des Landesamtes wurden zur Kenntnis genommen, führen jedoch nicht zu Änderungen im Ergebnis der Umweltprüfung. Ebenso wenig ergibt sich Änderungsbedarf hinsichtlich der Darstellung zur Verbreitung von Kultur- und Sachgütern, da bereits im Umweltbericht darauf hingewiesen wurde, dass diese Schutzgüter im gesamten Planungsraum verbreitet sind und detailliertere räumliche Zuordnungen aufgrund der überordneten Maßstabs des LEP HR nicht erforderlich sind.
Wechselwirkungen
Die einzelnen Schutzgüter stellen nur Teilaspekte des gesamten Wirkungsgefüges der Prozesse in Natur und Landschaft dar. Eine isolierte Betrachtung und Bewertung der Auswirkungen auf die einzelnen Schutzgüter ohne Beachtung der Wirkungszusammenhänge würde zum Teil zu widersprüchlichen und unvollständigen Ergebnissen führen.
Im Rahmen des Umweltberichtes sind Wechselwirkungen bei der Beschreibung und Bewertung der einzelnen Schutzgüter weitestgehend mit eingeflossen. In der Umweltprüfung wurden letztlich nicht strikt voneinander getrennte Schutzgüter betrachtet, sondern bestimmte Funktionen des Naturhaushaltes, die sich einzelnen Schutzgütern zuordnen lassen, deren konkrete Bedeutung aber schutzgutübergreifend zu bestimmen ist. So sind zum Beispiel oft besonders wertvolle Biotopstrukturen an seltene oder unter besonderen klimatischen und wasserhaushaltlichen Einflüssen stehende Böden gebunden. Diese Standorte stellen in der Regel für das Landschaftsbild und zum Teil das Erholungspotenzial und damit die Gesundheit des Menschen ebenfalls wertvolle Bereiche dar. Die Beurteilung der Grundwassergefährdung und Gewässerdynamik ist nur im Zusammenhang mit der Betrachtung der Bodenverhältnisse und der klimatischen Situation beschreibbar, ebenso wie die Bewertung des kulturellen Erbes oder der klimatisch-lufthygienischen Situation nicht ohne den Zusammenhang mit dem Schutzgut Mensch sinnvoll ist.
Vor dem Hintergrund des derzeitigen wissenschaftlichen Kenntnisstandes und der Komplexität der Zusammenhänge sind der Betrachtung (insbesondere der Quantifizierung) der Wechselwirkungen Grenzen gesetzt. Die für eine umfassende ökosystemare Darstellung fehlenden Grundlagen und Modelle können nicht im Rahmen des Umweltberichtes erarbeitet werden und sind auch weitgehend nicht planungsrelevant und entscheidungserheblich.
5 Einschätzung der Verträglichkeit mit Erhaltungszielen von NATURA 2000-Gebieten
Ergänzend zur Umweltprüfung fand auch eine Einschätzung der Verträglichkeit des LEP HR mit den Erhaltungszielen von FFH- und Vogelschutzgebieten (SPA) statt und wurde im Umweltbericht dokumentiert. Der LEP HR enthält wenige Festlegungen, die räumlich soweit konkretisiert sind, dass auf dieser Planungsebene unmittelbare erhebliche Auswirkungen prognostizierbar sind. Dies sind im Wesentlichen die Festlegung des Gestaltungsraumes Siedlung gemäß Z 5.6 Absatz 1 und des Freiraumverbundes gemäß Z 6.2. Beide sind mit positiven Auswirkungen auf die Umwelt verbunden - einerseits durch räumliche Bündelung von raumbeanspruchenden Siedlungsentwicklungen, andererseits durch Sicherung von Freiräumen. So ist ein erheblicher Teil der NATURA 2000-Gebiete Teil der Gebietskulisse des Freiraumverbundes und somit vor raumbedeutsamen Inanspruchnahmen geschützt. Das Ziel der Schaffung eines kohärenten Netzes an NATURA 2000-Gebieten wird hierdurch unterstützt. Potenzielle Beeinträchtigungen von NATURA 2000-Gebieten gehen von ihnen daher nicht aus.
Im Ergebnis ist daher einzuschätzen, dass auf der Ebene des LEP HR keine NATURA 2000-Verträglichkeitsprüfung erforderlich ist.
Soweit übrige Festlegungen des LEP HR tendenziell zu erheblichen negativen Umweltauswirkungen führen können, sind aufgrund des Abstraktionsgrades des Planes potenzielle Wirkräume von Vorhaben und entsprechende Beeinträchtigungen von NATURA 2000-Gebieten nicht prognostizierbar. Zudem bietet der LEP HR ausreichend Spielraum für die nachfolgenden Planungsebenen, im Rahmen konkreter Planungen die Verträglichkeit mit NATURA 2000-Gebieten zu gewährleisten. Allerdings konnte im Umweltbericht - als Hinweis für nachfolgende Planungen - eingeschätzt werden, in welchen Bereichen ein potenziell erhöhtes Beeinträchtigungsrisiko für NATURA 2000-Gebiete entstehen könnte. Dies ist in den festgelegten Schwerpunkten der Siedlungsentwicklung, insbesondere in denjenigen Zentralen Orten der Fall, deren Gemeindegebietsfläche zu großen Teilen mit NATURA 2000-Gebieten überlagert ist. Die fachrechtlichen Regelungen bezüglich der NATURA 2000-Gebiete bleiben von den Festlegungen des LEP HR jedoch unberührt und sind bei jedem konkreten Vorhaben im Einzelnen zu prüfen.
Die im Rahmen der Beteiligung angeregte Klarstellung zum Ergebnis der Einschätzung bezüglich der NATURA 2000-Verträglichkeit ist hiermit erfolgt.
6 Begründung für die Annahme des Planes nach Abwägung mit den geprüften Alternativen
Im Ergebnis der Umweltprüfung konnte eingeschätzt werden, dass die Festlegungen des LEP HR voraussichtlich nicht mit erheblichen Umweltauswirkungen auf die Schutzgüter Mensch und die menschliche Gesundheit, Landschaft, Boden, Wasser, Luft/Klima, und Kulturgüter und sonstige Sachgüter sowie die Wechselwirkung zwischen den vorgenannten Schutzgütern verbunden sind bzw. sind ausreichende Spielräume vorhanden, sodass erhebliche Umweltauswirkungen auf den nachfolgenden Planungsebenen durch geeignete Maßnahmen vermieden werden können.
Hinsichtlich der NATURA 2000-Verträglichkeit wurde im Ergebnis eingeschätzt, dass auf der Ebene des LEP HR aufgrund seines Abstraktionsgrades und nur weniger räumlich konkretisierter Festlegungen, die zudem mit positiven Wirkungen verbunden sind, keine NATURA 2000-Verträglichkeitsprüfung erforderlich ist.
Eine Prüfung anderweitiger in Betracht kommender Planungsmöglichkeiten wurde hinsichtlich der einzelnen Festlegungen bzw. Schutzgüter durchgeführt. Sie kam zu dem Ergebnis, dass die vorliegende Planungsvariante die jeweils günstigste ist und sich keine Alternativen aufgedrängt haben, die günstigere bzw. geringere negative Umweltauswirkungen erwarten lassen. Dies beruht darauf, dass bereits in der Konzeption des Planes in Umsetzung des
Landesentwicklungsprogrammes 2007 (LEPro 2007)
der Länder Berlin und Brandenburg einer nachhaltigen Raumentwicklung Rechnung getragen wird. Die Festlegungen des LEP HR dienen somit fast ausschließlich zur Vermeidung und Verringerung möglicher negativer Umweltauswirkungen. Die schutzgutbezogene Alternativenprüfung ergab entweder nur ungünstigere Lösungsansätze (wie zum Beispiel bei der Nichtberücksichtigung des Kulturlandschaftsaspekts oder des Klimaschutzes) oder keine in Betracht kommenden Alternativen (zum Beispiel umweltorientierter Ansatz bei der Verkehrs- und Infrastrukturentwicklung). Der vorliegende LEP HR wurde somit als beste in Betracht kommende Planungsmöglichkeit ermittelt.
7 Maßnahmen zur Überwachung der Umweltauswirkungen
Gemäß § 9 Absatz 4 ROG 2009
in Verbindung mit Artikel 8a Absatz 4 des Landesplanungsvertrages der Länder Berlin und Brandenburg (LPlV)
sind erhebliche Auswirkungen des LEP HR auf die Umwelt auf Grundlage von in der zusammenfassenden Erklärung genannten Überwachungsmaßnahmen durch die Gemeinsame Landesplanungsabteilung zu überwachen, um insbesondere unvorhergesehene nachteilige Auswirkungen frühzeitig zu ermitteln und um in der Lage zu sein, geeignete Maßnahmen zur Abhilfe zu ergreifen. Die Überwachung kann sich somit konzentrieren auf gegebenenfalls im Umweltbericht benannte erhebliche negative Auswirkungen des Planes.
Aufgrund des konzeptionell nachhaltigen Ansatzes des LEP HR und seines planungshierarchisch bedingten Abstraktionsgrades sowie wegen der weiten Spielräume, die durch die Festlegungen für die planerische Ausgestaltung auf den folgenden Planungsebenen gelassen werden, ergibt die Umweltprüfung, dass mit Durchführung des LEP HR voraussichtlich keine erheblichen und negativen Umweltauswirkungen zu erwarten sind. Daher ist keine Benennung von Überwachungsmaßnahmen oder konkreten Maßnahmen zur Vermeidung, Verringerung und zum Ausgleich von Umweltauswirkungen auf Ebene des LEP HR erforderlich.
Gleichwohl liegen im Ergebnis der Umweltprüfung Einschätzungen zur voraussichtlichen Entwicklung des Umweltzustandes im Untersuchungsraum sowie zu allgemeinen Auswirkungstendenzen des Planes auf die Umwelt vor. Zu deren künftiger Überprüfung können bereits vorhandene Instrumente genutzt werden.
Artikel 8a Absatz 4 LPlV bestimmt, dass für die Überwachung der erheblichen Umweltauswirkungen die Mittel der Raumbeobachtung unter besonderer Berücksichtigung des Raumordnungskatasters verwendet werden sollen. Für das Gebiet der Stadt Berlin bildet der regelmäßig nachgeführte digitale Umweltatlas ein Instrument, das die Entwicklung des Umweltzustandes umfassend dokumentiert. In Brandenburg bilden die regelmäßig nachgeführten Umweltdaten (Jahresberichte) eine geeignete Grundlage für die Überwachung.
VI Festlegungskarte
Mit dem Ziel, eine größtmögliche Nachvollziehbarkeit der Festlegungen des Planes im Rahmen seiner raumordnerischen Maßstäblichkeit zu gewährleisten, wurde eine eigene togografische Kartengrundlage im Maßstab 1 : 300 000 erstellt. Heranzuziehen waren dafür die Basisdaten der amtlichen Landesvermessung als allgemeingültige, bundesweit nach einheitlichen Standards strukturierten und allgemein zugänglichen Geobasisdaten. Allerdings hat die topografische Darstellung von Siedlungsbestandsflächen im LEP HR zusätzlich zur allgemeinen Funktion einer topografischen Kartengrundlage Bedeutung für die Festlegung der Gebietskulisse für den Freiraumverbund gemäß Plansatz Z 6.2. Dies erforderte die Erstellung einer eigenen, differenzierten „Siedlungstopografie“ innerhalb der topografischen Kartengrundlage, zumal mit Einführung des Amtlichen Topografisch-Kartografischen Informationssystems eine zweckentsprechende Aufbereitung der digitalen Basisdaten anstelle der Übernahme fertiger Karten erfolgen muss. Denn für die allgemeine topografische Kartengrundlage des LEP HR ist das DLM250 zwar als hinreichend genaue Datengrundlage anzusehen - zumal es dem Zielmaßstab der Festlegungskarte nahezu entspricht. Dagegen ist dies für die Siedlungstopografie aufgrund des angestrebten Darstellungsgrenzwertes von 20 Hektar und der gewollten möglichst realitätsgenauen Darstellung der Bestandssituation im Planungsgebiet nicht ausreichend. Die Siedlungstopografie des LEP HR wurde daher als Ergebnis der nachfolgend erläuterten regelbasierten Extraktion und geometrischen Zusammenführung von kompakten Siedlungskörpern zweier Maßstabsbereiche erstellt.
Die Basis der Topografie bilden die amtlichen Geobasisdaten des Digitalen Landschaftsmodells im Maßstab 1 : 250 000 (DLM250) des Bundesamtes für Kartografie und Geodäsie (BKG), Stand: 1/2017. Dieser Datensatz beinhaltet ausschließlich Flächen ab einer Größenordnung von 40 Hektar. Zusätzlich wurden aus dem Digitalen Landschaftsmodell im Maßstab 1 : 25 000 (DLM25) der Landesvermessung und Geobasisinformation Brandenburg (LGB), Stand: 1/2017, Elemente der Siedlungskulisse ergänzt, die für die Verortung der landesplanerischen Festlegungen von Bedeutung sind. Aufgenommen wurden einzelne oder zusammenhängende Flächen ab einer Größe von 20 Hektar. Noch kleinere Elemente sind maßstabsbedingt nicht darstellbar. Grundlage für die Bearbeitung der Daten bildeten die ATKIS Objektarten-Definitionen. Zunächst erfolgte die Auswahl und Filterung einzelner Objektarten. Dies war erforderlich, da aggregierte Objektklassen und -gruppen nicht uneingeschränkt für den Zweck der Siedlungstopografie in Bezug zum Freiraumverbund geeignet sind, zum Beispiel aufgrund der Zusammenfassung von überwiegend siedlungsgeprägten mit freiflächenbezogenen Objektarten. In mehreren Schritten erfolgten anschließend die Zusammenführung der Geometrien, die Definition von Ausschlussflächen unter einzelfallbezogener Prüfung großflächiger Objekte und die Bildung der Siedlungstopografien beider Maßstäbe sowie deren Verschmelzung. Aufgrund der aktualisierten Daten im Vergleich zum 1. Planentwurf erforderliche Anpassungen wurden eingearbeitet. Das Landschaftsbild prägende, im Zusammenhang mit dem Sanierungsbergbau entstandene Seen, die in den topografischen Daten noch nicht enthalten waren, fanden mit Stand 7/2018 zusätzlich Berücksichtigung.
Flächenhafte Festlegungen werden mittels eines Punkterasters (Raumordnungsgebiet „Gestaltungsraum Siedlung“ gemäß Plansatz Z 5.6 Absatz 1) oder mittels einer Schraffur (Raumordnungsgebiet Freiraumverbund gemäß Plansatz Z 6.2 Absatz 1 Satz 1) zeichnerisch maßstabsgerecht gebietsscharf abgrenzt. Im Rahmen des maßstabsbedingten Abstraktionsgrades der zeichnerischen Festlegung ist ihre räumliche Bestimmtheit vollständig gegeben. Die mit dem Fehlen einer äußeren Abgrenzung der Signaturen verbundene Unschärfe der äußeren Gebietsabgrenzung des Raumordnungsgebietes ist der landesplanerischen Maßstabsebene angemessen. Im Zweifel werden Planungen oder Maßnahmen in den Randbereichen dieser zeichnerischen Festlegungen nicht von ihren Bindungswirkungen erfasst.
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 Vorschläge für kulturlandschaftliche Handlungsräume in Berlin und Brandenburg
Abbildung 2 Strukturräume Berlin und Berliner Umland
Abbildung 3 Vernetzung der Hauptstadtregion - Europäischer Verkehrsknoten Berlin-Brandenburg
Abbildung 4 Vorbeugender Hochwasserschutz: Überflutungsflächen für ein Hochwasser mit mittlerer Wahrscheinlichkeit und für extremes Hochwasser sowie Flutungspolder
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1 Liste der zentrenrelevanten und nicht-zentrenrelevanten Sortimente
Tabelle 2 Empfehlungen für flächensparende Baudichten
Tabelle 3 Ermittlung der Gemeinden mit Anteil am Gestaltungsraum Siedlung
Tabelle 4 Kriterien, Funktionen und Grundlagen des Freiraumverbundes
Tabelle 5 Zielgröße für die Erreichbarkeit Zentraler Orte von den Wohnstandorten (RIN 2008, Auszug)
Tabelle 6 Zielgröße für die Erreichbarkeit Zentraler Orte von benachbarten Zentralen Orten gleicher Zentralitätsstufe (RIN 2008, Auszug)
Landesentwicklungsplan
Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg
(LEP HR)
Vom 29. April 2018
- Festlegungskarte –
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