Empfehlungen zur Zusammenarbeit zwischen Hort und Schule
1. Grundsätzliche Überlegungen zur Zusammenarbeit zwischen Hort und Schule
Der Besuch des Hortes bedeutet für das Kind, dass es neben der Schule einer weiteren, die Familie ergänzenden Bildungs- und Erziehungseinrichtung angehört. Die Erziehung, Förderung und Betreuung von Hortkindern setzen deshalb eine enge Zusammenarbeit zwischen Familie, Hort und Schule voraus.
Lehrer und Erzieher müssen gegenseitig Einblick in ihre Arbeitsbereiche haben und damit Möglichkeiten für ein Verständnis sowohl ihres gemeinsamen Erziehungsauftrags als auch ihrer unterschiedlichen Ansätze schaffen. Dies trägt dazu bei, die Kontinuität zu sichern, die für die Entfaltung der kindlichen Persönlichkeit grundlegend ist. Aufgrund einer intensiven Zusammenarbeit sollen Lehrer und Erzieher gemeinsam geeignete Lösungen für bestehende Probleme erarbeiten und den Eltern fundierte und vielfältige Beratung anbieten.
2. Aufgaben und Ziele des Hortes
Der Hort ist eine eigenständige Erziehungs- und Bildungseinrichtung für schulpflichtige Kinder, die außerhalb der täglichen Schulzeit eine familienergänzende Betreuung benötigen. Nach § 22 des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (KJHG) erfüllt der Hort einen pädagogischen Auftrag. Er unterstützt und ergänzt die Erziehung des Kindes in der Familie. Auf der Grundlage einer ganzheitlich ausgerichteten Erziehung und Betreuung will der Hort schulpflichtigen Kindern - ihrem Alter und ihrer jeweiligen Lebenssituation entsprechend - Möglichkeiten und Hilfen zur Entwicklung ihrer Persönlichkeit anbieten.
Die pädagogische Arbeit im Hort hat folgende Ziele:
Pädagogisch begründete Tages-, Gruppen- und Raumgestaltung eröffnen den Kindern die Möglichkeit, sich im Hort wohl zu fühlen, ihn als Lebensraum zu bejahen und sich für das Zusammenleben verantwortlich zu fühlen. Während für jüngere Kinder noch mehr der Erzieher oder die Erzieherin als Bezugsperson im Mittelpunkt steht, werden ältere Kinder mehr und mehr in ihrer Selbstständigkeit und sozialen Mitverantwortung angesprochen. Neben den Bedürfnissen des einzelnen Kindes tragen die vielfältigen Begegnungsmöglichkeiten mit anderen Kindern zur Gestaltung des Hortlebens bei.
Der Hort versucht, durch eine offene Freizeitgestaltung sowie durch ein differenziertes pädagogisches Angebot den unterschiedlichen Interessen der Kinder gerecht zu werden. Die erziehliche Arbeit berücksichtigt mit einer Rhythmisierung des Tagesablaufs den Wunsch zur individuellen Betätigung, zu Muße und Entspannung, und enthält vielfältige und ausgewogene Anregungen. Der Hort gibt den Kindern die Möglichkeit, Angebote und Einrichtungen der Schulen sowie der Gemeinden und sonstiger öffentlicher Träger zu nutzen, z.B. Sportstätten, Bäder, Bibliotheken, Museen. Die Kinder und Jugendlichen werden zu sozialpädagogischen Aktivitäten angeregt, wie z.B. Werken, Musik, Sport, Pflege des Brauchtums, Theater, Fotografieren, Tanzen, Kochen.
Neben dem erforderlichen Entfaltungs- und Spielraum beinhaltet Horterziehung ein breites Feld sozialer Kontakte und Lernerfahrungen. Seinem entwicklungspsychologischen Stand entsprechend erlebt das Hortkind die Geborgenheit in der Gruppe, die Notwendigkeit zu Toleranz und Rücksichtnahme sowie den eigenen Verantwortungsbereich. Diese in der Hortgruppe gewonnenen Erfahrungen und Erkenntnisse können durch eine Öffnung des Hortes zu anderen Angeboten und Institutionen erweitert und vertieft werden. Erzieherinnen unterstützen die Kinder bei der Problembewältigung in besonderen Lebenssituationen und leisten notwendige sozialpädagogische Hilfen.
Der Hort ermöglicht Lern- und Arbeitsbedingungen, unter denen Kinder ihre Hausaufgaben eigenverantwortlich anfertigen können. Um einen angemessenen Arbeitsrahmen schaffen zu können, bedarf es der intensiven Zusammenarbeit zwischen Erzieher und Lehrer. In der Erfüllung dieser Aufgabe handelt der Horterzieher als Mittler zwischen Schule und Elternhaus und sollte von beiden Unterstützung erhalten.
Der Hort bietet den Kindern ein Mittagessen, bei dem Ernährungsgrundsätze ebenso berücksichtigt werden wie die gemeinsame Vorbereitung und Gestaltung des Essens. Gerade in der Phase nach dem Unterricht entfaltet sich die sozialpädagogische Aufgabe des Hortes.
3. Möglichkeiten der Zusammenarbeit
Aus der gemeinsamen Verantwortung für das anvertraute Kind ergeben sich überschneidende Handlungsfelder für Schule und Hort, deren pädagogische Wirksamkeit durch die Kooperation beider Institutionen noch verstärkt werden kann.
Für eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit bieten sich folgende Formen an:
Bei Bedarf sollen Besprechungen der Horterzieher mit den betroffenen Lehrern stattfinden. Dies kann in Einzelgesprächen oder in Konferenzen geschehen. In der Organisation und Leitung der Konferenz sollen sich die Hort- und die jeweilige Schulleitung abwechseln. Inhalte gegenseitiger Information können z.B. sein: Alltag in Schule und Hort, Methoden und Inhalte des Unterrichts und der Horterziehung, Hausaufgaben, gemeinsame Unternehmungen, gemeinsame Elternarbeit, besondere erziehliche und organisatorische Anliegen.
Um Erwartungen und Ansprüche von Hort, Schule und Schülern besser zu verstehen, sollen Besuche zwischen den Beteiligten vereinbart werden. Diese gegenseitigen Besuche dienen z.B. der Beobachtung einzelner Schüler, der Arbeitsweisen von Schule und Hort, der Hausaufgabenbetreuung. Die gegenseitigen Besuche sind zwischen der Leitung des Hortes und der Schule abzustimmen. Die einschlägigen Bestimmungen der Schulordnung sind zu beachten.
Je nach Bedarf und im Rahmen ihrer organisatorischen Möglichkeiten unterstützt die Schule nach Absprache mit dem Träger des Schulaufwands den Hort bei der Nutzung schulischer Einrichtungen (z.B. Freigelände, Sporthalle, Werkraum, Schwimmbecken).
Die Betreuung bei der Erledigung der Hausaufgaben und die Unterstützung außerschulischen Lernens gehören zu den Aufgaben des Horts. Dafür schaffen die Erzieher günstige Lernvoraussetzungen, geben den Kindern individuelle Planungshilfen oder Lernanregungen und wenden sich in besonderen Fällen an den zuständigen Lehrer. Die Lehrer sollen auch außerhalb ihrer Sprechstunden den Erziehern zu einer Beratung zur Verfügung stehen.
Die Träger von Fortbildungsveranstaltungen, z.B. die Trägerverbände von Horten und die Staatlichen Schulämter, sollen Fortbildungsveranstaltungen vor allem zu pädagogischen Fragestellungen anbieten, an denen Lehrer und Erzieher gemeinsam teilnehmen können. Hierbei sollen unter den Perspektiven der Schulpädagogik und Sozialpädagogik Problemstellungen differenziert betrachtet, die Handlungskompetenz des Partners erkannt und gemeinsame Lösungswege erarbeitet werden.
Dem Zusammenwirken von Hort und Schule dienen gemeinsame Unternehmungen und Projekte. Die Anregungen dafür können sowohl von der Schulleitung als auch von der Hortleitung ausgehen. Anlässe bieten sich während des gesamten Jahres, z.B. Ausflüge, Wandertage, Schullandheimaufenthalte, Feste, Feiern, Elternabende, Musikveranstaltungen.
Um den gemeinsamen Erziehungsaufgaben gerecht zu werden, muss eine vertrauensvolle und informative Zusammenarbeit auch die Erziehungsberechtigten einbeziehen. Die gemeinsame Verantwortung wird deutlich, wenn zu den jeweiligen Elternabenden im Hort die Lehrer, zu den Elternabenden in der Schule die Erzieher eingeladen werden. Erwünscht sind auch Kontakte zwischen dem Hort und der Eltern Vertretung der Schule.
Bei spezifischen Fragestellungen (Berufsorientierung, Projekte oder Ähnliches), die gezielte Informations- und Beratungsdienste erfordern, sollen Hort und Schule zur Unterstützung mit weiteren Stellen zusammenarbeiten, z.B. mit Arbeitsämtern, Betrieben, Jugendämtern. Durch eine Öffnung zum Gemeinwesen kann die pädagogische Arbeit des Hortes vertieft und bereichert werden. Hierzu bietet sich an: Zusammenarbeit mit Kirchen, Verbänden, Vereinen.
4. Verstärkte zusätzliche Möglichkeiten der Zusammenarbeit im Rahmen des Projekts „Hort an der Schule"
Durch Beschluss der Bayerischen Staatsregierung vom 11. September 1990 wurde im Schuljahr 1990/1991 das Projekt „Hort an der Schule" eingerichtet. 13 Einrichtungen nehmen an der Erprobungsphase teil; es ist zu erwarten, dass das Projekt in den nächsten Jahren ausgeweitet wird. Neben der finanziellen Förderung bietet das Projekt viele Möglichkeiten, das Betreuungsangebot quantitativ wie qualitativ zu verbessern. Es baut auf der Eigenständigkeit der beiden Institutionen Hort und Schule auf, will aber die aufgrund der räumlichen Nähe sich bietenden besonderen Kooperationsmöglichkeiten suchen und vertiefen. Wenn auch der jeweilige schulpädagogische oder sozialpädagogische Auftrag für die Schule und den Hort den Schwerpunkt der pädagogischen Arbeit bildet, so ergeben sich dennoch Überschneidungen, die für eine Kooperation genutzt werden können und damit der Kontinuität in der Erziehung dienen. Das kann von der gemeinsamen Nutzung vorhandener Schulräume, der Einrichtungen, des Freizeitgeländes bis zur personellen Zusammenarbeit aller Pädagogen unter Würdigung der gemeinsamen sozial- und schulpädagogischen Aufgabe reichen.
Neben günstigen räumlichen und finanziellen Rahmenbedingungen setzt der Erfolg des bedarfsorientierten Aktionsprogrammes „Hort an der Schule" die Bereitschaft von Erziehern und Lehrern, von Hortleitung und Schulleitung voraus, die pädagogische Nachbarschaft zum Wohle der den beiden Institutionen anvertrauten Kinder zu nutzen.
Die Staatsregierung erwartet, dass Lehrer und Erzieher beim Projekt „Hort an der Schule" in der gemeinsamen Verantwortung für die anvertrauten Kinder besonders intensiv kooperieren.
5. Versicherungsschutz
Tätigkeiten im Rahmen der empfohlenen Zusammenarbeit von Hort und Schule sind Dienstaufgaben.
I.A. J. Hoderlein
Ministerialdirektor
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