Vollzug der §§ 42, 43 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) vom 20. Juli 2000 (BGBl I S. 1045)
An die
Landratsämter/Staatliche Gesundheitsämter
Städtischen Gesundheitsämter
Kreisverwaltungsbehörden
nachrichtlich an
die Regierungen
das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit
1. Tätigkeits- und Beschäftigungsverbote
1.1
§ 42 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a IfSG erfasst Personen, die beim Herstellen, Behandeln oder In-Verkehr-Bringen der in Abs. 2 genannten Lebensmittel mit diesen unmittelbar in Berührung kommen.
Nicht betroffen von dieser Vorschrift ist, wer in Gaststätten, Kantinen, Krankenhäusern, Heimen etc. nur serviert beziehungsweise Essen verteilt (siehe hierzu auch Nr. 1.4 der Bekanntmachung) oder wer durch geeignete hygienische Vorkehrungen ein unmittelbares Berühren der Lebensmittel zuverlässig vermeidet (z.B. durch Zangen beim Grillen oder durch hygienisch einwandfreie Schutzhandschuhe).
1.2
§ 42 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b IfSG bezieht sich auf Personen in Küchen von Gaststätten und sonstigen Einrichtungen mit oder zur Gemeinschaftsverpflegung (z.B. Kantinen, Heime, Essen auf Rädern) und zwar grundsätzlich unabhängig von der Tätigkeit, die sie dort ausüben. Nicht unter diese Bestimmungen fällt jedoch, wer in solchen Küchen ausschließlich Fußböden reinigt, Fenster putzt oder Müll beseitigt.
1.3
§ 42 Abs. 1 Satz 2 IfSG betrifft Bedarfsgegenstände (Begriff siehe § 5 Abs. 1 LMBG), die beim Herstellen, Behandeln oder In-Verkehr-Bringen der in Abs. 2 genannten Lebensmittel oder in Küchen von Gaststätten und sonstigen Einrichtungen mit oder zur Gemeinschaftsverpflegung verwendet werden und Personen, die mit solchen Gegenständen so in Berührung kommen, dass eine Übertragung von Krankheitserregern auf die Lebensmittel zu befürchten ist. Die Vorschrift erfasst insbesondere das Spül- und Reinigungspersonal von Geräten, die bei der Be- oder Verarbeitung von Lebensmitteln verwendet werden. Das Spülpersonal in Küchen von Gaststätten etc. wird schon durch § 42 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b IfSG (Nr. 1.2 der Bekanntmachung) erfasst. Bei Personen, die Speisen nur servieren oder verteilen (vgl. Nr. 1.1 der Bekanntmachung) ist regelmäßig keine Übertragung von Krankheitserregern zu befürchten, sodass diese auch nicht unter § 42 Abs. 1 Satz 2 IfSG fallen.
1.4
§ 42 IfSG gilt nicht für den privaten hauswirtschaftlichen Bereich (§ 42 Abs. 1 Satz 3 IfSG). Zu diesem Bereich wird auch die Tätigkeit ambulanter Pflegedienste gerechnet, die der hauswirtschaftlichen Versorgung der Pflegebedürftigen dient und die Tätigkeit in betreuten Wohngruppen, bei der dezentral oder mit den Bewohnern Mahlzeiten zubereitet werden.
1.5
Bei den Kraft Gesetzes bestehenden Tätigkeits- und Beschäftigungsverboten hat das Gesundheitsamt, dem solche Fälle (entweder gemäß den §§ 6 ff. IfSG oder durch den Arbeitgeber nach § 43 Abs. 3 IfSG) bekannt werden, zu prüfen, ob Ausnahmen möglich sind (§ 42 Abs. 4 IfSG). Es hat darüber hinaus erforderlichenfalls – gegebenenfalls auf Grund einer von der Kreisverwaltungsbehörde angeordneten Beobachtung (§ 29 IfSG) – über die Dauer des Verbotes zu befinden. Dies ist nicht zuletzt auch im Hinblick auf mögliche Entschädigungsansprüche (§ 56 IfSG) von Bedeutung.
1.6
Die gemäß § 42 Abs. 1 und 3 IfSG kraft Gesetzes bestehenden Tätigkeits- beziehungsweise Beschäftigungsverbote sind strafbewehrt (§ 75 Abs. 1 Nr. 2 IfSG).
1.7
§ 42 IfSG wird durch § 31 IfSG ergänzt. Nach § 31 IfSG können durch Anordnung der zuständigen Kreisverwaltungsbehörde (§ 1 AVIfSG) über die in § 42 IfSG enthaltenen Verbote hinaus berufliche Tätigkeiten untersagt werden. Eine solche Anordnung darf, wie jede Schutzmaßnahme zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten, nur erlassen werden, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung der übertragbaren Krankheit erforderlich ist (§ 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG). Die im Sicherheitsrecht allgemein geltenden Grundsätze der Notwendigkeit, der Verhältnismäßigkeit der Mittel und des geringstmöglichen Eingriffs sind zu beachten. Ein Berufsverbot nach § 31 IfSG darf demnach insbesondere nicht erlassen werden, wenn der Betroffene wegen Krankheit oder aus sonstigen Gründen seine Tätigkeit ohnehin aufgibt oder wenn es ausreicht, Verhaltensmaßregeln nach § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG anzuordnen.
2. Belehrungen
2.1
Die in § 43 IfSG vorgeschriebenen Belehrungen des Lebensmittelpersonals ersetzen die bisherige Untersuchungspflicht (§ 18 Bundes-Seuchengesetz). Während die Erstbelehrung vor Aufnahme der Tätigkeit vom Gesundheitsamt oder einem von diesem beauftragten Arzt durchzuführen ist (§ 43 Abs. 1 IfSG), ist für die Folgebelehrungen (das ist nach Aufnahme der Tätigkeit und sodann jährlich) der Arbeitgeber zuständig (§ 43 Abs. 4 IfSG).
Eine Erstbelehrung benötigt nicht, wer ein Gesundheitszeugnis nach § 18 BSeuchG besitzt (§ 77 Abs. 2 IfSG); dies gilt auch für im Ausland vor In-Kraft-Treten des IfSG ausgestellte Gesundheitszeugnisse, die denjenigen nach § 18 BSeuchG als gleichwertig erachtet werden.
2.2
„Der Personenkreis der Belehrungspflichtigen ergibt sich aus § 42 Abs. 1 IfSG (vgl. Nr. 1 der Bekanntmachung), wobei § 43 Abs. 1 IfSG zusätzlich die „Gewerbsmäßigkeit“ der Tätigkeit voraussetzt. Übereinstimmend mit der Vollzugspraxis der übrigen Länder ist davon auszugehen, dass ehrenamtliche Helferinnen und Helfer bei Vereinsfesten und ähnlichen Veranstaltungen nicht „gewerbsmäßig“ im Sinn der Vorschrift tätig sind. Sie unterliegen deshalb nicht der gesetzlichen infektionshygienischen Belehrungspflicht. Dem Infektionsschutz der Bevölkerung wird bei solchen Veranstaltungen dadurch Rechnung getragen, dass der Personenkreis – und zwar unabhängig davon, ob er vor Ort tätig ist oder im häuslichen Bereich Lebensmittel zubereitet und zur Verfügung stellt – durch ein Merkblatt (
Darüber hinaus führen die Landratsämter/Gesundheitsämter und die städtischen Gesundheitsämter bei Bedarf für ehrenamtliche Vereinshelferinnen und -helfer im Rahmen der gesundheitlichen Aufklärung kostenlos Informationsveranstaltungen durch, bei denen die Belange der Infektions- und Lebensmittelhygiene vermittelt werden.“
Praktika von Schülern in Lebensmittelbetrieben erfolgen im Rahmen einer gewerbsmäßigen Tätigkeit, sodass diese Schüler zu belehren sind. Nicht gewerbsmäßig erfolgt demgegenüber das Kochen in hauswirtschaftlichen oder nahrungsgewerblichen Schulklassen, sofern die Speisen nicht zur Gemeinschaftsverpflegung außerhalb dieser Klassen dienen. § 43 IfSG erfasst auch nicht die in § 42 Abs. 3 IfSG genannten Personen, die in amtlicher Eigenschaft mit Lebensmitteln oder Bedarfsgegenständen in Berührung kommen.
2.3
§ 43 IfSG verlangt nicht, dass jede Belehrung als Einzelbelehrung durchgeführt wird. Entsprechend den Erfordernissen der Praxis sind auch Sammelbelehrungstermine zweckmäßig. Allerdings kommen dabei keine Massentermine in Betracht, bei denen eine ordnungsgemäße Belehrung nicht sichergestellt werden kann.
Für die Belehrung stehen als Hilfsmittel insbesondere (mehrsprachig) die Muster des Robert Koch-Instituts zur Verfügung (RKI-Internet-Seiten „Gesundheit und Krankheiten“ http://www.rki.de/INFEKT/IFSG/IFSG.HTM) sowie die vom Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg erarbeiteten Folien. Die auf dem Markt befindlichen Videos sollten allenfalls ergänzend eingesetzt werden, da sie den notwendigen Kontakt zwischen den Beteiligten nicht ersetzen können.
Die Landratsämter/Staatlichen Gesundheitsämter erheben für die Belehrung eine Gebühr nach Nr. 3.1.6 der Anlage zur GGebO.
2.4
§ 43 Abs. 1 IfSG erfasst auch Arbeitgeber, die eine entsprechende Tätigkeit ausüben. Es besteht aber für den Arbeitgeber keine Pflicht, sich im Weiteren belehren zu lassen. Darüber, wie der Arbeitgeber die Folgebelehrungen für sein Personal durchführt, enthält das IfSG – abgesehen von dem Hinweis in § 1 Abs. 2 Satz 2 IfSG auf dessen Eigenverantwortung – keine Regelung (vgl. aber § 73 Abs. 1 Nr. 18 IfSG). Eine besondere Qualifikation desjenigen, der die Folgebelehrungen durchführt, fordert das IfSG nicht.
Zweckmäßigerweise verbindet der Arbeitgeber die infektionshygienische Belehrung nach § 43 Abs. 4 IfSG jeweils mit der nach § 4 Abs. 2 LMHV vorgeschriebenen lebensmittelhygienischen Belehrung. Die Kompetenzzentren der Landratsämter und die Städtischen Gesundheitsämter unterrichten die Arbeitgeber über die wesentlichen Inhalte und die zweckmäßige Durchführung dieser Belehrungen.
Die in jährlichem Abstand (das ist ein Abstand von zwölf Monaten) für den Arbeitgeber vorgeschriebene Belehrungspflicht besteht nur während der Zeit, in welcher die betreffenden Personen einschlägige Tätigkeiten ausüben. Wird eine solche Tätigkeit länger als zwölf Monate unterbrochen und anschließend wieder aufgenommen, so lebt die Nachbelehrungspflicht mit diesem Zeitpunkt wieder auf.
2.5
Die Beauftragung eines Arztes (Privatarztes) zur Durchführung der Belehrungen (§ 43 Abs. 1 Satz 1 IfSG) setzt einen entsprechenden Antrag des Arztes voraus. Da § 43 Abs. 1 Satz 1 IfSG keinen Rechtsanspruch auf eine solche Beauftragung enthält, steht es dem jeweiligen Gesundheitsamt grundsätzlich frei, die Belehrungen entweder ausnahmslos selbst durchzuführen oder auch niedergelassene Ärzte zu beauftragen.
Beauftragt das Gesundheitsamt einen Arzt, so hat es diesen eingehend über die Inhalte der §§ 42, 43 IfSG zu unterrichten und mit den notwendigen Unterlagen, insbesondere dem Muster für die schriftliche Belehrung, zu versehen. Der Arzt ist vom Gesundheitsamt anzuhalten, auf den von ihm gemäß § 43 Abs. 1 IfSG auszustellenden Bescheinigungen zu vermerken, dass er hierzu beauftragt ist.
Für die Beauftragung erheben die Gesundheitsämter eine Gebühr von 50 Euro bei Einzel- und von je 25 Euro bei Sammelterminen.
Der vom Gesundheitsamt gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 IfSG beauftragte Arzt ist „beliehener Unternehmer“ und damit entsprechend den Vorschriften des Verwaltungsverfahrensrechts mit dieser Tätigkeit an den Zuständigkeitsbereich des jeweiligen Gesundheitsamtes gebunden.
Das Gesundheitsamt kann die Beauftragung widerrufen, wenn der beauftragte Arzt die Aufgabe nachweislich unzureichend erfüllt (Art. 49 Abs. 2 Nrn. 3, 5 BayVwVfG).
2.6
Die Aufgabe des Beauftragten der zuständigen Kreisverwaltungsbehörde (§ 1 AVIfSG) im Sinn des § 43 Abs. 5 IfSG, dem die Bescheinigungen über die Belehrungen vorzulegen sind, wird in der Regel vom Lebensmittelüberwachungsbeamten wahrgenommen.
3.
Die Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 24. Januar 1991 (AllMBl S. 99) wird aufgehoben.
Merkblatt
Schuster
Ministerialdirektor
EAPl 530
GAPl 2451
AllMBl 2002 S. 543
Anlage
Feedback