Vollzug des Art. 15 des Gesetzes zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung
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Art. 15 des Gesetzes zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung (AGVwGO) bestimmt, dass für bestimmte Rechtsbereiche ein Widerspruchsverfahren fakultativ durchgeführt werden kann und im Übrigen Widerspruchsverfahren abgeschafft sind. ²Für den Vollzug dieser Vorschrift und der Erteilung der Rechtsbehelfsbelehrung wird im Einvernehmen mit dem Bayerischen Staatsministerium der Finanzen und für Heimat auf Folgendes hingewiesen:
1. Anwendungsbereich
1.1 Erfasste Behörden und Stellen
1.1.1 Keine Anwendung auf Bundesbehörden
¹Die Regelungen des Art. 15 AGVwGO zum Widerspruchsverfahren gelten nur für Verfahren der unmittelbaren und mittelbaren Staatsverwaltung in Bayern, das heißt der Behörden des Freistaates Bayern, der bayerischen Gemeinden und Gemeindeverbände und der sonstigen der Aufsicht des Freistaates Bayern unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts (Art. 15 Abs. 3 Satz 1 AGVwGO). ²Keine Anwendung findet Art. 15 AGVwGO auf Bundesbehörden (zum Beispiel Bundesamt für Migration und Flüchtlinge), auch wenn sie ihren Sitz oder eine Zweigstelle in Bayern haben.
1.1.2 Delegierte Staatsaufsicht
Da Art. 15 Abs. 3 Satz 1 AGVwGO nur auf eine Abgrenzung der bayerischen Behörden von Bundesbehörden abzielt, gehören zu den sonstigen der Aufsicht des Freistaates Bayern unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts auch solche, die zwar nicht der unmittelbaren Aufsicht des Freistaates unterstehen, jedoch der Aufsicht einer juristischen Person des öffentlichen Rechts unterliegen, die ihrerseits der Aufsicht des Freistaates oder einer seiner Aufsicht unterstehenden juristischen Person untersteht (delegierte Staatsaufsicht).
1.2 Sachlicher Anwendungsbereich
1.2.1 Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs
Art. 15 AGVwGO modifiziert das Vorverfahren gemäß § 68 VwGO und kommt daher nur zur Anwendung, wenn der Verwaltungsrechtsweg gemäß § 40 VwGO eröffnet ist.
1.2.2 Verhältnis zu den Regelungen in § 68 VwGO
¹Die in § 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 VwGO geregelten Ausnahmen vom Erfordernis des Vorverfahrens gehen dem fakultativen Widerspruchsverfahren gemäß Art. 15 Abs. 1 AGVwGO vor (Art. 15 Abs. 3 Satz 2 AGVwGO). ²Dies bedeutet:
1.2.2.1
¹Ein Vorverfahren entfällt grundsätzlich gemäß § 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VwGO, wenn der Verwaltungsakt von einer obersten Landesbehörde erlassen wurde. ²Art. 15 Abs. 1 AGVwGO ist kein Gesetz im Sinne des § 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Halbsatz 2 VwGO, das die Nachprüfung in einem Vorverfahren vorschreibt, obwohl eine oberste Landesbehörde entschieden hat. ³Deshalb kommt beispielsweise bei personenbezogenen Prüfungsentscheidungen des Landesjustizprüfungsamtes nicht das fakultative Widerspruchsverfahren gemäß Art. 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AGVwGO zur Anwendung.
1.2.2.2
Da die Ausnahmevorschrift des § 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VwGO sich auf oberste Landesbehörden bezieht und nicht auf Landesoberbehörden (zum Beispiel Bayerische Versorgungskammer), fallen letztere in den Anwendungsbereich des Art. 15 AGVwGO.
1.2.2.3
¹Von Art. 15 AGVwGO unberührt bleiben andere Gesetze und Rechtsverordnungen, die abweichend von § 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VwGO die Nachprüfung in einem Vorverfahren auch für den Fall anordnen, dass eine oberste Landesbehörde den Verwaltungsakt erlassen hat. ²Da für beamtenrechtliche Angelegenheiten einerseits § 54 Abs. 2 Satz 2 BeamtStG bestimmt, dass es auch bei Maßnahmen einer obersten Dienstbehörde eines Vorverfahrens bedarf, andererseits § 54 Abs. 2 Satz 3 BeamtStG eine Länderöffnungsklausel enthält, von der Art. 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 AGVwGO Gebrauch macht, findet bei beamtenrechtlichen Maßnahmen einer obersten Dienstbehörde das fakultative Widerspruchsverfahren Anwendung.
1.2.2.4
Wird im Rahmen des fakultativen Widerspruchsverfahrens gemäß Art. 15 Abs. 1 AGVwGO ein Abhilfe- oder Widerspruchsbescheid erlassen, der erstmalig eine Beschwer enthält, besteht gemäß § 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VwGO nur die Möglichkeit der unmittelbaren Klage.
1.2.3 Abweichende Regelungen in anderen Gesetzen und Rechtsverordnungen
Soweit andere (bundes- oder landesrechtliche) Gesetze und Rechtsverordnungen von Art. 15 AGVwGO abweichende Regelungen über das Vorverfahren enthalten (zum Beispiel § 141 Abs. 1 des Flurbereinigungsgesetzes – FlurbG; §§ 336 bis 339 des Lastenausgleichsgesetzes), gehen diese als Sondervorschriften vor (Art. 15 Abs. 3 Satz 2 AGVwGO).
2. Fakultatives Widerspruchsverfahren (Art. 15 Abs. 1 AGVwGO)
2.1 Abschließende Aufzählung
¹Das in Art. 15 Abs. 1 AGVwGO eröffnete Wahlrecht zwischen Widerspruchseinlegung und Klageerhebung setzt voraus, dass der angegriffene Verwaltungsakt nach Inhalt, Gegenstand und Zielsetzung einem der in Art. 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 6 AGVwGO aufgeführten Rechtsbereiche zuzuordnen ist oder ein beamtenrechtliches Leistungs- oder Feststellungsbegehren verfolgt wird (Art. 15 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AGVwGO). ²Die Aufzählung ist abschließend.
2.2 Atypische Vorschriften
Sind in einer Rechtsvorschrift, die einem der in Art. 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 6 AGVwGO aufgezählten Rechtsbereiche zuzuordnen ist, atypische Vorschriften enthalten, die nach Inhalt, Gegenstand und Zielsetzung einer anderen, nicht von Art. 15 Abs. 1 Satz 1 AGVwGO erfassten Regelungsmaterie zuzuordnen sind, kommt bei Verwaltungsakten, die sich auf solche Vorschriften stützen, das fakultative Widerspruchsverfahren nicht zur Anwendung.
2.3 Entscheidungsweg bei Fragen zur Abgrenzung der einzelnen Rechtsbereiche
¹Bei Fragen zur Abgrenzung der einzelnen Rechtsbereiche sind zunächst die Begründung des Gesetzentwurfs zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung (Landtagsdrucksache 15/7252, insbesondere S. 10 bis 13) und ergänzend einschlägige Gerichtsentscheidungen heranzuziehen. ²Soweit sich die Antwort daraus nicht zweifelsfrei ableiten lässt, ist die Frage auf dem Dienstweg an die nächsthöhere Behörde beziehungsweise die Aufsichtsbehörde heranzutragen. ³Kann auch auf dieser Ebene keine zweifelsfreie Antwort gefunden werden, ist die Frage an das jeweils fachlich zuständige Staatsministerium weiterzuleiten.
2.4 Anfechtung der Kostenentscheidung
2.4.1 Akzessorietät zur Hauptsache
Kostenentscheidungen werden grundsätzlich nach den gleichen Grundsätzen angefochten wie die Hauptsache.
2.4.1.1
¹Werden die Kosten als Nebensache zur Hauptsacheentscheidung eingefordert, kann der Kostenschuldner die Kostenentscheidung entweder zusammen mit der Hauptsache oder selbstständig anfechten (Art. 12 Abs. 3 des Kostengesetzes). ²In beiden Fällen richtet sich das Rechtsbehelfsverfahren nach den für die Hauptsache geltenden Grundsätzen.
2.4.1.2
Grundsätzlich gilt auch nichts anderes, wenn die Kosten im Rahmen einer isolierten (nicht mit der Hauptsache verbundenen) Kostenentscheidung geltend gemacht werden (siehe aber Nr. 2.4.2).
2.4.2 Isolierte Kostenentscheidung der Kommunen und Zweckverbände
¹Anders verhält es sich jedoch bei isolierten (nicht mit der Hauptsache verbundenen) Kostenentscheidungen der Kommunen (Gemeinden, Landkreise, Bezirke) oder eines Zweckverbands. ²Diese unterfallen dem weiten Begriff des Kommunalabgabenrechts gemäß Art. 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AGVwGO. ³Da Art. 15 Abs. 2 AGVwGO nur zur Anwendung kommt, soweit in Art. 15 Abs. 1 AGVwGO nichts Abweichendes geregelt ist, findet unabhängig von der rechtlichen Einordnung der Maßnahme, für die die Kosten geltend gemacht werden, das fakultative Widerspruchsverfahren Anwendung.
2.5 Anfechtung von Maßnahmen der Vollstreckung
2.5.1 Akzessorietät zum Grundverwaltungsakt
¹Maßnahmen der Vollstreckung sind, soweit dagegen im Verwaltungsrechtsweg förmliche Rechtsbehelfe zulässig sind, grundsätzlich der Rechtsmaterie zuzuordnen, der der zu vollstreckende Verwaltungsakt zugehört. ²Sie werden deshalb nach den gleichen Grundsätzen angefochten wie der Grundverwaltungsakt, dessen Durchsetzung erzwungen werden soll.
2.5.2 Art. 26 Abs. 7 Satz 3 des Bayerischen Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetzes (VwZVG)
Diese Grundsätze gelten auch für die Pfändung und Verwertung beweglicher Sachen durch eigene Vollstreckungsbeamte der Kommunen und Zweckverbände sowie für die Pfändung und Einziehung von Geldforderungen und anderen Vermögensrechten durch die Kommunen und durch die für die Bezirke handelnden Regierungen gemäß Art. 26 Abs. 7 Satz 3 VwZVG.
2.5.3 Kosten für Maßnahmen der Vollstreckung
¹Werden Kosten für Maßnahmen der Vollstreckung eingefordert, gilt Nr. 2.4. ²Werden die Kosten für eine Ersatzvornahme (Art. 32 VwZVG) durch eine Kommune oder einen Zweckverband mittels eines eigenständigen Verwaltungsakts (isolierte Kostenentscheidung) geltend gemacht, kommt das fakultative Widerspruchsverfahren zur Anwendung (siehe Nr. 2.4.2).
2.6 Aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage
Hinsichtlich der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Klage gilt § 80 VwGO, das heißt grundsätzlich haben Widerspruch und Klage aufschiebende Wirkung, es sei denn, die aufschiebende Wirkung entfällt kraft Gesetzes oder behördlicher oder gerichtlicher Anordnung.
2.7 Wahlrecht zwischen Widerspruch und Klage
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Art. 15 Abs. 1 Satz 1 AGVwGO räumt dem Betroffenen in den aufgezählten Rechtsbereichen ein Wahlrecht zwischen Widerspruchseinlegung mit gegebenenfalls anschließender Klageerhebung und (alternativ!) unmittelbarer Klageerhebung ein. ²Erhebt der Betroffene unmittelbar Klage, entfällt gemäß § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO in Verbindung mit Art. 15 Abs. 1 Satz 3 AGVwGO das Erfordernis der Durchführung eines Vorverfahrens gemäß § 68 VwGO. ³Legt der Betroffene daher nach unmittelbarer Klageerhebung zusätzlich Widerspruch ein, ist dieser unzulässig, kann aber als formloser Rechtsbehelf oder Antrag auf Änderung beziehungsweise Neuverbescheidung behandelt werden.
2.8 Mehrere gemeinsam Betroffene (Art. 15 Abs. 1 Satz 2 AGVwGO)
¹Das in Art. 15 Abs. 1 AGVwGO eingeräumte Wahlrecht des Betroffenen zwischen Widerspruchseinlegung und unmittelbarer Klageerhebung besteht uneingeschränkt nur, wenn der Betroffene Einzeladressat des Verwaltungsakts ist. ²Richtet sich der Verwaltungsakt an mehrere Betroffene gemeinsam, kann jeder von ihnen nur dann unmittelbar Klage erheben, wenn alle Betroffenen zustimmen (Art. 15 Abs. 1 Satz 2 AGVwGO). ³Diese Differenzierung soll die Gefahr divergierender Rechtsbehelfe verhindern, die dadurch entsteht, dass gegen denselben Verwaltungsakt von einem Betroffenen Widerspruch, von einem anderen unmittelbar Klage erhoben wird.
2.8.1 Abgrenzung: Verwaltungsakt an einen oder mehrere gemeinsam Betroffene
2.8.1.1
¹Entscheidend ist, ob sich der Verwaltungsakt an einen oder mehrere gemeinsam Betroffene richtet. ²Ein Verwaltungsakt richtet sich an denjenigen, der von seiner Regelung materiell betroffen, das heißt hieraus verpflichtet und/oder berechtigt sein soll. ³Das ist in der Regel derjenige, an den der Verwaltungsakt adressiert ist. ⁴Anderes gilt etwa bei Bekanntgabe an einen Bevollmächtigten (Art. 41 Abs. 1 Satz 2 BayVwVfG) oder gesetzlichen Vertreter (zum Beispiel Insolvenzverwalter, Testamentsvollstrecker); hier richtet sich der Verwaltungsakt inhaltlich an den Vertretenen. ⁵An wen ein Verwaltungsakt gerichtet ist, ergibt sich aus dem für den Betroffenen erkennbaren Willen der Behörde (BVerwG, Beschluss vom 25. März 1996, Az. 8 B 48/96). ⁶Ob der Verwaltungsakt aufgrund des materiellen Rechts an mehr oder weniger Betroffene hätte gerichtet werden müssen, ist insoweit unerheblich. ⁷Im Zweifel ist die Regelung allerdings so auszulegen, dass der Verwaltungsakt an den gerichtet ist, an den er sich nach materiellem Recht richten muss.
2.8.1.2
¹Ein Verwaltungsakt richtet sich danach an mehrere gemeinsam Betroffene, wenn mehrere Personen nur gemeinschaftlich verpflichtet oder berechtigt werden sollen. ²Dies ist nur in Ausnahmefällen gegeben, etwa wenn an eine Gesamthand (Erbengemeinschaft, eheliche Gütergemeinschaft, BGB-Gesellschaft, soweit sie nicht eigene Rechtspersönlichkeit besitzt) ein Leistungsbegehren gerichtet wird, das nur von der Gesamthand, also nur von allen Gesamthändern gemeinsam, erfüllt werden kann (zum Beispiel Belastung eines der Gesamthand gehörenden Grundstücks). ³In der Regel wird sich ein Verwaltungsakt, der an mehrere Gesamthänder adressiert ist, jedoch an diese als Gesamtschuldner richten, sodass es sich nicht um mehrere gemeinsam Betroffene handelt (vergleiche Nr. 2.8.1.3).
2.8.1.3
¹Nicht an mehrere gemeinsam Betroffene richtet sich ein Verwaltungsakt, der als Allgemeinverfügung oder Sammelbescheid zwar mehrere Personen, aber davon jede Person für sich und damit nicht gemeinschaftlich berechtigt oder verpflichtet. ²Dies ist etwa bei Teilschuldverhältnissen (§ 420 BGB), aber auch bei einer gesamtschuldnerischen Verpflichtung der Fall, bei der die Leistung zwar nur einmal gefordert werden kann, jeder aber (für sich) zur Bewirkung der ganzen Leistung verpflichtet ist (§ 421 BGB). ³Zu beachten ist, dass auch Gesamthänder in der Regel Gesamtschuldner sind (dies ergibt sich im Kommunalabgabenrecht aus § 44 der Abgabenordnung, gilt aber nach den Grundsätzen des BGB auch allgemein, vergleiche §§ 421, 427, 431, § 1437 Abs. 2, § 1459 Abs. 2, § 2058 BGB). ⁴Demnach richtet sich beispielsweise ein Kommunalabgabenbescheid, der an mehrere oder alle Mitglieder einer Erbengemeinschaft adressiert wird, nicht an mehrere gemeinsam Betroffene im Sinne des Art. 15 Abs. 1 Satz 2 AGVwGO, sondern an mehrere Einzelbetroffene im Sinne des Art. 15 Abs. 1 Satz 1 AGVwGO.
2.8.2 Zeitpunkt der Zustimmung
¹Die Zustimmung der anderen Betroffenen, an die sich der Verwaltungsakt gemeinsam richtet, zur unmittelbaren Klage kann vor Klageerhebung eingeholt (Einwilligung) oder erst nachträglich beigebracht werden (Genehmigung). ²Wird ohne Zustimmung der anderen Betroffenen unmittelbar Klage erhoben und kann die Zustimmung auch nachträglich nicht beigebracht werden, entfällt das Erfordernis des Vorverfahrens gemäß § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO nicht, sodass die Klage unzulässig ist. ³Sofern die Widerspruchsfrist noch nicht abgelaufen ist, kann der Betroffene weiterhin Widerspruch einlegen.
2.8.3 Form der Zustimmung
¹Die Zustimmung kann sowohl gegenüber dem klagenden (Mit-)Betroffenen als auch gegenüber dem Verwaltungsgericht erklärt werden. ²Gegenüber dem Gericht muss die Zustimmungserklärung schriftlich, elektronisch oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts abgegeben werden (§ 81 VwGO analog und § 55a VwGO).
2.8.4 Widerspruchseinlegung und Zustimmung zur unmittelbaren Klageerhebung
Nach dem Sinn und Zweck des Art. 15 Abs. 1 Satz 2 AGVwGO können mehrere gemeinsam Betroffene, an die sich ein Verwaltungsakt richtet, nur einheitlich zwischen den Alternativen „Widerspruchseinlegung mit gegebenenfalls anschließender Klageerhebung“ und „unmittelbarer Klageerhebung“ wählen.
2.8.4.1
¹Erhebt ein Betroffener mit Zustimmung der (Mit-)Betroffenen unmittelbar Klage, entfällt mit der Klageerhebung gemäß Art. 15 Abs. 1 Satz 3 AGVwGO generell, das heißt auch für die zustimmenden (Mit-)Betroffenen, das Widerspruchsverfahren. ²Legt daher ein zustimmender (Mit-)Betroffener nach der Klageerhebung Widerspruch ein, ist dieser gemäß § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO unzulässig.
2.8.4.2
Hat der (Mit-)Betroffene vor der Zustimmung bereits Widerspruch eingelegt, kann er nicht mehr wirksam der unmittelbaren Klageerhebung zustimmen, es sei denn, er nimmt vor der Zustimmung den Widerspruch zurück.
2.8.4.3
¹Vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass der (Mit-)Betroffene durch die Zustimmung nicht zum (Mit-)Kläger wird. ²Das Recht, selbst unmittelbar Klage zu erheben, bleibt unberührt.
2.9 Form des Widerspruchs
¹Nach § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist der Widerspruch schriftlich, zur Niederschrift oder in einer elektronischen Form im Sinne von § 3a Abs. 2 VwVfG einzulegen. ²Die Einlegung des Widerspruchs mittels einfacher E-Mail genügt diesen Anforderungen nicht. ³Die Übermittlung eines elektronischen Dokuments ist nur zulässig, soweit der Empfänger einen Zugang hierfür eröffnet hat (Art. 3a Abs. 1 BayVwVfG). ⁴Welche elektronischen Formen im Einzelfall für die Widerspruchseinlegung möglich sind, ist damit davon abhängig, welche konkreten Zugangsmöglichkeiten die adressierte Behörde eröffnet hat. ⁵Bayerische Behörden sind nach Maßgabe des Art. 3 Abs. 1 Satz 1 und 4, Abs. 2 BayEGovG (beim Vollzug von Bundesrecht im Auftrag des Bundes nach § 2 Abs. 1 und 2 EGovG, vergleiche Art. 1 Abs. 3 BayEGovG) verpflichtet, zumindest
3. Klage ohne Widerspruchsverfahren (Art. 15 Abs. 2 AGVwGO)
¹Soweit kein in Art. 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 6 AGVwGO aufgezählter Rechtsbereich einschlägig ist, kein beamtenrechtliches Leistungs- oder Feststellungsbegehren verfolgt wird und keine Sondervorschrift gemäß Art. 15 Abs. 3 Satz 2 AGVwGO besteht, entfällt gemäß § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO in Verbindung mit Art. 15 Abs. 2 AGVwGO das Vorverfahren nach § 68 VwGO, das heißt der Betroffene kann nur unmittelbar Klage zum Verwaltungsgericht erheben. ²Ein im Anwendungsbereich des Art. 15 Abs. 2 AGVwGO eingelegter Widerspruch ist unzulässig, kann aber als formloser Rechtsbehelf oder Antrag auf Änderung beziehungsweise Neuverbescheidung behandelt werden.
4. Rechtsbehelfsbelehrung
4.1 Funktion der Rechtsbehelfsbelehrung
¹Gemäß § 73 Abs. 3 VwGO sind Widerspruchsbescheide mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen. ²Für Ausgangsbescheide enthält die VwGO keine Vorschrift, nach der die Landesbehörden verpflichtet wären, eine Rechtsbehelfsbelehrung beizufügen (anders zum Beispiel § 211 des Baugesetzbuchs, § 36 SGB X – im Verwaltungsprozess von Bedeutung wegen § 62 SGB X; für Bundesbehörden vergleiche § 37 Abs. 6 VwVfG). ³Die Frist für einen Rechtsbehelf beginnt nach § 58 Abs. 1 VwGO jedoch nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den jeweiligen Sitz der Rechtsbehelfsstelle und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist. ⁴Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, beginnen weder Widerspruchsfrist noch Klagefrist nach den §§ 70, 74 VwGO zu laufen; an ihre Stelle tritt dann nach § 58 Abs. 2 VwGO regelmäßig die Frist von einem Jahr. ⁵Es empfiehlt sich deshalb, auch Ausgangsbescheiden eine Rechtsbehelfsbelehrung beizufügen.
4.2 Umsetzung der rechtlichen Vorgaben für Rechtsbehelfsbelehrungen
¹Es wird empfohlen, die Rechtsbehelfsbelehrungen gemäß den in der Anlage enthaltenen Mustern zu erteilen. ²Für die Angabe des zuständigen Gerichts wird folgendes Format empfohlen: Bayerisches Verwaltungsgericht München in 80335 München (hier beispielhafte Darstellung für das Verwaltungsgericht München).
4.2.1 Anpassungsmöglichkeiten
4.2.1.1
¹Die Rechtsbehelfsbelehrungsmuster können von den Behörden an die Erfordernisse ihres Aufgabenbereichs angepasst werden. ²Insbesondere können zusätzliche Hinweise erteilt werden. ³Selbstverständlich bleibt es auch weiterhin unbenommen, die Rechtsbehelfsbelehrung mit einer persönlichen Anrede abzufassen. ⁴Auf die Zurverfügungstellung von entsprechenden Mustern wurde nur aus Gründen der Übersichtlichkeit verzichtet. ⁵Die beigefügten Muster sind dafür entsprechend umzuformulieren.
4.2.1.2
Der Hinweis auf das Fälligwerden einer Verfahrensgebühr bei Prozessverfahren vor den Verwaltungsgerichten sollte in den Fällen des § 188 VwGO (Gerichtskostenfreiheit) gestrichen werden.
4.2.2 Fakultatives Widerspruchsverfahren
Für Verwaltungsakte, die einem der in Art. 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 6 AGVwGO aufgezählten Rechtsbereiche zuzuordnen sind, gilt Folgendes:
4.2.2.1
Wenn sich der Verwaltungsakt an einen Betroffenen richtet: Rechtsbehelfsbelehrungsmuster 1a
4.2.2.2
Wenn sich der Verwaltungsakt an mehrere Betroffene richtet: Rechtsbehelfsbelehrungsmuster 1b
4.2.2.3
¹Eine Kombination der Rechtsbehelfsbelehrungsmuster 1a und 1b in einem einheitlichen Muster für einen und mehrere gemeinsam Betroffene ist grundsätzlich nicht zulässig. ²Andernfalls müsste der jeweilige Betroffene selbst erkennen, ob der Verwaltungsakt an ihn allein oder noch an weitere Betroffene gerichtet wurde. ³Dies würde eine nennenswerte Erschwerung der Rechtsbehelfseinlegung bedeuten, welche nach den Maßstäben der Rechtsprechung den Anforderungen des § 58 VwGO nicht genügt (vergleiche die ständige Rechtsprechung des BVerwG, zum Beispiel Urteil vom 25. Januar 2021, Az. 9 C 8.19).
4.2.3 Unmittelbare Klageerhebung ohne Vorverfahren
4.2.3.1
Für Verwaltungsakte, bei denen es nach § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO keines Vorverfahrens bedarf: Rechtsbehelfsbelehrungsmuster 2a
4.2.3.2
¹Für Widerspruchsbescheide (§ 73 Abs. 3 Satz 1 VwGO): Rechtsbehelfsbelehrungsmuster 2b
4.2.4 Obligatorisches Widerspruchsverfahren
Für Verwaltungsakte, bei denen aufgrund von Sondervorschriften (zum Beispiel § 141 FlurbG) vor Klageerhebung ein Widerspruchsverfahren (obligatorisch) durchzuführen ist: Rechtsbehelfsbelehrungsmuster 3
4.2.5 Erstinstanzliche Zuständigkeit des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs
¹Für Verwaltungsakte, über die im Streitfall im ersten Rechtszug der Bayerische Verwaltungsgerichtshof entscheidet, ist in den Rechtsbehelfsbelehrungen der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München, Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München, als das zuständige Gericht anzugeben. ²Beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof sind nur schriftliche oder elektronische Einreichungen möglich (§ 81 Abs. 1 Satz 1 VwGO beziehungsweise § 55a Abs. 1 VwGO – in Verbindung mit ERVV). ³In den Hinweisen zur Rechtsbehelfsbelehrung entfällt daher die Alternative „oder zur Niederschrift“.
5. Weitere Informationen
Antworten zu häufig gestellten Fragen und weitere Informationen können im Internet unter http://www.verwaltungsservice.bayern.de/dokumente/leistung/908978587461 abgefragt werden.
6. Inkrafttreten, Außerkrafttreten
¹Diese Bekanntmachung tritt am 1. Oktober 2021 in Kraft. ²Sie tritt mit Ablauf des 30. September 2026 außer Kraft.
Karl Michael Scheufele
Ministerialdirektor
Anlagen
Anlage 1:
Anlage 2:
Anlage 3:
Anlage 4:
Anlage 5:
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