Veräußerung kommunaler Vermögensgegenstände
DE - Landesrecht Bayern

Veräußerung kommunaler Vermögensgegenstände

An
die Gemeinden
die Landkreise
die Bezirke
die Verwaltungsgemeinschaften
die Zweckverbände
nachrichtlich an
die Regierungen
die Landratsämter
Durch Gesetz vom 10. August 1990 (GVBl S. 268) wurden die Art. 75 Abs. 5 und 6 der Gemeindeordnung (GO), Art. 69 Abs. 5 und 6 der Landkreisordnung (LKrO) und Art. 67 Abs. 5 und 6 der Bezirksordnung (BezO) mit Wirkung zum 1. September 1990 aufgehoben. Nach § 5 Satz 2 des Gesetzes trat gleichzeitig die Verordnung über die Veräußerung kommunaler Vermögensgegenstände (BayRS 2023-10-I) außer Kraft.
Das Staatsministerium des Innern gibt zu den Änderungen im Einvernehmen mit den Staatsministerien der Justiz und für Unterricht, Kultus, Wissenschaft und Kunst die nachstehenden Hinweise. Soweit sie die Gemeinden betreffen, gelten sie entsprechend für die Landkreise und Bezirke sowie für die Verwaltungsgemeinschaften, Zweckverbände und die anderen öffentlich-rechtlichen kommunalen Zusammenschlüsse mit eigener Rechtspersönlichkeit, die das kommunale Wirtschaftsrecht anwenden.

1.  Veräußerung von Vermögensgegenständen unter ihrem Wert

Mit der Aufhebung der genannten Vorschriften der Kommunalgesetze ist die Genehmigungspflicht für Veräußerungen unter Wert entfallen. An der materiellen Rechtslage hat sich dadurch nichts geändert: Das grundsätzliche gesetzliche Verbot von Veräußerungen unter Wert (Art. 75 Abs. 1 Satz 2 GO, Art. 69 Abs. 1 Satz 2 LKrO, Art. 67 Abs. 1 Satz 2 BezO) besteht unverändert fort. Die Fragen,
– ob eine Veräußerung unter Wert vorliegt und
– ob sie ausnahmsweise zulässig ist,
sind inhaltlich nach den gleichen Kriterien wie bisher zu prüfen.

1.1  Wertermittlung

Der Grundsatz der sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung (Art. 61 Abs. 2 GO) verlangt, dass die Gemeinden sich vor der Veräußerung eines Vermögensgegenstandes Klarheit über dessen Wert verschaffen. Außerdem ermöglicht nur eine verlässliche Wertermittlung den Vollzug des Art. 75 GO. Der Wert ist daher vor jeder Veräußerung eines kommunalen Vermögensgegenstandes zu ermitteln, gleichgültig, ob die Kommune zum vollen Wert oder unter Wert veräußern will. Auch wenn sie von vornherein beabsichtigt, unter Wert zu veräußern, muss die Höhe des Preisabschlags festgestellt, also zunächst der volle Wert ermittelt werden.

1.1.1 

„Voller Wert“ im Sinne von Art. 75 Abs. 1 Satz 2 GO ist der Verkehrswert. Verkehrswert ist der Preis, der in dem Zeitpunkt, auf den sich die Ermittlung bezieht, im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach den Eigenschaften und der sonstigen Beschaffenheit der Sache oder dem Inhalt und der Ausgestaltung des Rechts ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse zu erzielen wäre (vgl. Art. 10 Abs. 1 Satz 2 BayEG und § 194 BauGB). Die Wertermittlung muss auf den Zeitpunkt der Veräußerung bezogen sein.

1.1.2 

Durch die Aufhebung der Verordnung über die Veräußerung kommunaler Vermögensgegenstände ist den Kommunen ein bestimmtes Wertermittlungsverfahren kommunalrechtlich nicht mehr vorgeschrieben. Das von ihnen im Einzelfall gewählte Verfahren muss jedoch objektiv und nachprüfbar sein. Die Art des Verfahrens und das Ergebnis der Wertermittlung müssen daher schriftlich vermerkt und zu den Akten genommen werden.
Es wird empfohlen, den Wert wie folgt zu ermitteln:

1.1.2.1 

bei Grundstücken
– anhand der für Bodenrichtwerte geführten Grundstückskarte oder Liste (§ 16 GutachterausschussV, BayRS 2130-2-I) oder
– durch ein Gutachten des Gutachterausschusses, eines amtlich bestellten Sachverständigen oder einer mit Grundstücksbewertungen allgemein befassten Stelle der Kommune entsprechend den Vorschriften des Baugesetzbuchs und der zu seiner Ausführung erlassenen Vorschriften

1.1.2.2 

bei börsengängigen Wertpapieren nach dem letzten notierten Tageskurs

1.1.2.3 

bei sonstigen Vermögensgegenständen durch eigene, schriftlich zu begründende Schätzung.

1.2  Bestimmung des Veräußerungspreises

Finanzhilfen (Zuschüsse, zinslose oder zinsgünstige Darlehen, Schulddienstbeihilfen, Stundungen usw.) der Kommunen, die in einem inneren Zusammenhang mit der Veräußerung eines Vermögensgegenstandes stehen, sind bei der Bestimmung des Veräußerungspreises zu berücksichtigen.

1.3  Zulässigkeit von Veräußerungen unter Wert

Veräußerungen unter Wert sind zulässig, wenn sie der Erfüllung kommunaler Aufgaben dienen. Diese Voraussetzung muss sowohl für den Preisnachlass überhaupt als auch für seine Höhe vorliegen. Der Grund des Preisnachlasses muss den Akten entnommen werden können.

1.3.1 

Für Veräußerungen unter Wert im kommunalen Wohnungswesen gilt die IMBek vom 15.11.1988 (AllMBl S. 895) in der durch diese Bekanntmachung geänderten Fassung.

1.3.2 

Veräußerungen unter Wert sind grundsätzlich keine zulässigen Maßnahmen unmittelbarer kommunaler Wirtschaftsförderung. Zu den kommunalen Aufgaben gehört im Allgemeinen nur die indirekte Wirtschaftsförderung; Maßnahmen, die einzelnen Unternehmen geldwerte Vorteile einräumen, sind lediglich ausnahmsweise zulässig (z.B. um eine aus städtebaulichen Gründen notwendige Verlagerung eines Betriebs zu ermöglichen).

1.3.3 

Die Kommunen müssen sich um eine ausreichende Sicherung des mit der Veräußerung unter Wert verfolgten Zwecks bemühen (s. Nr. 2.6 IMBek vom 15. November 1988).

1.4  Nachweis der Zulässigkeit

Da das Grundbuchamt vor der Eintragung die Zulässigkeit einer kommunalen Grundstücksveräußerung zu prüfen hat, wird empfohlen, dem Antrag auf Grundbucheintragung eine schriftliche Feststellung des Vertretungsberechtigten beizufügen, dass eine Veräußerung unter Wert nicht vorliegt oder dass eine Veräußerung unter Wert oder eine unentgeltliche Veräußerung wegen der Erfüllung einer näher zu bezeichnenden kommunalen Aufgabe zulässig ist.
Die Feststellung ist zu unterschreiben und mit Siegel oder Stempel zu versehen (§ 29 Abs. 3 GBO).

2.  Veräußerungen oder Veränderungen von Sachen mit besonderem wissenschaftlichem, geschichtlichem oder künstlerischem Wert

Die bisher in Art. 75 Abs. 5 Nr. 2 GO geregelte Mitwirkungsbefugnis des Staates bei der Verfügung über Sachen und bei der wesentlichen Änderung von Sachen, die einen besonderen wissenschaftlichen, geschichtlichen oder künstlerischen Wert haben, ist ebenfalls entfallen. Den Kommunen wird unbeschadet sonstiger Vorschriften empfohlen, sich vor der Maßnahme vom Landesamt für Denkmalpflege beraten zu lassen.

3.  Allgemeine Hinweise

Für die Veräußerung von Vermögensgegenständen des Staates enthalten die VV Nrn. 1.2 bis 1.5 zu Art. 63 BayHO und VV Nrn. 4.1 bis 4.4 und 4.8 bis 4.10 zu Art. 64 BayHO Regelungen, auf die hingewiesen wird. Besonders gilt das für die Regelung, dass entbehrliche Vermögensgegenstände regelmäßig nur nach öffentlicher Ausschreibung veräußert werden. Den Kommunen wird dringend empfohlen, in gleicher Weise zu verfahren.

4. 

Die Gemeinsame Bekanntmachung über die Veräußerung und Veränderung von Sachen mit besonderem wissenschaftlichen, geschichtlichen oder künstlerischen Wert vom 27. Juli 1973 (MABl S. 925) und die Bekanntmachung des Staatsministeriums des Innern über die Veräußerung kommunaler Vermögensgegenstände vom 28. Februar 1983 (MABl S. 155) werden aufgehoben.Die Bekanntmachung vom 15. November 1988 (AllMBl S. 895) wird wie folgt geändert:
– Nr. 1.2 Abs. 1 Satz 2, Nr. 1.3 Abs. 2 und Nr. 3 Abs. 3 werden aufgehoben.
– In Nr. 2.3, letzter Spiegelstrich, wird der Klammerzusatz „(§ 1 Abs. 2 der Verordnung über die Veräußerung kommunaler Vermögensgegenstände)“ gestrichen.
I. A.
Dr. Waltner
Ministerialdirektor
EAPl 910
GAPl 1514
AllMBl 1992 S. 535
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