Veränderung von Ansprüchen und Behandlung von Gnadengesuchen in Bußgeldverfahren
DE - Landesrecht Bayern

Veränderung von Ansprüchen und Behandlung von Gnadengesuchen in Bußgeldverfahren

Die nach der Verordnung über Zuständigkeiten im Ordnungswidrigkeitenrecht (ZuVOWiG) vom 16. Dezember 1980 (GVBl S. 721), zuletzt geändert durch Verordnung vom 5. Oktober 1982 (GVBl S. 845), zuständigen Verwaltungsbehörden haben bei der Einziehung von Beträgen in Bußgeldverfahren auch über Anträge zu entscheiden, die eine Veränderung des Anspruchs bewirken. Dazu und zur Behandlung von Gnadengesuchen ergehen ergänzend zu den Verwaltungsvorschriften (VV) zu Art. 59 der Bayerischen Haushaltsordnung (BayHO) nach Anhörung des Obersten Rechnungshofs und ‑ soweit erforderlich ‑ mit Einwilligung des Staatsministeriums der Finanzen folgende Hinweise:

1.  Bewilligung von Zahlungserleichterungen

1.1 

Zahlungserleichterungen bewilligt nach

1.2 

Die Entscheidung über die Bewilligung von Zahlungserleichterungen erstreckt sich auch auf die Kosten (Gebühren und Auslagen) des Verfahrens; sie kann jedoch auch allein hinsichtlich der Kosten getroffen werden (§ 93 Abs. 3 Satz 2 OWiG). Zahlungserleichterungen können auch wegen einer Nebenfolge, die zu einer Geldzahlung verpflichtet (z.B. als Wertersatz eingezogener Betrag), gewährt werden (§ 99 OWiG).

1.3 

Wird die Zahlungserleichterung durch Gestattung von Teilzahlungen bewilligt, so gilt für die Verrechnung der Teilbeträge § 94 OWiG.

1.4 

Für die Bewilligung von Zahlungserleichterungen hinsichtlich der Geldbuße und der Einziehung des Wertersatzes

2.  Anordnung nach § 95 Abs. 2 OwiG

2.1 

Auch die Anordnung nach § 95 Abs. 2 OWiG, die der Niederschlagung nach Art. 59 Abs. 1 Nr. 2 BayHO (vgl. § 32 Abs. 1 KommHV) entspricht, trifft die Verwaltungsbehörde, die den Bußgeldbescheid erlassen hat (§ 95 Abs. 2, § 92 OWiG). Die für die Niederschlagung nach Art. 59 Abs. 1 Nr. 2, Art. 59 Abs. 2 BayHO geltende Zuständigkeitsregelung der VV Nr. 4 zu Art. 59 BayHO ist nicht anwendbar (Art. 59 Abs. 3 BayHO und VV Nr. 6.3 hierzu). Die Anordnung nach § 95 Abs. 2 OWiG ist auch hinsichtlich der sonstigen Beträge zulässig, die im Bußgeldverfahren auferlegt wurden (vgl. § 99 OWiG).

2.2 

Die Anordnung nach § 95 Abs. 2 OWiG ist kassenmäßig wie die befristete Niederschlagung zu behandeln (für Staatsbehörden: VV Nr. 2.3 zu Art. 59 BayHO; für kommunale Behörden: VV Nr. 2 zu § 32 KommHV).

3.  Niederschlagung nach haushaltsrechtlichen Vorschriften

§ 95 Abs. 2 OWiG ermächtigt nicht dazu, von der Weiterverfolgung eines Anspruchs im Bußgeldverfahren aus anderen Gründen als wegen der wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners abzusehen (z.B. bei längerem Aufenthalt des Betroffenen in außereuropäischen Ländern). In diesem Fall ist die Niederschlagung nach den haushaltsrechtlichen Vorschriften zulässig. Hierfür gilt Folgendes:

3.1  Staatsbehörden

Die Niederschlagung richtet sich nach Art. 59 Abs. 1 Nr. 2 BayHO und VV Nr. 2 hierzu.
Abweichend von VV Nr. 4 zu Art. 59 BayHO sind die Staatsbehörden, die auch für Maßnahmen nach § 95 Abs. 2 OWiG zuständig wären, jedoch in jedem Fall

3.2  Kommunale Behörden

Bei den Gemeinden und den Landratsämtern als Kreisbehörden richtet sich die Niederschlagung nach § 32 Abs. 1 KommHV und den VV hierzu in Verbindung mit § 261 der Abgabenordnung (AO).

3.2.1 

Geldbußen usw., die auf Grund bewährter Satzung (Ortsrecht) oder nach dem Kommunalabgabengesetz (KAG) festgesetzt werden, sind kommunale Einnahmen (Art. 28 der Gemeindeordnung; Art. 21 Abs. 3 der Landkreisordnung; Art. 17 KAG). Über die Niederschlagung dieser Einnahmen entscheidet deshalb die Kommune selbst.

3.2.2 

Geldbußen usw., die von den Gemeinden und den Landratsämtern als Kreisbehörden in allen anderen Fällen (= übertragener Wirkungskreis) erhoben werden, sind dagegen Einnahmen des Freistaates Bayern, die den Kommunen gemäß Art. 7 Abs. 2 Nr. 5 des Finanzausgleichsgesetzes als Finanzzuweisungen überlassen werden. Den Gemeinden und Landratsämtern wird jedoch für diese Einnahmen die Befugnis übertragen, über die Niederschlagung zu entscheiden.

4.  Verhältnis zu den Vollstreckungsbehörden im Sinn der Art. 25, 26 des Bayerischen Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetzes (VwZVG)

Geldforderungen aus Bußgeldverfahren der Staatsbehörden werden von den Finanzämtern vollstreckt (Art. 25 Abs. 1 VwZVG). Für die Vollstreckung von Geldforderungen aus Bußgeldverfahren der Gemeinden und der Landratsämter als Kreisbehörden gilt Art. 26 VwZVG (§ 90 OWiG). Die Vollstreckungsbehörden im Sinn der Art. 25, 26 VwZVG sind jedoch nicht zu Maßnahmen nach den Nummern 1 bis 3 dieser Bekanntmachung befugt. Dagegen hat die Vollstreckungsbehörde im Sinn der Art. 25, 26 VwZVG das Vollstreckungsverfahren einzustellen, wenn die Verwaltungsbehörde, die den Bußgeldbescheid erlassen hat, darum ersucht (§ 90 Abs. 1 OWiG in Verbindung mit Art. 20 Nr. 1, Art. 22 Nr. 4 VwZVG).

5.  Behandlung der Gnadengesuche

5.1 

Auf Geldbußen, Erlöse der eingezogenen Gegenstände, als Wertersatz eingezogene Beträge und Mehrerlöse kann nur im Gnadenweg verzichtet werden (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 der Bekanntmachung des Bayerischen Ministerpräsidenten über die Ausübung des Begradigungsrechts vom 20. September 1973, GVBl S. 508). Wegen damit zusammenhängender Kosten (Gebühren und Auslagen) gilt Satz 1, wenn zugleich in derselben Sache über einen Gnadenerweis zu entscheiden ist. Wird ausschließlich der Erlass oder die Ermäßigung von Kosten begehrt, so sind die haushaltsrechtlichen Vorschriften anzuwenden. Das ist bei Staatsbehörden Art. 59 BayHO, bei Kommunalbehörden sind das Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 KAG, § 32 KommHV in Verbindung mit § 227 AO. Die Entscheidungen treffen in diesen Fällen die nach den jeweiligen haushaltsrechtlichen Bestimmungen zuständigen Stellen.

5.2 

Zur Entscheidung von Gnadensachen ist nach § 4 Nr. 2 der Bekanntmachung vom 20. September 1973 grundsätzlich das nach dem Gegenstand zuständige Staatsministerium befugt. Für Gnadenentscheidungen in Ordnungswidrigkeitenverfahren nach dem Bauordnungsrecht sind auf Grund der Bekanntmachung vom 23. September 1974 (MABl S. 702) jedoch die Regierungen zuständig. In den übrigen Bereichen wird den Regierungen hiermit die Befugnis für Gnadenentscheidungen über Bußgeldbescheide der Regierungen und der diesen nachgeordneten Behörden bis zu einem Betrag von 500 € übertragen (§ 4 Nr. 2 der Bekanntmachung vom 20. September 1973). Wurde die Geldbuße usw. von einem Gericht festgesetzt, so ist das Staatsministerium der Justiz zur Entscheidung von Gnadensachen befugt.

5.3 

Da durch den Gnadenerweis die Forderung gegenüber dem Schuldner erlischt, ist ein strenger Maßstab anzulegen. Ungünstige wirtschaftliche Verhältnisse begründen zum Beispiel in der Regel für sich allein noch keinen gnadenweisen Erlass der Forderung; es müssen vielmehr besondere Gründe vorliegen, die den Antragsteller als gnadenwürdig erkennen lassen.

5.4 

Die Landratsämter und Gemeinden legen Gnadengesuche mit ihrer Äußerung der zuständigen Regierung vor; soweit es sich um kreisangehörige Gemeinden handelt, legen diese die Gnadengesuche über das Landratsamt der Regierung vor. Soweit die Regierungen nicht selbst zum Gnadenerweis zuständig sind (vgl. Nummer 5.2 Sätze 2 und 3), leiten sie die Gnadengesuche mit ihrer Stellungnahme an das nach § 4 Nr. 2 der Bekanntmachung vom 20. September 1973 zur Entscheidung befugte Ministerium weiter. Wird der Gnadenerweis abgelehnt, besteht aber Grund zu der Annahme, dass die Voraussetzungen für eine Anordnung nach § 95 Abs. 2 OWiG oder eine Niederschlagung gegeben sein könnten, so ist der Antrag der zuständigen Behörde zuzuleiten (vgl. die Nummern 2 und 3 dieser Bekanntmachung). Ergibt sich nicht eindeutig, ob der Schuldner eine Niederschlagung oder einen Gnadenerweis beantragt, so fordert ihn die Verwaltungsbehörde, die den Bußgeldbescheid erlassen hat, unter Hinweis auf die Rechtslage zur Ergänzung seines Antrags auf, bevor sie die Unterlagen vorlegt.

5.5 

Die Entscheidungen über Gnadengesuche ergehen kostenfrei (Art. 3 Abs. 1 Nr. 7 des Kostengesetzes).

6.  Kassenanordnungen

Entscheidungen über die Veränderung von Ansprüchen und Gnadenerweise sind der zuständigen Kasse unverzüglich mitzuteilen. Staatsbehörden erteilen hierzu ihren Kassen (Zahlstellen) Änderungsanordnung nach Muster 61 der EDV-Bestimmungen Kasse (EDVBK) ‑ Nummer 15 Kostenverwaltungsordnung ‑.

7.  Inkrafttreten, Aufhebung von Vorschriften

Diese Bekanntmachung tritt am 1. Oktober 1984 in Kraft. Gleichzeitig wird die Gemeinsame Bekanntmachung vom 5. Dezember 1973 (StAnz Nr. 50, MABl S. 1058) aufgehoben.
EAPl
95-953
95-950
MABl 1984 S. 483
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