Verwaltungsverfahren bei der Inanspruchnahme des Entschädigungsfonds nach dem Gesetz zum Schutz und zur Pflege der Denkmäler
1. Der Entschädigungsfonds
¹Der Entschädigungsfonds ist ein staatliches Sondervermögen ohne eigene Rechtspersönlichkeit, das von der Obersten Denkmalschutzbehörde, dem Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst, verwaltet wird. ²Seine finanzielle Ausstattung richtet sich nach Art. 21 BayDSchG; sie wird zu gleichen Teilen vom Freistaat und den Kommunen getragen. ³Der Fonds dient der Befriedigung von Entschädigungsansprüchen, die aus Enteignungen (Art. 18 BayDSchG) oder sonstigen wesentlichen materiellen Einwirkungen auf das Eigentum (Art. 20 BayDSchG) entstehen, sowie der Abgeltung eines unzumutbaren Sonderopfers, das sich aus der Erhaltung eines Baudenkmals gemäß Art. 4 BayDSchG (Denkmaleigentümer und sonst dinglich Verfügungsberechtigte – nachstehend als Denkmaleigentümer bezeichnet) ergibt.
2. Das Verwaltungsverfahren im Vollzug des Art. 4 Abs. 1 BayDSchG
2.1 Zentrale Bedeutung des Datenbogens
¹Wesentliches Instrument des Verwaltungsverfahrens bei der Inanspruchnahme des Entschädigungsfonds ist der sog. Datenbogen. ²Er enthält alle für das Entschädigungsfondsverfahren relevanten Informationen zum Baudenkmal, zur vorgesehenen Maßnahme, zu den zwingend erforderlichen Antragsunterlagen, zum chronologischen Ablauf des Verfahrens, zu den Zuständigkeiten der beteiligten Behörden sowie die zur Verarbeitung und Prüfung des Antrags erforderlichen personenbezogenen Daten des Denkmaleigentümers. ³Die aktuelle Version des Datenbogens sowie sonstige Unterlagen zum Verfahren sind auf der Internetseite des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege abrufbar.
2.2 Die Verwaltungsabläufe und Zuständigkeiten bei der Inanspruchnahme des Entschädigungsfonds
2.2.1
Das Landesamt für Denkmalpflege wählt in Zusammenarbeit mit der Unteren Denkmalschutzbehörde geeignete Objekte aus.
2.2.2
¹Das Landesamt für Denkmalpflege erfasst mit Unterstützung durch die Untere Denkmalschutzbehörde die Stammdaten, die relevanten Kostengrößen und den Finanzierungsvorschlag (Teil I des Datenbogens) und führt die Maßnahmen in einer Planungsliste. ²Aus der Planungsliste schlägt das Landesamt für Denkmalpflege für die zweimal jährlich stattfindende Abstimmung mit dem Bayerischen Städte- und Gemeindetag Maßnahmen vor, bei denen das Verfahren zur Inanspruchnahme des Entschädigungsfonds eingeleitet wird. ³Auf dieser Grundlage erteilt das Landesamt für Denkmalpflege durch Weiterleitung von Teil I des Datenbogens an die Untere Denkmalschutzbehörde die Freigabe zur Antragstellung. ⁴Der Denkmaleigentümer erhält hiervon nachrichtlich eine Kopie. ⁵Erforderlichenfalls wird vor Freigabe des Datenbogens ein Finanzierungsgespräch durchgeführt.
2.2.3
¹Die Untere Denkmalschutzbehörde bearbeitet unter Mitwirkung des Denkmaleigentümers die Antragstellung mit Erklärung des Denkmaleigentümers (Teil II des Datenbogens) und übermittelt diese mit den denkmalfachlichen Unterlagen an das Landesamt für Denkmalpflege. ²Parallel dazu informiert sie den Denkmaleigentümer über die dem Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst vorzulegenden Unterlagen für die sog. Zumutbarkeitsprüfung (Überprüfung der finanziellen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Denkmaleigentümers). ³Der Denkmaleigentümer erhält von Teil II des Datenbogens nachrichtlich eine Kopie.
2.2.4
¹Das Landesamt für Denkmalpflege übermittelt die wesentlichen fachlichen Parameter zum Instandsetzungsverfahren für die Zumutbarkeitsprüfung an das Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst (Teil III des Datenbogens). ²Der Denkmaleigentümer erhält hiervon eine Kopie.
2.2.5
¹Das Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst legt im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung Art (Zuschuss und/oder Darlehen) und konkrete Höhe der Zuwendung verbindlich fest. ²Das Landesamt für Denkmalpflege erlässt auf dieser Grundlage unter Vorbehalt den Bescheid (Zuwendungsbescheid bzw. 1. Bescheid).
2.2.6
¹Die Untere Denkmalschutzbehörde prüft nach Abschluss der Maßnahme die Schlussrechnung in rechnerischer und baufachlicher Hinsicht und übersendet eine Ausfertigung des geprüften Verwendungsnachweises an das Landesamt für Denkmalpflege. ²Dieses prüft den Verwendungsnachweis abschließend in denkmalfachlicher Hinsicht, stellt insbesondere die anerkennungsfähigen Kosten fest und ermittelt die Höhe der zustehenden Zuwendungen. ³Auf dieser Grundlage entscheidet das Landesamt für Denkmalpflege abschließend über die Höhe der Zuwendung und macht etwaige Rückforderungsansprüche geltend (Schlussbescheid bzw. 2. Bescheid).
2.2.7
¹Für Zuwendungen aus Mitteln des Entschädigungsfonds sind die einschlägigen Bestimmungen der Bayerischen Haushaltsordnung (BayHO) sowie die ergänzenden Verwaltungsvorschriften (VV) entsprechend anzuwenden. ²Auf die nachfolgenden Regelungen der VV zu Art. 44 BayHO wird ausdrücklich hingewiesen:
–
Nr. 1.3 i.V.m. Nr. 1.4
Zustimmung zum vorzeitigen Maßnahmebeginn,
–
Nr. 2.6
Berücksichtigung von Vorsteuererstattungen bei der Ermittlung der zuwendungsfähigen Kosten,
–
Nr. 8.4
Jahresfrist für die Rücknahme oder den Widerruf eines Zuwendungsbescheides.
2.2.8
¹Die Inanspruchnahme des Entschädigungsfonds erfolgt subsidiär. ²Bei der Beurteilung, inwieweit ein unzumutbares Sonderopfer vorliegt, sind steuerliche Vorteile und Zuwendungen anderer Finanzierungsgeber – insbesondere der öffentlichen Hand – zu berücksichtigen. ³Der Entschädigungsfonds ist aufgrund seiner gesetzlichen Vorgaben weder zur Vermögensmehrung des Zuwendungsempfängers noch zur Realisierung wirtschaftlicher Ziele geeignet. ⁴Unter bestimmten Voraussetzungen werden die Zuwendungsbescheide um eine Wertausgleichsklausel ergänzt sowie um die Verpflichtung des Zuwendungsempfängers, zugunsten des Freistaats Bayern eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit zu bestellen.
2.3 Nachfinanzierungsverfahren
¹Soweit die Untere Denkmalschutzbehörde in Ausnahmefällen aufgrund veränderter und unvorhersehbarer Sachverhalte eine Nachfinanzierung für erforderlich hält, hat sie mit dem Landesamt für Denkmalpflege das weitere Vorgehen abzustimmen. ²Unberührt davon bleiben die Mitteilungspflichten des Zuwendungsempfängers nach den ANBest-P bzw. ANBest-K.
3. Das Verwaltungsverfahren aufgrund von Anordnungen nach Art. 4 Abs. 2 BayDSchG sowie bei unmittelbaren Maßnahmen nach Art. 4 Abs. 3 BayDSchG
¹Soweit die Untere Denkmalschutzbehörde eine Anordnung nach Art. 4 Abs. 2 BayDSchG bzw. eine unmittelbare Maßnahme nach Art. 4 Abs. 3 BayDSchG in Erwägung zieht und hierfür eine Beteiligung des Entschädigungsfonds für notwendig erachtet, hat sie vor Einleitung entsprechender Schritte das Einvernehmen mit dem Landesamt für Denkmalpflege herzustellen. ²Hierzu sind dem Landesamt für Denkmalpflege folgende Unterlagen vorzulegen:
– Entwurf der vorgesehenen Anordnung nach Art. 4 Abs. 2 BayDSchG bzw. der vorgesehenen Duldungsanordnung nach Art. 4 Abs. 3 BayDSchG,
– eingehende Darstellung der finanziellen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Denkmaleigentümers soweit möglich, verbunden mit Angabe der Höhe des zumutbaren Eigenanteils, der nach Auffassung der Unteren Denkmalschutzbehörde vom Denkmaleigentümer übernommen werden kann.
4. Datenschutz
Das Landesamt für Denkmalpflege ist zuständig für die Wahrnehmung der Informationspflicht nach Art. 13 und Art. 14 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) sowie für die Erfüllung der Rechte der Betroffenen im Rahmen der Datenschutz-Grundverordnung.
5. Inkrafttreten, Außerkrafttreten
¹Diese Bekanntmachung tritt am 1. April 2021 in Kraft und mit Ablauf des 31. Dezember 2024 außer Kraft. ²Mit Ablauf des 31. März 2021 tritt die Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst über das Verwaltungsverfahren bei der Inanspruchnahme des Entschädigungsfonds nach dem Gesetz zum Schutz und zur Pflege der Denkmäler vom 11. Juli 2019 (BayMBl. Nr. 282) außer Kraft.
Dr. Michael Mihatsch
Ministerialdirigent
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