Richtlinien für die Familien- und Sexualerziehung in den bayerischen Schulen
DE - Landesrecht Bayern

Richtlinien für die Familien- und Sexualerziehung in den bayerischen Schulen

1.
   
Grundsätze der Familien- und Sexualerziehung
1.1
   
Rechtliche Grundlagen
1.2
   
Aufgaben und Ziele
1.3
   
Vermittlung
1.3.1
Prinzipien
1.3.2
   
Aktionstag für das Leben
1.3.3
   
Unterrichtsmedien
2.
   
Themenbereiche der Familien- und Sexualerziehung
2.1
Fächerübergreifende Umsetzung
2.2
   
Humanbiologische Sachverhalte
2.3
   
Geschlechterrolle und Geschlechtsidentität
2.4
   
Selbstkonzept und Gesellschaft
2.5
   
Stärkung der sozialen und personalen Kompetenzen
3.
   
Organisation der Familien- und Sexualerziehung an der Schule
3.1
   
Aufgaben der Schulleitung
3.2
   
Aufgaben der/des Beauftragten für Familien- und Sexualerziehung
3.3
   
Aufgaben der Lehrkräfte
3.4
   
Elterninformation
3.5
   
Lehrerausbildung und Lehrerfortbildung
4.
   
Prävention von sexueller Gewalt
4.1
Sexuelle Gewalt
4.2
   
Präventionsstrategien
4.2.1
   
Persönlichkeitsstärkende Erziehungshaltung
4.2.2
   
Zusammenarbeit von Elternhaus und Schule
4.2.3
   
Bedeutung der Medienumwelt
4.2.4
   
Sprechen über sexuelle Gewalt
4.3
   
Die Rolle von Schule und Lehrkräften in der Präventionsarbeit
5.
   
Inkrafttreten, Außerkrafttreten

1. Grundsätze der Familien- und Sexualerziehung

1.1 Rechtliche Grundlagen

¹Familien- und Sexualerziehung ist Teil der gemeinsamen Erziehungsaufgabe von Erziehungsberechtigten und Schule. ²Dabei orientiert sich die Familien- und Sexualerziehung an den allgemeinen Bildungszielen, wie sie in Art. 131 der Bayerischen Verfassung (BV) sowie in Art. 1 und 2 des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (BayEUG) ausgewiesen sind, ferner an den im Grundgesetz (GG) und in der BV festgelegten Wertentscheidungen, insbesondere der Achtung der persönlichen Würde des Menschen und der freien Entfaltung seiner Persönlichkeit, der besonderen Förderung von Ehe und Familie sowie des Rechts auf Glaubens- und Gewissensfreiheit (Art. 100, 101, 107, 124, 125, 126 BV und Art. 1, 2, 4, 6 GG). ³Basis dieser grundlegenden Rechtsnormen ist ein Menschenbild, das maßgeblich durch das Christentum und die Aufklärung geprägt ist. ⁴Für die Grund-, Mittel- und Förderschulen ist deshalb darüber hinaus Art. 135 Satz 2 der BV maßgebend, wonach die Schülerinnen und Schüler nach den Grundsätzen der christlichen Bekenntnisse zu unterrichten und zu erziehen sind (vgl. auch Art. 7 Abs. 3 und 4, Art. 7a Abs. 6 und Art. 19 Abs. 4 BayEUG).
⁵Ideologisierung und Indoktrinierung sind den Lehrkräften untersagt. ⁶Sie sind an die Wertentscheidungen und Bildungsziele gebunden, wie sie in der BV festgelegt sind. ⁷Die religiösen Empfindungen (Art. 136 Abs. 1 BV) sowie das Persönlichkeitsrecht des Individuums, insbesondere der schutzwürdige Intimbereich der einzelnen Schülerinnen und Schüler, der Erziehungsberechtigten und der Lehrkräfte sind zu achten.
Art. 48 Abs. 1 bis 3 des BayEUG bestimmt dazu Folgendes:
⁸Aus dem Ineinandergreifen des natürlichen Erziehungsrechts der Eltern, des Erziehungsrechts des Staates und dem Persönlichkeitsrecht der Schülerinnen und Schüler ergibt sich die Notwendigkeit einer engen und vertrauensvollen Bildungs- und Erziehungspartnerschaft zwischen Elternhaus und Schule. ⁹Das verpflichtet die Schule zu rechtzeitiger und ausreichender Information der Eltern und zur Aussprache mit ihnen über Ziele, Inhalte und Form der Durchführung der Familien- und Sexualerziehung in der Schule.

1.2 Aufgaben und Ziele

¹Sexualität ist Teil der menschlichen Existenz. Familien- und Sexualerziehung in der Schule begleitet den körperlichen, geistigen und seelischen Reifungsprozess der Kinder und Jugendlichen. ²Damit dies gelingen kann, ist eine wertschätzende Atmosphäre Voraussetzung.
³Sie vermittelt wissenschaftlich gesicherte altersangemessene und ausgewogene Informationen über den eigenen Körper und über menschliche Sexualität.
⁴Die Familien- und Sexualerziehung unterstützt die Schülerinnen und Schüler dabei, kognitive, soziale und kommunikative Kompetenzen für ihren Umgang mit Sexualität sowie für Partnerschaften und Familienleben zu entwickeln. ⁵Dabei werden folgende Schwerpunkte gesetzt (jeweils kursiv gedruckt):
⁶Familien- und Sexualerziehung trägt dazu bei, dass Schülerinnen und Schüler ihre eigene körperliche und geistig-seelische Entwicklung nicht unvorbereitet erleben, ihre Geschlechtlichkeit, die damit verbundenen Gefühle, die gegebene geschlechtliche Identität sowie sexuelle Orientierung wahrnehmen. ⁷Schülerinnen und Schüler erkennen, dass Sexualität unterschiedliche Aspekte umfasst wie Lebensfreude, Körperlichkeit, Fortpflanzung sowie die Fähigkeit Beziehungen zu gestalten und Verantwortung zu übernehmen. ⁸Schule begleitet Schülerinnen und Schüler auf ihrem Weg zu Eigenverantwortung und Selbstbestimmung sowie Gemeinschafts- und Dialogfähigkeit. ⁹Sie leistet einen Beitrag dazu, dass Kinder und Jugendliche sexuelle Identität als Teil der Persönlichkeit eines Menschen auffassen.
1⁰Familien- und Sexualerziehung fördert Einstellungen, die zur Entwicklung eines empathischen und verantwortungsbewussten Umgangs miteinander erforderlich sind. 1¹Sie stellt die besondere Bedeutung von Ehe und Familie für den Fortbestand von persönlicher und staatlicher Gemeinschaft heraus und bezieht hier auch feste Lebenspartnerschaften mit ein.
¹2Die gemeinsame Erziehung von Mädchen und Jungen in der Klassengemeinschaft und im Schulleben fördert gegenseitiges Verständnis, partnerschaftliches Verhalten und Einstellungen, die zur Entwicklung einer gleichberechtigten, verantwortbaren Partnerschaft erforderlich sind. ¹3Fragwürdige Rollenbilder bzw. -vorbilder sowie Identifikationsfiguren, auch durch Medien vermittelte, werden deutlich gemacht und hinterfragt.
¹4Die Folgen und Risiken sexuellen Handelns werden ins Bewusstsein gerückt. Schülerinnen und Schüler an den weiterführenden Schulen erwerben biologisch-medizinisches Wissen über sexuell übertragbare Krankheiten (STD), Übertragungswege und Verläufe, den HI-Virus und die Immunschwächeerkrankung AIDS
¹5Die Prävention von sexueller Gewalt ist ein wichtiger Bestandteil der Familien- und Sexualerziehung. ¹6Grundlage aller Prävention ist die Ausbildung und Förderung eines gesunden Körper- und Selbstbewusstseins bei Schülerinnen und Schülern.
¹7Ein weiterer Präventionsbaustein ist eine zeitgemäße Medienkompetenz.

1.3 Vermittlung

Die Vermittlung der Familien- und Sexualerziehung trägt in ihren Prinzipien und den eingesetzten Medien den Gedanken der BV Rechnung, die sowohl imGG, als auch im BayEUG ihre Verankerung gefunden haben.

1.3.1 Prinzipien

¹Die Inhalte der Familien- und Sexualerziehung werden
³Der Unterricht ist getragen vom

1.3.2 Aktionstag für das Leben

¹Das GG verpflichtet den Staat, menschliches Leben zu schützen. ²Bereits dem ungeborenen menschlichen Leben kommt Menschenwürde zu. ³Diese Schutzpflicht gründet in Art. 1 Abs. 1 GG und wird durch Art. 2 Abs. 2 GG näher bestimmt. ⁴Für die Schulen ergibt sich daraus die Aufgabe, die Würde auch des ungeborenen Lebens herauszustellen, Verantwortung gegenüber dem ungeborenen Kind zu wecken und den Willen zum Schutz des ungeborenen Lebens bei den Schülerinnen und Schülern zu stärken. ⁵In

1.3.3 Unterrichtsmedien

¹Unterrichtshilfen zur Veranschaulichung der biologischen Sachverhalte der Familien- und Sexualerziehung dürfen nur während der unterrichtlichen Behandlung in der jeweiligen Klasse Verwendung finden. ²Aus Unterrichtsräumen, besonders solchen, die von verschiedenen Klassen benutzt werden, werden Lehrmittel zur Sexualerziehung nach Beendigung der jeweiligen Unterrichtsstunde wieder entfernt. ³Bei der Auswahl audiovisueller Medien werden das Interesse und die Aufnahmefähigkeit der jeweiligen Altersstufe berücksichtigt. ⁴

2.  Themenbereiche der Familien- und Sexualerziehung

2.1  Fächerübergreifende Umsetzung

¹Die Ziele der Familien- und Sexualerziehung werden nicht in einem eigenen Unterrichtsfach, sondern im Rahmen mehrerer Fächer verwirklicht. ²Nicht alle Fächer tragen dabei in gleichem Maße zur Familien- und Sexualerziehung bei, aber alle Fächer können Inhalte der Familien- und Sexualerziehung aufgreifen. ³Die Vermittlung geschieht im Fachunterricht oder fachübergreifend – z.B. mittels Absprache oder Teamteaching.
⁴Je nach Schulart und entsprechenden Jahrgangsstufen dient der Klärung „
⁷Der zeitliche Umfang der Familien- und Sexualerziehung richtet sich im Fachunterricht der einzelnen Jahrgangsstufen nach den Unterrichtszielen und der jeweiligen Situation in der Klasse. ⁸Alle Schülerinnen und Schüler sollen die Gelegenheit erhalten, die für die Jahrgangsstufen vorgesehenen Kompetenzen zu erwerben. ⁹Situationsgerecht und altersgemäß kann auf Schülerfragen oder aktuelle Anlässe jederzeit unabhängig von der nachfolgenden Themenzuordnung zu einzelnen Jahrgangsstufen eingegangen werden.

2.2  Humanbiologische Sachverhalte

¹Vermittelt werden die für das Verständnis der menschlichen Sexualität notwendigen sachlichen und begrifflichen Grundlagen. ²Den Schülerinnen und Schülern soll dabei bewusst werden, dass biologische Gegebenheiten beim geschlechtlichen Verhalten eine wichtige Rolle spielen, körperliches Lustempfinden zu sexuellem Handeln motiviert und die Entstehung neuen menschlichen Lebens begünstigt. ³Sexualverhalten und Fortpflanzung des Menschen sowie das Empfinden der eigenen Geschlechtlichkeit werden als biologische Abläufe dargestellt, die durch Verantwortung des Menschen für sich selbst und seinen Nächsten zu gestalten sind. ⁴Gesundheitsvorsorge, das Wissen um Hygiene und Fachärzte gehören ebenso zu diesem Themenbereich wie das Wissen über sexuell übertragbare Krankheiten, Übertragungswege, Krankheitsverläufe, Therapiemöglichkeiten und die Vermeidung einer Ansteckung. ⁵Die Vermittlung übernehmen je nach Schulart und Alter der Schülerinnen und Schüler die
Jahr-
gangs-
stufen
benennen sichtbare körperliche Gemeinsamkeiten und Unterschiede der
Geschlechter (ohne detaillierte anatomisch-physiologische Einzelheiten)
wenden selbstständig Maßnahmen der Körperhygiene an; erläutern die Grundregeln
beim Waschen (Gesundheitsförderung)
benennen Geschlechtsmerkmale bei Jungen und Mädchen
beschreiben Anzeichen von Pubertät, Reifungserscheinungen
wenden erweiterte Regeln der Körperhygiene selbstständig an
haben eine klare Vorstellung von der Entwicklung menschlichen Lebens, von der
Zeugung bis zur Geburt
wissen um die entwicklungsbedingten strukturellen Gemeinsamkeiten der
weiblichen und männlichen Geschlechtsorgane und um deren
geschlechtsspezifische Funktionen (u.a. Menstruation, Ejakulation)
strukturieren ihr Wissen zu Geschlechtsakt, Befruchtung, Schwangerschaft und
Geburt
beachten Regeln zur Hygiene der Geschlechtsorgane und wissen um deren
Bedeutung zur Vermeidung von Krankheiten
vertiefen ihr Wissen über die biologische Bedeutung der Sexualität (u.a.
Fortpflanzung, Partnerbindung)
wissen um die Bedeutung der sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität
erkennen die Bedeutung der Hormone für die Sexualität des Menschen
verstehen Empfängnisregulation als Möglichkeit ungewollte Schwangerschaft zu
vermeiden und erkennen die Bedeutung von Kondomen auch als Infektionsschutz
leiten aus dem Wissen über die Wirkungsweise und Wirksamkeit verschiedener
empfängnisverhütender Methoden und Mittel Folgerungen für
verantwortungsbewusste Empfängnisregulation und Gesundheitsvorsorge ab
strukturieren ihr Wissen über sexuell übertragbare Krankheiten: Übertragungswege,
Symptome, Präventionsmöglichkeiten, Impfungen, Therapiemöglichkeiten (u.a.
HI-Virus, Chlamydien)
achten den Schutz des ungeborenen Lebens (Aktionstag für das Leben) und
berücksichtigen dabei ihr Wissen zur Entstehung menschlichen Lebens,
Schwangerschaft und Mutterschutz sowie Empfängnisverhütung und
Schwangerschaftsabbruch
sind offen und aufgeschlossen für eine regelmäßige Gesundheitsvorsorge und ggf.
Beratung durch den Facharzt
erfassen die Auswirkungen und Gefahren von Alkohol- und Drogenkonsum im
Zusammenhang mit Sexualität
setzen sich mit den Themen Vererbung und genetisch bedingte Erkrankungsrisiken
auseinander
befürworten Gesundheitsvorsorge und eine gesunde Lebensführung (u.a. Verzicht
auf Alkohol-, Tabak- und Drogenkonsum) in der Schwangerschaft
verstehen den Fruchtbarkeitsverlauf und die Fertilitätsphase beim Menschen
vergegenwärtigen sich die Gefahren von sexueller Gewalt (auch in den Medien) und
sind motiviert, sich und andere davor zu schützen (siehe 4.2.3)
erkennen die Bedeutung der frühkindlichen Mutter-Kind-Beziehung/
Eltern-Kind-Beziehung
nehmen Stellung zu ethischen Konfliktfeldern in den modernen
Lebenswissenschaften
erkennen die Bedeutung der elterlichen Fürsorge für ein Kind
reflektieren unter Einbeziehung ethischer Implikationen Fertilität und Kinderwunsch
im Spannungsfeld von Krankheiten, Erkrankungsrisiken, genetischer
Familienberatung sowie Pränatal- und Perinatalmedizin, ggf. Reproduktionsmedizin

2.3  Geschlechterrolle und Geschlechtsidentität

¹Thematisiert werden die Auseinandersetzung mit der eigenen Geschlechtszugehörigkeit, die Begegnung mit dem anderen und eigenen Geschlecht sowie das Verhältnis der Geschlechter zu- und miteinander.
²Kinder und Jugendliche sollen ein positives Selbstverständnis vom eigenen Körper und der eigenen Sexualität entwickeln können. ³Auf der Suche nach der eigenen Geschlechterrolle und -identität werden medial inszenierte sexualisierte Bilder, Rollenbilder und Körpervorstellungen hinterfragt. ⁴Schülerinnen und Schüler entlarven unterschwellige sexuelle Botschaften in Bildern, Texten oder Musik und entwickeln selbstbewusst eigene Vorstellungen von Körperlichkeit, Sexualität und Identität. ⁵Sie begreifen, dass freie Entfaltung und sexuelle Selbstbestimmung ihre natürliche Grenze im Recht anderer und in der verfassungsmäßigen Ordnung finden. ⁶Sie sprechen angemessen und wertschätzend über Gefühle und Sexualität; einen rohen, sexualisierten und diskriminierenden Sprachgebrauch lehnen sie ab.
⁷Schülerinnen und Schüler verstehen, dass ein wertschätzender, verantwortungsbewusster und selbstbestimmter Umgang mit Sexualität dazu beiträgt, lebenslang erfüllende Sexualität erfahren zu können. ⁸In höheren Jahrgangsstufen werden vor dem Hintergrund der verfassungsmäßigen Bedeutung von Ehe und Familie unterschiedliche Lebensformen und sexuelle Orientierungen (Hetero-, Homo-, Bisexualität) vorurteilsfrei von der Lehrkraft angesprochen.
⁹Die Vermittlung der Inhalte zum Themenfeld „Geschlechterrolle und Geschlechtsidentität “ können je nach Schulart und Alter der Schülerinnen und Schüler die
Jahr-
gangs-
stufen
bestimmen Erwartungen an die eigene Person
und sehen bei Rollenerwartungen und Rollenklischees einen Zusammenhang mit ihrem Geschlecht als Junge oder
Mädchen
achten Aussehen und Empfindungen als Zeichen der Einzigartigkeit jedes Einzelnen
schätzen das eigene Verhalten und die Wirkung auf andere ab
entwerfen und reflektieren ein erstes Selbstbild und Zukunftsvarianten
fragen nach Selbstwahrnehmung und Fremdwahrnehmung der eigenen Person
identifizieren sich mit dem eigenen Körper, fragen nach Selbstbild und
Fremdwahrnehmung
ordnen unterschiedliche Qualitäten von Nähe ein
konkretisieren Werte für die eigene Person
unterscheiden die Qualität von Beziehungen: Bekanntschaft, Freundschaft, von
Liebe getragene Beziehungen zu Eltern, Geschwistern und Partnern, virtuelle
Beziehungen
untersuchen anhand der Begriffe Verantwortung und Selbstverwirklichung
unterschiedliche Beziehungsformen
achten das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung, akzeptieren unterschiedliche
Empfindungen
wägen Formen der Körpermodifikation gegeneinander ab und bedenken die r
Verantwortung für den eigenen Körpe
fragen nach Erwartungen, Bedürfnissen und Sehnsüchten, die ihre
Selbstidentität prägen
reflektieren die eigenen Kriterien bei der Partnersuche und -wahl
schlüsseln die Vielfalt der unter dem Geschlechtsbegriff subsumierten Aspekte auf:
biologisches Geschlecht, selbst empfundene Geschlechtsidentität und
Rollenverständnis
erschließen und erläutern Aussagen zu Liebe und Sexualität aus Sicht der
Religionen
diskutieren das Zusammenwirken von biologischem Geschlecht, Rollenzuschreibung
und individuellem Rollen- und Geschlechtsverständnis
lehnen klischeehafte Rollenzuweisungen für sich und andere ab
achten die eigene sexuelle Orientierung und die sexuelle Orientierung anderer
(Hetero-, Homo-, Bisexualität); achten und wissen um Trans- und Intersexualität
sondieren die Einflüsse von Kultur, Medien und Peergroup auf Lebensgestaltung und
-planung
nehmen den eigenen Körper an und hinterfragen Körperideale
prüfen ihre Ansprüche an zwischenmenschliche Beziehungen und an eine
Partnerschaft
überdenken kritisch Selbstverleugnung und Selbstbehauptung in einer Partnerschaft
erkennen Sexualität als mögliche Quelle von Lebensfreude
diskutieren Partnerschaft und Familiengründung während der Berufsausbildung
diskutieren Partnerschaft und Familiengründung während der Berufsausbildung
sehen Sexualität als Teil der Identität, auch in veränderten Lebenskontexten: z.B. bei
Verlust des Partners, bei Krankheit oder im Alter
zeigen Selbstverantwortung und Verantwortungsgefühl für den Partner
vergleichen und bewerten Selbstbild, Selbstpräsentation und Fremdbild

2.4  Selbstkonzept und Gesellschaft

¹Das Verständnis der eigenen Geschlechtlichkeit und die Bedeutung einer seelisch-körperlichen Partnerschaft zeigen den Jugendlichen die Notwendigkeit sittlicher Entscheidungen und verantwortungsbewussten Handelns auf. ²Die Bedeutung der menschlichen Sexualität im sozialen und staatlichen Bereich sowie die sozialen, sozialethischen, weltanschaulich religiösen und rechtlichen Aspekte der Geschlechtlichkeit des einzelnen Menschen und des Familienlebens werden dargestellt.
³Weitere Themen sind die Familie als Gemeinschaft von (biologischen oder sozialen) Eltern und Kindern, die Ehe als verfassungsrechtlich geschützte Grundlage der Familie, sowie die in den Normen des Ehe- und Familienrechts weiter aufgeführten Formen der Lebensgemeinschaft. ⁴Der Familie als Schutzraum zur Persönlichkeitsentfaltung und wichtige Voraussetzung für die Persönlichkeitsentwicklung eines Kindes kommt dabei besondere Bedeutung zu.
⁵Die Vermittlung der Inhalte zum Themenfeld „Selbstkonzept und Gesellschaft “ können je nach Schulart und Alter der Schülerinnen und Schüler die
Jahr-
gangs-
stufen
fragen nach der Bedeutung von Aufgabenübernahme und gegenseitiger
Unterstützung für das Familienleben
tauschen sich mit Achtung und Verständnis gegenüber verschiedenen Formen des
Zusammenlebens in unterschiedlichen Familienformen aus
ermitteln Werte für ein harmonisches Miteinander in der Familiengemeinschaft
diskutieren Erwerbstätigkeiten in Familien und mögliche Aufgabenverteilung
erkunden Gleichberechtigung der Geschlechter im Berufsleben
fragen nach Veränderungen in einer Familie durch das Leben mit einem
Neugeborenen
unterscheiden Zeichen der Zuneigung zwischen Familienmitgliedern und zwischen
Freunden
verhalten sich achtsam gegenüber jüngeren Kindern oder Geschwistern
achten das menschliche Leben: nehmen Rücksicht auf Schwächere und
übernehmen Verantwortung für Jüngere
unterscheiden zwischen Schönheitsideal und Selbstwahrnehmung
prüfen kritisch die Auswirkungen der Ausdrucksweise (z.B. Vulgärsprache) in Musik- und
Filmwerken auf das eigene Verhalten und das Verhalten anderer Jungen und
Mädchen ihres Alters
bringen das eigene Verhalten in Verbindung mit der Wertekultur der Gesellschaft
kennen Hilfsangebote der Gesellschaft in persönlichen Krisensituationen
reflektieren sexuelle Orientierung im Spannungsfeld gesellschaftlicher Normen,
sozialer Umwelt und persönlicher Freiheit
achten die rechtlichen Grundlagen zu sexueller Selbstbestimmung, Sexualkontakten,
sexueller Gewalt
kennen und vergleichen Initiationsrituale unterschiedlicher Kulturen mit Rechtslage und
gesellschaftlicher Praxis in Deutschland
diskutieren Anforderungen und Verpflichtungen bei früher Elternschaft und
Berufsausbildung
vergleichen die Vorstellungen von Partnerschaft und Sexualität im Spannungsfeld
verschiedener Umwelten
setzen sich mit der Vernachlässigung und Misshandlung von Kindern und
Jugendlichen auseinander
diskutieren die Planbarkeit eines Kinderwunsches und frühe Elternschaft
analysieren Darstellungen von Liebe und Sexualität in der Literatur
reflektieren den Einfluss der Medien auf die eigene Sexualität und auf die
Wertorientierung
setzen sich kritisch mit Pornographie und der medialen Verbreitung sexualisierter
Inhalte (Musik, Video) auseinander
analysieren die Kommerzialisierung von Sexualität im Kontext von Pornographie,
Prostitution und Menschenhandel
achten soziale und rechtliche Bestimmungen zu Sexualität, Ehe, eingetragene
Lebenspartnerschaft, Lebensgemeinschaft, Schwangerschaft und Adoption
analysieren Wege der Partnersuche, mögliche Chancen und Gefahren
reflektieren eigene Wünsche und Erwartungen an eine Partnerschaft
analysieren die Darstellung von Liebe und Sexualität in bildender Kunst, Musik und
Tanz
reflektieren über verantwortungsbewusste Familienplanung
würdigen die Bedeutung der Sexualität im Lauf des Lebens und anerkennen
Beziehungspflege als Lebensaufgabe
untersuchen mögliche Einflüsse von sozialer Umwelt und Ökonomie auf eine
Partnerschaft
diskutieren Rechtslage und Ethik in der Frage der biologischen Manipulation am
Menschen
diskutieren die Bedeutung von biologischer Verwandtschaft (Genealogie),
Gentechnik und Selbstbestimmung auf der Grundlage aktueller wissenschaftlicher
Erkenntnisse
hinterfragen die Vermarktung von Sexualität

2.5  Stärkung der sozialen und personalen Kompetenzen

¹Die Schule unterstützt die Erziehungsberechtigten - basierend auf den in der BV vorgegebenen Werten - beim Aufbau und der Stärkung von sozialen und personalen Fähigkeiten ihrer Kinder. ²Sie hilft Schülerinnen und Schülern systematisch ihre Sprach- und Kommunikationskompetenz, ihre Fähigkeiten zum Umgang mit Stress und Konflikten sowie ihre Kenntnis von Verhaltensgrundregeln und Vorsichtsmaßnahmen in alltäglichen Situationen auszubauen. ³Dazu hilfreiche Angebote und Projekte sollten Lehrkräfte und Eltern gemeinsam abstimmen und mittragen. ⁴An weiterführenden Schulen ist das Schulforum in die Planungen einzubeziehen.
⁵Soziale und personale Kompetenzen stärken Kinder und Jugendliche darin, eigene Standpunkte zu vertreten, eine eigene Identität aufzubauen und gegenüber anderen zu behaupten. ⁶Belastungssituationen und Gefährdungen durch sexuelle Gewalt begegnen Schülerinnen und Schüler so gefestigter.
⁷Die Entwicklung der sozialen und personalen Fähigkeiten geschieht im Miteinander des Schullebens und ist Aufgabe aller Fächer.
Jahr-
gangs-
stufen
benennen eigene Gefühle
grenzen Grundelemente der Körpersprache voneinander ab
achten aufeinander und spüren die Bedeutung von Gemeinschaft und deren Grenze
akzeptieren den Widerstand eines anderen
unterscheiden zwischen angemessenen und unangemessenen Berührungen
lehnen unangemessene Berührungen ab
verstehen, dass es Situationen gibt, in denen man sich vorsichtig verhalten oder
auch laut und deutlich „NEIN “ sagen/schreien muss
sind fähig eigene Gefühle verbal und nonverbal mitzuteilen
meistern ihre eigene Körpersprache und Stimme
kommunizieren respektvoll und verstehen sprachlich Grenzen zu setzen
halten andere Meinungen aus, bauen Frustrationstoleranz und Selbstkontrolle auf
nehmen Ungleichbehandlung von Einzelnen und von Gruppen wahr und wissen
angemessen darauf zu reagieren
sind wachsam in unangenehmen Situationen und erkennen Situationen
unangemessener Nähe
beherrschen einfache körperliche Abwehrtechniken, die weder Selbstgefährdung
noch erhebliche Verletzungen zur Folge haben
nehmen ihren Körper wahr und wertschätzen sich selbst
schätzen die Wirkung ihrer eigenen Mimik und Gestik richtig ein und reagieren
angemessen auf Mimik und Gestik anderer
pflegen Freundschaften, respektieren Unterschiede und erkennen Möglichkeiten und Grenzen der Beeinflussung durch Einzelne oder eine Gruppe
trainieren emotionale Perspektivübernahme und sind im Stande empathisch zu
kommunizieren
bauen ihre Selbstkontrolle aus, sind fähig Konfliktsituationen zu erkennen und zu
analysieren
setzen sprachlich Grenzen und fordern diese ein
erproben und üben Strategien zum Umgang mit und zur Abwehr von verbalen
sexuellen Belästigungen und aggressivem oder einschüchterndem Verhalten
nehmen den Wandel des eigenen Körpers positiv an
spüren eigenen Gefühlen nach, teilen diese differenziert sowohl verbal, als auch
nonverbal mit
setzen ein breites Spektrum nonverbaler Ausdrucksmittel ein und verstehen sie bei
anderen
hinterfragen die Wechselwirkung zwischen positivem sowie negativem Körpergefühl
und Verhalten
vertreten eigene Anschauungen und Wünsche klar gegenüber Einzelnen und einer
Gruppe, respektieren Unterschiede
achten sich selbst und begegnen anderen mit Achtung
wenden Entlastungsstrategien in Belastungssituationen an
probieren Elemente der Selbstbehauptung aus
grenzen sich bewusst vom Gebrauch einer sexualisierten oder abwertenden
Sprache ab und fordern eine angemessene Ausdrucksweise ein
unterscheiden zwischen einer manipulierenden und sachlichen
Kommunikation
nehmen frühzeitig Grenzverletzungen wahr und benennen
nutzen Strategien zur Abwehr von verbalen sexuellen Belästigungen und
aggressivem oder einschüchterndem Verhalten
kommunizieren in einer Partnerschaft Bedürfnisse und Grenzen
zeigen Toleranz und Respekt gegenüber Menschen, ungeachtet ihrer sexuellen
Identität
definieren einen wertschätzenden Sprachgebrauch und verhalten sich rücksichtsvoll
treten Grenzverletzungen konsequent entgegen
setzen nonverbale, verbale und deeskalierende Selbstbehauptungstechniken ein
bedenken in Situationen mit Alkohol- und Drogenkonsum das besondere
Gefahrenpotential hinsichtlich sexueller Gewalt und ungewollter Schwangerschaft
üben ihre Fähigkeit, verantwortungsbewusst und werteorientiert zu urteilen
verbessern ihre Empathie- und Kommunikationskompetenz, pflegen Beziehungen
nutzen Sprache zur Klärung und Lösung von Konflikten und wenden Grundregeln
der Mediation an
reflektieren angemessene Formen des sich Streitens und sich Trennens

3.  Organisation der Familien- und Sexualerziehung an der Schule

3.1  Aufgaben der Schulleitung

¹Die Schulleiterin oder der Schulleiter sorgt für die
³Die Schulleiterin oder der Schulleiter ernennt eine(n)
⁴Die Entscheidung, ob auf Grund einer spezifischen örtlichen Situation bzw. inhaltlichen Schwerpunktsetzung im Unterricht die Schülerinnen und Schüler getrennt, statt im gewohnten

3.2  Aufgaben des/der Beauftragten für Familien- und Sexualerziehung

¹Der/Die Beauftragte ist erste(r)
⁴Der/Die Beauftragte für Familien- und Sexualerziehung prüft alle
⁵Er/Sie ist immer auch

3.3  Aufgaben der Lehrkräfte

¹Die in den Klassen unterrichtenden Lehrkräfte vermitteln im jeweiligen Fachunterricht die Themenbereiche der Familien- und Sexualerziehung. ²Die dafür notwendigen Absprachen koordiniert der/die Klassenleiter(in) bzw. Klassenlehrkraft oder bei Bedarf der/die Beauftragte für Familien- und Sexualerziehung. ³Persönlichkeitsbezogene oder emotionsbehaftete Inhalte der Familien- und Sexualerziehung dürfen nicht Teil der Leistungserhebung sein. ⁴Fragebogenaktionen über das sexuelle Verhalten der Schülerinnen und Schüler sind unzulässig.
⁵Der/Die Klassenleiter(in) beruft eine

3.4  Elterninformation

¹In den Jahrgangsstufen 1 bis 6 erfolgt die Information der Erziehungsberechtigten und die Aussprache mit ihnen im Rahmen der jährlich vorgesehenen Klassenelternversammlungen oder in einem thematischen Elternabend. ²Die Eltern werden zu den
⁶Besondere Klassenelternversammlungen zur Familien- und Sexualerziehung werden für die Eingangsklassen an der Grundschule, der Mittelschule, der Förderschule, der Realschule, der Wirtschaftsschule und dem Gymnasium einberufen, soweit der Elternbeirat dies wünscht.
⁷In den Jahrgangsstufen 7 bis 13 kann die Information der Eltern entweder im Rahmen von Klassenelternversammlungen oder durch Elternbrief erfolgen. ⁸Hierüber entscheidet die Schule im Einvernehmen mit dem Elternbeirat.

3.5  Lehrerausbildung und Lehrerfortbildung

¹Damit die Schule ihren gesetzlichen Auftrag zur Familien- und Sexualerziehung erfüllen kann, sind in die Vorbereitung für die verschiedenen Lehrämter sowie in die Lehrerfortbildung entsprechende fach- und erziehungswissenschaftliche, didaktische und unterrichtsmethodische Themenbereiche aufzunehmen. ²Die Beauftragten für Familien- und Sexualerziehung an den Schulen erhalten ein besonderes Fortbildungsangebot.

4. Prävention von sexueller Gewalt

4.1 Sexuelle Gewalt

¹Sexuelle Grenzverletzungen und Übergriffe sind Formen sexueller Gewalt. ²Unter sexueller Gewalt (sexuellem Missbrauch, sexueller Misshandlung) versteht man jede Handlung eines Mächtigeren – Erwachsenen oder deutlich älteren Jugendlichen – an Schwächeren wie z.B. Kindern, die der sexuellen Erregung bzw. Befriedigung des Mächtigeren dient. ³Der Mächtigere nutzt das Machtgefälle bzw. seine physische und psychische Überlegenheit zur Durchsetzung seiner Bedürfnisse aus. ⁴Er allein trägt die Verantwortung für die Handlungen. ⁵Ein Kind kann diesen Handlungen auf Grund seines Entwicklungsstandes nicht frei und wissentlich zustimmen. ⁶Zusätzlich werden die betroffenen Kinder meist von den Tätern zur Geheimhaltung verpflichtet. ⁷Da diese Kinder zusätzlich oft von den erwachsenen oder älteren jugendlichen Tätern abhängig sind und meist in einem Vertrauensverhältnis zu ihnen stehen, kann es den Kindern kaum gelingen, sich den Handlungen durch die Erwachsenen oder älteren Jugendlichen zu widersetzen. ⁸Alle sexuellen Handlungen, die an, vor oder mit einem Kind erzwungen werden oder mit dessen scheinbarem Einverständnis stattfinden, erfüllen einen Straftatbestand.
⁹Abzugrenzen davon sind sexuelle Grenzverletzungen und Übergriffe zwischen Kindern. 1⁰Von Kindern spricht man bis zu einem Alter von vierzehn Jahren, ab vierzehn Jahren dann von Jugendlichen. 1¹In diesen Fällen nutzt ein übergriffiges Kind ein Machtgefälle zum betroffenen Kind aus. ¹2Das übergriffige Kind setzt das betroffene Kind dabei emotional oder durch körperliche Gewalt unter Druck und erzwingt in der Folge sexuelle Handlungen. ¹3Diese werden unfreiwillig vom betroffenen Kind geduldet.
¹4Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, sexuelle Gewalt einzudämmen. Die Schule weist Kinder und Eltern auf die Gefahr sexueller Übergriffe hin und informiert über mögliche Maßnahmen zur Vermeidung sexueller Grenzverletzungen. ¹5Schule leistet so einen Beitrag zur Vorbeugung von sexueller Gewalt. ¹6Durch das Ansprechen des Problems der sexuellen Gewalt in der Schule sollen Kinder Schule als einen Ort erfahren, von dem in einer schwierigen Lebenslage Hilfe zu erwarten ist.

4.2 Präventionsstrategien

¹Kommunikationsprobleme und Dominanzansprüche können bei Kindern und Jugendlichen zu Gewalt führen. ²Dabei verwischen und vermischen sich mit zunehmendem Alter oft die Grenzen und Formen von körperlicher, verbaler und sexueller Gewalt. ³Schülerinnen und Schüler sollten deshalb frühzeitig in Elternhaus und Schule erfahren, dass die Ausübung jeder Art von Gewalt keine Duldung erfährt und gesellschaftlicher Ächtung unterliegt. ⁴Schülerinnen und Schüler können mit sexueller Gewalt an den verschiedenen Orten und in unterschiedlichen Zusammenhängen konfrontiert werden. ⁵Sexuelle Gewalt tritt neben direkten körperlichen Übergriffen auch in anderen Formen auf - visuell, verbal oder medial vermittelt.
⁶Kinder und Jugendliche sollen sich Belästigungen und Bedrohungen nicht hilflos ausgeliefert fühlen, sondern um ihre Rechte, Schutz- und Hilfsangebote wissen und in aggressiven und bedrohlichen Situationen Möglichkeiten der Gegenwehr oder der Schutzsuche kennen.
⁷Altersangemessen gilt es
¹2Schule reagiert, indem sie als Basis schulischer Gewaltprävention die Ich-Stärke bei Schülerinnen und Schülern fördert und die

4.2.1 Persönlichkeitsstärkende Erziehungshaltung

¹Die Erziehung der Kinder liegt zuallererst in der Verantwortung der Eltern. ²Eine Erziehungshaltung, die Kinder als vollwertige Personen anerkennt und die Entwicklung ihres Selbstwertgefühls stärkt, trägt wesentlich zur Vermeidung sexueller Übergriffe bei. ³
⁴Ermutigen Erziehungsberechtigte ihre Kinder, auf ihr Körperempfinden zu achten, ihre Umgebung bewusst wahrzunehmen und über ihre Erlebnisse und Eindrücke zu sprechen, erleben diese, dass ihre Einschätzungen ernstgenommen werden. ⁵Kinder sollen Empfindungen – Gefallen bzw. Nichtgefallen – nicht vorgeschrieben bekommen, sie haben ein
– Aufmerksamkeit und Zuwendung durch die Eltern
– das Erleben und Lernen von Verständnis
– die Möglichkeit für Kinder, ihre eigene Persönlichkeit zu entfalten
– das Ernstnehmen von Gefühlen und Intuition der Kinder
– die vorgelebte Wertschätzung und Achtung anderer
– den Aufbau einer realistischen Frustrationstoleranz bei den Kindern
– eine Erziehung zu Achtsamkeit und Vorsicht
– das Vermeiden einengender oder klischeehafter Erziehung.

4.2.2 Zusammenarbeit von Elternhaus und Schule

¹Eine persönlichkeitsstärkende Erziehung wird dann größtmögliche Wirkung entfalten, wenn sie von allen Bezugspersonen der Kinder und Jugendlichen – in Elternhaus und Schule – realisiert wird. ²Sie beinhaltet auch die Förderung von sozialer Kompetenz, d.h. von Selbstwertgefühl, Selbstbewusstsein sowie Empathie und wird begleitet von einer reflektierten Medienerziehung. ³Der Sensibilisierung der Erziehungsberechtigten für einen verantwortungsvollen und kritischen Medienkonsum des Kindes und die Beachtung von Sicherheitsregeln bei der Mediennutzung durch das Kind kommt besondere Bedeutung zu.
⁴Bei Elternabenden können Eltern Inhalte und Möglichkeiten der Präventionsarbeit in der Schule und zu Hause im Bereich der Medienerziehung und bezüglich sozialer sowie personaler Kompetenzen kennenlernen sowie Fragen und Erfahrungen dazu einbringen. ⁵Zusätzliche Ansprechpartner werden vorgestellt wie bspw. geschulte Fachkräfte, Schulpsycholog(inn)en, Mitarbeiter(innen) der für den Bezirk zuständigen staatlichen Schulberatungsstelle oder auch Fachberater(innen) der Polizei. ⁶Eltern brauchen im Kontext der Familien- und Sexualerziehung
– grundlegende Informationen zu sexueller Gewalt
– Kenntnisse zur Prävention sexueller Gewalt
– grundlegende Informationen zur Bedeutung sozialer sowie personaler Kompetenzen und zur Medienerziehung
– Informationen zu Grundsätzen des gesetzlichen und pädagogischen Kinder-und Jugendschutzes und Möglichkeiten des technischen Jugendschutzes (Jugendschutzfilter für das Internet)
– Hilfen, wie Präventionsinhalte an das eigene Kind bzw. die eigenen Kinder vermittelt und eingeübt werden können.

4.2.3 Bedeutung der Medienumwelt

¹Kinder und Jugendliche wachsen in einer zunehmend sexualisierten Lebenswelt auf und sind besonders empfänglich für Trends und Wertvorstellungen, die durch Medien verbreitet und verstärkt werden. ²Schülerinnen und Schüler werden über Fernsehen, Internet, Musik, Computerspiele u.a. mit problematischen und verstörenden Inhalten zum Thema Sexualität konfrontiert. ³Dabei wird oftmals der Zusammenhang von Achtung, Zärtlichkeit, Liebe und Sexualität aufgehoben und ein bedenkliches Männer- und Frauenbild vermittelt.
⁴Im Rahmen der Medienbildung hinterfragen Schülerinnen und Schüler mediale Botschaften kritisch und gehen in der Folge selbstbestimmter mit Medien um. ⁵Die Kenntnisse zu Jugend- und Datenschutz sowie zum Urheberrecht und das damit verbundene Wissen um die eigenen Rechte und Pflichten im Umgang mit digitalen Medien helfen, sich selbst besser zu schützen und auch anderen dabei achtungsvoll und wertschätzend zu begegnen.
⁶Bei ungewolltem Kontakt mit problematischen und angstauslösenden Inhalten sollten sich die Kinder und Jugendlichen vertrauensvoll an Erziehungsberechtigte und Lehrkräfte wenden. ⁷Medienerziehung kann nur als gemeinsames Anliegen von Familie und Schule gelingen. ⁸Medienbildung ist Teil des pädagogischen Auftrags jeder Lehrkraft. ⁹Es empfiehlt sich, den Prozess der Medienbildung an der Schule im Sinne einer fortdauernden Wirksamkeit zu systematisieren.
Jahr-
gangs-
stufen
achten auf die Einhaltung grundlegender Sicherheitsregeln und
Abwehrstrategien, da sie sich möglicher Gefahren bewusst sind
finden kindgerechte und sichere Medienportale bzw. -angebote
akzeptieren Maßnahmen zum technischen Kinder- und Jugendschutz
wählen sichere Möglichkeiten zur Kommunikation aus
stufen Identifikationsfiguren und Identifikationsangebote aus den Medien als
Teil einer fiktionalen Welt ein
identifizieren Gefahren des eigenen Mediengebrauchs
definieren Chancen und Risiken verschiedener Medienarten und
-formate
hinterfragen Medienangebote und mediale Identifikationsfiguren, z.B. im
Fernsehen, Internet und in Computerspielen
entwickeln Strategien zum Umgang mit digitalen sexuellen Übergriffen (im
Netz, per Handy, in der Musik)
gehen mit persönlichen Daten sowie Daten Dritter angemessen um, da sie um
die Manipulationsmöglichkeiten von Daten und Bildern wissen
wenden einfache Sicherheitsregeln und Abwehrstrategien zur Sicherheit von
Informationen und Daten im Netz, in sozialen Netzwerken sowie im Chat an
reagieren angemessen auf medial vermittelte sexuelle Belästigung und Gewalt
halten grundlegende Aspekte des Urheberrechts, Persönlichkeitsrechts,
Jugendmedienschutzes und Datenschutzes bei der Mediennutzung und
-gestaltung ein
erkennen den Einfluss der Medien auf gesellschaftliche und eigene
Vorstellungen von Sexualität und Schönheit
stellen Rollen- und Körperbilder und die Sexualisierung von Alltagsthemen in den Medien in Frage und prüfen kritisch z.B. Musikvideos oder Computerspiele
bauen ihre Strategien zum Umgang mit sexuellen Übergriffen in der digitalen Kommunikation aus
schützen sich vor medialen Gefahren und treffen selbstständig geeignete
Präventionsmaßnahmen aus der Kenntnis um Chancen und Risiken des
Mediengebrauchs
halten bei der Mediennutzung Vorschriften des Daten- und
Jugendmedienschutzes ein
analysieren und bewerten mediale Vor-/Leitbilder sowie
Wirklichkeitskonstruktionen in virtuellen Welten, sozialen Netzwerken und in
der Musik
hinterfragen kritisch den Einfluss der Medien durch Kommerzialisierung und
Sexualisierung auf ihre eigene Meinungsbildung, Wertorientierung und ihr
Handeln
überdenken ihre Selbstdarstellung in sozialen Netzwerken und deren Wirkung auf
andere
verwenden mediale Kommunikationsformen situationsgerecht,
adressatenorientiert sowie verantwortungsbewusst
hinterfragen kritisch die Rolle der Medien bei der Gestaltung des individuellen
und gesellschaftlichen Lebens und ihrer Konstruktion von Wirklichkeit

4.2.4 Sprechen über sexuelle Gewalt

¹Unaufgeklärte Kinder sind leichte Opfer. ²Ein aufgeklärtes, selbstbewusstes Kind hat eher die Chance, eine schwierige Situation zu meistern. ³Kindern und Jugendlichen mit besonderem Förderbedarf stehen aufgrund ihrer größeren Abhängig- und Hilfsbedürftigkeit besonderer Schutz und Aufmerksamkeit zu. ⁴Stets in dem Bewusstsein, dass die Vermittlung dieses Themas besonderes Feingefühl erfordert und jegliche Emotionalisierung oder gar Dramatisierung verbietet, sollte deshalb nach der Vermittlung grundlegender Begriffe zur Sexualität (vgl. 2.2) bereits mit Grundschülerinnen und Grundschülern ein Gespräch über sexuelle Gewalt, im Sinne einer frühzeitigen Prävention von sexuellem Missbrauch, geführt werden. ⁵Solch ein Gespräch kann unter Einbeziehung geeigneter Medien geschehen oder beispielsweise anlässlich einer aktuellen Berichterstattung. ⁶Aufgrund der Sensibilität des Themas muss sich die Lehrkraft hierfür in jedem Fall besonders intensiv vorbereiten. ⁷Das Gespräch soll Kindern helfen, sexuelle Grenzverletzungen und Übergriffe als solche benennen zu können. ⁸Kinder, die nicht angemessen sexuell aufgeklärt sind, besitzen keine Sprache über sexuelle Vorgänge. ⁹Dies erschwert es ihnen, sich im Falle von Bedrohungen oder Missbrauch mitzuteilen. 1⁰Dem Kind wird so vermittelt, dass die Bezugsperson (Eltern, Lehrerinnen und Lehrer) um die Realität sexueller Misshandlungen weiß und dass sexueller Missbrauch kein Tabuthema darstellt. 1¹Dies erleichtert einem Kind im Falle einer Bedrohung oder nach einer Grenzverletzung die Kontaktaufnahme mit Außenstehenden und das Sprechen darüber.

4.3 Die Rolle von Schule und Lehrkräften in der Präventionsarbeit

¹Die täglichen und intensiven Kontakte mit den Kindern prädestinieren vor allem die Grundschullehrkräfte als Ansprechpartner und Vertrauenspersonen für betroffene Kinder. ²Sie können einerseits entsprechende Anzeichen wahrnehmen, andererseits bieten sie Kindern, die von innerfamiliärem Missbrauch betroffen sind, vielleicht die einzige Möglichkeit, Außenkontakte zu knüpfen oder sich jemandem mitzuteilen. ³Die Lehrkraft beschränkt sich im Gespräch mit dem Kind oder Jugendlichen darauf zuzuhören, zu unterstützen und auf Wunsch der Schülerin oder des Schülers eine Intervention zu begleiten.
⁴Die Abklärung eines Verdachts (Interventionsarbeit) aus eigenem Antrieb, die Aufdeckung einer sexuellen Misshandlung oder die Konfrontation der Täterin oder des Täters gehören jedoch nicht zum Aufgabengebiet der Lehrkraft.
⁵Zusätzlich zu ihrer Aufklärungsarbeit im Unterricht sind Lehrkräfte gehalten, Verhaltensänderungen wahrzunehmen, die Hinweissignale dafür sein können, dass ein Kind Opfer sexueller Gewalt ist. ⁶Die Signale müssen ernst genommen und der Beauftragte für Familien- und Sexualerziehung in seiner Funktion als Interventionsbeauftragter muss informiert werden. ⁷Zu dessen Aufgaben zählt es, sich über die notwendigen Schritte bei einer eventuellen Intervention zu informieren, sich dazu fortzubilden und die Ansprechpartner der Hilfsorganisationen und Behörden vor Ort zu kennen, die im Fall eines Verdachts auf sexuellen Missbrauch kontaktiert werden müssen bzw. können. ⁸Weitere wichtige Ansprechpartner für Eltern und Lehrkräfte sind v.a. die Schulpsychologen, die Mitarbeiter der für den Bezirk zuständigen staatlichen Schulberatungsstelle sowie der Jugendhilfe.

5.  Inkrafttreten, Außerkrafttreten

¹Diese Bekanntmachung tritt mit Wirkung vom 15. Dezember 2016 in Kraft.
²Gleichzeitig tritt die Bekanntmachung über die Richtlinien für die Familien- und Sexualerziehung in den bayerischen Schulen vom 12. August 2002 (KWMBl. I S. 285) außer Kraft.
Herbert Püls
Ministerialdirektor
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