Regenwassernutzung im Haushalt; Hinweise für eine Ergänzung der gemeindlichen Wasserabgabesatzung sowie der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung
DE - Landesrecht Bayern

Regenwassernutzung im Haushalt; Hinweise für eine Ergänzung der gemeindlichen Wasserabgabesatzung sowie der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung

An
die Gemeinden
nachrichtlich an
die Regierungen
die Landratsämter

I. 

Im Bemühen um einen sparsamen Umgang mit Trinkwasser möchte eine zunehmende Zahl von Hauseigentümern eigene Regenwassergewinnungsanlagen errichten und das aufgefangene Wasser insbesondere für die Toilettenspülung verwenden. Grundsätzlich begrüßt das Staatsministerium des Innern alle Maßnahmen, die einem sparsameren Gebrauch des Trinkwassers dienen. Den größten Spareffekt bei verhältnismäßig geringen Kosten für die Haushaltungen haben dabei in aller Regel die Verwendung von wassersparenden Armaturen und Geräten sowie das verantwortungsbewusste individuelle Verbrauchsverhalten der Bürger. Die Verwendung von Regenwasser in den Haushaltungen kann ebenfalls zu einer Verringerung des Trinkwasserverbrauchs und damit auch der Wassergebühren beitragen; dem steht jedoch ein relativ hoher Investitionsaufwand für die erforderlichen Einrichtungen gegenüber.
Im Interesse der Gesundheitsvorsorge empfiehlt es sich, Regenwasser als Dachablaufwasser in der Regel im Hausbereich nur zur Toilettenspülung und außerhalb des Hausbereichs nur zur Gartenbewässerung zu verwenden. Dies gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass nach § 3 Nr. 1 Buchst. a Spiegelstrich 3 Trinkwasserverordnung – TrinkwV 2001 – Trinkwasser auch Wasser zum Wäschewaschen umfasst.
Die Nutzung von Dachablaufwasser für Toilettenspülung ist grundsätzlich auch in Gemeinschaftseinrichtungen, an die besondere hygienische Anforderungen gestellt werden (wie z.B. Krankhäuser, Altenheime, Pflegeheime, Einrichtungen zur Betreuung von Kindern, Schulen), zulässig. Die hygienischen Risiken, die sich insbesondere aus einer irrtümlich hergestellten direkten Verbindung von Rohrleitungen für Trinkwasser und solchen für Dachablaufwasser ergeben, treffen hier aber jeweils einen größeren und für Gesundheitsgefährdungen in der Regel anfälligeren Personenkreis. Es bleibt dem Träger der Einrichtung überlassen, sich unter Beachtung der Anforderungen, die an Bau und Betrieb von Regenwassernutzungsanlagen zu stellen sind (vgl. Abschnitt II Nr. 4), in eigener Verantwortung für oder gegen den Einbau derartiger Anlagen zu entscheiden.

II. 

Das Muster für eine gemeindliche Wasserabgabesatzung – WAS – (IMBek vom 13. Juli 1989, AllMBl S. 579) lässt schon bisher Eigengewinnungsanlagen zu (vgl. § 7 WAS), ohne aber genauere Regelungen hierzu zu treffen. Mit den folgenden Hinweisen wird Gemeinden ein erweitertes Regelungsinstrumentarium zur Ergänzung ihrer gemeindlichen Wasserabgabesatzung sowie der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung (vgl. Muster einer Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung – BGS/EWS; IMBek vom 5. Dezember 1974, MABl S. 925, neu bekannt gemacht mit IMBek vom 3. Juni 1988, AllMBl S. 577, zuletzt geändert durch IMBek vom 30. April 1992, AllMBl S. 423) angeboten.

1.  Wasserabgabesatzung

1.1 

In der WAS ist ein allgemeiner Anschluss- und Benutzungszwang für öffentliche Wasserversorgungseinrichtungen für den gesamten Wasserbedarf der angeschlossenen Grundstücke vorgesehen; davon ausgenommen ist lediglich gesammeltes Niederschlagswasser zur Gartenbewässerung.
Für die anderweitige Verwendung von Niederschlagswasser kann im Einzelfall auf Antrag eine Beschränkung der Benutzungspflicht nach § 7 Abs. 1 WAS ausgesprochen werden, oder es wird durch eine Ergänzung der gemeindlichen Wasserabgabesatzung der Benutzungszwang hinsichtlich gesammelten Niederschlagswassers generell oder für bestimmte weitere Zwecke eingeschränkt. Hierfür kann § 5 Abs. 2 Satz 2 WAS wie folgt gefasst werden:
„Gesammeltes Niederschlagswasser darf ordnungsgemäß für Zwecke der Gartenbewässerung und zur Toilettenspülung verwendet werden. “
Sowohl bei einer Beschränkung der Benutzungspflicht im Einzelfall wie auch bei der satzungsmäßigen Freistellung von Niederschlagswasser vom Benutzungszwang hat die Gemeinde zu prüfen, ob dies für die öffentliche Wasserversorgung im Hinblick auf den zu erwartenden Einnahmeausfall wirtschaftlich zumutbar ist.

1.2 

§ 3 letzter Satz WAS sollte dann folgende Fassung erhalten:
„Anlagen des Grundstückseigentümers (= Verbrauchsleitungen) sind die Gesamtheit der Anlagenteile in Grundstücken oder in Gebäuden hinter der Übergabestelle; als solche gelten auch Eigengewinnungsanlagen, wenn sie sich ganz oder teilweise im gleichen Gebäude befinden. “
Damit wird klargestellt, dass die Vorschriften der gemeindlichen Wasserabgabesatzung auch auf Eigengewinnungsanlagen Anwendung finden. Die Gemeinden haben insoweit eine Regelungskompetenz, weil wegen der Möglichkeit unzulässiger Verbindungen von Eigengewinnungsanlagen mit den an die öffentliche Wasserversorgung angeschlossenen Verbrauchsleitungen die Gefahr einer hygienisch bedenklichen Rückwirkung auf das öffentliche Wasserversorgungsnetz besteht.
Die Einbeziehung der Eigengewinnungsanlagen bedeutet z.B., dass auch für sie § 11 WAS gilt.

1.3 

§ 7 Abs. 4 WAS sollte dann um folgenden Satz 3 ergänzt werden:
„Bei einer Nachspeisung von Trinkwasser aus der öffentlichen Wasserversorgungseinrichtung in eine Eigengewinnungsanlage ist ein freier Auslauf zu verwenden (Ausführung nach DIN 1988 Teil 4 Nr. 4.2.1). “
Der freie Auslauf (Luftbrücke) verhindert am wirkungsvollsten eine hygienische Beeinträchtigung des öffentlichen Wasserversorgungsnetzes.

1.4 

§ 11 Abs. 4 WAS sollte dann um folgenden Satz 3 ergänzt werden:
„Leitungen, die an Eigengewinnungsanlagen angeschlossen sind, dürfen nur mit vorheriger Zustimmung der Gemeinde verdeckt werden; andernfalls sind sie auf Anordnung der Gemeinde freizulegen. “
Mögliche unzulässige Verbindungen von Trinkwasserleitungen mit der Eigengewinnungsanlage können im Regelfall anlässlich einer Überprüfung vor Inbetriebnahme nur festgestellt werden, wenn die Leitungen noch nicht überdeckt sind.

2.  Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung

Grundsätzlich ist bei der Anwendung des so genannten Frischwassermaßstabes bei der Einleitungsgebühr der Abwassermenge im Sinne des § 10 Abs. 2 Satz 1 Muster-BGS/EWS auch die dem Grundstück aus der Regenwassergewinnungsanlage zugeführte Wassermenge hinzuzurechnen. Dafür empfiehlt es sich, an der gemeindlichen Satzung die folgenden Änderungen vorzunehmen; die Formulierungsvorschläge gehen von der amtlichen Mustersatzung aus, stellen jedoch (genehmigungsbedürftige) Abweichungen von der Mustersatzung dar.

2.1 

Für den Fall der reinen Schmutzwasserkanalisation sollten in § 10 Abs. 2 Satz 1 Muster-BGS/EWS nach den Worten „aus der Wasserversorgungseinrichtung “ die Worte „und aus der Dies dient lediglich der Klarstellung, da auch schon bisher Sinn und Zweck der Regelung des § 10 Abs. 2 Satz 1 Muster-BGS/EWS eine Hinzurechnung der dem Grundstück aus Eigengewinnungsanlagen zugeführten Wassermenge verlangt.

2.2 

Für den Fall einer gesonderten Erhebung der Niederschlagswasserbeseitigungsgebühr gemäß § 10 Abs. 4 oder § 10 Abs. 5 Muster-BGS/EWS (sei es bei Misch-, sei es bei Trennkanalisation) gilt das Gleiche, wobei außerdem von der befestigten Grundstücksfläche die Fläche, von der das Regenwasser gewonnen wird, bei der Berechnung der Niederschlagswasserbeseitigungsgebühr in Abzug zu bringen ist; das ist im Satzungstext durch eine entsprechende Ergänzung des § 10 Abs. 4 Muster-BGS/EWS klarzustellen.

2.3 

Für den Fall, dass keine gesonderte Niederschlagswasserbeseitigungsgebühr erhoben wird, bestehen keine Bedenken, die Abwassergebühr nach wie vor nach der Trinkwassermenge zu ermitteln, da das vom Grundstück abzuleitende Niederschlagswasser bereits bisher ohne Gebührenaufschlag entsorgt wird und sich durch die Umleitung des Regenwassers über die Toilettenspülung lediglich der Verschmutzungsgrad, nicht aber die Menge des in die Mischwasserkanalisation eingeleiteten Regenwassers verändert. Der durch die Verwendung des Regenwassers eingesparte Trinkwasseranteil führt zu einer insgesamt geringeren Gebührenbelastung. Die Gemeinde ist aber auf der anderen Seite nicht gehindert, Schmutzwasser aus einer Regenwassersammelanlage in die Gebührenerhebung einzubeziehen (vgl. BayVGH, Urteil vom 16. April 1988, VwRR BY 1988, 335).

2.4 

Sofern nach Nrn. 2.1 oder 2.2 die Menge des zugeführten Regenwassers zu ermitteln ist, können dazu zusätzliche Wasserzähler eingebaut werden, die gegebenenfalls auch eine Einspeisung von Trinkwasser in die Eigengewinnungsanlage zu erfassen haben (§ 19 Abs. 1 WAS). Die Gemeinde kann aber auch eine am durchschnittlichen Verbrauch für die Toilettenspülung orientierte Pauschalregelung zur Abgeltung des aus der Regenwassergewinnungsanlage stammenden Abwassers in die Satzung aufnehmen. In diesem Fall ist der Einbau zusätzlicher Zähler nicht nötig. Ein solches Vorgehen kann wegen nicht auszuschließender Störungen am Niederschlagswasserzähler vorzuziehen sein.
Als Formulierung für eine Pauschalregelung wird vorgeschlagen:
„Als dem Grundstück aus der Eigengewinnungsanlage zugeführte Wassermenge werden pauschal 15 m³/Jahr und Einwohner angesetzt. Es steht dem Gebührenpflichtigen frei, den Nachweis eines niedrigeren Wasserverbrauchs zu führen. “
Die Höhe des Pauschalwertes ist am durchschnittlichen Verbrauch für die Toilettenspülung pro Person und Jahr orientiert, kann aber je nach den örtlichen Verhältnissen (Niederschlagsmenge) auch niedriger angesetzt werden.

3. 

Auf die Pflicht des Unternehmers und des sonstigen Inhabers von Anlagen im Sinn des § 13 Abs. 3 TrinkwV 2001 zur Anzeige gegenüber der Kreisverwaltungsbehörde wird hingewiesen (§ 13 Abs. 3 TrinkwV 2001 in Verbindung mit § 39 Abs. 2 Infektionsschutzgesetz – IfSG – und § 1 der Verordnung zur Ausführung des Infektionsschutzgesetzes – AVIfSG).
I. A.
Dr. Wiebel
Ministerialdirigent
EAPl
863
634
GAPl
1521
AllMBl 1993 S. 659
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