PAG: Gesetz über die Aufgaben und Befugnisse der Bayerischen Polizei (Polizeiaufgabengesetz – PAG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. September 1990 (GVBl. S. 397) BayRS 2012-1-1-I (Art. 1–102)
I. Abschnitt Allgemeine Vorschriften
Art. 1 Begriff der Polizei
Polizei im Sinn dieses Gesetzes sind die im Vollzugsdienst tätigen Dienstkräfte der Polizei des Freistaates Bayern.
Art. 2 Aufgaben der Polizei
(1) Die Polizei hat die Aufgabe, die allgemein oder im Einzelfall bestehenden Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren.
(2) Im Rahmen ihrer Aufgabe nach Abs. 1 obliegt der Polizei der Schutz privater Rechte nach diesem Gesetz nur dann, wenn gerichtlicher Schutz nicht rechtzeitig zu erlangen ist und wenn ohne polizeiliche Hilfe die Verwirklichung des Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert werden würde.
(3) Die Polizei leistet anderen Behörden und den Gerichten Vollzugshilfe (Art. 67 bis 69).
(4) Die Polizei hat ferner die Aufgaben zu erfüllen, die ihr durch andere Rechtsvorschriften übertragen sind.
Art. 3 Verhältnis zu anderen Behörden
Die Polizei wird tätig, soweit ihr die Abwehr der Gefahr durch eine andere Behörde nicht oder nicht rechtzeitig möglich erscheint.
Art. 4 Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
(1) Von mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen hat die Polizei diejenige zu treffen, die den einzelnen und die Allgemeinheit am wenigsten beeinträchtigt.
(2) Eine Maßnahme darf nicht zu einem Nachteil führen, der zu dem erstrebten Erfolg erkennbar außer Verhältnis steht.
(3) Eine Maßnahme ist nur so lange zulässig, bis ihr Zweck erreicht ist oder sich zeigt, daß er nicht erreicht werden kann.
Art. 5 Ermessen, Wahl der Mittel
(1) Die Polizei trifft ihre Maßnahmen nach pflichtgemäßem Ermessen.
(2) ¹Kommen zur Abwehr einer Gefahr mehrere Mittel in Betracht, so genügt es, wenn eines davon bestimmt wird. ²Dem Betroffenen ist auf Antrag zu gestatten, ein anderes ebenso wirksames Mittel anzuwenden, sofern die Allgemeinheit dadurch nicht stärker beeinträchtigt wird.
Art. 6 Ausweispflicht des Polizeibeamten
¹Auf Verlangen des von einer Maßnahme Betroffenen hat der Polizeibeamte sich auszuweisen, soweit der Zweck der Maßnahme dadurch nicht beeinträchtigt wird. ²Das Nähere wird durch Dienstvorschrift geregelt.
Art. 7 Verantwortlichkeit für das Verhalten von Personen
(1) Verursacht eine Person eine Gefahr, so sind die Maßnahmen gegen sie zu richten.
(2) ¹Ist die Person noch nicht 14 Jahre alt oder ist für sie wegen einer psychischen Krankheit oder einer geistigen oder seelischen Behinderung zur Besorgung aller ihrer Angelegenheiten ein Betreuer bestellt, können Maßnahmen auch gegen die Person gerichtet werden, die zur Aufsicht über sie verpflichtet ist. ²Dies gilt auch, wenn der Aufgabenkreis des Betreuers die in § 1815 Abs. 2 Nr. 5 und 6 sowie § 1817 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) bezeichneten Angelegenheiten nicht erfaßt.
(3) Verursacht eine Person, die zu einer Verrichtung bestellt ist, die Gefahr in Ausführung der Verrichtung, so können Maßnahmen auch gegen die Person gerichtet werden, die die andere zu der Verrichtung bestellt hat.
(4) Die Abs. 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, soweit andere Vorschriften dieses Gesetzes oder andere Rechtsvorschriften bestimmen, gegen wen eine Maßnahme zu richten ist.
Art. 8 Verantwortlichkeit für den Zustand von Sachen
(1) Geht von einer Sache eine Gefahr aus, so sind die Maßnahmen gegen den Inhaber der tatsächlichen Gewalt zu richten.
(2) ¹Maßnahmen können auch gegen den Eigentümer oder einen anderen Berechtigten gerichtet werden. ²Das gilt nicht, wenn der Inhaber der tatsächlichen Gewalt diese ohne den Willen des Eigentümers oder Berechtigten ausübt.
(3) Geht die Gefahr von einer herrenlosen Sache aus, so können die Maßnahmen gegen denjenigen gerichtet werden, der das Eigentum an der Sache aufgegeben hat.
(4) Art. 7 Abs. 4 gilt entsprechend.
Art. 9 Unmittelbare Ausführung einer Maßnahme
(1) ¹Die Polizei kann eine Maßnahme selbst oder durch einen Beauftragten ausführen, wenn der Zweck der Maßnahme durch Inanspruchnahme der nach den Art. 7 oder 8 Verantwortlichen nicht oder nicht rechtzeitig erreicht werden kann. ²Der von der Maßnahme Betroffene ist unverzüglich zu unterrichten.
(2) Für die unmittelbare Ausführung einer Maßnahme werden von den nach Art. 7 oder 8 Verantwortlichen Kosten erhoben.
Art. 10 Inanspruchnahme nicht verantwortlicher Personen
(1) Die Polizei kann Maßnahmen gegen andere Personen als die nach den Art. 7 oder 8 Verantwortlichen richten, wenn
eine gegenwärtige erhebliche Gefahr abzuwehren ist,
Maßnahmen gegen die nach den Art. 7 oder 8 Verantwortlichen nicht oder nicht rechtzeitig möglich sind oder keinen Erfolg versprechen,
die Polizei die Gefahr nicht oder nicht rechtzeitig selbst oder durch Beauftragte abwehren kann und
die Personen ohne erhebliche eigene Gefährdung und ohne Verletzung höherwertiger Pflichten in Anspruch genommen werden können.
(2) Die Maßnahmen nach Abs. 1 dürfen nur aufrechterhalten werden, solange die Abwehr der Gefahr nicht auf andere Weise möglich ist.
(3) Art. 7 Abs. 4 gilt entsprechend.
II. Abschnitt Befugnisse der Polizei
Art. 11 Allgemeine Befugnisse
(1) ¹Die Polizei kann die notwendigen Maßnahmen treffen, um eine im einzelnen Fall bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren, soweit nicht die Art. 12 bis 65 die Befugnisse der Polizei besonders regeln. ²Unter einer solchen konkreten Gefahr (Gefahr) ist eine Sachlage zu verstehen, die bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens im Einzelfall mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einer Verletzung von Schutzgütern der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung führt.
(2) ¹Eine Maßnahme im Sinn des Abs. 1 kann die Polizei insbesondere dann treffen, wenn sie notwendig ist, um
Straftaten, Ordnungswidrigkeiten oder verfassungsfeindliche Handlungen zu verhüten oder zu unterbinden,
durch solche Handlungen verursachte Zustände zu beseitigen oder
Gefahren abzuwehren oder Zustände zu beseitigen, die Leben, Gesundheit oder die Freiheit der Person oder die Sachen, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse geboten erscheint, bedrohen oder verletzen.
²Straftaten im Sinn dieses Gesetzes sind rechtswidrige Taten, die den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklichen. ³Ordnungswidrigkeiten im Sinn dieses Gesetzes sind rechtswidrige Taten, die den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit verwirklichen. ⁴Verfassungsfeindlich im Sinn des Satzes 1 Nr. 1 ist eine Handlung, die darauf gerichtet ist, die verfassungsmäßige Ordnung der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder auf verfassungswidrige Weise zu stören oder zu ändern, ohne eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit zu verwirklichen.
(3) ¹Zur Erfüllung der Aufgaben, die der Polizei durch andere Rechtsvorschriften zugewiesen sind (Art. 2 Abs. 4), hat sie die dort vorgesehenen Befugnisse. ²Soweit solche Rechtsvorschriften Befugnisse der Polizei nicht regeln, hat sie die Befugnisse, die ihr nach diesem Gesetz zustehen.
Art. 11a Allgemeine Befugnisse bei drohender Gefahr
(1) Wenn die Voraussetzungen des Art. 11 Abs. 1 und 2 nicht vorliegen, kann die Polizei die notwendigen Maßnahmen treffen, um den Sachverhalt aufzuklären und die Entstehung einer Gefahr für ein bedeutendes Rechtsgut zu verhindern, wenn im Einzelfall
das individuelle Verhalten einer Person die konkrete Wahrscheinlichkeit begründet oder
Vorbereitungshandlungen für sich oder zusammen mit weiteren bestimmten Tatsachen den Schluss auf ein seiner Art nach konkretisiertes Geschehen zulassen,
wonach in absehbarer Zeit Angriffe von erheblicher Intensität oder Auswirkung zu erwarten sind (drohende Gefahr), soweit nicht die Art. 12 bis 65 die Befugnisse der Polizei besonders regeln.
(2) Bedeutende Rechtsgüter sind
der Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes,
Leben, Gesundheit oder Freiheit,
die sexuelle Selbstbestimmung, soweit sie durch Straftatbestände geschützt ist, die im Mindestmaß mit wenigstens drei Monaten Freiheitsstrafe bedroht sind, oder
Anlagen der kritischen Infrastruktur sowie Kulturgüter von mindestens überregionalem Rang.
Art. 12 Auskunftspflicht
¹Auf Befragen durch die Polizei ist eine Person verpflichtet, Name, Vorname, Tag und Ort der Geburt, Wohnanschrift und Staatsangehörigkeit anzugeben, wenn anzunehmen ist, daß sie sachdienliche Angaben machen kann, die zur Erfüllung einer bestimmten polizeilichen Aufgabe erforderlich sind. ²Zu weiteren Auskünften gegenüber der Polizei ist die Person nur verpflichtet, soweit für sie gesetzliche Handlungspflichten bestehen. ³Für die Dauer der Befragung kann die Person angehalten werden.
Art. 13 Identitätsfeststellung und Prüfung von Berechtigungsscheinen
(1) Die Polizei kann die Identität einer Person feststellen
zur Abwehr
einer Gefahr oder
einer drohenden Gefahr für ein bedeutendes Rechtsgut,
wenn die Person sich an einem Ort aufhält,
von dem auf Grund tatsächlicher Anhaltspunkte anzunehmen ist, daß dort
Personen Straftaten verabreden, vorbereiten oder verüben,
sich Personen ohne erforderliche Aufenthaltserlaubnis treffen, oder
sich Straftäter verbergen, oder
an dem Personen der Prostitution nachgehen, oder
der als Unterkunft oder dem sonstigen, auch vorübergehenden Aufenthalt von Asylbewerbern und unerlaubt Aufhältigen dient,
wenn sie sich in einer Verkehrs- oder Versorgungsanlage oder -einrichtung, einem öffentlichen Verkehrsmittel, Amtsgebäude oder einem anderen besonders gefährdeten Objekt oder in unmittelbarer Nähe hiervon aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß in oder an Objekten dieser Art Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind,
an einer polizeilichen Kontrollstelle, die eingerichtet worden ist,
um Straftaten nach § 100a der Strafprozessordnung (StPO) oder Art. 20 Abs. 1 Nr. 1 und 3, Abs. 2 Nr. 5 bis 7 des Bayerischen Versammlungsgesetzes (BayVersG) zu verhüten, die aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte zu erwarten sind,
um gefahrenträchtige Großereignisse zu schützen, oder
zum Zwecke spezifischer polizeilicher Ermittlungsstrategien der Gefahrenabwehr,
im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von 30 km sowie auf Durchgangsstraßen (Bundesautobahnen, Europastraßen und andere Straßen von erheblicher Bedeutung für den grenzüberschreitenden Verkehr) und in öffentlichen Einrichtungen des internationalen Verkehrs zur Verhütung oder Unterbindung des unerlaubten Aufenthalts und zur Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität oder
zum Schutz privater Rechte (Art. 2 Abs. 2).
(2) ¹Die Polizei kann zur Feststellung der Identität die erforderlichen Maßnahmen treffen. ²Sie kann den Betroffenen insbesondere anhalten, ihn nach seinen Personalien befragen und verlangen, daß er mitgeführte Ausweispapiere zur Prüfung aushändigt und Kleidungsstücke sowie Gegenstände, die eine Identitätsfeststellung verhindern oder erschweren, abnimmt. ³Der Betroffene kann festgehalten werden, wenn die Identität auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann. ⁴Im Fall einer Freiheitsentziehung hat die Polizei unverzüglich eine richterliche Entscheidung nach Art. 97 herbeizuführen. ⁵Unter den Voraussetzungen von Satz 3 können der Betroffene sowie die von ihm mitgeführten Sachen durchsucht werden.
(3) Die Polizei kann verlangen, daß ein Berechtigungsschein zur Prüfung ausgehändigt wird, wenn der Betroffene auf Grund einer Rechtsvorschrift verpflichtet ist, diesen Berechtigungsschein mitzuführen.
Art. 14 Erkennungsdienstliche Maßnahmen
(1) Die Polizei kann erkennungsdienstliche Maßnahmen vornehmen, wenn
eine nach Art. 13 zulässige Identitätsfeststellung auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten möglich ist,
trotz einer nach Art. 13 getroffenen Maßnahme der Identitätsfeststellung Zweifel über die Person oder die Staatsangehörigkeit bestehen,
dies zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten erforderlich ist, weil der Betroffene verdächtig ist, eine Tat begangen zu haben, die mit Strafe bedroht ist und wegen der Art und Ausführung der Tat die Gefahr der Wiederholung besteht oder
dies zur Abwehr einer Gefahr oder einer drohenden Gefahr für ein bedeutendes Rechtsgut erforderlich ist.
(2) Erkennungsdienstliche Maßnahmen sind insbesondere
die Abnahme von Finger- und Handflächenabdrucken,
die Aufnahme von Lichtbildern,
die Feststellung äußerer körperlicher Merkmale,
Messungen.
(3) ¹Die Polizei kann dem Betroffenen zudem Körperzellen entnehmen und diese zur Feststellung des DNA-Identifizierungsmusters molekulargenetisch untersuchen, wenn dies zur Abwehr einer Gefahr für ein bedeutendes Rechtsgut erforderlich ist und andere erkennungsdienstliche Maßnahmen nicht hinreichend sind. ²Die Entnahme von Körperzellen darf nur mit schriftlicher Einwilligung des Betroffenen oder auf Anordnung durch den Richter, die molekulargenetische Untersuchung nur auf Anordnung durch den Richter erfolgen. ³Die einwilligende Person ist darüber zu belehren, für welchen Zweck die zu erhebenden Daten verwendet werden.
(4) ¹Die Polizei kann zur Feststellung der Identität einer hilflosen Person oder einer Leiche deren DNA-Identifizierungsmuster abgleichen, wenn die Feststellung der Identität auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten möglich ist. ²Zu diesem Zweck dürfen
der hilflosen Person oder Leiche Körperzellen entnommen,
Proben von Gegenständen mit Spurenmaterial einer relevanten Vergleichsperson genommen und
auf Anordnung durch den Richter die Proben nach den Nrn. 1 und 2 molekulargenetisch untersucht werden.
³Die DNA-Identifizierungsmuster können zum Zweck des Abgleichs in einer Datei gespeichert werden.
(5) ¹Ein körperlicher Eingriff darf nur von einem Arzt vorgenommen werden. ²Die Körperzellen dürfen nur für die molekulargenetische Untersuchung nach Abs. 3 und Abs. 4 verwendet werden. ³Die molekulargenetische Untersuchung darf sich allein auf das DNA-Identifizierungsmuster, im Falle des Abs. 4 soweit erforderlich auch auf das Geschlecht, erstrecken. ⁴Anderweitige Untersuchungen oder anderweitige Feststellungen sind unzulässig. ⁵Für die Durchführung der Untersuchungen gilt § 81f Abs. 2 StPO entsprechend.
(6) ¹Die Körperzellen sind unverzüglich, spätestens einen Monat nach der Untersuchung zu vernichten, es sei denn, sie dürfen nach anderen Rechtsvorschriften aufbewahrt werden oder werden benötigt
zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten von erheblicher Bedeutung oder Straftaten,
zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit der polizeilichen Maßnahme, wenn eine solche Überprüfung zu erwarten steht.
²Sind die Voraussetzungen nach den Abs. 1, 3 oder 4 entfallen, sind die erkennungsdienstlichen Unterlagen unverzüglich zu vernichten.
(7) ¹Der Betroffene kann festgehalten werden, wenn eine erkennungsdienstliche Maßnahme nach den Abs. 1 bis 4 auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten durchgeführt werden kann. ²Im Falle einer Freiheitsentziehung hat die Polizei unverzüglich eine richterliche Entscheidung nach Art. 97 herbeizuführen.
Art. 15 Vorladung
(1) Die Polizei kann eine Person schriftlich oder mündlich vorladen, wenn
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß die Person sachdienliche Angaben machen kann, die für die Erfüllung einer bestimmten polizeilichen Aufgabe erforderlich sind, oder
das zur Durchführung erkennungsdienstlicher Maßnahmen oder einer elektronischen Aufenthaltsüberwachung erforderlich ist.
(2) ¹Bei der Vorladung soll deren Grund angegeben werden. ²Bei der Festsetzung des Zeitpunkts soll auf den Beruf und die sonstigen Lebensverhältnisse des Betroffenen Rücksicht genommen werden.
(3) ¹Leistet eine betroffene Person der Vorladung ohne hinreichenden Grund keine Folge, so kann sie zwangsweise durchgesetzt werden,
wenn die Angaben zur Abwehr einer Gefahr oder einer drohenden Gefahr für Leben, Gesundheit oder Freiheit einer Person erforderlich sind, oder
zur Durchführung der in Abs. 1 Nr. 2 genannten Maßnahmen.
²Im Fall einer Freiheitsentziehung hat die Polizei unverzüglich eine richterliche Entscheidung nach Art. 97 herbeizuführen.
(4) § 136a StPO gilt entsprechend.
Art. 16 Platzverweis, Kontaktverbot, Aufenthalts- und Meldeanordnung
(1) ¹Die Polizei kann zur Abwehr
einer Gefahr oder
einer drohenden Gefahr für ein bedeutendes Rechtsgut
eine Person vorübergehend von einem Ort verweisen oder ihr vorübergehend das Betreten eines Orts verbieten. ²Die Platzverweisung kann ferner gegen Personen angeordnet werden, die den Einsatz der Feuerwehr oder von Hilfs- oder Rettungsdiensten behindern.
(2) ¹Die Polizei kann zur Abwehr einer Gefahr oder einer drohenden Gefahr für ein bedeutendes Rechtsgut einer Person verbieten, ohne polizeiliche Erlaubnis
zu bestimmten Personen oder zu Personen einer bestimmten Gruppe Kontakt zu suchen oder aufzunehmen (Kontaktverbot) oder
wenn die Begehung von Straftaten droht,
sich an bestimmte Orte oder in ein bestimmtes Gebiet zu begeben (Aufenthaltsverbot) oder
ihren Wohn- oder Aufenthaltsort oder ein bestimmtes Gebiet zu verlassen (Aufenthaltsgebot).
²Unter den in Satz 1 Nr. 1 genannten Voraussetzungen kann sie eine Person auch verpflichten, in bestimmten zeitlichen Abständen bei einer Polizeidienststelle persönlich zu erscheinen (Meldeanordnung). ³Die Anordnungen dürfen die Dauer von drei Monaten nicht überschreiten und können um jeweils längstens drei Monate verlängert werden. ⁴Die Vorschriften des Versammlungsrechts bleiben unberührt.
Art. 17 Gewahrsam
(1) Die Polizei kann eine Person in Gewahrsam nehmen, wenn
das zum Schutz der Person gegen eine Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist, insbesondere weil die Person sich erkennbar in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand oder sonst in hilfloser Lage befindet,
das unerläßlich ist, um die unmittelbar bevorstehende Begehung oder Fortsetzung einer Ordnungswidrigkeit von erheblicher Bedeutung für die Allgemeinheit oder einer Straftat zu verhindern; die Annahme, daß eine Person eine solche Tat begehen oder zu ihrer Begehung beitragen wird, kann sich insbesondere darauf stützen, daß
die Person die Begehung der Tat angekündigt oder dazu aufgefordert hat oder Transparente oder sonstige Gegenstände mit einer solchen Aufforderung mit sich führt; dies gilt auch für Flugblätter solchen Inhalts, soweit sie in einer Menge mitgeführt werden, die zur Verteilung geeignet ist,
bei der Person Waffen, Werkzeuge oder sonstige Gegenstände aufgefunden werden, die ersichtlich zur Tatbegehung bestimmt sind oder erfahrungsgemäß bei derartigen Taten verwendet werden, oder ihre Begleitperson solche Gegenstände mit sich führt und sie den Umständen nach hiervon Kenntnis haben mußte, oder
die Person bereits in der Vergangenheit mehrfach aus vergleichbarem Anlaß bei der Begehung von Ordnungswidrigkeiten von erheblicher Bedeutung für die Allgemeinheit oder Straftaten als Störer betroffen worden ist und nach den Umständen eine Wiederholung dieser Verhaltensweise zu erwarten ist;
dies zur Abwehr einer Gefahr für ein bedeutendes Rechtsgut unerlässlich ist,
dies unerlässlich ist, um Maßnahmen nach Art. 16 durchzusetzen, oder
einer Anordnung nach Art. 34 Abs. 1 Satz 1 nicht Folge geleistet wird.
(2) Die Polizei kann Minderjährige, die sich der Obhut der Sorgeberechtigten entzogen haben oder sich an Orten aufhalten, an denen ihnen eine sittliche Gefahr oder Verwahrlosung droht, in Gewahrsam nehmen, um sie den Sorgeberechtigten oder dem Jugendamt zuzuführen.
(3) Die Polizei kann eine Person, die aus dem Vollzug von Untersuchungshaft, Freiheitsstrafen oder freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung entwichen ist oder sich sonst ohne Erlaubnis außerhalb der Vollzugsanstalt aufhält, in Gewahrsam nehmen und in die Anstalt zurückbringen.
Art. 18 Richterliche Entscheidung
Wird einer Person aufgrund von Art. 17 die Freiheit entzogen, hat die Polizei unverzüglich eine richterliche Entscheidung nach Art. 97 herbeizuführen.
Art. 19 Behandlung festgehaltener Personen
(1) ¹Wird eine Person auf Grund von Art. 13 Abs. 2 Satz 3, Art. 14 Abs. 7, Art. 15 Abs. 3 oder Art. 17 festgehalten, ist ihr unverzüglich der Grund bekanntzugeben; sie ist über die ihr zustehenden Rechtsmittel zu belehren. ²Zu der Belehrung gehört der Hinweis, daß eine etwaige Aussage freiwillig erfolgt.
(2) ¹Der festgehaltenen Person ist unverzüglich Gelegenheit zu geben, einen Angehörigen oder eine Person ihres Vertrauens zu benachrichtigen, soweit dadurch der Zweck der Freiheitsentziehung nicht gefährdet wird. ²Unberührt bleibt die Benachrichtigungspflicht bei einer richterlichen Freiheitsentziehung. ³Die Polizei hat die Benachrichtigung zu übernehmen, wenn die festgehaltene Person nicht in der Lage ist, von dem Recht nach Satz 1 Gebrauch zu machen und die Benachrichtigung ihrem mutmaßlichen Willen nicht widerspricht. ⁴Ist die festgehaltene Person minderjährig oder ist für sie ein Betreuer mit dem Aufgabenkreis der Personensorge oder der Aufenthaltsbestimmung bestellt, so ist in jedem Fall unverzüglich der Betreuer oder derjenige zu benachrichtigen, dem die Sorge für die Person obliegt.
(3) ¹Die festgehaltene Person soll gesondert, insbesondere ohne ihre Einwilligung nicht in demselben Raum mit Straf- oder Untersuchungsgefangenen untergebracht werden. ²Männer und Frauen sollen getrennt untergebracht werden. ³Der festgehaltenen Person dürfen nur solche Beschränkungen auferlegt werden, die der Zweck der Freiheitsentziehung oder die Ordnung im Gewahrsam erfordert. ⁴ Art. 96 Abs. 1 und 2 des Bayerischen Strafvollzugsgesetzes (BayStVollzG) und hinsichtlich der Verwendung technischer Mittel zudem Art. 33 Abs. 6 gelten entsprechend.
Art. 20 Dauer der Freiheitsentziehung
(1) Die festgehaltene Person ist zu entlassen,
sobald der Grund für die Maßnahme der Polizei weggefallen ist,
wenn die Fortdauer der Freiheitsentziehung durch richterliche Entscheidung für unzulässig erklärt wird,
in jedem Fall spätestens bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen, wenn nicht vorher die Fortdauer der Freiheitsentziehung durch richterliche Entscheidung angeordnet ist.
(2) ¹In der richterlichen Entscheidung ist die höchstzulässige Dauer der Freiheitsentziehung zu bestimmen. ²Sie darf jeweils nicht mehr als einen Monat betragen und kann insgesamt nur bis zu einer Gesamtdauer von zwei Monaten verlängert werden.
Art. 21 Durchsuchung von Personen
(1) Die Polizei kann, außer in den Fällen des Art. 13 Abs. 2 Satz 5 eine Person durchsuchen, wenn
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sie Sachen mit sich führt, die sichergestellt werden dürfen,
sie sich erkennbar in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand oder sonst in hilfloser Lage befindet,
eine drohende Gefahr für ein bedeutendes Rechtsgut vorliegt,
sie sich an einem der in Art. 13 Abs. 1 Nr. 2 oder 5 genannten Ort aufhält oder
sie sich in einem Objekt im Sinn des Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 oder in dessen unmittelbarer Nähe aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß in oder an Objekten dieser Art Straftaten begangen werden sollen.
(2) Die Polizei kann eine Person, deren Identität nach diesem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften festgestellt werden soll oder die nach diesem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften festgehalten werden kann, nach Waffen, anderen gefährlichen Werkzeugen und Explosionsmitteln durchsuchen, wenn dies nach den Umständen zum Schutz des Polizeibeamten oder eines Dritten gegen eine Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist.
(3) Personen dürfen nur von Personen gleichen Geschlechts oder Ärzten durchsucht werden; dies gilt nicht, wenn die sofortige Durchsuchung zum Schutz gegen eine Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist.
Art. 22 Durchsuchung von Sachen
(1) Die Polizei kann außer in den Fällen des Art. 13 Abs. 2 Satz 5 eine Sache durchsuchen, wenn
sie von einer Person mitgeführt wird, die nach Art. 21 durchsucht werden darf,
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sich in ihr eine Person befindet, die
in Gewahrsam genommen werden darf,
widerrechtlich festgehalten wird oder
hilflos ist,
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sich in ihr eine andere Sache befindet, die sichergestellt werden darf,
sie sich an einem der in Art. 13 Abs. 1 Nr. 2 oder 5 genannten Ort befindet oder
sie sich in einem Objekt im Sinn des Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 oder in dessen unmittelbarer Nähe befindet und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß Straftaten in oder an Objekten dieser Art begangen werden sollen,
es sich um eine bewegliche Sache handelt, die sich an einer Kontrollstelle nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 befindet.
(2) ¹Betrifft die Durchsuchung ein elektronisches Speichermedium, können auch vom Durchsuchungsobjekt räumlich getrennte Speichermedien durchsucht werden, soweit von diesem aus auf sie zugegriffen werden kann. ²Personenbezogene Daten dürfen darüber hinaus nur dann weiterverarbeitet werden, wenn dies gesetzlich zugelassen ist.
(3) ¹Bei der Durchsuchung vor Ort hat der Inhaber der tatsächlichen Gewalt das Recht, anwesend zu sein. ²Ist er abwesend, so sollen sein Vertreter oder ein anderer Zeuge hinzugezogen werden.
(4) Dem Inhaber der tatsächlichen Gewalt ist auf Verlangen eine Bescheinigung über die Durchsuchung und ihren Grund zu erteilen.
Art. 23 Betreten und Durchsuchen von Wohnungen
(1) ¹Die Polizei kann eine Wohnung ohne Einwilligung des Inhabers betreten und durchsuchen, wenn
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sich in ihr eine Person befindet, die nach Art. 15 Abs. 3 vorgeführt oder nach Art. 17 in Gewahrsam genommen werden darf,
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sich in ihr eine Sache befindet, die nach Art. 25 Abs. 1 Nr. 1 sichergestellt werden darf, oder
das zur Abwehr einer dringenden Gefahr für ein bedeutendes Rechtsgut erforderlich ist.
²Die Wohnung umfaßt die Wohn- und Nebenräume, Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume sowie anderes befriedetes Besitztum.
(2) Während der Nachtzeit (§ 104 Abs. 3 StPO) ist das Betreten und Durchsuchen einer Wohnung in den Fällen des Abs. 1 nur zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für ein bedeutendes Rechtsgut zulässig.
(3) Wohnungen dürfen jedoch zur Abwehr dringender Gefahren jederzeit betreten werden, wenn
aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte anzunehmen ist, daß dort
Personen Straftaten verabreden, vorbereiten oder verüben,
sich Personen ohne erforderliche Aufenthaltserlaubnis treffen oder
sich Straftäter verbergen, oder
sie der Prostitution dienen oder
sie als Unterkunft oder dem sonstigen, auch vorübergehenden Aufenthalt von Asylbewerbern und unerlaubt Aufhältigen dient.
(4) Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume sowie andere Räume und Grundstücke, die der Öffentlichkeit zugänglich sind oder zugänglich waren und den Anwesenden zum weiteren Aufenthalt zur Verfügung stehen, dürfen zum Zweck der Gefahrenabwehr (Art. 2 Abs. 1) während der Arbeits-, Geschäfts- oder Aufenthaltszeit betreten werden.
Art. 24 Verfahren bei der Durchsuchung von Wohnungen
(1) Durchsuchungen von Wohnungen dürfen, außer bei Gefahr im Verzug, nur durch den Richter angeordnet werden.
(2) ¹Bei der Durchsuchung einer Wohnung hat der Wohnungsinhaber das Recht, anwesend zu sein. ²Ist er abwesend, so ist, wenn möglich, sein Vertreter, ein erwachsener Angehöriger oder ein nicht beteiligter Zeuge zuzuziehen.
(3) Dem Wohnungsinhaber oder seinem Vertreter ist der Grund der Durchsuchung unverzüglich bekanntzugeben, soweit dadurch der Zweck der Maßnahme nicht gefährdet wird.
(4) ¹Über die Durchsuchung ist eine Niederschrift zu fertigen. ²Sie muß die verantwortliche Dienststelle, Grund, Zeit und Ort der Durchsuchung und ihr Ergebnis enthalten. ³Die Niederschrift ist von einem durchsuchenden Beamten und dem Wohnungsinhaber oder der zugezogenen Person zu unterzeichnen. ⁴Wird die Unterschrift verweigert, so ist hierüber ein Vermerk aufzunehmen. ⁵Dem Wohnungsinhaber oder seinem Vertreter ist auf Verlangen eine Abschrift der Niederschrift auszuhändigen.
(5) Ist die Anfertigung der Niederschrift oder die Aushändigung einer Abschrift nach den besonderen Umständen des Falls nicht möglich oder würde sie den Zweck der Durchsuchung gefährden, so sind dem Betroffenen lediglich die Durchsuchung unter Angabe der verantwortlichen Dienststelle sowie Zeit und Ort der Durchsuchung schriftlich zu bestätigen.
Art. 25 Sicherstellung
(1) Die Polizei kann eine Sache sicherstellen
zur Abwehr
einer gegenwärtigen Gefahr oder
einer Gefahr oder einer drohenden Gefahr für ein bedeutendes Rechtsgut,
um den Eigentümer oder den rechtmäßigen Inhaber der tatsächlichen Gewalt vor Verlust oder Beschädigung einer Sache zu schützen, oder
wenn sie von einer Person mitgeführt wird, die nach diesem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften festgehalten wird, und diese Person die Sache verwenden kann, um
sich zu töten oder zu verletzen,
Leben oder Gesundheit anderer zu schädigen,
fremde Sachen zu beschädigen oder
sich oder anderen die Flucht zu ermöglichen oder zu erleichtern.
(2) ¹Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 kann die Polizei durch Pfändung auch eine Forderung sowie sonstige Vermögensrechte sicherstellen. ²Die Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO) über die Zwangsvollstreckung in Forderungen und andere Vermögensrechte sind sinngemäß anzuwenden.
(3) ¹Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 kann die Polizei auch Daten sicherstellen und erforderlichenfalls den weiteren Zugriff auf diese ausschließen, wenn andernfalls die Abwehr der Gefahr, der Schutz vor Verlust oder die Verhinderung der Verwendung aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. ² Art. 22 Abs. 2 Satz 1 sowie Art. 48 Abs. 5 bis 7 und Art. 49 Abs. 5 gelten entsprechend. ³Daten, die nach diesen Vorschriften nicht weiterverarbeitet werden dürfen, sind zu löschen, soweit es sich nicht um Daten handelt, die zusammen mit dem Datenträger sichergestellt wurden, auf dem sie gespeichert sind; Löschungen sind zu dokumentieren. ⁴Die Bestimmungen in den Art. 26, 27 Abs. 4 und Art. 28 Abs. 2 hinsichtlich Verwahrung, Benachrichtigung, Vernichtung und Herausgabe gelten unter Berücksichtigung der unkörperlichen Natur von Daten sinngemäß.
Art. 26 Verwahrung sichergestellter Sachen
(1) ¹Sichergestellte Sachen sind in Verwahrung zu nehmen. ²Läßt die Beschaffenheit der Sachen das nicht zu oder erscheint die Verwahrung bei der Polizei unzweckmäßig, sind die Sachen auf andere geeignete Weise aufzubewahren oder zu sichern. ³In diesem Fall kann die Verwahrung auch einem Dritten übertragen werden.
(2) ¹Dem Betroffenen ist eine Bescheinigung auszustellen, die den Grund der Sicherstellung erkennen läßt und die sichergestellten Sachen bezeichnet. ²Kann nach den Umständen des Falls eine Bescheinigung nicht ausgestellt werden, so ist über die Sicherstellung eine Niederschrift aufzunehmen, die auch erkennen läßt, warum eine Bescheinigung nicht ausgestellt worden ist. ³Der Eigentümer oder der rechtmäßige Inhaber der tatsächlichen Gewalt ist unverzüglich zu unterrichten.
(3) ¹Wird eine sichergestellte Sache verwahrt, so hat die Polizei nach Möglichkeit Wertminderungen vorzubeugen. ²Das gilt nicht, wenn die Sache durch den Dritten auf Verlangen eines Berechtigten verwahrt wird.
(4) Die verwahrten Sachen sind zu verzeichnen und so zu kennzeichnen, daß Verwechslungen vermieden werden.
Art. 27 Verwertung und Vernichtung sichergestellter Sachen
(1) Die Verwertung einer sichergestellten Sache ist zulässig, wenn
ihr Verderb oder eine wesentliche Wertminderung droht,
ihre Verwahrung, Pflege oder Erhaltung mit unverhältnismäßig hohen Kosten oder Schwierigkeiten verbunden ist,
sie infolge ihrer Beschaffenheit nicht so verwahrt werden kann, daß weitere Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeschlossen sind,
sie nach einer Frist von einem Jahr nicht an einen Berechtigten herausgegeben werden kann, ohne daß die Voraussetzungen der Sicherstellung erneut eintreten würden, oder
der Berechtigte sie nicht innerhalb einer ausreichend bemessenen Frist abholt, obwohl ihm eine Mitteilung über die Frist mit dem Hinweis zugestellt worden ist, daß die Sache verwertet wird, wenn sie nicht innerhalb der Frist abgeholt wird.
(2) ¹Der Betroffene, der Eigentümer und andere Personen, denen ein Recht an der Sache zusteht, sollen vor der Verwertung gehört werden. ²Die Anordnung sowie Zeit und Ort der Verwertung sind ihnen mitzuteilen, soweit die Umstände und der Zweck der Maßnahme es erlauben.
(3) ¹Die Sache wird durch öffentliche Versteigerung verwertet; § 979 Abs. 1 bis 1b BGB gilt entsprechend. ²Bleibt die Versteigerung erfolglos, erscheint sie von vornherein aussichtslos oder würden die Kosten der Versteigerung voraussichtlich den zu erwartenden Erlös übersteigen, so kann die Sache freihändig verkauft werden. ³Der Erlös tritt an die Stelle der verwerteten Sache. ⁴Läßt sich innerhalb angemessener Frist kein Käufer finden, so kann die Sache einem gemeinnützigen Zweck zugeführt werden. ⁵Bei der Verwertung von Datenträgern ist sicherzustellen, dass zuvor personenbezogene Daten dem Stand der Technik entsprechend gelöscht wurden.
(4) ¹Sichergestellte Sachen können unbrauchbar gemacht oder vernichtet werden, wenn
im Fall einer Verwertung die Gründe, die zu ihrer Sicherstellung berechtigten, fortbestehen oder Sicherstellungsgründe erneut entstehen würden, oder
die Verwertung aus anderen Gründen nicht möglich ist.
² Abs. 2 gilt sinngemäß.
Art. 28 Beendigung der Sicherstellung, Kosten
(1) Die Sicherstellung ist zu beenden, sobald ihre Voraussetzungen entfallen sind.
(2) ¹Sachen sind an denjenigen herauszugeben, bei dem sie sichergestellt wurden. ²Ist das nicht möglich, können sie an jeden herausgegeben werden, der eine Berechtigung an der Sache glaubhaft macht. ³Die Herausgabe ist ausgeschlossen, wenn dadurch erneut die Voraussetzungen für eine Sicherstellung eintreten würden.
(3) ¹Die Sicherstellung im Sinn des Art. 25 Abs. 2 darf nicht länger als ein Jahr aufrechterhalten werden. ²Kann das Vermögensrecht nicht freigegeben werden, ohne dass die Voraussetzungen der Sicherstellung erneut eintreten, kann die Sicherstellung mit gerichtlicher Zustimmung um jeweils ein weiteres Jahr verlängert werden.
(4) ¹Sind sichergestellte Sachen verwertet worden, ist der Erlös herauszugeben. ²Ist ein Berechtigter nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln, ist der Erlös nach den Vorschriften des BGB zu hinterlegen. ³Der Anspruch des Berechtigten auf Herausgabe des Erlöses erlischt drei Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem die Sache verwertet worden ist.
(5) ¹Für die Sicherstellung, Verwertung und für Maßnahmen nach Art. 27 Abs. 4 werden Kosten erhoben. ²Die Kosten und die Benutzungsgebühren für die Verwahrung haben die nach Art. 7 oder 8 Verantwortlichen zu tragen. ³Die Herausgabe der Sache kann von der Zahlung der geschuldeten Beträge abhängig gemacht werden; ist eine Sache verwertet worden, so können die geschuldeten Beträge aus dem Erlös gedeckt werden. ⁴Im übrigen gilt das Kostengesetz.
(6) § 983 BGB bleibt unberührt.
Art. 29
III. Abschnitt Datenverarbeitung
Art. 30 Allgemeine Grundsätze
(1) Vorbehaltlich abweichender Regelung gelten die Vorschriften dieses Abschnitts für alle Datenverarbeitungen der Polizei nach diesem Gesetz, unabhängig davon, ob diese in Akten, Dateien oder anderer Form erfolgen.
(2) ¹Die Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten ist zulässig,
soweit andernfalls die Erfüllung polizeilicher Aufgaben, insbesondere die Verhütung oder Unterbindung von Straftaten, gefährdet oder wesentlich erschwert ist,
zur Abwehr von
Gefahren oder
drohenden Gefahren für ein bedeutendes Rechtsgut,
wenn der Betroffene der Datenverarbeitung schriftlich zugestimmt hat und die Daten nur für den Zweck verarbeitet werden, zu dem die Zustimmung erteilt wurde; vor Erteilung der Zustimmung ist der Betroffene über den Zweck der Verarbeitung sowie darüber aufzuklären, dass er die Zustimmung verweigern sowie jederzeit widerrufen kann,
wenn der Betroffene sie bereits offensichtlich öffentlich gemacht hat oder
wenn dies zu Zwecken der Eigensicherung erforderlich ist.
²Solche Daten sollen besonders gekennzeichnet und der Zugriff darauf besonders ausgestaltet werden, wenn und soweit dies der Schutz des Betroffenen erfordert.
(3) Soweit möglich soll erkennbar werden, ob Daten auf Tatsachen oder persönlichen Einschätzungen beruhen.
(4) Bei einer Datenverarbeitung im Zusammenhang mit einer begangenen oder drohenden Straftat soll nach Möglichkeit unterschieden werden, ob die Daten
Verdächtige,
Verurteilte,
Opfer oder
andere Personen
betreffen.
Art. 31 Grundsätze der Datenerhebung
(1) Die Polizei darf personenbezogene Daten nur erheben, soweit dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist.
(2) ¹Personenbezogene Daten sind grundsätzlich bei dem Betroffenen zu erheben. ²Sie können auch bei Behörden, sonstigen öffentlichen Stellen oder bei Dritten erhoben werden, wenn die Datenerhebung beim Betroffenen nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand möglich ist oder die Erfüllung der polizeilichen Aufgaben gefährden würde.
(3) ¹Personenbezogene Daten sind von der Polizei grundsätzlich offen zu erheben. ²Die Polizei informiert in allgemeiner und jedermann zugänglicher Form über
die Zwecke, zu denen personenbezogene Daten verarbeitet werden,
den Namen und die Kontaktdaten der erhebenden Stelle und des behördlichen Datenschutzbeauftragten,
das Recht, sich an den Landesbeauftragten für den Datenschutz (Landesbeauftragter) zu wenden sowie dessen Kontaktdaten und
die Rechte auf Auskunft, Berichtigung, Löschung und Einschränkung der Verarbeitung personenbezogener Daten.
³Die Polizei informiert auf Verlangen darüber hinaus in geeigneter Weise über die Rechtsgrundlage der Datenerhebung sowie eine im Einzelfall bestehende gesetzliche Auskunftspflicht oder die Freiwilligkeit der Auskunft.
(4) ¹Eine Datenerhebung, die nicht als polizeiliche Maßnahme erkennbar sein soll, ist zulässig, wenn
die Erfüllung polizeilicher Aufgaben auf andere Weise gefährdet oder wesentlich erschwert würde oder
anzunehmen ist, dass dies überwiegenden Interessen oder Belangen des Betroffenen oder Dritter dient.
²Die Information nach Abs. 3 Satz 3 kann in diesen Fällen zunächst unterbleiben. ³Sind die Voraussetzungen für eine Datenerhebung im Sinn des Satzes 1 entfallen, ist der Betroffene zu benachrichtigen und sind unterbliebene Informationen unverzüglich zu erteilen. ⁴Dies kann in den Fällen des Satzes 1 auch auf Dauer unterbleiben, wenn es sich nur um einen kurzfristigen Eingriff handelt, an den sich keine Folgemaßnahmen anschließen. ⁵Die Benachrichtigung hat zumindest die Angaben nach Abs. 3 Satz 2, die Rechtsgrundlage der Datenerhebung und gegebenenfalls der weiteren Verarbeitung, Informationen über die mutmaßliche Dauer der Datenspeicherung oder, falls diese Angabe nicht möglich ist, Kriterien hierfür sowie gegebenenfalls über die Kategorien der Empfänger der Daten zu enthalten. ⁶Bezieht sich die Benachrichtigung auf die Herkunft personenbezogener Daten von oder deren Übermittlung an Verfassungsschutzbehörden des Bundes oder der Länder, den Bundesnachrichtendienst oder den Militärischen Abschirmdienst, ist sie nur nach Zustimmung dieser Stellen zulässig.
(5) Die Vorschriften des 2. Unterabschnitts über besondere Befugnisse und Maßnahmen der Datenerhebung bleiben unberührt.
Art. 32 Datenerhebung
(1) Die Polizei kann personenbezogene Daten über die in Art. 7, 8 und 10 genannten Personen und über andere Personen erheben, wenn dies erforderlich ist
zur Gefahrenabwehr (Art. 2 Abs. 1), insbesondere
zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten sowie
zu Zwecken des Personenschutzes, soweit sich die diesbezügliche Gefahrenabwehr auf ein bedeutendes Rechtsgut bezieht,
zum Schutz privater Rechte (Art. 2 Abs. 2),
zur Vollzugshilfe (Art. 2 Abs. 3) oder
zur Erfüllung ihr durch andere Rechtsvorschriften übertragener Aufgaben (Art. 2 Abs. 4)
und die Art. 11 bis 65 die Befugnisse der Polizei nicht besonders regeln.
(2) Die Polizei kann ferner über
Verantwortliche für Anlagen oder Einrichtungen, von denen eine erhebliche Gefahr ausgehen kann,
Verantwortliche für gefährdete Anlagen oder Einrichtungen,
Verantwortliche für Veranstaltungen in der Öffentlichkeit,
Personen, deren besondere Kenntnisse und Fähigkeiten zur Gefahrenabwehr benötigt werden,
Namen, Vornamen, akademische Grade, Anschriften, Telefonnummern und andere Informationen über die Erreichbarkeit sowie nähere Angaben über die Zugehörigkeit zu einer der genannten Personengruppen erheben, soweit dies zur Vorbereitung für die Hilfeleistung in Gefahrenfällen erforderlich ist.
Art. 32a Molekulargenetische Untersuchung bei Spurenmaterial unbekannter Herkunft
(1) ¹Die Polizei kann auf Anordnung durch den Richter personenbezogene Daten durch molekulargenetische Untersuchung aufgefundenen Spurenmaterials unbekannter Herkunft erheben, wenn dies zur Gefahrenabwehr (Art. 2 Abs. 1) erforderlich ist. ²Die molekulargenetische Untersuchung darf nur zum Zwecke der Feststellung des DNA-Identifizierungsmusters, des Geschlechts, der Augen-, Haar- und Hautfarbe und des biologischen Alters des Spurenverursachers durchgeführt werden. ³Andere Feststellungen als die in Satz 2 genannten dürfen nicht getroffen werden. ⁴Hierauf gerichtete Untersuchungen sind unzulässig. ⁵Für die Durchführung der Untersuchung gilt Art. 14 Abs. 5 Satz 5 entsprechend.
(2) ¹Die DNA-Identifizierungsmuster können in einer Datei gespeichert werden. ²Die DNA-Identifizierungsmuster sind unverzüglich zu löschen, wenn der Zweck der Maßnahme nach Abs. 1 erreicht ist und soweit sie nicht nach anderen Rechtsvorschriften aufbewahrt werden dürfen. ³ Art. 63 Abs. 2 und 3 gilt entsprechend.
Art. 33 Offene Bild- und Tonaufnahmen
(1) Die Polizei kann bei oder im Zusammenhang mit öffentlichen Veranstaltungen oder Ansammlungen personenbezogene Daten offen
auch durch den Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Bild- und Tonaufnahmen oder -aufzeichnungen über die für eine Gefahr Verantwortlichen erheben, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass dabei Ordnungswidrigkeiten von erheblicher Bedeutung oder Straftaten begangen werden, oder
mittels
Bildaufnahmen oder Übersichtsaufnahmen oder
Übersichtsaufzeichnungen
erheben, wenn dies wegen der Größe oder Unübersichtlichkeit der Örtlichkeit erforderlich ist; die gezielte Feststellung der Identität einer auf der Übersichtsaufzeichnung abgebildeten Person ist nur unter den Voraussetzungen der Nr. 1 zulässig.
(2) Die Polizei kann
zur Abwehr
einer Gefahr oder
einer drohenden Gefahr für ein bedeutendes Rechtsgut,
an den in Art. 13 Abs. 1 Nr. 2 genannten Orten, wenn sie öffentlich zugänglich sind, oder
an Orten, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass dort Ordnungswidrigkeiten von erheblicher Bedeutung oder Straftaten begangen werden, wenn diese Orte öffentlich zugänglich sind,
offen Bild- und Tonaufnahmen oder -aufzeichnungen von Personen anfertigen.
(3) Die Polizei kann an oder in den in Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 genannten Objekten offen Bild- und Tonaufnahmen oder -aufzeichnungen von Personen anfertigen, soweit tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, daß an oder in Objekten dieser Art Straftaten begangen werden sollen, durch die Personen, diese Objekte oder andere darin befindliche Sachen gefährdet sind.
(4) ¹Die Polizei kann bei Maßnahmen der Gefahrenabwehr an öffentlich zugänglichen Orten Personen offen mittels automatisierter Bild- und Tonaufzeichnung, insbesondere auch mit körpernah getragenen Aufnahmegeräten, kurzfristig technisch erfassen, wenn dies zum Schutz von Polizeibeamten oder Dritten erforderlich ist. ²Verarbeitungsfähige Aufzeichnungen dürfen gefertigt werden, wenn dies nach den Umständen zum Schutz von Polizeibeamten oder eines Dritten vor Gefahren für ein bedeutendes Rechtsgut erforderlich ist. ³In Wohnungen dürfen Maßnahmen nach diesem Absatz nur zur Abwehr einer dringenden Gefahr für Leben, Gesundheit oder Freiheit einer Person erfolgen, sofern damit nicht die Überwachung der Wohnung verbunden ist. ⁴Der Einsatz von körpernah getragenen Aufzeichnungsgeräten in Wohnungen soll gegenüber den Betroffenen in geeigneter Weise dokumentiert werden. ⁵Eine Verwertung der nach Satz 3 erlangten Erkenntnisse ist zum Zweck der Gefahrenabwehr nur zulässig, wenn zuvor die Rechtmäßigkeit der Maßnahme richterlich festgestellt wurde. ⁶In Wohnungen darf zudem keine kurzfristige technische Erfassung ohne unverzügliche Fertigung verarbeitungsfähiger Aufzeichnungen erfolgen. ⁷Es ist sicherzustellen, dass im Falle einer kurzfristigen technischen Erfassung im Sinn von Satz 1, an die sich keine unverzügliche Fertigung verarbeitungsfähiger Aufzeichnungen anschließt, die betroffenen personenbezogenen Daten unverzüglich gelöscht werden.
(5) Bei Maßnahmen nach den Abs. 1 bis 3 dürfen Systeme zur automatischen Erkennung und Auswertung von Mustern bezogen auf Gegenstände einschließlich der automatischen Systemsteuerung zu diesem Zweck verwendet werden, soweit dies die jeweilige Gefahrenlage auf Grund entsprechender Erkenntnisse erfordert.
(6) ¹Die Polizei weist bei Maßnahmen nach den Abs. 1 bis 4 in geeigneter Weise auf die Bild- und Tonaufnahmen und -aufzeichnungen hin, soweit diese nicht offenkundig sind oder Gefahr im Verzug besteht. ²Auf die Verwendung von Systemen im Sinn von Abs. 5 ist dabei gesondert hinzuweisen.
(7) Maßnahmen nach den Abs. 1 bis 5 dürfen auch dann durchgeführt werden, wenn Dritte unvermeidlich betroffen werden.
(8) ¹Bild- und Tonaufnahmen oder -aufzeichnungen und daraus gefertigte Unterlagen sind spätestens zwei Monate nach der Datenerhebung zu löschen oder zu vernichten, soweit diese nicht benötigt werden
zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten von erheblicher Bedeutung oder Straftaten, oder
zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit der polizeilichen Maßnahme, wenn eine solche Überprüfung zu erwarten steht.
²Die Löschung ist zu dokumentieren.
(9) Für Bild- und Tonaufnahmen oder -aufzeichnungen durch die Polizei bei oder im Zusammenhang mit öffentlichen Versammlungen und Aufzügen gilt Art. 9 BayVersG.
Art. 34 Elektronische Aufenthaltsüberwachung
(1) ¹Zur Abwehr einer Gefahr oder einer drohenden Gefahr für ein bedeutendes Rechtsgut kann durch den Richter gegenüber der dafür verantwortlichen Person angeordnet werden, die für eine elektronische Überwachung ihres Aufenthaltsorts erforderlichen technischen Mittel ständig in betriebsbereitem Zustand bei sich zu führen und deren Funktionsfähigkeit nicht zu beeinträchtigen. ²Eine Anordnung kann insbesondere mit Maßnahmen nach Art. 16 Abs. 2 verbunden werden. ³Die Maßnahme ist zu beenden, sobald der Grund hierfür entfallen ist.
(2) ¹Die Polizei darf mit Hilfe der von der verantwortlichen Person mitgeführten technischen Mittel automatisiert Daten über deren Aufenthaltsort sowie über etwaige Beeinträchtigungen der Datenerhebung erheben und speichern. ²Soweit es technisch möglich ist, ist sicherzustellen, dass innerhalb von Wohnungen keine über den Umstand der Anwesenheit der verantwortlichen Person hinausgehende Aufenthaltsdaten erhoben werden.
(3) Soweit dies zur Erfüllung des Überwachungszwecks erforderlich ist, dürfen die erhobenen Daten auf Anordnung durch den Richter zu einem Bewegungsbild verbunden werden.
(4) ¹In der schriftlichen Anordnung sind Adressat und Art sowie einzelfallabhängig Umfang und Dauer der Maßnahme zu bestimmen und die wesentlichen Gründe anzugeben. ²Die Maßnahme ist auf höchstens drei Monate zu befristen und kann um jeweils längstens drei Monate verlängert werden.
(5) ¹Die nach Abs. 1 erhobenen Daten sind spätestens zwei Monate nach Beendigung der Maßnahme zu löschen, soweit sie nicht zulässigerweise für andere Zwecke verarbeitet werden. ²Bei jedem Abruf sind der Zeitpunkt, die abgerufenen Daten, der Bearbeiter und der Grund des Abrufs samt Geschäftszeichen zu protokollieren.
Art. 35 Postsicherstellung
(1) ¹Die Polizei kann auf Anordnung durch den Richter ohne Wissen des Betroffenen Postsendungen sicherstellen, wenn sich diese im Gewahrsam von Personen oder Unternehmen befinden, die geschäftsmäßig Post- oder Telekommunikationsdienste erbringen oder daran mitwirken (Postdienstleister), und von einer Person versandt wurden oder an eine Person gerichtet sind,
die für eine Gefahr oder eine drohende Gefahr für ein in Art. 11a Abs. 2 Nr. 1, 2 oder Nr. 4 genanntes bedeutendes Rechtsgut verantwortlich ist, oder
bei der bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie für eine Person nach Nr. 1 bestimmte oder von dieser herrührende Postsendungen entgegennimmt oder weitergibt und sie daher in Zusammenhang mit der Gefahrenlage steht, ohne diesbezüglich das Recht zur Verweigerung des Zeugnisses nach den §§ 53, 53a StPO zu haben,
sofern die Abwehr der Gefahr auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. ²Postdienstleister haben die Sicherstellung zu ermöglichen und unter den Voraussetzungen des Satzes 1 der Polizei auf Verlangen Auskünfte über derzeit oder ehemals in ihrem Gewahrsam befindliche oder angekündigte Postsendungen zu erteilen.
(2) ¹In der schriftlichen Anordnung sind einzelfallabhängig anzugeben:
der Adressat der Maßnahme, möglichst mit Namen und Anschrift,
die Dauer,
eine möglichst genaue Bezeichnung des Auskunftsverlangens und der der Sicherstellung unterliegenden Postsendungen sowie
die wesentlichen Gründe.
²Die Maßnahme ist auf höchstens drei Monate zu befristen und kann um jeweils längstens drei Monate verlängert werden.
(3) ¹Die Öffnung der ausgelieferten Postsendungen steht dem Gericht zu. ²In Eilfällen kann es diese Befugnis auf die Polizei übertragen. ³Bestehen Zweifel hinsichtlich der Verwertbarkeit der erlangten Erkenntnisse, hat die Entscheidung hierüber im Benehmen mit der in Art. 41 Abs. 5 Satz 1 genannten Stelle zu erfolgen.
(4) ¹Ist eine Übertragung nach Abs. 3 Satz 2 nicht erfolgt, legt die Polizei die ihr ausgelieferten Postsendungen unverzüglich ohne vorherige inhaltliche Kenntnisnahme und ungeöffnet dem Gericht vor. ²Dieses entscheidet unverzüglich über die Öffnung.
(5) Postsendungen sind unverzüglich an den vorgesehenen Empfänger weiterzuleiten, soweit
ihre Öffnung nicht angeordnet wurde oder
nach der Öffnung die Zurückbehaltung zur Gefahrenabwehr nicht mehr erforderlich ist.
Art. 36 Besondere Mittel der Datenerhebung
(1) Besondere Mittel der Datenerhebung sind
die planmäßig angelegte Beobachtung einer Person, die durchgehend länger als 24 Stunden oder an mehr als zwei Tagen durchgeführt werden soll (längerfristige Observation),
der verdeckte Einsatz technischer Mittel
zum Abhören oder zur Aufzeichnung des außerhalb von Wohnungen nichtöffentlich gesprochenen Wortes,
zur Feststellung des Standortes oder der Bewegungen einer Person oder einer beweglichen Sache, mit dem Ziel der Erstellung eines Bewegungsbildes,
zur Feststellung des Standortes oder der Bewegung einer Person oder einer beweglichen Sache, ohne dass ein Bewegungsbild erstellt werden soll,
zur Anfertigung von Bildaufzeichnungen außerhalb von Wohnungen, auch unter Verwendung von Systemen zur automatischen Erkennung und Auswertung von Mustern im Sinn von Art. 33 Abs. 5 und zum automatischen Datenabgleich,
zur Anfertigung von Bildaufnahmen außerhalb von Wohnungen, auch unter Verwendung von Systemen zur automatischen Erkennung und Auswertung von Mustern im Sinn von Art. 33 Abs. 5 und zum automatischen Datenabgleich.
(2) ¹Die Polizei kann zur Abwehr einer Gefahr oder einer drohenden Gefahr für ein bedeutendes Rechtsgut personenbezogene Daten mit den besonderen Mitteln nach Abs. 1 erheben über
die hierfür Verantwortlichen,
Kontakt- und Begleitpersonen, wenn bestimmte Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass sie mit der Gefahrenlage in Zusammenhang stehen oder
unter den Voraussetzungen des Art. 10 über die dort genannten Personen,
wenn andernfalls die Erfüllung polizeilicher Aufgaben gefährdet oder wesentlich erschwert würde. ²Datenerhebungen dürfen auch durchgeführt werden, wenn Dritte unvermeidbar betroffen werden.
(3) Maßnahmen unter Einsatz besonderer Mittel der Datenerhebung nach Abs. 1 Nr. 1 und 2 Buchst. a und b dürfen nur durch den Richter angeordnet werden.
(4) ¹Maßnahmen unter Einsatz besonderer Mittel der Datenerhebung nach Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c und d dürfen nur durch den Leiter des Landeskriminalamtes oder eines Präsidiums der Landespolizei angeordnet werden. ²Diese Anordnungsbefugnis kann auf Polizeivollzugsbeamte, die die Ausbildungsqualifizierung für die Ämter ab der vierten Qualifikationsebene absolviert haben, oder Beamte mit der Befähigung zum Richteramt, die in Ämter ab der vierten Qualifikationsebene, fachlicher Schwerpunkt Polizeivollzugsdienst gewechselt sind, übertragen werden.
(5) ¹Maßnahmen nach Abs. 1 Nr. 2 können auch zum Schutz der bei einem polizeilichen Einsatz tätigen Personen (Personenschutzmaßnahme) erfolgen. ²Soweit sie ausschließlich zum Schutz der bei einem polizeilichen Einsatz tätigen Personen erfolgen, werden sie abweichend von Abs. 3 durch den Leiter des Landeskriminalamtes oder eines Präsidiums der Landespolizei oder durch einen vom Leiter des Landeskriminalamtes oder eines Präsidiums der Landespolizei bestellten Beauftragten der Behörde oder den verantwortlichen Einsatzleiter angeordnet.
(6) ¹In den Fällen des Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b und c gelten Art. 34 Abs. 2 Satz 2 sowie Art. 49 Abs. 4 entsprechend, soweit die Maßnahme nicht ausschließlich als Personenschutzmaßnahme erfolgt. ²Im Fall des Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b gilt Art. 34 Abs. 3 entsprechend.
(7) ¹In der schriftlichen Anordnung von Maßnahmen nach Abs. 3 bis 5 sind Adressat und Art sowie einzelfallabhängig Umfang und Dauer der Maßnahme zu bestimmen und die wesentlichen Gründe anzugeben. ²Die jeweilige Maßnahme ist auf höchstens drei Monate zu befristen und kann um jeweils längstens drei Monate verlängert werden.
Art. 37 Einsatz Verdeckter Ermittler
(1) ¹Die Polizei kann personenbezogene Daten unter den Voraussetzungen und nach Maßgabe des Art. 36 Abs. 2 Satz 1 durch den Einsatz von Polizeibeamten unter einer Legende (Verdeckte Ermittler) erheben. ²Derartige Datenerhebungen dürfen auch erfolgen, wenn Dritte unvermeidbar betroffen sind.
(2) ¹Richtet sich der Einsatz eines Verdeckten Ermittlers gegen eine bestimmte Person oder soll eine nicht allgemein zugängliche Wohnung betreten werden, dürfen die Maßnahmen nur durch den Richter angeordnet werden. ² Art. 36 Abs. 7 Satz 1 gilt entsprechend. ³Die Anordnung ist auf höchstens sechs Monate zu befristen und kann um jeweils längstens sechs Monate verlängert werden.
(3) ¹In anderen als den in Abs. 2 Satz 1 genannten Fällen dürfen die Maßnahmen nur durch die in Art. 36 Abs. 4 Satz 1 und 2 genannten Personen angeordnet werden. ² Art. 36 Abs. 7 Satz 1 gilt entsprechend. ³Die Anordnung ist auf höchstens sechs Monate zu befristen und kann um jeweils längstens sechs Monate verlängert werden.
(4) ¹Soweit es für den Aufbau und die Aufrechterhaltung der Legende erforderlich ist, dürfen entsprechende Urkunden hergestellt, verändert oder gebraucht werden. ²Ein Verdeckter Ermittler darf mit Einverständnis des Berechtigten unter der Legende dessen Wohnung betreten. ³Er darf zur Erfüllung seines Auftrages unter der Legende am Rechtsverkehr teilnehmen. ⁴Die Sätze 1 und 3 gelten entsprechend für
das Auftreten und Handlungen eines Verdeckten Ermittlers in elektronischen Medien und Kommunikationseinrichtungen sowie
die polizeilichen Führungspersonen eines Verdeckten Ermittlers, soweit dies zur Vorbereitung, Durchführung, Lenkung oder Absicherung von dessen Einsatz erforderlich ist.
⁵Im Übrigen richten sich die Befugnisse eines Verdeckten Ermittlers nach den sonstigen Bestimmungen dieses Gesetzes und der StPO.
Art. 38 Einsatz von Vertrauenspersonen
(1) ¹Die Polizei kann personenbezogene Daten unter den Voraussetzungen und nach Maßgabe des Art. 36 Abs. 2 Satz 1 durch den Einsatz von Privatpersonen erheben, deren Zusammenarbeit mit der Polizei Dritten nicht bekannt ist (Vertrauenspersonen), wenn dies im Einzelfall zur Gefahrenabwehr erforderlich ist. ²Ein solcher Einsatz liegt nicht vor, soweit sich eine, auch wiederkehrende, polizeiliche Datenerhebung auf die Erlangung von bei dieser Person bereits vorhandenen und von dieser angebotenen Daten beschränkt. ³Datenerhebungen nach Satz 1 dürfen auch erfolgen, wenn Dritte unvermeidbar betroffen werden.
(2) ¹Richtet sich der Einsatz einer Vertrauensperson gegen eine bestimmte Person oder soll eine nicht allgemein zugängliche Wohnung betreten werden, dürfen die Maßnahmen nur durch den Richter angeordnet werden. ²Die Art. 36 Abs. 7 Satz 1 und Art. 37 Abs. 2 Satz 3 gelten entsprechend. ³Die Anordnung kann insbesondere auch nähere Maßgaben zur Führung der Vertrauensperson enthalten.
(3) ¹In anderen als den in Abs. 2 Satz 1 genannten Fällen dürfen die Maßnahmen nur durch die in Art. 36 Abs. 4 Satz 1 und 2 genannten Personen angeordnet werden. ²Die Art. 36 Abs. 7 Satz 1 und Art. 37 Abs. 3 Satz 3 gelten entsprechend.
(4) Vertrauenspersonen dürfen insbesondere nicht eingesetzt werden, um
in einer Person, die nicht zur Begehung von Straftaten bereit ist, den Entschluss zu wecken, solche zu begehen,
eine Person zur Begehung einer über ihre erkennbare Bereitschaft hinausgehenden Straftat zu bestimmen oder
Daten mit Mitteln oder Methoden zu erheben, die die Polizei nicht einsetzen dürfte.
(5) Als Vertrauensperson darf nicht eingesetzt werden, wer
nicht voll geschäftsfähig, insbesondere minderjährig ist,
an einem Aussteigerprogramm teilnimmt,
Mitglied des Europäischen Parlaments, des Deutschen Bundestages, eines Landesparlaments oder diesbezüglicher Mitarbeiter eines solchen Mitglieds ist oder
im Bundeszentralregister mit einer Verurteilung als Täter eines Totschlags (§§ 212, 213 des Strafgesetzbuchs – StGB) oder einer allein mit lebenslanger Haft bedrohten Straftat eingetragen ist.
(6) ¹Eine Vertrauensperson ist fortlaufend auf ihre Zuverlässigkeit zu überprüfen. ²Die von der Vertrauensperson bei einem Einsatz gewonnenen Informationen sind unverzüglich auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen. ³Ergeben sich begründete Zweifel an der Zuverlässigkeit, ist der Einsatz nicht durchzuführen oder zu beenden. ⁴Bei der Prüfung der Zuverlässigkeit ist insbesondere zu berücksichtigen, ob die einzusetzende Vertrauensperson
von den Geld- und Sachzuwendungen für die Tätigkeit auf Dauer als überwiegende Lebensgrundlage abhängen würde oder
im Bundeszentralregister mit einer Verurteilung wegen eines Verbrechens oder zu einer Freiheitsstrafe, deren Vollstreckung nicht zur Bewährung ausgesetzt wurde, eingetragen ist.
(7) Art. 37 Abs. 4 Satz 1 und 3 findet auf die polizeilichen Führungspersonen einer Vertrauensperson Anwendung, soweit dies zur Vorbereitung, Durchführung, Lenkung oder Absicherung ihres Einsatzes erforderlich ist.
Art. 39 Automatisierte Kennzeichenerkennungssysteme
(1) ¹Die Polizei kann durch den verdeckten Einsatz automatisierter Kennzeichenerkennungssysteme bei Vorliegen entsprechender Lageerkenntnisse in den Fällen des Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 Kennzeichen von Kraftfahrzeugen sowie Ort, Datum, Uhrzeit und Fahrtrichtung erfassen. ²Das gilt im Fall des Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a jedoch nur bei einer Gefahr für ein bedeutendes Rechtsgut und im Fall des Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 bei Durchgangsstraßen nur, soweit Europastraßen oder Bundesfernstraßen betroffen sind. ³Zulässig ist der Abgleich der Kennzeichen mit polizeilichen Fahndungsbeständen, die erstellt wurden
über Kraftfahrzeuge oder Kennzeichen,
die durch Straftaten oder sonst abhandengekommen sind oder
hinsichtlich derer auf Grund tatsächlicher Anhaltspunkte anzunehmen ist, dass sie bei der Begehung von Straftaten benutzt werden,
über Personen, die ausgeschrieben sind
zur polizeilichen Beobachtung, gezielten Kontrolle oder verdeckten Registrierung,
aus Gründen der Strafverfolgung, Strafvollstreckung, Auslieferung oder Überstellung,
zum Zweck der Durchführung ausländerrechtlicher Maßnahmen,
wegen gegen sie veranlasster polizeilicher Maßnahmen der Gefahrenabwehr.
⁴Ein Abgleich mit polizeilichen Dateien, die zur Abwehr von im Einzelfall oder im Hinblick auf bestimmte Ereignisse allgemein bestehenden Gefahren errichtet wurden, ist nur zulässig, wenn dies zur Abwehr einer solchen Gefahr erforderlich ist und diese Gefahr Anlass für die Kennzeichenerfassung war. ⁵Die Kennzeichenerfassung darf nicht flächendeckend eingesetzt werden.
(2) ¹Maßnahmen nach Abs. 1 dürfen nur von den in Art. 36 Abs. 4 Satz 1 und 2 genannten Personen angeordnet werden. ²In der schriftlichen Anordnung sind Adressat und Art, einzelfallabhängig Umfang und Dauer der Maßnahme sowie die Auswahl der Fahndungsbestände oder Dateien zu bestimmen und die wesentlichen Gründe einschließlich der zugrundeliegenden Lageerkenntnisse anzugeben.
(3) ¹Die nach Abs. 1 erfassten Kennzeichen sind nach Durchführung des Datenabgleichs unverzüglich zu löschen, soweit nicht ein Kennzeichen in den abgeglichenen Fahndungsbeständen oder Dateien enthalten ist. ²Außer in den Fällen des Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 Buchst. a dürfen Einzelerfassungen nicht zu einem Bewegungsbild verbunden werden. ³Abgleiche nach Abs. 1 dürfen nicht protokolliert werden.
Art. 40 Ausschreibung zur polizeilichen Beobachtung
(1) Unbeschadet der Möglichkeiten zur Ausschreibung nach dem Recht der Europäischen Union kann die Polizei personenbezogene Daten, insbesondere die Personalien einer Person sowie Kennzeichen eines von ihr benutzten Fahrzeugs, zur polizeilichen Beobachtung oder gezielten Kontrolle ausschreiben, wenn
die Gesamtwürdigung der Person einschließlich ihrer bisher begangenen Straftaten erwarten lässt, dass von ihr auch künftig eine Gefahr für bedeutende Rechtsgüter ausgeht,
sie für eine drohende Gefahr für bedeutende Rechtsgüter verantwortlich ist oder
tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass es sich um eine mutmaßlich mit der Gefahrenlage im Zusammenhang stehende Kontaktperson einer Person nach Nr. 1 oder Nr. 2 handelt.
(2) ¹Im Fall eines Antreffens der Personen im Sinn des Abs. 1 Nr. 1 bis 3 oder des Fahrzeugs können Erkenntnisse über das Antreffen sowie über mutmaßlich in Zusammenhang mit der Gefahrenlage stehende Begleitpersonen, Fahrzeugführer und mitgeführte Sachen an die ausschreibende Polizeidienststelle übermittelt werden. ²Ist die Ausschreibung zur gezielten Kontrolle erfolgt, gilt dies insbesondere auch für die aus Maßnahmen nach den Art. 13, 21 und 22 gewonnenen Erkenntnisse.
(3) ¹Die Ausschreibung zur polizeilichen Beobachtung oder gezielten Kontrolle darf nur durch die in Art. 36 Abs. 4 Satz 1 und 2 genannten Personen angeordnet werden. ² Art. 36 Abs. 7 Satz 1 gilt entsprechend. ³Die Maßnahme ist auf höchstens ein Jahr zu befristen und kann um jeweils längstens ein Jahr verlängert werden.
(4) Liegen die Voraussetzungen für die Anordnung nicht mehr vor, ist der Zweck der Maßnahme erreicht oder zeigt sich, dass er nicht erreicht werden kann, ist die Ausschreibung zur polizeilichen Beobachtung oder gezielten Kontrolle unverzüglich zu löschen.
Art. 41 Einsatz technischer Mittel in Wohnungen
(1) ¹Die Polizei kann auf Anordnung durch den Richter durch den verdeckten Einsatz technischer Mittel in oder aus Wohnungen (Art. 23 Abs. 1 Satz 2) personenbezogene Daten über die für eine Gefahr Verantwortlichen erheben, wenn dies erforderlich ist zur Abwehr einer dringenden Gefahr für ein in Art. 11a Abs. 2 Nr. 1, 2 oder Nr. 4 genanntes bedeutendes Rechtsgut. ²Eine Maßnahme nach Satz 1 ist nur zulässig, wenn und soweit die dort genannten Gefahren nicht anders abgewehrt werden können und
falls zu privaten Wohnzwecken genutzte Räumlichkeiten betroffen sind, in denen sich die Person, gegen die sich die Maßnahme richtet, allein oder ausschließlich mit engsten Familienangehörigen, mit in gleicher Weise Vertrauten oder mit Berufsgeheimnisträgern nach den §§ 53, 53a StPO aufhält,
tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass Gespräche geführt werden, die einen unmittelbaren Bezug zu den in Satz 1 genannten Gefahren haben, ohne dass über ihren Inhalt das Zeugnis nach den §§ 53, 53a StPO verweigert werden könnte, oder
die Maßnahme sich auch gegen die Familienangehörigen, Vertrauten oder Berufsgeheimnisträger richtet, oder
falls sich die Maßnahme gegen einen Berufsgeheimnisträger nach den §§ 53, 53a StPO selbst richtet und die zu seiner Berufsausübung bestimmten Räumlichkeiten betroffen sind, die Voraussetzungen der Nr. 1 Buchst. a vorliegen.
³Die Daten können erhoben werden, indem das nichtöffentlich gesprochene Wort abgehört oder aufgezeichnet oder Bildaufnahmen oder -aufzeichnungen, auch unter Verwendung von Systemen zur automatischen Steuerung, angefertigt werden. ⁴Wort- und bildbezogene Maßnahmen dürfen nur dann gemeinsam erfolgen, wenn die Abwehr der Gefahr auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre.
(2) ¹In den Fällen des Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 ist eine nur automatische Aufzeichnung nicht zulässig. ²Soweit begründete Zweifel bestehen, ob ein Fall des Art. 49 Abs. 3 Satz 1 vorliegt, oder wenn auf Grund tatsächlicher Anhaltspunkte anzunehmen ist, dass Gespräche geführt werden, die einen unmittelbaren Bezug zu den in Abs. 1 Satz 1 genannten Gefahren haben, darf eine Maßnahme nach Abs. 1 Satz 1 in Form einer ausschließlich automatischen Aufzeichnung fortgeführt werden.
(3) ¹Die Maßnahme darf nur in den Wohnungen des Adressaten durchgeführt werden. ²In Wohnungen anderer Personen ist die Maßnahme zulässig, wenn es nicht Wohnungen von Berufsgeheimnisträgern nach §§ 53, 53a StPO sind und auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass
der in der Anordnung bezeichnete Adressat sich dort aufhält,
die Maßnahme in Wohnungen des Adressaten allein zur Abwehr der Gefahr oder der Straftat nicht möglich oder nicht ausreichend ist und
Informationen gewonnen werden können, die für die Abwehr der Gefahr von Bedeutung sind.
³Die Maßnahme darf auch durchgeführt werden, wenn Dritte unvermeidbar betroffen sind.
(4) ¹In der schriftlichen Anordnung nach Abs. 1 Satz 1 sind Adressat, Art, Umfang und Dauer der Maßnahme zu bestimmen und die wesentlichen Gründe anzugeben. ²Die Anordnung darf auch zum Betreten der Wohnung des Betroffenen ermächtigen, soweit dies erforderlich ist, um Maßnahmen nach Abs. 1 durchzuführen. ³Die Maßnahme ist einzelfallabhängig auf höchstens einen Monat zu befristen und kann um jeweils längstens einen Monat verlängert werden.
(5) ¹Personenbezogene Daten, die durch Maßnahmen nach Abs. 1 erlangt wurden, dürfen nur verarbeitet werden, soweit die hierfür eingerichtete unabhängige Stelle oder, soweit dieses angerufen wurde, das zuständige Gericht sie freigegeben hat. ²Zur Herbeiführung ihrer Entscheidung sind der unabhängigen Stelle die erhobenen Daten vollständig vorzulegen, in den Fällen des Abs. 2 Satz 2 möglichst bereits ohne vorhergehende inhaltliche Kenntnisnahme. ³Die unabhängige Stelle gibt die Daten für die Weiterverarbeitung durch die Polizei frei, soweit sie nicht dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen sind. ⁴Nicht freigegebene Daten löscht die unabhängige Stelle, sobald die Frist für einen Antrag auf gerichtliche Überprüfung der von ihr getroffenen Entscheidung abgelaufen ist, ohne dass ein entsprechender Antrag gestellt wurde, oder das zuständige Gericht die Löschung angeordnet hat. ⁵Löschungen sind zu dokumentieren. ⁶Bei Gefahr im Verzug kann die Entscheidung nach Satz 1 auch durch die in Art. 36 Abs. 4 Satz 1 und 2 genannten Personen getroffen werden. ⁷Für die nachträgliche Kontrolle der Entscheidung durch die unabhängige Stelle gilt Art. 95 Abs. 5 sinngemäß.
(6) ¹Erfolgt die Anordnung eines verdeckten Einsatzes technischer Mittel in Wohnungen ausschließlich als Personenschutzmaßnahme, gilt Art. 36 Abs. 5 Satz 2 entsprechend. ²Außer in Fällen der Gefahr im Verzug ist eine anderweitige Verwendung der hierbei erlangten Erkenntnisse zu Zwecken der Gefahrenabwehr oder der Strafverfolgung erst zulässig, wenn zuvor die Rechtsmäßigkeit der Maßnahme richterlich festgestellt ist. ³Aufzeichnungen aus einem solchen Einsatz sind unverzüglich nach Beendigung des Einsatzes zu löschen, soweit sie nicht zur Strafverfolgung oder Gefahrenabwehr benötigt werden.
Art. 42 Eingriffe in den Telekommunikationsbereich
(1) ¹Die Polizei kann auf Anordnung durch den Richter durch die Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation personenbezogene Daten erheben
über die für eine Gefahr oder eine drohende Gefahr Verantwortlichen, soweit dies zur Abwehr einer Gefahr oder einer drohenden Gefahr für ein in Art. 11a Abs. 2 Nr. 1, 2 oder Nr. 4 genanntes bedeutendes Rechtsgut erforderlich ist, oder
über Personen, soweit bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass
sie für Personen nach Nr. 1 bestimmte oder von diesen herrührende Mitteilungen entgegennehmen oder weitergeben, ohne insoweit das Recht zur Verweigerung des Zeugnisses nach den §§ 53, 53a StPO zu haben, oder
die unter Nr. 1 genannten Personen deren Kommunikationssysteme benutzen werden und sie daher mutmaßlich in Zusammenhang mit der Gefahrenlage stehen.
²Die Maßnahme darf dabei auch auf Kommunikationssysteme erstreckt werden, die räumlich von den durch die Betroffenen genutzten Kommunikationssystemen getrennt sind, soweit sie im Rahmen des Telekommunikationsvorgangs verwendet werden. ³Datenerhebungen nach den Sätzen 1 und 2 dürfen nur durchgeführt werden, wenn die Erfüllung einer polizeilichen Aufgabe auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre.
(2) ¹Die Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation darf auf Anordnung durch den Richter unter den Voraussetzungen des Abs. 1 ohne Wissen der Betroffenen in der Weise erfolgen, dass mit technischen Mitteln verdeckt auf informationstechnische Systeme zugegriffen wird, wenn
durch technische Maßnahmen sichergestellt ist, dass ausschließlich laufende Telekommunikation überwacht und aufgezeichnet wird, und
der Zugriff auf das informationstechnische System notwendig ist, um die Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation insbesondere auch in unverschlüsselter Form zu ermöglichen.
²Dabei dürfen, soweit zu Zwecken des Satzes 1 unerlässlich, auch visualisierte Darstellungen der Telekommunikation ausgeleitet und erhoben werden. ³Durch technische Maßnahmen ist sicherzustellen, dass
an dem informationstechnischen System nur Veränderungen vorgenommen werden, die für die Datenerhebung unerlässlich sind, und
die vorgenommenen Veränderungen bei Beendigung der Maßnahme soweit technisch möglich automatisiert rückgängig gemacht werden.
⁴Das eingesetzte Mittel ist nach dem Stand der Technik gegen unbefugte Nutzung zu schützen. ⁵ Art. 45 bleibt unberührt.
(3) ¹Die Polizei kann auf Anordnung durch den Richter unter den Voraussetzungen des Abs. 1 auch technische Mittel einsetzen, um
zur Vorbereitung einer Maßnahme nach Abs. 1 spezifische Kennungen, insbesondere die Geräte- und Kartennummer von Mobilfunkendgeräten, sowie
den Standort eines Mobilfunkendgerätes zu ermitteln.
²Personenbezogene Daten Dritter dürfen dabei nur erhoben werden, wenn dies aus technischen Gründen unvermeidbar ist. ³Nach Beendigung der Maßnahme sind diese unverzüglich zu löschen. ⁴Die Löschung ist zu dokumentieren.
(4) ¹Die Polizei kann auf Anordnung durch den Richter bei Gefahr oder drohender Gefahr für ein in Art. 11a Abs. 2 Nr. 2 genanntes bedeutendes Rechtsgut hinsichtlich des Betroffenen
durch die Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation personenbezogene Daten erheben oder
technische Mittel einsetzen, um den Standort eines von ihm mitgeführten Mobilfunkendgerätes zu ermitteln.
²Soweit die Maßnahme nach Satz 1 ausschließlich dazu dient, den Aufenthaltsort einer dort genannten Person zu ermitteln, darf sie durch die in Art. 36 Abs. 5 Satz 2 genannten Personen angeordnet werden. ³Weitergehende Maßnahmen nach Art. 43 Abs. 1 und 2 bleiben unberührt.
(5) ¹Die Polizei kann auf Anordnung durch den Richter zur Abwehr einer Gefahr für ein in Art. 11a Abs. 2 Nr. 1, 2 oder Nr. 4 genanntes bedeutendes Rechtsgut unter den übrigen Voraussetzungen des Abs. 1 Kommunikationsverbindungen durch den Einsatz technischer Mittel unterbrechen oder verhindern oder die Verfügungsgewalt darüber in anderer geeigneter Weise entziehen. ²Kommunikationsverbindungen Dritter dürfen nur unterbrochen oder verhindert werden, wenn eine gegenwärtige Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person durch andere Mittel nicht abgewehrt werden kann. ³Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 darf auf Anordnung durch den Richter auch der Zugang der in Abs. 1 genannten Personen zu Rundfunk und Fernsehen sowie zu vergleichbaren Medien vorübergehend unterbrochen werden, auch wenn Dritte hiervon unvermeidlich mitbetroffen werden.
(6) Für personenbezogene Daten, die durch Maßnahmen nach Abs. 1 im Wege einer automatischen Aufzeichnung ohne zeitgleiche Prüfung, ob der Kernbereich privater Lebensgestaltung berührt ist, erlangt wurden, gilt Art. 41 Abs. 5 entsprechend.
Art. 43 Mitwirkungspflichten der Diensteanbieter
(1) Ist eine Datenerhebung nach Art. 42 Abs. 1, auch mit Mitteln des Art. 42 Abs. 2, oder Art. 42 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 angeordnet, hat jeder, der ganz oder teilweise geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringt oder daran mitwirkt (Telekommunikationsdiensteanbieter), nach Maßgabe der Regelungen des Telekommunikationsgesetzes (TKG), des Telekommunikation-Telemedien-Datenschutz-Gesetzes (TTDSG) und der darauf beruhenden Rechtsverordnungen zur technischen und organisatorischen Umsetzung von Überwachungsmaßnahmen in der jeweils geltenden Fassung der Polizei die Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation zu ermöglichen.
(2) ¹Unter den Voraussetzungen des Art. 42 Abs. 1 Satz 1 oder Abs. 4 Satz 1 kann die Polizei auf Anordnung durch den Richter von Telekommunikationsdiensteanbietern verlangen,
ihr vorhandene Telekommunikationsverkehrsdaten der in Art. 42 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 genannten Personen zu übermitteln,
Auskunft über deren zukünftige Telekommunikationsverkehrsdaten zu erteilen oder
ihr die für die Ermittlung des Standortes eines Mobilfunkendgerätes dieser Personen erforderlichen spezifischen Kennungen, insbesondere die Geräte und Kartennummer mitzuteilen.
² Art. 42 Abs. 4 Satz 2 gilt entsprechend. ³Soweit es zur Abwehr einer dringenden Gefahr für den Bestand des Bundes oder eines Landes oder für Leib, Leben oder Freiheit einer Person erforderlich ist, kann die Polizei von Telekommunikationsdiensteanbietern auch die Übermittlung der nach § 176 TKG gespeicherten Daten zu den in Art. 42 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 genannten Personen verlangen. ⁴Die Übermittlung von Daten über Telekommunikationsverbindungen, die zu diesen Personen hergestellt worden sind, darf nur angeordnet werden, wenn die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung ihres Aufenthaltsorts auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre.
(3) Telekommunikationsverkehrsdaten sind nach Maßgabe des § 3 Nr. 70 TKG und des § 9 Abs. 1 TTDSG alle nicht inhaltsbezogenen Daten, die bei der Erbringung eines Telekommunikationsdienstes auch unabhängig von einer konkreten Telekommunikationsverbindung technisch verarbeitet werden, einschließlich der nach § 176 TKG gespeicherten Daten, insbesondere
Berechtigungskennung, Kartennummer, Standortkennung sowie Rufnummer oder Kennung des anrufenden und angerufenen Anschlusses oder der Endeinrichtung,
Beginn und Ende der Verbindung nach Datum und Uhrzeit,
vom Kunden in Anspruch genommene Telekommunikationsdienstleistung,
Endpunkte fest geschalteter Verbindungen, ihr Beginn und Ende nach Datum und Uhrzeit.
(4) ¹Die Polizei kann auf Anordnung durch den Richter von denjenigen, die geschäftsmäßig Telemediendienste erbringen, daran mitwirken oder den Zugang zur Nutzung daran vermitteln (Telemediendiensteanbieter), gemäß § 24 TTDSG Auskunft über dort gespeicherte Nutzungsdaten im Sinn des § 2 Abs. 2 Nr. 3 TTDSG verlangen, soweit dies erforderlich ist
zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit, wobei die Auskunft auf Daten nach § 2 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a TTDSG beschränkt ist,
zur Abwehr einer Gefahr für
Leib, Leben oder Freiheit einer Person,
die sexuelle Selbstbestimmung, soweit sie durch Straftatbestände geschützt ist, die im Mindestmaß mit wenigstens drei Monaten Freiheitsstrafe bedroht sind,
den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes,
Güter der Allgemeinheit, deren Bedrohung die Grundlagen der Existenz der Menschen berührt, oder
Kulturgüter von mindestens überregionalem Rang,
zur Abwehr einer drohenden Gefahr
im Sinn des Art. 11a Abs. 1 Nr. 1 für eines der in Nr. 2 Buchst. a bis d genannten Rechtsgüter,
im Sinn des Art. 11a Abs. 1 Nr. 2 für eines der in Nr. 2 Buchst. a bis e genannten Rechtsgüter,
zur Verhütung einer Straftat von erheblicher Bedeutung, sofern Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass eine Person innerhalb eines übersehbaren Zeitraums auf eine ihrer Art nach konkretisierte Weise als Täter oder Teilnehmer an der Begehung einer Tat beteiligt ist, oder
zur Verhütung einer schweren Straftat nach § 100a Abs. 2 StPO, sofern das individuelle Verhalten einer Person die konkrete Wahrscheinlichkeit begründet, dass die Person innerhalb eines übersehbaren Zeitraums die Tat begehen wird.
²Das Auskunftsverlangen kann auch auf künftige Nutzungsdaten erstreckt werden. ³ Art. 42 Abs. 4 Satz 2 gilt entsprechend.
(5) ¹Die Polizei kann von Telekommunikations- oder Telemediendiensteanbietern (Diensteanbieter) verlangen, dass diese ihr gemäß § 174 Abs. 1 Satz 1 und 2 TKG oder § 22 Abs. 1 Satz 1 TTDSG Auskunft über als Bestandsdaten im Sinn von § 3 Nr. 6 TKG, § 172 TKG oder § 2 Abs. 2 Nr. 2 TTDSG erhobene Daten erteilen, soweit dies erforderlich ist
zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit,
zur Abwehr einer drohenden Gefahr im Sinn des Art. 11a Abs. 1 Nr. 1 für
Leib, Leben oder Freiheit einer Person,
die sexuelle Selbstbestimmung, soweit sie durch Straftatbestände geschützt ist, die im Mindestmaß mit wenigstens drei Monaten Freiheitsstrafe bedroht sind,
den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder
Güter der Allgemeinheit, deren Bedrohung die Grundlagen der Existenz der Menschen berührt,
zur Abwehr einer drohenden Gefahr im Sinn des Art. 11a Abs. 1 Nr. 2 für eines der in Nr. 2 Buchst. a bis d genannten Rechtsgüter oder für Kulturgüter von mindestens überregionalem Rang,
zur Verhütung einer Straftat von erheblicher Bedeutung, sofern Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass eine Person innerhalb eines übersehbaren Zeitraums auf eine ihrer Art nach konkretisierte Weise als Täter oder Teilnehmer an der Begehung einer Tat beteiligt ist, oder
zur Verhütung einer schweren Straftat nach § 100a Abs. 2 StPO, sofern das individuelle Verhalten einer Person die konkrete Wahrscheinlichkeit begründet, dass die Person innerhalb eines übersehbaren Zeitraums die Tat begehen wird.
²Bezieht sich das Auskunftsverlangen nach Satz 1 auf Daten nach § 174 Abs. 1 Satz 2 TKG, darf die Auskunft nur verlangt werden, wenn im Einzelfall die gesetzlichen Voraussetzungen für die Nutzung der Daten vorliegen. ³Das Vorliegen der Voraussetzungen nach Satz 2 ist aktenkundig zu machen. ⁴Bezieht sich das Auskunftsverlangen nach Satz 1 auf Daten gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 TTDSG, darf die Auskunft nur verlangt werden, soweit dies zur Abwehr einer Gefahr für eines der in Satz 1 Nr. 2 Buchst. a bis d genannten Rechtsgüter erforderlich ist und wenn im Einzelfall die gesetzlichen Voraussetzungen für die Nutzung der Daten vorliegen. ⁵Im Fall des Satzes 2 oder 4 bedarf das Auskunftsverlangen der Anordnung durch den Richter. ⁶Satz 5 gilt bei einem Auskunftsverlangen nach Satz 2 nicht, wenn der Betroffene von dem Auskunftsverlangen bereits Kenntnis hat, haben muss oder die Nutzung der Daten bereits durch eine gerichtliche Entscheidung gestattet wird. ⁷Das Vorliegen der Voraussetzungen nach Satz 6 ist aktenkundig zu machen.
(6) ¹Die Auskunft nach Abs. 5 darf auch anhand einer zu einem bestimmten Zeitpunkt zugewiesenen Internetprotokoll-Adresse gemäß § 174 Abs. 1 Satz 3, § 177 Abs. 1 Nr. 3 TKG oder § 22 Abs. 1 Satz 3 TTDSG verlangt werden, soweit dies erforderlich ist
zur Abwehr einer Gefahr für
Leib, Leben oder Freiheit einer Person,
die sexuelle Selbstbestimmung, soweit sie durch Straftatbestände geschützt ist, die im Mindestmaß mit wenigstens drei Monaten Freiheitsstrafe bedroht sind,
den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes,
Güter der Allgemeinheit, deren Bedrohung die Grundlagen der Existenz der Menschen berührt, oder
Kulturgüter von mindestens überregionalem Rang,
zur Abwehr einer drohenden Gefahr für eines der in Nr. 1 Buchst. a bis d genannten Rechtsgüter,
zur Verhütung einer schweren Straftat nach § 100a Abs. 2 StPO, sofern Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass eine Person innerhalb eines übersehbaren Zeitraums auf eine ihrer Art nach konkretisierte Weise als Täter oder Teilnehmer an der Begehung einer Tat beteiligt ist, oder
zur Verhütung einer schweren Straftat nach § 100a Abs. 2 StPO, sofern das individuelle Verhalten einer Person die konkrete Wahrscheinlichkeit begründet, dass die Person innerhalb eines übersehbaren Zeitraums die Tat begehen wird.
²Diese Auskunft darf im Fall des § 22 Abs. 1 Satz 3 TTDSG darüber hinaus, soweit dies erforderlich ist, auch zur Abwehr einer drohenden Gefahr im Sinn von Art. 11a Abs. 1 Nr. 2 für Kulturgüter von mindestens überregionalem Rang verlangt werden. ³Im Fall des § 22 Abs. 1 Satz 3 TTDSG darf die Auskunft jedoch nur verlangt werden, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die betroffene Person Nutzer des Telemediendienstes ist, bei dem die Daten erhoben werden sollen. ⁴Die Rechtsgrundlage und das Vorliegen der Voraussetzungen des Auskunftsverlangens sind aktenkundig zu machen.
(7) Die nach den Abs. 2 und 4 bis 6 verlangten Daten sind der Polizei unverzüglich und unter Berücksichtigung sämtlicher unternehmensinternen Datenquellen vollständig zu übermitteln.
(8) Für die Entschädigung der Diensteanbieter im Rahmen ihrer Verpflichtungen nach diesem Artikel ist § 23 des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes (JVEG) entsprechend anzuwenden, soweit nicht eine Entschädigung nach spezielleren Vorschriften zu gewähren ist.
Art. 44 Besondere Verfahrensregelungen für Maßnahmen nach den Art. 42 und 43
(1) ¹Anordnungen nach den Art. 42 und 43 Abs. 2, 4 und 5 sind schriftlich zu erlassen. ²Die Anordnung muss, soweit möglich, Namen und Anschrift des Betroffenen, gegen den sich die Maßnahme richtet, sowie die Rufnummer oder eine andere Kennung des Telekommunikationsanschlusses oder des Endgerätes, bei Maßnahmen mit Mitteln des Art. 42 Abs. 2 auch eine möglichst genaue Bezeichnung des informationstechnischen Systems, auf das zugegriffen werden soll, enthalten. ³Es genügt eine räumlich und zeitlich hinreichende Bezeichnung der Telekommunikation, sofern andernfalls die Erreichung des Zwecks der Maßnahme aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. ⁴In der Anordnung sind Art, Umfang und Dauer der Maßnahme zu bestimmen. ⁵Die Anordnung von Maßnahmen nach Art. 42 darf auch zur nicht offenen Durchsuchung von Sachen sowie zum verdeckten Betreten und Durchsuchen der Wohnung des Betroffenen ermächtigen, soweit dies zur Durchführung der Maßnahme erforderlich ist.
(2) ¹Die Anordnung ist einzelfallabhängig wie folgt zu befristen:
im Fall des Art. 42 Abs. 5 Satz 1 auf höchstens zwei Wochen,
in den Fällen des Art. 42 Abs. 5 Satz 2 und 3 auf höchstens drei Tage,
in allen anderen Fällen auf höchstens drei Monate.
²In der Anordnung sind Adressat, Art, Umfang und Dauer der Maßnahme zu bestimmen und die wesentlichen Gründe anzugeben. ³Eine Verlängerung um jeweils längstens den in Satz 1 genannten Zeitraum ist möglich, soweit die Voraussetzungen fortbestehen.
Art. 45 Verdeckter Zugriff auf informationstechnische Systeme
(1) ¹Die Polizei kann auf Anordnung durch den Richter mit technischen Mitteln verdeckt auf informationstechnische Systeme zugreifen, um Zugangsdaten und gespeicherte Daten zu erheben,
von den für eine Gefahr oder drohende Gefahr Verantwortlichen, soweit dies erforderlich ist zur Abwehr einer Gefahr oder einer drohenden Gefahr für ein in Art. 11a Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 genanntes bedeutendes Rechtsgut oder für Güter der Allgemeinheit, deren Bedrohung die Grundlagen der Existenz der Menschen berührt, oder
von anderen Personen, soweit bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die unter Nr. 1 genannten Personen deren informationstechnischen Systeme benutzen oder benutzt haben und die Personen daher mutmaßlich in Zusammenhang mit der Gefahrenlage stehen.
²Auf informationstechnische Systeme und Speichermedien, die räumlich von dem von dem Betroffenen genutzten informationstechnischen System getrennt sind, darf die Maßnahme erstreckt werden, soweit von dem unmittelbar untersuchten informationstechnischen System aus auf sie zugegriffen werden kann oder diese für die Speicherung von Daten des Betroffenen genutzt werden. ³Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 dürfen nur durchgeführt werden, wenn die Erfüllung einer polizeilichen Aufgabe auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. ⁴Sie dürfen auch durchgeführt werden, wenn Dritte unvermeidbar betroffen werden. ⁵Die eingesetzten Mittel sind entsprechend dem Stand der Technik gegen unbefugte Benutzung zu schützen. ⁶Bei dringender Gefahr für ein in Satz 1 in Bezug genommenes Rechtsgut darf die Polizei Daten unter den übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 löschen oder verändern, wenn die Gefahr nicht anders abgewehrt werden kann. ⁷Im Übrigen dürfen Veränderungen am informationstechnischen System nur vorgenommen werden, wenn sie für die Datenerhebung unerlässlich sind. ⁸Vorgenommene Veränderungen sind, soweit technisch möglich, automatisiert rückgängig zu machen, wenn die Maßnahme beendet wird.
(2) ¹Die Polizei kann auf Anordnung durch den Richter unter den Voraussetzungen des Abs. 1 Satz 1 bis 5 auch technische Mittel einsetzen, um
zur Vorbereitung einer Maßnahme nach Abs. 1 spezifische Kennungen sowie
den Standort eines informationstechnischen Systems zu ermitteln.
²Personenbezogene Daten Dritter dürfen dabei nur erhoben werden, wenn dies aus technischen Gründen unvermeidbar ist. ³Nach Beendigung der Maßnahme sind diese unverzüglich zu löschen. ⁴Die Löschung ist zu dokumentieren.
(3) ¹Die Anordnung der Maßnahmen ist schriftlich zu erlassen und zu begründen. ²Die Anordnung muss, soweit möglich, Namen und Anschrift des Adressaten sowie die Bezeichnung des informationstechnischen Systems, auf das zugegriffen werden soll, enthalten. ³In der Anordnung sind Art, Umfang und Dauer der Maßnahme zu bestimmen. ⁴Die Anordnung darf auch zur nicht offenen Durchsuchung von Sachen sowie zum verdeckten Betreten und Durchsuchen der Wohnung des Betroffenen ermächtigen, soweit dies zur Durchführung von Maßnahmen nach Abs. 1 oder Abs. 2 erforderlich ist. ⁵Die Anordnung ist einzelfallabhängig auf höchstens drei Monate zu befristen und kann um jeweils längstens drei Monate verlängert werden.
(4) Art. 41 Abs. 5 gilt für die durch Maßnahmen nach Abs. 1 erlangten personenbezogenen Daten entsprechend.
Art. 46 Rasterfahndung
(1) ¹Öffentliche und nichtöffentliche Stellen können auf Anordnung durch den Richter verpflichtet werden, der Polizei personenbezogene Daten bestimmter Personengruppen aus Dateien zum Zwecke des Abgleichs mit anderen Datenbeständen zu übermitteln, soweit dies zur Abwehr einer Gefahr für ein in Art. 11a Abs. 2 Nr. 1, 2 oder Nr. 4 genanntes bedeutendes Rechtsgut erforderlich ist. ²Eine Verpflichtung der Verfassungsschutzbehörden des Bundes oder der Länder, des Bundesnachrichtendienstes sowie des Militärischen Abschirmdienstes zur Übermittlung nach Satz 1 erfolgt nicht.
(2) ¹Das Ersuchen um Übermittlung ist auf Namen, Anschriften, Tag und Ort der Geburt und andere für den Einzelfall benötigte Daten zu beschränken. ²Soweit die zu übermittelnden Daten von anderen Daten nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand getrennt werden können, sind auf Anordnung auch die anderen Daten zu übermitteln; die Nutzung dieser Daten ist nicht zulässig. ³Berufsgeheimnisträger nach den §§ 53, 53a StPO sind nicht verpflichtet, personenbezogene Daten, die einem Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnis unterliegen, zu übermitteln; hierauf ist im Ersuchen um Übermittlung hinzuweisen.
(3) ¹Die Anordnung nach Abs. 1 ist schriftlich zu erlassen und zu begründen. ²Sie muss den zur Übermittlung Verpflichteten bezeichnen und ist auf die Daten und Prüfungsmerkmale zu beschränken, die für den Einzelfall benötigt werden. ³Von der Maßnahme ist der Landesbeauftragte unverzüglich zu unterrichten.
(4) ¹Ist der Zweck der Maßnahme erreicht oder zeigt sich, dass er nicht erreicht werden kann, sind die übermittelten und im Zusammenhang mit der Maßnahme zusätzlich angefallenen Daten unverzüglich zu löschen und die Unterlagen, soweit sie nicht für eine nach Art. 48 Abs. 1 bis 3 zulässige Verarbeitung erforderlich sind, unverzüglich zu vernichten. ²Die Löschung und Vernichtung ist zu dokumentieren.
Art. 47 Einsatz von unbemannten Luftfahrtsystemen
(1) Bei den nachfolgenden Maßnahmen dürfen Daten unter den dort genannten Voraussetzungen auch durch den Einsatz unbemannter Luftfahrtsysteme erhoben werden:
offene Bild- und Tonaufnahmen oder -aufzeichnungen nach Art. 33 Abs. 1 bis 3,
Einsatz besonderer Mittel der Datenerhebung nach Art. 36 Abs. 1,
Einsatz technischer Mittel in Wohnungen nach Art. 41 Abs. 1,
Eingriffe in den Telekommunikationsbereich nach Art. 42 Abs. 1 bis 5 und
verdeckter Zugriff auf informationstechnische Systeme nach Art. 45 Abs. 1 und 2.
(2) ¹In den Fällen des Abs. 1 Nr. 1 dürfen unbemannte Luftfahrtsysteme nur dann eingesetzt werden, wenn die Offenheit der Maßnahme gewahrt bleibt. ²In diesen Fällen soll auf die Verwendung unbemannter Luftfahrtsysteme durch die Polizei gesondert hingewiesen werden.
(3) Soweit in den Fällen des Abs. 1 eine richterliche Anordnung erforderlich ist, muss diese auch den Einsatz von unbemannten Luftfahrtsystemen umfassen.
(4) Diese unbemannten Luftfahrtsysteme dürfen nicht bewaffnet werden.
Art. 47a Überwindung besonderer Sicherungen
(1) ¹Soweit Maßnahmen auf Grund besonderer Sicherungen an Sachen, durch die der Zutritt von Personen verhindert werden soll, nicht hinreichend durchgeführt werden können, kann die Polizei auf Anordnung durch den Richter diejenigen dritten Personen, welche die besondere Sicherung geschaffen oder deren Schaffung beauftragt haben, im Rahmen des Zumutbaren verpflichten, die Sicherung selbst zu überwinden oder der Polizei die zur Überwindung der Sicherung erforderlichen Daten oder Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen, wenn dies zur Abwehr einer Gefahr für ein nach der jeweiligen Befugnisnorm zu schützendes Rechtsgut unerlässlich ist. ²Die Verpflichtung nach Satz 1 ist auf den zur Überwindung der Sicherung unverzichtbaren Umfang zu beschränken. ³Sie kann mit der Verpflichtung verbunden werden, im Rahmen des Zumutbaren dafür Sorge zu tragen, dass eine Maßnahme verdeckt vorbereitet oder durchgeführt werden kann.
(2) ¹Die Anordnung ist schriftlich zu erlassen und zu begründen. ²Sie muss Namen und Anschrift des Adressaten und soweit möglich den konkreten Umfang der benötigten Mitwirkung enthalten. ³Die Umstände, die die Verpflichtung unerlässlich machen, sind darzulegen.
(3) ¹Die Polizei darf die übermittelten Daten oder Hilfsmittel nur zur Überwindung der Sicherung im konkreten Einzelfall nutzen und verarbeiten. ²Nach Beendigung der Maßnahme sind die übermittelten Daten unverzüglich zu löschen. ³Von den Verpflichteten überlassene Hilfsmittel sind auf deren Verlangen zurückzugeben, zu vernichten oder unbrauchbar zu machen. ⁴Maßnahmen nach den Sätzen 2 und 3 sind zu dokumentieren.
(4) Für die Entschädigung der Verpflichteten ist § 23 Abs. 2 JVEG entsprechend anzuwenden.
(5) Die Nutzung und Verarbeitung von Daten oder Hilfsmitteln zur Überwindung von besonderen Sicherungen, die der Polizei unabhängig von einer Verpflichtung nach Abs. 1 oder auf Grund des Einverständnisses der Verpflichteten zur Verfügung stehen, bleibt unberührt.
Art. 48 Weiterverarbeitung von Daten, Datenübermittlung, Kennzeichnung und Sicherung
(1) Die Polizei darf die durch folgende Maßnahmen erhobenen personenbezogenen Daten für Zwecke der Gefahrenabwehr zum Schutz eines Rechtsguts, das in der jeweiligen Befugnisnorm enthalten ist, weiterverarbeiten:
elektronische Aufenthaltsüberwachung nach Art. 34 Abs. 1,
Postsicherstellung nach Art. 35 Abs. 1,
Einsatz besonderer Mittel der Datenerhebung nach Art. 36 Abs. 2,
Einsatz Verdeckter Ermittler nach Art. 37 Abs. 1,
Einsatz von Vertrauenspersonen nach Art. 38 Abs. 1,
Einsatz automatisierter Kennzeichenerkennungssysteme nach Art. 39 Abs. 1,
Eingriffe in den Telekommunikationsbereich nach Art. 42 Abs. 1 und 3 bis 4 oder Inanspruchnahme von Diensteanbietern nach Art. 43 Abs. 2 und 4 oder
Rasterfahndung nach Art. 46 Abs. 1;
ausreichend ist dabei auch ein Ansatz für weitere Sachverhaltsaufklärungen.
(2) Die Polizei darf die in Abs. 1 bezeichneten Daten an andere für die Gefahrenabwehr zuständige Behörden nur übermitteln, wenn dies zum Schutz eines Rechtsguts, das in der jeweiligen Befugnisnorm enthalten ist, erforderlich ist und die Daten insoweit einen konkreten Ermittlungsansatz erkennen lassen.
(3) Die Polizei darf personenbezogene Daten, die durch in Abs. 1 genannte Maßnahmen erhoben wurden, für Zwecke der Strafverfolgung weiterverarbeiten und an andere Strafverfolgungsbehörden übermitteln, wenn die Daten insoweit einen konkreten Ermittlungsansatz erkennen lassen und
wenn die Daten mittels elektronischer Aufenthaltsüberwachung nach Art. 34 Abs. 1 erhoben wurden,
und die Voraussetzungen des § 68b Abs. 1 Satz 3 StGB vorliegen, zur
Feststellung des Verstoßes gegen eine Führungsaufsichtsweisung nach § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder Nr. 2 StGB,
Ergreifung von Maßnahmen der Führungsaufsicht, die sich an einen Verstoß gegen eine Führungsaufsichtsweisung nach § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder Nr. 2 StGB anschließen können, oder
Ahndung eines Verstoßes gegen eine Führungsaufsichtsweisung nach § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder Nr. 2 StGB oder
zur Verfolgung von Straftaten der in § 66 Abs. 3 Satz 1 StGB genannten Art, oder
wenn die Daten durch eine der in Abs. 1 Nr. 2 bis 8 genannten Maßnahmen erhoben wurden, zur Verfolgung von Straftaten, zu deren Aufklärung eine solche Maßnahme nach den entsprechenden strafprozessualen Befugnissen angeordnet werden dürfte.
(4) ¹Die Polizei darf die erhobenen Daten bei folgenden Maßnahmen in dem jeweiligen Verfahren verarbeiten:
Einsatz technischer Mittel in Wohnungen nach Art. 41 Abs. 1 Satz 1, auch wenn dieser nach Art. 41 Abs. 6 als Personenschutzmaßnahme erfolgt ist, und
verdeckter Zugriff auf informationstechnische Systeme nach Art. 45 Abs. 1 und 2.
²Wenn die Daten einen konkreten Ermittlungsansatz erkennen lassen, darf sie die Polizei
unter den in der jeweiligen Befugnisnorm genannten Erhebungsvoraussetzungen für Zwecke der Gefahrenabwehr auch in anderen Verfahren weiterverarbeiten und an andere für die Gefahrenabwehr zuständige Behörden übermitteln sowie
für Zwecke der Strafverfolgung weiterverarbeiten und an eine andere Strafverfolgungsbehörde übermitteln, sofern die Daten der Verfolgung von Straftaten dienen, zu deren Aufklärung eine solche Maßnahme nach den entsprechenden strafprozessualen Befugnissen angeordnet werden dürfte, in den Fällen des Satzes 1 Nr. 1 jedoch nur, soweit die Erhebung durch das ausschließlich akustische Abhören und Aufzeichnen des nichtöffentlich gesprochenen Wortes erfolgt ist.
(5) ¹Personenbezogene Daten, die durch die in den Abs. 1 und 4 bezeichneten Maßnahmen erhoben wurden, sind besonders zu kennzeichnen. ²Bei Daten, die unter Inanspruchnahme von Diensteanbietern nach Art. 43 Abs. 2 erlangt wurden, ist dabei auch zwischen Daten nach § 3 Nr. 70 TKG und § 9 Abs. 1 TTDSG und Daten nach § 176 TKG zu unterscheiden. ³Durch geeignete technische Maßnahmen ist sicherzustellen, dass die Kennzeichnung auch nach einer Übermittlung an eine andere Stelle erhalten bleibt.
(6) Jede Zweckänderung ist festzustellen, zu kennzeichnen und zu dokumentieren.
(7) Personenbezogene Daten, die durch die in den Abs. 1 und 4 bezeichneten Maßnahmen erhoben wurden, sind entsprechend dem Stand der Technik gegen unbefugte Kenntnisnahme, Veränderung und Löschung besonders zu sichern.
Art. 49 Schutz von Berufsgeheimnisträgern und des Kernbereichs privater Lebensgestaltung
(1) ¹Ist oder wird bei folgenden Maßnahmen erkennbar, dass in ein durch ein Berufsgeheimnis nach den §§ 53, 53a StPO geschütztes Vertrauensverhältnis eingegriffen wird, ist die Datenerhebung insoweit unzulässig, es sei denn, die Maßnahme richtet sich gegen den Berufsgeheimnisträger selbst:
offene Bild- und Tonaufnahmen oder -aufzeichnungen in Wohnungen nach Art. 33 Abs. 4 Satz 3,
Postsicherstellung nach Art. 35 Abs. 1,
längerfristige Observation, Anfertigung von Bildaufnahmen oder -aufzeichnungen oder Abhören oder Aufzeichnen des nichtöffentlich gesprochenen Wortes nach Art. 36 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 Buchst. a, Buchst. d oder Buchst. e, Abs. 2,
Eingriffe in den Telekommunikationsbereich nach Art. 42 Abs. 1 oder
verdeckter Zugriff auf informationstechnische Systeme nach Art. 45 Abs. 1.
²Eine bereits laufende Datenerhebung ist unverzüglich und solange erforderlich zu unterbrechen oder zu beenden. ³Dennoch erlangte Erkenntnisse dürfen nicht weiter verarbeitet werden. ⁴ Art. 41 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2, Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 2 sowie Art. 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bleiben unberührt.
(2) ¹Telekommunikationsverkehrsdaten nach Art. 43 Abs. 2 Satz 3, durch deren Verarbeitung in ein durch ein Berufsgeheimnis nach den §§ 53, 53a StPO geschütztes Vertrauensverhältnis eingegriffen würde, dürfen nicht erhoben werden, es sei denn, die Maßnahme richtet sich gegen den Berufsgeheimnisträger selbst. ²Dennoch erlangte Erkenntnisse dürfen nicht weiterverarbeitet werden.
(3) ¹Ist oder wird bei folgenden Maßnahmen erkennbar, dass dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechnende Daten (Kernbereichsdaten) betroffen sind und bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Daten dazu dienen sollen, ein Erhebungsverbot herbeizuführen, ist die Datenerhebung unzulässig:
offene Bild- und Tonaufnahmen oder -aufzeichnungen in Wohnungen nach Art. 33 Abs. 4 Satz 3,
Postsicherstellung nach Art. 35 Abs. 1,
längerfristige Observation, Anfertigung von Bildaufnahmen oder -aufzeichnungen oder Abhören oder Aufzeichnen des nichtöffentlich gesprochenen Wortes nach Art. 36 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 Buchst. a, Buchst. d oder Buchst. e, Abs. 2,
Einsatz Verdeckter Ermittler nach Art. 37 Abs. 1,
Einsatz von Vertrauenspersonen nach Art. 38 Abs. 1,
Einsatz technischer Mittel in Wohnungen nach Art. 41 Abs. 1,
Eingriffe in den Telekommunikationsbereich nach Art. 42 Abs. 1 oder
verdeckter Zugriff auf informationstechnische Systeme nach Art. 45 Abs. 1.
²Eine bereits laufende Datenerhebung ist
bei den in Satz 1 Nr. 4 und 5 genannten Maßnahmen sobald dies ohne Gefährdung der eingesetzten Personen möglich ist,
bei den übrigen in Satz 1 genannten Maßnahmen unverzüglich
und solange erforderlich zu unterbrechen oder zu beenden. ³Dennoch erlangte Erkenntnisse dürfen nicht weiter verarbeitet werden. ⁴ Art. 41 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt. ⁵Bei den in Satz 1 Nr. 8 genannten Maßnahmen hat die Polizei, soweit dies informations- und ermittlungstechnisch möglich ist, sicherzustellen, dass die Erhebung von Kernbereichsdaten unterbleibt. ⁶Können in diesen Fällen Kernbereichsdaten vor oder bei der Datenerhebung nicht ausgesondert werden, darf auf das informationstechnische System auch dann zugegriffen werden, wenn hierbei eine Wahrscheinlichkeit besteht, dass dabei in untergeordnetem Umfang höchstpersönliche Daten miterfasst werden.
(4) Werden bei Maßnahmen der elektronischen Aufenthaltsüberwachung nach Art. 34 Daten im Sinn von Art. 34 Abs. 2 Satz 2 erhoben, dürfen diese nicht verarbeitet werden.
(5) Ergibt sich bei der Auswertung von Daten, die durch die nachfolgend benannten Maßnahmen erhoben wurden, dass sie Inhalte betreffen, über die das Zeugnis nach den §§ 53, 53a StPO verweigert werden könnte, dass sie einem Vertrauensverhältnis mit anderen Berufsgeheimnisträgern zuzuordnen sind oder dass es sich um Kernbereichsdaten handelt und die Daten keinen unmittelbaren Bezug zu den in der jeweiligen Befugnisnorm genannten Gefahren haben, dürfen diese nicht weiterverarbeitet werden:
Postsicherstellung nach Art. 35 Abs. 1,
Einsatz besonderer Mittel der Datenerhebung nach Art. 36 Abs. 2,
Einsatz Verdeckter Ermittler nach Art. 37 Abs. 1,
Einsatz von Vertrauenspersonen nach Art. 38 Abs. 1,
Einsatz technischer Mittel in Wohnungen nach Art. 41 Abs. 1 Satz 1, auch wenn dieser nach Art. 41 Abs. 6 als Personenschutzmaßnahme erfolgt ist,
Eingriffe in den Telekommunikationsbereich nach Art. 42 Abs. 1 und 3 oder Inanspruchnahme von Diensteanbietern nach Art. 43 Abs. 2 und 4 oder
verdeckter Zugriff auf informationstechnische Systeme nach Art. 45 Abs. 1 und 2.
(6) ¹Daten, die dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen sind und nicht verarbeitet werden dürfen, sind unverzüglich zu löschen. ²Im Übrigen ist die Verarbeitung personenbezogener Daten, die durch die in Abs. 5 genannten Maßnahmen erlangt wurden und
die für eine nach Art. 48 Abs. 1 bis 4 zulässige Verarbeitung nicht erforderlich sind oder
für die ein Verbot der Weiterverarbeitung besteht,
einzuschränken, wenn sie zum Zweck der Information der Betroffenen oder zur gerichtlichen Überprüfung der Erhebung oder Verwendung der Daten noch benötigt werden. ³Andernfalls sind die Daten unverzüglich zu löschen.
(7) ¹Wurde der von einer Maßnahme Betroffene nach Art. 50 unterrichtet, sind Daten im Sinn des Abs. 6 Satz 2 zu löschen, wenn der Betroffene sich nicht innerhalb eines Monats nach Zugang der Benachrichtigung mit einem Rechtsbehelf gegen die Maßnahme gewendet hat. ²Auf die Frist ist in der Benachrichtigung hinzuweisen. ³Wurde ein Rechtsbehelf nach Satz 1 eingelegt, sind die Daten nach rechtskräftigem Abschluss des Rechtsbehelfsverfahrens zu löschen.
(8) Löschungen sind zu dokumentieren.
Art. 50 Benachrichtigungspflichten
(1) ¹Bei folgenden Maßnahmen sind die dort jeweils benannten Personen unverzüglich zu benachrichtigen, sobald dies ohne Gefährdung des Zwecks der Maßnahme, der eingesetzten Polizeibeamten oder Vertrauenspersonen oder der in der jeweiligen Befugnisnorm genannten Rechtsgüter geschehen kann:
bei elektronischer Aufenthaltsüberwachung nach Art. 34 Abs. 1 die Adressaten der Maßnahme, wenn Bewegungsbilder nach Art. 34 Abs. 3 erstellt wurden, wobei die Benachrichtigung spätestens zwei Monate nach deren Beendigung zu erfolgen hat,
bei Postsicherstellung nach Art. 35 Abs. 1 der Absender und der Adressat der Postsendung,
bei Einsatz besonderer Mittel der Datenerhebung nach Art. 36 Abs. 2, Einsatz Verdeckter Ermittler nach Art. 37 Abs. 1 oder Einsatz von Vertrauenspersonen nach Art. 38 Abs. 1
die Adressaten der Maßnahme,
diejenigen, deren personenbezogene Daten erhoben und weiterverarbeitet wurden, und
diejenigen, deren nicht allgemein zugängliche Wohnung betreten wurde,
bei Ausschreibung zur polizeilichen Beobachtung oder gezielten Kontrolle nach Art. 40
die Adressaten der Maßnahme und
diejenigen, deren personenbezogene Daten erhoben und weiterverarbeitet wurden,
bei Einsatz technischer Mittel in Wohnungen nach Art. 41 Abs. 1 Satz 1 die von der Maßnahme Betroffenen, auch wenn die Maßnahme nach Art. 41 Abs. 6 als Personenschutzmaßnahme erfolgt ist,
bei Eingriffen in den Telekommunikationsbereich nach Art. 42 Abs. 1, 3 und 5, Inanspruchnahme von Diensteanbietern nach Art. 43 Abs. 2, 4, 5 Satz 2 und 4 sowie Abs. 6 oder verdecktem Zugriff auf informationstechnische Systeme nach Art. 45 Abs. 1 und 2
die Adressaten der Maßnahme und
diejenigen, deren personenbezogene Daten im Rahmen einer solchen Maßnahme erhoben und weiterverarbeitet wurden, und
bei Rasterfahndung nach Art. 46 Abs. 1 die Personen, gegen die nach Auswertung der Daten weitere Maßnahmen durchgeführt wurden.
²In den Fällen des Satzes 1 Nr. 3 und, wenn die Maßnahme nach Art. 41 Abs. 6 als Personenschutzmaßnahme erfolgt ist, des Satzes 1 Nr. 5, ist auch eine Gefährdung der weiteren Verwendung von Vertrauenspersonen und Verdeckten Ermittlern als bedeutender Belang zu berücksichtigen. ³Erfolgen Maßnahmen mit Mitteln des Art. 42 Abs. 2, sind die in Satz 1 Nr. 6 genannten Personen auch darüber zu unterrichten, dass mit technischen Mitteln verdeckt auf informationstechnische Systeme zugegriffen wurde. ⁴Die Benachrichtigung unterbleibt, soweit überwiegende schutzwürdige Belange eines Betroffenen entgegenstehen. ⁵Zudem kann die Benachrichtigung einer in Satz 1 Nr. 2 bis 4 und 6 bezeichneten Person, gegen die sich die Maßnahme nicht gerichtet hat, unterbleiben, wenn diese von der Maßnahme nur unerheblich betroffen wurde. ⁶Nachforschungen zur Feststellung der Identität oder des Aufenthaltsortes einer in Satz 1 bezeichneten Person sind nur vorzunehmen, wenn dies unter Berücksichtigung der Eingriffsintensität der Maßnahme gegenüber dieser Person, des Aufwands für die Feststellung sowie der daraus für diese oder andere Personen folgenden Beeinträchtigungen geboten ist.
(2) Art. 31 Abs. 4 Satz 5 und 6 gilt entsprechend.
(3) Ist wegen desselben Sachverhalts ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen den Betroffenen eingeleitet worden, ist die Unterrichtung im Sinn des Abs. 1 in Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft nachzuholen, sobald dies der Stand des Ermittlungsverfahrens zulässt.
(4) ¹Die weitere Zurückstellung der Benachrichtigung im Sinn des Abs. 1 bedarf der richterlichen Zustimmung, wenn sie nicht innerhalb des folgenden Zeitraums erfolgt:
sechs Monate nach Beendigung des Einsatzes technischer Mittel in Wohnungen nach Art. 41 Abs. 1 Satz 1 oder des verdeckten Zugriffs auf informationstechnische Systeme nach Art. 45 Abs. 1 oder Abs. 2 oder
ein Jahr nach Beendigung der übrigen in Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 7 bezeichneten Maßnahmen.
²Sind mehrere Maßnahmen in einem engen zeitlichen Zusammenhang durchgeführt worden, so beginnt die in Satz 1 genannte Frist mit der Beendigung der letzten Maßnahme. ³Die richterliche Entscheidung ist vorbehaltlich einer anderen richterlichen Anordnung jeweils nach einem Jahr erneut einzuholen. ⁴Eine Unterrichtung kann mit richterlicher Zustimmung frühestens nach dem Ablauf von fünf Jahren auf Dauer unterbleiben, wenn
überwiegende Interessen eines Betroffenen entgegenstehen oder
die Voraussetzungen für eine Benachrichtigung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch in Zukunft nicht eintreten werden
und eine Verwendung der Daten gegen den Betroffenen ausgeschlossen ist. ⁵In diesem Fall sind die Daten zu löschen und ist die Löschung zu dokumentieren. ⁶Im Fall des Abs. 3 richten sich die gerichtliche Zuständigkeit und das Verfahren nach den Regelungen der StPO.
(5) Die Gründe für die Zurückstellung oder das Unterbleiben der Benachrichtigung sind zu dokumentieren.
Art. 51 Protokollierung, Kontrolle durch den Landesbeauftragten für den Datenschutz
(1) ¹Die nach den Art. 34 bis 46 durchgeführten Maßnahmen sind zu protokollieren, soweit dies ohne Gefährdung der jeweiligen Maßnahme möglich ist. ²Aus den Protokollen müssen ersichtlich sein:
der für die Maßnahmen und Datenerhebungen Verantwortliche,
Ort, Zeitpunkt und Dauer der Maßnahme,
Zweck und Art der Ausführung,
Angaben über die Weiterverarbeitung der erhobenen Daten,
Angaben zu den nach Art. 50 Abs. 1 Satz 1 zu unterrichtenden Personen, wobei Art. 50 Abs. 1 Satz 6 entsprechend gilt, und
das wesentliche Ergebnis der Maßnahme.
³Die Protokolldaten dürfen nur zur Erfüllung der Benachrichtigungspflichten nach Art. 50 Abs. 1 und der Unterrichtungspflichten nach Art. 52 sowie zu den in Art. 63 Abs. 3 Satz 1 genannten Zwecken verwendet werden; Art. 63 Abs. 3 Satz 4 gilt entsprechend.
(2) ¹Der Landesbeauftragte führt im Bereich der Maßnahmen nach den Art. 34 bis 46 im Abstand von längstens zwei Jahren eine Kontrolle durch. ²Zu diesem Zweck sind ihm die Protokolle nach Abs. 1 sowie die Dokumentationen von Datenlöschungen und Vernichtungen von Unterlagen in auswertbarer Weise zur Verfügung zu stellen. ³Sobald sie hierfür oder für die weiteren in Abs. 1 Satz 3 genannten Zwecke nicht mehr benötigt werden, sind sie zu löschen.
Art. 52 Parlamentarische Kontrolle, Unterrichtung der Öffentlichkeit
(1) ¹Das Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration (Staatsministerium) unterrichtet das Parlamentarische Kontrollgremium nach dem Parlamentarischen Kontrollgremium-Gesetz (PKGG) jährlich über folgende durchgeführte Maßnahmen:
Postsicherstellung nach Art. 35 Abs. 1,
Einsatz besonderer Mittel der Datenerhebung nach Art. 36 Abs. 2,
Einsatz Verdeckter Ermittler nach Art. 37 Abs. 1,
Einsatz von Vertrauenspersonen nach Art. 38 Abs. 1,
Einsatz technischer Mittel in Wohnungen nach Art. 41 Abs. 1 Satz 1, auch wenn dieser nach Art. 41 Abs. 6 als Personenschutzmaßnahme erfolgt ist,
Eingriffe in den Telekommunikationsbereich nach Art. 42 Abs. 1 und 5 oder Inanspruchnahme von Diensteanbietern nach Art. 43 Abs. 2 und nach Art. 43 Abs. 4, soweit sie dort zur Umsetzung einer Maßnahme nach Art. 42 Abs. 1 erfolgt,
verdeckter Zugriff auf informationstechnische Systeme nach Art. 45 Abs. 1 und
Rasterfahndung nach Art. 46 Abs. 1,
in den Fällen der Nrn. 5 bis 7 einschließlich etwaiger Betretungen und Durchsuchungen. ²In den Berichten ist darzustellen, in welchem Umfang von den Befugnissen aus Anlass welcher Art von Gefahrenlagen Gebrauch gemacht wurde und Betroffene informiert wurden. ³Das Parlamentarische Kontrollgremium erstattet dem Landtag jährlich einen Bericht auf der Grundlage der Unterrichtung nach den Sätzen 1 und 2. ⁴Die Grundsätze des Art. 9 Abs. 1 PKGG sind zu beachten.
(2) Das Staatsministerium unterrichtet in geeigneter Weise jährlich die Öffentlichkeit über die Anzahl der in Abs. 1 Satz 1 genannten Maßnahmen.
Art. 53 Allgemeine Regeln der Datenspeicherung und sonstigen Datenverarbeitung
(1) Die Polizei kann personenbezogene Daten in Akten oder Dateien speichern und anderweitig verarbeiten, soweit dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist.
(2) ¹Die Speicherung und anderweitige Verarbeitung darf nur zu dem Zweck erfolgen, zu dem diese Daten erhoben worden sind. ²Die Verarbeitung einschließlich einer erneuten Speicherung und einer Veränderung sowie die Übermittlung zu einem anderen polizeilichen Zweck ist zulässig, soweit die Polizei die Daten zu diesem Zweck erheben dürfte oder dies anderweitig besonders gestattet ist.
(3) ¹Daten, die erhoben wurden, ohne dass die Voraussetzungen für ihre Erhebung vorgelegen haben, dürfen nur dann weiterverarbeitet werden, wenn
dies zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für ein in Art. 11a Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 genanntes bedeutendes Rechtsgut oder für Güter der Allgemeinheit, deren Bedrohung die Grundlagen der Existenz der Menschen berührt, erforderlich ist und
die hierfür eingerichtete unabhängige Stelle oder das zuständige Gericht sie freigegeben hat, weil nach deren Prüfung
keine Inhalte betroffen sind, über die das Zeugnis nach den §§ 53, 53a StPO verweigert werden könnte, und
die Daten nicht dem Kernbereich privater Lebensgestaltung oder einem Vertrauensverhältnis mit anderen Berufsgeheimnisträgern zuzuordnen sind.
²Hinsichtlich der Entscheidung nach Satz 1 Nr. 2 gilt Art. 41 Abs. 5 Satz 4 bis 7 entsprechend.
(4) Die Polizei darf folgende Grunddaten einer Person stets verarbeiten, um die Identität der Person festzustellen:
Familiennamen,
Vornamen,
Geburtsnamen,
sonstige Namen wie Spitznamen und andere Namensschreibweisen,
Geschlecht,
Geburtsdatum,
Geburtsort,
Geburtsstaat,
derzeitige Staatsangehörigkeit und frühere Staatsangehörigkeiten,
gegenwärtiger Aufenthaltsort und frühere Aufenthaltsorte,
Wohnanschrift,
Sterbedatum sowie
abweichende Angaben zu den Nrn. 1 bis 12.
(5) ¹Die Dauer der Speicherung ist auf das erforderliche Maß zu beschränken. ²Für automatisierte Dateien sind Termine festzulegen, an denen spätestens überprüft wird, ob die Speicherung von Daten weiterhin erforderlich ist (Prüfungstermine). ³Für nichtautomatisierte Dateien und Akten sind Prüfungstermine oder Aufbewahrungsfristen festzulegen. ⁴Dabei ist Folgendes zu berücksichtigen:
der Umstand, dass es sich um Daten handelt, die besonderen Kategorien im Sinn des Art. 30 Abs. 2 zugehören,
der Umstand, ob es sich um tatsachen- oder einschätzungsbasierte Daten im Sinn des Art. 30 Abs. 3 handelt,
die verschiedenen Kategorien betroffener Personen im Sinn des Art. 30 Abs. 4,
der Speicherungszweck und
Art und Bedeutung des Anlasses der Speicherung.
⁵Es ist ein Verfahren festzulegen, das die Einhaltung der Fristen sicherstellt.
Art. 54 Speicherung, Veränderung und Nutzung von Daten
(1) Die Polizei kann personenbezogene Daten in Akten oder Dateien speichern und anderweitig verarbeiten, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben, zu einer zeitlich befristeten Dokumentation oder zur Vorgangsverwaltung erforderlich ist.
(2) ¹Die Polizei kann insbesondere personenbezogene Daten, die sie im Rahmen strafrechtlicher Ermittlungsverfahren oder von Personen gewonnen hat, die verdächtig sind, eine Straftat begangen zu haben, speichern und anderweitig verarbeiten, soweit dies zur Gefahrenabwehr, insbesondere zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten erforderlich ist. ²Entfällt der der Speicherung zugrunde liegende Verdacht, sind die Daten unverzüglich zu löschen. ³Die nach Art. 53 Abs. 5 festzulegenden Prüfungstermine oder Aufbewahrungsfristen betragen in der Regel bei Erwachsenen zehn Jahre, bei Jugendlichen fünf Jahre und bei Kindern zwei Jahre. ⁴In Fällen von geringerer Bedeutung sind kürzere Fristen festzusetzen. ⁵Die Frist beginnt regelmäßig mit dem Ende des Jahres, in dem das letzte Ereignis erfaßt worden ist, das zur Speicherung der Daten geführt hat, jedoch nicht vor Entlassung des Betroffenen aus einer Justizvollzugsanstalt oder der Beendigung einer mit Freiheitsentziehung verbundenen Maßregel der Besserung und Sicherung. ⁶Werden innerhalb der Frist der Sätze 3 bis 5 weitere personenbezogene Daten über dieselbe Person gespeichert, so gilt für alle Speicherungen gemeinsam der Prüfungstermin, der als letzter eintritt, oder die Aufbewahrungsfrist, die als letzte endet.
(3) ¹In den Fällen des Art. 40 Abs. 1 kann abweichend von Abs. 2 eine längere Frist festgelegt werden. ²Wird nach Fristablauf die Aufbewahrung fortgesetzt, ist nach spätestens drei Jahren die Aussonderung erneut zu prüfen.
(4) ¹Die Polizei kann personenbezogene Daten auch zur Aus- und Fortbildung oder zu statistischen Zwecken weiterverarbeiten. ²Die Anonymisierung kann unterbleiben, wenn diese nicht mit vertretbarem Aufwand möglich ist oder dem Aus- und Fortbildungszweck entgegensteht und jeweils die berechtigten Interessen des Betroffenen an der Geheimhaltung der Daten nicht überwiegen. ³Zu wissenschaftlichen Zwecken können personenbezogene Daten durch die Polizei weiterverarbeitet werden, soweit eine Verwendung anonymisierter oder pseudonymisierter Daten nicht möglich ist und das öffentliche Interesse das schutzwürdige Interesse des Betroffenen erheblich überwiegt. ⁴Ausgenommen sind personenbezogene Daten, die mittels Maßnahmen nach Art. 41 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 6 Satz 1 sowie Art. 45 Abs. 1 und 2 erhoben wurden.
(5) Die Polizei soll angemessene Maßnahmen ergreifen, dass gespeicherte personenbezogene Daten sachlich richtig, vollständig und erforderlichenfalls auf dem neusten Stand sind, und zu diesem Zweck die Qualität der Daten überprüfen.
Art. 55 Allgemeine Regelungen der Datenübermittlung
(1) ¹Die übermittelnde Stelle prüft die Zulässigkeit der Datenübermittlung. ²Erfolgt die Datenübermittlung auf Grund eines Ersuchens des Empfängers, hat dieser die zur Prüfung erforderlichen Angaben zu machen. ³Bei Ersuchen von Polizeidienststellen und sonstigen öffentlichen Stellen prüft die übermittelnde Stelle nur, ob das Ersuchen im Rahmen der Aufgaben des Empfängers liegt. ⁴Erfolgt die Datenübermittlung durch automatisierten Abruf, trägt der Empfänger die Verantwortung für die Rechtmäßigkeit des Abrufs.
(2) ¹Die übermittelnde Stelle unterlässt die Übermittlung personenbezogener Daten, die erkennbar unrichtig, unvollständig oder nicht mehr auf dem gegenwärtigen Stand sind. ²Soweit möglich unterzieht sie die Daten vor Übermittlung einer diesbezüglichen Überprüfung. ³Die empfangende Stelle beurteilt die Richtigkeit, Vollständigkeit, die Zuverlässigkeit und Aktualität der Daten in eigener Zuständigkeit. ⁴Die übermittelnde Stelle fügt nach Möglichkeit die zur Prüfung erforderlichen Informationen bei.
(3) ¹Die empfangende Stelle darf die übermittelten personenbezogenen Daten, soweit nichts anderes bestimmt ist, nur zu dem Zweck verarbeiten, zu dem sie ihr übermittelt worden sind. ²Bestehen für die Verarbeitung besondere Bedingungen, ist die empfangende Stelle darauf hinzuweisen, soweit dieses Gesetz dies nicht besonders regelt. ³Behörden und sonstige Stellen außerhalb des Geltungsbereichs des Grundgesetzes, über- und zwischenstaatliche Stellen sowie Personen und Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs sind bei der Datenübermittlung auf die Sätze 1 und 2 hinzuweisen. ⁴Erweist sich die Übermittlung der Daten als unrechtmäßig, ist dies der empfangenden Stelle unverzüglich mitzuteilen. ⁵Die Daten dürfen von dieser nicht mehr verarbeitet werden und sind unverzüglich in der Verarbeitung einzuschränken, wenn sie zu Zwecken der Dokumentation noch benötigt werden, andernfalls sind sie von dieser unverzüglich zu löschen.
(4) ¹Unterliegen personenbezogene Daten einem Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnis und sind sie der Polizei von der zur Verschwiegenheit verpflichteten Person in Ausübung ihrer Berufs- oder Amtspflicht übermittelt worden, ist die Datenübermittlung durch die Polizei nur zulässig, wenn der Empfänger die Daten zur Erfüllung des gleichen Zwecks benötigt, zu dem die Polizei sie erlangt hat. ²In die Übermittlung an Personen und Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs muß, außer bei Gefahr im Verzug, der Betroffene, oder soweit dies im Einzelfall nicht sachdienlich ist, die zur Verschwiegenheit verpflichtete Stelle einwilligen.
(5) Andere Rechtsvorschriften über die Datenübermittlung bleiben unberührt.
Art. 56 Übermittlung an öffentliche Stellen im Inland
(1) Die Polizei kann personenbezogene Daten übermitteln
von sich aus oder auf Ersuchen an andere Polizeidienststellen, soweit dies zur Erfüllung polizeilicher Aufgaben erforderlich ist,
von sich aus an Behörden oder sonstige öffentliche Stellen, soweit dies der Erfüllung polizeilicher Aufgaben oder der Gefahrenabwehr durch die empfangende Stelle dient,
auf Ersuchen an Behörden oder sonstige öffentliche Stellen, soweit dies der
Wahrnehmung von Aufgaben der Gefahrenabwehr durch die empfangende Stelle,
Verhütung oder Beseitigung erheblicher Nachteile für das Gemeinwohl oder
Wahrung sonstiger schutzwürdiger Interessen
dient, oder
von sich aus oder auf Ersuchen an Verfassungsschutzbehörden des Bundes oder der Länder, den Bundesnachrichtendienst und den Militärischen Abschirmdienst, wenn die Daten zugleich konkrete Erkenntnisse zu einer Gefährdung der jeweiligen Rechtsgüter erkennen lassen, die für die Lagebeurteilung nach Maßgabe der Aufgaben der genannten Behörden bedeutsam sind.
(2) ¹ Art. 48 Abs. 1 bis 4 bleibt unberührt. ²Die in Abs. 1 Nr. 4 genannten Behörden sind andere für die Gefahrenabwehr zuständige Behörden im Sinn des Art. 48.
Art. 57 Übermittlung an öffentliche Stellen der Mitgliedstaaten und an Organisationen der Europäischen Union
Die Polizei kann personenbezogene Daten unter den gleichen Voraussetzungen wie im Inland an Behörden und sonstige öffentliche Stellen
eines Mitgliedstaats oder einer Organisation der Europäischen Union oder
eines Staats, der die Bestimmungen des Schengen-Besitzstandes auf Grund eines Assoziierungsübereinkommens mit der Europäischen Union über die Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstandes anwendet (Schengenassoziierter Staat)
übermitteln.
Art. 58 Übermittlung an öffentliche Stellen in Drittstaaten und an internationale Organisationen
(1) ¹Die Polizei kann personenbezogene Daten an Behörden und sonstige öffentliche Stellen anderer als der in Art. 57 genannten Staaten (Drittstaaten) sowie an internationale Organisationen übermitteln, wenn dies auf Grund eines konkreten Ermittlungsansatzes zur Verhütung, Unterbindung oder Verfolgung von Straftaten oder zur Abwehr von sonstigen Gefahren für die öffentliche Sicherheit erforderlich ist, die empfangende Stelle für diese Zwecke zuständig ist und
die Europäische Kommission einen Beschluss gefasst hat, wonach der Drittstaat oder die internationale Organisation ein angemessenes Datenschutzniveau bietet,
auf Grund völkerrechtlicher Vereinbarungen oder anderer geeigneter Garantien der Schutz personenbezogener Daten sichergestellt ist oder,
soweit die Voraussetzungen der Nr. 1 oder Nr. 2 nicht vorliegen, die Übermittlung erforderlich ist
zur Abwehr von Gefahren für Leben, Gesundheit oder Freiheit einer Person oder für Güter der Allgemeinheit, deren Bedrohung die Grundlagen der Existenz der Menschen berührt,
zur Wahrung schutzwürdiger Interessen oder Belange des Betroffenen, sofern Rechte oder Interessen Dritter nicht überwiegen, oder
zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für die öffentliche Sicherheit eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder eines Drittstaats.
² Art. 48 Abs. 1 bis 4 bleibt unberührt. ³Eine Übermittlung unterbleibt, soweit im konkreten Einzelfall
begründete Zweifel an der Angemessenheit des Datenschutzniveaus im Empfängerstaat bestehen,
schutzwürdige Interessen oder Belange des Betroffenen das öffentliche Interesse an der Übermittlung überwiegen oder
begründete Zweifel bestehen, ob die Weiterverarbeitung nach Übermittlung der Daten im Einklang mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union oder der Konvention zum Schutz der
⁴Die Polizei berücksichtigt die in der Aufstellung nach § 28 Abs. 3 des Bundeskriminalamtgesetzes aufgeführten Erkenntnisse.
(2) ¹Für Übermittlungen nach Abs. 1 gilt Art. 63 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 und Satz 2 entsprechend. ²Informationen über die Art der übermittelten personenbezogenen Daten sind in die Protokolle aufzunehmen. ³Die Protokollinhalte können angemessen kategorisiert werden. ⁴Für die Verwendung der Protokolldaten gilt Art. 63 Abs. 3 Satz 1 und 4, für die Kontrolle durch den Landesbeauftragten gilt Art. 51 Abs. 2 entsprechend.
(3) ¹In Fällen, in denen personenbezogene Daten aus einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union übermittelt wurden, muss dieser der Übermittlung durch die Polizei zuvor nach seinem Recht zugestimmt haben. ²Ohne Zustimmung ist eine Übermittlung durch die Polizei nur dann zulässig, wenn diese erforderlich ist, um eine gegenwärtige Gefahr für
die öffentliche Sicherheit eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder eines Drittstaats oder
die wesentlichen Interessen des Bundes, eines Landes oder eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union
abzuwehren und die Zustimmung nicht rechtzeitig eingeholt werden kann. ³Die Behörde oder Stelle des anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union, die für die Erteilung der Zustimmung zuständig ist, wird im Fall des Satzes 2 unverzüglich unterrichtet. ⁴Die Polizei stellt in geeigneter Weise sicher, dass ein empfangender Drittstaat oder eine empfangende internationale Organisation personenbezogene Daten nur dann an einen anderen Drittstaat oder eine andere internationale Organisation weiterleitet, wenn hierfür eine Zustimmung der übermittelnden Stelle vorliegt.
(4) ¹Die Polizei kann personenbezogene Daten im Einzelfall unmittelbar an andere als in Abs. 1 Satz 1 genannte öffentliche Stellen in Drittstaaten übermitteln, wenn
dies zur Erfüllung polizeilicher Aufgaben erforderlich ist,
eine Übermittlung an eine in Abs. 1 Satz 1 genannte Behörde oder sonstige öffentliche Stelle wirkungslos, nicht rechtzeitig möglich oder zur Gefahrenabwehr ungeeignet wäre,
Grundrechte des Betroffenen das öffentliche Interesse an der Übermittlung nicht überwiegen und
die übrigen für die Übermittlung von Daten in Drittstaaten geltenden Voraussetzungen vorliegen.
²Die Polizei teilt dem Empfänger die festgelegten Zwecke mit, zu denen die Verarbeitung der Daten erfolgen darf. ³Soweit vorhanden, soll die Polizei unverzüglich die an sich nach Abs. 1 Satz 1 zuständige Behörde oder öffentliche Stelle des Drittstaats über die Übermittlung unterrichten. ⁴Abs. 2 gilt entsprechend.
(5) Die Abs. 1, 2 und 4 sind auch anzuwenden, wenn ein Ersuchen der Polizei an die dort genannten Behörden, Stellen und Organisationen die Übermittlung personenbezogener Daten erforderlich macht.
(6) ¹Das Staatsministerium unterrichtet das Parlamentarische Kontrollgremium jährlich über erfolgte Übermittlungen nach den Abs. 1 und 4. ² Art. 52 Abs. 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend. ³Für die Unterrichtung der Öffentlichkeit gilt Art. 52 Abs. 2 entsprechend.
Art. 59 Übermittlung an nichtöffentliche Stellen
(1) Die Polizei kann von sich aus personenbezogene Daten an nichtöffentliche Stellen im Inland übermitteln, soweit dies erforderlich ist
zur Erfüllung polizeilicher Aufgaben,
zur Verhütung oder Beseitigung erheblicher Nachteile für das Gemeinwohl oder
zur Wahrung schutzwürdiger Interessen oder Belange Einzelner, wenn kein Grund zu der Annahme besteht, dass schutzwürdige Interessen oder Belange des Betroffenen an dem Ausschluss der Übermittlung überwiegen.
(2) Die Polizei kann nichtöffentlichen Stellen im Inland auf Antrag personenbezogene Daten übermitteln, soweit diese Stellen
ein rechtliches Interesse an der Kenntnis der zu übermittelnden Daten glaubhaft machen und kein Grund zu der Annahme besteht, dass schutzwürdige Interessen oder Belange des Betroffenen an dem Ausschluss der Übermittlung überwiegen oder
ein berechtigtes Interesse geltend machen, offensichtlich ist, daß die Datenübermittlung im Interesse des Betroffenen liegt, und kein Grund zu der Annahme besteht, daß er in Kenntnis der Sachlage seine Einwilligung verweigern würde.
(3) ¹Daten, die durch eine der in Art. 48 Abs. 1 genannten Maßnahmen erhoben wurden, dürfen an nichtöffentliche Stellen nur übermittelt werden, wenn dies zum Schutz eines in der jeweiligen Befugnisnorm genannten Rechtsguts erforderlich ist. ²Daten die durch eine der in Art. 48 Abs. 4 Satz 1 genannten Maßnahmen erhoben wurden, dürfen darüber hinaus nur dann übermittelt werden, wenn der in der jeweiligen Befugnisnorm enthaltende Gefahrengrad erreicht wird und die Übermittlung erforderlich macht.
(4) Für die Übermittlung personenbezogener Daten an nichtöffentliche Stellen eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder eines Schengenassoziierten Staats gelten die Abs. 1 bis 3 entsprechend.
(5) ¹Die Polizei kann personenbezogene Daten unter den Voraussetzungen des Art. 58 Abs. 4 an nichtöffentliche Stellen in Drittstaaten übermitteln. ² Art. 58 Abs. 2 und 6 gilt entsprechend.
Art. 60 Datenempfang durch die Polizei
(1) Öffentliche Stellen können, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, von sich aus personenbezogene Daten an die Polizei übermitteln, wenn anzunehmen ist, daß die Übermittlung zur Erfüllung der Aufgaben der Polizei erforderlich sein kann.
(2) ¹Die Polizei kann an öffentliche Stellen Ersuchen um Übermittlung personenbezogener Daten stellen, soweit diese zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich sind. ²Die Polizei hat die zur Prüfung des Ersuchens erforderlichen Angaben zu machen. ³Die ersuchte öffentliche Stelle hat die Daten an die Polizei zu übermitteln, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist.
(3) Die Polizei kann die Verfassungsschutzbehörden des Bundes oder der Länder, den Bundesnachrichtendienst und den Militärischen Abschirmdienst um Übermittlung mit nachrichtendienstlichen Mitteln erhobener personenbezogener Daten nur ersuchen,
zur Abwehr einer im Einzelfall bestehenden Gefahr oder einer drohenden Gefahr für ein bedeutendes Rechtsgut oder
wenn die Informationen auch mit eigenen Befugnissen in gleicher Weise hätten erhoben werden können.
Art. 60a Zuverlässigkeitsüberprüfung
(1) ¹Bei Anlässen, die mit erheblichen Sicherheitsrisiken verbunden sind, kann die Polizei personenbezogene Daten einer Person mit deren schriftlicher oder elektronischer Zustimmung bei öffentlichen und nichtöffentlichen Stellen erheben, übermitteln und anderweitig verarbeiten (Zuverlässigkeitsüberprüfung), soweit dies im Hinblick auf den Anlass und die Tätigkeit der betroffenen Person erforderlich und angemessen ist. ²Die Erforderlichkeit und der Umfang der Verarbeitung sind anhand einer Gefährdungsanalyse festzulegen, wobei sich die Datenerhebung nach dem Zweck der Zuverlässigkeitsüberprüfung richtet. ³Zuverlässigkeitsüberprüfungen können insbesondere erfolgen
zur Regelung der besonderen Zugangsberechtigung zu Veranstaltungen und Veranstaltungsreihen, die besonders gefährdet sind,
für den privilegierten Zutritt zu einem Amtsgebäude oder einem anderen gefährdeten Objekt oder Bereich,
für die Erbringung von Dienstleistungen zur Unterstützung behördlicher Aufgaben,
bei Personen, die Zugang zu Unterlagen oder ähnlichen Inhalten haben sollen, aus denen sich sicherheitsrelevante Erkenntnisse für die Tätigkeit von Polizei und Sicherheitsbehörden ergeben oder
zu Zwecken des Personen- und Objektschutzes.
⁴Die Polizei kann hierzu die Identität der Person feststellen, deren Zuverlässigkeit überprüft werden soll, und zu diesem Zweck auch von ihr vorgelegte Ausweisdokumente kopieren oder Kopien von Ausweisdokumenten anfordern.
(2) ¹Die Polizei ist befugt, das Ergebnis ihrer Zuverlässigkeitsüberprüfung an eine andere Stelle zu übermitteln, wenn die Beurteilung der Zuverlässigkeit der anderen Stelle obliegt. ²Hat die Polizei dabei Zuverlässigkeitsbedenken, ist die betroffene Person vor der Datenübermittlung an die andere Stelle über die Bedenken der Polizei zu informieren, wenn die betroffene Person dies schriftlich oder in elektronischer Form gegenüber der Polizei zuvor erklärt hat. ³In den Fällen des Satzes 2 gibt die Polizei der betroffenen Person Gelegenheit, Einwände gegen die Sicherheitsbedenken schriftlich oder in elektronischer Form vorzubringen, welche vor der Übermittlung nach Satz 1 zu prüfen sind. ⁴Die betroffene Person ist von der anderen Stelle auf die Möglichkeiten nach den Sätzen 2 und 3 und über Ablauf und Inhalt des polizeilichen Überprüfungsverfahrens spätestens vor der erstmaligen Datenübermittlung an die Polizei hinzuweisen. ⁵Hat die Polizei Zweifel daran, dass die andere Stelle ihrer Verpflichtung nach Satz 4 nachgekommen ist, ist die betroffene Person durch die Polizei vor der Übermittlung nach Satz 1 über das Bestehen von Sicherheitsbedenken zu informieren. ⁶Von der Information des Betroffenen nach den Sätzen 2 und 5 kann unter den Voraussetzungen des Art. 65 Abs. 2 und 3 abgesehen werden. ⁷Erfolgt die Mitteilung an eine nichtöffentliche Stelle, beschränkt sich die Mitteilung nach Satz 1 darauf, dass Zuverlässigkeitsbedenken bestehen.
(3) Die Polizei kann die andere Stelle dazu verpflichten, ihr mitzuteilen, wenn sie eine Person trotz bekannter Zuverlässigkeitsbedenken der Polizei gleichwohl für den Anlass verwendet, für den die Zuverlässigkeitsüberprüfung durchgeführt wurde.
(4) Art. 54 Abs. 2 Satz 6 findet keine Anwendung.
(5) ¹Die Polizei kann ferner Personen, die eine Tätigkeit in einer Behörde der Polizei oder des Verfassungsschutzes anstreben, mit deren schriftlicher oder elektronischer Zustimmung einer Zuverlässigkeitsüberprüfung nach Abs. 1 unterziehen. ²In diesen Fällen findet Arbeits- und Beamtenrecht Anwendung.
Art. 61 Datenabgleich innerhalb der Polizei
(1) ¹Die Polizei kann personenbezogene Daten der in Art. 7 und 8 genannten Personen mit dem Inhalt polizeilicher Dateien abgleichen. ²Personenbezogene Daten anderer Personen kann die Polizei nur abgleichen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dies zur Erfüllung einer bestimmten polizeilichen Aufgabe erforderlich ist. ³Die Polizei kann ferner im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung erlangte personenbezogene Daten mit dem Fahndungsbestand abgleichen. ⁴Der Betroffene kann außer in den Fällen des Art. 12 für die Dauer des Datenabgleichs angehalten werden. ⁵ Art. 13 bleibt unberührt.
(2) Maßnahmen im Sinn des Abs. 1 können auch unter Verwendung bildverarbeitender Systeme und durch Auswertung biometrischer Daten erfolgen, wenn andernfalls die Erfüllung polizeilicher Aufgaben gefährdet oder wesentlich erschwert würde.
(3) Rechtsvorschriften über den Datenabgleich in anderen Fällen bleiben unberührt.
Art. 62 Berichtigung, Löschung und Verarbeitungseinschränkung von Daten
(1) ¹Personenbezogene Daten sind zu berichtigen, wenn sie unrichtig sind. ²Die Berichtigung kann auch eine Ergänzung der Daten erforderlich machen, wenn eine mangelnde Vollständigkeit die Unrichtigkeit der Daten für den Verarbeitungszweck zur Folge hat. ³Wurden die Daten zuvor an die Polizei übermittelt, ist der übermittelnden Stelle die Berichtigung mitzuteilen, soweit dies möglich und zumutbar ist. ⁴Erweisen sich personenbezogene Daten nach ihrer Übermittlung durch die Polizei als unrichtig, sind sie unverzüglich gegenüber der empfangenden Stelle zu berichtigen, wenn dies zur Wahrung schutzwürdiger Interessen des Betroffenen erforderlich ist. ⁵Ist die Berichtigung nicht möglich oder nicht hinreichend, ist eine weitere Verarbeitung der Daten unzulässig. ⁶Die Daten sind durch die empfangende Stelle unverzüglich zu löschen oder, wenn dies nicht möglich ist, unverzüglich in der Verarbeitung einzuschränken.
(2) ¹In Dateien gespeicherte personenbezogene Daten sind unverzüglich zu löschen und die zu dem Betroffenen geführten Akten zu vernichten, wenn
ihre Erhebung oder weitere Verarbeitung unzulässig war,
sie zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung gelöscht werden müssen oder
bei der zu bestimmten Fristen oder Terminen vorzunehmenden Überprüfung oder aus Anlaß einer Einzelfallbearbeitung festgestellt wird, daß ihre Kenntnis für die speichernde Stelle zur Erfüllung der ihr obliegenden Aufgaben nicht mehr erforderlich ist. Art. 54 Abs. 2 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.
²Wurden die Daten übermittelt, ist dem Empfänger die Löschung unverzüglich mitzuteilen.
(3) ¹Löschung und Vernichtung unterbleiben, soweit und solange
Grund zu der Annahme besteht, daß schutzwürdige Interessen des Betroffenen beeinträchtigt würden,
die Daten für Beweiszwecke einer weiteren Aufbewahrung bedürfen,
dies im Einzelfall nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand möglich ist oder
ein Fall des Art. 53 Abs. 3 oder Art. 54 Abs. 4 vorliegt.
²In diesen Fällen sind die Daten in der Verarbeitung einzuschränken. ³Sie dürfen nur zu den in Satz 1 Nr. 2 und 4 genannten Zwecken oder mit Einwilligung des Betroffenen genutzt werden. ⁴Wurden die Daten übermittelt, ist dem Empfänger die Verarbeitungseinschränkung unverzüglich mitzuteilen.
(4) ¹Der Betroffene kann nach Maßgabe der Abs. 1 bis 3 die unverzügliche Berichtigung oder Löschung verlangen. ²Im Fall von Aussagen, Beurteilungen oder anderweitigen Wertungen betrifft die Frage der Richtigkeit nicht deren Inhalt, sondern die Tatsache, ob die Aussage, Beurteilung oder anderweitige Wertung so erfolgt ist. ³Kann die Richtigkeit der Daten nicht erwiesen werden, werden die Daten in der Verarbeitung eingeschränkt. ⁴In diesem Fall wird der Betroffene unterrichtet, bevor die Verarbeitungseinschränkung aufgehoben wird. ⁵Bestehen begründete Zweifel an der Identität der antragstellenden Person, kann die Bearbeitung ihres Anliegens von der Erbringung geeigneter Nachweise abhängig gemacht werden.
(5) ¹Der Betroffene wird unverzüglich darüber in Kenntnis gesetzt, wie mit dem Antrag nach Abs. 4 verfahren wird, falls über ihn nicht unverzüglich entschieden wird. ²Soweit ein Antrag abgelehnt wird, ist der Betroffene hierüber schriftlich und unter Mitteilung der Gründe zu unterrichten. ³Der Betroffene ist darauf hinzuweisen, dass er Beschwerde bei dem Landesbeauftragten einlegen, seine Rechte auch über diesen ausüben oder gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen kann. ⁴Unterrichtungen können unterbleiben, soweit und solange hierdurch
die Erfüllung polizeilicher Aufgaben gefährdet oder wesentlich erschwert würde,
die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gefährdet würde oder
überwiegende Rechte Dritter gefährdet würden.
(6) Bei offensichtlich unbegründeten oder in ungebührlichem Umfang gestellten Anträgen können angemessene Kosten erhoben werden, soweit nicht ausnahmsweise schon von der Bearbeitung abgesehen werden kann.
Art. 63 Automatisiertes Abrufverfahren
(1) ¹Die Einrichtung eines automatisierten Verfahrens, das die Verarbeitung, insbesondere die Übermittlung personenbezogener Daten durch Abruf ermöglicht, ist zulässig, soweit dieses Verfahren unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Interessen der Betroffenen und der Erfüllung polizeilicher Aufgaben angemessen ist. ²Der Abruf durch andere als Polizeidienststellen ist nur auf Grund besonderer Rechtsvorschriften zulässig.
(2) ¹Folgende Verarbeitungsvorgänge nach Abs. 1 müssen protokolliert werden:
Erhebung,
Veränderung,
Abruf,
Offenlegung einschließlich Übermittlung,
Verknüpfung und
Löschung.
²Die Protokolle über Abrufe und Offenlegungen müssen die dafür maßgeblichen Gründe nennen sowie Datum und Uhrzeit dieser Vorgänge enthalten und, soweit möglich, die Feststellung der Identität der abrufenden oder offenlegenden Person sowie des Empfängers ermöglichen.
(3) ¹Die nach Abs. 2 erstellten Protokolle dürfen nur verwendet werden zur
Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung, einschließlich der Eigenüberwachung,
Gewährleistung der Integrität und Sicherheit der personenbezogenen Daten,
Verhütung oder Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten und
Kontrolle durch den Landesbeauftragten.
²Sie sind dem Landesbeauftragten auf Anforderung in auswertbarer Weise zur Verfügung zu stellen. ³Soweit sie für Zwecke des Satzes 1 nicht mehr benötigt werden, sind sie zu löschen. ⁴Die Auswertung für Zwecke des Satzes 1 Nr. 3 bedarf der Anordnung einer der in Art. 36 Abs. 4 Satz 1 oder Satz 2 genannten Personen.
(4) Das Staatsministerium kann mit anderen Ländern und dem Bund einen Datenverbund vereinbaren, der eine automatisierte Datenübermittlung ermöglicht.
Art. 64 Errichtungsanordnung für Dateien, Datenschutz-Folgenabschätzung
(1) ¹Für den erstmaligen Einsatz von automatisierten Verfahren, mit denen personenbezogene Daten verarbeitet werden, ist in einer Errichtungsanordnung, die der Zustimmung des Staatsministeriums bedarf, festzulegen:
speichernde Stelle,
Bezeichnung der Datei,
Zweck der Datei,
betroffener Personenkreis,
Art der zu speichernden Daten,
Eingabeberechtigung,
Zugangsberechtigung,
regelmäßige Datenübermittlungen,
Überprüfungsfristen, Speicherungsdauer,
Protokollierung von Verarbeitungsvorgängen nach Art. 63 Abs. 2,
besondere Regelungen über die Verarbeitung von Daten, die nach dem 2. Unterabschnitt erhoben wurden, insbesondere zum Verhältnis von Speicherinhalt und Abrufberechtigung, und
Angaben nach Abs. 2 Satz 4 Halbsatz 2.
²Nach der Zustimmung gemäß Satz 1 ist die Errichtungsanordnung dem Landesbeauftragten mitzuteilen. ³Das gleiche gilt für wesentliche Änderungen des Verfahrens.
(2) ¹Birgt eine Datenverarbeitung oder deren Änderung auf Grund ihrer Art, ihres Umfangs, ihres Zwecks, des Einsatzes neuer Technologien oder sonstiger Umstände voraussichtlich ein hohes Risiko für die Rechte natürlicher Personen, führt die Polizei vor ihrer erstmaligen Anwendung eine Abschätzung der Folgen für den Schutz personenbezogener Daten durch. ²In den Fällen des Art. 61 Abs. 2 gilt dies insbesondere dann, wenn durch den Abgleich Bild- oder anderweitige Aufnahmen automatisch gesteuert werden können. ³Der Landesbeauftragte kann zudem festlegen, welche Verarbeitungsvorgänge vor ihrer erstmaligen Anwendung einer Folgenabschätzung bedürfen. ⁴Die Folgenabschätzung muss den Rechten und schutzwürdigen Interessen betroffener Personen Rechnung tragen und eine allgemeine Beschreibung der vorgesehenen Verarbeitungsvorgänge und -zwecke, eine Bewertung der Risiken im Hinblick auf die Rechte der betroffenen Personen sowie eine Darstellung der vorgesehenen Abhilfe- und Schutzmaßnahmen enthalten. ⁵Ist zugleich eine Errichtungsanordnung nach Abs. 1 erforderlich, so ist vor deren Erstellung eine entsprechende Folgenabschätzung vorzunehmen; die Angaben nach Satz 4 sind in die Errichtungsanordnung aufzunehmen. ⁶Abs. 1 Satz 2 findet mit der Maßgabe Anwendung, dass dem Landesbeauftragten vor der erstmaligen Anwendung vorgesehener Verarbeitungsvorgänge Gelegenheit zur Stellungnahme binnen sechs Wochen zu geben ist, wobei diese Frist auf dessen Ersuchen hin auf zehn Wochen verlängert werden kann. ⁷Bei Gefahr im Verzug findet Satz 6 keine Anwendung; die Mitteilung an den Landesbeauftragten ist in diesen Fällen unverzüglich nachzuholen. ⁸Ihm sind auf Anforderung alle für seine Kontrolle erforderlichen und für die Polizei verfügbaren Informationen zu übermitteln.
(3) ¹Die speichernde Stelle hat in angemessenem Abstand die Notwendigkeit der Weiterführung oder Änderung ihrer Dateien zu prüfen. ²Dabei berücksichtigt sie auch die Kategorien personenbezogener Daten nach Art. 30 Abs. 2 bis 4.
Art. 65 Auskunftsrecht
(1) ¹Die Polizei teilt einer Person auf Antrag mit, ob sie betreffende personenbezogene Daten, einschließlich Bild- und Tonaufnahmen, verarbeitet werden. ²Ist dies der Fall, erhält die Person ihrem Antrag entsprechend Auskunft über sie betreffende personenbezogene Daten und über
die Rechtsgrundlage und die Zwecke der Verarbeitung,
verfügbare Informationen zur Herkunft der Daten oder, falls dies im Einzelfall nicht möglich ist, zu den Kategorien personenbezogener Daten, die verarbeitet werden,
die Empfänger, gegenüber denen die personenbezogenen Daten offengelegt wurden,
die für deren Speicherung vorgesehene Dauer oder, falls dies im Einzelfall nicht möglich ist, die Kriterien für deren Festlegung,
die bestehenden Rechte auf Berichtigung, Löschung oder Verarbeitungseinschränkung und
die Kontaktdaten des Landesbeauftragten und die Möglichkeit, bei ihm Beschwerde einzulegen.
³Bestehen begründete Zweifel an der Identität der antragstellenden Person, kann die Erteilung der Auskunft von der Erbringung geeigneter Nachweise abhängig gemacht werden. ⁴Auskunft zur Herkunft personenbezogener Daten von oder zu deren Übermittlung an Verfassungsschutzbehörden des Bundes oder der Länder, den Bundesnachrichtendienst oder den Militärischen Abschirmdienst, wird nur mit Zustimmung dieser Stellen erteilt.
(2) ¹Die Auskunft kann unterbleiben, soweit und solange andernfalls
die Erfüllung polizeilicher Aufgaben gefährdet oder wesentlich erschwert würde,
die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gefährdet würde oder
die im Einzelfall, insbesondere wegen der überwiegenden berechtigten Interessen eines Dritten, erforderliche Geheimhaltung verarbeiteter Daten gefährdet würde und das Interesse der antragstellenden Person an der Auskunftserteilung nicht überwiegt.
² Art. 50 bleibt unberührt.
(3) ¹ Art. 62 Abs. 5 gilt entsprechend. ²Die Gründe für die Ablehnung eines Antrags sind von der Polizei zu dokumentieren. ³Sie sind dem Landesbeauftragten für dessen Kontrolle in auswertbarer Weise zur Verfügung zu stellen, soweit nicht das Staatsministerium im Einzelfall feststellt, dass dadurch die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gefährdet würde. ⁴Eine Mitteilung des Landesbeauftragten an den Betroffenen im Beschwerdeverfahren darf keine Rückschlüsse auf den Erkenntnisstand der Polizei zulassen, sofern diese nicht einer weitergehenden Auskunft zustimmt.
(4) Art. 62 Abs. 6 gilt entsprechend.
Art. 66 Anwendung des Bayerischen Datenschutzgesetzes
¹Das Bayerische Datenschutzgesetz (BayDSG) findet für den Bereich der Polizei ergänzend Anwendung, soweit in diesem Gesetz nichts Besonderes geregelt ist. ² Art. 24 BayDSG gilt ausschließlich in Ausübung des Hausrechts.
IV. Abschnitt Vollzugshilfe
Art. 67 Vollzugshilfe
(1) Die Polizei leistet anderen Behörden auf Ersuchen Vollzugshilfe, wenn unmittelbarer Zwang anzuwenden ist und die anderen Behörden nicht über die hierzu erforderlichen Dienstkräfte verfügen oder ihre Maßnahmen nicht auf andere Weise selbst durchsetzen können.
(2) Soweit Dienstkräfte der Justizverwaltung nicht oder nicht ausreichend zur Verfügung stehen, führt die Polizei Personen dem Gericht oder der Staatsanwaltschaft vor und unterstützt die Gerichtsvorsitzenden bei der Aufrechterhaltung der Ordnung in der Sitzung.
(3) Die Grundsätze der Amtshilfe gelten entsprechend.
(4) Die Verpflichtung zur Amtshilfe bleibt unberührt.
Art. 68 Verfahren
(1) ¹Vollzugshilfeersuchen sind schriftlich zu stellen. ²Sie haben den Grund und die Rechtsgrundlage der Maßnahme anzugeben.
(2) ¹In Eilfällen kann das Ersuchen formlos gestellt werden. ²Es ist jedoch auf Verlangen unverzüglich schriftlich zu bestätigen.
(3) ¹Vollzugshilfeersuchen sollen an die unterste Polizeidienststelle gerichtet werden, deren Dienstbereich für den Vollzug des Ersuchens ausreicht. ²Weisungen der Sicherheitsbehörden gehen dem Ersuchen anderer Verwaltungsbehörden vor.
(4) Die ersuchende Behörde ist von der Ausführung des Ersuchens zu verständigen.
Art. 69 Vollzugshilfe bei Freiheitsentziehung
(1) Hat das Vollzugshilfeersuchen eine Freiheitsentziehung zum Inhalt, ist auch die richterliche Entscheidung über die Zulässigkeit der Freiheitsentziehung vorzulegen oder in dem Ersuchen zu bezeichnen.
(2) Ist eine vorherige richterliche Entscheidung nicht ergangen, hat die Polizei die festgehaltene Person zu entlassen, wenn die ersuchende Behörde diese nicht übernimmt oder die richterliche Entscheidung nicht unverzüglich nachträglich beantragt.
(3) Die Art. 19 und 20 gelten entsprechend.
V. Abschnitt Zwang
Art. 70 Zulässigkeit des Verwaltungszwangs
(1) Der Verwaltungsakt der Polizei, der auf die Vornahme einer Handlung oder auf Duldung oder Unterlassung gerichtet ist, kann mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden, wenn er unanfechtbar ist oder wenn ein Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung hat.
(2) Der Verwaltungszwang kann ohne vorausgehenden Verwaltungsakt angewendet werden, wenn das zur Abwehr einer Gefahr notwendig ist, insbesondere weil Maßnahmen gegen Personen nach den Art. 7 bis 10 nicht oder nicht rechtzeitig möglich sind oder keinen Erfolg versprechen, und die Polizei hierbei innerhalb ihrer Befugnisse handelt.
Art. 71 Zwangsmittel
(1) Zwangsmittel sind:
Ersatzvornahme (Art. 72),
Zwangsgeld (Art. 73),
unmittelbarer Zwang (Art. 75).
(2) Sie sind nach Maßgabe der Art. 76 und 81 anzudrohen.
(3) Die Zwangsmittel können auch neben einer Strafe oder Geldbuße angewandt und so lange wiederholt und gewechselt werden, bis der Verwaltungsakt befolgt worden ist oder sich auf andere Weise erledigt hat.
Art. 72 Ersatzvornahme
(1) ¹Wird die Verpflichtung, eine Handlung vorzunehmen, deren Vornahme durch einen anderen möglich ist, nicht erfüllt, so kann die Polizei die Handlung selbst ausführen oder einen anderen mit der Ausführung beauftragen. ²Für die Ausführung der Ersatzvornahme werden vom Betroffenen Kosten erhoben. ³Im übrigen gilt das Kostengesetz.
(2) ¹Es kann bestimmt werden, daß der Betroffene die voraussichtlichen Kosten der Ersatzvornahme im voraus zu bezahlen hat. ²Zahlt der Betroffene die Kosten der Ersatzvornahme oder die voraussichtlich entstehenden Kosten der Ersatzvornahme nicht fristgerecht, so können die Kosten im Verwaltungszwangsverfahren beigetrieben werden. ³Die Beitreibung der voraussichtlichen Kosten unterbleibt, sobald der Betroffene die gebotene Handlung ausführt.
Art. 73 Zwangsgeld
(1) Das Zwangsgeld wird auf mindestens fünfzehn und höchstens fünftausend Euro schriftlich festgesetzt.
(2) Mit der Festsetzung des Zwangsgeldes ist dem Betroffenen eine angemessene Frist zur Zahlung einzuräumen.
(3) ¹Zahlt der Betroffene das Zwangsgeld nicht fristgerecht, so wird es im Verwaltungszwangsverfahren beigetrieben. ²Die Beitreibung unterbleibt, sobald der Betroffene die gebotene Handlung ausführt oder die zu duldende Maßnahme gestattet.
(4) ¹Für die Festsetzung des Zwangsgeldes werden vom Betroffenen Kosten erhoben. ²Im übrigen gilt das Kostengesetz.
Art. 74 Ersatzzwangshaft
(1) ¹Ist das Zwangsgeld uneinbringlich, so kann das Verwaltungsgericht auf Antrag der Polizei die Ersatzzwangshaft anordnen, wenn bei Androhung des Zwangsgeldes hierauf hingewiesen worden ist. ²Die Ersatzzwangshaft beträgt mindestens einen Tag, höchstens zwei Wochen.
(2) Die Ersatzzwangshaft ist auf Antrag der Polizei von der Justizverwaltung nach den Bestimmungen der § 802g Abs. 2 und § 802h der ZPO zu vollstrecken.
Art. 75 Unmittelbarer Zwang
(1) ¹Die Polizei kann unmittelbaren Zwang anwenden, wenn andere Zwangsmittel nicht in Betracht kommen oder keinen Erfolg versprechen oder unzweckmäßig sind. ²Für die Art und Weise der Anwendung unmittelbaren Zwangs gilt der 2. Unterabschnitt.
(2) Unmittelbarer Zwang zur Abgabe einer Erklärung ist ausgeschlossen.
(3) ¹Für die Anwendung unmittelbaren Zwangs werden Kosten erhoben. ²Im übrigen gilt das Kostengesetz.
Art. 76 Androhung der Zwangsmittel
(1) ¹Zwangsmittel sind möglichst schriftlich anzudrohen. ²Dem Betroffenen ist in der Androhung zur Erfüllung der Verpflichtung eine angemessene Frist zu bestimmen; eine Frist braucht nicht bestimmt zu werden, wenn eine Duldung oder Unterlassung erzwungen werden soll. ³Von der Androhung kann abgesehen werden, wenn die Umstände sie nicht zulassen, insbesondere wenn die sofortige Anwendung des Zwangsmittels zur Abwehr einer Gefahr notwendig ist.
(2) ¹Die Androhung kann mit dem Verwaltungsakt verbunden werden, durch den die Handlung, Duldung oder Unterlassung aufgegeben wird. ²Sie soll mit ihm verbunden werden, wenn ein Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung hat.
(3) ¹Die Androhung muß sich auf bestimmte Zwangsmittel beziehen. ²Werden mehrere Zwangsmittel angedroht, ist anzugeben, in welcher Reihenfolge sie angewandt werden sollen.
(4) Wird die Ersatzvornahme angedroht, so sollen in der Androhung die voraussichtlichen Kosten angegeben werden.
(5) Das Zwangsgeld ist in bestimmter Höhe anzudrohen.
(6) ¹Die Androhung ist zuzustellen. ²Das gilt auch dann, wenn sie mit dem zugrunde liegenden Verwaltungsakt verbunden ist und für ihn keine Zustellung vorgeschrieben ist.
(7) ¹Für die Androhung werden Kosten erhoben. ²Dies gilt nicht, wenn nach Abs. 2 Satz 1 verfahren wird und der Verwaltungsakt, durch den die Handlung, Duldung oder Unterlassung aufgegeben wird, kostenfrei ist. ³Im übrigen gilt das Kostengesetz.
Art. 77 Rechtliche Grundlagen
(1) Ist die Polizei nach diesem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften zur Anwendung unmittelbaren Zwangs befugt, gelten für die Art und Weise der Anwendung die Art. 78 bis 86 und, soweit sich aus diesen nichts Abweichendes ergibt, die übrigen Vorschriften dieses Gesetzes.
(2) Die zivil- und strafrechtlichen Wirkungen nach den Vorschriften über Notwehr und Notstand bleiben unberührt.
Art. 78 Begriffsbestimmung
(1) Unmittelbarer Zwang ist die Einwirkung auf Personen oder Sachen durch körperliche Gewalt, ihre Hilfsmittel, Waffen und Explosivmittel.
(2) Körperliche Gewalt ist jede unmittelbare körperliche Einwirkung auf Personen oder Sachen.
(3) Hilfsmittel der körperlichen Gewalt sind insbesondere Fesseln, Wasserwerfer, technische Sperren, Diensthunde, Dienstpferde, Dienstfahrzeuge, Luftfahrzeuge, Reiz- und Betäubungsstoffe sowie zum Sprengen bestimmte explosionsfähige Stoffe (Sprengmittel).
(4) ¹Als Waffen sind Schlagstock, Elektroimpulsgerät und vergleichbare Waffen, Pistole, Revolver, Gewehr, Maschinenpistole und Maschinengewehr zugelassen. ²Waffen können auf Anordnung des Staatsministeriums zeitlich befristet als Einsatzmittel erprobt werden.
(5) ¹Explosivmittel sind besondere Sprengmittel, namentlich Handgranaten, Sprenggeschosse, die aus Schusswaffen verschossen werden können und sonstige explosionsfähige Stoffe, die vor Umsetzung von einem festen Mantel umgeben sind. ²Abs. 4 Satz 2 gilt entsprechend.
Art. 79 Handeln auf Anordnung
(1) ¹Die Polizeibeamten sind verpflichtet, unmittelbaren Zwang anzuwenden, der von einem Weisungsberechtigten angeordnet wird. ²Dies gilt nicht, wenn die Anordnung die Menschenwürde verletzt oder nicht zu dienstlichen Zwecken erteilt worden ist.
(2) ¹Eine Anordnung darf nicht befolgt werden, wenn dadurch eine Straftat begangen würde. ²Befolgt der Polizeibeamte die Anordnung trotzdem, so trifft ihn eine Schuld nur, wenn er erkennt oder wenn es nach den ihm bekannten Umständen offensichtlich ist, daß dadurch eine Straftat begangen wird.
(3) Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Anordnung hat der Polizeibeamte dem Anordnenden gegenüber vorzubringen, soweit das nach den Umständen möglich ist.
(4) § 36 Abs. 2 und 3 des Beamtenstatusgesetzes sind nicht anzuwenden.
Art. 80 Hilfeleistung für Verletzte
Wird unmittelbarer Zwang angewendet, ist Verletzten, soweit es nötig ist und die Lage es zuläßt, Beistand zu leisten und ärztliche Hilfe zu verschaffen.
Art. 81 Androhung unmittelbaren Zwangs
(1) ¹Unmittelbarer Zwang ist vor seiner Anwendung anzudrohen. ²Von der Androhung kann abgesehen werden, wenn die Umstände sie nicht zulassen, insbesondere wenn die sofortige Anwendung des Zwangsmittels zur Abwehr einer Gefahr notwendig ist. ³Als Androhung des Schußwaffengebrauchs gilt auch die Abgabe eines Warnschusses.
(2) Schußwaffen und Explosivmittel dürfen nur dann ohne Androhung gebraucht werden, wenn das zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist.
(3) ¹Gegenüber einer Menschenmenge ist die Anwendung unmittelbaren Zwangs möglichst so rechtzeitig anzudrohen, daß sich Unbeteiligte noch entfernen können. ²Der Gebrauch von Schußwaffen gegen Personen in einer Menschenmenge ist stets anzudrohen; die Androhung ist vor dem Gebrauch durch Warnschuß zu wiederholen. ³Beim Gebrauch von technischen Sperren und Dienstpferden kann von einer Androhung abgesehen werden.
Art. 82 Fesselung von Personen
Eine Person, die nach diesem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften festgehalten wird, darf gefesselt werden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sie
Polizeibeamte oder Dritte angreifen, Widerstand leisten oder Sachen beschädigen wird,
fliehen wird oder befreit werden soll oder
sich töten oder verletzen wird.
Art. 83 Allgemeine Vorschriften für den Schußwaffengebrauch
(1) ¹Schußwaffen dürfen nur gebraucht werden, wenn andere Maßnahmen des unmittelbaren Zwangs erfolglos angewendet sind oder offensichtlich keinen Erfolg versprechen. ²Gegen Personen ist ihr Gebrauch nur zulässig, wenn der Zweck nicht durch Schußwaffengebrauch gegen Sachen erreicht werden kann.
(2) ¹Schußwaffen dürfen gegen Personen nur gebraucht werden, um angriffs- oder fluchtunfähig zu machen. ²Ein Schuß, der mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit tödlich wirken wird, ist nur zulässig, wenn er das einzige Mittel zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben einer Person ist.
(3) ¹Gegen Personen, die dem äußeren Eindruck nach noch nicht 14 Jahre alt sind, dürfen Schußwaffen nicht gebraucht werden. ²Das gilt nicht, wenn der Schußwaffengebrauch das einzige Mittel zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben ist.
(4) ¹Der Schußwaffengebrauch ist unzulässig, wenn für den Polizeibeamten erkennbar Unbeteiligte mit hoher Wahrscheinlichkeit gefährdet werden. ²Das gilt nicht, wenn der Schußwaffengebrauch das einzige Mittel zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für das Leben einer Person ist.
Art. 84 Schußwaffengebrauch gegen Personen
(1) Schußwaffen dürfen gegen Personen nur gebraucht werden,
um eine gegenwärtige Gefahr für Leib oder Leben abzuwehren,
um die unmittelbar bevorstehende Begehung oder Fortsetzung eines Verbrechens oder eines Vergehens unter Anwendung oder Mitführung von Schußwaffen oder Sprengmitteln zu verhindern,
um eine Person anzuhalten, die sich der Festnahme oder Identitätsfeststellung durch Flucht zu entziehen versucht, wenn sie
eines Verbrechens dringend verdächtig ist oder
eines Vergehens dringend verdächtig ist und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sie Schußwaffen oder Sprengmittel mit sich führt,
zur Vereitelung der Flucht oder zur Ergreifung einer Person, die in amtlichem Gewahrsam zu halten oder ihm zuzuführen ist
auf Grund richterlicher Entscheidung wegen eines Verbrechens oder auf Grund des dringenden Verdachts eines Verbrechens oder
auf Grund richterlicher Entscheidung wegen eines Vergehens oder auf Grund des dringenden Verdachts eines Vergehens, sofern Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sie Schußwaffen oder Sprengmittel mit sich führt,
um die gewaltsame Befreiung einer Person aus amtlichem Gewahrsam zu verhindern oder in sonstigen Fällen des Art. 107 BayStVollzG.
(2) Schußwaffen dürfen nach Abs. 1 Nr. 4 nicht gebraucht werden, wenn es sich um den Vollzug eines Jugendarrestes oder eines Strafarrestes handelt oder wenn die Flucht aus einer offenen Anstalt verhindert werden soll.
Art. 85 Schußwaffengebrauch gegen Personen in einer Menschenmenge
(1) Schußwaffen dürfen gegen Personen in einer Menschenmenge nur gebraucht werden, wenn von ihr oder aus ihr heraus schwerwiegende Gewalttaten begangen werden oder unmittelbar bevorstehen und andere Maßnahmen keinen Erfolg versprechen.
(2) Wer sich aus einer solchen Menschenmenge nach wiederholter Androhung des Schußwaffengebrauchs nicht entfernt, obwohl ihm das möglich ist, ist nicht als Unbeteiligter anzusehen.
Art. 86 Besondere Waffen, Sprengmittel
(1) ¹Maschinengewehre dürfen gegen Personen nur in den Fällen des Art. 84 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 5 angewendet werden, wenn
diese Personen von Schusswaffen oder Sprengmitteln Gebrauch gemacht haben und
der vorherige Gebrauch anderer Waffen erfolglos geblieben ist.
²Der Einsatz von Explosivmitteln gegen Personen ist bereits dann zulässig, wenn diese selbst erkennbar den unmittelbaren Gebrauch von Schusswaffen, Sprengmitteln oder anderer, im Einzelfall vergleichbar gefährlicher Mittel beabsichtigen und der vorherige Gebrauch anderer Waffen durch die Polizei ersichtlich aussichtlos oder unzureichend ist.
(2) ¹Einsätze nach Abs. 1 bedürfen der Zustimmung des Landespolizeipräsidenten als Leiter der zuständigen Abteilung im Staatsministerium oder eines von ihm hierfür besonders Beauftragten. ²Explosivmittel dürfen bei Gefahr im Verzug auch ohne vorhergehende Zustimmung eingesetzt werden; das Staatsministerium ist unverzüglich zu unterrichten.
(3) ¹Maschinengewehre und Explosivmittel dürfen nicht gebraucht werden,
um fluchtunfähig zu machen oder
gegen Personen in einer Menschenmenge.
²Andere Sprengmittel dürfen nicht gegen Personen angewendet werden.
(4) Im übrigen sind die Vorschriften über den Schußwaffengebrauch entsprechend anzuwenden.
VI. Abschnitt Entschädigungs-, Erstattungs- und Ersatzansprüche
Art. 87 Entschädigungsanspruch
(1) Erleidet jemand, gegen den Maßnahmen nach Art. 10 getroffen worden sind, einen Schaden, so ist dem Geschädigten dafür Entschädigung zu leisten, soweit der Schaden durch die polizeiliche Maßnahme entstanden ist und der Geschädigte nicht von einem anderen Ersatz zu erlangen vermag.
(2) ¹Das gleiche gilt, wenn jemand, der nicht nach den Art. 7 oder 8 verantwortlich ist und gegen den nicht Maßnahmen nach Art. 10 gerichtet worden sind, durch eine polizeiliche Maßnahme getötet oder verletzt wird oder einen nicht zumutbaren sonstigen Schaden erleidet. ²Die Entschädigung ist auch zu leisten, soweit die Maßnahme auf einer richterlichen Anordnung beruht.
(3) Im Fall der Tötung ist dem Unterhaltsberechtigten in entsprechender Anwendung von § 844 Abs. 2 BGB Entschädigung zu leisten.
(4) Ein Entschädigungsanspruch nach den Abs. 1 bis 3 besteht nicht, soweit die Maßnahme auch unmittelbar dem Schutz der Person oder des Vermögens des Geschädigten gedient hat.
(5) Ist die Entschädigungspflicht aus Anlaß von Maßnahmen der Polizei in besonderen gesetzlichen Vorschriften geregelt, so gelten diese Vorschriften.
(6) Entschädigungspflichtig ist der Träger der Polizei, welche die zur Entschädigung verpflichtende Maßnahme getroffen hat.
(7) ¹Entschädigung nach den Abs. 1 bis 3 wird für Vermögensschäden gewährt; dabei sind Vermögensvorteile, die dem Berechtigten aus der zur Entschädigung verpflichtenden Maßnahme entstehen, zu berücksichtigen. ²Bei Freiheitsentziehungen wird Entschädigung auch für Nichtvermögensschäden entsprechend § 7 Abs. 3 des Gesetzes über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen (StrEG) gewährt. ³Ein mitwirkendes Verschulden des Berechtigten ist zu berücksichtigen. ⁴Die Entschädigung wird in Geld gewährt.
Art. 88 Erstattungsanspruch
(1) Ist die Polizei auf Weisung oder Ersuchen einer nichtstaatlichen Behörde tätig geworden, so ist die Körperschaft, der die Behörde angehört, dem nach Art. 87 Abs. 6 Entschädigungspflichtigen erstattungspflichtig, soweit nicht der Schaden durch ein Verschulden der Polizei bei Durchführung der Maßnahme entstanden ist.
(2) Die erstattungspflichtige Körperschaft hat dem entschädigungspflichtigen Polizeiträger die auf Grund des Art. 87 geleisteten notwendigen Aufwendungen zu erstatten.
Art. 89 Ersatzanspruch
(1) Hat der nach Art. 87 Abs. 6 entschädigungspflichtige Polizeiträger keinen Erstattungsanspruch nach Art. 88, so kann er von der nach Art. 7 oder 8 verantwortlichen Person Ersatz der notwendigen Aufwendungen verlangen.
(2) Hat die nach Art. 88 erstattungspflichtige Körperschaft ihre Verpflichtung erfüllt, so kann sie von dem nach Art. 7 oder 8 Verantwortlichen Ersatz der notwendigen Aufwendungen verlangen.
Art. 90 Rechtsweg
(1) Über die Entschädigungsansprüche nach Art. 87 entscheiden im Streitfall die ordentlichen Gerichte nach den Vorschriften der ZPO.
(2) Über die Erstattungsansprüche nach Art. 88 und die Ersatzansprüche nach Art. 89 entscheiden im Streitfall die Verwaltungsgerichte nach den Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung.
VII. Abschnitt Opferschutz
Art. 91 Opferschutzmaßnahmen
(1) ¹Für eine Person, die Opfer einer Straftat wurde oder bei der davon auszugehen ist, dass sie in absehbarer Zeit Opfer einer Straftat werden kann, dürfen auf Anordnung der in Art. 36 Abs. 4 Satz 1 und 2 genannten Personen Urkunden und sonstige Dokumente zum Aufbau und zur Aufrechterhaltung einer vorübergehend geänderten Identität hergestellt, vorübergehend verändert und die entsprechend geänderten Daten verarbeitet werden, wenn
dies zu ihrem Schutz vor einer Gefahr für ein in Art. 11a Abs. 2 Nr. 2 oder Nr. 3 genanntes bedeutendes Rechtsgut erforderlich ist und
die Person für diese Schutzmaßnahme geeignet ist.
²Die zu schützende Person darf unter der vorübergehend geänderten Identität am Rechtsverkehr teilnehmen.
(2) Soweit erforderlich, können Maßnahmen nach Abs. 1 auch auf Angehörige einer in Abs. 1 genannten Person oder ihr sonst nahe stehende Personen erstreckt werden.
(3) Art. 37 Abs. 4 Satz 1 und 3 findet auf die mit dem Schutz betrauten Polizeibeamten Anwendung, soweit dies zur Vorbereitung, Durchführung, Lenkung oder Absicherung der Schutzmaßnahmen erforderlich ist.
Art. 92 Verwendung personenbezogener Daten bei Opferschutz
(1) Die Polizei kann Auskünfte über personenbezogene Daten einer zu schützenden Person verweigern, soweit dies für den Opferschutz erforderlich ist.
(2) ¹Öffentliche Stellen sind berechtigt, auf Ersuchen der Polizei personenbezogene Daten einer zu schützenden Person zu sperren oder nicht zu übermitteln. ²Sie sollen dem Ersuchen entsprechen, soweit entgegenstehende öffentliche Interessen oder schutzwürdige Interessen Dritter nicht überwiegen. ³Die Beurteilung der Erforderlichkeit der Maßnahme durch die Polizei ist für die ersuchte Stelle bindend.
(3) Die Polizei kann von nicht öffentlichen Stellen verlangen, personenbezogene Daten einer zu schützenden Person zu sperren oder nicht zu übermitteln.
(4) Bei der Datenverarbeitung innerhalb der öffentlichen und nichtöffentlichen Stellen ist sicherzustellen, dass der Opferschutz nicht beeinträchtigt wird.
(5) Die öffentlichen und nichtöffentlichen Stellen teilen der Polizei jedes Ersuchen um Bekanntgabe von gesperrten oder sonst von ihr bestimmten Daten unverzüglich mit.
VIII. Abschnitt Kostenwesen
Art. 93 Verhältnis zum Kostengesetz, Verordnungsermächtigung
¹ Art. 3 des Kostengesetzes ist nicht anzuwenden, soweit dieses Gesetz die Erhebung von Kosten bestimmt. ²In diesen Fällen können Kosten auch dann erhoben werden, wenn auf Grund desselben Lebenssachverhalts neben Maßnahmen nach diesem Gesetz auch Maßnahmen nach der StPO oder dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) getroffen werden, wobei etwaige für die zuletzt genannten Maßnahmen erhobene Kosten in Abzug zu bringen sind. ³Die Gebühren sind abweichend von den Art. 6 und 8 des Kostengesetzes nach dem Verwaltungsaufwand und der Bedeutung der Amtshandlung zu bemessen. ⁴Das Staatsministerium wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Staatsministerium der Finanzen und für Heimat durch Rechtsverordnung die Gebühren zu bestimmen und die pauschale Abgeltung der Auslagen zu regeln. ⁵Von der Erhebung der Kosten kann abgesehen werden, soweit sie der Billigkeit widerspricht.
IX. Abschnitt Richtervorbehalte; gerichtliches Verfahren
Art. 94 Richtervorbehalte
Vorbehaltlich anderer gesetzlicher Regelungen bedürfen folgende polizeiliche Maßnahmen einer gerichtlichen Entscheidung:
Entnahme von Körperzellen und molekulargenetische Untersuchung zur Feststellung von DNA-Identifizierungs-Mustern (Art. 14 Abs. 3),
molekulargenetische Untersuchung von Proben nach Art. 14 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 und 2 zur Feststellung der Identität einer hilflosen Person oder einer Leiche (Art. 14 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3),
Durchsuchung von Wohnungen (Art. 24 Abs. 1),
Verlängerung der Sicherstellung (Art. 28 Abs. 3 Satz 2),
molekulargenetische Untersuchung aufgefundenen Spurenmaterials unbekannter Herkunft (Art. 32a Abs. 1 Satz 1),
Verwertung von automatisierten Bild- und Tonaufzeichnungen körpernah getragener Aufzeichnungsgeräte in Wohnungen (Art. 33 Abs. 4 Satz 5),
elektronische Aufenthaltsüberwachung und Erstellung eines Bewegungsprofils (Art. 34 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3),
Postsicherstellung (Art. 35 Abs. 1 Satz 1), Öffnung ausgelieferter Postsendungen (Art. 35 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 Satz 2) sowie Übertragung der Befugnis der Öffnung auf die Polizei (Art. 35 Abs. 3 Satz 2),
längerfristige Observationen (Art. 36 Abs. 3),
verdeckter Einsatz technischer Mittel zum Abhören oder zur Aufzeichnung des außerhalb von Wohnungen nichtöffentlich gesprochenen Wortes (Art. 36 Abs. 3),
verdeckter Einsatz technischer Mittel zur Feststellung des Standortes oder der Bewegungen einer Person oder einer beweglichen Sache mit dem Ziel der Erstellung eines Bewegungsbildes (Art. 36 Abs. 3),
Einsatz verdeckter Ermittler gegen eine bestimmte Person oder in der Absicht, eine nicht allgemein zugängliche Wohnung zu betreten (Art. 37 Abs. 2 Satz 1),
Einsatz von Vertrauenspersonen gegen eine bestimmte Person oder in der Absicht, eine nicht allgemein zugängliche Wohnung zu betreten (Art. 38 Abs. 2 Satz 1),
Einsatz technischer Mittel in Wohnungen (Art. 41 Abs. 1 Satz 1), sowie Freigabe oder Löschung von hieraus erlangten Daten (Art. 41 Abs. 5 Satz 1 und 4),
Feststellung der Rechtmäßigkeit der Anordnung eines verdeckten Einsatzes technischer Mittel in Wohnungen im Fall einer beabsichtigten anderweitigen Verwendung der hierbei erlangten Erkenntnisse (Art. 41 Abs. 6 Satz 2),
Eingriffe in den Telekommunikationsbereich nach Art. 42 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 und 3, sowie Freigabe oder Löschung von nach Art. 42 Abs. 1 erlangten personenbezogenen Daten (Art. 42 Abs. 6 in Verbindung mit Art. 41 Abs. 5),
Verpflichtung von Diensteanbietern zur Übermittlung von Daten und zur Auskunft (Art. 43 Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 Satz 1, Abs. 5 Satz 5),
verdeckter Zugriff auf informationstechnische Systeme (Art. 45 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1) sowie Freigabe oder Löschung von hieraus erlangten Daten (Art. 45 Abs. 4 in Verbindung mit Art. 41 Abs. 5),
Rasterfahndung (Art. 46 Abs. 1 Satz 1),
Einsatz von unbemannten Luftfahrtsystemen, soweit eine damit verbundene Maßnahme der Datenerhebung einer Anordnung durch den Richter bedarf (Art. 47 Abs. 3),
Verpflichtung Dritter zur Überwindung besonderer Sicherungen oder zur Mitwirkung hieran (Art. 47a Abs. 1 Satz 1),
weitergehende Zurückstellung oder Unterbleiben der Benachrichtigung von Personen nach erfolgter Datenerhebung (Art. 50 Abs. 4 Satz 1 und 4),
Freigabe von erhobenen Daten, ohne dass die Voraussetzungen für ihre Erhebung vorgelegen haben (Art. 53 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2),
Bestätigung der Maßnahme, die bei Gefahr im Verzug durch Polizeivollzugsbeamte angeordnet wurde (Art. 95 Abs. 5 Satz 1),
Zulässigkeit und Fortdauer der Freiheitsentziehung (Art. 97 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 4).
Art. 95 Gefahr im Verzug
(1) ¹Bei Gefahr im Verzug können Maßnahmen, die eine Anordnung durch einen Richter voraussetzen, auch durch den Leiter des Landeskriminalamtes oder eines Präsidiums der Landespolizei angeordnet werden. ²Satz 1 gilt nicht für die Anordnung von Maßnahmen der molekulargenetischen Untersuchung nach Art. 14 Abs. 3 Satz 2 Alternative 2 und freiheitsentziehende Maßnahmen nach Art. 97.
(2) ¹Die Anordnungsbefugnis kann auf Polizeivollzugsbeamte, die die Ausbildungsqualifizierung für die Ämter ab der vierten Qualifikationsebene absolviert haben, oder Beamte mit der Befähigung zum Richteramt, die in Ämter ab der vierten Qualifikationsebene, fachlicher Schwerpunkt Polizeivollzugsdienst, gewechselt sind, übertragen werden. ²Satz 1 gilt nicht für folgende Maßnahmen:
elektronische Aufenthaltsüberwachung nach Art. 34,
Postsicherstellung nach Art. 35,
verdeckter Einsatz technischer Mittel nach Art. 36 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b, sofern ein Bewegungsbild einer Person erstellt werden soll,
Einsatz technischer Mittel in Wohnungen nach Art. 41,
verdeckter Zugriff auf informationstechnische Systeme nach Art. 45,
Rasterfahndung nach Art. 46.
(3) Im Fall des Art. 24 können die Maßnahmen bei Gefahr im Verzug abweichend von Abs. 1 und 2 durch jeden Polizeivollzugsbeamten angeordnet werden.
(4) Maßnahmen nach Art. 47a können bei Gefahr im Verzug durch diejenigen Personen angeordnet werden, die die Maßnahme nach dem 2. Unterabschnitt des III. Abschnitts, zu deren Durchführung eine Verpflichtung nach Art. 47a erforderlich geworden ist, anordnen dürfen.
(5) ¹Wurde bei Gefahr im Verzug mit einer Maßnahme begonnen, ohne eine vorherige richterliche Anordnung einzuholen, ist unverzüglich eine richterliche Bestätigung der Maßnahme nachzuholen. ²Satz 1 gilt außer in Fällen des Art. 41 Abs. 1 nicht, wenn die Maßnahme bereits vorher erledigt ist. ³Die Maßnahme tritt außer Kraft, soweit sie nicht binnen drei Werktagen richterlich bestätigt wird.
Art. 96 Verfahren für gerichtliche Entscheidungen; Wegfall der Anordnungsvoraussetzungen
(1) Soweit Vorschriften dieses Gesetzes eine gerichtliche Entscheidung vorsehen, gelten vorbehaltlich abweichender Regelung die Vorschriften des Buches 1 und für Freiheitsentziehungsverfahren zusätzlich des Buches 7 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) entsprechend.
(2) ¹Maßnahmen, die eine richterliche Anordnung oder Bestätigung erfordern, sind unverzüglich zu beenden, sobald die Anordnungsvoraussetzungen entfallen. ²Besondere Regelungen dieses Gesetzes bleiben unberührt. ³Die Beendigung einer in Art. 33 bis 52 geregelten Maßnahme, die richterlicher Anordnung bedarf, und das Ergebnis der Maßnahme sind dem anordnenden Gericht mitzuteilen.
Art. 97 Richterliche Entscheidung bei Freiheitsentziehung; anwaltlicher Vertreter
(1) Wird eine Person auf Grund von Art. 13 Abs. 2 Satz 3, Art. 14 Abs. 7 Satz 1, Art. 15 Abs. 3 Satz 1 oder Art. 17 festgehalten, hat die Polizei unverzüglich eine richterliche Entscheidung über Zulässigkeit und Fortdauer der Freiheitsentziehung herbeizuführen.
(2) ¹Die richterliche Entscheidung kann ohne persönliche Anhörung der in Gewahrsam genommenen Person ergehen, wenn diese rauschbedingt nicht in der Lage ist, den Gegenstand der persönlichen Anhörung durch das Gericht ausreichend zu erfassen und in der Anhörung zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen beizutragen. ²In diesen Fällen wird die richterliche Entscheidung mit Erlass wirksam und bedarf hierzu nicht der Bekanntgabe an die in Gewahrsam genommene Person. ³Dauert die Freiheitsentziehung nicht länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen, findet § 419 Abs. 1 Satz 2 FamFG bei Vorliegen der Voraussetzungen des Satzes 1 keine Anwendung. ⁴Dauert die Freiheitsentziehung länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen, ist in den Fällen des Satzes 1 unverzüglich eine erneute richterliche Entscheidung herbeizuführen. ⁵Ist eine Anhörung hierbei nicht möglich, hat sich das Gericht einen persönlichen Eindruck von der in Gewahrsam genommenen Person zu verschaffen.
(3) Der Herbeiführung einer richterlichen Entscheidung bedarf es nicht, wenn anzunehmen ist, dass die Entscheidung des Richters erst nach Freilassung der in Gewahrsam genommenen Person ergehen würde.
(4) Zur richterlichen Entscheidung über die Fortdauer der Freiheitsentziehung über das Ende des Tages nach dem Ergreifen hinaus bestellt das Gericht der in Gewahrsam genommenen Person, die noch keinen anwaltlichen Vertreter hat, von Amts wegen für die Dauer des Vollzugs einen anwaltlichen Vertreter als Bevollmächtigten.
(5) ¹Ist die Freiheitsentziehung vor Erlass einer gerichtlichen Entscheidung beendet, kann die festgehaltene Person, bei Minderjährigkeit auch ihr gesetzlicher Vertreter, innerhalb eines Monats nach Beendigung der Freiheitsentziehung die Feststellung beantragen, dass die Freiheitsentziehung rechtswidrig gewesen ist, wenn hierfür ein berechtigtes Interesse besteht. ²Der Antrag kann bei dem zuständigen Gericht schriftlich oder durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle dieses Gerichts gestellt werden.
(6) ¹Für Gerichtskosten gelten die Vorschriften des Gerichts- und Notarkostengesetzes entsprechend, soweit durch Rechtsvorschrift nichts anderes bestimmt ist. ²Für den Vergütungsanspruch eines nach Abs. 4 bestellten Rechtsanwalts gelten die Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes entsprechend.
Art. 98 Zuständigkeit für gerichtliche Entscheidungen
(1) Für die gerichtliche Entscheidung ist vorbehaltlich abweichender Regelung das Amtsgericht am Sitz des Landgerichts zuständig, in dessen Bezirk die beantragende Polizeidienststelle ihren Sitz hat.
(2) Abweichend von Abs. 1 ist zuständig
für die Entscheidung nach Art. 97 Abs. 1 und 2 Satz 4 das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Freiheitsentziehung vollzogen wird, und
für die Entscheidung nach Art. 97 Abs. 5 das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Person von der Polizei in Gewahrsam genommen wurde.
Art. 99 Beschwerde, Rechtsbeschwerde
(1) ¹Gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amtsgerichte in Angelegenheiten nach diesem Gesetz findet die Beschwerde nach Maßgabe der §§ 58 bis 69 FamFG statt. ²Über die Beschwerde gegen Entscheidungen der Amtsgerichte entscheiden die Landgerichte.
(2) ¹Gegen die im zweiten Rechtszug in der Hauptsache ergangenen Entscheidungen der Landgerichte in Angelegenheiten nach diesem Gesetz findet die Rechtsbeschwerde nach Maßgabe der §§ 70 bis 74a FamFG statt. ²Gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amtsgerichte in Angelegenheiten nach diesem Gesetz, die ohne Zulassung der Beschwerde unterliegen, findet auf Antrag unter Übergehung der Beschwerdeinstanz unmittelbar die Rechtsbeschwerde (Sprungrechtsbeschwerde) nach Maßgabe des § 75 FamFG statt. ³ § 62 FamFG gilt entsprechend. ⁴Über die Rechtsbeschwerde entscheidet das Bayerische Oberste Landesgericht. ⁵Vor dem Bayerischen Obersten Landesgericht müssen sich die Beteiligten außer im Verfahren über die Ausschließung und Ablehnung von Gerichtspersonen und im Verfahren über die Verfahrenskostenhilfe durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. ⁶ § 10 Abs. 4 Satz 2 FamFG gilt entsprechend.
X. Abschnitt Schlussbestimmungen
Art. 100 Einschränkung von Grundrechten
Auf Grund dieses Gesetzes können die Grundrechte auf Leben und körperliche Unversehrtheit, Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 des Grundgesetzes und Art. 102 Abs. 1 der Verfassung), auf Versammlungsfreiheit (Art. 8 Abs. 1 des Grundgesetzes und Art. 113 der Verfassung), des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Art. 10 des Grundgesetzes und Art. 112 Abs. 1 der Verfassung) sowie auf Freizügigkeit (Art. 11 des Grundgesetzes und Art. 109 der Verfassung) und auf Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 des Grundgesetzes und Art. 106 Abs. 3 der Verfassung) eingeschränkt werden.
Art. 101 Übergangsbestimmungen
(1) Abweichend von Art. 30 Abs. 2 Satz 2 sowie Art. 48 Abs. 5 dürfen personenbezogene Daten auch ohne eine dort vorgesehene Kennzeichnung nach den am 24. Mai 2018 für die betreffenden Dateien und automatisierten Verfahren geltenden Errichtungsanordnungen weiterverarbeitet, insbesondere übermittelt werden.
(2)
Art. 102 Inkrafttreten, Außerkrafttreten
(1) Dieses Gesetz tritt am 1. Oktober 1978 in Kraft.
(2) Außer Kraft treten:
Art. 101 Abs. 2 mit Ablauf des 6. Mai 2023 sowie
Art. 101 Abs. 1 mit Ablauf des 25. Mai 2028.
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