PflStG: Gesetz über die Ablieferung von Pflichtstücken (Pflichtstückegesetz – PflStG) Vom 6. August 1986 (GVBl. S. 216) BayRS 2240-1-WK (Art. 1–5)
Der Landtag des Freistaates Bayern hat das folgende Gesetz beschlossen, das nach Anhörung des Senats hiermit bekanntgemacht wird:
Art. 1 Umfang der Ablieferung
(1) ¹Von allen mittels eines Vervielfältigungsverfahrens hergestellten und zur Verbreitung bestimmten Texten, die in Bayern verlegt werden, sind ohne Rücksicht auf die Art des Textträgers und des Vervielfältigungsverfahrens unaufgefordert innerhalb von zwei Wochen nach Erscheinen unentgeltlich und auf eigene Kosten zwei Stücke in handelsüblicher Form an die Bayerische Staatsbibliothek München abzuliefern (Pflichtstücke). ²Als Texte im Sinn von Satz 1 gelten auch besprochene Tonträger, Musiknoten und andere graphische Musikaufzeichnungen, Landkarten, Ortspläne und Atlanten sowie bildliche Darstellungen.
(2) Wird ein Text einzeln auf Anforderung verlegt, so gilt als Zeitpunkt seines Erscheinens das allgemeine Angebot, daß von der Vorlage auf Bestellung Einzelstücke hergestellt werden.
(3) Die Ablieferungspflicht umfaßt sämtliche erkennbar zum Hauptwerk gehörenden Beilagen, auch wenn diese für sich allein nicht der Ablieferungspflicht unterliegen, sowie zu Zeitschriften, Lieferungswerken, Loseblattsammlungen und ähnlichen Veröffentlichungen gehörige Einbanddecken, Sammelordner, Titelblätter, Inhaltsverzeichnisse, Register und andere Materialien, die der Vervollständigung des Hauptwerkes dienen.
(4) ¹Erscheinen neben der Normalausgabe gleichzeitig noch andere Ausgaben, wie zum Beispiel Dünndruckausgaben, Studienausgaben oder Luxusausgaben, so ist die Normalausgabe abzuliefern. ²Erscheint neben einer Papierausgabe gleichzeitig eine Mikroformausgabe, so ist die Papierausgabe abzuliefern. ³Weichen die anderen Ausgaben inhaltlich von der Normalausgabe ab, so sind auch hiervon Pflichtstücke abzuliefern. ⁴Neuauflagen sind abzuliefern, sofern sie in Inhalt, Umfang oder Titelfassung einschließlich Jahres- und Verlagsangabe verändert sind.
Art. 2 Ausnahmen von der Ablieferung
(1) Den Bestimmungen dieses Gesetzes unterliegen nicht
Texte, die von staatlichen Stellen und Behörden herausgegeben und nach den Bestimmungen über die Abgabe amtlicher Veröffentlichungen abgeliefert werden,
bildliche Darstellungen auf Einzelblättern ohne Text (auch Mappen),
Texte, die in einer geringeren Auflage als zehn Exemplare erscheinen, sofern es sich nicht um veröffentlichte Hochschul-Prüfungsarbeiten oder um Texte handelt, die einzeln auf Anforderung verlegt werden,
Texte, die nur gewerblichen, geschäftlichen oder innerbetrieblichen Zwecken, der Verkehrsabwicklung oder dem häuslichen oder geselligen Leben dienen (Akzidenzdrucksachen), wie zum Beispiel Formulare, Preislisten, Werbedrucksachen, Gebrauchsanweisungen, Familienanzeigen; ferner Flugblätter und Plakate,
Geschäfts-, Jahres- und Verwaltungsberichte, soweit sie nur unter Personen verbreitet werden, für die sie nach Gesetz oder Satzung bestimmt sind,
Film- und Videoproduktionen,
Offenlegungs-, Auslege- und Patentschriften.
(2) Das Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst kann weitere Gattungen von Texten von der Ablieferungspflicht ausnehmen, wenn an deren Sammlung und bibliographischer Aufzeichnung kein öffentliches Interesse besteht.
Art. 3 Ablieferungspflichtige
(1) Ablieferungspflichtig ist ohne Rücksicht auf die tatsächliche Verlegerschaft oder Niederlassung diejenige natürliche oder juristische Person, deren Name oder Firma in dem Werk mit Nennung eines bayerischen Ortes unter Umständen angegeben ist, die auf ihre Verlegereigenschaft schließen lassen; dies gilt auch, wenn ein bayerischer Ort nur in Verbindung mit einem oder mehreren anderen Orten als Verlagsort genannt wird.
(2) ¹Verleger ist auch der Selbstverleger sowie der Kommissions- und Lizenzverleger, der Herausgeber oder Verantwortliche im Sinn des Gesetzes über die Presse. ²Hat ein nach Art. 1 abzuliefernder Text keinen Verleger, so trifft die Verpflichtung diejenige natürliche oder juristische Person, in deren Auftrag der Text vervielfältigt wird.
Art. 4 Entschädigung
(1) Dem Ablieferungspflichtigen wird auf Antrag eine angemessene Entschädigung gewährt, wenn ihn die unentgeltliche Ablieferung wegen der hohen Herstellungskosten und der kleinen Auflage des Werks unzumutbar belastet.
(2) ¹Der Antrag ist spätestens mit Ablieferung des Werks bei der Bayerischen Staatsbibliothek zu stellen. ²Der Antrag ist zu begründen; insbesondere sind dabei Angaben über Herstellungskosten, Auflagenhöhe und Ladenpreis, gegebenenfalls Subskriptions-, Vorzugs- oder Abonnementspreis, zu machen.
Art. 5 Schlußbestimmungen, Inkrafttreten
(1) Dieses Gesetz tritt am 1. September 1986 in Kraft.
(2) Gleichzeitig treten das Gesetz zum Schutze der Urheberrechte an literarischen Erzeugnissen und Werken der Kunst (BayRS 2240-1-K) und die Bekanntmachung über die Einlieferung von Verlagspflichtstücken vom 29. Januar 1927 (BayBSVK S. 145) außer Kraft.
München, den 6. August 1986
Franz Josef Strauß
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