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DE - Landesrecht Bayern

OR: Richtlinien für die Wahrnehmung und Organisation öffentlicher Aufgaben sowie für die Rechtsetzung im Freistaat Bayern

1.  Leitsätze für die staatliche Betätigung

1.1 

Der Staat soll sich die Ordnung gesellschaftlicher Belange nur dann zur Aufgabe machen, wenn
– dies der Erfüllung eines wichtigen öffentlichen Zwecks dient
– die Aufgabe nicht der Selbsthilfe der Beteiligten
– des Einzelnen, der Familie, des Betriebes, der Wirtschafts- oder Berufsgruppe
– oder einer anderen außerhalb der unmittelbaren Staatsverwaltung stehenden Organisation nach den Grundsätzen der Subsidiarität und Pluralität überlassen werden kann
– die Finanzlage des Staates und das Leistungsvermögen der Volkswirtschaft den mit der Übernahme der Aufgabe verbundenen Aufwand vertretbar erscheinen lassen
– dem Bürger und der Wirtschaft keine unzumutbaren Verpflichtungen, Belastungen und Beschränkungen erwachsen und
– der Zweck nicht ebenso gut und wirtschaftlich auf anderem Weg im Rahmen der bestehenden Aufgabenverteilung erreicht wird oder erreicht werden kann.
Die Übernahme einer Aufgabe liegt auch in der Mitfinanzierung von Maßnahmen zur Erfüllung bestimmter Zwecke.

1.2 

Liegt auch nur eine der Voraussetzungen nach Nr. 1.1 für eine staatliche Aufgabe nicht mehr vor, so soll sie abgebaut werden.

1.3 

Die Möglichkeiten, private Personen oder Einrichtungen mit der Durchführung staatlicher Aufgaben zu betrauen, sind auszuschöpfen.

2.  Leitsätze für die Vorschriftengebung

Bei der Vorbereitung und beim Erlass von Vorschriften (Gesetze, Verordnungen, Satzungen, Verwaltungsvorschriften) sind die folgenden Leitsätze zu beachten:

2.1  Notwendigkeit des Regelungsvorhabens im Ganzen und seiner Teile

2.1.1 

Eine Vorschrift – auch zur Sicherung des einheitlichen Vollzugs – soll nur erlassen werden, wenn sie zur Wahrung der Rechte des Einzelnen notwendig ist oder einem wichtigen öffentlichen Interesse dient.

2.1.2 

Die Möglichkeiten, das Ziel einer Regelung nahezu ebenso gut in freiheitsschonender Weise und mit marktkonformen Mitteln zu erreichen (z.B. durch Öffentlichkeitsarbeit, Absprache mit Organisationen und Verbänden, Vereinbarung mit den Betroffenen wie etwa beim Vertragsnaturschutz, Vorrang freiwilliger Selbstverpflichtungsregelungen, finanzielle Anreize), sollen ausgeschöpft werden.

2.1.3 

Ordnungsvorschriften und Regelungen mit vergleichbarer Zielsetzung sollen nicht erlassen werden, wenn ihre Einhaltung weder erwartet noch sichergestellt werden kann.

2.1.4 

Sonderverwaltungen, besondere beschließende oder beratende Kollegialorgane, Sonderabgaben oder verfahrensrechtliche Sonderregelungen dürfen nur geschaffen werden, wenn hierfür zwingende Gründe bestehen.

2.1.5 

Verwaltungsvorschriften – auch in Form von Empfehlungen – sollen unterbleiben, wenn eine hinreichende Koordinierung ohne unverhältnismäßigen Aufwand durch Dienstbesprechungen, Informationen über Internet, Einzelentscheidungen oder Ähnliches erreicht werden kann.

2.1.6 

Im Wesentlichen inhaltsgleiche Regelungen für verwandte Materien und Fallgruppen sollen möglichst in einem einheitlichen Regelwerk zusammengefasst werden (Konzentration der Regelung). Dies gilt auch dann, wenn Vorschriften auf Grund mehrerer Ermächtigungen von verschiedenen Ermächtigungsadressaten erlassen werden müssen.

2.1.7 

Die jeweils anstehenden und vorhersehbaren Änderungen eines Regelungsbereichs sollen soweit möglich in einer Änderungsvorschrift zusammengefasst werden (Konzentration der Vorschriftensetzung).

2.2  Angemessenheit (Abwägungsgesichtspunkte)

2.2.1 

Eine Vorschrift soll nicht erlassen werden, wenn der damit erzielbare Nutzen in keinem angemessenen Verhältnis steht zu den damit verbundenen
– Einschränkungen des Freiheitsraumes
– Störungen marktwirtschaftlicher oder sonstiger gesellschaftlicher Selbststeuerungsmechanismen
– Kosten für öffentliche oder private Haushalte.
Der Umstellungsaufwand und der dann verbleibende Veränderungsnutzen dürfen nicht außer Acht gelassen werden.

2.2.2 

Die Anwendung der Regeln der Technik, die von dazu eingerichteten Institutionen festgestellt worden sind, ist möglichst so zu gestalten, dass Kosten vermindert oder Kostensteigerungen vermieden werden können.

2.2.3 

Der Bürger soll nicht zur Informationsbeschaffung oder zu sonstigen Leistungen herangezogen werden, wenn die Verpflichtung für sich allein oder zusammen mit anderen Pflichten zu einer unzumutbaren Belastung führt.

2.2.4  Bußgeldbewehrungen

Die Mittel des Ordnungswidrigkeitenrechts sollen nur bei solchen Rechtspflichten als Sanktion eingesetzt werden, aus deren nicht rechtzeitiger oder nicht vollständiger Erfüllung sich erhebliche Nachteile für wichtige Gemeinschaftsinteressen ergeben:

2.2.4.1 

Keiner Bußgeldbewehrung bedürfen Vorschriften zur Durchsetzung von
– Handlungspflichten, wenn die Vorschriften vorwiegend zum Schutz oder Interesse des Normadressaten dienen oder wenn bei Nichtbeachtung der jeweiligen Handlungspflichten keine erheblichen Nachteile für wichtige Gemeinschaftsinteressen drohen
– Auskunfts-, Melde- oder Mitteilungspflichten, es sei denn, die Erfüllung dieser Pflichten macht ein Tätigwerden der zuständigen Behörde zur Wahrung wichtiger Gemeinschaftsinteressen erst möglich
– Duldungspflichten, es sei denn, die Nichterfüllung der Duldungspflichten verhindert andere verwaltungsrechtliche Maßnahmen, die nur unter erheblichen Nachteilen für wichtige Gemeinschaftsinteressen verschiebbar sind
– Geldforderungen
– sonstigen Mitwirkungspflichten, wie z.B. die Verwendung von Formblättern bei Meldungen, es sei denn, die Nichtbeachtung lässt erhebliche Nachteile für wichtige Gemeinschaftsinteressen befürchten.

2.2.4.2 

Eine Bußgeldbewehrung ist entbehrlich, wenn
– das Verhalten des Betroffenen durch Verweigerung einer Verwaltungsleistung gesteuert werden kann
– das Verhalten des Betroffenen durch Androhung des Entzugs oder Entzug einer Verwaltungsleistung, Konzession oder Vergünstigung gesteuert werden kann
– das Wesen einer Pflicht die freiwillige Bereitschaft zu ihrer Übernahme voraussetzt
– das Gebot oder Verbot durch arbeitsrechtliche, disziplinarrechtliche oder berufsrechtliche Maßnahmen ausreichend abgesichert werden kann.

2.3  Praktische Tauglichkeit einer Regelung im Vollzug (Praxis-Check)

¹In geeigneten Fällen sollen Vorschriften und Vollzugshilfen unbeschadet ihrer Bezeichnung im Einzelfall – z.B. als Merkblatt, Handreichung, Leitfaden – vorab im Zusammenspiel mit Anwendern und Betroffenen modellhaft einer praktischen Anwendung unterzogen und auf ihre Tauglichkeit hin überprüft werden (Praxis-Check). ²Der Praxis-Check soll den Erlass leicht verständlicher und für Bürger und Wirtschaft gut anwendbarer Vorschriften und Vollzugshilfen unterstützen. ³Der Beauftragte für Bürokratieabbau ist bei der Durchführung des Praxis-Checks eng einzubeziehen. ⁴Er kann Vorschriften und Vollzugshilfen dem jeweils zuständigen Staatsministerium für einen Praxis-Check vorschlagen. ⁵Die Auswahl der an dem Praxis-Check teilnehmenden Unternehmen erfolgt im Einvernehmen mit dem Beauftragten für Bürokratieabbau.

2.4  Regelungsdichte, Regelungstiefe, Regelungsdauer und sonstige Fragen der Regelungstechnik

Eine Regelung soll ihre Grundgedanken herausstellen und sich unter Verzicht auf vermeidbare Aufzählungen nach typischen Fällen ausrichten. Eine sachgerechte Entscheidung untypischer Fälle ist zu gewährleisten, ohne dass jede denkbare Fallgestaltung ausdrücklich erfasst wird; hierzu sollen die Regelungstechniken des Ermessensspielraums, der General- und Billigkeitsklauseln und des unbestimmten Rechtsbegriffs eingesetzt werden.

2.4.1 

Regelungen sollen möglichst an Sachverhalte anknüpfen, die bereits aus anderem Anlass festgestellt worden sind oder die sich leicht feststellen lassen und sich voraussichtlich nicht oder nur selten ändern.

2.4.2 

Leistungsgrundlagen und Leistungen sollen nur dann konkret ermittelt werden, wenn Pauschalierungen oder sonstige Erfahrungswerte nicht zu hinreichend sachgerechten Ergebnissen führen können.

2.4.3 

Kommen für eine Vorschrift verschiedene Regelungsstufen (Gesetz, untergesetzlicher Rechtssatz, Verwaltungsvorschrift) in Betracht, so soll die niedrigste Stufe gewählt werden.

2.4.4 

Gesetze sollen keine Regelungen enthalten, die laufend fortgeschrieben werden müssen. Vordruckmuster und verwaltungstechnische Anweisungen sollen nicht in Rechtsvorschriften aufgenommen werden.

2.4.5 

Verordnungsermächtigungen sollen so gefasst werden, dass für den Adressaten keine Verpflichtung zum Erlass der Verordnung begründet wird.

2.4.6 

Verordnungsermächtigungen innerhalb einer Gesamtregelung sollen möglichst unter einer Gliederungseinheit (Artikel, Paragraph) zusammengefasst werden.

2.4.7 

Der Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens soll so gewählt werden, dass nach der Bekanntmachung dem Bürger und der Verwaltung ausreichend Zeit zur Vorbereitung verbleibt; das gilt besonders für Vorschriften, die sich auf bestehende oder künftige Datenverarbeitungsprogramme auswirken.

2.5  Gliederung und Sprache

2.5.1 

Die Vorschriften sollen übersichtlich gegliedert und folgerichtig aufgebaut sein.

2.5.2 

Sprache und Satzbau sollen möglichst einfach und allgemein verständlich sein. Notwendige nicht allgemein bekannte Fachausdrücke und Abkürzungen sollen erläutert werden.

2.5.3 

Vorschriften sollen möglichst aus sich heraus verständlich sein. Bezugnahmen und Hinweise, durch die die Verständlichkeit der Vorschrift nicht gefördert wird, sollen unterbleiben.

2.5.4 

¹Rechts- und Verwaltungsvorschriften, Muster, Vordrucke, Schreiben und Ähnliches sollen so formuliert werden, dass sie jedes Geschlecht in gleicher Weise ansprechen. ²Dabei ist jedoch jede sprachliche Künstlichkeit oder spracherzieherische Tendenz zu vermeiden. ³Nr. 3.4 der Redaktionsrichtlinien gilt entsprechend.

2.6  Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung, Richtlinien zu besonderen Rechtsbereichen

2.6.1 

Wenn eine Vorschrift die Sicherung des sozialen, ökonomischen und ökologischen Wohlstands berührt, ist die Aufnahme des Grundsatzes der Nachhaltigkeit in einer fachbereichsspezifischen Begriffs- oder Zweckbestimmung – Sicherung des sozialen, ökonomischen und ökologischen Wohlstands auch späterer Generationen und Förderung dieser drei Ziele im Bewusstsein ihrer gegenseitigen Verschränkung und Begrenzung auf der Grundlage einer langfristigen Perspektive – zu prüfen.
Beispiel etwa für die fachbereichsspezifische Begriffsbestimmung einer nachhaltigen Forstwirtschaft:
Kennzeichen nachhaltiger Forstwirtschaft ist die Bewirtschaftung des Waldes in einer Art und Weise, dass die biologische Vielfalt, die Produktivität, die Verjüngungsfähigkeit, die Vitalität und die Fähigkeit, gegenwärtig und in Zukunft wichtige ökologische, wirtschaftliche und soziale Funktionen zu erfüllen, erhalten bleibt und anderen Ökosystemen kein Schaden zugefügt wird.

2.6.2 

Richtlinien zu besonderen Rechtsbereichen und Fragen bleiben unberührt. Insbesondere sind zu beachten:
– Grundsätze für die Ordnung staatlicher Förderprogramme (
– Grundsätze für Landesstatistiken (
– Leitsätze für die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren von Anlagen (
– Leitsätze für die Festlegung und Anwendung technischer und sonstiger fachlicher Vorgaben im Bereich des staatlichen und des staatlich geförderten Bauens (

2.7  Vorbereitung und Durchführung

2.7.1 

Schon im Rahmen der Vorüberlegungen sollen soweit möglich die Regelungsziele so bestimmt werden, dass daran der Regelungserfolg gemessen werden kann. Vorschriften, die andere Länder oder andere Stellen mit entsprechender Zielsetzung erlassen haben, und die Erfahrungen, die im Vollzug der Vorschriften gewonnen worden sind, sollen ermittelt werden, wenn der damit verbundene Aufwand dem Wert der zu erwartenden Entscheidungshilfe angemessen ist.

2.7.2 

Zu prüfen ist, ob Mittel der automatischen Datenverarbeitung für den Vollzug in Betracht kommen und ob andere bereits automatisierte oder automatisierbare Aufgaben berührt werden.

2.7.3 

§ 15 der Geschäftsordnung der Bayerischen Staatsregierung findet unmittelbare oder entsprechende Anwendung.

2.7.4 

Nach Durchführung des Ressortanhörungsverfahrens werden Gesetzentwürfe grundsätzlich an zentraler Stelle so in das Internet eingestellt, dass Bürger während der Verbandsanhörung hierzu elektronisch Stellungnahmen abgeben können. Über Ausnahmen entscheidet der Ministerrat.

2.7.5 

Die verantwortlichen Behörden sorgen dafür, dass
– Verwaltungen und Bürger mit den Vorschriften rechtzeitig vertraut gemacht werden
– im Vollzug Regelungen weder verschärft noch abgeschwächt werden
– der Vollzugsaufwand bei Bürger und Verwaltung möglichst gering gehalten wird und
– Möglichkeiten zur Verbesserung des Vollzugs
ausgenutzt werden.

2.8  Erfolgskontrolle

Neue Vorschriften sollen nach angemessener Zeit,

3.  Leitsätze für die Verbesserung der Verwaltungsorganisation und der Bürgerfreundlichkeit

3.1  Aufgabenkritik und Vollzug

Führungskräfte und Mitarbeiter sollen über Umstände berichten, aus denen sie bei Anwendung dieser Richtlinien die Überzeugung ableiten, dass eine von ihnen zu vollziehende Vorschrift aufgehoben oder geändert werden sollte (Aufgabenkritik).

3.2  Aufbauorganisation

3.2.1  Verwaltungsaufbau

Die staatliche Verwaltung ist grundsätzlich dreistufig aufgebaut. Sie gliedert sich in die Staatsministerien als oberste Landesbehörden, Mittelbehörden und Unterbehörden. Für fachbezogene Aufgaben können zentrale Landesbehörden errichtet werden.

3.2.2  Grundsatz der Einheit der Verwaltung

Der Behördenaufbau soll dem Prinzip der Einheit der Verwaltung entsprechen, soweit nicht wegen der besonderen Aufgabenstellung ein eigenständiger Verwaltungsunterbau besteht oder wegen spezifischer Aufgaben eine zentrale Landesbehörde benötigt wird. Koordinierungsaufwand ist durch Aufgabenbündelung gering zu halten.
Die Mittel- und Unterbehörden können ressortbezogen oder ressortübergreifend zuständig sein. Der Wahrnehmung von Aufgaben, die eine Koordinierung und Bündelung erfordern, dienen vor allem die Kreisverwaltungsbehörden auf der Unterstufe und die Regierungen auf der Mittelstufe. Die Zuweisung spezifischer Fachaufgaben an Sonderbehörden bleibt unberührt.
Erstinstanzielle Zuständigkeiten sollen, soweit die Aufgaben nicht Gemeinden übertragen werden können oder die Zuständigkeit einer Sonderbehörde geboten ist, grundsätzlich bei der Kreisverwaltungsbehörde liegen (Zuständigkeitsvermutung). Die Zuständigkeit einer höheren Behörde muss bei erstinstanziellen Aufgaben die Ausnahme bleiben.

3.2.3  Grundsatz der Einräumigkeit der Verwaltung

Die räumliche Organisation der Verwaltung soll sich im Interesse der Transparenz grundsätzlich an den Grenzen der Gemeinden, Städte, Landkreise und Bezirke ausrichten. Bei der Bestimmung der Behördensprengel sind die Ziele, möglichst wirtschaftliche und leistungsfähige Behörden zu schaffen und dem Bürger lange Behördenwege zu ersparen, gegeneinander abzuwägen.

3.2.4  Leitsätze zur Aufgabenverteilung

3.2.4.1  Aufgabenverlagerung auf die Unterstufe

Verwaltungsaufgaben sollen möglichst orts- und bürgernah, wirtschaftlich und sparsam erledigt werden. Die Zuständigkeiten sind möglichst auf nachgeordnete Stellen zu verlagern. Folgende allgemeine Grundsätze sind zu beachten:
– Verwaltungsaufgaben lassen sich in der Regel wirksamer und schneller vollziehen, je ortsnäher die Entscheidung getroffen wird.
– Die Aufgabe muss der Leistungsfähigkeit der nachgeordneten Stellen entsprechen.
– Soweit die Aufgabe besonders vorgebildete Kräfte erfordert, muss das notwendige Fachpersonal vorhanden sein. Wird Fachpersonal nur gutachterlich tätig, so kann es auch bei einer Mittelbehörde oder einem Landesamt konzentriert werden; im Übrigen kann die Aufgabe von der unteren Verwaltungsbehörde vollzogen werden.
– Die Aufgabe muss wirtschaftlich und sparsam erledigt werden können.
– Der Verfahrensweg darf durch die Verlagerung nicht erschwert oder verzögert werden.
– Die Aufgabe und ihre Auswirkungen müssen sich grundsätzlich auf den Zuständigkeitsbereich der Behörde beschränken.
– Zusammenhängende Aufgabenkomplexe sollen grundsätzlich von einer Stelle behandelt werden.
– Unterschiedliche Aufgabenzuweisungen an Stellen der gleichen Ebene, etwa entsprechend ihrer Leistungskraft, sind der Klarheit und Durchsichtigkeit der Verwaltung abträglich.
– Die gebotene Einheitlichkeit des Verwaltungsvollzugs muss gewährleistet werden.
– Jede Aufgabe soll grundsätzlich in vollem Umfang übertragen werden. Anzeige-, Mitwirkungs- und Berichtspflichten sowie Genehmigungs- und Zustimmungsvorbehalte zugunsten höherer Stellen sind nur aus Koordinierungsgründen und nur dann vertretbar, wenn dieser Zweck nicht durch verwaltungsinterne Richtlinien oder auf andere Weise erreicht werden kann.

3.2.4.2  Aufgabenverlagerung auf die Mittelstufe

– Die Regierungen haben großräumige Verwaltungs-, Planungs- und Entwicklungsaufgaben, Koordinierungs- und Bündelungsfunktionen, Anleitungs- und Aufsichtsfunktionen sowie Aufgaben als Rechtsbehelfsbehörde.
– Auf die Regierungen sollen alle Vollzugsaufgaben der Staatsministerien übertragen werden, soweit sie nicht wegen der besonderen politischen Bedeutung oder Steuerungsfunktion oder um der Einheitlichkeit des Vollzugs auf Landesebene willen bei den Staatsministerien liegen müssen und dieses Ziel nicht durch ministerielle Richtlinien oder – ausnahmsweise – durch Zustimmungsvorbehalte erreicht werden kann.
– Die Regierungen sollen erstinstanzielle Zuständigkeiten nur erhalten, wenn das wegen des Umfangs der von der Maßnahme berührten Interessen, besonders in räumlicher Hinsicht oder wegen der Zahl der zu beteiligenden Behörden, sachdienlich und notwendig ist, wenn die Ausgleichsfunktion der Regierung besonders zum Tragen kommt oder wenn eine Aufgabenverlagerung auf die Unterstufe wegen der geringen Fallzahl und der erforderlichen Spezialisierung unwirtschaftlich wäre.
– Für die übrigen Behörden der Mittelstufe gelten diese Grundsätze entsprechend.

3.2.4.3  Konzentration von Verwaltungsaufgaben

Die Zuständigkeit für einzelne Verwaltungsaufgaben kann überregional bei nachgeordneten Behörden konzentriert werden, wenn dadurch die Leistungsfähigkeit der Verwaltung verbessert wird.

3.3  Innere Behördenorganisation

3.3.1  Geschäftsverteilung

Für jede Behörde ist ein Verwaltungsgliederungs- und Geschäftsverteilungsplan aufzustellen, denen ein Aufgabengliederungsplan zugrunde liegen soll. Zahl und Größe der Organisationseinheiten (z.B. Sachgebiete, Referate, Abteilungen) richten sich nach Art und Inhalt der Aufgaben. Sofern Produktpläne vorgesehen sind, soll der Aufgabengliederungsplan so aufgebaut werden, dass er hierfür die Grundlage bilden kann. Die Organisationseinheiten sind so zu bemessen, dass eine effiziente und straffe Sachbearbeitung möglich ist, unnötiger Abstimmungsaufwand vermieden wird, eine gleichmäßige Arbeitsauslastung und Vertretung gesichert sind sowie eine angemessene Leistung der Organisationseinheiten gewährleistet ist.

3.3.2  Controlling

Zur Steuerung und Aufgabenerledigung soll in geeigneten Bereichen ein Controlling eingesetzt werden; Fach- und Ressourcenverantwortung sollen möglichst zusammengefasst werden.

3.3.3  Projektmanagement und Arbeitsgruppen

Zur schnellen Abwicklung einmaliger, komplexer, neuartiger oder bedeutsamer zeitlich befristeter Vorhaben soll ein wirtschaftlich arbeitendes Projektmanagement eingerichtet werden. Es plant, koordiniert, steuert und überwacht zielgerichtet und fachübergreifend die Abwicklung des Projekts. Projektgruppen sind förmlich einzurichten, wobei zumindest der Auftrag, die Zusammensetzung, die zeitliche Planung, die Leitung und die Kompetenzen der Projektgruppe festzulegen sind. Zur Bearbeitung umfangreicher Aufgaben, zur Vorbereitung von Entscheidungen, zur Untersuchung von Problemen oder vergleichbarer Aufgaben, die fachübergreifende Kenntnisse erfordern, können befristet oder dauerhaft Arbeitsgruppen gebildet werden.

3.3.4  Ablauforganisation

Hinsichtlich der Anforderungen an die Ablauforganisation wird auf die in der Allgemeinen Geschäftsordnung für die Behörden des Freistaates Bayern enthaltenen Regelungen verwiesen.

3.3.4.1 

Arbeitsabläufe sollen so organisiert werden, dass mehrere in einer Sache notwendige Erhebungen gleichzeitig angestellt werden können. Eine gemeinsame Besprechung mit Fachbehörden und sonstigen Beteiligten soll durchgeführt werden, wenn dadurch eine sachgerechte Lösung beschleunigt werden kann.

3.3.4.2 

Die Unterschriftsbefugnis soll innerhalb einer Behörde allgemein geregelt sein. Sie soll grundsätzlich demjenigen zustehen, dem die Erledigung einer Aufgabe zur selbständigen Bearbeitung übertragen ist.

3.3.4.3 

Die für die Organisation zuständigen Stellen sollen betroffene Behördenangehörige bei der Ordnung von Arbeitsabläufen beteiligen. Sie sollen sich untereinander frühzeitig koordinieren und Arbeitsergebnisse und Erfahrungen austauschen.

3.4  Wirkungsvoller Personaleinsatz

3.4.1 

Arbeitsplätze und Arbeitsmittel sollen nach arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen aufgabengerecht gestaltet sein.

3.4.2 

Es ist laufend zu prüfen, ob die Aufgabenstellung und die anfallende Arbeitsmenge die Einsparung von Personal zulassen oder eine Personalmehrung erfordern.

3.4.3 

Die Führungskräfte prüfen, ob unter Zugrundelegung einer zügigen Arbeitsweise die zugewiesenen Mitarbeiter für die anfallenden Aufgaben nötig sind und ob sie diese bewältigen können. Sie sorgen für eine gleichmäßige Auslastung der Mitarbeiter.

3.4.4 

Frei werdende Stellen dürfen nicht neu besetzt werden, wenn die Aufgaben entfallen oder anderen Bediensteten mitübertragen werden können. Bei der Wiederbesetzung eines freiwerdenden Dienstpostens ist dessen Wertigkeit unter dem Gesichtspunkt zu überprüfen, ob die Aufgaben auch von Beamten einer niedrigeren Laufbahngruppe wahrgenommen werden können.

3.4.5 

Die Staatsministerien erarbeiten Arbeitsrichtzahlen oder andere Orientierungswerte, soweit ein Leistungsvergleich zwischen Behörden oder Bediensteten möglich ist. In geeigneten Bereichen kann nach den Grundsätzen der Kosten-Leistungs-Rechnung (KLR) verfahren werden.

4.  Leitsätze für die Stärkung der Selbstverwaltung

4.1 

Für staatliches Handeln gegenüber kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften in Form von generellen Regelungen und Einzelakten gilt als Richtschnur, dass die Entschlusskraft und Selbstverantwortung der Gemeinden und Gemeindeverbände gehoben wird. Staatliche Leistungen und andere staatliche Maßnahmen sollen den aus dem kommunalen Selbstverwaltungsrecht entspringenden Entscheidungsspielraum so wenig wie möglich beeinträchtigen.

4.2 

Kommunale Aufgaben sollen grundsätzlich freiwillige Aufgaben im eigenen Wirkungskreis sein; Pflichtaufgaben sollen nur aus dringenden sachlichen Gründen und unter Rücksichtnahme auf die Finanzausstattung auferlegt werden. Kann eine Aufgabe sowohl dem eigenen wie dem übertragenen Wirkungskreis zugeordnet werden, so soll sie im Zweifel als Aufgabe des eigenen Wirkungskreises behandelt werden.

4.3 

Staatliche Vorgaben zur Organisation kommunaler Aufgaben sollen auf solche Bereiche und Fragen beschränkt werden, in denen Einheitlichkeit unerlässlich ist; dies gilt auch für die Personal- und Sachausstattung von Einrichtungen.

4.4 

Für staatliches Handeln gegenüber anderen öffentlichen Einrichtungen mit Selbstverwaltungsrecht gelten die vorstehenden Richtlinien sinngemäß.

5.  Inkrafttreten

Diese Richtlinien treten am 1. Januar 2002 in Kraft.
Dr. Edmund Stoiber

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