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MfG: Gesetz über die Förderung der mittelständischen Unternehmen sowie der Freien Berufe (Mittelstandsförderungsgesetz – MfG) Vom 20. Dezember 2007 (GVBl. S. 926) BayRS 707-1-W (Art. 1–25)

Der Landtag des Freistaates Bayern hat das folgende Gesetz beschlossen, das hiermit bekannt gemacht wird:

Inhaltsübersicht

Erster Abschnitt Zweck des Gesetzes und Grundsätze

Art. 1 Zweck des Gesetzes

(1) ¹Zweck dieses Gesetzes ist, die Vielfalt und Leistungskraft der mittelständischen Unternehmen und Freien Berufe in Bayern zu erhalten und zu stärken, deren Entfaltungsmöglichkeiten in der Sozialen Marktwirtschaft zu sichern, zu fairem Wettbewerb beizutragen und die Fähigkeit des Mittelstands zur Schaffung und Sicherung von Arbeits- und Ausbildungsplätzen zu steigern. ²Dazu sind insbesondere
verlässliche und günstige Rahmenbedingungen für die mittelständischen Unternehmen und Freien Berufe zu schaffen und zu erhalten,
die Leistungsfähigkeit des Mittelstands im nationalen und internationalen Wettbewerb zu stärken,
die unternehmensgrößenspezifischen Nachteile des Mittelstands auszugleichen,
die Eigenkapitalsituation des Mittelstands zu berücksichtigen,
das Innovationspotenzial bei der Entwicklung und Markteinführung neuer Produkte, Dienstleistungen und Verfahren zu erhöhen,
die Gründung selbstständiger Existenzen zu fördern sowie die Unternehmensnachfolge zu erleichtern und
der besondere Beitrag des Mittelstands zur beruflichen Aus- und Weiterbildung zu unterstützen.
(2) Der Freistaat Bayern, die Gemeinden und Gemeindeverbände sowie die sonstigen Körperschaften, Stiftungen und Anstalten des öffentlichen Rechts berücksichtigen bei allen Programmen, Planungen und Maßnahmen den Zweck dieses Gesetzes.
(3) Die in Abs. 2 genannten juristischen Personen wirken in Ausübung ihrer Gesellschafterrechte in Unternehmen, an denen sie zu mehr als 50 v. H. beteiligt sind, darauf hin, dass der Zweck dieses Gesetzes in gleicher Weise beachtet wird.

Art. 2 Fördergrundsätze

(1) Die Förderung soll Anstoß zu Eigeninitiative geben sowie geeignete Formen der Selbsthilfe unterstützen.
(2) ¹Mittelstandsrelevante Maßnahmen sollen aufeinander abgestimmt werden. ²Dabei sollen Fördermaßnahmen Dritter, insbesondere des Bundes und der Europäischen Union, berücksichtigt werden.
(3) Finanzielle Fördermaßnahmen werden nach Maßgabe des Haushalts und der jeweils einschlägigen Förderrichtlinien gewährt.
(4) Rechtsansprüche auf finanzielle und sonstige Fördermaßnahmen werden durch dieses Gesetz nicht begründet.
(5) Dieses Gesetz regelt die Fördermaßnahmen nicht abschließend.

Art. 3 Ausgestaltung der Fördermaßnahmen, Träger

(1) Die Kammern und Organisationen der gewerblichen Wirtschaft sowie der Freien Berufe sollen bei der Ausgestaltung der Maßnahmen nach diesem Gesetz beratend hinzugezogen werden.
(2) Träger der Fördermaßnahmen können die in Abs. 1 genannten Kammern und Organisationen sowie die staatlichen Einrichtungen zur Wirtschaftsförderung sein.

Art. 4 Freie Berufe

Die Vorschriften dieses Gesetzes gelten für die Förderung der Freien Berufe entsprechend, sofern dem nicht die Besonderheiten dieser Berufe entgegenstehen.

Zweiter Abschnitt Mittelstandsfreundliche Rahmenbedingungen

Art. 5 Mittelstandsfreundliche Rechtsvorschriften

¹Bei Erlass und Novellierung mittelstandsrelevanter Rechtsvorschriften ist auf mittelstandsfreundliche Regelungen hinzuwirken. ²Insbesondere sollen Vorschriften, die investitions- und beschäftigungshemmende Wirkung haben oder einen unverhältnismäßig hohen Aufwand für mittelständische Unternehmen verursachen, abgebaut oder vermieden werden. ³Den Mittelstand belastende Vorschriften sind regelmäßig auf ihre Notwendigkeit und auf die Möglichkeit der zeitlichen Befristung zu prüfen. ⁴Soweit möglich, sind mittelständische Betriebe durch die Einführung von Kleinbetriebsregelungen von unzumutbaren Belastungen freizustellen.

Art. 6 Mittelstandsfreundliche Verwaltungsverfahren

(1) ¹Die Behörden der in Art. 1 Abs. 2 genannten juristischen Personen arbeiten bei der Durchführung von Verwaltungsverfahren zügig, effizient und ergebnisorientiert zusammen. ²Sie berücksichtigen im Rahmen der Gesetze die wirtschaftlichen Interessen der mittelständischen Unternehmen.
(2) Die Arbeitsabläufe sollen durch den Einsatz elektronischer Verfahren für die Beteiligten erleichtert sowie transparent und flexibel gestaltet werden.

Art. 7 Vorrang privater Leistungserbringung

¹Die in Art. 1 Abs. 2 genannten juristischen Personen dürfen im Regelfall, vorbehaltlich spezifischer Regelungen für ihre wirtschaftliche Betätigung, wirtschaftliche Leistungen außerhalb der Daseinsvorsorge nur erbringen, wenn ein öffentlicher Zweck dies erfordert und sie von privaten Unternehmen nicht ebenso gut und wirtschaftlich erbracht werden können. ²Bisherige wirtschaftliche Betätigungen sowie die Verwaltung eigenen Vermögens der öffentlichen Hand bleiben unberührt. ³Die Regelung in Satz 1 dient ausschließlich öffentlichen Interessen.

Dritter Abschnitt Maßnahmen zur Steigerung der fachlichen Leistungsfähigkeit

Art. 8 Berufliche Aus- und Weiterbildung

Investive und nicht-investive Maßnahmen überbetrieblicher Träger zur beruflichen Aus- und Weiterbildung können gefördert werden.

Art. 9 Betriebsberatung, Beratungsstellen

(1) Die betriebswirtschaftliche, betriebstechnische und innovationsbezogene Beratung kann unterstützt werden.
(2) Das landesweite Netz an Beratungseinrichtungen für mittelständische Unternehmen soll kontinuierlich den jeweils aktuellen Erfordernissen angepasst werden.
(3) Die bei der LfA Förderbank Bayern eingerichteten Anlauf- und Beratungsstellen stehen auch Unternehmen in Schwierigkeiten zur Verfügung.

Art. 10 Existenzgründung und Unternehmensnachfolge

(1) ¹Existenzgründungen können durch Beratung vor und während der Gründungsphase unterstützt werden. ²Hilfe kann auch gewährt werden durch
kommunale und technologieorientierte Gründerzentren und
Informationsbereitstellung über elektronische Medien.
(2) Maßnahmen zur Sicherung der Unternehmensnachfolge können unterstützt werden.

Art. 11 Kooperationen, Netzwerke

Die Zusammenarbeit von Unternehmen der mittelständischen Wirtschaft, unternehmerische Netzwerke, die Bündelung von Kompetenzfeldern (Cluster) sowie weitere Unternehmenskooperationen können unterstützt werden, sofern diese den kartellrechtlichen Vorschriften entsprechen.

Art. 12 Forschung und Entwicklung, Zusammenarbeit mit Hochschulen, Technologietransfer

(1) ¹Anwendungsorientierte Gemeinschaftsforschungsvorhaben und Gemeinschaftsvorhaben der technischen Entwicklung und Erprobung können gefördert werden. ²Einzelbetrieblich oder im Verbund förderfähig sind auch Vorhaben im Bereich Forschung und Entwicklung neuer Produkte, Dienstleistungen und Verfahren mit hohem technologischen Anspruch.
(2) Ebenso können wirtschaftsnahe Einrichtungen der angewandten Forschung und Vorhaben der wirtschaftsnahen Forschung und Entwicklung sowie deren Umsetzung in marktgängige Produkte und Verfahrensinnovationen gefördert werden.
(3) Zu diesem Zweck können auch besondere Einrichtungen der Technologievermittlung bzw. des Technologietransfers, Designvorhaben sowie Schulungsprogramme, firmenübergreifende Entwicklungsprojekte und Maßnahmen für die Normung und Qualitätssicherung gefördert werden.

Art. 13 Erschließung und Sicherung von Auslandsmärkten

¹Informationsmaßnahmen im Bereich Außenwirtschaft, die Beteiligung an internationalen Messen und Ausstellungen vor allem in Form von Gemeinschaftsaktionen, sowie weitere Markterkundungs- und Markterschließungsmaßnahmen, auch im Hinblick auf internationale Organisationen, können gefördert werden. ²Beihilfen für exportbezogene Tätigkeiten sind ausgeschlossen.

Art. 14 Informations- und Kommunikationstechnologie

Innovative Vorhaben der Informations- und Kommunikationstechnologie sowie unternehmensübergreifende Gemeinschaftsprojekte in den Bereichen Informationsversorgung und Informationsmanagement können gefördert werden.

Vierter Abschnitt Maßnahmen zur Verbesserung der Kapitalversorgung

Art. 15 Finanzierungshilfen

(1) Für Unternehmensgründungen, für Unternehmensübernahmen sowie zur Erhaltung und Steigerung der Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit mittelständischer Unternehmen (z.B. durch Rationalisierung, Qualitätsverbesserung, Modernisierung und Erweiterung) können Finanzierungshilfen in Form von Zuwendungen im Sinn des Art. 23 der Haushaltsordnung des Freistaates Bayern – Bayerische Haushaltsordnung – BayHO – (BayRS 630-1-F), zuletzt geändert durch § 2 des Gesetzes vom 9. Mai 2005 (GVBl S. 193), (z.B. Zinszuschüsse, zinsverbilligte Darlehen, Zuschüsse), in Form von Risikoübernahmen (z.B. Haftungsfreistellungen, Bürgschaften) gewährt werden.
(2) An Vorhaben im Sinn von Abs. 1 besteht in der Regel ein volkswirtschaftliches oder sozialpolitisches Interesse im Sinn des Art. 2 Abs. 1 des Gesetzes über die Übernahme von Staatsbürgschaften und Garantien des Freistaates Bayern – BÜG – (BayRS 66-1-F) in der jeweils geltenden Fassung.
(3) ¹Für Risikoübernahmen können Haftungsfonds eingerichtet werden. ²Zur Dotierung von Haftungsfonds können Zuschüsse oder Darlehen gewährt werden.

Art. 16 Rückbürgschaften

Selbsthilfeeinrichtungen der gewerblichen Wirtschaft (z.B. Kreditgarantiegemeinschaften) können für eingegangene Bürgschaftsverpflichtungen zugunsten mittelständischer Unternehmen Rückbürgschaften erhalten.

Art. 17 Kapitalbeteiligungsgesellschaften und Beteiligungsgarantiegemeinschaften

Gründung und Betrieb von Kapitalbeteiligungsgesellschaften, die sich an mittelständischen, vorrangig technologieorientierten und innovativen Unternehmen beteiligen, und von Beteiligungsgarantiegemeinschaften, die Garantien für die Beteiligungen übernehmen, können insbesondere durch Übernahme von Gesellschaftsanteilen sowie Gewährung oder Vermittlung von Refinanzierungsmöglichkeiten oder von Rückgarantien gefördert werden.

Fünfter Abschnitt Öffentliches Auftragswesen

Art. 18 Öffentliche Aufträge

(1) ¹Bei der Vergabe öffentlicher Aufträge sind die Ziele und Grundsätze dieses Gesetzes im Rahmen der Vergabebestimmungen zu beachten. ²Mittelständische Interessen sind vornehmlich durch Teilung der Aufträge in Fach- und Teillose angemessen zu berücksichtigen. ³Bei einer elektronischen Beschaffung ist zu gewährleisten, dass sich mittelständische Unternehmen am Vergabeverfahren beteiligen können.
(2) Wer einen Meistertitel gemäß §§ 51, 51b des Gesetzes zur Ordnung des Handwerks (Handwerksordnung) in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. September 1998 (BGBl I S. 3074; 2006 I S. 2095), zuletzt geändert durch Art. 9a des Gesetzes vom 7. September 2007 (BGBl I S. 2246), in dem für den öffentlichen Auftrag geforderten Gewerbe führen darf, ist grundsätzlich als fachkundig im Sinn der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) anzusehen.
(3) Nichterwerbswirtschaftliche Zusammenschlüsse von Unternehmen können für ihre mittelständischen Mitglieder in Vergabeverfahren tätig werden, soweit kartellrechtliche Vorschriften nicht entgegenstehen.
(4) Die Aufsichtsbehörden haben in Vergabeverfahren, auf die der Vierte Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Juli 2005 (BGBl I S. 2114), zuletzt geändert durch Art. 7 Abs. 11 des Gesetzes vom 26. März 2007 (BGBl I S. 358) nicht anzuwenden ist, Bieterbeschwerden über Verstöße gegen Vergabebestimmungen unter besonderer Berücksichtigung des Beschleunigungsgrundsatzes zu prüfen und im öffentlichen Interesse auf die Einhaltung der Vergabevorschriften hinzuwirken.
(5) Die in Art. 1 Abs. 2 genannten juristischen Personen sollen ihre Gesellschafterrechte in Unternehmen des privaten Rechts, auf die sie durch mehrheitliche Beteiligung oder in sonstiger Weise direkt oder indirekt bestimmenden Einfluss nehmen können, so ausüben, dass bei der Vergabe von Aufträgen unterhalb der gemäß § 100 Abs. 1 GWB festgelegten Schwellenwerte die Grundsätze des fairen Wettbewerbs, der Transparenz und der Gleichbehandlung beachtet und die Belange des Mittelstands berücksichtigt werden.

Sechster Abschnitt Allgemeine Maßnahmen

Art. 19 Mittelstandsbericht

Die Staatsregierung erstattet in angemessenen Zeitabständen, mindestens alle fünf Jahre, dem Landtag einen Bericht über die Lage der mittelständischen Unternehmen sowie der Freien Berufe in Bayern.

Art. 20 Untersuchungen und Einrichtungen

(1) Wissenschaftliche Untersuchungen, die sich mit aktuellen mittelstandspolitischen Fragestellungen befassen, können veranlasst und gefördert werden.
(2) Einrichtungen, die überwiegend wissenschaftliche Untersuchungen über mittelstandserhebliche Tatsachen durchführen oder durch wissenschaftlich orientierte Veranstaltungen zur Erforschung und Verbreitung mittelstandserheblicher Tatsachen beitragen, können gefördert werden.
(3) Die Ergebnisse der Untersuchungen und Veranstaltungen sind grundsätzlich der Allgemeinheit zugänglich zu machen.

Siebter Abschnitt Ausführungs- und Schlussbestimmungen

Art. 21 Kostenfreiheit

Für Amtshandlungen staatlicher Behörden im Vollzug dieses Gesetzes werden keine Kosten (Gebühren, Auslagen) erhoben.

Art. 22 Verwaltungsvorschriften

In Verwaltungsvorschriften zum Vollzug dieses Gesetzes werden insbesondere Voraussetzungen, Umfang und Durchführung der Fördermaßnahmen sowie die Beteiligung von mittelständischen Unternehmen bei öffentlichen Aufträgen geregelt.

Art. 23 Zuständigkeiten

¹Der Vollzug dieses Gesetzes obliegt dem Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie, soweit für einzelne Aufgabenbereiche nicht andere Staatsministerien zuständig sind. ²Vorschriften über die Beteiligung anderer Behörden bleiben unberührt.

Art. 24 Abgrenzung

(1) Das Gesetz findet auf die Förderung der Land- und Forstwirtschaft keine Anwendung.
(2) Ernährungswirtschaftliche Betriebe, die landwirtschaftliche Erzeugnisse aufnehmen, be- oder verarbeiten, können auch nach Maßgabe des Gesetzes zur nachhaltigen Entwicklung der Agrarwirtschaft und des ländlichen Raumes (Bayerisches Agrarwirtschaftsgesetz – BayAgrarWiG) gefördert werden.

Art. 25 Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 2008 in Kraft.
München, den 20. Dezember 2007
Dr. Günther Beckstein
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