Erlass und Reduktion von Geldbußen in Kartellsachen – Bonusregelung
A. Ziel und Anwendungsbereich
Die Landeskartellbehörde kann Kartellteilnehmern, die durch ihre Kooperation dazu beitragen, ein Kartell aufzudecken, die Geldbuße erlassen oder reduzieren. Die Bonusregelung legt die Voraussetzungen fest, unter denen Erlass oder Reduktion der Geldbuße erfolgen. Die Bonusregelung findet auf Beteiligte (natürliche Personen, Unternehmen und Unternehmensvereinigungen) an Kartellen (insbesondere Absprachen über die Festsetzung von Preisen oder Absatzquoten sowie über die Aufteilung von Märkten und Submissionsabsprachen) - im Folgenden: Kartellbeteiligte - Anwendung.
Für eine vertrauliche Kontaktaufnahme – gegebenenfalls anonym über einen Rechtsanwalt – stehen die Mitarbeiter der Landeskartellbehörde (Tel.: 089/2162-0) zur Verfügung.
B. Erlass der Geldbuße
Die Landeskartellbehörde wird einem Kartellbeteiligten die Geldbuße erlassen, wenn
er sich als erster Kartellbeteiligter an die Landeskartellbehörde wendet, bevor diese über ausreichende Beweismittel verfügt, um einen Durchsuchungsbeschluss zu erwirken, und
er die Landeskartellbehörde durch mündliche und schriftliche Informationen und - soweit verfügbar - Beweismittel in die Lage versetzt, einen Durchsuchungsbeschluss zu erwirken, und
er nicht alleiniger Anführer des Kartells war oder andere zur Teilnahme an dem Kartell gezwungen hat und
er ununterbrochen und uneingeschränkt mit der Landeskartellbehörde zusammenarbeitet.
Die Landeskartellbehörde wird einem Kartellbeteiligten nach dem Zeitpunkt, zu dem sie in der Lage ist, einen Durchsuchungsbeschluss zu erwirken, die Geldbuße in der Regel erlassen, wenn
er sich als erster Kartellbeteiligter an die Landeskartellbehörde wendet, bevor diese über ausreichende Beweismittel verfügt, um die Tat nachzuweisen, und
er die Landeskartellbehörde durch mündliche und schriftliche Informationen und - soweit verfügbar - Beweismittel in die Lage versetzt, die Tat nachzuweisen, und
er nicht alleiniger Anführer des Kartells war oder andere zur Teilnahme an dem Kartell gezwungen hat und
er ununterbrochen und uneingeschränkt mit der Landeskartellbehörde zusammenarbeitet und
keinem Kartellbeteiligten ein Erlass nach Randnummer 3 gewährt werden wird.
C. Reduktion der Geldbuße
Zugunsten eines Kartellbeteiligten, der die Voraussetzungen für einen Erlass (Randnummern 3 und 4) nicht erfüllt, kann die Landeskartellbehörde die Geldbuße um bis zu 50 % reduzieren, wenn
er der Landeskartellbehörde mündliche oder schriftliche Informationen und - soweit verfügbar - Beweismittel vorlegt, die wesentlich dazu beitragen, die Tat nachzuweisen, und
er ununterbrochen und uneingeschränkt mit der Landeskartellbehörde zusammenarbeitet.
Der Umfang der Reduktion richtet sich insbesondere nach dem Nutzen der Aufklärungsbeiträge und der Reihenfolge der Anträge.
D. Kooperationspflichten
Der Antragsteller muss mit der Landeskartellbehörde während der gesamten Dauer des Verfahrens ununterbrochen und uneingeschränkt zusammenarbeiten. Den Antragsteller treffen insbesondere folgende Pflichten:
Er muss seine Teilnahme an dem Kartell nach Aufforderung durch die Landeskartellbehörde unverzüglich beenden.
Er muss auch nach Antragstellung alle ihm zugänglichen Informationen und Beweismittel an die Landeskartellbehörde übermitteln. Dazu gehören insbesondere alle für die Berechnung der Geldbuße bedeutsamen Angaben, die dem Antragsteller vorliegen oder die er beschaffen kann.
Er ist verpflichtet, die Zusammenarbeit mit der Landeskartellbehörde vertraulich zu behandeln, bis die Landeskartellbehörde ihn von dieser Pflicht entbindet (im Regelfall nach Beendigung der Durchsuchung).
Ein Unternehmen muss alle an der Kartellabsprache beteiligten Beschäftigten (einschließlich ehemaliger Beschäftigter) benennen und darauf hinwirken, dass alle Beschäftigten, von denen Informationen und Beweismittel erlangt werden können, während des Verfahrens ununterbrochen und uneingeschränkt mit der Landeskartellbehörde zusammenarbeiten.
E. Marker, Antrag, Zusicherung
I. Erklärung der Bereitschaft zur Zusammenarbeit (Marker) und Antrag
Ein Kartellbeteiligter kann sich an die Mitarbeiter der Landeskartellbehörde wenden, um seine Bereitschaft zur Zusammenarbeit (Marker) zu erklären. Der Zeitpunkt des Setzens des Markers ist für den Rang des Antrags maßgeblich. Der Marker kann mündlich oder schriftlich gesetzt werden. Er muss Angaben über die Art und Dauer des Kartellverstoßes, die sachlich und räumlich betroffenen Märkte, die Identität der Beteiligten sowie darüber beinhalten, bei welchen Wettbewerbsbehörden ebenfalls Anträge gestellt wurden oder dies beabsichtigt ist.
Die Landeskartellbehörde setzt eine Frist von höchstens acht Wochen, innerhalb derer der Marker zu einem Antrag nach Randnummer 14 ausgearbeitet werden muss.
Handelt es sich um ein Kartell, für das die Europäische Kommission die besonders gut geeignete Behörde im Sinne der Netzwerkbekanntmachung
In seinem Antrag muss der Antragsteller Angaben machen, die - im Fall von Randnummer 3 - erforderlich sind, um einen Durchsuchungsbeschluss zu erlangen bzw. die - im Fall von Randnummer 4 - erforderlich sind, um die Tat nachzuweisen, bzw. die - im Fall von Randnummer 5 - wesentlich dazu beitragen, die Tat nachzuweisen. Es sind zudem - soweit bekannt - Angaben darüber zu machen, ob das Kartell Auswirkungen in anderen Staaten hatte.
Ein Antrag nach Randnummer 14 kann auch mündlich gestellt werden. Gemeinsame Anträge von Kartellbeteiligten sind unzulässig.
Erfüllt ein Antragsteller seine Verpflichtungen (insbesondere die Kooperationspflicht) nicht, entfällt sein Rang und die nachfolgenden Antragsteller rücken im Rang auf.
Ein von einer vertretungsberechtigten Person für ein Unternehmen gestellter Antrag wird von der Landeskartellbehörde auch als Antrag für die in dem Unternehmen gegenwärtig oder früher beschäftigten und an dem Kartell beteiligten natürlichen Personen gewertet, sofern sich aus dem Antrag oder dem Verhalten des Unternehmens nichts anderes ergibt.
II. Zugangsbestätigung und Zusicherung
Die Landeskartellbehörde bestätigt dem Antragsteller das Setzen des Markers und/oder den Zugang des Antrags unverzüglich schriftlich unter Angabe von Datum und Uhrzeit.
Liegen die Voraussetzungen für den Erlass nach Randnummer 3 Nrn. 1 und 2 vor, sichert die Landeskartellbehörde dem Antragsteller schriftlich zu, dass ihm - unter der Bedingung, dass er nicht alleiniger Anführer war oder andere zur Teilnahme an dem Kartell gezwungen hat und seine Kooperationspflichten erfüllt - die Geldbuße erlassen wird.
Bei einem Antrag auf Erlass nach Randnummer 4 oder auf eine Reduktion nach Randnummer 5 teilt die Landeskartellbehörde dem Antragsteller zunächst nur mit, dass er der erste, zweite etc. Antragsteller ist und grundsätzlich - insbesondere unter der Bedingung der Erfüllung der Kooperationspflichten - für einen Erlass oder eine Reduktion in Betracht kommt. Eine Entscheidung über den Erlass bzw. die Reduktion ergeht in diesem Fall frühestens nach Durchsicht und Prüfung aller bei der Durchsuchung erlangten Informationen und Beweismittel, weil die Landeskartellbehörde zunächst prüfen muss, ob diese ausreichen, um die Tat nachzuweisen.
F. Vertraulichkeit, nachfolgende Verfahren, Geltung
I. Vertraulichkeit und Akteneinsicht
Die Landeskartellbehörde wird im Rahmen der gesetzlichen Grenzen und der Regelungen über den Austausch von Informationen mit ausländischen Wettbewerbsbehörden die Identität eines Antragstellers während der Verfahrensdauer bis zum Zugang eines Beschuldigungsschreibens an einen Kartellbeteiligten vertraulich behandeln und Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse wahren.
Die Landeskartellbehörde wird Anträge privater Dritter auf Akteneinsicht bzw. Auskunftserteilung im Rahmen des gesetzlich eingeräumten Ermessens grundsätzlich insoweit ablehnen, als es sich um den Antrag auf Erlass oder Reduktion der Geldbuße und die dazu übermittelten Beweismittel handelt.
II. Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils und Anordnung des Verfalls
Wird einem Antragsteller die Geldbuße erlassen, wird die Landeskartellbehörde in der Regel weder einen erlangten wirtschaftlichen Vorteil (§ 34 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB) abschöpfen noch einen Verfall (§ 29a des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten - OWiG) anordnen. Bei einer Reduktion der Geldbuße wird die Landeskartellbehörde in der Regel in dem Umfang, in dem die Reduktion gewährt wurde, auch einen wirtschaftlichen Vorteil nicht abschöpfen bzw. einen Verfall nicht anordnen.
III. Zivil- und strafrechtliche Folgen
Diese Bekanntmachung lässt die zivilrechtlichen Folgen wegen der Beteiligung an einem Kartell unberührt. Das Verfahren gegen eine natürliche Person muss die Landeskartellbehörde nach § 41 OWiG an die Staatsanwaltschaft abgeben, wenn es sich bei der Tat um eine Straftat (insbesondere nach § 298 des Strafgesetzbuches – StGB) handelt.
IV. Geltung
Diese Bekanntmachung tritt am 1. Mai 2006 in Kraft.
Dr. Kormann
Ministerialdirektor
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