Förderung von Maßnahmen der Erziehungshilfe gegen Straffälligkeit (Jugendgerichtshilfe) und Gewalt
Das Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Gesundheit gewährt nach Maßgabe dieser Richtlinien und der allgemeinen haushaltsrechtlichen Bestimmungen (insbesondere der Verwaltungsvorschriften zu Art. 44 Bayerische Haushaltsordnung) Zuwendungen für ambulante Maßnahmen nach dem Jugendgerichtsgesetz sowie für Projekte, die Hilfen für strafunmündige Kinder anbieten.
Die Förderung erfolgt ohne Rechtsanspruch im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.
Zu den kommunalen Pflichtaufgaben nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch gehören auch die ambulanten Maßnahmen der Jugendgerichtshilfe (§ 2 Abs. 3 Nr. 8 in Verbindung mit § 52 SGB VIII, § 38 Jugendgerichtsgesetz -JGG-), sozialpädagogische Hilfen für strafrechtlich auffällige Kinder sowie sozialpädagogische Maßnahmen des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes (§ 14 SGB VIII).
Am Ausbau und der Fortentwicklung dieser Hilfen hat der Freistaat Bayern, u. a. auch im Hinblick auf das von der Bayerischen Staatsregierung im Rahmen des Berichts "Jugend und Gewalt" beschlossene Sofortprogramm, ein erhebliches Interesse. Er unterstützt deshalb mit diesem Förderprogramm die Landkreise und kreisfreien Städte mit dem Ziel, landesweit ein ausreichendes Angebot sozialpädagogischer Hilfen für gewaltgeneigte, von Straffälligkeit bedrohte oder bereits straffällig gewordene Kinder und Jugendliche zu schaffen.
Gegenstand der Förderung sind die Personalkosten für das Fachpersonal in folgenden Arbeitsbereichen
2.1.
ambulante Maßnahmen der Jugendgerichtshilfe (§ 2 Abs. 3 Nr. 8, § 52 SGB VIII, §§ 38, 10 Jugendgerichtsgesetz -JGG-)
2.2.
sozialpädagogische Hilfen für strafrechtlich auffällige, aber strafunmündige Kinder
2.3.
sozialpädagogische Maßnahmen des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes, die die Verhinderung von Jugenddelinquenz und Gewalt zum Ziel haben (§ 14 SGB VIII).
Zuwendungsempfänger sind die Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege, die anerkannten Träger der freien Jugendhilfe sowie rechtsfähige und gemeinnützige Vereine, wenn sie einem anerkannten Träger der Jugendhilfe angegliedert sind.
4.1.
Ambulante Maßnahmen der Jugendhilfe
Bei der Konzentration und Durchführung von Maßnahmen nach § 10 JGG, die vom Gericht gemäß § 38 Abs. 3 Satz 3 JGG nach Anhörung der Jugendgerichtshilfe ausgesprochen werden können, ist darauf hinzuwirken, dass die persönlichen und sozialen Auffälligkeiten des straffälligen jungen Menschen beseitigt werden und dessen weitere Entwicklung positiv beeinflusst wird. Insbesondere sollen die ambulanten Maßnahmen der Jugendgerichtshilfe dem jungen Menschen
eine Auseinandersetzung mit der Tat und ihrer Vorgeschichte ermöglichen,
ihm Verhaltensalternativen aufzeigen und aufbauen sowie
den Aspekt der Wiedergutmachung verdeutlichen.
Insbesondere folgende ambulante Maßnahmen sind besonders geeignet, diesen Zielvorstellungen und dem Erziehungsauftrag des JGG und des SGB VIII gerecht zu werden:
Soziale Trainingskurse für straffällig gewordene Jugendliche und Heranwachsende
Täter-Opfer-Ausgleich
Intensive (beratende) Begleitung der jugendlichen Straftäter vor und nach dem Jugendgerichtsverfahren (Betreuungshilfe)
erzieherisch und jugendgemäß ausgestaltete Arbeitsleitungen
Sonderprojekte für bestimmte Zielgruppen, z.B. soziale Gruppenarbeit mit jungen Müttern, sozialpädagogische Arbeit mit gefährdungsgeneigten Gruppierungen junger Menschen, erlebnispädagogische Aktivitäten, Werkstattprojekte.
Nicht zuletzt kann damit auch allgemein dem weiteren Anwachsen der Jugendkriminalität entgegengewirkt werden.
4.2.
Sozialpädagogische Hilfen für strafunmündige Kinder
Ziel der Maßnahmen soll es sein, die durch die Taten von strafunmündigen Kindern erkennbar werdenden individuellen Fehlentwicklungen zu korrigieren, geeignete begleitende Hilfen für die Kinder und deren Personensorgeberechtigten anzubieten und allgemein dem Phänomen der "Kinderkriminalität" entgegenzuwirken.
Die Maßnahmen und Angebote sollen der Zielsetzung des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes (§ 14 SGB VIII) entsprechen. Insbesondere sollen Vorhaben gefördert werden, die gruppenorientiert sind und evtl. mit Einzelfallbetreuung kombiniert werden (soziale Gruppenarbeit nach § 29 SGB VIII).
4.3.
Sozialpädagogische Maßnahmen des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes
Projekte und Vorhaben in diesem Aufgabenfeld, die gerade in sozialen Brennpunkten besonders förderwürdig sind, müssen problemgruppenorientiert sein und das Ziel verfolgen, dass sich die jungen Menschen selbst vor Gefährdungen schützen und Verantwortung für sich selbst und ihre Mitmenschen übernehmen können. Die Aktivitäten können auch zum Ziel haben, Eltern und andere Erziehungsberechtigte sowie Institutionen, denen die Erziehung der Kinder anvertraut ist, z.B. Schulen, Horte, besser zu befähigen, Kinder und Jugendliche vor gefährdenden Einflüssen zu schützen.
Allgemein präventive Vorhaben, die dem Aufgabenfeld der Jugendarbeit zuzurechnen sind, können jedoch nicht bezuschusst werden.
4.4.
Um den fachlichen Anforderungen gerecht werden zu können, ist es erforderlich, dass die Aufgaben bei den Trägern nach Nummer 3 in der Regel innerhalb einer eigenen Organisationseinheit von hauptamtlichen Fachkräften mit Berufserfahrung wahrgenommen werden.
4.5.
Die eingesetzte Fachkraft soll über die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten auf sozialpädagogischem, psychologischem juristischem und kriminologischem Gebiet verfügen. Sie muss mindestens ein Fachhochschulstudium in der Ausbildungsrichtung Sozialwesen oder einen gleichrangigen Bildungsgang (z.B. Absolvent/Absolventin der Höheren Fachschulen für Sozialarbeit, der Höheren Fachschulen für Sozialpädagogen) abgeschlossen haben.
4.6.
Durch Vereinbarung mit einem freien Träger kann der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe unter Wahrung seiner Gesamtverantwortung die Durchführung von Maßnahmen für noch nicht strafmündige Kinder und von Vorhaben des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes ganz oder teilweise auf den freien Träger übertragen. Eine enge Zusammenarbeit zwischen Träger und Jugendamt sowie gegebenenfalls mit der Bewährungshilfe ist sicherzustellen.
5.1.
Art der Förderung
Die Zuwendung wird als Anteilfinanzierung im Rahmen einer Projektförderung gewährt.
5.2.
Zuwendungsfähige Kosten
Förderungsfähige Kosten für hauptamtliches Fachpersonal.
Die zuwendungsfähigen Ausgaben für Beschäftigte im Angestelltenverhältnis werden nach Personalkostenpauschalen entsprechend § 2 der Durchführungsverordnung zum Schwangerenberatungsgesetz vom 13. November 1990 (GVBl S. 505) in der jeweils gültigen Fassung bemessen. Für Aushilfskräfte, die wegen Mutterschutz, Erziehungsurlaub oder Krankheit des unter Absatz 1 und 2 genannten Personals benötigt werden, sind die anteiligen Personalausgaben nach § 2 der Durchführungsverordnung zum Schwangerenberatungsgesetz für die Zeit, in der die Aushilfskraft beschäftigt wird, zuschussfähig.
5.3.
Umfang der Förderung
5.3.1.
Die Zuwendung beträgt für das angestellten Fachpersonal
im 1. Haushaltsjahr bis zu 70 .v. H.
im 2. Haushaltsjahr bis zu 70 v. H.
im 3. Haushaltsjahr bis zu 60 v. H.
im 4. Haushaltsjahr bis zu 50 v. H.
im 5. Haushaltsjahr bis zu 30 v. H. und
im 6. Haushaltsjahr bis zu 20 v. H.
der zuwendungsfähigen Kosten.
5.3.2.
Die Zuwendung darf nicht höher sein als der Unterschiedsbetrag zwischen den Gesamtkosten und der Summe der sonstigen für das zu fördernde Projekt zur Verfügung stehenden Finanzierungsmittel (Eigen- und Fremdmittel einschließlich Finanzierungsbeiträge Dritter).
5.3.3.
Eigenmittel und Finanzierungsbeteiligung Dritter
Angemessen Eigenleistungen der Träger sind erforderlich. Geld- und Sachspenden sowie Bußgelder werden als Eigenmittel im Finanzierungsplan anerkannt. Dies gilt nicht für Geldleistungen, die von Dritten aus Rechtsgründen erbracht werden oder für nachträglich, gegebenenfalls auch in der Form von Spenden, von Auftragnehmern gewährte Preisnachlässe.
5.3.4.
Die Vorhaben müssen darauf angelegt sein, dass sie nach Beendigung der staatlichen Förderung ohne diese Mittel fortgeführt werden.
Derzeit schon laufende Vorhaben können nur bezuschusst werden, soweit durch die quantitative Verstärkung der bisher bestehenden Maßnahmen oder die fachlich-inhaltliche Ausweitung der Angebote ein erhöhter Personaleinsatz erforderlich ist. Eine bloße Verlagerung von Aufgaben innerhalb eines Projektes oder eines Trägers im bleichen Jugendamtsbezirk ohne zusätzlich notwendigen Personaleinsatz ist nicht förderfähig.
Die staatliche Förderung für die Maßnahmen unter den Nrn. 2.1 mit 2.3 ist auf höchstens sechs Haushaltsjahre beschränkt.
5.3.5.
Maßnahmen eines Trägers, dessen zuwendungsfähige Ausgaben 50 000 DM nicht übersteigen, werden nicht gefördert.
5.3.6.
Die Landkreise und kreisfreien Städte beteiligen sich bei der Förderung freier Träger mit einem Zuschuss an den Grundkosten, die sich aus den nicht durch staatliche Leistungen gedeckten Fachpersonalkosten sowie den sonstigen Sach- und Verwaltungskosten errechnen.
Eine Förderung nach diesen Richtlinien entfällt, wenn das im Projekt tätige Fachpersonal bereits im Rahmen einer anderen staatlichen Förderungsmaßnahme bezuschusst wird.
7.1.
Der Antrag eines freien Trägers ist schriftlich unter Verwendung des Vordrucks mit den Antragsunterlagen bis zum 1. März eines jeden Jahres beim zuständigen Jugendamt einzureichen. Das Jugendamt leitet den Antrag - gegebenenfalls nach notwendiger Ergänzung - bis zum 1. April eines Jahres der Regierung zu. Es nimmt dabei zur Förderungswürdigkeit und zu Art und Umfang seiner Zusammenarbeit mit dem Träger im Hinblick auf das Projekt Stellung.
7.2.
Die Regierungen erstellen eine Liste, auf der von jedem Antrag folgende Daten enthalten sein müssen:
Träger (einschließlich Anschrift)
Ort der Maßnahme
Art der Maßnahme
zuwendungsfähige Personalkosten insgesamt
Förderungsbetrag.
Diese Zusammenstellung (zweifach) und die ausführliche Beschreibung jeder neuen Maßnahme (einfach) legen die Regierungen bis zum 1. Mai eines Jahres beim Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Gesundheit vor.
7.3.
Die Antragsvordrucke können bei den Regierungen angefordert werden.
8.1.
Die Regierungen bewilligen unter Beachtung der haushaltsrechtlichen Bestimmungen und der Förderrichtlinien die Zuwendungen und zahlen die Zuschüsse aus, sobald die Voraussetzungen hierfür erfüllt sind. Dem Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Gesundheit ist ein Abdruck des Bewilligungsbescheides zur Kenntnisnahme zu übersenden. Soweit erforderlich veranlassen die Regierungen die Auszahlung der staatlichen Zuschüsse in vierteljährlichen Abschlagszahlungen und nehmen die Jahresabrechnung im letzten Viertel des Haushaltsjahres vor.
9.1.
Der Verwendungsnachweis, der aus einem Sachbericht und einem zahlenmäßigen Nachweis besteht (Nr. 6.2 ANBest-P), muss bis spätestens 31. März des Folgejahres bei der zuständigen Regierung eingereicht werden. Diese prüft die Verwendungsnachweise in eigener Zuständigkeit und Verantwortung.
9.2.
Von den im Zusammenhang mit dem Verwendungsnachweis eingereichten Sachberichten ist jeweils eine Fertigung an das Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Gesundheit weiterzuleiten.
9.3.
Sachlich zuständig für die Rücknahme oder den Widerruf von Bewilligungsbescheiden und die Rückforderung von Zuwendungen ist die Regierung.
9.4.
Zinsen werden nur erhoben, wenn der Gesamtanspruch mehr als 500 DM beträgt.
Abweichend von den VV zu Art. 44 BayHO gilt:
10.1.
Beträgt die Zuwendung oder bei Finanzierung durch mehrere Stellen der Gesamtbetrag der für ein einzelnes Vorhaben gewährten Zuwendung aus öffentlichen Mitteln bis zu 100 000 DM, so ist ein einfacher Verwendungsnachweis (Nr. 6.6 ANBest-P) zugelassen.
Die Richtlinien treten am 1. Januar 1998 in Kraft.
Gleichzeitig treten die Richtlinien zur Förderung von Maßnahmen der ambulanten Jugendhilfe vom 28. Juni 1982 (AMBl S. A 153) außer Kraft. Sie gelten aber für die Abwicklung der vor dem 1. Januar 1997 begonnenen und noch laufenden Förderprojekte weiter.
I.A.
Müller
Ministerialdirektor
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