Verordnung zur Verhütung übertragbarer Krankheiten (Hygiene-Verordnung) Vom 11. August 1987 (GVBl. S. 291) BayRS 2126-1-1-G (§§ 1–7)
Auf Grund von § 12a des Bundes-Seuchengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Dezember 1979 (BGBl I S. 2262), zuletzt geändert durch Gesetz vom 19. Dezember 1986 (BGBl I S. 2555), in Verbindung mit § 7a der Verordnung zur Ausführung des Bundes-Seuchengesetzes (BayRS 2126-1-I), geändert durch Verordnung vom 25. Februar 1986 (GVBl S. 13), erläßt das Bayerische Staatsministerium des Innern folgende Verordnung:
§ 1 Geltungsbereich
¹Wer – ohne Arzt oder Zahnarzt zu sein – Tätigkeiten ausübt, bei denen durch Geräte oder Instrumente Erreger einer durch Blut übertragbaren Krankheit im Sinn des § 2 Nr. 3 des Infektionsschutzgesetzes, vor allem Erreger von AIDS oder Virushepatitis B übertragen werden können, unterliegt dieser Verordnung. ²Das gilt insbesondere für das berufs- oder gewerbsmäßige Rasieren, für das Ausüben der Maniküre und Pediküre, für das Tätowieren, Piercen und Ohrlochstechen sowie für die Akupunktur.
§ 2 Pflichten
(1) Wer Tätigkeiten im Sinn des § 1 ausübt, ist zur sorgfältigen Beachtung der allgemein anerkannten Regeln der Hygiene verpflichtet.
(2) Wer Eingriffe durchführt, die eine Verletzung der Haut vorsehen, muß vorher seine Hände und die zu behandelnde Hautfläche desinfizieren.
(3) ¹Eingriffe, die eine Verletzung der Haut vorsehen, sind mit sterilen (keimfreien) Geräten und Instrumenten vorzunehmen. ²Mehrfach zu verwendende Geräte und Instrumente sind nach jedem Gebrauch einer sorgfältigen Desinfektion, Reinigung und anschließend einer Sterilisation zu unterziehen und bis zur nächsten Anwendung in sterilen Behältern aufzubewahren.
(4) ¹Mehrfach zu verwendende Geräte und Instrumente für Tätigkeiten, bei denen es leicht zu Verletzungen kommen kann, insbesondere Geräte und Instrumente zur Maniküre und Pediküre sowie Rasiermesser, sind nach jeder Anwendung zu desinfizieren und zu reinigen. ²Das gilt auch für andere, mehrfach zu verwendende Geräte und Instrumente nach jeder Anwendung, bei der es zu einer Verunreinigung des Geräts oder des Instruments durch Blut oder Wundsekret gekommen ist. ³Nach unbeabsichtigten Verletzungen ist eine Wunddesinfektion mit einem zugelassenen Wunddesinfektionsmittel durchzuführen.
§ 3 Mittel und Verfahren zur Desinfektion und Sterilisation
(1) ¹Zur Desinfektion dürfen nur viruzide Mittel verwendet werden. ²Zur Gerätedesinfektion und Instrumentendesinfektion dürfen nur Mittel verwendet werden, die in der Liste der vom Robert Koch-Institut geprüften und anerkannten Desinfektionsmittel und -verfahren oder in der Liste der nach den „Richtlinien für die Prüfung chemischer Desinfektionsmittel“ geprüften und von der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie als wirksam befundenen Desinfektionsverfahren aufgeführt sind. ³Zur Hände- und Hautdesinfektion (§ 2 Abs. 2) können darüber hinaus auch Mittel verwendet werden, die vom Hersteller als gegen Hepatitis-B-Virus wirksam deklariert sind. ⁴Zur Wunddesinfektion (§ 2 Abs. 4 Satz 3) sind die vom Robert Koch-Institut zugelassenen Mittel zu verwenden.
(2) Die Sterilisation von Geräten und Instrumenten ist mit Dampf oder Heißluft nach DIN 58946 bzw. DIN 58947 durchzuführen.
(3) Über geeignete Desinfektions- und Sterilisationsmaßnahmen berät das Gesundheitsamt.
§ 4 Beseitigung von Abfällen
¹Spitze, scharfe oder zerbrechliche Gegenstände, die bei der Ausübung von Tätigkeiten im Sinn des § 2 Abs. 3 oder 4 verwendet wurden, dürfen nur mit dem Hausmüll beseitigt werden, wenn sie in Behältern, die eine Verletzungsgefahr ausschließen, in den Abfall gegeben werden. ²Abfallrechtliche Regelungen bleiben unberührt.
§ 5 Überwachung
(1) Unter den Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 des Infektionsschutzgesetzes sind die Beauftragten des Gesundheitsamts und der Kreisverwaltungsbehörde zur Überwachung der in dieser Verordnung festgelegten Pflichten befugt,
Grundstücke, Räume, Anlagen und Einrichtungen der in § 1 genannten Personen während der üblichen Betriebs- oder Geschäftszeit zu betreten und Gegenstände zu untersuchen oder Proben zur Untersuchung zu fordern oder zu entnehmen,
von Personen, die über Tatsachen im Sinn des § 16 Abs. 1 des Infektionsschutzgesetzes Auskunft geben können, die erforderlichen Auskünfte zu verlangen.
(2) ¹Die in Absatz 1 Nr. 1 genannten Personen sind verpflichtet, die Maßnahmen nach Absatz 1 Nr. 1 zu dulden und den zur Überwachung befugten Personen auf Verlangen Grundstücke, Räume, Anlagen, Einrichtungen und sonstige Gegenstände zugänglich zu machen. ²Die in Absatz 1 Nr. 2 genannten Personen sind verpflichtet, die erforderlichen Auskünfte zu erteilen.
(3) Der zur Auskunft Verpflichtete kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihn selbst oder einen der in § 383 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 der Zivilprozeßordnung bezeichneten Angehörigen der Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung oder eines Verfahrens nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten aussetzen würde; entsprechendes gilt für die Vorlage von Unterlagen.
(4) Das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 Abs. 1 Grundgesetz) wird im Rahmen der Absätze 1 und 2 eingeschränkt (§ 16 Abs. 4 Infektionsschutzgesetz).
§ 6 Kondomzwang bei Prostitution
¹Weibliche und männliche Prostituierte und deren Kunden sind verpflichtet, beim Geschlechtsverkehr Kondome zu verwenden. ²Die Verpflichtung zur Verwendung von Kondomen ist in Räumen, die zur Prostitution genutzt werden, durch einen deutlich sichtbaren und gut lesbaren Aushang bekannt zu machen.
§ 7 Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am 1. September 1987 in Kraft.
München, den 11. August 1987
August R. Lang, Staatsminister
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