Gewährung von Beihilfen in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen an Angestellte, Arbeiter, Lehrlinge und Anlernlinge sowie Durchführung des Zweiten Krankenversicherungsänderungsgesetzes
DE - Landesrecht Bayern

Gewährung von Beihilfen in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen an Angestellte, Arbeiter, Lehrlinge und Anlernlinge sowie Durchführung des Zweiten Krankenversicherungsänderungsgesetzes

Gemäß Artikel 47 des Bayerischen Besoldungsgesetzes gebe ich nachstehend das Rundschreiben des Bundesministers des Innern vom 17.02.1971, Az.: D II 4 - 220 220 - 2/35, über die Durchführung der Beihilfetarifverträge (vgl. FMBek vom 07.08.1959, Az.: P 1820 A - 64 333, FMBl S. 868, StAnz Nr. 33, und vom 05.08.1964, Az.: P 1020 A - 42 895, FMBl 669, StAnz Nr. 33) zum Vollzug bekannt. Leistungen aus einer freiwilligen Krankenversicherung sind auf die beihilfefähigen Aufwendungen nach Abschnitt A Absatz 5 des BMI-Rundschreibens nur anzurechnen, wenn der Arbeitgeber während der Zeit, in der die Aufwendungen entstehen, nach § 405 RVO n.F. die Beiträge tatsächlich mit aufbringt. Angestellte, die den Beitragszuschuss nach § 405 RVO n.F. nicht in Anspruch nehmen, erhalten deshalb - wie bisher - Beihilfen ohne Anrechnung der Leistungen aus der freiwilligen Krankenversicherung. Haben Angestellte den Zuschuss bereits vor Bekanntgabe dieses Erlasses beantragt, kann ausnahmsweise nach Satz 3 verfahren werden, wenn sie bis spätestens 31. März 1971 erklären, dass sie den Zuschuss nach § 405 RVO n.F. nicht in Anspruch nehmen und evtl. bereits erfolgte Zahlungen zurückerstatten.
Weitere Hinweise zur Durchführung der Neuregelung bleiben vorbehalten.
Die Gewerkschaften haben die Tarifverträge über die Gewährung von Beihilfen an Angestellte, Arbeiter, Lehrlinge und Anlernlinge vom 15. Juni 1959 in der Fassung der Ergänzungstarifverträge Nr. 1 vom 26. Mai 1964 zum 30. September 1970 gekündigt. Die Tarifverhandlungen haben bisher nicht zum Abschluss neuer Tarifverträge geführt. Die gekündigten Tarifverträge gelten daher gemäß § 4 Absatz 5 TVG weiter, bis neue Abmachungen an ihre Stelle treten. Bei ihrer Weiteranwendung bitte ich, bis zum In-Kraft-Treten neuer tariflicher Regelungen jedoch Folgendes zu beachten:

A.  Anwendung des Tarifvertrags für Angestellte im Hinblick auf die Einführung des Arbeitgeberzuschusses zum Krankenversicherungsbeitrag der nicht pflichtversicherten Angestellten gemäß § 405 RVO n.F.

Nach § 1 des Tarifvertrages vom 15. Juni 1959 erhalten Angestellte in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen Beihilfen in sinngemäßer Anwendung der für die Beamten geltenden Beihilfevorschriften. Diese gehen davon aus, dass der Beamte zunächst in angemessenem Umfange Vorsorge aus eigenen Mitteln trifft und diese Vorsorge aufgrund der Fürsorgepflicht des Dienstherrn durch die Beihilfen ergänzt wird.
Vor dem 1. Januar 1971 hatten die in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht pflichtversicherten Angestellten keinen Anspruch auf Beteiligung des Arbeitgebers an den Beiträgen zu ihrer freiwilligen Krankenversicherung. Die Aufwendungen dieser Angestellten in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen waren daher nach § 1 des Tarifvertrages nach Maßgabe der Beihilfevorschriften für Beamte beihilfefähig. Für pflichtversicherte Angestellte, die bereits vor dem 1. Januar 1971 Anspruch auf Beteiligung des Arbeitgebers an den Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung hatten, enthält der Tarifvertrag in § 3 Absatz 1 eine von den Beihilfevorschriften abweichende Regelung. Danach werden diese Angestellten grundsätzlich auf die Sachleistungen der gesetzlichen Krankenversicherung verwiesen; nur in den Fällen, in denen die Träger der Krankenversicherung lediglich Zuschüsse gewähren, besteht Anspruch auf Beihilfen nach Abzug der Zuschüsse von den beihilfefähigen Aufwendungen. In dieser Regelung liegt die Hauptbedeutung des Tarifvertrages vom 15. Juni 1959. Grundlage für die Einbeziehung der in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht pflichtversicherten Angestellten in die volle Beihilfeberechtigung war somit die Tatsache, dass sich der Arbeitgeber an der Eigenvorsorge, d.h. an den Beiträgen zur Krankenversicherung, dieser Angestellten nicht beteiligte.
Diese Grundlage für die uneingeschränkte Beihilfegewährung ist am 1. Januar 1971 mit dem In-Kraft-Treten des § 405 RVO n.F., der nunmehr auch den nicht pflichtversicherten Angestellten einen Anspruch auf Arbeitgeberzuschuss zum Krankenversicherungsbeitrag einräumt, weggefallen. Dieser einschneidenden Änderung der dem Tarifvertrag vom 15. Juni 1959 zugrunde liegenden Rechtslage ist seiner Weiteranwendung unter Berücksichtigung der Grundsätze von Treu und Glauben Rechnung zu tragen (vgl. hierzu BAG U. v. 28. Januar 1964 = AP Nr. 92 zu § 242 BGB - Ruhegehalt). Hierzu ist von dem Willen der Tarifvertragsparteien auszugehen, wie er sich aus der Regelung für die Pflichtversicherten ergibt. Das bedeutet, dass die nach § 405 RVO n.F. zuschussberechtigten Angestellten nunmehr grundsätzlich wie die pflichtversicherten Angestellten zu behandeln sind.
Ich bin jedoch der Auffassung, dass die bisherige beihilferechtliche Rechtsstellung der nicht pflichtversicherten Angestellten nicht unberücksichtigt bleiben kann, und bitte daher, bei nach dem 31. Dezember 1970 entstandenen Aufwendungen wie folgt zu verfahren:
Aufwendungen sind nur insoweit beihilfefähig, als sie über die dem Angestellten zustehenden Leistungen aus einer freiwilligen Krankenversicherung hinausgehen, es sei denn, dass während der Zeit, in der die Aufwendungen entstanden sind, der Arbeitgeber nicht nach § 405 RVO an der Aufbringung der Beiträge zur Krankenversicherung des Angestellten beteiligt war. Übersteigt der Beitrag des Angestellten zu einer privaten Krankenversicherung den Beitrag, der bei Krankenversicherungspflicht des Angestellten zu zahlen wäre, so gelten als zustehende Leistungen im Sinne des vorstehenden Satzes die Leistungen der privaten Krankenversicherung nur insoweit, als sie dem Verhältnis des tatsächlichen Beitrags zu dem Beitrag bei Krankenversicherungspflicht entsprechen; maßgebend sind die Beiträge im Zeitpunkt der Antragstellung.
Beispiele:
Der Angestellte (verheiratet, zwei Kinder) hat beihilfefähige Aufwendungen in Höhe von 1.200 DM. Die private Krankenversicherung erstattet hierauf 800 DM. Die Beihilfe beträgt 65 v.H. des Unterschiedsbetrages von 400 DM. Sie ist somit auf 260 DM festzusetzen.
Wie Beispiel 1, jedoch beträgt der Monatsbeitrag zur privaten Krankenversicherung 171 DM. Bei Krankenversicherungspflicht würde der Beitrag 114 DM betragen. Die private Krankenversicherung erstattet die vollen Aufwendungen von 1.200 DM. Diese sind jedoch vor Kürzung der beihilfefähigen Aufwendungen wie folgt zu vermindern:
Anzurechnende Leistung =
1.200 x 114
= 800
171
Die Beihilfe beträgt 65 v.H. des Unterschiedsbetrages (1.200 - 800 = 400). Sie beträgt somit, wie in Beispiel 1 = 260 DM.

B.  Folgerungen aus dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 10. Juni 1970 - 4 AZR 262/69 -

Das Bundesarbeitsgericht hat in seinem Urteil vom 10. Juni 1970 folgende Auffassung vertreten:
§ 3 Absatz 1 BhVTV enthält keinen völligen Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Sachleistungen für in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversicherte Arbeiter.
Pflichtversicherten Arbeitern des Bundes sind Beihilfen zu solchen Sachleistungen zu gewähren, für die ihnen ein Anspruch gegenüber dem Krankenversicherungsträger nicht zusteht.
Ob dem pflichtversicherten Arbeiter ein solcher Anspruch zusteht oder nicht, haben die Gerichte für Arbeitssachen inzidenter zu prüfen.
Pflichtversicherte Arbeiter können Ansprüche auf Gewährung von Haushaltshilfen als Nebenleistungen aus § 184 RVO und auf Hauspflege nach § 185 RVO (Hilfs- bzw. Pflegekräfte) haben.
Krankenversicherungsträger sind auch in Fällen sog. Kann-Leistungen verpflichtet, eine Sachleistung dann zu gewähren, wenn angesichts der Umstände, der Bedürfnisse und der Erfordernisse des Einzelfalles jede andere Entscheidung mit einem Ermessensfehler behaftet wäre.
Ich bitte daher, § 3 Absatz 1 der Beihilfetarifverträge vom 15. Juni 1959 künftig und soweit über Anträge noch nicht entschieden ist, in folgender Fassung anzuwenden:
„(1) Pflichtversicherte in der gesetzlichen Krankenversicherung sind auf die ihnen zustehenden Sachleistungen angewiesen. Dies gilt auch, soweit der Krankenversicherungsträger nach der RVO oder seiner Satzung Sachleistungen nur als Kann-Leistungen gewährt; hat der Krankenversicherungsträger die Zahlung solcher Leistungen abgelehnt, sind die nachgewiesenen Aufwendungen im Rahmen der BhV beihilfefähig. Aufwendungen, die dadurch entstanden sind, dass der Pflichtversicherte diese Leistungen nicht in Anspruch nimmt oder sich anstelle einer möglichen Sachleistung eine Barleistung gewähren lässt, sind nicht beihilfefähig. Lediglich in den Fällen, in denen die Krankenversicherung keine Leistungen vorsieht oder nach einem Zuschuss leistet, sind die geltend gemachten Aufwendungen im Rahmen der BhV beihilfefähig. Die beihilfefähigen Aufwendungen werden ggf. um den Zuschuss gekürzt. “
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