Richtlinie über die personenbeförderungsrechtliche Behandlung von gewerblichen Krankenfahrten und gewerblichen Behindertenfahrten
DE - Landesrecht Bayern

Richtlinie über die personenbeförderungsrechtliche Behandlung von gewerblichen Krankenfahrten und gewerblichen Behindertenfahrten

1.  Gegenstand und Ziel

Die Bekanntmachung hat

2.  Umfang des steuerpflichtigen Geschäftsbetriebs

2.1 

Übernehmen gemeinnützige oder mildtätige Organisationen
Krankenfahrten sind ausnahmsweise dann als Zweckbetrieb gemäß § 66 AO zu beurteilen, wenn für die beförderte Person zwar keine medizinische fachliche Betreuung notwendig ist, sie jedoch während oder unmittelbar vor oder nach der Fahrt einer anderweitigen persönlichen Betreuung im Zusammenhang mit der Beförderung bedarf.

2.2 

Behindertenfahrten sind als Zweckbetrieb nach § 66 AO und damit nicht als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb zu beurteilen, wenn die beförderten Personen wegen der Art und des Ausmaßes der Behinderung auf die Beförderung in Spezialfahrzeugen oder in mit Begleitpersonen besetzten Kraftfahrzeugen angewiesen sind oder in sonstigen Einzelfällen im Hinblick auf die Beförderung hilfsbedürftig sind. In allen anderen Fällen stellt die Beförderung behinderter Menschen einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb dar

2.3 

Krankenfahrten und Behindertenfahrten sind von Krankentransporten zu unterscheiden, bei denen eine fachliche Betreuung oder die besondere Einrichtung eines Krankenkraftwagens gemäß DIN 75 080 erforderlich sind. Behindertenfahrten sind dann keine Krankentransporte, wenn die Betreuungsbedürftigkeit ausschließlich auf die Behinderung zurückzuführen ist.
Krankentransporte gemäß Art. 2 des Bayerischen Rettungsdienstgesetzes (BayRDG) und Notfallrettungseinsätze gemäß Art. 2 Abs. 1 und 3 BayRDG durch gemeinnützige und mildtätige Organisationen sind als Zweckbetrieb nach § 66 AO zu beurteilen (vgl. FMS vom 17. August 1990, Az.: 33-S 0184-2/87-18494/88) und werden von dieser Bekanntmachung nicht erfasst.

2.4 

Bei Vorliegen einer ärztlichen Verordnung richtet sich danach die Zuordnung zu den in Nrn. 2.1 bis 2.3 genannten Begriffen. Die Notwendigkeit einer persönlichen Betreuung im Sinne der Nr. 2.1, Satz 3 muss in jedem Fall durch ärztliche Verordnung bescheinigt sein.

3.  Einsatz von Zivildienstleistenden

Zivildienstleistende dürfen für gewerbliche Krankenfahrten und gewerbliche Behindertenfahrten nicht eingesetzt werden, da diese als nicht dem Allgemeinwohl dienende Tätigkeit zu qualifizieren sind. Deshalb kommen für diese Bereiche Ausnahmen vom Mindestalter zur Erlangung der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung nicht in Betracht; das Nähere wird durch Vollzugsschreiben des Staatsministeriums des Innern geregelt.

4.  Genehmigungspflicht

Krankenfahrten und Behindertenfahrten sind nach § 1 Abs. 1 des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) genehmigungspflichtig, sofern sie entgeltlich oder geschäftsmäßig durchgeführt werden und sie nicht von den Vorschriften des Personenbeförderungsgesetzes freigestellt sind (§ 1 Nr. 4 Buchst. d und g der Freistellungs-Verordnung).
Die Genehmigung wird gemäß § 3 Abs. 1 PBefG dem Unternehmer, also demjenigen, der den Verkehr im eigenen Namen, unter eigener Verantwortung und für eigene Rechnung betreibt (vgl. § 3 Abs. 2 PBefG), erteilt. Bei den Hilfsorganisationen sind dies regelmäßig die Bezirks-, Kreis- oder sonstigen regionalen Untergliederungen soweit sie als juristische Personen oder nicht rechtsfähige Vereine im Sinne von § 21 BGB anzusehen sind und die Voraussetzungen von § 3 Abs. 2 Satz 1 PBefG erfüllt sind.

5.  Antragstellung

5.1 

Den Antrag nach § 12 PBefG stellt derjenige, dem die Genehmigung erteilt werden soll.

5.2 

Die subjektiven Genehmigungsvoraussetzungen (Sicherheit und Leistungsfähigkeit, Zuverlässigkeit, fachliche Eignung, § 13 Abs. 1 PBefG) sind vom Antragsteller für sich als Unternehmer beziehungsweise für die zur Führung der Geschäfte bestellten Personen nachzuweisen.

5.3 

Die Genehmigungsbehörde muss sich die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung vorlegen lassen (§ 12 Abs. 2 und 3 PBefG). Zwischen der Zahl der vorgelegten Fahrerlaubnisse zur Fahrgastbeförderung und der beantragten Genehmigungen muss ein angemessenes Verhältnis bestehen. Das Verhältnis ist angemessen, wenn mit dem zur Verfügung stehenden Fahrpersonal der Fuhrpark so genutzt werden kann, dass die zur Personenbeförderung verwendeten Fahrzeuge nicht nur gelegentlich genutzt werden können. Fahrerlaubnisse zur Fahrgastbeförderung, die auf Zivildienstleistende ausgestellt sind, bleiben für Genehmigungen, soweit sie sich auf den steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb beziehen, unberücksichtigt, weil Zivildienstleistende im gewerblichen Bereich nicht eingesetzt werden dürfen.

5.4 

Unternehmer und zur Führung des Unternehmens bestellte Personen sind nur dann als zuverlässig anzusehen, wenn sie für die Erlöse aus gewerblichen Krankenfahrten und gewerblichen Behindertenfahrten ordnungsgemäß Körperschafts- und Umsatzsteuer entrichten. Dies setzt bei Hilfsorganisationen voraus, dass für den gewerblichen Bereich eine getrennte Gewinnermittlung erfolgt. Die Genehmigungsbehörden haben sich davon durch Vorlage geeigneter Unterlagen zu überzeugen (§ 12 Abs. 2 und 3 PBefG).

5.5 

Soweit Kraftfahrzeuge im steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb eingesetzt sind, dürfen sie nicht aus Spendenmitteln angeschafft worden sein.

6.  Nebenbestimmungen zur Genehmigung

Das Anbringen von Emblemen und Aufschriften auf den Mietwagen ist nach § 26 Abs. 3 der Verordnung über den Betrieb von Kraftfahrunternehmen (BOKraft) unzulässig. Ausnahmen vom Verbot der Eigenwerbung gemäß § 43 Abs. 1 BOKraft dürfen nur erteilt werden, wenn das betroffene Fahrzeug über eine fest eingebaute und in den Fahrzeugpapieren eingetragene Spezialeinrichtung zum Transport von kranken oder behinderten Personen verfügt und darauf auf dem Fahrzeug hingewiesen wird.

7.  Erweiterte Beförderungspflicht

Um den Einsatz von Taxen für gewerbliche Krankenfahrten und gewerbliche Behindertenfahrten zu fördern, wird den Kreisverwaltungsbehörden folgende Ergänzung der Taxiordnungen empfohlen: Die Taxiunternehmer sollen verpflichtet werden, hilfsbedürftige Fahrgäste einschließlich Gepäck bis in die Wohnung zu bringen, beziehungsweise dort abzuholen. Für diese Zusatzleistungen ist ein angemessenes Entgelt vorzusehen.

8.  Ausschreibungspflichtige Fahrten

8.1 

Bei ausschreibungspflichtigen Fahrten ist darauf zu achten, dass

8.1.1 

gewerbliche Personenbeförderungsaufträge deutlich als solche gekennzeichnet werden;

8.1.2 

nur solche Angebote berücksichtigt werden, die die Umsatzsteuer ausweisen;

8.1.3 

im Ausschreibungsverfahren eine Erklärung abgegeben wird, wonach der Unternehmer keine Zivildienstleistenden einsetzt, soweit die Ausschreibung ausschließlich gewerbliche Krankenfahrten und gewerbliche Behindertenfahrten betrifft.

8.2 

Die Ausschreibungspflicht kann sich insbesondere ergeben

8.2.1 

bei einem Auftragswert von mehr als 200 000 EURO für öffentliche Auftraggeber im Sinne des § 98 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB);

8.2.2 

für staatliche Stellen aufgrund Art. 55 der Haushaltsordnung des Freistaates Bayern (BayHO);

8.2.3 

für Zuwendungsnehmer aus dem Zuwendungsbescheid.

9.  Konsequenzen bei rechtswidrigem Verhalten

Die ungenehmigte Personenbeförderung stellt gemäß § 61 Abs. 1 PBefG eine Ordnungswidrigkeit dar, die gemäß § 61 Abs. 2 PBefG mit einer Geldbuße bis zu 10 000 Deutsche Mark geahndet werden kann. Das gleiche gilt gemäß § 61 Abs. 1 Nr. 4 PBefG in Verbindung mit
§ 45 BOKraft für Verstöße gegen Bestimmungen der BOKraft beim Betrieb von Gelegenheitsverkehr.
Das Betreiben von Krankentransporten ohne Genehmigung ist eine Ordnungswidrigkeit (Art. 29 Abs. 1 Nr. 1 BayRDG), die mit Geldbuße bis 10.000 Deutsche Mark geahndet werden kann.

10.  Inkrafttreten

Diese Bekanntmachung tritt am 1. Juni 2000 in Kraft.
I.A. Dr. Waltner
Ministerialdirektor
I.A. Flaig
Ministerialdirektor
I.A. Müller
Ministerialdirektor
I.A. Dr. Kormann
Ministerialdirektor
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