AGTPG: Gesetz zur Ausführung des Transplantationsgesetzes (AGTPG) Vom 24. November 1999 (GVBl. S. 464) BayRS 212-2-G (Art. 1–8)
Art. 1 Zuständigkeiten
(1) Für die Aufklärung der Bevölkerung nach § 2 Abs. 1 des Transplantationsgesetzes (TPG) sind zuständig:
die allgemeinen staatlichen und die kommunalen Behörden des öffentlichen Gesundheitsdienstes,
die Krankenkassen und die privaten Krankenversicherungsunternehmen,
die Bayerische Landesärztekammer,
die Bayerische Landesapothekerkammer,
die Krankenhäuser,
die Deutsche Stiftung Organtransplantation, Region Bayern sowie
die Transplantationsbeauftragten.
(2) Zuständige Behörde nach § 9a Abs. 1 Satz 2 TPG ist das Staatsministerium für Gesundheit und Pflege (Staatsministerium).
Art. 2 Kommissionen zur Prüfung von Freiwilligkeit und Unentgeltlichkeit der Lebendspende
(1) ¹Bei der Bayerischen Landesärztekammer wird für jedes Transplantationszentrum, das Lebendspenden durchführt, jeweils eine Kommission zur Prüfung von Freiwilligkeit und Unentgeltlichkeit der Lebendspende nach § 8 Abs. 3 TPG gebildet. ²Die Kommissionen tagen am Ort des Transplantationszentrums, für das sie zuständig sind.
(2) ¹Die Kommissionen setzen sich zusammen aus
einer in psychologischen Fragen erfahrenen Person,
einem Arzt, der weder an der Entnahme noch an der Übertragung von Organen beteiligt ist und
einer Person mit der Befähigung zum Richteramt.
²Die Mitglieder der Kommissionen unterliegen in Bezug auf ihre gutachtliche Tätigkeit keinen Weisungen.
(3) ¹Die Mitglieder der Kommissionen und ihre Stellvertreter werden von der Bayerischen Landesärztekammer im Benehmen mit den Transplantationszentren sowie den Betroffenenverbänden der Dialysepatienten und der Organtransplantierten auf vier Jahre ernannt. ²Eine Wiederernennung ist zulässig.
Art. 3 Verfahren
(1) ¹Spender und Empfänger sind getrennt voneinander von der Kommission persönlich anzuhören. ²Ist ein Anzuhörender der deutschen Sprache nicht ausreichend mächtig, um der Anhörung folgen und sachdienliche Angaben machen zu können, so ist zu der Anhörung ein unabhängiger, öffentlich bestellter und allgemein beeidigter Dolmetscher hinzuzuziehen.
(2) Die Kommission entscheidet nach Anhörung in einer nichtöffentlichen Sitzung durch Beschluss, ob begründete tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass die Einwilligung in die Organspende nicht freiwillig erfolgt oder das Organ Gegenstand verbotenen Handeltreibens nach § 17 TPG ist; dabei ist auch zu prüfen, ob die Voraussetzungen nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a und b sowie Satz 2 TPG erfüllt sind.
(3) ¹Die Bayerische Landesärztekammer erlässt für die Kommissionen eine Geschäftsordnung, die insbesondere Aussagen über die Unabhängigkeit der Stellungnahme, die Beschlussfähigkeit und die Abstimmung sowie die Anfertigung von Protokollen, deren Aufbewahrung und Einsichtsrechte der betroffenen Personen enthält. ²Die Geschäftsordnung bedarf der Genehmigung durch das Staatsministerium.
(4) Von ablehnenden Voten einer Kommission setzt die Bayerische Landesärztekammer die übrigen Kommissionen in Kenntnis.
(5) Die Bayerische Landesärztekammer erstattet dem Staatsministerium jährlich über die Tätigkeit der Kommissionen Bericht.
Art. 4 Finanzierung
(1) Für jede abschließende Stellungnahme einer Kommission zur Prüfung der Freiwilligkeit und Unentgeltlichkeit der Lebendspende erhält jedes ihrer Mitglieder von der Bayerischen Landesärztekammer eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 260 €.
(2) Jedes Transplantationszentrum ist verpflichtet, an die Bayerische Landesärztekammer für jede abschließende Stellungnahme einer Kommission 1 200 € zu zahlen, wenn aufgrund dieser Stellungnahme an diesem Transplantationszentrum eine Transplantation durchgeführt wird.
Art. 5 Zulassung von Transplantationszentren
¹Transplantationszentren bedürfen für die Übertragung von Organen verstorbener Spender sowie für die Entnahme und Übertragung von Organen lebender Spender der Zulassung durch das Staatsministerium. ²Dabei sind Schwerpunkte für die Übertragung dieser Organe zu bilden, um eine bedarfsgerechte, leistungsfähige und wirtschaftliche Versorgung zu gewährleisten und die erforderliche Qualität der Organübertragung zu sichern. ³Soweit von der Zulassung Universitätsklinika betroffen sind, erfolgt sie im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst.
Art. 6 Transplantationsbeauftragte
(1) ¹Als ärztliche Transplantationsbeauftragte im Sinn des § 9b Abs. 1 Satz 1 TPG können nur im Bereich der Intensivmedizin erfahrene Fachärzte und Fachärztinnen bestellt werden. ²Soweit neben den ärztlichen Transplantationsbeauftragten nach Satz 1 weitere Transplantationsbeauftragte bestellt werden, sollen diese ebenfalls in der Intensivmedizin erfahren sein. ³Die Leitung eines Entnahmekrankenhauses informiert das Staatsministerium schriftlich oder in Textform über die Namen, Vornamen und Qualifikationen der in dem jeweiligen Entnahmekrankenhaus bestellten Transplantationsbeauftragten sowie über jede Änderung dieser Daten. ⁴In begründeten Ausnahmefällen, insbesondere wenn trotz vorhandener Intensivbehandlungsbetten dauerhaft nicht mit dem Auftreten potentieller Organspender in einem Entnahmekrankenhaus zu rechnen ist, kann mit Zustimmung des Staatsministeriums von der Bestellung eines Transplantationsbeauftragten oder einer Transplantationsbeauftragten abgesehen werden.
(2) ¹Die Krankenhausleitung stellt organisatorisch sicher, dass Transplantationsbeauftragte ihre Aufgaben ordnungsgemäß wahrnehmen können und unterstützt sie dabei. ²Dabei ist neben den Anforderungen in § 9b Abs. 1 Satz 6 und 7 TPG insbesondere sicherzustellen, dass
Transplantationsbeauftragten alle erforderlichen Informationen zur Analyse des Spenderpotentials, der Spenderidentifizierung und Spendermeldung zur Verfügung gestellt werden und
Transplantationsbeauftragte Zugang zu allen für die Organspende relevanten Bereichen des Krankenhauses haben.
Art. 7 Aufgaben
(1) ¹Im Rahmen der nach § 9b Abs. 2 TPG übertragenen Aufgaben hat der Transplantationsbeauftragte insbesondere
die Krankenhausleitung in allen Belangen der Organspende zu beraten,
die für die Organspende zu leistende Aufklärungs- und Öffentlichkeitsarbeit in ihrem Bereich zu koordinieren,
die Tätigkeit der Mitarbeiter oder Mitarbeiterinnen der Koordinierungsstelle vor Ort zu unterstützen, insbesondere an der Organisation der Organentnahme mitzuwirken, und
im Zusammenwirken mit dem zuständigen Mitarbeiter oder der zuständigen Mitarbeiterin der Koordinierungsstelle eine soweit möglich interdisziplinäre Betreuung der Angehörigen des potentiellen Organspenders oder der potentiellen Organspenderin sicherzustellen.
²Zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach Satz 1 sollen Transplantationsbeauftragte insbesondere das Intensivpflegepersonal einbeziehen.
(2) Die Transplantationsbeauftragten sind verpflichtet, regelmäßig im erforderlichen Umfang an fachspezifischen Fort- und Weiterbildungen teilzunehmen.
Art. 8 Auskunftsverpflichtung
(1) Auf Verlangen hat die Leitung eines Entnahmekrankenhauses dem Staatsministerium schriftlich oder in Textform Auskunft zu erteilen über
die Zahl der im Entnahmekrankenhaus auf Intensivstationen verstorbenen Patienten, die als potentielle Organspender oder Organspenderinnen in Frage gekommen wären,
die Zahl der tatsächlich durchgeführten Hirntodfeststellungen bei Patienten nach Nr. 1,
die Gründe für nicht erfolgte Hirntodfeststellungen bei Patienten nach Nr. 1,
durchgeführte Maßnahmen zur Erfüllung der gesetzlichen Verpflichtungen nach § 11 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 TPG.
(2) Auf Verlangen hat der Transplantationsbeauftragte oder die Transplantationsbeauftragte eines Entnahmekrankenhauses dem Staatsministerium schriftlich oder in Textform Auskunft über die Erfüllung seiner oder ihrer Aufgaben nach Art. 7 Abs. 1 sowie nach § 9b Abs. 2 TPG zu erteilen.
(3) ¹Auf Verlangen hat die Koordinierungsstelle nach § 11 Abs. 1 Satz 2 TPG dem Staatsministerium schriftlich oder in Textform Auskunft über die Erfüllung ihrer Aufgaben nach Art. 1 Abs. 1 Nr. 6, nach § 11 Abs. 1a, 1b, 4 TPG sowie nach dem Vertrag nach § 11 Abs. 2 TPG zu erteilen, soweit hiervon die Organspende und -transplantation in Bayern betroffen ist. ²Die Koordinierungsstelle nach § 11 Abs. 1 Satz 2 TPG soll das Staatsministerium regelmäßig schriftlich oder in Textform unterrichten über die Namen, Vornamen und Qualifikationen der Transplantationsbeauftragten in den Entnahmekrankenhäusern in Bayern.
(4) Das Staatsministerium darf die Daten nach Abs. 3 Satz 2 und nach Art. 6 Abs. 1 Satz 3 zur Erfüllung seiner Aufgaben nach Maßgabe dieses Gesetzes und des Transplantationsgesetzes verarbeiten.
München, den 24. November 1999
Dr. Edmund Stoiber
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