ErstAuffR: Richtlinien zur Erstaufforstung und zur Anlage von Kurzumtriebsplantagen
Die Erstaufforstungsrichtlinien (ErstAuffR) vom 24. August 2006 (AllMBl S. 337) des Bayerischen Staatsministeriums für Landwirtschaft und Forsten werden im Einvernehmen mit dem Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz und dem Bayerischen Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr wie folgt neu gefasst:
1. Allgemeines
1.1 Vorbemerkung
Am 6. August 2010 ist das zweite Gesetz zur Änderung des Bundeswaldgesetzes in Kraft getreten. Das Gesetz zur Erhaltung des Waldes und zur Förderung der Forstwirtschaft (Bundeswaldgesetz – BWaldG) vom 2. Mai 1975 (BGBl I S. 1037), zuletzt geändert durch Gesetz vom 31. Juli 2010 (BGBl I S. 1050), enthält in § 10 Regelungen zur Erstaufforstung. Da diese Regelungen gemäß § 5 BWaldG Rahmenvorschriften darstellen, ist für die Erstaufforstung vorrangig Art. 16 des Waldgesetzes für Bayern (BayWaldG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. Juli 2005 (GVBl S. 313, BayRS 7902-1-L), zuletzt geändert durch § 1 Nr. 392 der Verordnung vom 22. Juli 2014 (GVBl S. 286), anzuwenden.
Eine Erlaubnis ist gemäß Art. 16 Abs. 1 Satz 2 BayWaldG auch für die Anlage von Kurzumtriebsplantagen (KUP) erforderlich.
KUP stellen eine ressourcenschonende und extensive Form der Landnutzung mit in vielen Fällen positiven Effekten, insbesondere für die Schutzgüter Wasser und Boden, dar. Mit der Neufassung der Erstaufforstungsrichtlinien (ErstAuffR) soll die Anlage von Kurzumtriebsplantagen vereinfacht und vereinheitlicht werden, um auf diese Weise dem öffentlichen Interesse an einer verstärkten Produktion holziger Biomasse gerecht zu werden. KUP sind eine bereits etablierte und gut untersuchte Nutzungsform zur schnellen Erzeugung von Holz. Sie ermöglichen es, die Rohstoffbasis insbesondere für Energieholz zu steigern. Ein Ausbau der Anlage von KUP in Bayern wird angestrebt und ist ein Element zur Erreichung der energiepolitischen Ziele der Staatsregierung.
1.2 Grundlagen
Die Aufforstung nicht forstlich genutzter Grundstücke mit Waldbäumen durch Saat oder Pflanzung bedarf gemäß Art. 16 Abs. 1 Satz 1 BayWaldG der Erlaubnis. Dies gilt nicht für Ersatzaufforstungen (vgl. Nr. 8).
Unter Erstaufforstung ist jede flächige Saat oder Pflanzung von Waldbäumen, also die aktive Begründung von Wald auf bislang nicht forstlich genutzten Grundstücken, zu verstehen. Auch die Erstaufforstung von kleinen Flächen bedarf der Erlaubnis, soweit dabei Wald im Sinn des BWaldG bzw. BayWaldG entsteht.
Kein Wald im Sinn des BWaldG entsteht beispielsweise durch Bepflanzung von im bebauten Gebiet gelegenen kleineren Flächen (§ 2 Abs. 2 Nr. 4 BWaldG) oder von Bestandteilen der Straßen nach § 1 des Bundesfernstraßengesetzes (FStrG) vom 6. August 1953 (BGBl I S. 903), zuletzt geändert durch Art. 7 des Gesetzes vom 31. Mai 2013 (BGBl I S. 1388), bzw. nach Art. 2 des Bayerischen Straßen- und Wegegesetzes – BayStrWG – (BayRS 91-1-I), zuletzt geändert durch § 6 des Gesetzes vom 20. Dezember 2007 (GVBl S. 958).
Erlaubnisfrei sind
– die Saat oder Pflanzung von Einzelbäumen, wenn damit keine flächige Wirkung verbunden ist,
– die Saat oder Pflanzung von einzelnen Baumgruppen oder -reihen und Hecken auf kleineren Flächen.
Keinen Wald stellen auch Kulturen zur Gewinnung von Christbäumen, Schmuckreisig sowie KUP dar. Die Begriffe „Kurzumtriebsplantagen “, „Kurzumtriebskulturen “ und „Energiewälder “ sind synonym zu betrachten. Die Anlage dieser Kulturen ist aber gemäß Art. 16 Abs. 1 Satz 2 BayWaldG erlaubnispflichtig.
KUP sind gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 BWaldG definiert als Grundflächen, auf denen Baumarten mit dem Ziel baldiger Holzentnahme angepflanzt werden und deren Bestände eine Umtriebszeit von nicht länger als 20 Jahren haben. Es werden schnellwachsende und stockausschlagfähige Baumarten (z.B. Weide, Pappelhybride) verwendet. Hierzu werden im Regelfall geprüfte Sorten aus vegetativer Vermehrung eingesetzt.
KUP gehören zur Nutzungsart Landwirtschaft. Eine Aufgabe der Flächenbewirtschaftung als KUP und der Anbau landwirtschaftlicher Erzeugnisse auf einer KUP-Fläche bedarf keiner Rodungsgenehmigung.
Keiner Erlaubnis nach Art. 16 Abs. 1 BayWaldG bedürfen die Erstaufforstung und die Anlage von KUP bei Flächen, die in auf Gesetz beruhenden Plänen zur Aufforstung vorgesehen sind. Als Pläne in diesem Sinn gelten insbesondere Landschafts- und Grünordnungspläne sowie Flurbereinigungspläne. In den Plänen muss differenziert dargestellt sein, ob die vorgesehene Nutzung Wald oder KUP oder beides umfasst. Die hierzu vorgesehene Fläche muss in diesen Plänen eindeutig konkretisiert sein. In Zweifelsfällen ist ein Verfahren zur Erteilung der Erlaubnis durchzuführen. Der Abschluss einer solchen erlaubnisfreien Erstaufforstung einschließlich der Anlage von KUP ist der unteren Forstbehörde unter Beigabe eines Lageplans anzuzeigen (Art. 16 Abs. 4 BayWaldG).
In bestehenden Plänen vorgesehene Erstaufforstungen beziehen sich in der Regel auf die Anlage von Wald.
1.3 Zuständigkeiten
Zuständig für die Erteilung der Erstaufforstungserlaubnis ist das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten als untere Forstbehörde (Art. 39 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 27 Abs. 1 Nr. 2 BayWaldG). Es entscheidet im Einvernehmen mit der Kreisverwaltungsbehörde.
1.4 Verfahren der Ländlichen Entwicklung
Verfahren der Ländlichen Entwicklung sollen standortgemäße Erstaufforstungen bzw. die Anlage von KUP unterstützen.
Durch Ausweisung von Aufforstungsgewannen in Neuordnungsverfahren nach dem Flurbereinigungsgesetz (FlurbG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. März 1976 (BGBl I S. 546), zuletzt geändert durch Art. 17 des Gesetzes vom 19. Dezember 2008 (BGBl I S. 2794), ist ein gezieltes und wirksames Steuern von Erstaufforstungen möglich.
Aufgrund ihrer positiven Effekte hinsichtlich des Ressourcenschutzes können KUP mittels Bodenordnungsverfahren an geeigneten Standorten in der Landschaft realisiert und somit ein Beitrag zu einer multifunktionalen Landnutzung geleistet werden.
Infrage kommen, abgestimmt auf den Verfahrenszweck, Regelverfahren (§§ 1, 37 FlurbG), vereinfachte Verfahren (§ 86 FlurbG), Zusammenlegungsverfahren (§§ 91 ff. FlurbG) oder freiwillige Landtauschverfahren (§§ 103a ff. FlurbG). Die Einleitung eigener Verfahren aus Gründen der Erstaufforstung ist möglich.
Die Erstaufforstung bzw. die Anlage von KUP auf Grundstücken, die in ein Verfahren der Ländlichen Entwicklung einbezogen sind, bedarf im Zeitraum von der Bekanntgabe des Flurbereinigungsbeschlusses bis zur Unanfechtbarkeit des Flurbereinigungsplans der Zustimmung der Flurbereinigungsbehörde (§ 34 Abs. 1 FlurbG). Im Flurbereinigungsplan können – soweit berechtigte Interessen anderer Teilnehmer und öffentliche Belange im Sinn des Art. 16 Abs. 2 BayWaldG nicht entgegenstehen – Aufforstungsgewanne ausgewiesen und aufforstungswilligen Grundeigentümern zugeteilt werden. Durch einvernehmliche Nutzungsvereinbarungen sind Aufforstungsvorhaben auch im Vorgriff auf die Neuordnung der Grundstücke verwirklichbar. Gleiches gilt für die Realisierung von KUP an dafür geeigneten Standorten.
2. Voraussetzungen zur Versagung der Erlaubnis oder zur Einschränkung durch Auflagen
Die Antragstellerin bzw. der Antragsteller hat grundsätzlich einen Rechtsanspruch auf Erteilung einer Erstaufforstungserlaubnis bzw. auf Erteilung einer Erlaubnis nach Art. 16 Abs. 1 Satz 2 BayWaldG. Die Erlaubnis zur Erstaufforstung bzw. die Anlage von KUP darf nur versagt oder durch Auflagen eingeschränkt werden, wenn mindestens eine der in Art. 16 Abs. 2 BayWaldG genannten Voraussetzungen vorliegt. Dies ist der Fall, wenn
– die Aufforstung Plänen im Sinn des Art. 4 des Gesetzes über den Schutz der Natur, die Pflege der Landschaft und die Erholung in der freien Natur (Bayerisches Naturschutzgesetz – BayNatSchG) vom 23. Februar 2011 (GVBl S. 82, BayRS 791-1-U)
– wesentliche Belange der Landeskultur oder des Naturschutzes und der Landschaftspflege gefährdet werden,
– der Erholungswert der Landschaft beeinträchtigt wird oder
– erhebliche Nachteile für die umliegenden Grundstücke zu erwarten sind.
2.1 Widerspruch zu Plänen im Sinn des Art. 4 BayNatSchG in Verbindung mit § 11 BNatSchG
Von Bedeutung ist hier im Wesentlichen der Landschaftsplan der Gemeinde als Bestandteil des Flächennutzungsplans (Art. 4 Abs. 2 Satz 1 BayNatSchG) oder als selbstständiger Plan (Art. 4 Abs. 3 BayNatSchG).
Der Landschaftsplan dient als gemeindliches Planungsinstrument auch der Steuerung von Erstaufforstungen bzw. der Anlage von KUP. Der Landschaftsplan kann Erstaufforstungsgewanne darstellen, in denen keine gesonderte Erlaubnis für Erstaufforstungen oder KUP erforderlich ist, oder Flächen ausweisen, die nicht aufgeforstet oder auf denen keine KUP angelegt werden dürfen. Alle Flächen sind entsprechend dem Maßstab der Landschaftsplanung möglichst parzellenscharf darzustellen.
2.2 Gefährdung wesentlicher Belange der Landeskultur
Die „Landeskultur “ umfasst alle aktiven Maßnahmen der Bodenbewirtschaftung in einem Landschaftsraum. Die Steuerung der Wald-Feld-Verteilung ist sowohl unter ökonomischen als auch unter ökologischen Gesichtspunkten eine wichtige landeskulturelle Maßnahme. Besonders in waldärmeren Bereichen sind Erstaufforstungen mit standortgemäßen Baumarten auch aus landeskulturellen Gründen erwünscht. Wesentliche Belange der Landeskultur können durch Erstaufforstungen bzw. Anlage von KUP allerdings gefährdet sein, wenn z.B.
– in ohnehin waldreichen Mittelgebirgen verbliebene landschaftsprägende Freiflächen aufgeforstet werden sollen,
– umliegende Nutzungsformen an der herkömmlichen Art der Bewirtschaftung gehindert würden oder
– der Aufforstung wasserwirtschaftliche Belange entgegenstehen, insbesondere das grundsätzliche Aufforstungsverbot in vorläufig gesicherten und festgesetzten Überschwemmungsgebieten, soweit die Aufforstung den Zielen des vorsorgenden Hochwasserschutzes entgegensteht (§ 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7, Abs. 6 des Gesetzes zur Ordnung des Wasserhaushalts (Wasserhaushaltsgesetz – WHG) vom 31. Juli 2009 (BGBl I S. 2585), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 15. November 2014 (BGBl I S. 1724). Soweit die Neuschaffung standortgerechter Wälder bzw. die Anlage von standortgerechten KUP im Auenbereich den Hochwasserschutz nicht beeinträchtigt, sollen, wo immer möglich, Ausnahmen zugelassen werden.
2.3 Gefährdung wesentlicher Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege
Im Regelfall stellen standortgemäße Erstaufforstungen bzw. die Anlage von standortgemäßen KUP keine Gefährdung der Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege dar, sondern entfalten vielmehr günstige Wirkungen für Naturhaushalt und Landschaftsbild. Neu entstehende Wälder vermindern Schadstoffeinträge in Böden, Grund- und Oberflächenwasser, binden klimaschädliches Kohlendioxid, produzieren den nachwachsenden Rohstoff bzw. Energieträger Holz und bieten zahlreichen Tier- und Pflanzenarten Lebens- und Rückzugsraum.
Auch KUP können als extensive Form der Landnutzung positive Auswirkungen auf Tier- und Pflanzenarten haben. Regelmäßig positive Auswirkungen haben KUP auf die Schutzgüter Wasser und Boden. Die positiven Wirkungen von KUP auf den Naturhaushalt und die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege sind in den Stellungnahmen der Fachverwaltungen zu nennen.
In Ausnahmefällen können Erstaufforstungen oder die Anlage von KUP allerdings den Naturhaushalt oder das Landschaftsbild erheblich beeinträchtigen. Dies kann im Hinblick auf den Naturhaushalt z.B. der Fall sein, wenn von einer Aufforstung ökologisch wertvolle Flächen wie z.B.
– hochwertige Waldrandbereiche oder Streuobstbestände,
– bedeutende Wiesenbrüterflächen oder
– für den Erhalt gefährdeter Tier- und Pflanzenarten bedeutsame Lebensräume
erheblich betroffen sind. Dies ist zu begründen.
Erstaufforstungen und die Anlage von KUP können Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege auch dann gefährden, wenn sie den schützenswerten Charakter einer Landschaft erheblich verändern. Das gilt insbesondere dann, wenn bisher offene Flächen, die das Landschaftsbild maßgeblich bestimmen (z.B. das Landschaftsbild prägende Wiesentäler und Talabschlüsse, Bergkuppen, Umgriffe von Felspartien, waldfreie Flächen in sonst dicht bewaldeten Gebieten), aufgeforstet werden. Dies kann schon bei der Erstaufforstung relativ kleiner Flächen der Fall sein.
Wesentliche Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege sind durch eine Erstaufforstung oder die Anlage von KUP auch gefährdet, wenn die Erstaufforstung oder die Anlage von KUP im Widerspruch zu anderen Rechtsvorschriften stehen und die Voraussetzungen für eine Zulassung nach diesen Vorschriften nicht bestehen, z.B. auch eine Befreiung nach § 67 BNatSchG, Art. 56 BayNatSchG oder eine Ausnahme nach § 30 Abs. 3 BNatSchG in Verbindung mit Art. 23 Abs. 3 und 4 BayNatSchG, § 30 Abs. 4 BNatSchG nicht infrage kommt. In Betracht für eine Gefährdung kommen insbesondere:
–
§ 30 BNatSchG, Art. 23 BayNatSchG (gesetzlich geschützte Biotope),
–
§§ 31 ff. BNatSchG (Schutzvorschriften für Natura 2000-Gebiete),
– Unterschutzstellungen nach Kapitel 4 Abschnitt 1 BNatSchG in Verbindung mit Teil 3 BayNatSchG (Naturschutzgebiete – § 23 BNatSchG, Nationalparke – § 24 BNatSchG in Verbindung mit Art. 13 BayNatSchG, Nationale Naturmonumente – § 24 BNatSchG, Kernzonen von Biosphärenreservaten – Art. 14 BayNatSchG, Landschaftsschutzgebiete – § 26 BNatSchG, Schutzgebiete von Naturparken – Art. 15 BayNatSchG, Naturdenkmäler – § 28 BNatSchG, geschützte Landschaftsbestandteile – § 29 BNatSchG, Schutz bestimmter Landschaftsbestandteile – Art. 16 BayNatSchG).
2.4 Beeinträchtigung des Erholungswertes der Landschaft
Der Erholungswert einer Landschaft kann durch Erstaufforstungen bzw. durch die Anlage von KUP beeinträchtigt werden, wenn der Genuss von Natur und Landschaft oder der Zugang zur freien Natur ausgeschlossen oder erheblich beeinträchtigt werden. Dies kann insbesondere der Fall sein, wenn von der Erstaufforstung z.B. Aussichtspunkte, die unmittelbare Umgebung von kulturellen und landschaftlichen Besonderheiten und Sehenswürdigkeiten (wie Burgen, Ruinen, Denkmäler, Kirchen, charakteristische Felsen) und Abschnitte von Wanderwegen betroffen sind.
Der Erholungswert der Landschaft ist durch eine Erstaufforstung auch beeinträchtigt, wenn sie im Widerspruch zu anderen Rechtsvorschriften steht, die der Wahrung dieses Belanges dienen. In Betracht kommen hier insbesondere Verordnungen nach Kapitel 4 Abschnitt 1 BNatSchG (Landschaftsschutzgebiete – § 26 BNatschG, Naturparke – Art. 15 BayNatSchG).
2.5 Erhebliche Nachteile für die umliegenden Grundstücke
Gemäß Art. 47 des Gesetzes zur Ausführung des Bürgerlichen Gesetzbuches und anderer Gesetze – AGBGB – (BayRS 400-1-J), zuletzt geändert durch § 1 Nr. 335 der Verordnung vom 22. Juli 2014 (GVBl S. 286), kann der Eigentümer eines Grundstücks verlangen, dass auf einem Nachbargrundstück nicht Bäume oder Sträucher, die über 2 m hoch sind, innerhalb eines Grenzabstands von 2 m gehalten werden. Gegenüber einem Waldgrundstück kann nur die Einhaltung eines Abstands von 0,5 m verlangt werden. Würde die wirtschaftliche Bestimmung eines landwirtschaftlich genutzten Grundstücks durch Schmälerung des Sonnenlichts erheblich beeinträchtigt werden, ist mit Bäumen von mehr als 2 m Höhe gemäß Art. 48 Abs. 1 AGBGB ein Abstand von 4 m einzuhalten. Etwas anderes gilt dann, wenn die Aufforstung nach Lage des Grundstücks der wirtschaftlichen Zweckmäßigkeit entspricht (Art. 50 Abs. 3 Satz 1 AGBGB).
Sind durch eine Erstaufforstung oder eine KUP erhebliche Nachteile für die umliegenden Grundstücke zu erwarten, kann der einzuhaltende Grenzabstand gemäß Art. 16 Abs. 3 BayWaldG im Rahmen einer Auflage größer als in den Vorschriften des AGBGB festgelegt werden.
Aufgrund der kürzeren Umtriebszeiten und der geringeren Höhen ist bei KUP in den meisten Fällen ein geringerer Grenzabstand als bei Erstaufforstungen möglich.
Wie groß der Grenzabstand im konkreten Fall sein muss, um erhebliche Nachteile für die umliegenden Grundstücke zu vermeiden, kann jeweils nur anhand des Einzelfalls beurteilt und festgelegt werden. Maßgebend sind hierbei vor allem die Exposition, die Hangneigung, die verwendeten Baumarten, die Lage der Grundstücke zueinander, der Standort und die Nutzung der angrenzenden Flächen. Nachteile für umliegende Grundstücke, die nicht erheblich sind, müssen in Kauf genommen werden. Eine Ertragsminderung bis zu 20 v. H., bezogen auf das Buchgrundstück, ist nicht als erheblicher Nachteil anzusehen (vgl. den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs – BayVGH – vom 1. Februar 2011 Az.: 19 ZB 10.1938 sowie die Urteile des BayVGH vom 29. November 2000 Az.: 19 B 97.690, vom 12. Februar 1998 Az.: 19 B 96.1858 und vom 16. Oktober 1996 Az.: 19 B 94.814).
Ist mit solchen erheblichen Nachteilen zu rechnen, können als Orientierungshilfe folgende Grenzabstände zu Acker- und Grünland empfohlen werden:
– Aufforstung im Süden eines Grundstücks bis zu 10 m,
– Aufforstung im Westen und Osten eines Grundstücks ca. 5 m bis 7 m,
– Aufforstung im Norden eines Grundstücks bis zu 4 m.
Ein etwaiger Strauchmantel wird bei Erstaufforstungen in die Abstandsfläche eingerechnet. Sofern im Rahmen der Erstaufforstung ein mehrstufiger Waldrand angelegt wird, ist über die gesetzlich vorgeschriebenen Grenzabstände zu landwirtschaftlich genutzten Flächen hinaus ein erweiterter Grenzabstand nicht angezeigt.
Ein erweiterter Grenzabstand in oben genannter Form kann auch dann festgelegt werden, wenn die Erstaufforstung erhebliche Nachteile für angrenzende, nach § 30 BNatSchG, Art. 23 BayNatSchG geschützte Flächen hat. Zu Feuchtflächen wird in der Regel ein geringerer Abstand erforderlich sein als zu Trocken- und Magerflächen.
Zu bebauten Nachbargrundstücken kann ebenfalls ein erweiterter Grenzabstand als Auflage festgesetzt werden, wenn durch Erstaufforstungen oder KUP erhebliche Nachteile für die bebauten Grundstücke zu erwarten sind. Bei der Festsetzung von erweiterten Grenzabständen zu bebauten Nachbargrundstücken können vorgenannte empfohlene Grenzabstände zur Orientierung herangezogen werden. Wie groß der Grenzabstand im konkreten Fall sein muss, um erhebliche Nachteile für die bebauten Nachbargrundstücke zu vermeiden, muss aber anhand des Einzelfalls beurteilt, begründet und festgelegt werden.
3. Abwägung, Berücksichtigung eigentumsrechtlicher Positionen
Die Versagungsgründe sind bei der Entscheidung über die Erteilung der Erlaubnis sowohl mit den positiven Wirkungen der Erstaufforstung und der Anlage von KUP insbesondere für den Naturhaushalt (Boden- und Wasserschutz, CO2-Bindung, Lebensraumfunktion etc.) und die Landeskultur (Landschaftsbild, Hochwasserschutz etc.) als auch mit den Belangen des Eigentümers des aufzuforstenden Grundstücks abzuwägen. Dabei ist im Hinblick auf den Naturhaushalt die gesamte Entwicklung der Fläche in Abhängigkeit von ihrem Bestimmungszweck einzubeziehen und ggf. auch das Gebot der Waldflächenmehrung (Art. 1 Abs. 2 Nr. 1 BayWaldG) zu berücksichtigen.
Grundsätzlich besteht ein Rechtsanspruch auf Erteilung der Erlaubnis zur Erstaufforstung und zur Anlage von KUP nach Art. 16 BayWaldG. Vor einer Versagung der Erstaufforstungserlaubnis ist immer zu prüfen, ob die von einer Erstaufforstung oder KUP ausgehenden Beeinträchtigungen und Gefährdungen nicht durch entsprechende Auflagen vermieden oder so verringert werden können, dass die Erlaubnis erteilt werden kann.
Eine Ablehnung einer Erstaufforstung oder der Erlaubnis zur Anlage einer KUP ist nur dann zulässig, wenn im Einzelfall die in Art. 16 Abs. 2 BayWaldG genannten Versagungsgründe auch durch Auflagen nicht ausgeräumt werden können und die Versagungsgründe gegenüber allen anderen zu berücksichtigenden Belangen sowie den positiven Wirkungen der Erstaufforstung oder der Anlage einer KUP überwiegen.
Die Ablehnung der Erlaubnis kann den Eigentümer oder sonst dinglich Berechtigten unter Umständen in seiner eigentumsrechtlich geschützten Position (Art. 14 GG) berühren und eine unzumutbare Belastung bedeuten, wenn sich die Aufforstung situationsbedingt als einzig sinnvolle Nutzung darstellt; stehen Förderprogramme für die Weiterführung der bisherigen Nutzung zur Verfügung, kann damit eine sinnvolle anderweitige Nutzungsmöglichkeit gegeben sein. Vor einer Ablehnung sind stets auch die Möglichkeiten von Ausnahmen (soweit normativ geregelt) oder Befreiungen zu prüfen. Ist dies nicht möglich, so gelten für Voraussetzung und Verfahren einer Entschädigung die allgemeinen Grundsätze, soweit das BayWaldG nicht künftig hierfür spezielle Regelungen bereitstellt. Beruht die Versagung auf einer Rechtsvorschrift außerhalb des BayWaldG, sind die dortigen Entschädigungsregelungen maßgeblich (z.B. Art. 36 BayNatSchG in Verbindung mit Art. 41 BayNatSchG, § 68 BNatSchG).
Zum Verhältnis zu anderen Rechtsvorschriften siehe Nr. 7.5.
4. Auflagen und sonstige Nebenbestimmungen
4.1 Auflagen bei Erstaufforstungen
Durch folgende Auflagen kann ggf. auftretenden nachteiligen Wirkungen einer Erstaufforstung, die begründet werden müssen, im Regelfall in ausreichendem Maße entgegengewirkt werden:
– Freihalten bestimmter Teilflächen,
– Ausschluss nicht heimischer Baumarten,
– angepasste Waldrandgestaltung,
– angepasste Grenzabstände.
4.2 Auflagen bei KUP
Bei KUP kann im Regelfall durch folgende Auflagen ggf. auftretenden nachteiligen Wirkungen in ausreichendem Maße entgegengewirkt werden:
– Freihalten bestimmter Teilflächen,
– Festlegung von maximalen Höhen bzw. Umtriebszeiten,
– in begründeten Einzelfällen auch ein Ausschluss oder eine Beschränkung bestimmter nicht heimischer Arten,
– angepasste Grenzabstände im Sinn von Art. 16 Abs. 3 BayWaldG, insbesondere um erhebliche Nachteile für die umliegenden Grundstücke einschließlich Bebauung zu vermeiden.
4.3 Auflagenwahl
Entscheidungsgrundlage für Auflagen über die Baumartenwahl ist regelmäßig die fachliche Beurteilung durch die untere Forstbehörde.
Nur in den Ausnahmefällen, in welchen durch eine Erstaufforstung oder eine KUP die Natur und Landschaft im Sinn der §§ 13 ff. BNatSchG erheblich beeinträchtigt werden (vgl. Nr. 2.3), können – um eine Versagung abzuwenden – auch weitergehende Vermeidungs- und Kompensationsmaßnahmen auferlegt werden. In Betracht kommen hierbei insbesondere:
– Anlage von Feuchtflächen (z.B. Tümpel, Hochstaudenfluren, der Sukzession zu überlassende Vernässungsflächen),
– Anlage von Trocken- und Magerstandorten (z.B. Steinblockflächen, Steinriegel, Kies-/Sandwälle, Wurzelstock-/Totholzwälle),
– Ersatzpflanzung von z.B. Streuobstbeständen.
Im Übrigen wird auf die Regelungen der Bayerischen Kompensationsverordnung (BayKompV) vom 7. August 2013 (GVBl S. 517, BayRS 791-1-4-U) verwiesen. Insbesondere ist bei der Festsetzung des Kompensationsbedarfs zu beachten, dass positive Effekte der KUP auf Natur und Landschaft die negativen Effekte entsprechend vermindern (§ 7 Abs. 5 BayKompV).
Entscheidungsgrundlage für derartige Auflagen ist regelmäßig die Stellungnahme der unteren Naturschutzbehörde. Die Stellungnahme enthält die rechtlichen Grundlagen und sonstige für die Auflagenbegründung maßgeblichen naturschutzfachlichen und rechtlichen Gründe.
Mit Blick auf den gesetzlichen Heckenschutz nach Art. 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayNatSchG ist von der Forderung einer Umstellung mit Hecken möglichst abzusehen. Ein Heckenschutz ist bei KUP nicht gegeben, wenn die Voraussetzungen des § 1 des Gesetzes zur Gleichstellung stillgelegter und landwirtschaftlich genutzter Flächen (FGlG) vom 10. Juli 1995 (BGBl I S. 910), zuletzt geändert durch Art. 26 des Gesetzes vom 9. Dezember 2010 (BGBl I S. 1934), erfüllt sind.
Andere Nebenbestimmungen als Auflagen (z.B. Bedingung, Befristung) können nur nach Art. 36 Abs. 1 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes – BayVwVfG – (BayRS 2010-1-I), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. Dezember 2009 (GVBl S. 628), angefügt werden. Dies setzt voraus, dass die Erlaubnis ohne die jeweilige Nebenbestimmung nach Auffassung der Forstbehörde und nach pflichtgemäßer Ermessensausübung zu versagen wäre.
5. Erlaubnisfreie Erstaufforstungen
Keiner Erlaubnis nach Art. 16 Abs. 1 BayWaldG bedarf die Erstaufforstung und die Anlage von KUP auf Flächen, die in auf Gesetz beruhenden Plänen zur Aufforstung vorgesehen sind. Als Pläne in diesem Sinn gelten insbesondere Landschafts- und Grünordnungspläne sowie Flurbereinigungspläne. Die zur Aufforstung vorgesehene Fläche muss in diesen Plänen eindeutig konkretisiert sein. Flächen, die ausschließlich für die Anlage von KUP vorgesehen werden, müssen als solche benannt werden. In Zweifelsfällen ist ein Verfahren zur Erteilung der Erlaubnis durchzuführen.
Der Abschluss einer solchen erlaubnisfreien Erstaufforstung bzw. der Anlage von KUP ist der unteren Forstbehörde unter Beigabe eines Lageplans anzuzeigen (Art. 16 Abs. 4 BayWaldG).
6. Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP)
Die Europäische Union verpflichtet die Mitgliedstaaten mit Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl L 26 vom 28. Januar 2012, S. 1) bei bestimmten Vorhaben, etwa bei Erstaufforstungen, zur wirksamen Umweltvorsorge nach einheitlichen Grundsätzen die Auswirkungen auf die Umwelt frühzeitig und umfassend zu ermitteln, beschreiben, bewerten und bei allen behördlichen Entscheidungen über die Zulässigkeit von Vorhaben so früh wie möglich zu berücksichtigen.
Bei jeder Erstaufforstung von Wald muss geprüft werden, ob eine UVP erforderlich ist und, falls ja, eine UVP durchgeführt werden. Maßgeblich ist das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. Februar 2010 (BGBl I S. 94), zuletzt geändert durch Art. 10 des Gesetzes vom 25. Juli 2013 (BGBl I S. 2749), insbesondere §§ 3a ff. UVPG in Verbindung mit Anlagen 1 und 2 zum UVPG
Bei Erstaufforstungen von Wald ist
– ab 50 ha stets eine UVP,
– ab 20 ha bis weniger als 50 ha eine allgemeine Vorprüfung und
– ab 2 ha bis weniger als 20 ha eine standortbezogene Vorprüfung
erforderlich (Nr. 17.1 der Anlage 1 zum UVPG).
Für die Ermittlung der Vorhabensgröße im Sinn des UVPG sind in bestimmten Fällen bestehende oder geplante eigene oder benachbarte Erstaufforstungen hinzuzurechnen. Damit soll einer Umgehung der Prüfschwellen durch schrittweise Aufforstung vorgebeugt werden (§ 3b Abs. 2 und 3 UVPG).
Soll nach Durchführung einer Vorprüfung des Einzelfalls keine UVP erfolgen, ist dies der Öffentlichkeit bekannt zu geben (§ 3a Satz 2 UVPG).
7. Verfahrensgang
7.1 Antragstellung
Anträge auf Erteilung der Erlaubnis nach Art. 16 BayWaldG sind bei der unteren Forstbehörde schriftlich einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Das Antragsformular veröffentlicht das Staatsministerium mit gesondertem Schreiben.
Antragsberechtigt sind die Eigentümer der aufzuforstenden Grundstücke (Art. 42 Abs. 3 BayWaldG). Der Antrag muss enthalten:
– Name und Anschrift der Eigentümer, ggf. Betriebsnummer,
– Bezeichnung und Größe des aufzuforstenden Grundstücks, bei Aufforstung von Teilflächen die Größe der Aufforstungsfläche,
– die bisherige Nutzungsart,
– Angaben über die beabsichtigte Art und Weise der Aufforstung,
– Angabe, ob die aufzuforstenden Grundstücke in einem Gebiet liegen, für das ein Verfahren nach dem Flurbereinigungsgesetz anhängig ist oder ob sie an ein solches angrenzen,
– Angabe, ob die aufzuforstenden Grundstücke in einem Wasserschutzgebiet oder Überschwemmungsgebiet liegen oder an ein Gewässer angrenzen.
Den Anträgen sind Lagepläne möglichst im Maßstab 1 : 5.000 beizugeben, aus denen die Lage der aufzuforstenden Flächen und die Lage und Nutzungsart der benachbarten Grundstücke ersichtlich sind.
Zur Beschleunigung und Vereinfachung des Verfahrens wird den Antragstellerinnen und Antragstellern empfohlen, jedem Antrag eine Einverständniserklärung der Verfahrensbeteiligten nach Art. 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayWaldG (Eigentümerinnen und Eigentümer sowie Nutzungsberechtigte der dem aufzuforstenden Grundstück benachbarten Grundstücke) beizugeben, zumindest aber deren Anschriften im Antrag anzugeben.
Neben dem Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis nach Art. 16 BayWaldG ist bei der Betroffenheit von Dauergrünland ggf. zusätzlich eine Genehmigung des Umbruchs von Dauergrünland gemäß § 10 der Verordnung zur Umsetzung der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (BayGAPV) vom 2. Juni 2005 (GVBl S. 184, BayRS 7841-2-L), zuletzt geändert durch § 1 Nr. 387 der Verordnung vom 22. Juli 2014 (GVBl S. 286), am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu beantragen.
7.2 Aufgaben der unteren Forstbehörden
Die untere Forstbehörde benachrichtigt unmittelbar nach Erhalt des Antrags die Verfahrensbeteiligten (Art. 43 Abs. 1 Satz 2 BayWaldG), sofern sie nicht bereits bei der Antragstellung (vgl. Nr. 7.1) ihr Einverständnis zur Aufforstung erklärt haben. Dabei sollen die Verfahrensbeteiligten darauf hingewiesen werden, dass sie auf Antrag als Beteiligte zu den Verfahren hinzugezogen werden können. Unabhängig von der formellen Beteiligung sind Einwände von Nachbarinnen und Nachbarn bei der Entscheidung zur Erteilung der Erlaubnis nach Art. 16 BayWaldG mit den Belangen der Antragstellerin bzw. des Antragstellers abzuwägen, wenn erhebliche Nachteile für die umliegenden Grundstücke zu erwarten sind.
Die untere Forstbehörde prüft insbesondere die Angaben zur bisherigen Nutzung der Aufforstungsfläche. Sodann leitet die untere Forstbehörde eine Antragsfertigung mit Lageplan der Kreisverwaltungsbehörde zur fachlichen Stellungnahme und zur Herstellung des Einvernehmens nach Art. 39 Abs. 2 Satz 1 BayWaldG zu.
Bei einer Erstaufforstung in Natura 2000-Gebieten schätzt die untere Forstbehörde im Hinblick auf Nr. 9.5 der Gemeinsamen Bekanntmachung der Bayerischen Staatsministerien des Innern, für Wirtschaft, Verkehr und Technologie, für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Gesundheit sowie für Landesentwicklung und Umweltfragen zum Schutz des Europäischen Netzes „Natura 2000 “ (GemBek Natura 2000) vom 4. August 2000 (AllMBl S. 544) zur „Verträglichkeitsabschätzung “ zunächst in eigener Verantwortlichkeit ab, ob ein Vorhaben im Hinblick auf das Verschlechterungsverbot relevant bzw. eine Verträglichkeitsprüfung geboten scheint.
Kann die untere Forstbehörde auf Grundlage der Unterlagen nicht eindeutig ausschließen, dass eine erhebliche Beeinträchtigung ernsthaft in Betracht kommt, hat sie unter Beteiligung der Kreisverwaltungsbehörde (vgl. Nr. 7.3) eine Verträglichkeitsprüfung im Benehmen mit der unteren Naturschutzbehörde nach Art. 22 Abs. 4 BayNatSchG durchzuführen. Ergibt die Verträglichkeitsprüfung, dass Natura 2000-Erhaltungsziele erheblich beeinträchtigt werden können, kann das Vorhaben nur zugelassen werden, wenn keine zumutbare Alternative besteht (§ 34 Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG) und Ausnahmegründe gemäß § 34 Abs. 3 Nr. 1 BNatSchG vorliegen. Daneben kann ein Vorhaben auch zugelassen werden, wenn Befreiungsgründe nach § 67 BNatSchG vorliegen.
Für Ausnahmen und Befreiungen ist das Einvernehmen der unteren Naturschutzbehörde erforderlich (Art. 22 Abs. 1 Satz 3, Art. 56 Satz 3 BayNatSchG).
Die unteren Forstbehörden beraten die Antragstellerinnen und Antragsteller über die geltenden Vorschriften, die forstfachlichen Belange der Erstaufforstung bzw. der Anlage der KUP und die Möglichkeit der Förderung. Sind erkennbar sonstige öffentliche Belange (z.B. Naturschutz, Wasserwirtschaft) betroffen, stimmt sich die untere Forstbehörde vor der Beratung mit der jeweiligen Fachbehörde (z.B. untere Naturschutzbehörde, Wasserwirtschaftsamt) ab. Die untere Forstbehörde gibt regelmäßig auch dem Bereich Landwirtschaft am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Gelegenheit zur Stellungnahme zur geplanten Erstaufforstung. Der Antragstellerin bzw. dem Antragsteller sollen ggf. die Möglichkeiten der Bodenneuordnung in einem Verfahren nach dem Flurbereinigungsgesetz erläutert werden (vgl. Nr. 1.4).
Die untere Forstbehörde beteiligt – wegen deren Planungshoheit – die Gemeinde, in deren Gebiet die aufzuforstende Fläche liegt, und leitet ihr die Erstaufforstungsanträge zu. Die Gemeinde äußert sich, ob die beantragte Erstaufforstung mit der bestehenden gemeindlichen Bauleitplanung vereinbar ist.
Soweit wasserwirtschaftliche Belange betroffen sind, hört die untere Forstbehörde das Wasserwirtschaftsamt an. Dies ist insbesondere in Wasserschutzgebieten, in Überschwemmungsgebieten sowie an Gewässern und bei umfangreichen Erstaufforstungen in Wildbacheinzugsgebieten der Fall.
Soweit ein Verfahren nach dem Flurbereinigungsgesetz anhängig ist, holt die untere Forstbehörde die Stellungnahme des Amtes für Ländliche Entwicklung ein. Sind allgemeine Fragen der Grundstücksstruktur berührt, zieht die untere Forstbehörde das Amt für Ländliche Entwicklung hinzu.
7.3 Aufgaben der Kreisverwaltungsbehörde
Die Kreisverwaltungsbehörde prüft das Aufforstungsvorhaben, insbesondere in ihrer Funktion als untere Naturschutzbehörde, entsprechend der in Art. 16 Abs. 2 BayWaldG genannten Belange und erstellt eine rechtliche und fachliche Stellungnahme zur Herstellung des Einvernehmens mit der unteren Forstbehörde. Da eine Verweigerung des Einvernehmens seitens der Kreisverwaltungsbehörde auch die untere Forstbehörde bindet und sich die untere Forstbehörde nicht über das verweigerte Einvernehmen hinwegsetzen darf, muss die Entscheidung der Kreisverwaltungsbehörde hinreichend begründet sein und eine Abwägung nach Nr. 3 bereits erkennbar erfolgt sein. Dies gilt auch für festzusetzende Auflagen und Nebenbestimmungen.
Mit Blick auf das erforderliche Einvernehmen im Hinblick auf die Belange des Art. 16 Abs. 2 BayWaldG prüft die Kreisverwaltungsbehörde die im Zusammenhang mit der Erstaufforstung stehenden naturschutzfachlichen und -rechtlichen Belange (vgl. Nr. 7.3). Sie prüft dabei auch, ob die Erstaufforstung eine Ausnahme oder Befreiung von naturschutzrechtlichen Verboten erfordert (z.B. Befreiung nach § 67 BNatSchG, Art. 56 BayNatSchG oder Ausnahme nach § 30 Abs. 3 BNatSchG, Art. 23 Abs. 3, Abs. 4 BayNatSchG). Ist ein solches Erfordernis gegeben, teilt die Kreisverwaltungsbehörde im Rahmen der fachlichen Stellungnahme mit, ob die Voraussetzungen für eine Ausnahme oder Befreiung vorliegen. Die Stellungnahme muss eine fachliche und rechtliche Begründung unter Benennung der Rechtsgrundlage enthalten. Die Kreisverwaltungsbehörde beteiligt erforderlichenfalls den Naturschutzbeirat und führt ggf. gemäß § 63 Abs. 2 Nr. 5 BNatSchG in Verbindung mit Art. 45 BayNatSchG die Verbandsbeteiligung durch. Für den Fall, dass für die Erteilung einer Befreiung die höhere Naturschutzbehörde zuständig wäre, holt sie auch das Einvernehmen der höheren Naturschutzbehörde ein und macht sie zum Gegenstand ihrer Stellungnahme. Im Bescheid der unteren Forstbehörde soll auf die Ersetzungswirkung hingewiesen werden (Art. 44 Abs. 5 BayNatSchG).
Bei einer Erstaufforstung in Natura 2000-Gebieten, bei der eine Verträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, äußert sich die Kreisverwaltungsbehörde in ihrer Funktion als untere Naturschutzbehörde gegenüber der verfahrensführenden unteren Forstbehörde in einem Fachbeitrag zum geplanten Vorhaben. Die untere Naturschutzbehörde macht gemäß Nr. 9.7.2 GemBek Natura 2000 einen Vorschlag für das Ergebnis der Verträglichkeitsprüfung. Auf der Grundlage des Fachbeitrags der Naturschutzbehörde und gegebenenfalls weiterer fachlicher Äußerungen Dritter stellt die verfahrensführende Behörde die Verträglichkeit fest oder verneint sie.
7.4 Ortsbesichtigung
Ist zur Entscheidungsfindung eine Ortsbesichtigung erforderlich, wird diese zum Zwecke der Verfahrensbeschleunigung von den beteiligten Behörden – möglichst unter Einbeziehung der Antragstellerin bzw. des Antragstellers – gemeinsam vorgenommen. Im Einzelfall kann es erforderlich werden, weitere Verfahrensbeteiligte hinzuzuziehen, soweit sie Einwendungen vorgebracht haben. Nach Möglichkeit ist dabei bereits ein Verfahrensergebnis herbeizuführen.
7.5 Verhältnis zu anderen Rechtsvorschriften
Erforderliche naturschutzrechtliche Gestattungen, insbesondere in Schutzgebieten nach § 20 Abs. 2 BNatSchG, sowie Ausnahmen und Befreiungen von naturschutzrechtlichen Verboten bei der Erstaufforstung von Wald oder der Anlage von KUP richten sich nach den einschlägigen Bestimmungen des Naturschutzrechts (z.B. Befreiungen nach § 67 BNatSchG in Verbindung mit Art. 56 BayNatSchG oder Ausnahmen nach § 34 Abs. 3 Nr. 1 BNatSchG und Art. 23 Abs. 3 BayNatSchG).
Die Entscheidung nach Art. 16 Abs. 1 BayWaldG ersetzt dabei gemäß Art. 18 Abs. 1, Art. 22 Abs. 2 Satz 2, Art. 23 Abs. 3 Satz 2 und Art. 56 Satz 3 BayNatSchG die jeweilige naturschutzrechtliche Entscheidung; die zuständige Naturschutzbehörde muss dabei ihr Einvernehmen (Art. 18 Abs. 1, Art. 22 Abs. 1 Satz 3, Art. 56 Satz 3 BayNatSchG) oder Benehmen (Art. 23 Abs. 3 Satz 2 BayNatSchG) erteilen. In der Erlaubnis nach § 16 Abs. 1 BayWaldG soll auf die Ersetzungswirkung hingewiesen werden (Art. 44 Abs. 5 BayNatSchG).
In festgesetzten Überschwemmungsgebieten bedürfen Anpflanzungen zusätzlich einer Ausnahmegenehmigung gemäß § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7, Abs. 4 WHG, Art. 63 Abs. 1 des Bayerischen Wassergesetzes (BayWG) vom 25. Februar 2010 (GVBl S. 66, BayRS 753-1-U), zuletzt geändert durch Verordnung vom 22. Juli 2014 (GVBl S. 286), durch die Kreisverwaltungsbehörde. Die Entscheidungen nach Art. 16 Abs. 1 BayWaldG und nach § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7, Abs. 4 WHG erfolgen durch die jeweils zuständige Behörde in getrennten Bescheiden. Die Behörden informieren sich gegenseitig über die getroffenen Entscheidungen.
7.6 Entscheidung durch die untere Forstbehörde
Die untere Forstbehörde entscheidet aufgrund der Stellungnahmen der beteiligten Fachbehörden, der Äußerungen der Gemeinde und ggf. weiterer Verfahrensbeteiligter.
Wenn das erforderliche Einvernehmen mit der Kreisverwaltungsbehörde nicht hergestellt werden kann, wird der Antrag von der unteren Forstbehörde abgelehnt. Die Entscheidung ist unter Darlegung der maßgeblichen rechtlichen und fachlichen Erwägungen hinreichend zu begründen. Sie muss die erforderlichen Ermessenserwägungen unter Darlegung der maßgeblichen rechtlichen und fachlichen Erwägungen enthalten, auch wenn das Einvernehmen durch die Kreisverwaltungsbehörde versagt wurde. Der Bescheid muss insbesondere auch erkennen lassen, dass Ermessen ausgeübt wurde; insbesondere muss er eine Abwägung der privaten und öffentlichen Interessen beinhalten (vgl. Nr. 3). Die beteiligten Behörden sind mit Blick auf die Kongruenz der öffentlichen Verwaltung allerdings gehalten, sich möglichst zu einigen.
7.7 Benachrichtigung über den Ausgang des Verfahrens
Die untere Forstbehörde unterrichtet die Gemeinde und die beteiligten Behörden über den Ausgang des Verfahrens.
7.8 Erlaubnisfiktion
Nach Art. 39 Abs. 3 BayWaldG ist über die Erlaubnis nach Art. 16 Abs. 1 BayWaldG binnen drei Monaten nach Eingang des Antrags bei der unteren Forstbehörde zu entscheiden, sofern der Antrag die Zustimmung der nach Art. 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayWaldG Beteiligten enthält. Kann ausnahmsweise aufgrund besonderer Einzelfallumstände über den Antrag in dieser Frist nicht entschieden werden, ist die Frist vor ihrem Ablauf in einem der Antragstellerin bzw. dem Antragsteller mitzuteilenden Zwischenbescheid um höchstens drei Monate zu verlängern. Die Erlaubnis gilt als erteilt, wenn sie nicht innerhalb der Frist versagt wird. Auf Antrag hat die Behörde hierüber eine Bestätigung auszustellen; diese steht der Erlaubnis gleich.
7.9 Geltungsdauer der Erlaubnisse
Die Erlaubnis nach Art. 16 Abs. 1 BayWaldG erlischt, wenn innerhalb von fünf Jahren nach Erteilung der Erlaubnis mit der Ausführung der Erstaufforstung bzw. der Anlage der KUP nicht begonnen wurde oder die Ausführung fünf Jahre unterbrochen worden ist. Diese Frist kann jeweils bis zu drei Jahre verlängert werden, wenn der Antrag hierzu vor Ablauf der Erlaubnis der unteren Forstbehörde zugegangen ist (Art. 16a BayWaldG).
8. Ersatzaufforstungen
Eine Ersatzaufforstung auf bislang nicht forstlich genutzten Flächen, die in einer Rodungserlaubnis nach Art. 9 Abs. 2 BayWaldG oder in einer Satzung, Planfeststellung, Genehmigung und sonstigen behördlichen Gestattung aufgrund anderer Gesetze als Auflage vorgesehen ist, bedarf keiner gesonderten Erlaubnis nach Art. 16 Abs. 1 BayWaldG. Im Rahmen dieser Verfahren ist jedoch zu prüfen, ob die materiellrechtlichen Voraussetzungen für die Erteilung der Erlaubnis nach Art. 16 Abs. 2 BayWaldG gegeben sind.
9. Unerlaubte Erstaufforstungen
Ist eine Erstaufforstung ohne Erlaubnis durchgeführt worden, prüft die untere Forstbehörde, ob die Erlaubnis nachträglich erteilt werden kann. Kann sie nachträglich unter Auflagen erteilt werden, sind diese festzusetzen. Wenn und soweit die Erlaubnis nach Art. 16 Abs. 2 BayWaldG hätte versagt werden müssen, kann die untere Forstbehörde die Beseitigung gemäß Art. 16 Abs. 7 BayWaldG anordnen. Unabhängig von einer Beseitigungsanordnung und unabhängig davon, ob eine nachträgliche Erteilung der Erlaubnis möglich ist, prüft die untere Forstbehörde, ob ein Bußgeld nach Art. 46 Abs. 2 Nr. 2 BayWaldG zu verhängen ist. Verfolgung und Ahndung von Forstordnungswidrigkeiten obliegen grundsätzlich der Kreisverwaltungsbehörde (§ 3 Abs. 1 Nr. 8 der Verordnung über Zuständigkeiten im Ordnungswidrigkeitenrecht (ZuVOWiG) vom 21. Oktober 1997 (GVBl S. 727, BayRS 454-1-I), zuletzt geändert durch Verordnung vom 19. Januar 2015 (GVBl S. 6).
10. Inkrafttreten, Außerkrafttreten
Diese Richtlinien treten mit Wirkung vom 1. Februar 2015 in Kraft. Die Erstaufforstungsrichtlinien vom 24. August 2006 (AllMBl S. 337) treten mit Ablauf des 31. Januar 2015 außer Kraft.
Martin Neumeyer
Ministerialdirektor
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