Erlass von Gerichtskosten und anderen Justizverwaltungsabgaben
DE - Landesrecht Bayern

Erlass von Gerichtskosten und anderen Justizverwaltungsabgaben

1.  Zuständigkeit für die Bearbeitung

1.1 

Die Gesuche um Erlass von Gerichtskosten und anderen Justizverwaltungsabgaben sowie der nach § 59 Abs. 1 und Abs. 3 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) auf die Staatskasse übergegangenen Ansprüche der beigeordneten Rechtsanwälte und aus Beratungshilfe werden grundsätzlich bearbeitet bezüglich

1.1.1 

der von der jeweiligen Staatsanwaltschaft einzuziehenden Gerichtskosten und anderen Ansprüche in Strafsachen, in Jugendgerichtssachen oder in gerichtlichen oder staatsanwaltschaftlichen Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (vgl. § 1 Abs. 4, § 2 Abs. 1 Satz 1 JBeitrG, § 1 Nr. 2 JBeitrGVBV): von dem Generalstaatsanwalt oder von dem Leitenden Oberstaatsanwalt;

1.1.2 

der sonstigen Gerichtskosten und der nach § 59 Abs. 1 und Abs. 3 RVG auf die Staatskasse übergegangenen Ansprüche der beigeordneten Rechtsanwälte sowie aus Beratungshilfe: von dem Präsidenten des Landgerichts, in dessen Bezirk das Verfahren im ersten Rechtszug anhängig ist oder war;

1.1.3 

der Ansprüche nach § 1 Abs. 1 Nrn. 5 bis 9 JBeitrG: von dem Präsidenten des Landgerichts, in dessen Bezirk die Ansprüche entstanden sind.

1.2 

Befindet sich am Sitz des Landgerichts ein mit einem Präsidenten besetztes Amtsgericht, so ist in den Fällen der Nrn. 1.1.2 und 1.1.3 der Präsident des Amtsgerichts zuständig.

1.3 

Kostenerlassgesuche, die mit einem noch nicht erledigten Gesuch um Straferlass oder um einen sonstigen Gnadenerweis verbunden sind oder in Zusammenhang stehen, werden ausschließlich durch die Gnadenbehörden nach den Bestimmungen der Bayerischen Gnadenordnung (BayGnO) behandelt. Wenn eine derartige Verbindung nicht besteht, sind auch Kostenerlassgesuche in Strafsachen, in Jugendgerichtssachen und in gerichtlichen Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten dem nach Nrn. 1.1 und 1.2 zuständigen Präsidenten, Generalstaatsanwalt oder Leitenden Oberstaatsanwalt vorzulegen.

2.  Ermächtigungen zum Erlass

Aufgrund des Art. 59 Abs. 1 BayHO in Verbindung mit VV Nr. 6.4.2 zu Art. 59 BayHO werden ermächtigt

2.1 

zum Erlass oder zur Erstattung von Gerichtskosten, von Ansprüchen nach § 1 Abs. 1 Nrn. 5 bis 9 JBeitrG und der nach § 59 Abs. 1 und Abs. 3 RVG auf die Staatskasse übergegangenen Ansprüche der beigeordneten Rechtsanwälte sowie aus Beratungshilfe

2.1.1 

die Präsidenten der Oberlandesgerichte sowie die Generalstaatsanwälte bei Beträgen bis zu 50.000 Euro,

2.1.2 

die Präsidenten der Landgerichte (Amtsgerichte) und die Leitenden Oberstaatsanwälte bei Beträgen bis zu 15.000 Euro;

2.2 

zum Erlass oder zur Erstattung von Gebühren, die bei der Umschreibung von Grundbuchblättern nach der Grundbuchverfügung für
– die Eintragung der Vereinigung oder Bestandteilszuschreibung bzw. deren Aufhebung,
– Eintragungen, die Pfandunterstellungen oder Pfandfreigaben, Ausdehnungen oder Beschränkungen von Rechten oder ähnliche Geschäfte zum Gegenstand haben und dazu dienen, die Übertragung von Rechten auf das neue Grundbuchblatt zu erleichtern,
– die Berichtigung der nach § 15 GBV zur Bezeichnung des Berechtigten notwendigen Angaben im Grundbuch entstehen: die Amtsgerichte;

2.3 

zum Erlass der noch nicht bezahlten Kosten der Hinterlegung, sofern die Hinterlegungsmasse dem Freistaat Bayern verfallen ist und von der Erhebung der Kosten nicht schon nach allgemeinen Vorschriften (z.B. mangels eines Kostenschuldners oder wegen Unvermögens des Kostenschuldners) abzusehen ist: die Hinterlegungsstellen.

3.  Ermächtigung zur Niederschlagung und Stundung

Die Präsidenten der Landgerichte (Amtsgerichte), die Leitenden Oberstaatsanwälte, die Präsidenten der Oberlandesgerichte und die Generalstaatsanwälte sind bei der Behandlung von Erlassgesuchen im Rahmen ihrer Zuständigkeit (VV Nrn. 4.3 und 4.4 zu Art. 59 BayHO und Nr. 2.1) auch ermächtigt, die Gerichtskosten, die Ansprüche nach § 1 Abs. 1 Nrn. 5 bis 9 JBeitrG und die nach § 59 Abs. 1 und Abs. 3 RVG auf die Staatskasse übergegangenen Ansprüche der beigeordneten Rechtsanwälte sowie aus Beratungshilfe befristet oder unbefristet niederzuschlagen oder zu stunden.

4.  Mitwirkung der Landesjustizkasse Bamberg

4.1 

Bei der Landesjustizkasse Bamberg eingereichte Gesuche, über die diese nicht selbst entscheiden kann (weil z.B. dem Gesuch nicht abgeholfen werden kann oder ausdrücklich nur der Erlass begehrt wird), sind der nach Nr. 1 zuständigen Stelle zuzuleiten. In geeigneten Fällen ist gleichzeitig anzuordnen, dass von Beitreibungsmaßnahmen bis zur Entscheidung über das Gesuch abgesehen wird (vgl. Nr. 7 der Anlage 2 zu den VV zu Art. 79 BayHO).

4.2 

Die Landesjustizkasse Bamberg legt mit dem Gesuch die Kassenakten und eine Zusammenstellung über die Kostenforderungen nebst Hinweisen auf mithaftende Kostenschuldner vor und teilt gleichzeitig sonstige Erkenntnisse über die wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse des Kostenschuldners mit, die sich nicht aus den Kassenakten ergeben.

4.3 

Wird unmittelbar bei dem nach Nr. 1 zuständigen Präsidenten, Generalstaatsanwalt oder Leitenden Oberstaatsanwalt der Erlass von Ansprüchen beantragt, die der Landesjustizkasse Bamberg zur Einziehung überwiesen sind, fordert diese Stelle bei Bedarf bei der Landesjustizkasse die Kassenakten an. Nr. 4.1 Satz 2 und Nr. 4.2 gelten in diesen Fällen sinngemäß.

5.  Vorbereitendes Verfahren

5.1 

Der Kostenansatz ist in allen Fällen durch den Bezirksrevisor nachzuprüfen und erforderlichenfalls zu berichtigen.

5.2 

Soweit die Präsidenten, die Generalstaatsanwälte oder die Leitenden Oberstaatsanwälte nach Nr. 2.1 für den Erlass nicht zuständig sind, prüfen sie die Gesuche zunächst darauf, ob sie ihnen nicht bereits in eigener Zuständigkeit abhelfen können (z.B. durch Stundung, Niederschlagung, in Justizverwaltungsangelegenheiten durch Anwendung von Abschnitt 3 des JVKostG). Ist eine solche Abhilfe nicht möglich und liegt nach ihrer Auffassung aufgrund der Umstände des Falles, insbesondere wegen der wirtschaftlichen Verhältnisse des Zahlungspflichtigen, eine besondere Härte vor, so berichten sie. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, weisen sie das Gesuch zurück.

5.3 

Wenn an das Staatsministerium der Justiz, an die Präsidenten der Oberlandesgerichte oder an die Generalstaatsanwälte zu berichten ist, so sind der Sachverhalt sowie die persönlichen, die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Zahlungspflichtigen kurz, aber erschöpfend darzulegen. Außerdem ist zu dem Gesuch Stellung zu nehmen.

5.4 

Erlassgesuche hemmen die Vollstreckung grundsätzlich nicht. Bei Gerichtskosten und anderen Ansprüchen in Strafsachen, in Jugendgerichtssachen oder in gerichtlichen oder staatsanwaltschaftlichen Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten kann die Vollstreckung bis zur Entscheidung einstweilen eingestellt werden, wenn erhebliche Erlassgründe glaubhaft gemacht wurden. Bei Ansprüchen in anderen Angelegenheiten ist in der Regel anzuordnen, dass von Zwangsmaßnahmen einstweilen abgesehen wird. Ist eine solche Anordnung nicht für notwendig erachtet worden (z.B. bei einem wiederholten Gesuch), so ist dies im Bericht unter kurzer Angabe der Gründe festzustellen.

5.5 

Die Möglichkeit der Vollstreckungsbehörde (Landesjustizkasse Bamberg, Staatsanwaltschaft), bei der Einziehung von Gerichtskosten und sonstigen Ansprüchen einen Vergleich abzuschließen (VV Nrn. 5.7, 5.8 der Anlage 2 zu den VV zu Art. 79 BayHO), bleibt unberührt.

6.  Erlassentscheidung

6.1 

Für die Entscheidung über den Erlass oder die Erstattung der Gebühren in den Fällen der Nr. 2.2 ist der mit der Sachbearbeitung befasste Richter oder Rechtspfleger zuständig. Die Entscheidung ist eine Angelegenheit der Justizverwaltung.
Bei der Entscheidung haben die Gerichte nur das Vorliegen der in der Ermächtigung genannten Voraussetzungen zu prüfen, nicht dagegen, ob die Einziehung der Kosten im Einzelfall eine besondere Härte bedeuten würde.

6.2 

Bei Gesamtschuldnern muss sich im Hinblick auf § 423 BGB aus der Erlassentscheidung ergeben, ob der Erlass zugunsten aller Schuldner wirkt oder nur der Gesuchsteller von der Haftung befreit wird.

7.  Gegenvorstellungen

Über Einwendungen gegen die Entscheidung über einen Erlassantrag, eine Stundung oder Niederschlagung entscheidet

7.1 

der Präsident des Land- oder Amtsgerichts, wenn sie sich in den Fällen der Nrn. 2.2 und 2.3 gegen einen Bescheid des Amtsgerichts richten,

7.2 

der Präsident des Oberlandesgerichts, wenn sie sich gegen den Bescheid des Präsidenten des Land- oder Amtsgerichts richten,

7.3 

der Generalstaatsanwalt, wenn sie sich gegen den Bescheid des Leitenden Oberstaatsanwalts richten,

7.4 

das Staatsministerium der Justiz, wenn sie sich gegen den Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichts oder des Generalstaatsanwalts richten.

8.  Schlussbestimmungen

8.1 

Diese Bekanntmachung tritt am 1. November 1998 in Kraft.

8.2 

Gleichzeitig wird die Bekanntmachung über den Erlass von Gerichtskosten und andere Justizverwaltungsabgaben vom 13. November 1987 (JMBI S. 204), geändert durch Bekanntmachung vom 30. März 1994 (JMBI S. 50), aufgehoben.
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