Das Wissenschaftspropädeutische Seminar in den Jahrgangsstufen 12 und 13 des neunjährigen Gymnasiums sowie den Jahrgangsstufen II und III des Kollegs
¹Die Schülerinnen und Schüler belegen in den Ausbildungsabschnitten 12/1 bis 13/1 der Qualifikationsphase der Oberstufe des Gymnasiums (G9) bzw. in den Ausbildungsabschnitten II/1 bis III/1 des Kollegs ein Wissenschaftspropädeutisches Seminar (W-Seminar). ²Der Ausbildungsabschnitt 13/1 bzw. III/1 dient der Finalisierung der Seminararbeit und der Präsentation der Ergebnisse (mit Prüfungsgespräch). ³Gemeinsam mit der Wissenschaftswoche in Jahrgangsstufe 11 fördert es – den gymnasialen Bildungszielen entsprechend – wissenschaftspropädeutische Kompetenzen, die für ein Hochschulstudium sowie einen Beruf außerhalb der Hochschule gleichermaßen relevant sind. ⁴Es trägt zudem zum im LehrplanPLUS verankerten schulart- und fächerübergreifenden Bildungs- und Erziehungsziel der beruflichen Orientierung bei.
⁵Innerhalb des Rahmens von § 20 der Schulordnung für die Gymnasien in Bayern (GSO) legt das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus hierzu Folgendes fest:
1. Ziele und Inhalte
¹Das W-Seminar dient der systematischen Vermittlung grundlegender wissenschaftspropädeutischer und studienvorbereitender Kompetenzen. ²Ziele und Inhalte des W-Seminars sind im Fachlehrplan „Wissenschaftspropädeutisches Seminar“ festgelegt. ³Sie sind Gegenstand der kontinuierlichen Unterrichtsarbeit in den in Anlage 3 i. V. m. Anlage 5 der GSO vorgesehenen Stunden.
⁴Ausgehend von einer inhaltlichen und methodischen Einführung zu einem leitfachbezogenen Rahmenthema erweitern und vertiefen die Schülerinnen und Schüler grundlegende sowie fachspezifische methodische Kompetenzen und entwickeln anspruchsvolle, auf eigene Untersuchung und Schlussfolgerung zielende Frage- bzw. Problemstellungen, die – eingebettet in das Rahmenthema – als Themenstellungen der individuellen Seminararbeiten aufgegriffen und bearbeitet werden. ⁵Bei der Bearbeitung verbinden die Schülerinnen und Schüler vorliegende wissenschaftliche Erkenntnisse mit eigenständig erarbeiteten Ergebnissen.
⁶Konstitutive Elemente des W-Seminars sind die kontinuierliche gemeinsame und diskursive Arbeit am Rahmenthema, die persönliche und unverfälschte Anfertigung einer Seminararbeit im Umfang von ca. 10 bis 15 Textseiten und die Präsentation der Ergebnisse (mit Prüfungsgespräch) nach wissenschaftlichen Kriterien. ⁷In der Präsentation (mit Prüfungsgespräch) vertreten die Schülerinnen und Schüler ihre Untersuchungsstrategie sowie die erarbeiteten Ergebnisse reflektiert und ordnen diese in übergeordnete Zusammenhänge des Rahmenthemas ein.
⁸Ausgehend vom Leitfach des W-Seminars erhalten die Schülerinnen und Schüler im Rahmen der Studienerkundung (in Kombination mit dem Aufbaumodul zur beruflichen Orientierung) Einblicke in das Arbeiten an einer Hochschule sowie einen Überblick über unterschiedliche Angebote der Hochschulen und Universitäten.
2. Konzept und Information
¹Die Schule informiert die Schülerinnen und Schüler rechtzeitig vor der Wahl über das Konzept des jeweiligen W-Seminars. ²Hierzu gehören insbesondere folgende Angaben:
– Leitfach,
– Rahmenthema,
– kurshalbjahresbezogener Überblick über das W-Seminar,
– Art und Zahl der jeweils vorgesehenen Leistungserhebungen,
– Umsetzung der gemeinsamen Arbeit am Rahmenthema,
– Verwirklichung der individuellen Betreuung,
– beispielhafte Frage- bzw. Problemstellungen, die sich als Themenstellungen für die Seminararbeiten eignen,
– geplante Gestaltung der Studienerkundung (in Kombination mit dem Aufbaumodul zur beruflichen Orientierung),
– ggf. externe Partner, vorgesehene Fahrten und/oder etwaige Voraussetzungen für die Teilnahme (vgl. Nr. 3 a bis d).
3. Wahl
¹Die Schülerinnen und Schüler können aus dem von der Schule zur Wahl gestellten Angebot grundsätzlich frei wählen. ²Jedes W-Seminar wird einem für die fachlichen Anforderungen maßgeblichen Leitfach aus dem Pflicht- oder Wahlpflichtbereich zugeordnet. ³Spät beginnende Fremdsprachen und die spät beginnende Informatik kommen als Leitfach für ein W-Seminar nicht in Betracht.
⁴Für die Fremdsprachen, die Religionslehre, Ethik sowie die Informatik gelten folgende Besonderheiten:
Fremdsprachen
¹Ein W-Seminar mit einer klassischen oder einer modernen fortgeführten Fremdsprache als Leitfach kann nur von Schülerinnen und Schülern gewählt werden, die die erforderlichen Sprachkenntnisse haben. ²Diese werden in der Regel durch den erfolgreichen Besuch des Unterrichts in der jeweiligen fortgeführten Fremdsprache vor Eintritt in die Qualifikationsphase nachgewiesen. ³Gleichwertige außerschulische Nachweise können im Einzelfall ebenfalls anerkannt werden.
Katholische und Evangelische Religionslehre
¹Ein W-Seminar mit dem Leitfach Katholische Religionslehre oder Evangelische Religionslehre hat durch seine inhaltliche Gestaltung und durch die Lehrkraft eine konfessionelle Ausrichtung. ²Zugelassen sind Schülerinnen und Schüler, die in den Jahrgangsstufen 12 und 13 bzw. II und III den Religionsunterricht ihres Bekenntnisses besuchen, mit der Möglichkeit zur Öffnung für alle Schülerinnen und Schüler, die an einem konfessionellen Religionsunterricht teilnehmen.
³Schülerinnen und Schüler, die in den Jahrgangsstufen 12 und 13 bzw. II und III das Fach Ethik besuchen, können ebenfalls zur Teilnahme an einem W-Seminar mit Katholischer oder Evangelischer Religionslehre als Leitfach zugelassen werden, wenn sie die hierfür erforderlichen fachlichen Kenntnisse der vorhergehenden Jahrgangsstufen im Rahmen einer Feststellungsprüfung nachgewiesen haben.
Ethik
¹Ein W-Seminar im Fach Ethik kann nur von Schülerinnen und Schülern gewählt werden, die in den Jahrgangsstufen 12 und 13 bzw. II und III am Unterricht im Fach Ethik teilnehmen. ²Schülerinnen und Schüler, die in den Jahrgangsstufen 12 und 13 bzw. II und III das Fach Religionslehre besuchen, können ebenfalls zur Teilnahme an einem W-Seminar mit Ethik als Leitfach zugelassen werden, wenn sie die hierfür erforderlichen fachlichen Kenntnisse der vorhergehenden Jahrgangsstufen im Rahmen einer Feststellungsprüfung nachgewiesen haben.
Informatik
¹Ein W-Seminar mit dem Leitfach Informatik kann nur für Schülerinnen und Schüler des Naturwissenschaftlichen Gymnasiums angeboten werden. ²Schülerinnen und Schüler der weiteren Ausbildungsrichtungen können zur Teilnahme an einem W-Seminar mit Informatik als Leitfach zugelassen werden, wenn sie die hierfür erforderlichen fachlichen Kenntnisse der vorhergehenden Jahrgangsstufen im Rahmen einer Feststellungsprüfung nachgewiesen haben.
4. Weitere Rahmenbedingungen
W-Seminarangebot
¹Das W-Seminarangebot orientiert sich an den Zielen des Gymnasiums, am Schulprofil und den personellen Kapazitäten der Schule. ²Ein Anspruch auf Einrichtung von W-Seminaren in bestimmten Fächern oder auf Teilnahme an bestimmten W-Seminaren besteht nicht. ³Die W‑Seminare finden grundsätzlich in der Schule statt.
Pflichtveranstaltungen
¹Die W-Seminare sind Pflichtveranstaltungen der Schule. ²Die Schülerinnen und Schüler genießen bei der Teilnahme an diesen schulischen Pflichtveranstaltungen den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. ³Maßgeblich für die Ausdehnung dieses Schutzes auf Tätigkeiten außerhalb des engeren Schulbereichs ist, dass die Schule weiter gestaltenden organisatorischen Einfluss auf die externe Durchführung des Seminars hat. ⁴Dies hat die Schule bei der Kooperation mit außerschulischen Partnern sicherzustellen. ⁵Im Übrigen ist die Schule verpflichtet, in Zweifelsfällen mit dem Träger der Schülerunfallversicherung abzuklären, inwieweit der Schutz der gesetzlichen Schülerunfallversicherung greift.
⁶Wenn ein staatliches Gymnasium im Einzelfall eine Kooperationsvereinbarung mit einem außerschulischen Partner abschließt, ist dafür das Muster auf der Homepage des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus zu verwenden. ⁷Schließt ein kommunales oder privates Gymnasium eine Kooperationsvereinbarung ab, wird empfohlen, sich an diesem Muster zu orientieren.
Lehrkräfteeinsatz
Unterrichtende Lehrkräfte sollen über die Fakultas oder Lehrerlaubnis im jeweiligen Leitfach verfügen.
Anordnungen, Unentgeltlichkeit, Verschwiegenheit
Die Schule hat die Schülerinnen und Schüler darüber zu belehren,
– dass sie während der Teilnahme an W-Seminarveranstaltungen bei externen Partnern auch den Anordnungen der zuständigen Beschäftigten Folge zu leisten haben,
– dass sie einer dort bestehenden Hausordnung unterliegen,
– dass sie für ihre Tätigkeit im Rahmen der W-Seminare kein Entgelt fordern oder entgegennehmen dürfen und
– dass sie zum Stillschweigen über alle Angelegenheiten verpflichtet sind, die ihnen im Rahmen der W-Seminare in außerschulischen Einrichtungen zur Kenntnis gelangen, soweit sie der Geheimhaltung unterliegen.
Fahrten
Für Fahrten im Rahmen der Seminare gilt die Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus „Durchführungshinweise zu Schülerfahrten“ vom 9. Juli 2010 (KWMBl. S. 204).
5. Geltungsbereich
Diese Bekanntmachung gilt für den Bildungsgang des neunjährigen Gymnasiums und an den Kollegs ab demjenigen Abiturjahrgang, der im Schuljahr 2024/2025 in die Qualifikationsphase eintritt.
6. Inkrafttreten
Diese Bekanntmachung tritt am 1. August 2023 in Kraft.
Martin Wunsch
Ministerialdirigent
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