Bestimmungen zum Vollzug der praktischen Studiensemester an den staatlichen Hochschulen für angewandte Wissenschaften in Bayern
Das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst erlässt folgende Bestimmungen:
1. Begriff
¹Grundständige Studiengänge an den staatlichen Hochschulen für angewandte Wissenschaften enthalten in der Regel ein praktisches Studiensemester nach Maßgabe des Art. 77 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Halbsatz 3 des Bayerischen Hochschulinnovationsgesetzes (BayHIG).
²Ein praktisches Studiensemester ist ein in das Studium integriertes, von der Hochschule geregeltes, inhaltlich bestimmtes, betreutes und mit Lehrveranstaltungen vorbereitetes und begleitetes Studiensemester, das in der Regel in einem Betrieb oder in einer anderen Einrichtung der Berufspraxis außerhalb der Hochschule abgeleistet wird und einer bereits deutlich berufsbezogenen Tätigkeit gewidmet ist. ³Die Dauer bestimmt sich nach der jeweiligen Studien- und Prüfungsordnung; in der Regel umfasst es einschließlich der begleitenden Lehrveranstaltungen einen zusammenhängenden Zeitraum von mindestens 20 Wochen.
⁴Für Grundpraktika gelten die nachfolgenden Bestimmungen entsprechend.
2. Status und Versicherung der Studierenden während des praktischen Studiensemesters
2.1
¹Die Studierenden bleiben auch während des praktischen Studiensemesters Mitglieder der Hochschule (Art. 19 Abs. 1 Satz 1 BayHIG) mit allen sich daraus ergebenden Rechten und Pflichten. ²Das praktische Studiensemester ist kein Praktikum im Sinne des Berufsbildungsgesetzes.
2.2 Versicherung in der Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung
¹Bei der Beurteilung der Versicherungspflicht von Studierenden im praktischen Studiensemester in der Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung ist das Gemeinsame Rundschreiben der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung „Versicherungsrechtliche Beurteilung von beschäftigten Studenten und Praktikanten“ vom 23. November 2016
2.3 Versicherung gegen Arbeitsunfall
¹Studierende sind im Fall eines Arbeitsunfalls während des praktischen Studiensemesters kraft Gesetzes über den für das Unternehmen/die Behörde zuständigen Unfallversicherungsträger versichert (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII).
²Wird das praktische Studiensemester im Ausland absolviert, sind die Studierenden im Fall eines Arbeitsunfalls während des Auslandsaufenthalts kraft Gesetzes über den für das Unternehmen zuständigen Unfallversicherungsträger nur bei einer so genannten Entsendung versichert, d. h. wenn das Arbeitsverhältnis in Deutschland begründet wurde und der bzw. die Studierende nur vorübergehend für das Unternehmen im Ausland tätig ist (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII in Verbindung mit § 4 Abs. 1 SGB IV). ³Es kommt dabei nicht darauf an, ob es sich um die Entsendung an eine ausländische Filiale eines deutschen Unternehmens oder eine ausländische Bau- oder Montagestelle handelt.
⁴Wird das praktische Studiensemester bei einem ausländischen Unternehmen oder bei einer ausländischen Filiale eines deutschen Unternehmens im Ausland abgeleistet, ohne dass im Inland ein Beschäftigungsverhältnis begründet wurde, besteht kein gesetzlicher Unfallversicherungsschutz nach deutschem Recht. ⁵Die Studierenden müssen selbst für einen entsprechenden Unfallversicherungsschutz Sorge tragen.
2.4 Haftpflichtversicherung
¹Der Abschluss einer Haftpflichtversicherung durch die Studierenden wird empfohlen, sofern die Praktikumsstelle nicht ohnehin eine solche Versicherung verlangt oder das Haftpflichtrisiko nicht bereits durch eine von der Praktikumsstelle abgeschlossene Versicherung abgedeckt oder die Haftung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt ist, wie etwa bei öffentlichen Praktikumsstellen des Freistaats Bayern. ²Die Hochschulen sollen, falls eine Haftpflichtversicherung nach Satz 1 empfohlen wird, auf den Abschluss von Gruppenversicherungen hinwirken.
– Ordentliche Studierende in der Praxisphase des praktischen Studiensemesters in Form eines in einer Studien- oder Prüfungsordnung vorgeschriebenen Zwischenpraktikums sind in der Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung versicherungsfrei. Die Dauer des Praktikums, die wöchentliche Arbeitszeit sowie die Höhe des während des Praktikums erzielten Arbeitsentgelts spielen dabei keine Rolle.
– Praktikantinnen und Praktikanten, die ein in einer Studien- oder Prüfungsordnung vorgeschriebenes Vor- oder Nachpraktikum absolvieren, sind in der Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung versicherungspflichtig.
3. Praktikumsstellen, Praktikumsverträge
3.1
Die Praktikumsstelle und der Praktikumsvertrag werden von der Hochschule genehmigt, wenn sie für die Ableistung des praktischen Studiensemesters geeignet sind.
3.2
¹Die Studierenden sind berechtigt und verpflichtet, der Hochschule eine geeignete Praktikumsstelle vorzuschlagen. ²Kann aus besonderen Gründen kein eigener Vorschlag vorgelegt oder der vorgelegte Vorschlag nicht genehmigt werden, unterstützt die Hochschule die Studierenden auf Wunsch bei der Suche nach einer geeigneten Praktikumsstelle.
3.3
¹Die Studierenden schließen mit der von der Hochschule genehmigten Praktikumsstelle einen schriftlichen Praktikumsvertrag ab. ²Dem Praktikumsvertrag soll nach Möglichkeit das anliegende Muster zugrunde gelegt werden. ³Er bedarf der Zustimmung der Hochschule.
4. Zuständige Stellen für Fragen des praktischen Studiensemesters, Beauftragte für das praktische Studiensemester
4.1
Die Hochschule soll für alle mit dem praktischen Studiensemester zusammenhängenden Angelegenheiten eine zuständige Stelle bilden.
4.2
An den Fakultäten sollen Hochschullehrer oder Hochschullehrerinnen als Beauftragte für das praktische Studiensemester bestellt werden.
4.3
¹Zu den Aufgaben der Beauftragten für das praktische Studiensemester gehört insbesondere:
– die fachliche Unterstützung der zuständigen Stelle, insbesondere bei der Beurteilung der Eignung der Praktikumsstellen und der entsprechenden Überprüfung der Praktikumsverträge,
– die Herstellung und Pflege von Kontakten zu den Praktikumsstellen,
– die Mitwirkung bei der Organisation der praxisbegleitenden Lehrveranstaltungen und der Prüfungen am Ende der praktischen Studiensemester sowie die Mitwirkung beim Einsatz der Hochschullehrer und Hochschullehrerinnen für die fachliche Betreuung der Studierenden am Praktikumsplatz.
²Die Hochschulen sollen die Lehrverpflichtung für die Funktion eines oder einer Beauftragten für das praktische Studiensemester angemessen ermäßigen.
5. Koordinierungsstelle für die praktischen Studiensemester an den staatlichen Hochschulen für angewandte Wissenschaften (KoBy)
5.1
Für generelle Fragen des praktischen Studiensemesters wurde eine Koordinierungsstelle an der Hochschule für angewandte Wissenschaften Coburg eingerichtet.
5.2
Ihre Aufgaben sind insbesondere:
– die Pflege und Förderung des auch überregionalen Erfahrungsaustausches zwischen den Hochschulen,
– Stellungnahmen zu Fragen des Vollzugs,
– die Förderung der Weiterentwicklung,
– die Information Dritter (z. B. Betriebe und Öffentlichkeit),
– die Herstellung des Einvernehmens der Zentralstelle für Arbeitsvermittlung bei der Vermittlung von Praktika durch bayerische Hochschulen für angewandte Wissenschaften für Studierende ausländischer Partnerhochschulen, die nicht Staatsangehörige eines Staates des Europäischen Wirtschaftsraumes sind.
6. Inkrafttreten
¹Diese Bekanntmachung tritt mit Wirkung vom 1. Februar 2023 in Kraft. ²Mit Ablauf des 31. Januar 2023 tritt die Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst über die Bestimmungen zum Vollzug der praktischen Studiensemester an den staatlichen Fachhochschulen in Bayern vom 20. August 2007 (KWMBl. I S. 345) außer Kraft.
Dr. Rolf-Dieter Jungk
Ministerialdirektor
Anlagen
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