Betriebspraktikum für Mittelschulen
An den Mittelschulen ist ein Betriebspraktikum als Bestandteil der Berufsorientierung durchzuführen. Hierfür gilt Folgendes:
1. Ziele des Betriebspraktikums
Die Zielsetzung des Betriebspraktikums ergibt sich aus dem Bildungs- und Erziehungsauftrag der Mittelschule. Das Betriebspraktikum soll die Hinführung der Schülerinnen und Schüler zur Wirtschafts- und Arbeitswelt um Erfahrungen vor Ort erweitern und sie bei ihrer Berufswahl unterstützen. Es dient der Überprüfung, Vertiefung und Ergänzung der im Unterricht und bei Betriebserkundungen erworbenen Kenntnisse und Einsichten. Durch eigenes Arbeiten und Mitarbeiten, Erleben und gezieltes Beobachten sowie durch Aufnahme dargebotener Informationen sollen die Schülerinnen und Schüler zum ersten Mal erfahren, was es heißt, beruflich tätig zu sein. Sie sollen am Arbeitsplatz Anforderungen einzelner Berufe im Rahmen des betreffenden Berufsfeldes kennenlernen und ihre Vorstellungen und Voraussetzungen hinsichtlich der eigenen Berufswahl anhand der beruflichen Wirklichkeit überprüfen. Die dabei gewonnenen Ergebnisse und Erfahrungen sollen auch den Mitschülerinnen und Mitschülern mitgeteilt werden und dadurch der gesamten Klassengemeinschaft dienen. Das Betriebspraktikum stellt weder eine berufliche Eignungsfeststellung dar, noch dient es der Stellenvermittlung; der Abschluss eines Ausbildungsvertrages während des Betriebspraktikums ist jedoch nicht ausgeschlossen.
2. Dauer des Betriebspraktikums, Teilnahmepflicht, Versicherungsschutz
Das Betriebspraktikum ist nach Maßgabe des Art. 30 Bayerisches Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (BayEUG) eine Schulveranstaltung, für die in der Jahrgangsstufe 8 verpflichtend zwei Unterrichtswochen zu verwenden sind. Darüber hinaus kann für betriebliche Praktika bis zu einem Fünftel der Unterrichtszeit zur Verfügung gestellt werden. Es ist grundsätzlich für die ganze Klasse und im gleichen Zeitraum durchzuführen. Die Schülerinnen und Schüler dürfen auf verschiedene Betriebe aufgeteilt werden. Die Schülerinnen und Schüler sind zur Teilnahme verpflichtet. Eine Vergütung darf von den Betrieben nicht gewährt werden.
Für das Betriebspraktikum besteht gesetzlicher Unfallversicherungsschutz aufgrund des § 2 Abs. 1 Nr. 8 b Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII). Für Unfälle beim Betriebspraktikum gilt das gleiche Verfahren wie bei anderen Schulunfällen.
Die gesetzliche Unfallversicherung umfasst keine Haftpflichtversicherung. Vor Beginn des Betriebspraktikums ist daher von der Schulleiterin bzw. dem Schulleiter oder der betreuenden Lehrkraft eine Haftpflichtversicherung im Namen der Erziehungsberechtigten abzuschließen, vgl. § 25 Abs. 3 Schulordnung für die Mittelschulen in Bayern – Mittelschulordnung (MSO).
3. Unterrichtliche Vorbereitung
Der Erfolg des Betriebspraktikums hängt neben der Organisation entscheidend von der Vorbereitung im Unterricht ab. Die Lehrkraft soll das Interesse der Schülerinnen und Schüler wecken und die Ziele des Praktikums erläutern. Hierfür sind persönliche Erfahrungen der Lehrkraft mit der betrieblichen Praxis sehr wertvoll und hilfreich. Die Lehrkraft bespricht die Vorstellungen, die sowohl auf Seiten der Schülerinnen und Schüler und der Schule als auch auf Seiten der Betriebe bestehen. Um den Schülerinnen und Schülern das Sammeln und Ordnen ihrer Erfahrungen im Praktikum zu erleichtern, werden vorher im Unterricht Leitfragen erarbeitet und eine Praktikumsmappe erstellt. Die Lehrkraft muss die Schülerinnen und Schüler über Organisation, Ablauf und Zuständigkeiten informieren, über ihr Verhalten im Betrieb belehren sowie auf Vorschriften zur Unfallverhütung am Arbeitsplatz hinweisen.
4. Organisatorische Vorbereitung
Das Betriebspraktikum kann nur nach gründlicher Vorbereitung in dafür geeigneten Betrieben durchgeführt werden; hierfür kommen alle Wirtschaftsbereiche in Betracht, aber auch alle geeigneten Einrichtungen der öffentlichen Hand. Schon bei der Auswahl der Betriebe ist eine enge Zusammenarbeit der Schule mit allen beteiligten Stellen notwendig.
Das Staatliche Schulamt berät die Schule bei der Vorbereitung. Im Mittelschulverbund ist die Koordinierung der Betriebspraktika Aufgabe des Verbundkoordinators. Die Lehrkraft legt die Planung im Einvernehmen mit den Betrieben schriftlich fest und legt sie der Schulleitung zur Genehmigung vor. Dabei soll sich die Lehrkraft darum bemühen, dass jeder Betrieb eine Mitarbeiterin bzw. einen Mitarbeiter benennt, der während des Betriebspraktikums die Schülerinnen und Schüler verantwortlich betreut. Bei der Auswahl der Betriebe ist darauf zu achten, dass sie sich nach Möglichkeit in der Nähe der Schule oder am Wohnort der Schülerin bzw. des Schülers befinden. Die Schule tritt wegen etwaiger Schülerbeförderung, deren Kosten zum notwendigen Schulaufwand zählen, vorab mit dem Aufgabenträger in Verbindung und klärt ihre Durchführung.
Die Erziehungsberechtigten werden an Elternabenden der entsprechenden Jahrgangsstufe oder auf andere geeignete Weise frühzeitig über Ziele und Durchführung des Betriebspraktikums sowie über den Versicherungsschutz informiert.
Eine ärztliche Untersuchung der Schülerinnen und Schüler vor Beginn des Betriebspraktikums ist nicht notwendig. Besteht bei der angestrebten Tätigkeit allerdings eine höhere Infektionsgefährdung als im gewöhnlichen Alltag, sind entsprechende arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen und gegebenenfalls Impfungen vorzunehmen, deren Kosten von der beschäftigenden Einrichtung zu tragen sind, vgl. insoweit die Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV). Sofern die Schülerinnen und Schüler jedoch im Rahmen des Betriebspraktikums eine der in § 42 Abs. 1 des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (IfSG) genannten Tätigkeiten ausüben sollen, müssen sie dem Betrieb vor Aufnahme der Tätigkeit einen ärztlichen Nachweis gemäß § 43 Abs. 1 IfSG vorlegen, der nicht älter als sechs Wochen ist. Die dafür erforderlichen Untersuchungen bei den Gesundheitsämtern erfolgen im Rahmen der Schulgesundheitspflege gebühren- und auslagenfrei.
5. Durchführung
Die Schülerinnen und Schüler sind während des Betriebspraktikums gehalten, die Weisungen der bzw. des vom Betrieb genannten Mitarbeiterin bzw. Mitarbeiters zu befolgen. Die Schülerinnen und Schüler unterliegen der jeweiligen Haus- und Betriebsordnung und sind zum Stillschweigen über alle Angelegenheiten verpflichtet, die ihnen im Rahmen des Betriebspraktikums in außerschulischen Einrichtungen zur Kenntnis gelangen, soweit sie der Geheimhaltung unterliegen. Die Betriebe stellen die Erfüllung der betrieblichen Aufsichtspflicht sicher und beachten die Bestimmungen des Jugendarbeitsschutzgesetzes. Für eine Befreiung oder eine Beurlaubung der Schülerinnen und Schüler während der Zeit des Betriebspraktikums ist allein die Schule zuständig.
Das Betriebspraktikum erfordert auch von der Lehrkraft eine erhöhte Einsatz- und Verantwortungsbereitschaft. Durch regelmäßige Besuche muss sich die Lehrkraft von der ordnungsgemäßen Durchführung des Praktikums überzeugen und die Betriebe hierbei unterstützen. Die Lehrkraft muss Schülerinnen, Schülern, Betrieben und Erziehungsberechtigten ganztags zur Verfügung stehen und ist deshalb von sonstigen unterrichtlichen Verpflichtungen freigestellt. Für die erforderlichen Fahrten der Lehrkräfte zu den Praktikumsplätzen wird hiermit Dienstreisegenehmigung erteilt.
6. Auswertung
Die Auswertung des Betriebspraktikums dient der Überprüfung der gesetzten Ziele, der Festigung gewonnener Erkenntnisse, der Klärung offener Fragen sowie dem Erfahrungsaustausch. Nach Möglichkeit sollen auch Vertreterinnen und Vertreter der Betriebe miteinbezogen werden. Die Schülerinnen und Schüler erstellen während des Praktikums Erfahrungsberichte, die in einer Praktikumsmappe gesammelt, von der betreuenden Lehrkraft begutachtet und anschließend besprochen werden. Es wird empfohlen, den Praktikumsbetrieben eine Rückmeldung über den Erfolg des Betriebspraktikums zukommen zu lassen und Vertreterinnen und Vertreter der Betriebe auch in den abschließenden Erfahrungsaustausch miteinzubeziehen.
7. Geltungsbereich
Diese Bekanntmachung gilt für die staatlichen Mittelschulen. Den privaten Mittelschulen wird empfohlen, nach dieser Bekanntmachung zu verfahren bzw. sie anzuwenden.
8. Schlussbestimmungen
Diese Bekanntmachung tritt mit Wirkung vom 1. Oktober 2013 in Kraft. Mit Ablauf des 30. September 2013 tritt die Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 6. August 1987 (KWMBl I S. 210, ber. S. 288) außer Kraft.
Dr. Peter Müller
Ministerialdirektor
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